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Märgi loetuks
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Das Prasseln der Räder verstärkt sich, denn der Zug rollt durch einen größeren Bahnhof – Luckenwalde liest man im Vorbeifliegen – , in dem das glatte Gleis sich in zahlreiche Schienenstränge auflöst. An der Zungenspitze einer jeden Weiche gibt es einen verstärkten Schlag, aber dieser erschreckt den Führer nicht, denn das für ihn geltende gezogene Signal sagt ihm, daß alle Weichen richtig gestellt sind und die Zungen mit zuverlässiger Festigkeit anliegen.

Weiter gehts bis Jüterbog. Hier zweigt von der Strecke nach Halle die große Schnellzuglinie nach Dresden ab. Zwei Signale stehen an der Trennungsstelle. Mit leichtem Blick erkennt der Lokomotivführer, daß das für die Richtung Halle geltende auf Fahrt Frei gestellt ist, und wiederum weiß er hierdurch genau, daß sein Zug in das richtige Gleis hineinfahren und nicht etwa eine Ablenkung auf den für ihn falschen Dresdner Strang erfahren wird.

Ernst und streng liegt die Strecke vor dem Auge des Lokomotivlenkers. Mit ihren geraden mathematischen Linien zieht sie, allen Zufälligkeiten abhold, durch das lustige Grün der Wiesen, über Bäche und Senkungen hinweg, durch Hügeleinschnitte hindurch weiter, immer weiter. An dem klapprigen ländlichen Fuhrwerk, an dem hochbeladenen Düngerwagen vorbei, die auf den Landstraßen halten, fliegt die vornehme Bildung des Zugs, von den weißgedeckten Tischen des Speisewagens blicken die Fahrgäste auf die bescheidenen dörflichen Häuschen, in denen ein stilles karges Leben auf der festen Scholle sich abspielt.

Wie ein gewaltiger Herr, der durch seine Lande reist, wird der Zug überall dienend empfangen. Kein Kaiser findet seinen Weg so wohlvorbereitet, so glatt und hindernisfrei wie er. Längst ist sein Herannahen durch Glockenzeichen gemeldet, jedes Steinchen, fast jedes Stäubchen ist vor ihm von den Schienen entfernt, alle das Gleis querenden Straßen sind durch einen Schlagbaum verschlossen. Diensteifrig steht der Wärter am Übergang und blickt ehrfurchtsvoll, mit geschulterter Notfahne, zu dem donnernd vorbeistürmenden Zug empor. Aus den Fenstern der großen Stellwerkstürme vor den mit voller Fahrt durchsausten Bahnhöfen schauen die diensttuenden Beamten hinab, auf den Bahnsteigen stehen die Fahrdienstleiter stramm, und die Reisenden, welche einem der folgenden Personenzüge entgegenharren, drängen sich hinter den Schranken.

So weit der Zug zu sehen ist, bleibt längs der Strecke bei seinem Vorüberfahren kein Mensch gleichgültig. Der Kutscher, der auf seinem Wagen vor der geschlossenen Schranke sitzt, der Kartoffelgräber auf dem Feld, der pflügende Landmann, der spazierende Städter, sie alle richten das Gesicht dem Zug entgegen, und für Minuten ist ihr Denken gänzlich von diesem eindrucksvollsten aller beweglichen Gebilde gefangengenommen. Auch die Tiere werden aufmerksam. Der Hund bellt, die Pferde springen erschreckt durch das Gras, selbst die träge wiederkäuenden Kühe hören für einige Zeit auf, ihre Kinnbacken zu bewegen.

Weiter gehts in glatter Fahrt über die Lande. Auch das tief eingeschnittene Elbtal bei Wittenberg ist kein Hindernis für die Hundertkilometergeschwindigkeit des Zugs. Auf langer, eiserner Brücke wird der Fluß überflogen, als läge gewachsener Boden unter den Rädern.

Beim raschen Durchfahren des Bahnhofs Bitterfeld grüßt die Dampflokomotive eine neu heraufkommende Zeit, denn dieser Bahnhof ist überzogen von eisernen Jochen, an denen schwere Porzellanklötze und Kupferdrähte hängen. Hier nimmt die erste elektrische Vollbahnstrecke in Preußen Bitterfeld-Dessau ihren Anfang.

Weiter drehen sich die Räder der Lokomotive in tollem Wirbel um und um. Die Triebstangen fahren wild hin und her, der Dampf zischt aus dem Blasrohr durch den Schornstein, der Kohlenvorrat des Tenders mindert sich mehr und mehr, da die gefräßige Feuerung einen Zentner nach dem andern aufzehrt. Nachdem kaum mehr als zwei Stunden vergangen sind, nähert sich der Zug seiner ersten Haltestelle, dem Bahnhof Halle. Schon lange vorher schließt der Lokomotivführer das Reglerventil und sperrt damit die Dampfzufuhr zu den Zylindern ab. Zur rechten Zeit setzt er die Bremse in Tätigkeit, langsam sinkt die Geschwindigkeit des Zugs, und, nachdem er mehr als 160 Kilometer frei durchfahren hat, kommt er fast auf das Zentimeter genau an der vorgezeichneten Stelle leise und stoßlos zum Halten.

Während nun die Wagentüren sich wieder öffnen, Fahrgäste aus und ein steigen, löst sich die Lokomotive vom Zug und fährt in den Schuppen. Sie hat ihre Pflicht mit wundervoller Tatkraft und Ausdauer erfüllt, nun wird ihr einige Zeit zum Ausruhen und zur Erholung gegeben. Eine neue, noch mächtigere Maschine wird angekuppelt. Sie soll den Zug ohne Aufenthalt durch das halbe Deutschland hindurch in 312 Stunden bis nach Nürnberg führen.

Wir sind sicher, daß sie gleichfalls ihre Pflicht pünktlich auf die Minute erfüllen wird. Auch keiner der Fahrgäste zweifelt daran, daß er zur vorgeschriebenen Zeit das Endziel seiner Fahrt erreichen wird. Und das um so weniger, als sicherlich kein einziger von ihnen überhaupt seine Gedanken auf den Eisenbahnbetrieb richtet, der ihm eine so schöne glatte Reise ermöglicht.

Was ist jedoch alles notwendig, damit der Zug wirklich in der geschilderten Weise auch nur von Berlin bis Halle gelangen konnte! Welche außerordentlichen Vorkehrungen mußten in der Vergangenheit getroffen, welch eine Unzahl von Verrichtungen während der Fahrt vollführt werden, damit Menschen die Entfernung von Berlin bis Halle in zwei Stunden zu überwinden vermochten! Es ist die Aufgabe der folgenden Abschnitte, zu zeigen, welche Mittel vorhanden sein und angewendet werden müssen, um eine Eisenbahnfahrt unserer Tage zu ermöglichen.

10. Die neue Linie

Auch dort, wo heute die Strecke Berlin-Halle durch die Lande zieht, lagen einst Feld, Wald und Wiese in unberührtem Grün. Da erschienen eines Tags die Männer mit bunten Pfählen, Fernrohren und Merkbüchern, maßen und schrieben eifrig, und nicht lange nachher ward gegraben und gerodet, das freundliche Grün beseitigt, der Wald gefällt, das Wasser mit schweren Jochen überdeckt, bis schließlich ein unfruchtbarer, grauer Pfad dalag, auf dem ein neues, donnerndes Leben anhub. Zwar ist es schon viele Jahrzehnte her, daß diese Vorgänge sich zwischen Berlin und Halle abspielten, doch sehr viel anders dürften die Geschehnisse auch damals nicht gewesen sein, als sie heute vor sich gehen, wenn eine neue Eisenbahnlinie angelegt werden soll.

Sobald der Entschluß gefaßt ist, zwei bestimmte Punkte durch eine Eisenbahn zu verbinden, muß man sich zunächst darüber klar werden, welche Bahngattung gewählt werden soll. Man hat die Auswahl zwischen Hauptbahn, Nebenbahn und Kleinbahn. Ausschlaggebend für den Entschluß sind die Stärke des Verkehrs, der zwischen Anfangs- und Endpunkt der Bahn zu erwarten ist, die Länge der Strecke und das Gelände, welches durchzogen werden soll.

Heutzutage wird in Preußen, dessen Verhältnisse wir hier hauptsächlich im Auge haben, der Anfang einer neuen Bahn fast stets ein Bahnhof sein, der Endpunkt zum größten Teil ebenfalls. Läuft die Bahn tot aus, so kommt nur örtlicher Verkehr für sie in Betracht, und dann wird man einfachere Bahngestaltung vorziehen. Beim Lauf der neuen Strecke von einem Eisenbahnknotenpunkt zum andern aber ist darauf zu achten, ob die Linie dem großen Durchgangsverkehr der Gegend einen abkürzenden Weg bietet. In solchem Fall ist es unwichtig, ob der Ortsverkehr gering ist oder nicht, man wird dann stets eine voll gerüstete Hauptbahn zur Ausführung bringen, auf der die Schnellzüge mit der größten Geschwindigkeit fahren können. Hierdurch ist man verpflichtet, die Bahn mit sehr geringen Neigungen auszuführen, die Halbmesser der Krümmungen sehr groß zu nehmen und den Oberbau so kräftig zu gestalten, daß er den vorgeschriebenen höchsten Raddrücken zu widerstehen vermag.

Die Neigung der freien Strecken auf preußischen Hauptbahnen darf für gewöhnlich das Maß von 1: 80 nicht überschreiten. Das heißt auf einer Länge von 80 Metern darf die Bahn nicht um mehr als ein Meter steigen oder fallen. Man drückt die Neigung auch in Tausendteilen aus; 12,5‰ bedeutet dasselbe wie 1: 80, 25‰ dasselbe wie 1: 40. Bis zur Anwendung eines Neigungswinkels von 1: 40 darf in besonders schwierigen Fällen mit Erlaubnis der Landesaufsichtsbehörden gegangen werden, doch wendet man in Preußen im allgemeinen keine stärkeren Neigungen als 1: 150 an.

Der kleinste zulässige Krümmungshalbmesser für Hauptbahnen ist 300 Meter, mit besonderer Genehmigung 180 Meter, aber ein geringerer Halbmesser als 1000 Meter kommt in Wirklichkeit wenig in Betracht. Hierdurch und wegen der Flachheit der allgemein bei ihnen üblichen Neigungen gehören die preußischen und auch die übrigen deutschen Bahnen zu den bestgebauten auf der ganzen Erde.

Jeder Punkt des Oberbaus einer Hauptbahn muß imstande sein, eine Last von 8000 bis 9000 Kilogramm zu tragen. Bei der Berechnung des Oberbaus ist jedoch zu bedenken, daß es sich bei seiner Beanspruchung nicht um ruhende Lasten, sondern um ständig wechselnde Belastungen handelt, die mit harten Stößen anzugreifen pflegen. Das Gleis muß also sehr kräftig durchgebildet werden.

Aus den angegebenen Gründen vermag eine Hauptbahn am wenigsten sich den Geländeverhältnissen anzuschmiegen, ihr Bau wird darum am teuersten.

Die Länge der Strecke hat insofern einen Einfluß auf die Wahl der Bahngattung, als bei einer kurzen Linie die Entwicklung einer bedeutenden Geschwindigkeit keine allzu große Rolle spielt. Auf preußischen Hauptbahnen dürfen zur Personenbeförderung bestimmte Züge, die eine durchgehende Bremse besitzen, mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern in der Stunde fahren. Auf Nebenbahnen sind nur 40 bis allerhöchstens 50 Kilometer Höchstgeschwindigkeit zulässig. Dieser Unterschied hat einen großen Einfluß auf die Reisedauer, wenn lange Strecken zurückzulegen sind, bei kürzeren Entfernungen aber ist ein Zeitverlust bei geringerer Fahrgeschwindigkeit wenig bemerkbar. Man kann sich also in einem solchen Fall mit einer Nebenbahn, auch bei nicht allzu wichtigen Durchgangsstrecken, begnügen, wodurch große Summen gespart werden, weil nun die Neigungen größer, die Krümmungen schärfer werden dürfen, man also mit weit mehr Rücksicht auf das Gelände bauen kann.

 

Wenn die Bahn nicht eine Ebene durchschneidet, sondern über stark gewellten oder gar gebirgigen Boden geführt werden muß, so bestimmt diese Bodengestaltung über alle anderen Gesichtspunkte hinaus die Wahl der Bahngattung. Bei ständiger Anwendung der höchsten zulässigen Neigung können Züge auch über eine Hauptbahn nur mit geringer Geschwindigkeit fahren, und darum macht es wenig Unterschied für den Verkehr, wenn man hier nur Nebenbahnausgestaltung anwendet. Die Schmalspur mit ihrer großen Schmiegsamkeit ist in solchen Fällen am allergünstigsten und gestattet oft die Vermeidung vieler Brücken- und Tunnelbauten.

Wenn die Bahngattung gewählt ist, beginnt man mit den „allgemeinen Vorarbeiten“. Sie dienen bei Privatbahnen als Unterlage bei der Einholung der staatlichen Genehmigung, bei Staatsbahnen zur Bildung eines endgültigen Urteils darüber, ob die Strecke bauwürdig ist und zu Mitteilungen an den Landtag beim Ansuchen um die Genehmigung der notwendigen Bausumme.

Wenn einer privaten Gesellschaft die Erlaubnis zur Vornahme der „allgemeinen Vorarbeiten“ erteilt ist, so erhält sie damit zugleich das Recht, fremdes Eigentum in dem notwendigen Umfang betreten und dieses gegen Ersatz beschädigen zu dürfen. Jedoch gibt diese Vorerlaubnis noch keinen Anspruch auf wirkliche Genehmigung des Baus. Diese steht in Preußen allein dem König zu, in anderen Ländern ist ein Gesetz notwendig.

Längst nicht alle Linien, die geplant werden, kommen zur Ausführung. Denn manchmal zeigen schon die Vorarbeiten, daß der zu erwartende Verkehr anfänglich überschätzt worden ist oder daß die Baukosten infolge ungünstiger Bodenverhältnisse zu hoch werden. Darum ist auch die Aufnahme der Vorarbeiten an eine Genehmigung geknüpft. Denn durch diese wird stets eine gewisse Beunruhigung bei den Bewohnern der angrenzenden Ländereien hervorgerufen, indem Hoffnungen auf Landverkäufe oder Wertsteigerungen des Bodens erweckt werden, die nachher nicht in Erfüllung gehen.

Am besten wäre es natürlich, wenn man den Anfangs- und Endpunkt der neuen Bahn durch eine gerade Linie verbinden könnte. Das wird jedoch nur in den allerseltensten Fällen möglich sein. Falsch wäre es jedoch, bei den Vorarbeiten nun diejenige Streckengestaltung heraussuchen zu wollen, welche die geringsten Baukosten erfordert, das heißt sich bei der Linienführung nur danach zu richten, daß man möglichst wenig Einschnitte zu machen, Dammaufschüttungen herzustellen oder andere Kunstbauten auszuführen hat, wenn auch Neigungs- und Krümmungsverhältnisse dadurch arg verschlechtert werden und große Umwege zu machen sind. Es müssen vielmehr von vornherein auch die künftigen Bahnunterhaltungs- und Betriebskosten in Betracht gezogen werden. Jede stärkere Steigung, jede schärfere Krümmung erfordern größere Zugkräfte und sind daher im Betrieb teurer. Die einmalige Ausgabe für einen Durchstich oder eine Brücke darf deshalb nicht gescheut werden, wenn man dadurch eine günstigere Bahngestaltung erreicht, welche die späteren ständigen Kosten mindert. Zwischen diesen beiden Gegensätzen ist es oft schwer, die richtige Mitte zu finden, und es gibt so manche Strecke in Deutschland und in anderen Ländern, die durchaus nicht so günstig gebaut ist, wie man es nachher gern gesehen hätte.

Man muß stets, bis man auch nur zur vorläufigen Festlegung der Bahnführung gelangt, vielerlei Möglichkeiten gedanklich und zeichnerisch erwägen. Es gibt stets zahlreiche Punkte, an welche die Bahn unbedingt herangeführt werden muß, und andere, die sie ängstlich zu fliehen hat. Sehr treffend sagt Blum, daß die Streckengestaltung von anziehenden und abstoßenden Magnetpolen beeinflußt werde. Unbedingt anziehend wirken große Städte oder tiefe Einsattelungen in Gebirgszügen, die zu überschreiten sind, wie z. B. die Westfälische Pforte. Das sind Zwangspunkte, die unter allen Umständen angegangen werden müssen. Als abstoßende Pole sind große, tiefe Seen, weite Moore, sumpfige Ufer breiter Flüsse zu betrachten.

Die Lage der Bahnhöfe ist mit besonderer Sorgfalt zu bestimmen, denn diese bilden ja die einzige Einnahmequelle der künftigen Strecke. Wenn die Linie hauptsächlich auf Ortsverkehr angewiesen ist, so wird sie keiner größeren Siedelung aus dem Weg gehen können. Kleinbahnen machen Umwege fast wegen eines jeden Dorfs. Eine ganz große durchgehende Schnellzugstrecke kann jedoch auch einmal einen sehr bedeutenden Ort seitlich liegen lassen, um eine allzu starke Abweichung von der geraden Linie zu vermeiden. So geht die Strecke Frankfurt a. M. – Basel bei Oos vorbei, ohne in das benachbarte Tal einzubiegen, in dem Baden-Baden liegt.

Recht sorgfältig wird man bei der Linienfeststellung auch darauf zu achten haben, wie oft Landstraßen und sonstige bedeutendere Wege gekreuzt werden müssen. In einem solchen Fall ist jedesmal zu überlegen, ob Überkreuzung in Schienenhöhe zulässig ist, oder ob die Bahn mit einer Über- oder Unterführung fortzuleiten ist. Die Sonderbauten an Wegekreuzungen verursachen jedesmal recht erhebliche Kosten, aber auch die Kreuzung in Schienenhöhe ist oft nicht billig, weil häufig größere Verlegungen der alten Wege notwendig sind. Um den Fahrzeugen und Fußgängern auf der Landstraße das Überblicken der Bahnstrecke zu erleichtern, dürfen die Wege nicht in scharfem Winkel auf diese zulaufen. Die Kreuzung hat vielmehr möglichst unter einem rechten Winkel zu erfolgen. Das macht Geländeerwerbungen sowie manche schwierige Bauausführung notwendig, und aus allen diesen Gründen kann man darum auch Wegkreuzungen als abstoßende Pole bezeichnen.

Wo Wasserläufe gekreuzt oder berührt werden, ist die Bahn so zu führen, daß sie vollkommen hochwasserfrei daliegt. Durch Erkundigungen muß festgestellt werden, wie die Läufe sich zur Hochwasserzeit verhalten; danach ist die Höhe der Bahnkrone und die Weite der Durchlässe zu berechnen. Einen vielfach gekrümmten Wasserlauf, der die Strecke häufig durchschneidet, überwindet man unter Vermeidung der sonst erforderlichen zahlreichen Brücken manchmal dadurch, daß man ihn begradigt und ganz an die eine Seite des Bahnkörpers legt. Das läßt sich häufig aber nicht ohne weiteres ausführen, da die Vorflutverhältnisse der anliegenden Ländereien mit in Betracht gezogen werden müssen, das heißt das Recht der Anlieger, Abfallwässer oder solche aus Trockenlegungsleitungen in den Lauf hineinzuführen.

Weiter ist bei den Vorarbeiten eine ungemein große Anzahl von Dingen zu erwägen. In Preußen z. B. wird man auch alle in der Nähe der geplanten Linie stehenden Gebäude anmerken müssen, die mit Stroh und Schindeln gedeckt sind. Denn wegen der Gefahr, daß diese Dachbedeckung durch Funkenflug von der Lokomotive in Brand gesetzt werden kann, müssen solche Häuser vor Inbetriebnahme der Bahn umgedeckt werden, wenn sie nicht mindestens im Abstand der anderthalbfachen Dammhöhe vermehrt um 38 Meter von der nächsten Schiene stehen.

Am besten ist es, wenn man die Bahn auf festen, tragfähigen und trockenen Boden legen kann. Auch die sonstige geologische Beschaffenheit der Umgebung ist wichtig, weil der Bahnbau sehr verbilligt wird, wenn die notwendigen Steine und der Baustoff für die Bettung in großer Nähe gewonnen werden können. Desgleichen müssen in gewissen Abständen Quellen erschließbar sein, damit das notwendige Wasser für die Speisestellen der Lokomotiven herangeschafft werden kann.

Als zeichnerische Grundlage für die Darstellung des Ergebnisses der allgemeinen Vorarbeiten benutzt man die beste Übersichtskarte der Gegend, die zu haben ist. In Deutschland kommen hierfür hauptsächlich die sogenannten Meßtischblätter der Generalstabskarten in Betracht, die im Maßstab von 1: 25 000 hergestellt sind, also fast jede Einzelheit enthalten. Sonst muß man sich mit den weniger gründlichen Generalstabskarten in den Maßstäben von 1: 50 000 oder 1: 100 000 begnügen. Selbstverständlich ist durch Berechnungen und Nachmessungen der augenblickliche Zustand aufs sorgfältigste festzustellen.

Zur Erlangung der endgültigen Genehmigung sind Pläne einzureichen, in welche die Längs- und die Höhenlage der Bahn aufs genaueste einzutragen sind. Ferner müssen alle baulichen Anlagen wie Brücken, Durchlässe, Über- und Unterführungen, Wegeübergänge, Bahnhöfe, Haltestellen usw. genau angegeben werden. Ein Erläuterungsbericht, eine Denkschrift, Ertragsberechnung und ein Kostenüberschlag sind beizufügen; der letzte muß alle Fragen eines feststehenden Musterblatts beantworten, damit nichts vergessen werden kann. Bevor die Genehmigung erteilt wird, sind die Wünsche der Verwaltungen von etwa in der Nähe liegenden Bergwerken, der beteiligten Forstbehörden, der Domänenverwaltungen, der Moorkulturausschüsse, der Garnisonverwaltungen und der Festungsbaubehörden zu hören.

Erst wenn die wirkliche Baugenehmigung erteilt ist, beginnen die ausführlichen Vorarbeiten, die zu einer genauesten Festlegung der Strecke auf Karten in dem ungeheuren Maßstab von 1: 2500 führen. Es werden jetzt die endgültigen Vermessungen vorgenommen, und die Strecke wird durch Einschlagen von Pfählen in der Mittellinie der künftigen Bahnkrone in Entfernungen von je hundert Metern genau festgelegt. Im Anschluß daran können die eigentlichen Bauarbeiten beginnen.

11. Die Erdveste

Auch bei der Fahrt von Berlin nach Halle wird der aufmerksame Reisende bemerken, daß die Bahnstrecke nur äußerst selten in Einer Ebene mit den angrenzenden Ländereien liegt.

Das ist hier ebensowenig möglich wie bei irgendeiner andern Linie, da die Erdoberfläche durch ihre Wellenform ja fortwährend von der Ebene abweicht, während die Bahn, wie wir wissen, die flache Gestaltung nach Möglichkeit anzustreben hat. So findet man denn auf jeder Eisenbahnstrecke eine fast ununterbrochene Folge von Einschnitten und Anschüttungen; es wechseln, wie der Fachmann sagt, Abtrag und Auftrag ständig miteinander ab.

Es ist die Aufgabe des Unterbaus, die Unebenheiten des Geländes auszugleichen. Beim Aufsuchen einer neuen Linie wird man auch dies in Betracht ziehen müssen, denn der Unterbau wird sich dann am billigsten stellen, wenn Auftrag und Abtrag einander ergänzen, wenn man das an einem Einschnitt gewonnene Erdreich in geringer Entfernung gleich wieder zur Errichtung eines Damms verwenden kann. Nicht immer ist solch ein Massenausgleich möglich, er bleibt jedoch stets erstrebenswert.

Die eigentliche Fahrbahn und ihre Befestigungen ruhen größtenteils auf einem Erdkörper. Dieser Stoff für den Unterbau ist auch am meisten erwünscht, da er billig zu haben ist und seine Nachgiebigkeit ein angenehmes Fahren ermöglicht. Wo sich tiefere Einschnitte im Gelände befinden, wie bei der Kreuzung von Flußtälern, oder wo sie künstlich geschaffen werden müssen, wie bei Wegeunterführungen, besteht der Unterbau aus Stein und Eisen oder ähnlichen haltbaren Baustoffen wie Beton. Außer auf den Brücken fehlt der Erdkörper meist auch in Felsdurchstichen und Tunneln, wo dann der Oberbau auf den gewachsenen Fels aufgelegt wird.

Die Breite der durch den Unterbau herzurichtenden Bahnebene wird durch die für den Oberbau notwendigen Maße bestimmt, über die ausführlicher in Abschnitt 13 gesprochen werden wird. Hier seien nur einige wenige Angaben vorausgenommen.

Man bezeichnet die Linie A B auf unserem, das einen Schnitt durch Oberbau und Erdkörper darstellt, mit Kronenbreite. Sie ist durch die Unterkante der Schienen bis zum Schnitt mit den verlängert gedachten Seitenkanten des Unterbaus gezogen. Der Abstand zwischen der Oberkante des Unterbaus und der Unterkante der Schwellen, H, heißt Bettungshöhe. Die Fläche C D heißt die Bahnkrone. Die Neigungen der unter A und B den Unterbau begrenzenden Flächen gegen die Wagerechte zu ihren Füßen wird der Böschungswinkel genannt. Der Abstand der Schnittpunkte A und B von der Mitte der nächsten Geleise hat bei Hauptbahnen mindestens zwei Meter zu betragen, damit die Bettung noch mindestens 50 Zentimeter über die Schwellenenden hinausgeführt werden kann. Für scharfe Krümmungen und hohe Dämme wird von der Bauordnung eine Verbreiterung der Bahnkrone empfohlen. Die Bettungshöhe H hat bei Hauptbahnen mindestens 20 Zentimeter zu betragen.

Aus diesen Zahlen läßt sich die Kronenbreite für eingeleisige Bahnen ohne weiteres ermitteln. Für mehrgeleisige Strecken sind noch einige weitere Angaben notwendig. Der Abstand der Mitten zweier benachbarter Geleise auf freier Strecke muß bei Hauptbahnen mindestens 3,50 Meter betragen. Dies Maß gilt jedoch nur für zwei zusammengehörige Geleise. Sobald noch ein weiteres oder mehrere hinzukommen, ist der nächste Abstand der Gleismitten nicht unter 4 Metern zu bemessen. Auf Bahnhöfen und Haltestellen ist ein Gleismittenabstand von 4,50 Meter vorgeschrieben; dort, wo Bahnsteige eingelegt werden, muß dieses Maß mindestens 6 Meter betragen.

 

Die Grundlage für diese letzten Bestimmungen bildet die festgelegte „Umgrenzung des lichten Raums“, das heißt derjenige gedachte Querschnitt durch den Luftraum über der Schienenoberkante, der unbedingt überall freigehalten werden muß. Eine Verkörperung dieses nur gedachten Querschnitts hat jeder Reisende schon einmal gesehen. Auf jedem Güterbahnhof steht über einem der Geleise ein rechteckiges eisernes Tor, von dessen oberster Kante Kugeln an verschieden langen Ketten oder ein vielfach gekrümmter Bügel hinunterhängen. Dieser leicht bewegliche Bügel oder die gebrochene Linie, durch die man sich die untersten Punkte der Kugeln verbunden denken kann, stellen die Umgrenzung des lichten Raums in seinem oberen Teil dar. Hochbepackte Güterwagen, von denen man fürchtet, daß ihre Ladung an irgendeiner Stelle über die Umgrenzungslinien hinausragen könnte, werden durch diese Tore hindurchgefahren, um zu sehen, ob hierbei das Joch oder eine der Kugeln ins Schwanken gerät. Wenn das der Fall ist, muß die Form der Ladung geändert werden, damit diese bei der Fahrt nicht an Brückenträger oder Tunnelwände anstoßen kann, die oft vom Gleis nicht weiter abstehen, als eben die Umgrenzung des lichten Raums vorschreibt.

Der Abstand der Gleismitten ist so groß gewählt, damit ein verderblicher Anprall auch dann nicht stattfinden kann, wenn zwei Züge einander auf freier Strecke begegnen, während vielleicht gerade eine Tür offensteht. Bei den D-Wagen, die zur Unterbringung des Gangs breiter sind als die andern Eisenbahnfahrzeuge, sind die Türöffnungen in der bekannten eigentümlichen Weise etwas eingezogen, weil sonst die erwähnte gefährliche Berührung doch stattfinden könnte.

Jeder Unterbau ist so hoch auszuführen, daß die Bahnkrone wenigstens 60 Zentimeter über dem höchsten, erfahrungsgemäß jemals zu erwartenden Hochwasserstand liegt. Die Festigkeit der Strecke wird jedoch nicht nur durch das auf dem Boden ruhende oder fließende Wasser bedroht, sondern auch von den Niederschlägen. Damit die hölzernen oder eisernen Schwellen eine möglichst lange Lebensdauer haben, ist es notwendig, ihre Umgebung so trocken wie nur irgend möglich zu halten. Aus diesem Grund werden sie stets in eine wasserdurchlässige Schicht, in die Bettung aus kleinen Steinen oder Kies, gelegt. Das niedergehende Wasser dringt sofort durch diese hindurch und fällt auf die Oberfläche des Unterbaus. Hier muß es stets leicht abfließen können. Deshalb darf diese Fläche niemals muldenförmig oder auch nur wagerecht gestaltet sein, sondern sie muß Neigungen nach beiden Seiten haben.

Durch solche Abdachungen sind ein- und zweigeleisige Strecken auf Dämmen ziemlich leicht zu entwässern. Liegt die Bahn jedoch in einem Einschnitt, wo das Wasser nicht zur Seite abfließen kann, oder ist die Dammkrone sehr breit, weil sie mehrere Geleise zu tragen hat, so kommt man mit den einfachen Abdachungen nicht mehr aus. Es müssen vielmehr besondere Entwässerungseinrichtungen geschaffen werden, z. B. ein Sickerkanal in der Mitte, dem alles durch die Bettung dringende Wasser zufließt und der mit einer Neigung in der Bahnrichtung bis zum Ende des Einschnitts geführt ist; dort kann das Wasser nun zur Seite ablaufen. Auf Bahnhöfen sind oft sehr umfangreiche Entwässerungsanlagen zum gleichen Zweck notwendig. Zum Auffangen des von der Bahnkrone ablaufenden Wassers ist jede Strecke fast stets auf beiden Seiten von Abzugsgräben begleitet.

Die Böschungen tiefer Einschnitte können sehr leicht durch herabstürzendes Wasser beschädigt werden. Aus diesem Grund legt man meist droben an der Böschungskante einen Graben an, der wenigstens das vom angrenzenden Land zufließende Wasser auffängt und verhindert, daß auch dieses über die Böschungswände hinunterläuft.

Besonders gefährlich wird das Wasser bei solchen Unterbauten, die nicht aus durchlässigem Sand, sondern aus Lehm oder Ton bestehen; dieser quillt beim Feuchtwerden leicht auf und wird dann locker. Ein solcher aufgeweichter Boden gibt dem Druck der über ihm liegenden Schwellen allmählich nach, und es bilden sich unter diesen in der zuerst ganz glatten Dammkrone muldenförmige Vertiefungen. Wenn diese Eindrückungen anfangs auch nur klein sind, so wachsen sie doch verhältnismäßig rasch an, weil sie sogleich Sammelbecken für das Wasser bilden, das fortab noch gründlicher seine schädliche Einwirkung üben kann.

Auch der Frost wirkt auf einen solchen Unterbau in zerstörender Weise ein, indem das häufig gefrierende Wasser den Boden auflockert. Man hat versucht, durch Packlagen aus Steinen solche schädlichen Einwirkungen zu vermeiden, aber das ist nicht gelungen. Zeigt, nach der „Eisenbahntechnik der Gegenwart“, eine zweigeleisige, mit eisernen Langschwellen ausgerüstete Bahnstrecke in einem Toneinschnitt, die im Jahre 1879 mit solcher Packlage versehen wurde. Schon neun Jahre später hatte sich die Krone arg verdrückt, und die Steine waren infolge der wechselnden schweren Stöße der über die Schienen rollenden Fahrzeuge durch die ganze Bettung verstreut. Weit besser wirkt die Anbringung einer sehr kräftigen Bettung, die oft über einen Meter hoch wird, aber nun den Tonboden vor Angriffen des Frosts sichert und das Wasser nur so langsam hindurchlaufen läßt, daß es Zeit hat, über die Abdachungen nach den Seiten abzufließen.

Die Gestaltung der Dammquerschnitte und ebenso der Einschnitt-Umgrenzungen ist abhängig von der Art des aufgehöhten oder angeschnittenen Bodens. Die Böschungswinkel können bei lehmfreiem Sand oder Kies steiler sein als bei Tonboden oder Lehm. Die Größe der Böschungswinkel spielt keine geringe Rolle für die Anlagesumme einer Bahn, da bei sehr breit ausladenden Böschungen weit mehr Gelände erworben werden muß, als wenn man steil hinab- oder hinaufgehen kann. Darum schreitet man bei allzu wenig haltbarem Boden oft dazu, die Erdböschungen durch Mauern zu ersetzen. Der Augenblick hierfür ist gekommen, wenn die Kosten, die durch das Aufführen der Mauern entstehen, übertroffen werden von den Ersparnissen beim Landerwerb, oder wenn gar das Abbrechen von nahe am Bahnkörper stehenden Häusern hierdurch vermieden werden kann. Erdböschungen werden stets sofort besät, damit das wachsende Gras oder Buschwerk Abspülungen verhindert.

Dem Unterbau zuzurechnen sind auch die Anlagen zum Schutz des der Bahn naheliegenden Geländes gegen Feuer und der Bahn selbst gegen Schneebedeckungen.

Die aus dem Schornstein der Lokomotive trotz mancher Vorkehrungen doch immer wieder hinausgeschleuderten glühenden Kohleteilchen bilden eine ständige Gefahr. Daß mit Stroh oder Schindeln bedeckte Häuser in Preußen nicht in der Nähe einer Bahnstrecke stehen dürfen, wurde bereits erwähnt. Arg bedroht sind aber auch die Wälder. Erfahrungsgemäß entsteht ein Waldbrand fast stets dadurch, daß die trockene Bodenbedeckung zu brennen beginnt, woraus sich dann ein geschwind vordringendes Lauffeuer entwickelt. Die Baumkronen werden fast niemals zuerst vom Feuer ergriffen. Es ist deshalb vorgeschrieben, daß überall dort, wo die Bahn durch Wald, Heide oder trockenes Moor gelegt ist, ein Streifen zu beiden Seiten der Strecke wund, das heißt von Bodenbewachsung freigehalten werden muß. Um die Ausbreitung eines trotzdem immer noch möglichen Brands zu verhüten, werden durch Wälder, in denen brennbares, geschlagenes Holz lagert, vertiefte Wundstreifen gezogen, die von den Flammen nur schwer überschritten werden können.

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