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Durch den Einbau von verschiebbaren Achsen wird für die Ruhe und Sicherheit des Lokomotiv-Gangs schon recht viel erreicht. Die hiermit ausgestatteten Lokomotiven durchfahren Krümmungen um so leichter, als ja der Radstand, der etwas schmaler ist als die Spurweite, den Achsen ohnedies ein gewisses Spiel läßt. Aber die Stellung der verschiebbaren Achsen im gekrümmten Gleis ist doch nicht die am meisten erwünschte.

In den Geraden stehen die Achsen immer senkrecht zur Schienenerstreckung. Nur bei dieser Stellung liegt die Lauffläche richtig auf dem Schienenkopf, und der Spurkranz hat keine Neigung, hinaufzulaufen. In den Krümmungen aber stehen steife Achsen wie verschiebbare Achsen, stets schief im Gleis. Am weichsten würde man durch Krümmungen fahren, wenn jede Achse sich stets in der Richtung der vom gedachten Mittelpunkt des Krümmungsbogens zum Gleis gezogenen Linie, also gleichgerichtet mit dem Halbmesser, einstellen würde. Solche Verschiebungen gegen die Lokomotivlängsachse sind nun bei gekuppelten Achsen nicht möglich, da die Zapfenmitten der aufgesteckten Kurbeln stets den gleichen, durch das Triebgestänge festgelegten Abstand voneinander und von der Kreuzkopfmitte haben müssen. Wohl aber ist Einstellbarkeit bei freien Laufachsen denkbar und auch ausgeführt.

Es war um so wünschenswerter, gerade den Laufachsen große Beweglichkeit im Gleis zu geben, als diese ja an den äußersten Enden des Achsstands zu liegen pflegen, also am meisten der Schmiegsamkeit bedürfen. Im großen unterscheidet man zwei verschiedene Anordnungen zur Herbeiführung der Einstellbarkeit von Achsen: solche für Laufachsenpaare und für Einzelachsen.

Ein Laufachsenpaar kann man in einem Drehgestell zusammenfassen. Es wird ein besonderer, selbständiger, kleiner Wagen aus einem Rahmen und den hieran befestigten beiden Achsen gebildet. Der kleine Rahmen ist nur durch einen senkrechten, runden Zapfen, der am Hauptrahmen befestigt ist und in ein entsprechendes Lager im kleinen Rahmen eingreift, mit dem Gesamtbau der Lokomotive verbunden; das Gestell kann sich also bequem in der wagerechten Ebene drehen. Die Achsen solcher Drehgestelle, die man in mannigfachster Weise baut, werden sich stets in Richtung des Halbmessers einstellen. Sie führen ein besonders weiches, stoßloses Durchfahren der Krümmungen herbei. Auch hier wird die Mittellage durch kräftige Federn sichergestellt. Auf die Drehgestellbauarten wird näher bei Besprechung der Laufwerke an Personenwagen eingegangen.

Eine Anordnung, die man besonders häufig anwendet, um Einzelachsen einstellbar zu machen, ist die Adamsachse. Hierbei sind die Achslager nicht mehr mit geraden Führungen in den Rahmen gelegt, sondern mit solchen, deren Flächen nach einem Kreisbogen gekrümmt sind. Die Achse selbst geht selbstverständlich nach wie vor in vollkommenster Geradheit durch; nur die Außenflächen der Lagerbüchsen sind gekrümmt. Sobald durch Anlaufen eines Spurkranzes gegen eine gekrümmte Außenschiene Seitenverschiebung eintritt, weicht die Adamsachse nicht geradlinig seitlich aus, sondern macht eine Drehung, als wäre sie mit einer Deichsel in dem Mittelpunkt des Kreises befestigt, nach dem die Lagerachsen gekrümmt sind; sie stellt sich also schräg ein. Hierbei sucht die Achse die ihr bequemste Stellung zu erreichen, und das ist die in Richtung des Halbmessers vom durchfahrenen Gleisbogen. Die Rückstellung erfolgt auch hier durch Federn.

Es wurde bereits gesagt, daß Einstellbarkeit bei Kuppelachsen nicht möglich ist. Doch auch mit der seitlichen Verschiebbarkeit allein kommt man unter Mitwirkung des Spielraums, der durch den Längenunterschied zwischen Radstand und Spurweite entsteht, beim Durchfahren von Krümmungen noch aus, wenn die Maschine nicht mehr als fünf oder sechs gekuppelte Achsen hat. Bei schwersten Güterzug-Maschinen aber, insbesondere wenn sie über Steigungen zu fahren haben, ist es oft notwendig, über diese Kuppelachszahl noch hinauszugehen. Acht, zehn, ja zwölf Kuppelachsen sind hier manchmal notwendig. Da kann nun der bloß durch seitliche Verschiebbarkeit geminderte feste Achsstand nicht mehr beibehalten werden. Um überhaupt den Bau von Lokomotiven mit so hohem Reibungsgewicht und entsprechender Zugkraft zu ermöglichen, hat man sich zu ganz besonders kunstvollen Bauarten und zu einer tief eingreifenden Änderung in der Anlage des Lauf- und Triebwerks entschließen müssen.

Um eine Lokomotive mit sehr vielen Kuppelachsen, wie sie z. B. Zeigt, in Krümmungen genügend beweglich zu machen, ist man davon abgegangen, sämtliche Achsen von einer einzigen Maschine antreiben zu lassen. Man legt vielmehr unter den Kessel zwei Dampfmaschinen, von denen jede eine gleiche Zahl Kuppelachsen antreibt. Die vier Zylinder liegen jetzt nicht mehr nebeneinander, sondern sind paarweis hintereinander angebracht. Hierdurch gewinnt man die Möglichkeit, eine kleine Zahl von Kuppelachsen in einen den Drehgestellen ähnlichen Sonderwagen zu legen, in dem sie sich, obgleich starr gegeneinander, zu den übrigen in verschiedenen Winkeln einstellen können. Die beiden vorderen Zylinder drehen sich hierbei mit. Um dies zu ermöglichen, muß die Dampfzuführung zu diesen Zylindern durch eine bewegliche Leitung erfolgen.

Lange Zeit nachdem der Gedanke der frei beweglichen Kuppelachs-Gestelle bereits vorhanden war, kam es nicht zu einer im Betrieb wirklich brauchbaren Ausführung, weil man nicht imstande war, die beweglichen Dampfleitungen genügend dicht zu halten. Hatten sie doch den sehr hohen Druck der vollen Kesselspannung aufzunehmen. Erst Mallet und gleichzeitig einem Deutschen, Rimrott, gelang die Lösung, da sie aus einem Grund, den wir alsbald kennen lernen werden, dem beweglichen Kuppelgestell Dampf niedrigerer Spannung zuführen konnten. Erst die Mallet-Rimrott-Maschine mit ihren vielen Kuppelachsen hat die Möglichkeit geschaffen, auch schwerste Züge mit nicht mehr als zwei Lokomotiven über starke Steigungen zu bringen.

Eine Lokomotive mit acht gekuppelten Achsen und einem Reibungsgewicht von 122 500 Kilogramm ist schon ein ziemlich gewaltiges Gebilde. Bei uns ist man vorläufig hierüber nicht hinausgegangen. In Amerika aber, wo man auch in Eisenbahndingen gern ins Riesenhafte hinausschweift, sind bereits Maschinen mit zwölf Kuppelachsen gebaut worden. Diese finden nicht mehr sämtlich unter der eigentlichen Lokomotive Platz, die letzten liegen vielmehr bereits unter dem Tender, was den Vorteil bringt, daß auch dessen Reibungsgewicht für die Zugkraft mit ausgenutzt werden kann. Die Riesen-Lokomotive der Erie-Bahn, welche unser zeigt, wird von drei getrennten Dampfmaschinen angetrieben, von denen die vorderste mit ihren Achsen in einem beweglichen Gestell liegt, die hintere ihre Einstellbarkeit durch die Tender-Kupplung gewinnt.

Ein anders gearteter Versuch, um Lokomotiven mit sehr langen Achsständen durch Krümmungen zu bringen, ist von der Atchison-, Topeca- und Santa Fé-Eisenbahn gemacht worden. Sämtliche unter dem sehr langen Kessel verteilte Kuppelachsen liegen hier im Rahmen fest. Dieser selbst aber und auch der Kessel sind mit einem Gelenk ausgestattet, das also eine Anschmiegung an die Gleiskrümmung gestattet. Die Anbringung dieses Gelenks erzwang eine vollständige Änderung des Kesselbaus. Die Heizrohre reichen nur vom Führerhaus bis zum Gelenk. Der vordere Kesselteil enthält die ganze Hilfsausrüstung. In Europa hat man sich zu einer solchen Bauart noch nicht entschließen gekonnt.

Im allgemeinen ist zu sagen, daß alle die schwierigen und oft mit vielem Aufwand geistiger Arbeit erdachten Vorkehrungen, um die Lokomotiv-Laufwerke in Krümmungen beweglich zu machen, dem Eisenbahnbetrieb große Vorteile gebracht haben. Fast noch günstiger aber wirkt jede Erhöhung des zulässigen Achsdrucks, weil es dadurch möglich wird, mit weniger Achsen und dementsprechend einfacheren Maschinen die gleiche Zugkraft zu erreichen. Freilich setzt die leicht aussprechbare Zahl eines erhöhten Achsdrucks gewaltige Vorarbeiten voraus. Der gesamte Oberbau, insbesondere auch die Brücken, muß ja für die schwerere Belastung verläßlich hergerichtet werden.

Die Lokomotive hat bei ihrem raschen Lauf durch die Lande einen treuen Begleiter, der ihr unablässig folgt. Nur bei Maschinen, die ausschließlich kurze Reisen zu erledigen haben, gestattet er sich öfter, zu Hause zu bleiben. Lokomotiven, die nur für Vorspann- oder Verschiebedienst bestimmt sind, ferner Stadt- und Vorortbahn-Lokomotiven besitzen meistens keinen besonderen Tenderwagen. Sie können den verhältnismäßig geringen Wasser- und Kohlevorrat, den sie brauchen, auf den eigenen Achsen mitnehmen. Der technische Sprachgebrauch will, daß man solche Maschinen ohne selbständigen Tender Tender-Lokomotiven nennt.

Alle Maschinen für große Fahrt aber haben Schlepptender. Denn die bedeutenden Mengen an Wasser und an Kohle, die sie mit auf die Reise nehmen müssen, sind so schwer, daß die ohnedies stark belasteten Lokomotivachsen sie nicht mehr zu tragen vermögen. Außerdem ist hierfür auch infolge der scharfen Raumausnutzung bei solchen Maschinen kein Platz aufzutreiben. Der Vorrat muß also auf einen besonderen Wagen geladen werden, der infolge seiner eigenartigen Ausbildung seinesgleichen in dem mannigfaltigen Fahrzeugpark der Eisenbahnen nicht hat.

Auch die Tenderachsen werden sehr schwer belastet. Für Güterzug-Lokomotiven haben die Tender etwa 16 Kubikmeter Wasser und 7000 Kilo Kohle mitzunehmen. Bei Schnellzügen mit ihren langen Lokomotivwegen wächst die Last auf 30 Kubikmeter Wasser und etwa 10 000 Kilo Kohle an. Das ist eine Gesamtlast von 40 000 Kilogramm, da jedes Kubikmeter Wasser bekanntlich 1000 Kilo = 1 Tonne wiegt.

Das Wasser wird im Innern des Tenderkastens untergebracht. Der für seine Aufnahme bestimmte Behälter ist oben durch ein Deckblech abgeschlossen; dessen Lage zwischen den senkrechten Wänden des Tenders ist auch von außen her, beim Blick von der Seite, deutlich durch die gebrochene Linie zu erkennen, die von den sehr kräftigen Nieten gebildet wird. Das Deckblech läuft, von hinten angefangen, zuerst wagerecht, alsdann ein Stück schräg nach unten, um dann noch einmal in eine kurze Wagerechte überzugehen. Diese Lage gibt man ihm, weil es zugleich die Aufgabe hat, die Kohlen zu tragen, die nun über die Schräge hinweg stets selbsttätig nach vorn rutschen, so daß sie von der Schaufel des Heizers stets bequem erreicht werden können. Um ein Überstürzen des Kohlebergs in den Führerstand zu verhüten, wird ganz vorn von oben her stets noch eine Bohle eingeschoben. Der Wasserbehälter hat kräftige Versteifungen und Querwände, die verhindern, daß durch die Erschütterungen die ganze Wassermenge in gleichmäßige Bewegung gerät und mit großer Gewalt gegen die Außenwände schlägt.

 

Der Kohlekasten reicht auf dem Tenderwagen nicht bis ganz nach hinten, weil dort noch Platz für eine Öffnung zum Einfüllen des Wassers bleiben muß. Diese Füllöffnung wird stets so geräumig gemacht, daß ein Mann hindurchsteigen und den Innenzustand des entleerten Wasserkastens feststellen, nötigenfalls kleine Nacharbeiten oder eine gründliche Reinigung ausführen kann. Die Füllöffnung darf nicht höher als 2,75 Meter über der Schienenoberkante liegen, damit die Ausleger der Wasserkrane noch eingeschwenkt werden können. Mit den Speisevorrichtungen am Lokomotivkessel ist der Wasserbehälter auf dem Tender durch bewegliche Rohre oder durch Füllschläuche verbunden.

Es wäre wirtschaftlich nicht richtig, die Abmessungen der Tender über ein gewisses Maß hinaus zu steigern. Der Wasservorrat, der für jede einzelne Lokomotive mitgeführt werden kann, ist also in gewissen Grenzen erschöpfbar. Die Länge der Strecken, welche von Schnellzügen ohne Aufenthalt durchfahren werden können, wird hierdurch eingeschränkt. In England und Amerika sucht man auf einigen Bahnen diesem Zwang durch eigenartige Anordnungen zu entgehen. Man schafft nämlich die Möglichkeit, den Tender nicht nur bei Stillstand, sondern auch während der Fahrt füllen zu können. Zu diesem Zweck wird an geeigneter Stelle in der Gleismitte ein etwa 500 Meter langer Trog eingebaut, der nach seinem ersten Erbauer Ramsbottomscher Fülltrog heißt. Vom Tender hängt ein Mundstück hinab, das für gewöhnlich frei über die Schwellenoberkanten hinweggeht. Neben der Erstreckung des Trogs aber sind die Schienen um 8 bis 10 Zentimeter gesenkt, so daß der Füllansatz in das Wasser hineinreicht, aber auch selbsttätig vor dem Ende des Trogs durch neues Ansteigen der Schienen wieder herausgehoben wird. Auf diese Weise vermag der Tender seinen Wasservorrat während der Fahrt in wenigen Sekunden zu erneuern.

Man hat in Deutschland trotz des auch hier bestehenden lebhaften Bestrebens, die aufenthaltlos durchfahrenen Schnellzugstrecken zu verlängern, bisher auf die Anordnung von Fülltrögen verzichtet. Die Gründe hierfür sind ausreichend genug. In unseren Breiten würde das Wasser im Trog während mehrerer Monate eines jeden Jahrs gefroren sein. Besondere Heizeinrichtungen hinzuzufügen, wäre sicherlich zu teuer und zu umständlich. Außerdem gelangen in das Trogwasser häufig grobe Unreinlichkeiten, welche leicht die Durchgangsöffnungen der Speisevorrichtungen an der Maschine verstopfen können. Während des Speisens bei schneller Fahrt spritzt das Wasser aus dem Trog nach den Seiten hoch empor, so daß der Tender vollständig in eine Wasserwolke eingehüllt wird. Das Bewässern aller Teile ist betrieblich recht unerwünscht.

Damit man die Menge des im Tenderkasten noch vorhandenen Wassers stets leicht erkennen kann, ist an der vorderen Querwand ein Zeiger angebracht, der durch einen auf der Wasseroberfläche ruhenden Schwimmer bewegt wird.

Die Kupplung zwischen Lokomotive und Tender ist in Abschnitt 17 behandelt. Über diese Kurzkupplung hinweg wird eine Brücke aus geriffeltem Blech gelegt, die an der Lokomotive mit Drehangeln befestigt ist.

Wie schon öfter angedeutet wurde, haben die letzten Jahrzehnte dem Bau der Lokomotive, der sich sonst gedanklich immer noch so eng an die Gestaltung der „Rakete“ anlehnt, hauptsächlich zwei Neuerungen gebracht, die eine durchgreifende Wirkung geübt haben. Das Ziel beider war die Herbeiführung einer bedeutenden Kohlenersparnis, die denn auch erreicht worden ist.

Die eine dieser Neuerungen betrifft die Führung des Dampfs durch die Maschine, die andere eine nochmalige Bearbeitung des aus dem Wasser gewonnenen Dampfs im Bereich der Heizrohre; diese ist etwa dem Durchkneten zu vergleichen, durch das der Bäcker den bereits fertiggestellten Teig für den Gebrauchszweck geeigneter macht. Die nun zu besprechenden beiden wichtigsten Errungenschaften des Lokomotivbaus sind: die Schaffung der Verbund-Maschine und die Erfindung der Dampfüberhitzung, also der Bau der Heißdampf-Maschine.

Die heutigen Lokomotiven arbeiten, wie wir bereits gehört haben, längst nicht mehr mit ganzer Füllung. Der Zylinderraum wird schon vor Beendigung jedes Kolbenhubs vom Kessel abgesperrt, so daß der Dampf sich ausdehnen kann. Aber auch hierbei wird er noch nicht völlig entspannt. Es wohnt ihm, wenn er den Kolben bis ans Ende seines Hubs geführt hat, immer noch eine ziemlich bedeutende Arbeitskraft inne, die früher verloren ging. Bei Lokomotiven, an denen die neue Bauart nicht verwendet wird, hört man denn auch den Dampf mit außerordentlich kräftigem Stoß durch das Blasrohr entweichen. Dies ist ein Zeichen dafür, daß hier Kraft verloren geht.

Der Gedanke, die Arbeitsfähigkeit des Dampfs, die er immer noch besitzt, nachdem er seinen Kolben bis zum Hubende gebracht hat, weiter auszunutzen, wurde zuerst bei der ortsfesten Maschine angewendet. Man läßt hier schon seit langem den vom Kessel kommenden Frischdampf nicht gleichzeitig in beide Zylinder eintreten, sondern gibt nur dem einen von diesen eine Verbindung mit dem Kessel, während der zweite Zylinder von dem Auspuffrohr des ersten her gespeist wird. So kann der Dampf also nun zum zweiten Mal Arbeit leisten. Da auf diese Weise eine Verbindung zwischen den beiden Zylindern geschaffen wird, nennt man Maschinen mit solcher Einrichtung Verbund-Maschinen. Nach genügender baulicher Durchbildung konnte durch diese Einrichtung eine erhebliche Kohlenersparnis erzielt werden.

Die Übertragung auch auf die bewegliche Dampfmaschine gelang, wie stets, erst nach vielen Mühen. Infolge ihrer eigenartigen Bauart, des geringen Raums, der bei ihr zur Verfügung steht, und wegen sonstiger besonderer Eigenschaften, zwingt die Lokomotive ja stets zu lebhaftestem Aufwand geistiger Arbeit, wenn eine Neuerung bei ihr eingeführt werden soll. Mit dem bloßen Gedanken ist es hier noch weniger getan, als auch sonst in der Technik. Der fachunkundige Erfinder glaubt meistens, schon etwas Großes geleistet zu haben, wenn der Plan zu einer wünschenswerten Neuerung in schattenhaften Umrissen seinem Gehirn entsprungen ist. Damit ist aber noch längst nicht die Neuerung selbst erdacht, sondern eigentlich nur der Wunsch geboren, daß diese Eigentum der Technik werden möge. Erst jetzt beginnt die wirkliche Erfindungsarbeit. Die Neuerung muß so geformt und hergerichtet werden, daß sie allen Ansprüchen der sehr harten technischen Wirklichkeit zu entsprechen vermag. Hieran pflegen bei weitem die meisten Erfindungen zu scheitern, wodurch sie beweisen, daß sie in Wirklichkeit gar keine gewesen sind. Nirgend ist es schwerer, einen Erfindungsgedanken zu völliger Reife zu bringen, wie gerade im Eisenbahnbetrieb mit seinen unzähligen, unabweisbaren Betriebsforderungen. Es ist heute kaum noch denkbar, daß ein Nichtfachmann auf diesem Gebiet etwas Neues zu schaffen vermag, das wirklich ersprießlich ist.

Der Gedanke, die Verbund-Anordnung für Lokomotiven anzuwenden, wurde zum ersten Mal von einem Deutschen ausgesprochen. In einem Patent, das der deutsche Ingenieur Gerhard Moritz Roentgen im Jahre 1834 in Frankreich auf eine Verbund-Einrichtung für ortsfeste Dampfmaschinen nahm, heißt es: „Dieselben Vorteile werden sich auch bei Übertragung dieser Verbund-Anordnung auf die Eisenbahn-Maschinen ergeben.“ Roentgen hat dieser Anregung jedoch keine Tat folgen lassen; sein Patent blieb auf dem Papier stehen, gerade so wie Erfindungen vieler anderer auf diesem Gebiet.

Die erste Verbund-Lokomotive ist erst im Jahre 1876 von dem schweizerischen Ingenieur Anatole Mallet gebaut worden. Sie wurde von der Firma Schneider & Co. in Creusot für die Bahn Bayonne-Biarritz in Frankreich hergestellt. Seit dem Jahre 1880 hat sich dann der damalige Maschinen-Inspektor bei der Eisenbahn-Direktion Hannover, August von Borries, große Verdienste um die Durchbildung der Verbund-Maschine erworben. Die erste Lokomotive dieser Art für die preußische Bahn wurde im gleichen Jahr von Schichau in Elbing gebaut. Seitdem sind die Verbund-Maschinen im Bereich der preußischen Bahnverwaltung in immer größerer Zahl zur Verwendung gelangt.

Die heutige Verbund-Maschine gewährt eine Kohlenersparnis von etwa 20 vom Hundert. Um die Anordnung wirklich nutzbar verwerten zu können, war der Einbau einer ganzen Anzahl besonderer Vorrichtungen auf der Lokomotive notwendig.

Die Spannung des Dampfs ist, wenn dieser durch den ersten Zylinder hindurchgegangen, natürlich hinabgesetzt, der Druck, den er auf jedes Quadratzentimeter Kolbenfläche nun noch auszuüben vermag, also geringer. Da man jedoch auf beiden Seiten der Lokomotive die gleiche Arbeitsleistung haben will, so muß diese Druckminderung ausgeglichen werden. Dies geschieht durch eine Vergrößerung des Kolbens und damit des Zylinders auf derjenigen Lokomotivseite, die den Dampf aus zweiter Hand empfängt. Das Ergebnis der Rechnung Dampfdruck × Kolbenfläche, welches die Leistung ergibt, muß auf der Hochdruck- wie auf der Niederdruckseite das gleiche sein.

Es ist ferner nicht möglich, die beiden Zylinder nur durch ein einfaches Rohr miteinander zu verbinden. Denn der Hochdruck-Zylinder sendet dem Niederdruck-Zylinder den Dampf durchaus nicht immer in dem Augenblick zu, in welchem dieser ihn am meisten benötigt. Wenn der Hochdruckkolben am Ende eines Hubs angelangt ist, steht der Niederdruckkolben wegen der Versetzung der Kurbeln um 90 Grad gerade in der Mitte. Dies ist der Augenblick höchsten Dampfbedarfs bei ihm; der Hochdruck-Zylinder kann aber gerade jetzt fast nichts abgeben. Aus diesem Grund schaltet man zwischen die beiden Zylinder einen ziemlich geräumigen Behälter ein, aus dem die Niederdruckseite sich unabhängig von der Kolbenstellung drüben versorgen kann.

Die größte Kraftleistung hat die Lokomotive stets beim Anfahren zu vollbringen. Jeder Körper ist ja leichter in Bewegung zu erhalten, als zu dieser zu bringen. Wie eine Beharrung der Bewegung gibt es auch eine Beharrung der Ruhe. Niemals empfindet die Lokomotive die Last des angehängten Zugs so stark, wie wenn sie, nach gegebenem Abfahrtzeichen, anfahren muß. In diesem schwierigsten Augenblick versagt aber die Verbund-Maschine manchmal. Da der Dampf ja erst den Hochdruck-Zylinder durchlaufen muß, um zur Niederdruckseite zu gelangen, so können beim Anfahren nicht beide Maschinen wirken. Aus dem Zwischenbehälter kann der Niederdruck-Zylinder in diesem Augenblick gleichfalls nicht schöpfen, weil sich darin bei Beginn des Anfahrens überhaupt kein Dampf befindet. Man hat aus diesem Grund dazu schreiten müssen, ein Steuer-Ventil anzubringen, das dem Führer gestattet, die Verbundwirkung während des Anfahrens aufzuheben. Nach Öffnung dieses Ventils erhalten beide Zylinder Frischdampf, so daß die Maschine nicht mit Verbund-, sondern mit Zwillingswirkung arbeitet.

Die Vorzüge der Verbund-Maschine verschwinden also bei solchen Lokomotiven, die häufig anfahren müssen, wie Verschiebe-, Güterzug- und Stadtbahn-Lokomotiven. Die preußische Eisenbahn-Verwaltung baut darum Maschinen dieser Art stets mit Zwillingswirkung, während Lokomotiven für Schnellzüge und Eil-Güterzüge heute allermeist mit Verbundwirkung versehen sind.

Bei Maschinen mit vier Zylindern werden zwei für Hoch- und zwei für Niederdruck verwendet. Jedem Hochdruck- wird ein Niederdruck-Zylinder zugeordnet. Hierbei ergibt sich nun ein besonderer Vorteil für solche Maschinen, die zum bequemen Durchfahren von Krümmungen ein frei bewegliches Triebwerk haben. Mallet und Rimrott kamen auf den Gedanken, hierbei die beiden Niederdruck-Zylinder an dem beweglichen Triebwerk-Rahmen anzubringen. Die biegsamen Dampfleitungen brauchten nun also nicht mehr den Hochdruck des Kessels aufzunehmen, sondern nur noch gegen den weit geringeren Niederdruck abgedichtet zu werden. Auf diese Weise gelang es also zum ersten Mal, wirklich brauchbare Maschinen mit einstellbaren Kuppelachsen auszurüsten. In Deutschland ist die erste Mallet-Rimrott-Maschine bei J. A. Maffei in München hergestellt worden.

Noch weit wichtiger als die Ausnutzung der Verbundwirkung ist für den Lokomotivbau die Einführung des überhitzten oder Heißdampfs geworden.

 

Der aus dem Wasser des Kessels erzeugte Dampf enthält stets noch Wasser in Form mitgerissener, feinster Tröpfchen. Diese sind für die Wirkung der Maschine sehr schädlich, wenn sie in die Zylinder gelangen, weil sie dort keinerlei Wirkung auszuüben vermögen, jedoch dem arbeitsfreudigen Dampf den Platz fortnehmen. Schon in früheren Jahrzehnten hat man sich deshalb damit beschäftigt, den Dampf vor seinem Eintritt in die Zylinder zu trocknen, indem man ihn so lange im Bereich der Heizung ließ, bis das mitgerissene Wasser gleichfalls verdampft war.

Große Vorteile ergaben sich aber erst, als man mit der Erhitzung des Dampfs weit über den Wärmegrad hinausging, der zur Trocknung notwendig ist. Wenn nämlich auch völlig trockener Dampf in den Zylinder eintritt, so schlägt sich ein Teil davon stets sofort zu Wasser nieder, weil seine Wärme durch Berührung mit den verhältnismäßig kalten Zylinderwänden, aber auch durch die Ausdehnung beim Vorschieben des Kolbens sogleich hinabgesetzt wird. Wieder erhält man so im Zylinder totes, schädliches Wasser. Überhitzter Dampf jedoch, das heißt solcher, der bis zu einer Wärme von etwa 360 Grad gebracht ist, kann eine Abkühlung wohl vertragen, ohne sich niederzuschlagen. Er behält noch lange die Eigenschaft eines ausdehnungsfähigen Gases. Durch die Überhitzung kann man also eine weit bessere Ausnutzung des Dampfs erzielen, indem alle seine Teile zum Arbeiten gelangen, anstatt als Wasser ungenutzt verloren zu gehen.

Die Erkenntnis von der Nützlichkeit des überhitzten Dampfs ist nicht neu, aber eine verwendbare Ausführung von Heißdampf-Lokomotiven war lange Zeit hindurch nicht möglich. Mußten doch alle Vorkehrungen, die notwendig sind, um den Naßdampf von 100 Grad auf 360 Grad zu bringen, so beschaffen sein, daß sie sich am Lokomotivkessel anbringen ließen, ohne daß dessen bewährter Bau grundsätzlich verändert zu werden brauchte. Eine äußerste Anpassung an räumlich beschränkte Verhältnisse war hierbei erforderlich.

Um dem Heißdampf wirklich freie Bahn zu eröffnen, durfte man nicht solche Lokomotiven bauen, wie Petiet in Frankreich es tat, der hierbei, wie zeigt, so ziemlich alle äußeren Formen des Kessels veränderte.

Es war auch notwendig, darauf zu achten, daß die Heißdampf-Ausrüstung das Gewicht der Lokomotive nicht allzu sehr steigerte. Die einzelnen Vorrichtungen mußten leicht anzubringen sein, und endlich war es noch erforderlich, alle Maschinenteile wie Kolbenringe, Schieber, Stopfbüchsen, Dichtungen und insbesondere das Schmieröl so herzurichten, daß sie imstande waren, den außerordentlichen Hitzegraden zu widerstehen, welchen sie fortab ausgesetzt werden mußten.

Die wirklich brauchbare Ausführung der Heißdampf-Lokomotive, die alsbald einen fast beispiellosen Siegeszug durch alle Länder der Erde angetreten hat, gelang als erstem dem deutschen Ingenieur Wilhelm Schmidt in Cassel zu Anfang dieses Jahrhunderts. Er überwand alle Schwierigkeiten und hat durch seine Arbeit einen erneuten Beweis dafür geliefert, daß der deutsche Techniker auf Grund seiner wissenschaftlichen Schulung zu den größten Taten fähig ist.

Nachdem Schmidt zuerst einige andere Bauarten versucht hatte, so z. B. den Rauchkammer-Überhitzer, ist heute allgemein der Heiz- oder Rauchröhren-Überhitzer in Gebrauch. Die Überhitzung des Dampfs geschieht hier dadurch, daß dieser nach Durchströmen des geöffneten Reglerventils im Dom auf einem langen Weg mit den heißen Feuerungsgasen in engste Berührung gebracht und dann erst den Zylindern zugeführt wird.

Zur Aufnahme der Überhitzer-Einrichtung sind die Heiz- oder Rauchröhren in den Reihen, die im oberen Teil des Kessels liegen, weiter gehalten als die anderen. In jede Röhre taucht ein Überhitzer-Teilstück ein, ein Rohrstrang, der von einem vor der vorderen Querwand des Kessels, also in der Rauchkammer, liegenden Sammelgefäß für den Naßdampf herkommt und mit seinem Ende an das Sammelgefäß für Heißdampf angeschlossen ist.

Jedes Überhitzer-Teilstück ist ein zweifaches, U-förmig gebogenes Rohr. Der Dampf durchläuft erst die eine Schleife, dann die andere, wird also in jedem Rauchrohr zweimal hin und zurück geführt, wobei er von den Heizgasen, welche die U-Rohre von außen umspülen, bis auf 360 Grad erhitzt wird.

Es ist erstaunlich, daß man vermocht hat, gezogene Stahlrohre herzustellen, die in der außerordentlichen sie umgebenden Hitze nicht durchbrennen. Die Heizrohre werden zwar in gleicher Weise erwärmt, aber das Wasser, welches sie ständig umspült, verursacht eine gründliche Kühlung. Diese fällt bei den dampferfüllten Überhitzerrohren fort. Die größten Schwierigkeiten machte es, die Endstellen haltbar zu machen, an denen die U-Rohre umgebogen sind, weil diese dem vollen Ansturm der heißen Gase ganz besonders ausgesetzt sind. Heute ist durch das Aufschweißen einer verstärkenden Kappe auf die Rohrenden auch hier eine genügende Haltbarkeit erreicht.

Eine gewisse Kühlung, wenn man einen solchen Ausdruck für diese Hölle überhaupt anwenden kann, erhalten die Überhitzerrohre immerhin solange, wie sie vom Dampf durchströmt werden. Sobald das Regler-Ventil geschlossen wird, hört jedoch die Dampfzufuhr auf, und die Wandungen sind nicht mehr imstande, Wärme abzugeben und fortleiten zu lassen. Aus diesem Grund wird dafür gesorgt, daß bei geschlossenem Regler-Ventil die Erhitzung der U-Rohre vermindert wird.

Wenn man eine Heißdampf-Lokomotive von vorn her anschaut, bemerkt man gleich hinter der Rauchkammer an der rechten Seite des Rund-Kessels einen kleinen wagerecht liegenden Zylinder. Er ist an der Lokomotive auf deutlich zu erkennen. In diesem Zylinder ist ein Kolben untergebracht, der durch hinten eintretenden Dampf aus seiner Ruhelage verschoben wird, solange das Regler-Ventil offen ist, die Heizrohre also mit Dampf versorgt sind und die Maschine arbeitet. Sobald Abschluß erfolgt, kehrt der Kolben in seine Ruhelage zurück. Er verstellt hierbei mit Hilfe einer Hebelübersetzung eine breite Klappe in der Rauchkammer. Diese geht aus ihrer wagerechten Lage in die senkrechte über und verschließt die Ausgangsöffnungen derjenigen Heizrohre, in denen die Überhitzerröhren liegen. Der Durchzug der heißen Gase durch diese Rohre wird dadurch stark vermindert, die Erhitzung sinkt.

Im Führerstand ist ein Handrad angebracht, mit dessen Hilfe auch bei geöffnetem Regler-Ventil die Überhitzerklappe nach Belieben verstellt werden kann. Hierdurch vermag die Lokomotivmannschaft den Grad der Überhitzung nach Vorschrift einzustellen. Eine elektrische Vorrichtung ermöglicht ständig das Ablesen des Hitzegrads auf einem Zifferblatt im Führerstand.

Um die Entwicklung der Heißdampf-Maschine hat sich die preußische Staatsbahnverwaltung ein großes Verdienst erworben. Wagemutig, wie sie stets hoffnungsvollen technischen Neuerungen gegenüber zu sein pflegt, nahm sie sich dieser Erfindung schon in einer Zeit der Entwicklung an, als der Ausgang noch nicht abzusehen war. Viele Millionen wurden für Versuche ausgegeben, die, wie man heute weiß, ganz gewiß nicht umsonst geopfert worden sind. Tausende von Heißdampf-Lokomotiven sind heute in Preußen im Betrieb.

Die Ersparnisse, die sich aus der Benutzung des überhitzten Dampfs ergeben, sind nicht gering. Man rechnet, daß man hierdurch an Wasser bei Verbund-Maschinen bis zu 26 vom Hundert, bei Zwillings-Maschinen bis zu 33 vom Hundert erspart, an Kohle bei Verbund-Lokomotiven 12 bis 18 vom Hundert, bei Zwillings-Lokomotiven 20 bis 25 vom Hundert.

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