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Wallensteins Tod

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Vierter Aufzug

In des Bürgermeisters Hause zu Eger.

Erster Auftritt

Buttler. (der eben anlangt)

 
     Er ist herein. Ihn führte sein Verhängnis,
     Der Rechen ist gefallen hinter ihm,
     Und wie die Brücke, die ihn trug, beweglich
     Sich niederließ und schwebend wieder hob,
     Ist jeder Rettungsweg ihm abgeschnitten.
     Bis hieher, Friedland, und nicht weiter! sagt
     Die Schicksalsgöttin. Aus der böhmischen Erde
     Erhub sich dein bewunder Meteor,
     Weit durch den Himmel einen Glanzweg ziehend,
     Und hier an Böhmens Grenze muß es sinken!
     – Du hast die alten Fahnen abgeschworen,
     Verblendeter, und traust dem alten Glück!
     Den Krieg zu tragen in des Kaisers Länder,
     Den heil'gen Herd der Laren umzustürzen,
     Bewaffnest du die frevelhafte Hand.
     Nimm dich in acht! dich treibt der böse Geist
     Der Rache – daß dich Rache nicht verderbe!
 

Zweiter Auftritt

Buttler und Gordon.

Gordon
 
     Seid Ihr's? O wie verlangt mich, Euch zu hören.
     Der Herzog ein Verräter! O mein Gott!
     Und flüchtig! Und sein fürstlich Haupt geächtet!
     Ich bitt Euch, General, sagt mir ausführlich,
     Wie alles dies zu Pilsen sich begeben?
 
Buttler
 
     Ihr habt den Brief erhalten, den ich Euch
     Durch einen Eilenden vorausgesendet?
 
Gordon
 
     Und habe treu getan, wie Ihr mich hießt,
     Die Festung unbedenklich ihm geöffnet,
     Denn mir befiehlt ein kaiserlicher Brief,
     Nach Eurer Ordre blindlings mich zu fügen.
     Jedoch verzeiht! als ich den Fürsten selbst
     Nun sah, da fing ich wieder an, zu zweifeln.
     Denn wahrlich! nicht als ein Geächteter
     Trat Herzog Friedland ein in diese Stadt.
     Von seiner Stirne leuchtete wie sonst
     Des Herrschers Majestät, Gehorsam fordernd,
     Und ruhig, wie in Tagen guter Ordnung,
     Nahm er des Amtes Rechenschaft mir ab.
     Leutselig macht das Mißgeschick, die Schuld,
     Und schmeichelnd zum geringern Manne pflegt
     Gefallner Stolz herunter sich zu beugen;
     Doch sparsam und mit Würde wog der Fürst
     Mir jedes Wort des Beifalls, wie der Herr
     Den Diener lobt, der sein Pflicht getan.
 
Buttler
 
     Wie ich Euch schrieb, so ist's genau geschehn.
     Es hat der Fürst dem Feinde die Armee
     Verkauft, ihm Prag und Eger öffnen wollen.
     Verlassen haben ihn auf dies Gerücht
     Die Regimenter alle bis auf fünfe,
     Die Terzkyschen, die ihm hieher gefolgt.
     Die Acht ist ausgesprochen über ihn,
     Und ihn zu liefern, lebend oder tot,
     Ist jeder treue Diener aufgefordert.
 
Gordon
 
     Verräter an dem Kaiser – solch ein Herr!
     So hochbegabt! O was ist Menschengröße!
     Ich sagt' es oft: das kann nicht glücklich enden;
     Zum Fallstrick ward ihm seine Größ' und Macht
     Und diese dunkelschwankende Gewalt.
     Denn um sich greift der Mensch, nicht darf man ihn
     Der eignen Mäßigung vertraun. Ihn hält
     In Schranken nur das deutliche Gesetz
     Und der Gebräuche tiefgetretne Spur.
     Doch unnatürlich war und neuer Art
     Die Kriegsgewalt in dieses Mannes Händen;
     Dem Kaiser selbst stellte sie ihn gleich,
     Der stolze Geist verlernte, sich zu beugen.
     O schad um solchen Mann! denn keiner möchte
     Da feste stehen, mein ich, wo er fiel.
 
Buttler
 
     Spart Eure Klagen, bis er Mitleid braucht,
     Denn jetzt noch ist der Mächtige zu fürchten.
     Die Schweden sind im Anmarsch gegen Eger,
     Und schnell, wenn wir's nicht rasch entschlossen hindern,
     Wird die Vereinigung geschehn. Das darf nicht sein!
     Es darf der Fürst nicht freien Fußes mehr
     Aus diesem Platz, denn Ehr' und Leben hab ich
     Verpfändet, ihn gefangen hier zu nehmen,
     Und Euer Beistand ist's, auf den ich rechne.
 
Gordon
 
     O hätt' ich nimmer diesen Tag gesehn!
     Aus seiner Hand empfing ich diese Würde,
     Er selber hat dies Schloß mir anvertraut,
     Das ich in seinen Kerker soll verwandeln.
     Wir Subalternen haben keinen Willen;
     Der freie Mann, der mächtige allein
     Gehorcht dem schönen menschlichen Gefühl.
     Wir aber sind nur Schergen des Gesetzes,
     Des grausamen; Gehorsam heißt die Tugend,
     Um die der Niedre sich bewerben darf.
 
Buttler
 
     Laßt Euch das enggebundene Vermögen
     Nicht leid tun. Wo viel Freiheit, ist viel Irrtum,
     Doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht.
 
Gordon
 
     So hat ihn alles denn verlassen, sagt Ihr?
     Er hat das Glück von Tausenden gegründet,
     Denn königlich war sein Gemüt, und stets
     Zum Geben war die volle Hand geöffnet —
 

(Mit einem Seitenblick auf Buttlern.)

 
     Vom Staube hat er manchen aufgelesen,
     Zu hoher Ehr' und Würden ihn erhöht
     Und hat sich keinen Freund damit, nicht einen
     Erkauft, der in der Not ihm Farbe hielt!
 
Buttler
 
     Hier lebt ihm einer, den er kaum gehofft.
 
Gordon
 
     Ich hab mich keiner Gunst von ihm erfreut.
     Fast zweifl' ich, ob er je in seiner Größe
     Sich eines Jugendfreunds erinnert hat —
     Denn fern von ihm hielt mich der Dienst, sein Auge
     Verlor mich in den Mauern dieser Burg,
     Wo ich, von seiner Gnade nicht erreicht,
     Das freie Herz im stillen mir bewahrte.
     Denn als er mich in dieses Schloß gesetzt,
     War's ihm noch Ernst um seine Pflicht; nicht sein
     Vertrauen täusch ich, wenn ich treu bewahre,
     Was meiner Treue übergeben ward.
 
Buttler
 
     So sagt, wollt Ihr die Acht an ihm vollziehn,
     Mir Eure Hilfe leihn, ihn zu verhaften?
 
Gordon. (nach einem nachdenklichen Stillschweigen kummervoll)
 
     Ist es an dem – verhält sich's, wie Ihr sprecht —
     Hat er den Kaiser, seinen Herrn, verraten,
     Das Heer verkauft, die Festungen des Landes
     Dem Reichsfeind öffnen wollen – Ja, dann ist
     Nicht Rettung mehr für ihn – Doch es ist hart,
     Daß unter allen eben mich das Los
     Zum Werkzeug seines Sturzes muß erwählen.
     Denn Pagen waren wir am Hof zu Burgau
     Zu gleicher Zeit, ich aber war der ältre.
 
Buttler
 
     Ich weiß davon.
 
Gordon
 
     Wohl dreißig Jahre sind's. Da strebte schon
     Der kühne Mut im zwanzigjähr'gen Jüngling.
     Ernst über seine Jahre war sein Sinn,
     Auf große Dinge männlich nur gerichtet.
     Durch unsre Mitte ging er stillen Geists,
     Sich selber die Gesellschaft; nicht die Lust,
     Die kindische, der Knaben zog ihn an;
     Doch oft ergriff's ihn plötzlich wundersam,
     Und der geheimnisvollen Brust entfuhr,
     Sinnvoll und leuchtend, ein Gedankenstrahl,
     Daß wir uns staunend ansahn, nicht recht wissend,
     Ob Wahnsinn, ob ein Gott aus ihm gesprochen.
 
Buttler
 
     Dort war's, wo er zwei Stock hoch niederstürzte,
     Als er im Fensterbogen eingeschlummert,
     Und unbeschädigt stand er wieder auf.
     Von diesem Tag an, sagt man, ließen sich
     Anwandlungen des Wahnsinns bei ihm spüren.
 
Gordon
 
     Tiefsinn'ger wurd'er, das ist wahr, er wurde
     Katholisch. Wunderbar hatt' ihn das Wunder
     Der Rettung umgekehrt. Er hielt sich nun
     Für ein begünstigt und befreites Wesen,
     Und keck wie einer, der nicht straucheln kann,
     Lief er auf schwankem Seil des Lebens hin.
     Nachher führt' uns das Schicksal auseinander
     Weit, weit! Er ging der Größe kühnen Weg,
     Mit schnellem Schritt, ich sah ihn schwindelnd gehn,
     Ward Graf und Fürst und Herzog und Diktator,
     Und jetzt ist alles ihm zu klein, er streckt
     Die Hände nach der Königskrone aus
     Und stürzt in unermeßliches Verderben!
 
Buttler
 
     Brecht ab. Er kommt.
 

Dritter Auftritt

Wallenstein im Gespräch mit dem Bürgermeister von Eger. Die Vorigen.

Wallenstein
 
     Ihr wart sonst eine freie Stadt? Ich seh,
     Ihr führt den halben Adler in dem Wappen.
     Warum den halben nur?
 
Bürgermeister
 
     Wir waren reichsfrei,
     Doch seit zweihundert Jahren ist die Stadt
     Der böhm'schen Kron' verpfändet. Daher rührt's,
     Daß wir nur noch den halben Adler führen.
     Der untre Teil ist kanzelliert, bis etwa
     Das Reich uns wieder einlöst.
 
Wallenstein
 
     Ihr verdientet
     Die Freiheit. Haltet euch nur brav. Gebt keinem
     Aufwieglervolk Gehör. Wie hoch seid ihr
     Besteuert?
 
Bürgermeister. (zuckt die Achseln)
 
     Daß wir's kaum erschwingen können.
     Die Garnison lebt auch auf unsre Kosten.
 
Wallenstein
 
     Ihr sollt erleichtert werden. Sagt mir an,
     Es sind noch Protestanten in der Stadt?
 

(Bürgermeister stutzt.)

 
 
     Ja, ja. Ich weiß es. Es verbergen sich noch viele
     In diesen Mauern – ja! gesteht's nur frei —
     Ihr selbst – Nicht wahr?
 

(Fixiert ihn mit den Augen. Bürgermeister erschrickt.)

 
     Seid ohne Furcht. Ich hasse
     Die Jesuiten – Läg's an mir, sie wären längst
     Aus Reiches Grenzen – Meßbuch oder Bibel!
     Mir ist's all eins – Ich hab's der Welt bewiesen —
     In Glogau hab ich selber eine Kirch'
     Den Evangelischen erbauen lassen.
     – Hört, Bürgermeister – wie ist Euer Name?
 
Bürgermeister
 
     Pachhälbel, mein erlauchter Fürst.
 
Wallenstein
 
     Hört – aber sagt's nicht weiter, was ich Euch
     Jetzt im Vertraun eröffne.
 

(Ihm die Hand auf die Achsel legend, mit einer gewissen Feierlichkeit.)

 
Die Erfüllung
     Der Zeiten ist gekommen, Bürgermeister.
     Die Hohen werden fallen, und die Niedrigen
     Erheben sich – Behaltet's aber bei Euch!
     Die spanische Doppelherrschaft neiget sich
     Zu ihrem Ende, eine neue Ordnung
     Der Dinge führt sich ein – Ihr saht doch jüngst
     Am Himmel die drei Monde?
 
Bürgermeister
 
     Mit Entsetzen.
 
Wallenstein
 
     Davon sich zwei in blut'ge Dolchgestalt
     Verzogen und und verwandelten. Nur einer,
     Der mittlere blieb stehn in seiner Klarheit.
 
Bürgermeister
 
     Wir zogen's auf den Türken.
 
Wallenstein
 
     Türken! Was?
     Zwei Reiche werden blutig untergehen
     Im Osten und im Westen, sag ich Euch,
     Und nur der lutherischen Glaub' wird bleiben.
 

(Er bemerkt die zwei andern.)

 
     Ein starkes Schießen war ja diesen Abend
     Zur linken Hand, als wir den Weg hieher
     Gemacht. Vernahm man's auch hier in der Festung?
 
Gordon
 
     Wohl hörten wir's, mein General. Es brachte
     Der Wind den Schall gerad von Süden her.
 
Buttler
 
     Von Neustadt oder Weiden schien's zu kommen.
 
Wallenstein
 
     Das ist der Weg, auf dem die Schweden nahn.
     Wie stark ist die Besatzung?
 
Gordon
 
     Hundertachtzig
     Dienstfähige Mann, der Rest sind Invaliden.
 
Wallenstein
 
     Und wieviel stehn im Jochimstal?
 
Gordon
 
     Zweihundert
     Arkebusierer hab ich hingeschickt,
     Den Posten zu verstärken gegen die Schweden.
 
Wallenstein
 
     Ich lobe Eure Vorsicht. An den Werken
     Wird auch gebaut. Ich sah's bei der Hereinfahrt.
 
Gordon
 
     Weil uns der Rheingraf jetzt so nah bedrängt,
     Ließ ich noch zwei Pasteien schnell errichten.
 
Wallenstein
 
     Ihr seid genau in Eures Kaisers Dienst.
     Ich bin mit Euch zufrieden, Oberstleutnant.
 

(Zu Buttlern.)

 
     Der Posten in dem Jochimstal soll abziehn
     Samt allen, die dem Feind entgegenstehn.
 

(Zu Gordon.)

 
     In Euren treuen Händen, Kommendant,
     Laß ich mein Weib, mein Kind und meine Schwester.
     Denn hier ist meines Bleibens nicht; nur Briefe
     Erwart ich, mit dem frühesten die Festung
     Samt allen Regimentern zu verlassen.
 

Vierter Auftritt

Vorige. Graf Terzky.

Terzky
 
     Willkommne Botschaft! Frohe Zeitungen!
 
Wallenstein
 
     Was bringst du?
 
Terzky
 
     Eine Schlacht ist vorgefallen
     Bei Neustadt, und die Schweden blieben Sieger.
 
Wallenstein
 
     Was sagst du? Woher kommt dir diese Nachricht?
 
Terzky
 
     Ein Landmann bracht' es mit von Tirschenreit,
     Nach Sonnenuntergang hab's angefangen,
     Ein kaiserlicher Trupp von Tachau her
     Sie eingebrochen in das schwed'sche Lager,
     Zwei Stunden hab' das Schießen angehalten,
     Und tausend Kaiserliche sei'n geblieben,
     Ihr Oberst mit, mehr wußt' er nicht zu sagen.
 
Wallenstein
 
     Wie käme kaiserliches Volk nach Neustadt?
     Der Altringer, er müßte Flügel haben,
     Stand gestern vierzehn Meilen noch von da;
     Das Gallas Völker sammeln sich zu Fraunberg
     Und sind noch nicht beisammen. Hätte sich
     Der Suys etwa so weit vorgewagt?
     Es kann nicht sein.
 

(Illo erscheint.)

Terzky
 
     Wir werden's alsbald hören,
     Denn hier kommt Illo fröhlich und voll Eile.
 

Fünfter Auftritt

Illo. Die Vorigen.

Illo. (zu Wallenstein)
 
     Ein Reitender ist da und will dich sprechen.
 
Terzky
 
     Hat's mit dem Siege sich bestätigt? Sprich!
     Wallenstein.
     Was bringt er? Woher kommt er?
 
Illo
 
     Von dem Rheingraf,
     Und was er bringt, will ich voraus dir melden.
     Die Schweden stehn fünf Meilen nur von hier,
     Bei Neustadt hab' der Piccolomini
     Sich mit der Reiterei auf sie geworfen,
     Ein fürchterliches Morden sei geschehn,
     Doch endlich hab' die Menge überwältigt,
     Die Pappenheimer alle, auch der Max,
     Der sie geführt – sei'n auf dem Platz geblieben.
 
Wallenstein
 
     Wo ist der Bote? Bringt mich zu ihm.
 

(Will abgehn. Indem stürzt Fräulein Neubrunn ins Zimmer, ihr folgen einige Bediente, die durch den Saal rennen.)

Neubrunn
 
     Hilfe! Hilfe!
 
Illo
 
     und Terzky.
     Was gibt's?
 
Neubrunn
 
     Das Fräulein! —
 
Wallenstein und Terzky
 
Weiß sie's?
 
Neubrunn
 
     Sie will sterben.
 

(Eilt fort. Wallenstein und Terzky mit Illo ihr nach.)

Sechster Auftritt

Buttler und Gordon.

Gordon. (erstaunt)
 
     Erklärt mir. Was bedeutete der Auftritt?
 
Buttler
 
     Sie hat den Mann verloren, den sie liebte,
     Der Piccolomini war's, der umgekommen.
 
Gordon
 
     Unglücklich Fräulein!
 
Buttler
 
     Ihr habt gehört, was dieser Illo brachte,
     Daß sich die Schweden siegend nahn.
 
Gordon
 
     Wohl hört' ich's.
 
Buttler
 
     Zwölf Regimenter sind sie stark, und fünf
     Stehn in der Näh', den Herzog zu beschützen.
     Wir haben nur mein einzig Regiment,
     Und nicht zweihundert stark ist die Besatzung.
 
Gordon
 
     So ist's.
 
Buttler
 
     Nicht möglich ist's, mit so geringer Mannschaft
     Solch einen Staatsgefangnen zu bewahren.
 
Gordon
 
     Das seh ich ein.
 
Buttler
 
     Die Menge hätte bald das kleine Häuflein
     Entwaffnet, ihn befreit.
 
Gordon
 
     Das ist zu fürchten.
 
Buttler. (nach einer Pause)
 
     Wißt! Ich bin Bürge worden für den Ausgang,
     Mit meinem Haupte haft ich für das seine,
     Wort muß ich halten, führ's wohin es will,
     Und ist der Lebende nicht zu bewahren,
     So ist – der Tote uns gewiß.
 
Gordon
 
     Versteh ich Euch? Gerechter Gott! Ihr könntet —
 
Buttler
 
     Er darf nicht leben.
 
Gordon
 
     Ihr vermöchtet's?
 
Buttler
 
     Ihr oder ich. Er sah den letzten Morgen.
 
Gordon
 
     Ermorden wollt Ihr ihn?
 
Buttler
 
     Das ist mein Vorsatz.
 
Gordon
 
     Der Eurer Treu vertraut!
 
Buttler
 
     Sein böses Schicksal!
 
Gordon
 
     Des Feldherrn heilige Person!
 
Buttler
 
     Das war er!
 
Gordon
 
     O was er war, löscht kein Verbrechen aus!
     Ohn' Urtel?
 
Buttler
 
     Die Vollstreckung ist statt Urtels.
 
Gordon
 
     Das wäre Mord und nicht Gerechtigkeit,
     Denn hören muß sie auch den Schuldigsten.
 
Buttler
 
     Klar ist die Schuld, der Kaiser hat gerichtet,
     Und seinen Willen nur vollstrecken wir.
 
Gordon
 
     Den blut'gen Spruch muß man nicht rasch vollziehn,
     Ein Wort nimmt sich, ein Leben nie zurück.
 
Buttler
 
     Der hurt'ge Dienst gefällt den Königen.
 
Gordon
 
     Zu Henkers Dienst drängt sich kein edler Mann.
 
Buttler
 
     Kein mutiger erbleicht vor kühner Tat.
 
Gordon
 
     Das Leben wagt der Mut, nicht das Gewissen.
 
Buttler
 
     Was? Soll er frei ausgehn, des Krieges Flamme,
     Die unauslöschliche, aufs neu entzünden?
 
Gordon
 
     Nehmt ihn gefangen, tötet ihn nur nicht,
     Greift blutig nicht dem Gnadenengel vor.
 
Buttler
 
     Wär' die Armee des Kaisers nicht geschlagen,
     Möcht' ich lebendig ihn erhalten haben.
 
Gordon
 
     O warum schloß ich ihm die Festung auf!
 
Buttler
 
     Der Ort nicht, sein Verhängnis tötet ihn.
 
Gordon
 
     Auf diesen Wällen wär' ich ritterlich,
     Des Kaisers Schloß verteidigend, gesunken.
 
Buttler
 
     Und tausend brave Männer kamen um!
 
Gordon
 
     In ihrer Pflicht – das schmückt und ehrt den Mann;
     Doch schwarzen Mord verfluchte die Natur.
 
Buttler. (eine Schrift hervorlangend)
 
     Hier ist das Manifest, das uns befiehlt,
     Uns seiner zu bemächtigen. Es ist an Euch
     Gerichtet, wie an mich. Wollt Ihr die Folgen tragen,
     Wenn er zum Feind entrinnt durch unsre Schuld?
 
Gordon
 
     Ich, der Ohnmächtige, o Gott!
 
Buttler
 
     Nehmt Ihr's auf Euch. Steht für die Folgen ein!
     Mag werden draus was will! Ich leg's auf Euch.
 
Gordon
 
     O Gott im Himmel!
 
Buttler
 
     Wißt Ihr andern Rat,
     Des Kaisers Meinung zu vollziehen? Sprecht!
     Denn stürzen, nicht vernichten will ich ihn.
 
Gordon
 
     O Gott! Was sein muß, seh ich klar wie Ihr,
     Doch anders schlägt das Herz in meiner Brust.
 
Buttler
 
     Auch dieser Illo, dieser Terzky dürfen
     Nicht leben, wenn der Herzog fällt.
 
Gordon
 
     O nicht um diese tut mir's leid. Sie trieb
     Ihr schlechtes Herz, nicht die Gewalt der Sterne.
     Sie waren's, die in seine ruh'ge Brust
     Den Samen böser Leidenschaft gestreut,
     Die mit fluchwürdiger Geschäftigkeit
     Die Unglücksfrucht in ihm genährt – Mag sie
     Des bösen Dienstes böser Lohn ereilen!
 
Buttler
 
     Auch sollen sie im Tod ihm gleich voran.
     Verabred't ist schon alles. Diesen Abend
     Bei eines Gastmahls Freuden wollten wir
     Sie lebend greifen und im Schloß bewahren.
     Viel kürzer ist es so. Ich geh sogleich,
     Die nötigen Befehle zu erteilen.
 

Siebenter Auftritt

Vorige. Illo und Terzky.

 
Terzky
 
     Nun soll's bald anders werden! Morgen ziehn
     Die Schweden ein, zwölftausend tapfre Krieger.
     Dann grad auf Wien. He! Lustig, Alter! Kein
     So herb Gesicht zu solcher Freudenbotschaft!
 
Illo
 
     Jetzt ist's an uns, Gesetze vorzuschreiben
     Und Rach' zu nehmen an den schlechten Menschen,
     Den schändlichen, die uns verlassen. Einer
     Hat's schon gebüßt, der Piccolomini.
     Ging's allen so, die's übel mit uns meinen!
     Wie schwer trifft dieser Schlag das alte Haupt!
     Der hat sein ganzes Leben lang sich
     Abgequält, sein altes Grafenhaus zu fürsten,
     Und jetzt begräbt er seinen einz'gen Sohn!
 
Buttler
 
     Schad ist's doch um den heldenmüt'gen Jüngling,
     Dem Herzog selbst ging's nah, man sah es wohl.
 
Illo
 
     Hört, alter Freund! Das ist es, was mir nie
     Am Herrn gefiel, es war mein ew'ger Zank,
     Er hat die Welschen immer vorgezogen.
     Auch jetzo noch, ich schwör's bei meiner Seele,
     Säh' er uns alle lieber zehnmal tot,
     Könnt' er den Freund damit ins Leben rufen.
 
Terzky
 
     Still! Still! Nicht weiter! Laß die Toten ruhn!
     Heut gilt es, wer den andern niedertrinkt,
     Denn Euer Regiment will uns bewirten.
     Wir wollen eine lust'ge Faßnacht halten,
     Die Nacht sei einmal Tag, bei vollen Gläsern
     Erwarten wir die schwed'sche Avantgarde.
 
Illo
 
     Ja, laßt uns heut noch guter Dinge sein,
     Denn heiße Tage stehen uns bevor.
     Nicht ruhn soll dieser Degen, bis er sich
     In österreich'schem Blute satt gebadet.
 
Gordon
 
     Pfui, welche Red' ist das, Herr Feldmarschall,
     Warum so wüten gegen Euren Kaiser —
 
Buttler
 
     Hofft nicht zu viel von diesem ersten Sieg.
     Bedenkt, wie schnell des Glückes Rad sich dreht,
     Denn immer noch sehr mächtig ist der Kaiser.
 
Illo
 
     Der Kaiser hat Soldaten, keinen Feldherrn,
     Denn dieser König Ferdinand von Ungarn
     Versteht den Krieg nicht – Gallas? Hat kein Glück
     Und war von jeher nur ein Heerverderber.
     Und diese Schlange, der Octavio,
     Kann in die Fersen heimlich wohl verwunden,
     Doch nicht in offner Schlacht dem Friedland stehn.
 
Terzky
 
     Nicht fehlen kann's uns, glaubt mir's nur. Das Glück
     Verläßt den Herzog nicht; bekannt ist's ja,
     Nur unterm Wallenstein kann Östreich siegen.
 
Illo
 
     Der Fürst wird ehestens ein großes Heer
     Beisammen haben, alles drängt sich, strömt
     Herbei zum alten Ruhme seiner Fahnen.
     Die alten Tage seh ich wiederkehren,
     Der große wird er wieder, der er war —
     Wie werden sich die Toren dann ins Aug'
     Geschlagen haben, die ihn jetzt verließen!
     Denn Länder schenken wird er seinen Freunden
     Und treue Dienste kaiserlich belohnen.
     Wir aber sind in seiner Gunst die nächsten.
 

(Zu Gordon.)

 
     Auch Eurer wird er dann gedenken, wird Euch
     Aus diesem Neste ziehen, Eure Treu
     In einem höhern Posten glänzen lassen.
 
Gordon
 
     Ich bin vergnügt, verlange höher nicht
     Hinauf: wo große Höh', ist große Tiefe.
 
Illo
 
     Ihr habt hier weiter nichts mehr zu bestellen,
     Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.
     Kommt, Terzky. Es wird Zeit zum Abendessen.
     Was meint Ihr? Lassen wir die Stadt erleuchten,
     Dem Schwedischen zur Ehr', und wer's nicht tut,
     Der ist ein Spanischer und ein Verräter.
 
Terzky
 
     Laßt das. Es wird dem Herzog nicht gefallen.
 
Illo
 
     Was! Wir sind Meister hier, und keiner soll sich
     Für kaiserlich bekennen, wo wir herrschen.
     – Gut Nacht, Gordon. Laßt Euch zum letztenmal
     Den Platz empfohlen sein, schickt Runden aus,
     Zur Sicherheit kann man das Wort noch ändern.
     Schlag zehn bringt Ihr dem Herzog selbst die Schlüssel,
     Dann seid Ihr Eures Schließeramtes quitt,
     Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.
 
Terzky. (im Abgehen zu Buttler):
 
     Ihr kommt doch auch aufs Schloß?
 
Buttler
 
     Zu rechter Zeit.
 

(Jene gehen ab.)