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Reise über Indien und China nach Japan.

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Das bunt bewegte Leben auf den Strassen mit ihren grossartigen Gebäuden verfehlte auch dieses Mal nicht, mein Interesse im hohen Grade zu wecken.

Nach dem Tiffin begab ich mich mit der Eisenbahn nach dem von Bombay vier Stationen entfernten Ort Abahamatsi, wo an diesem Nachmittag ein grosses Rennen stattfand. Die Billigkeit der Eisenbahnfahrt zeigte sich auch hier durch den Preis von kaum einer Rupie für ein Billet erster Classe hin und zurück. Der Eintritt zu den Tribünen, sowie zum Sattelraum kostete 5 Rupien.

Der Rennplatz, mit Fahnen geschmückt, machte einen hübschen und eleganten Eindruck, und es fehlten hierbei weder Totalisateur noch Bookmaker, wovon sowohl Engländer, als auch Einheimische einen massenhaften und beträchtlichen Gebrauch machten. Auch hier hatten die Engländer neben den Tribünen einen für sich abgeschlossenen Raum hergerichtet, in welchem auf einem nach englischer Art sehr gut hergestellten Rasenplatze sich eine englische Militärmusik in ihrer kleidsamen rothen Uniform vernehmen liess, in welchem die Clubs ihre Zelte mit Erfrischungen aufgeschlagen hatten und in welchem sich in den Zwischenpausen die europäischen Herren und Damen aufhielten.

Die Rennbahn ist für Flachrennen bestimmt und die Pferde werden von Jockeys geritten. Die Pferde, Hengste und Stuten, waren der Race nach theils arabischen, theils australischen Ursprunges, doch schon durch englisches Blut verbessert; auch erschienen einige von England direct importirte Pferde. Sämmtliche Thiere befanden sich in gut trainirtem Zustande. Die Jockeys waren zum grossen Theile Einheimische und ritten mit sehr viel Schneidigkeit und auch mit viel Geschick, so z. B. hatte beim vorletzten Rennen ein Jockey sein Pferd beim Auslauf nur durch seine bewunderungswürdige Geschicklichkeit um Kopflänge zum Siege gebracht. Die Preise waren sehr schön und werthvoll.

Der Zuschauerraum bot ein höchst interessantes Bild. Da waren alle Glaubensbekenntnisse und alle Nationen des Orients und der Tropenländer in vielfärbigen, eigenartigen und auch mitunter reichen Costumen vertreten, und weiter erblickte man in überwiegend grosser Zahl englische Herren oder Damen. Das ganze Sportfest gestaltete sich für mich zu einem höchst fesselnden und unterhaltenden Schauspiele.

Am 23. Februar erhielt ich einen Brief des deutschen Generalconsuls, den ich bei der Pferdeausstellung kennen gelernt hatte, worin er mich, um mir als Durchreisenden einige Abwechslung zu bieten, zu sich in seinem Bungalo auf Malabar Hill für Sonntag, den 25. Februar, um 8 Uhr Abends, zum Diner einlud – eine Einladung, welche ich mit grossem Danke annahm.

Nun will ich einige nähere Aufklärungen über das Lohnfuhrwerk in Bombay geben. Für den gewöhnlichen Stadtverkehr gibt es einspännige, halbgedeckte Kutschen und die Pferdetramway, für besondere Fahrten findet man in den Hôtels zweispännige Landauer und die Einheimischen benützen häufig zweispännige Ochsenwagen. Die Wagen der Einspänner haben die gleiche Form wie jene in Europa, doch sind die Halbdächer aus Naturleder erzeugt und so eingerichtet, dass man an der Rückwand des Daches einen Theil desselben erheben kann, damit die Luft besser durch den Wagen streicht. Die Kutscher sind Einheimische der schwarzen Race, mit einfachen, weissen oder weiss sein sollenden Leinenkleidern angethan; sie verstehen sehr wenig englisch und kennen sich in der Stadt gar nicht aus. Der Fuhrlohn ist sehr mässig, auf geringe Entfernungen beträgt derselbe 4 Anas = 20 kr., auf weitere Distanzen, wie z. B. zu den Docks, 8 Anas = 40 kr., und endlich auf die wirklich grossen Fahrten, wie zum Malabar Hill oder zu dem Victoria garden eine Rupie = 80 kr. Für die Rückfahrt ist der gleiche Betrag und für die Wartezeit per halbe Stunde 4 Anas zu zahlen. Die dortigen Kutscher haben aber auch gleich vielen europäischen Rosselenkern die Eigenheit, sich nie mit ihrer Gebühr zufrieden zu stellen. Die Tramway ist schmutzig und wird meist nur von Einheimischen benützt. Die zweispännigen Hôtelwagen sind gut, mit buntlivrirten Kutschern und Dienern ausgestattet, und demgemäss auch kostspielig. Eine besondere Eigenart Bombays sind die zweispännigen Ochsenwagen. Die vorgespannten Ochsen gehören der einheimischen kleinen Race mit sehr stark entwickeltem fleischigen Widerriste an und bewegen sich meist in kurzem Trab, die Wagen selbst sind buntbemalte zweirädrige Karren. Diese Gespanne werden, wie gesagt, in Bombay nur von den Hindus benützt. Die Parsen fahren nur in von Pferden gezogenen eigenen oder Miethwagen. Auch die Frachten werden von den obbeschriebenen Ochsen befördert. Zu diesem Zwecke sind je zwei Ochsen in grosse Lastkarren gespannt und ziehen dann ungeheuere Lasten fort. Geführt werden diese Ochsen von Kutschern, welche dicht an deren Schwänzen sitzen und sie von da aus grausam vortreiben. Die Thiere werden mit Stricken dirigirt, welche durch das Mittelstück ihrer Nase gezogen sind. Die Karren sind oft mit langen Hölzern so beladen, dass die armen Zugochsen nur zur Hälfte unter diesen Hölzern herausstehen. Ein weiteres, sehr stark benütztes Beförderungsmittel ist das Bicycle, dessen sich hauptsächlich die englischen Damen, im geringen Masse die Einheimischen und niemals die indischen Frauen bedienen.

Nachmittags fuhr ich mit unserem Viceconsul zum Malabar Hill, wo sich der eleganteste europäische oder, besser gesagt, englische Spielplatz »Ladies Gymkhana« befindet, und auf welchem fünf bis sechs Lawn Tennis-Partien von englischen Herren und Damen vorzüglich und sehr lebhaft gespielt wurden.

Bei einbrechender Dunkelheit promenirten wir in dem weiteren Theile des Spielplatzes, wo um einen Pavillon ein hübscher Garten angelegt ist. Eben als wir dahin kamen, erschlug ein Gartenarbeiter eine langsam nach vorwärts schleichende Cobra. Es ist dies eine jener anderthalb Meter langen Schlangen, welche in Bombay nicht selten vorkommen und deren Biss absolut tödlich ist. Von diesem Garten gingen wir hierauf in ein dicht anliegendes, weit ausgedehntes und hohes Zelt, in welchem bei elektrischer Beleuchtung auf drei Plätzen Balminster gespielt wurde. Diese Plätze sind ähnlich hergerichtet wie zum Tennis, nur mit dem Unterschiede, dass das Netz auf zwei Meter Höhe gespannt wird, und dass die anliegenden Rechtecke weit kleiner sind. Das Spiel erinnert an das Federballspiel. Auf jeder Seite des Netzes befinden sich je zwei oder drei Mitspieler und es muss der Federball (shuttlecock) jedesmal über das Netz fliegen und darf nicht aus dem Rechtecke kommen. Sobald der Federball den Boden berührt oder in das Netz oder über das Rechteck geht, hat die andere Partei eine Einheit gewonnen. Auch dieses Spiel wurde von den englischen Herren und Damen mit grosser Virtuosität gespielt.

Am 24. Februar fuhr ich zur bereits beschriebenen Zeltwohnung des Viceconsuls und des Generalagenten, um dort verabredeter Weise ihre Reitpferde zu versuchen. Das eine Pferd war ein australischer Braun, etwa 162 cm hoch, kräftig gebaut und nach englischer Art gesattelt und gezäumt, befriedigte mich aber nicht besonders als Reitpferd; das zweite Pferd, ein etwas kleinerer Braun, hatte bessere Gänge und entsprach mehr seinem Zwecke als das andere.

Von dort begab ich mich mit dem Generalagenten in seiner reizenden Equipage zum Victoria-Dock, wo eben drei österreichische Lloydschiffe, und zwar: Maria Theresia, Marie Valerie und Imperatrix vor Anker lagen. Zuerst besuchte ich das Dampfschiff Maria Theresia respective dessen Commandanten, überzeugte mich davon, dass meine dort zurückgelassene Bagage auf den Dampfer Marie Valerie gebracht worden war und kam dann an Bord des letztgenannten Schiffes, um den Capitän zu ersuchen, mein Gepäck bis zu meiner Einschiffung sorgsam aufbewahren zu lassen. Endlich besichtigte ich noch das Dampfschiff Imperatrix, welches am 1. März seine Fahrt von Bombay nach Triest antreten wird. Die Besichtigung dieser drei mächtigen und wunderbar schön gehaltenen Dampfer bewies mir in erfreulicher Weise, dass wir durch unseren Lloyd in Indien gut vertreten sind.

Nachmittags wohnte ich im Yachtclub dem Concerte einer englischen Militärcapelle bei. Von der hochgelegenen Terrasse des Clubgebäudes aus geniesst man eine herrliche Aussicht auf das unmittelbar anliegende, von unzählig vielen Schiffen bedeckte Meer und auf die dem Hafen vorgelagerten Inseln. Inmitten der Terrasse dehnt sich ein grosser Rasenplatz aus, welcher, mit englischem Gras bewachsen, trotz des tropischen Klimas einem grünen Teppiche gleicht. Längs der zum Abschlusse gegen das Meer errichteten niederen Mauer war eine grosse Anzahl von Tischen aufgestellt, an welchen viele Clubmitglieder mit ihren Familien Platz genommen hatten.

Am 25. Februar stellte ich mir Vormittags Notizen über die jüngst vergangenen Tage in Bombay als Anhaltspunkte für dieses Tagebuch zusammen. Die mir von unserem Consulate in zuvorkommender Weise verschafften Eintrittskarten zur Besichtigung der Hindu-Verbrennungs- und Begräbnissstätte, sowie der Parsen-Todtesstätte »Thürme des Schweigens« benützte ich deshalb nicht, weil ich gegen die eine, wie die andere Vernichtungsart der Verstorbenen einen unüberwindlichen Widerwillen empfinde, und weil ich es unvorsichtig fand, zu einer Zeit zu diesen Begräbnissorten zu gehen, zu der so viele an der Pest gestorbene Leute dahin gebracht werden.

Auch das allgemeine grosse Thierspital »Pinjra Pol« besuchte ich nicht, weil dort fast ausschliesslich nur ekelerregende Thiere zu sehen sind. Dieses Spital ist inmitten des Eingeborenenviertels errichtet, und werden dorthin alle hinfälligen und arbeitsunfähigen Thiere gebracht und bis zu ihrem Eingehen gut gehalten, weil, wie bereits erwähnt, bei den Hindus der Glaube herrscht, dass in jedem Thiere die Seele eines der Ihren weile.

Bei dieser Gelegenheit will ich hier noch anführen, dass ich die Absicht, auf die Jagd zu gehen, definitiv aufgegeben habe. In der Nähe von Bombay ist mehr oder weniger Alles abgeschossen und könnte man im besten Falle nur auf einige Rebhühner zum Schusse kommen, und die Jagd auf aussereuropäische Thiere kann nur mit der Bewilligung eines weiter entfernten Madharadschas und mit der Zustimmung des dort angestellten englischen Commissärs veranstaltet werden – ein Unternehmen somit, das weit mehr Zeit erfordert hätte, als mir zur Verfügung stand.

 

Nach dem Tiffin, welches ich in Gesellschaft des Consularsecretärs und Attaché's in meinem Hôtel eingenommen hatte, fuhr ich durch den von den Einheimischen bewohnten Theil der Stadt zu dem Victoria garden. Die Strassen in diesem Nativesviertel sind ziemlich rein gehalten, aber die Häuser und die gegen die Strassenseite offenen Werkstätten und Verkaufsbuden aller Art sind schmutzig und von Menschen überfüllt. Auf den Strassen selbst eilen tausende braune und schwarze Leute in bunter, jedoch meist sehr mangelhafter Bekleidung hin und her. Längs des sehr langen Weges bis zum Victoria garden sind indess auch viele schöne Gebäude für gemeinnützige Zwecke eingestreut. So z. B. stehen dort mehrere Hindutempel, das Gefängnisshaus, das grosse medicinische Collegium mit seinem Laboratorium zur Ausbildung von Einheimischen, das Spital für arme Indier, das Gebärhaus, sowie das Weiber- und Kinderspital für Einheimische, die jüdische Synagoge, das Polizeihaus, die von katholischen Geistlichen geleitete grosse Schule, um in derselben die Kinder zum Christenthume zu erziehen, ein Pensionat für europäische Kinder, das St. Elisabethhaus für europäische Witwen und Frauen, welche sonst kein Unterkommen finden, und die schottische Erziehungsschule.

Der Victoria garden ist ein sehr grosser, der Bevölkerung stets offen stehender Garten, welcher sehr gut gehalten ist, und der alle Bäume, Pflanzen und Blumen des Landes in sehr schönen Exemplaren, sowie in zerstreut stehenden, vielen grossen eisernen Käfigen alle in Indien vorkommenden wilden Thiere enthält. Anschliessend an diesen Garten steht das Victoria- und Albert-Museum, in welchem die Rohproducte, Mineralien, Manufacturen und die naturhistorischen Muster von Indien ausgestellt sind.

Nach meiner Rückkehr in das Hôtel entsprach ich der liebenswürdigen Einladung des deutschen Generalconsuls und fuhr in Gesellschaft des österreichisch-ungarischen Vertreters in die elegante Villa unseres Gastherrn auf dem Malabar Hill, wo uns ein ausgezeichnetes Diner erwartete. Wir sassen dort vor, wie nach der Tafel in einem des Luftzuges halber nach allen Seiten hin weit geöffneten Salon. Die in den Tropengegenden allgemein eingeführte Sitte, sich in den Häusern der Zugluft auszusetzen, hatte in diesem besonderen Falle für mich ein recht verdriessliches Nachspiel. Kaum zu Hause angelangt, wurde ich von choleraartigen Krämpfen befallen, und ich verdanke es nur meiner mitgebrachten Hausapotheke und der eigenen kräftigen Massage, dass ich des nächsten Morgens ohne ärztliche Beihilfe wieder auf den Beinen war.

Als am 26. Februar, um 9 Uhr Früh, der deutsche Generalconsul bei meinem Hôtel vorfuhr, um mich Tags vorher verabredeter Weise abzuholen, befand ich mich wieder so weit wohl, dass ich denselben begleiten konnte. Wir begaben uns zusammen zu einem Thierarzte, bei welchem das eine seiner Wagenpferde, welches er vor kurzer Zeit um 700 Rupien gekauft hatte, nun seit sechs Wochen in Behandlung stand. Ich war in Rücksicht auf das geringe Vertrauen, welches ich den Einheimischen bei Behandlung von Pferden entgegengebracht hatte, sehr erstaunt über ihre Erfahrung und Geschicklichkeit. Der englische Einfluss war dabei nicht zu verkennen.

Während unserer Rückfahrt sahen wir eben einen Mann, welcher auf der Strasse von der Pest befallen worden und zusammengestürzt war. Diese böse Krankheit hat jetzt in Bombay schon einen hohen Grad erreicht und ist noch stets im Zunehmen begriffen. Täglich werden beinahe 300 Menschen von dieser Epidemie befallen, und davon sterben die Meisten binnen längstens 24 Stunden. Langsam breitet sich die Krankheit über das ganze Land aus, und auch die beiden nächstgrossen indischen Städte Calcutta und Madras wurden hiervon bereits ergriffen.

Die englische Regierung ist in Folge des fanatischen Aberglaubens im Volke, dass die bösen Götter die Krankheit gesendet haben, und dass man diesen nicht entgegenarbeiten dürfe, ausser Stand gesetzt, energische Massregeln gegen das stetige Umsichgreifen der Pest einzuführen. Ja, vor drei Jahren, als die Pest zuerst auftrat und die englischen Behörden mit aller Strenge dagegen einschreiten wollten, kam es zu einem bösen Aufstande der einheimischen Bevölkerung, wobei der Pöbel jeden ihm entgegenkommenden Europäer tödtete. Erst durch Waffengewalt konnte die Ruhe wieder hergestellt und durch das Zurücknehmen aller angeordneten hygienischen Massnahmen weiter erhalten werden.

Bewunderungswürdig ist es, dass die in Bombay weilenden Europäer von der furchtbaren Epidemie keine Notiz nehmen, ruhig und ganz furchtlos auf ihren Posten verbleiben und hierdurch auch den Einheimischen, welche sonst haufenweise fliehen würden, den Muth einflössen, auszuharren.

Bombay und vielleicht so ziemlich ganz Indien haben kein gesundes Klima. Dies beweist ebenso das immerwährende Fortbestehen der Cholera neben der Pest, als auch, dass alle Krankheiten einen raschen und bösen Verlauf nehmen und so viele Menschen an heftigen Husten leiden, wie ich dies in meinem Hôtel Tag und Nacht bei den nebenwohnenden Passagieren wahrnehmen konnte.

Nach der Heimfahrt fühlte ich mich zwar nicht mehr leidend, aber doch nicht so wohl wie gewöhnlich, und so entschloss ich mich, die geplante Reise nach Poona ganz aufzugeben.

Nachmittags unternahm ich noch eine schöne Spazierfahrt längs den Ufern des Back Bays. Links ging mein Weg an den Spielplätzen (Gymkhana) für die Parsen, die Muhamedaner und die Hindus, rechts an der Verbrennungsstätte der Hindus, an dem muhamedanischen Begräbnissorte und an dem christlichen Friedhofe vorbei, dann gelangte ich zu dem »Albless Bagh«, dem Hauptorte für die feierlichen Vermählungen unter den Parsen, dann zu einer grossen Kunstschule und schliesslich hinauf auf den Malabar Hill mit seinen schönen Bungallows der Europäer. Dort sah ich auch den Complex der Bungallows des englischen Gouverneurs und auf der obersten Kuppe des Hügels das riesige Wasserreservoir für ganz Bombay mit den darauf angelegten sogenannten »hängenden Gärten«. Dort angekommen, verliess ich den Wagen und betrachtete mir lange die entzückende Aussicht auf die am Fusse des Hügels zwischen Cocosnussbäumen gelegene Vorstadt von Bombay, auf die Stadt selbst mit ihren schönen Palästen und Baulichkeiten, worunter besonders der Victoria-Bahnhof und das neue Gebäude einer anderen Eisenbahngesellschaft hervorragen, und endlich weiter hinaus auf das im Abendsonnenscheine erglänzende unabsehbare, weite Meer.

Von hier aus fuhr ich weiter, vorbei am Fusse des Hügels, auf welchem die »Thürme des Schweigens« erbaut sind, und sah ringsum auf allen Bäumen die Geier sitzen oder sich im schwerfälligen Fluge vorwärts schwingen, darauf wartend, dass ihnen in empörender Weise die gewohnte Nahrung geboten werde. Sonach passirte ich die sogenannte Mahatumi-Batterie, wo die schweren Küstengeschütze die Mündungen wohl nach auswärts gerichtet haben, aber bei einem etwaigen Aufstande in Bombay auch sehr vortheilhaft gegen die Stadt wirken können, und kam an den europäischen Seebädern vorbei, um von dort auf der von Palmen eingesäumten Wagenpromenadestrasse in mein Hôtel zurückzukehren.

Am Montag, den 27. Februar, war mein Unwohlsein vollkommen behoben, aber dennoch kaufte ich mir auf dringendes Anrathen unseres Generalconsuls zwei Cholerabinden als Präservativmittel gegen ähnliche Erkältungen. Sodann liess ich mir in einem sehr eleganten Confectionsgeschäfte, dessen Inhaber ein Wiener ist, zwei Tropenanzüge zum Preise von 22 Rupien anfertigen.

Zum Tiffin waren der Viceconsul und ich von dem Generalagenten in das Hôtel »Bombay« eingeladen worden. Als ich aber bei der Zusammenkunft erfuhr, dass der Koch dieses Hôtels Morgens an der Pest gestorben sei, fand ich es doch angezeigter, dass die Herren meine Gäste im Esplanade-Hôtel werden, wo der Koch sich noch vollster Gesundheit erfreut.

Am Nachmittag machte ich einen kleinen Spaziergang, schrieb an meinem Tagebuche und liess die Vorbereitungen zur Abreise treffen.

Am 28. Februar machte ich meine Abschiedsbesuche. Alle die vorerwähnten Herren hatten sich während der elftägigen Dauer meines Aufenthaltes in Bombay meiner in der liebenswürdigsten Weise angenommen und wesentlich dazu beigetragen, mir diese Zeit angenehm und unterhaltend zu gestalten.

Gegen Abend unternahm ich noch eine kurze Spazierfahrt durch die Stadt, um noch einmal die vielen neuen und interessanten Eindrücke, die ich hier empfangen hatte, vor meinen Augen vorüberziehen zu lassen.

Die Auslagen in Bombay haben aus folgenden Gründen für mich einen höheren, als den normal anzunehmenden Betrag erreicht. Für's Erste musste ich in meinem Hôtel, obwohl ich sehr häufig anderwärts ass und stets vorher rechtzeitig absagen liess, dennoch die volle Pension entrichten, dann hatte ich die Aufnahme in den Yacht-Club und das dortselbst von mir gegebene Diner zu bezahlen, hatte mehrmals Gäste in meinem Hôtel und schliesslich machte ich verschiedene Einkäufe von Büchern, Spielen und Kleidern.

Die Abrechnung stellt sich folgendermassen zusammen:


Am 1. März. Nachdem ich, sowie alle anderen Einzuschiffenden, wegen der Pestinficirung der Stadt von einem behördlich angestellten Arzte untersucht und als gesund anerkannt wurden, und ich mich von den Herren des Generalconsulats und vom Lloydagenten, die zum Abschied auf den Dampfer gekommen waren, empfohlen hatte, setzte ich um 11 Uhr Vormittags auf dem Dampfschiffe Marie Valerie meine Reise nach Japan fort.

Bevor ich das Capitel über Bombay beschliesse, halte ich es nicht für überflüssig, noch einige von mir gemachte Erhebungen, sowie die während meines dortigen Aufenthaltes gewonnenen Anschauungen und Wahrnehmungen, welche die allgemeinen Verhältnisse in Bombay oder in Indien überhaupt betreffen, zum Ausdrucke zu bringen, und ich will zu diesem Zwecke gleich mit der Armee beginnen.

Im Jahre 1642 landete das erste englische Bataillon in Indien, und seit dieser Zeit wurde nach und nach dieses Land mit seinen 300 Millionen Einwohnern, welches grösser ist als ganz Europa, der englischen Herrschaft theils direct, theils indirect unterworfen. Dieses immense Reich, welches mit unschätzbaren Reichthümern ausgestattet ist und einst von einheimischen prachtliebenden Fürsten in prunkvollen Palästen regiert wurde, musste sich die Fremdherrschaft gefallen lassen und sich dem Willen Grossbritanniens unterwerfen, und dies Alles wurde mit dem Aufgebote von verhältnissmässig sehr kleinen militärischen Machtmitteln erreicht.

Die englische Armee, deren Stand in Indien zu keiner Zeit grösser war als eben jetzt, besteht nur aus 70.000 Mann, von welchen nach übereinstimmenden autoritativen Aussagen zur Zeit etwa 30.000 an ansteckenden Krankheiten in den Spitälern untergebracht sein sollen. Die einheimische Armee, welche sich in Indien selbst rekrutirt, ist wenigstens vierfach so stark, untersteht aber, wenigstens vom Hauptmann oder Rittmeister aufwärts, den Befehlen englischer Officiere. Was speciell die Artillerie anbelangt, so wird dieselbe beinahe ausschliesslich nur von englischen Truppen beigestellt, und ist auch in Friedenszeiten hauptsächlich nur in die eigene englische Armee eingereiht.

Sowohl die englische wie die einheimische Armee zerfällt in drei Hauptgruppen, und zwar in jene von Bengalen, Madras und Bombay.

Die englische Armee in Indien besteht aus:



Die Stärke eines Bataillons oder eines Cavallerie-Regimentes beträgt circa 600 Mann, und die einer Batterie 150-160 Mann mit 150 bis 200 Pferden.

Der Wechsel der englischen Truppen in Indien mit jenen in Grossbritannien ist auf einem 13jährigen Turnus für die Infanterie festgestellt, und kehren somit jedes Jahr vier Bataillone aus Indien nach England zurück. Bei der Cavallerie wechselt jährlich ein Regiment.

Die einheimische Armee besteht aus:



Bei den Batterien befinden sich auch schwere Batterien, welche von Elephanten gezogen werden. Sämmtliche Batterien werden nur von englischen Officieren befehligt. Auch eine Abtheilung von Kameelreitern ist in dem Armeestande ausgewiesen.

Ein einheimisches Infanterie-Bataillon hat 8 Compagnien mit 8 englischen und 16 eingeborenen Officieren, 40 Sergeants, 4 °Corporalen, 16 Tambours und 800 Mann. Die Einheimischen werden nach ihren Racen und heidnischen Religionssecten in die Compagnien eingereiht.

 

Ein einheimisches Cavallerie-Regiment hat 4 Escadronen mit 9 englischen und 17 eingeborenen Officieren, 64 Unterofficieren, 8 Trompetern und circa 550 Reitern. Hierzu kommen noch viele freiwillige Officiere, welche von der englischen Regierung aus den besten Ständen der Einheimischen ernannt und von diesen hoch angesehen werden, wenngleich sie auch unter keiner Bedingung höhere Chargen erreichen können. Die Adjustirung besteht aus einem leichten, braunen Wollstoffe, Tropenhelme für Officiere und Turbanen für die Mannschaft. Die Ausrüstung für die Cavallerie schliesst in sich Korbsäbeln und Revolver für die Officiere und Gewehre für die Mannschaft.

Die Bezahlung der einheimischen Infanterie-Officiere beträgt nebst der vollen Verpflegung 50-150 Rupien, und für die Mannschaft 7 bis 23 Rupien pro Monat. Die einheimischen Cavallerie-Officiere erhalten ausser der Verpflegung 60-300 Rupien und die Reiter 27-51 Rupien pro Monat, doch muss hiervon auch die Erhaltung des Pferdes gedeckt werden. Die einheimischen Truppen haben seit jeher sowohl zur Eroberung des Landes, als auch zur Unterdrückung von Aufständen wesentlich beigetragen.

Abgesehen von diesen Truppen, sind indess auch die von England abhängigen Fürsten verpflichtet, im Bedarfsfalle entsprechende Contingente beizustellen. Diese Truppen sollen aber, wie man mir versichert, ganz unfähig und unbrauchbar sein.

Die Bezahlung der englischen Officiere ist sehr gut, denn sie besteht aus jener in ihrem Heimatlande und einer weiteren Zulage. Jedenfalls erwächst durch den grossen Bedarf an höheren Officieren in der indischen Armee dem verhältnissmässig kleinen Mutterlande eine namhafte Anzahl von sehr guten und angesehenen Stellen für seine Söhne.

Aber nicht nur die Armee, sondern auch die Civilverwaltung Indiens verschafft den englischen Unterthanen eine Reihe von einträglichen Posten. Ich nenne hier nur den Vicekönig, die Gouverneure der Provinzen, die Beamten der politischen, juridischen, finanziellen und mercantilen Behörden, die Schulleitungen, die Beiräthe bei den Gemeinden u. s. w. – alle diese Stellen werden von Engländern besetzt und sind reich dotirt. Hierzu kommen noch die königlichen Commissäre, welche allen noch bestehenden Fürsten (Maharadschas) beigegeben und vorzüglich gut gestellt sind, es hierbei aber auch verstehen, derartig aufzutreten, dass diese Fürsten gar nichts unternehmen können, was den Engländern nicht genehm wäre.

Die eben aufgezählten Vortheile sind aber wohl noch verschwindend gegen jene, welche England aus dem Handel und der Industrie Indiens erwachsen sind und noch erwachsen. Es wäre sehr interessant, wenn ein Statistiker erforschen und bekannt geben könnte, welch' riesenmässige pecuniäre Vortheile den Engländern jährlich von ihren aussereuropäischen Besitzungen zufliessen.

Die Arbeitskraft ist in Indien erstaunlich billig, denn sie beträgt per Mann und Tag nur 4 Anas = 20 kr. Mit dieser Arbeitskraft können sowohl der sehr fruchtbare Boden bestellt als auch alle Bau- und Industrieunternehmungen betrieben werden. So bestehen, wie ich schon erwähnte, in Bombay allein Baumwollspinnereien mit mehreren Millionen Spindeln und 15.000 Webestühle, wozu über 70.000 Arbeiter in Verwendung stehen.

Zur billigen Arbeitskraft gesellen sich noch die Ausdehnung der Schienenstränge und die Billigkeit des Frachtenverkehres, um dem Handel den nöthigen Impuls und die gewünschte Erleichterung zu bieten. Das Eisenbahnnetz in Indien umfasst 20.000 km und die Verfrachtung der Waaren ist die denkbar billigste, sowohl zu Land als am Meere. In Folge dessen hat auch seit dem Durchstiche des Suez-Canales der Verkehr mit dem Mutterlande eine erstaunliche Höhe erreicht.

Wenn man bedenkt, dass von allen grossen mitteleuropäischen Häfen Triest wohl Indien am nächsten gelegen ist und auf dem directesten Wege in das Herz von Europa fährt, und dass unser Lloyd den Handel zwischen unserem Welttheil und dem fernen Osten so ausgezeichnet vermittelt, so sollte man unbedingt meinen, dass der diesbezügliche Verkehr im steten Aufschwunge begriffen sei, und dass speciell für Oesterreich-Ungarn hieraus ein grosser Gewinn erstehen müsse. Dem ist indess leider durchaus nicht so. Unser Handel nach Indien ist ein recht mässiger und erstreckt sich in der Hauptsache nur auf Ausfuhr von Zucker und allenfalls von Papierwaaren und auf die Einfuhr von Wolle. Die Ursachen für diese beklagenswerthe Thatsache sind mannigfache; sie liegen zum grossen Theile in dem Mangel an Unternehmungsgeist und an werkthätigem Eingreifen unserer industriellen und mercantilen Kreise. Dazu kommt noch, dass in unserem gesetzgebenden Körper wegen unfruchtbarer Streitigkeiten weder Zeit noch Musse dafür gefunden wird, die grossen handelspolitischen Ziele unserer Monarchie fest in's Auge zu fassen und die Gelegenheit nicht wahrgenommen wird, uns an dem grossen Gewinne des Welthandels Theil nehmen zu lassen. Diese inneren Kämpfe kosten unserem Reiche Millionen und in der Zwischenzeit überflügelt uns das Ausland.

Bezüglich Bombay's muss ich noch erwähnen, dass, nach der Ansicht von best orientirten Leuten, es zu vermuthen steht, Bombay werde nach und nach seine hoch hervorragende Stellung als erster indischer Handelsplatz einbüssen und dieselbe an Karachi im Mündungsgebiete des Indus, an der Grenze zwischen Indien und Balutschistan, abgeben müssen.

Schliesslich will ich noch anfügen, dass ich mir durch die gütige und vortreffliche Vermittlung des Viceconsuls in Bombay nachstehende Producte aus Indien erwerben konnte, und zwar 64 Sorten von Samen indischer Bäume, um selbe im Heimatlande an verschiedene Anstalten und Personen zu senden, damit Versuche gemacht und die bei uns gut gedeihenden Bäume eingeführt werden können, dann 35 Stück kunstvoll erzeugte Modelle von indischen Früchten, um selbe einer Anstalt in der Heimat zu senden, und endlich 6 Stück Vorhänge mit originellen Seidenstickereien.