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Reise über Indien und China nach Japan.

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Am Abend machte ich ein exquisites Diner beim hiesigen deutschen Gesandten Grafen L. mit.

Am 24. April nahm ich nach dem Frühstück einen Rikscha und liess mich zu einem der Exercierplätze von Tokio führen, damit ich doch noch vor meiner Abreise von dort mir eine Beurtheilung des japanesischen Militärs bilden könne. Ich kam zu einem grossen freien Platze, auf welchem etwa 12 Compagnien Exercierübungen vornahmen. Die Infanterie war auch hier, gleichwie in Yokohama, gut und rein gekleidet und mit Gewehr, Bajonnett, Patrontasche und Tornister ausgerüstet. Es herrschte stramme Ordnung und absolute Ruhe. Die Ausführung der Bewegungen und der Gewehrgriffe erfolgte in voller Gleichförmigkeit mit grosser Genauigkeit und mit stricter Einhaltung der Tempi. Die Commandanten benahmen sich gut vor der Front. Die Frontmärsche wurden viel geübt und gingen fliessend, auch der Uebergang in andere Formationen erfolgte exact. Bei dem Marsche wurde eine gute Fusssetzung und strammer Gang eingehalten. So weit war Alles gut und zufriedenstellend.

Ein sehr bedeutender Fehler aber ist es, dass die Schritte nur sehr klein sind und dass die Infanterie daher nur langsam vorwärts kommt, und somit auch bei ihrer Bewegung sehr viel Zeit verliert. Wohl übt die japanische Infanterie ziemlich viel den Laufschritt, aber auch hier sind die einzelnen Schritte nur klein, und so gewinnt dieselbe auch im Laufschritte, den sie allerdings auf längere Zeit ausdehnt, und wobei der Soldat das Gewehr auf der Schulter behält, nur verhältnissmässig geringen Raum.

Das Feuergefecht wurde nur von einigen Compagnien, und von diesen ganz kurz geübt. Der Uebergang in die Feuerlinie war ein stricter, doch ebenfalls in zu langsamem Tempo. Zur Feuerabgabe wurde das Ziel und die Distanz angegeben, und von den Leuten wurden darnach die Aufsätze gerichtet. Während des Feuerns standen die Soldaten auf gleiche Entfernung nebeneinander, und hockten sich nur auf Commando und dann gleichmässig nieder. Von einem schwarmweisen Vorgehen, sowie von der Benützung des Terrains war nichts wahrzunehmen. Ich sah sogar eine langsam vorgehende Feuerlinie auf etwa 50 Schritte unter dem Rande einer Terrainwelle wieder auf Commando stehen bleiben und das Feuer eröffnen, ohne dass der Mann über die Welle sehen konnte. Bis 12 Uhr Mittag blieb ich auf dem Exercierplatze, um welche Zeit die Compagnien erst von dort abmarschirten, und ich empfing im Ganzen den Eindruck, dass in der japanischen Infanterie viel Ordnung und Disciplin herrscht, dass aber der Wesenheit ihrer Thätigkeit zu wenig oder gar kein Augenmerk zugewendet wird, oder dass dafür kein Verständniss vorhanden ist. Schiller's Worte kamen mir hierbei in das Gedächtniss: »Wie er räuspert und wie er spuckt, das habt Ihr ihm glücklich abgeguckt; aber sein Genie, ich meine seinen Geist…«

Der 25. April war in seinen Vormittagsstunden dem Audienznehmen gewidmet. Zuerst fuhr ich mit unserem Geschäftsträger, der in schmucker ungarischer Tracht gekleidet war, zu dem kaiserlich japanischen Prinzen Arisugawa, welcher vermuthlich der Nachfolger des Mikado sein wird, weil der nächste Kronprätendent schon seit langer Zeit schwer krank darniederliegt. Der Prinz, ein schlanker, in Civil gekleideter Herr, war in seinem Benehmen ein wenig steif, doch waren die an mich gerichteten Worte, wie ich aus dem Munde des Dolmetschen entnahm, sehr freundliche. Diese Audienz währte ziemlich kurz, und nach ihrer Beendigung begaben wir uns zu dem kaiserlich japanischen Prinzen Kanin, welcher den letzten Feldzug gegen China mitgemacht hatte und jetzt Oberst bei der Cavallerie ist. Prinz Kanin war sehr liebenswürdig, und die mit Hilfe eines Dolmetschen geführte Conversation gestaltete sich recht lebhaft. Ich nahm die Gelegenheit wahr, dem Prinzen gegenüber meine Anschauung auszusprechen, dass die Hengste aus Sr. Majestät unseres Kaisers Gestüt Lipizza zur Hebung der japanischen Pferdezucht mir als die geeignetsten erscheinen.

Nun ging es zum japanischen Kaiserpalaste, einem sehr weitläufigen, aus Holz erbauten Gebäude, welches nur theilweise mit einem ersten Stocke versehen und durch eine Säuleneinfahrt geziert ist. Von einem japanischen Officier empfangen, gingen wir an gallonirten Bedienten vorüber, bis wir in einen Salon kamen, wo uns ein höherer Würdenträger erwartete. Nach erfolgter Vorstellung und dem Austausche einiger Phrasen setzten wir unseren Weg durch breite, mit Wandmalereien bedeckte Gänge fort, und wurden dann in einen grossen, luxuriös geschmückten und mit sehr prunkvollen europäischen Möbeln ausgestatteten Saal geführt, wo uns der Ober-Ceremonienmeister Baron S. entgegen ging und begrüsste. Nach einiger Zeit überbrachte der japanische Kammerherr J., ein sehr netter junger Herr mit distinguirten Umgangsformen, dem Baron S. die Mittheilung, dass der Mikado in kürzester Zeit die Audienz ertheilen werde. Hierauf wurden der Geschäftsträger und ich von den beiden japanischen Herren abermals durch eine Reihenfolge von breiten Gängen, deren eine Seite die gegen den Park gerichtete Glaswand, und deren andere Seite die künstlerisch bemalten Schiebethüren zu den kaiserlichen Appartements bildeten, bis zu einem kleinen Vorraume geleitet, von welchem eine geöffnete Thür in den dunkel gehaltenen und brillant eingerichteten Empfangssaal führt, in welchem die Audienz stattfinden sollte. Hier mussten wir uns neben dem offenen Eingange verdeckt aufstellen, bis der Mikado von seinen inneren Gemächern in den Audienzsaal gelangte.

Als dies nach kurzer Zeit geschehen war, traten zuerst der Ober-Ceremonienmeister, dann der Geschäftsträger und schliesslich ich in den Salon ein, gingen bis auf einige Schritte gegen den im Hintergrunde des Saales im Civilkleide stehenden Mikado vor und verneigten uns vor ihm. Zuerst sprach der Ceremonienmeister einige Worte, worauf mich der Geschäftsträger dem Kaiser vorstellte. Nach der Vorstellung richtete der Mikado die mir vom Dolmetschen übersetzte Frage an mich, seit wann ich in Japan sei. Ich verneigte mich nochmals und erwiderte, dass ich seit zwei Wochen im Lande weile, und dass ich die Reise von Oesterreich-Ungarn bis nach Japan ausgedehnt habe, um dieses interessante Land kennen zu lernen, und die im letzten Feldzuge siegreiche Armee Sr. Majestät zu sehen. Nach einer weiteren kurzen Frage und Gegenantwort wünschte mir der Mikado eine glückliche Reise, und ich sprach meinen ergebensten Dank für die Gnade aus, mich in Audienz empfangen zu haben, wodurch mein schöner Aufenthalt in Japan gekrönt worden sei.

Von dem Audienzsaale aus wanderten wir wieder durch lange Corridore zu den Gemächern der Kaiserin von Japan. Dort wurden wir von ihrem Obersthofmeister Grafen K. empfangen und sofort nach dem Salon der Kaiserin gewiesen, welche bei unserem Eintritte dortselbst bereits anwesend war. Die Vorstellungs-Ceremonie spielte sich in ähnlicher Weise wie bei dem Mikado ab. Die Kaiserin, welche eine reiche europäische Toilette trug, war sehr gnädig, richtete sehr freundliche Worte an mich und reichte mir bei der Ankunft und beim Abschiede die Hand zum Kusse. Ich gestehe gerne zu, dass diese Audienz bei mir einen besonders angenehmen Eindruck hinterliess.

Dem darauffolgenden Tiffin auf dem Gesandtschaftshôtel hatte der Geschäftsträger sämmtliche japanische Hofwürdenträger, welche bei den vorhergegangenen Audienzen intervenirt hatten, sammt ihren Familien zugezogen.

Am Abende dieses Tages war der mehrfach genannte Obersthofmeister der Kaiserin Graf K. so ausserordentlich liebenswürdig, mich zu einem glänzenden Abschiedsdiner einzuladen, dem ausser unserem Geschäftsträger und Gemahlin noch verschiedene hochgestellte Japaner, im Ganzen 20 Personen, beiwohnten. Da mein Gastgeber nur der japanischen Sprache mächtig ist, so stand ich von meinem ursprünglichen Vorhaben ab, während des Diners einen Toast zu halten, liess mir indess Alles, was ich sagen wollte, in japanische Sprache übersetzen und niederschreiben, und übergab nach aufgehobener Tafel diese Schrift dem Grafen. Meine schriftliche Mittheilung, welche Worte des Lobes und der Anerkennung über Japan enthielt, und dem Hausherrn meinen verbindlichsten Dank für alle seine Liebenswürdigkeiten zum Ausdrucke brachte, verfehlte ihren Zweck nicht. Graf K. äusserte seine grosse Freude hierüber, und übergab mir zur bleibenden Erinnerung seine und seiner Töchter wohlgelungenen Photographien.

Zum Schlusse meines Aufenthaltes in Tokio ist es für mich eine wirklich unerlässliche Pflicht der Dankbarkeit, ganz besonders hervorzuheben, in welch' hohem Grade sich sowohl die Herren der Gesandtschaften, als auch die einheimischen Würdenträger gastfrei und entgegenkommend gegen mich erwiesen haben. Dieser Dank gebührt sicherlich in erster Linie unserem so überaus liebenswürdigen Geschäftsträgerpaare, und auch sämmtlichen Herren und Damen der kaiserlich deutschen Gesandtschaft.

Wohl haben meine Audienzen, officiellen Besuche und die vielen Tiffin- und Diner-Einladungen mir weniger Zeit als anderswo frei gelassen, um mir in der japanischen Hauptstadt Alles gründlich anzusehen, allein ich gewann hierdurch einen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse Japans.

Am 26. April musste ich schon zeitlich aufstehen, weil der Eisenbahnzug, der mich nach Yokohama bringen sollte, schon um 8 Uhr Morgens abging. Da mit diesem Zuge meine Ankunft in Yokohama nicht vor 9 Uhr Früh erfolgen konnte, das Dampfschiff der Messagerie maritime, mit welchem ich nach Kobe fahren wollte, aber schon um 10 Uhr Vormittags den dortigen Hafen verlässt, so hatte ich unseren Consul in der genannten Stadt gebeten, Jemand nach dem Bahnhof in Yokohama zu entsenden, welcher mir behilflich sein könnte, mein Gepäck sofort von der Bahn auf das Schiff zu bringen.

Bei meiner Abreise von Tokio fand sich noch ganz unerwarteterweise unser Geschäftsträger auf dem Bahnhofe ein, um mir ein letztes Lebewohl zu sagen, und ich konnte ihm somit nochmals für seine mir stets unvergesslich bleibende Gastfreundschaft herzlichst danken.

 
F. Fahrt von Tokio nach Kobe

In Yokohama traf ich zu meiner grossen Freude unseren dortigen Consul auf dem Bahnhofe an, welcher Einem seiner Leute den Auftrag gab, die Ueberführung meines Gepäckes auf das Dampfschiff zu besorgen.

Zur festgesetzten Zeit, um 10 Uhr Vormittags, verliess das Schiff den Hafen, und zog, von Tücherschwenken begleitet, hinaus in die hohe See. Es befanden sich ungefähr 20 Passagiere erster Classe, darunter ziemlich viele Deutsche, auf dem Dampfschiffe; dessenungeachtet hatte der französische Schiffscapitän die Aufmerksamkeit für mich, mir eine Cabine für mich allein zuzuweisen.

Während der Fahrt hatte ich noch einmal den Genuss, den gewaltig hohen und merkwürdigen Berg Fugyi zu sehen, dann aber entfernte sich das Schiff so weit von der Küste, dass dieselbe nicht mehr erblickt werden konnte. Das Dampfschiff der Messagerie maritime begann nun, ohne dass das Wetter stürmisch geworden wäre, heftig zu rollen, wie dies bei den Schiffen des Oesterreichischen Lloyd, die ganze Zeit meiner Fahrt über, niemals der Fall war. Alle Damen und einige Herren, welche sich an Bord des französischen Dampfers befanden, wurden seekrank, wovon ich auch dieses Mal wieder verschont blieb.

Die Verpflegung auf der Messagerie maritime ist ebenso gut und reichlich, wie auf unseren Lloydschiffen, zeichnet sich aber dadurch aus, dass jeder Reisende zu jeder Mahlzeit, nach Belieben, kostenfrei rothen und weissen Wein oder Bier erhält. Der Wein ist recht gut, an Bier wird auch englisches Pale ale oder Stout und zum Diner ein Glas Sherry geboten. Dabei wird durchaus nicht geknickert, sondern jedem Passagier, der seine Flasche geleert hat, wird sofort eine andere vorgesetzt. Dieser unentgeltliche Genuss von Getränken ist schon aus dem Grunde eine grosse Annehmlichkeit, weil man dadurch der Mühe enthoben wird, täglich dem Kellner auf einem Papierstreifen angeben zu müssen, was man getrunken hat, und ausserdem hat man den Vortheil, dass beinahe alle Extraauslagen während der Fahrt entfallen. Ich zahlte für mein Billet erster Classe, sowie für mein Gepäck von Yokohama bis nach Kobe, das ist für eine Reise von 26 Stunden, den Betrag von 12 Yen = 14 fl. 40 kr., also die gleiche Summe, welche für dieselbe Strecke auf der Eisenbahn, doch ohne Verköstigung, zu entrichten ist.

Die allgemeine Bemerkung scheint mir an dieser Stelle nicht überflüssig zu sein, dass in den japanischen Hafenplätzen die Leute für den Transport des Gepäckes vom oder zum Schiffe unverschämte Forderungen stellen, und recht zudringlich werden, wenn ihrem Begehren nicht voll entsprochen wird; es ist daher für die Reisenden, welche in einem Hôtel absteigen, sehr angezeigt, vorher schriftlich an dasselbe die Ankunft mit dem Ersuchen bekannt zu geben, den Transport des Gepäckes vom Schiff oder Bahnhof in das Hôtel zu übernehmen.

G. Zweiter Aufenthalt in Kobe und Ausflug nach Himeji

Am 27. April traf ich Vormittags wohlbehalten in Kobe ein. Ich fuhr zuerst in das Hôtel, wo der Preis der Pension für den Tag auf 7 Yen = 8 fl. 40 kr. festgestellt wurde, und begab mich dann zum Lloydagenten, um mich zu erkundigen, ob der Dampfer Marquis Bacquehem die für den 30. April bestimmte Abfahrtzeit von Kobe pünktlich einhalten werde. Die mir ertheilte Antwort lautete dahin, dass aller Wahrscheinlichkeit nach keine Aenderung in dem festgesetzten Fahrtprogramme eintreten werde.

Von hier aus suchte ich den Gärtner Tomiyama in der Shi-chome Nr. 5 auf, bei welchem ich die prächtige, meterhohe Pflanze Cycas revoluta zu dem billigen Preise von 3 fl. 60 kr. erstand. Hierauf verfügte ich mich in mehrere Porzellanhandlungen behufs Auswahl von schönen, grossen japanischen Vasen, und schliesslich in die Lackwaaren-Verkaufshalle von Shidzoaka Shikki Kaisha in der Thimoyamati-dori Nr. 14, wo ich eine grössere Anzahl von sehr hübschen und reizend ausgeführten Lackgegenständen kaufte.

In das Hôtel zurückgekehrt, fand ich die Visitkarte eines Herrn E. C. vor, welcher sich nach den diesfalls gepflogenen Erhebungen des Hôteliers als der Vertreter des Import- und Exporthauses Reimers entpuppte.

Am 28. April begab ich mich in den Morgenstunden zuerst in die Porzellan-Verkaufshalle Nishida, um den Ankauf der Vasen sammt Verpackung und Transport auf das Schiff perfect zu machen, und liess mich dann durch meinen Rikscha nach der Wohnung des oberwähnten Herrn C. fahren, um demselben einen Gegenbesuch abzustatten. Derselbe stellte sich mir als Oesterreicher vor, und fügte hinzu, dass er meine hiesige Ankunft den Zeitungen entnommen habe und sich mir zur Verfügung stellen wolle. In weiterer Fortsetzung des Gespräches bot er sich an, mich Nachmittags in den Deutschen Club von Kobe einzuführen, um dort des Abends einem humoristischen Vortrage eines herumreisenden deutschen Künstlers beizuwohnen. Gleichzeitig lud er mich für den nächstfolgenden Tag zum Diner ein, wozu er auch alle in Kobe weilenden Oesterreicher und Ungarn heranziehen wollte. Mit Dank nahm ich seine gefälligen Anträge und seine Einladung an.

Nach dem Tiffin ging ich in die Verkaufshalle von Kuhn & Komer gegenüber dem Hôtel Oriental und kaufte bei Kuhn, welcher ein Wiener ist, mehrere sehr interessante Gegenstände, darunter auch eine sehr alte Rüstung mit Brust-, Rücken-, Arm- und Beinschienen, sowie Seidenbroderien und eine Pickelhaube mit schreckhafter Gesichtsmaske, auf welcher ein Borstenbart angebracht war, sammt der dazu gehörigen Kiste zu verhältnissmässig billigem Preise. Dann besichtigte ich noch das übrige Waarenlager und fand dort prachtvolle Muster von Embroderien, Vorhängen, Schirmen, Cloisonnes, gemalten Porzellanservicen, Elfenbeinschnitzereien u. s. w. zu mässigen Preisen, so dass ich nach den gemachten Erfahrungen die beiden Verkaufshäuser von Kuhn in Yokohama und von Kuhn & Komer in Kobe als die besten Ankaufsstellen in Japan bezeichnen muss.

Hierauf besichtigte ich noch das Deutsche Clubhaus. Dasselbe ist ein ansehnliches Gebäude in sehr schöner Lage und hat vor sich einen grossen, gut hergerichteten Raum, auf welchem sich Tennisplätze, Radfahrschulplätze u. s. w. befinden.

Nach dem Diner kam ich abermals in den Club zurück, um den Vortrag des deutschen Dramaturgen (!) anzuhören. Die gewählten Vortragsstücke waren weder humoristisch noch geistvoll, und der Künstler hatte das Missgeschick, überhastet zu sprechen und die verschiedenen Modulationen unrichtig anzubringen. Wenn also dieser Theil der Abendunterhaltung nicht nach Wunsch einschlug, so war dies doch im vollen Masse der Fall bei den Musikvorträgen, welche einige Clubmitglieder auf Violine, Viola und Clavier zum Besten gaben. Es wurden meist Tonstücke von Mozart gespielt, und diese wurden meisterhaft vorgetragen. In den Zwischenpausen fand ich bei den mich umgebenden jüngeren Herren eine mir sehr zusagende Unterhaltung, und freute mich herzlich darüber, dass ich durch die Artigkeit des Herrn C. in einem fernen Welttheile mit sympathischen Landsleuten zusammengekommen war.

Den 29. April hatte ich dazu bestimmt, mit der Eisenbahn nach Himeji zu fahren und dort einen Generalstabs-Obersten zu besuchen, für welchen ich von dem japanischen Militär-Attaché in Wien einen Empfehlungsbrief mitbekommen hatte. In Rückerinnerung an die in Osaka gehabten Schwierigkeiten, das für den dortigen Commandanten der Truppendivision bestimmte Schreiben an seine Adresse gelangen zu lassen, hatte ich dieses Mal, bereits am 27. April, an den in Rede stehenden Generalstabs-Obersten geschrieben, und dem Schreiben den Brief des Militär-Attaché beigelegt. In diesem meinem Schreiben theilte ich dem Obersten mit, dass ich am 29. April, um halb 11 Uhr Vormittag, am Bahnhof in Himeji anlangen und von dort zu ihm zu Besuch fahren werde, und fügte die Bitte bei, mir dort einige militärische Einrichtungen freundlichst zeigen zu wollen. Diesen Brief gab ich, der grösseren Sicherheit halber, recommandirt bei der Post auf. Bei meiner Ankunft in Himeji war ich etwas verwundert darüber, Niemand auf dem Bahnhofe zu finden, der mich empfangen und zu dem betreffenden Obersten geleitet hätte. Ich nahm nun einen Rikscha auf – englisch sprechende Rikschas gibt es in Himeji nicht – und wies ihn an, mit Zuhilfenahme der Angaben über die japanische Sprache in Murray's Handbuch für Japan, mich zum Castell zu fahren. Vor dem Castell breitet sich ein grosser Exercierplatz aus, wo vielleicht an 2 °Compagnien ihre militärischen Uebungen machten. Dort stieg ich aus und vermuthete, dass nun der Oberst an mich herankommen werde. Als dies aber nicht erfolgte, fragte ich einen japanischen Officier nach dem Generalstabs-Oberst. Der Officier schien mich nicht zu verstehen und wies nur mit der Hand nach dem Castelleingange. Ich folgte dieser Weisung, ging dann an der Wache vorbei, und beabsichtigte, im Innern des Castells irgendwo das Wohnhaus zu erreichen. Da wurde mir aber von der Wache nachgerufen und mimisch bedeutet, wieder das Castell zu verlassen. Ich versuchte, mich nun dem Wachcommandanten, einem Unterofficier, verständlich zu machen, allein meine Bemühungen blieben erfolglos, und so kehrte ich wieder zum Exercierplatze zurück, sah mir die Uebungen an, hoffend, dass mich endlich der Oberst aufsuchen werde. Doch wer nicht kam, war mein guter Oberst, und erst vier Monate später erhielt ich in der Heimat von ihm einen Brief des Inhalts, dass es ihn sehr freuen werde, mich in Himeji empfangen zu können. Es muss also in diesem Falle eine unerklärliche Confusion vorgewaltet haben; Thatsache ist es immerhin, dass ich mit den Anempfehlungen des Militär-Attaché in Wien kein sonderliches Glück in Japan hatte.

Um nun nicht ganz umsonst nach Himeji gekommen zu sein, sah ich längere Zeit hindurch dem Exercieren der Fusstruppen zu, und constatirte dabei, dass dasselbe noch viel exacter und strammer war, als jenes, das ich in Tokio gesehen und beschrieben habe. In Himeji wurden von der Infanterie auch der Marsch auf der Stelle und der Paradeschritt geübt, aber auch hier kam der sehr schwerwiegende Fehler der auffallend kurzen Schritte zum Vorschein. Feuergefechtübungen wurden gar nicht vorgenommen. Beim Einrücken der Truppenabtheilungen, zur Mittagszeit, beorderte ich meinen Rikscha, mich in das von Murray bezeichnete Gasthaus zu führen. Dort angelangt, sah ich weder Gäste noch Küchenvorbereitungen, und als mir gar von der Wirthin zugemuthet wurde, meine Schuhe auszuziehen, da verzichtete ich auf die sehr fragliche Bewirthung, die wohl nichts Ordentliches zum Essen geboten, aber desto sicherer, bei abgelegten Schuhen, eine Erkältung herbeigeführt hätte. Ich steuerte nunmehr dem Bahnhofe zu, und kaufte mir dort von Einem der Leute, welche bei der Durchfahrt der Züge Esswaaren und Getränke feilbieten, jene Sorte von Speisen, welche mir als die geniessbarste erschien, in Gestalt von kleinen Teigleibchen und eine Flasche Bier sammt einer Theeschale, da es keine Gläser gibt. Um nicht einen Wartesaal betreten zu müssen, der in Japan stets schmutzig ist, wo sonst doch Alles so rein gehalten wird, nahm ich mein Mahl auf dem Perron ein.

Um ½2 Uhr Nachmittags ging der Zug von Himeji ab, und um ½4 Uhr war ich wieder in Kobe.

Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, abermals einige Bemerkungen über das Fahren auf der Eisenbahn in Japan zu machen, wenn ich auch theilweise dabei auf das zurückkomme, was ich schon früher hierüber gesagt habe. Es ist unbegreiflich, wie vernachlässigt die Waggons sind, und wie rücksichtslos und ungesittet sich die Japaner auf der Eisenbahn benehmen. Räuspern, Gähnen, überlautes Husten und Brüllen, lautes Lesen, ohrenbetäubendes Singen, Ausziehen der Schuhe, des Rockes u. dgl. m. sind bei den japanischen Passagieren erster Classe an der Tagesordnung.

Die Frachten, welche auf der Bahn befördert werden, sind meist nur in ein sehr gutes und festes Binsengeflecht gewickelt.

Die Häuser auf dem Lande sind theils mit Stroh, theils mit rinnenartig erzeugten Ziegeln gedeckt, haben so wie in der Stadt Holz- oder Lehmwände, sind mit Zäunen umschlossen, haben Schiebethüren und mit Oelpapier verklebte Fenster.

Die Menschen auf dem Lande sind so wie die arme Classe in der Stadt bekleidet, und zwar ohne Kopfbedeckung, mit talarartigen Kleidern, welche die Männer häufig hoch aufgeschürzt haben, ohne Wäsche und an den Füssen Holzsandalen mit Stöckeln. Die Männer tragen oft nur kurze Hosen und gehen meist barfuss.

Bei Regen werden grosse Schirme aus Oelpapier getragen oder statt dessen überdecken sich männliche Arbeiter mit Mänteln, welche aus herabhängendem Stroh erzeugt sind und guten Schutz gegen das Nasswerden gewähren sollen.

In meinem Hôtel in Kobe angelangt, legte ich mein Gepäck zurecht und zahlte meine Hôtelrechnung aus, die für zwei und einen halben Tag sammt Trinkgeldern auf die Summe von 20 Yen = 24 fl. zu stehen kam. Dann verfügte ich den Transport meiner Colli an Bord des Dampfers Marquis Bacquehem und begab mich auch dahin.

 

Für die Fahrkarte von Kobe nach Colombo, das ist für 25 Tage, hatte ich 100 Goldgulden = 120 fl. ö. W. zu zahlen, und zwar 90 fl. für die Kost und 30 fl. für die Reise; die Begünstigung für Officiere abgerechnet, würde sich der gewöhnliche Preis auf 125 Goldgulden = 150 fl. ö. W. stellen.

Nachdem ich auf dem Dampfer alle meine Sachen in Ordnung gebracht und meine Toilette fertiggestellt hatte, fuhr ich in den Deutschen Club, wo ich mit Herrn C. ein Rendez-vous verabredet hatte, und ging mit ihm in seine Wohnung. Dieselbe nimmt einen ganzen ersten Stock ein, gewährt einen hübschen Blick auf den nahen, von Schiffen belebten Hafen, von welchem frische Luft zuströmt, und ist in allen Einzelheiten reizend hergerichtet. Unter anderen Kunstgegenständen stand auf einem Kamingesimse ein aus Schildkrothorn stilvoll ausgearbeiteter Rikschawagen. Als ich über denselben mein grosses Gefallen äusserte, war Herr C. so liebenswürdig, mir letzteren zu widmen, und als ich dies dankbar ablehnte, brachte er mir selben, gelegentlich der Begleitung auf das Schiff, in meine Cabine. Ich werde ihm hierfür mit Dank das Prachtwerk »Glimpses of India« senden.

Zum Diner bei Herrn C. waren noch die in Kobe wohnhaften Landsleute, sowie ein deutscher und ein russischer Staatsangehöriger eingeladen. Das Essen war ebenso gut als die Conversation unterhaltend, und die ausgebrachten Toaste, deren erster unserem Allergnädigsten Kaiser und König galt, waren ganz dazu angethan, die Stimmung zu erhöhen. Nach dem Diner producirte sich einer der Gäste, Herr v. R., ein gebürtiger Ungar, auf der Zither mit einer Kunstfertigkeit und Virtuosität, wie ich selbe auf diesem Instrumente noch selten gehört habe.

Um 11 Uhr Nachts begleiteten mich sämmtliche Herren auf das Schiff und dort empfing ich sie auf heimatlichem Boden. Noch manche Gläser wurden geleert, noch manche Toaste gesprochen, und bei ihrer Rückfahrt riefen sie mir noch, von ihrem kleinen Steamer aus, die besten Wünsche für eine glückliche Reise zu. Man muss wirklich in das weite, ferne Ausland reisen, um unsere Landsleute, welcher Nationalität sie immer angehören mögen, völlig geeint und in bester Harmonie zusammenleben zu sehen.

H. Fahrt von Kobe nach Shimonoseki und Schlusswort über meinen Aufenthalt in Japan

Am 30. April, als ich in meiner Cabine erwachte, bemerkte ich, dass wir schon in Bewegung begriffen waren. Ein herrliches Wetter begleitete unsere Fahrt durch das schöne Binnenmeer, welches ich bereits auf der Herfahrt am 1. und 2. April beschrieben habe. An Fahrgästen war ausser mir noch ein Engländer, der Chef der Eisenbahnen auf der Insel Luzon (Manila), welche zur Gruppe der Philippinen-Inseln gehört, auf dem Schiffe, und so konnte ich noch eine zweite Cabine zur Unterbringung meines Gepäckes erhalten.

Der Commandant des Lloyddampfers Marquis Bacquehem ist der Capitän Androvich. Der Dampfer gleicht vollkommen dem Schiffe Marie Valerie, mit welchem ich die Reise von Bombay nach Kobe zurücklegte, und welches ich in einem vorhergehenden Abschnitte zu schildern Gelegenheit hatte.

Anbei folgt ein Verzeichniss sämmtlicher Ausgaben, Einkäufe natürlich nicht miteingerechnet, welche ich während meines 28tägigen Aufenthaltes in Japan gemacht habe, wobei ich hervorheben muss, dass ich stets in den ersten Hôtels abstieg und es mir auch sonst an nichts fehlen liess.

Auslagen in Japan.


Wenn ich nun noch für 8½ Tage in Tokio die Hôtelrechnung sammt Getränke reichlich mit 10 Yen = 12 fl. per Tag berechne, so müsste ich zu meinen Auslagen noch 85 Yen = 102 fl. hinzufügen. In Yokohama, wo ich allerdings auch nicht im Hôtel wohnte, habe ich für grössere Diners so viel ausgegeben, als mein Aufenthalt im Hôtel für 5 Tage gekostet hätte, es ist dies daher zur Bestimmung der allgemeinen Auslagen nicht in Anschlag zu bringen.

Der vollen Klarlegung der Ausgaben halber habe ich noch zu bemerken, dass ich durch Geldwechslung und die Berechnung des bei der Chartered Bank of India, China and Japan behobenen Geldes einen Abzug von 30 Yen = 36 fl. erlitten habe. Es stellen sich daher meine Auslagen auf 333 Yen 5 °Cent = 400 fl. 20 kr., und wenn ich die mir erspart gebliebene Hôtelrechnung in Tokio dazu rechne, so hätten sich die Gesammtauslagen für 28 in Japan verlebte Tage auf rund 500 fl. belaufen.

Am 1. Mai langten wir in der Gegend von Shimonoseki und Moyi an, landeten aber bei Moyi, weil der Dampfer dort 500 t Kohlen zum eigenen Gebrauche und 500 t Reis zur Verfrachtung aufnehmen wollte.

Ich fuhr mit dem Schiffsarzte auf der Dampfbarkasse des Lloydagenten nach Shimonoseki, um diesen kleinen Ort zu besichtigen.

Nach meiner Rückkehr zum Schiffe sah ich zeitweise der Einladung von Kohle und Reis zu. Die anhaltende Arbeitskraft und die Geschicklichkeit der Japaner ist hierbei staunenerregend. Das Einladen der Kohle erfolgt korbweise durch eine von Männern und einigen Frauen gebildete Kette. Die Kohle ist recht schlecht, verflüchtigt mit dem Rauche und hinterlässt viel Rückstand; allein sie ist auch ausserordentlich billig, was der fabelhaft billigen Arbeitskraft in Japan zuzuschreiben ist. Der Reis wird in Säcken mit Krahnen aus den kleinen Frachtschiffen in die unteren Räume des Dampfschiffes gebracht. Der japanische Reis gehört einer so kleinen Gattung an, wie selbe in Europa nicht vorkommt.

Am 2. Mai verliess ich das Land, in welchem ich einen Monat zubrachte. Die Temperaturverhältnisse in Kobe habe ich bereits besprochen; was den weiteren Verlauf derselben betrifft, so kann ich dieselben als recht erträgliche und angenehme bezeichnen.

Zum Schlusse meines Aufenthaltes in Japan sei es mir gestattet, noch einigen Beobachtungen, die ich gemacht, und manchen in mir aufgenommenen Eindrücken, die ich noch nicht besprach, Ausdruck zu verleihen.

Vorerst will ich von der seit Tausenden von Jahren bei den Japanern bestehenden Religion sprechen, weil diese die Grundbasis bildet für den Charakter, die Lebensanschauungen und die staatlichen Einrichtungen der Japaner.

Dass die Japaner Heiden sind, ist wohl bekannt, indess dürfte weniger bekannt sein, dass ihre Lehren auf drei verschiedenen Grundlagen beruhen, und dass sie Anhänger entweder des Confucius oder des Schinto, oder des Buddha sind.

Die Confucius-Lehre ist keine Religion in der eigentlichen Bedeutung des Wortes, sondern sie ist eine Aneinanderreihung von Gesetzen und Vorschriften, deren oberster Grundsatz in der Achtung vor der väterlichen Gewalt besteht. Confucius hat keine Träger seiner Lehren eingesetzt und so gibt es auch keine Confucius-Priester.

Die Shinto-Lehre fordert die Anbetung und Respectirung der Götter, das sind die Naturkräfte, die Berge und Flüsse, die Sonne und der Mond, und schreibt das Anflehen der Winde vor, damit dieselben die Gebete den Göttern überbringen. Seiner Anschauung nach stammt der Mikado von einem Gott ab und ist selbst ein Gott; es gebührt ihm daher die höchste Verehrung. Ausserdem fordert die Shinto-Religion Gehorsam gegen die Obrigkeit und gegen die Eltern, Höflichkeit gegen Gleichgestellte und Tapferkeit bis zur Todesverachtung. Weiters lehrt die Religion, dass die Seelen der Menschen nach dem Tode in Thierkörper, mit Ausnahme jener der Fische, wandern, und daraus ergibt es sich, dass die Japaner, welche der Lehre des Shinto folgen, nur das Fleisch der Fische geniessen. Endlich empfiehlt Shinto den Ahnencultus an, und so wird denn auch in jeder Familie ein Vorfahre als Familiengott angesehen. Die Priester der Shinto-Lehre sind arm und leben nur von den Opfern, welche die Betenden den Göttern spenden. Seit Kurzem jedoch erhalten dieselben auch vom Staate eine Bezahlung, weil ihre Glaubenslehren in jüngster Zeit vom Mikado sehr gefördert werden. Die Priester haben ganz rasirte Köpfe und tragen lange, weisse Gewänder, Sandalen und im Gürtel oder in der Hand eine Art von Rosenkranz, sowie bei ihren Tempel-Functionen eine Art von Scapulier.