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Immerhin bleibt es wünschenswert, auch bei noch so deutlichen und oft wiederholten Signallichtern die Aufmerksamkeit der Lokomotivführer stets von neuem wachzurufen. Zeigt doch da und dort einmal ein Vorkommnis, daß die menschliche Natur auch hier, wo es sich um das eigene Sein und das Leben vieler anderer Menschen handelt, grobe Fehler nicht gänzlich ausschließt.

Am 30. Dezember 1906 ist zum Beispiel bei dichtem Nebel und Frost der mit Vorspann fahrende Schnellzug Hamburg-Cöln in der Station Ottersberg mit voller Geschwindigkeit auf einen Güterzug aufgefahren. Es kamen hierbei fünf Personen ums Leben, zehn wurden verletzt. Die rückliegende Strecke war durch nicht weniger als drei voll beleuchtete Signale gedeckt. Sie sind von den Mannschaften beider Lokomotiven des Schnellzugs nicht beachtet worden.

Derartige Vorgänge haben von neuem Erwägungen darüber wachgerufen, wie mit der Wirksamkeit der Signale auf das Auge auch solche auf das stets aufnahmebereite Ohr verbunden werden könnten. Die Anbringung von laut heulenden Sirenen oder Hupen auf der Strecke dürfte kaum je in größerem Maßstab stattfinden, da ja jede neue Einrichtung, die besondere Bewegungsvorkehrungen oder Schaltungen erfordert, möglichst vermieden werden muß. Tritt doch dadurch immer eine neue Fehlerquelle hinzu. Beachtenswert ist vielleicht der Gedanke, vor den Signalen Schallwände neben der Strecke anzubringen, das heißt Zäune, die so gestellt sind, daß sie das Geräusch des vorüberfahrenden Zugs grell widertönen lassen, so daß die Lokomotivmannschaft an solchen Stellen in besonderer Weise zur Aufmerksamkeit aufgerüttelt wird.

Einen ganz neuen Gedanken in die Signalgebung bringen die Bestrebungen, die Befehlsgeber auf die Lokomotive selbst zu setzen. Hier laufen die Pläne zweier Gruppen der Eisenbahnsicherungs-Ingenieure nebeneinander. Die einen wollen auf der Lokomotive nur ein Aufmerkzeichen anbringen. Sie wünschen nur zu erwirken, daß die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers vor jedem Signal von neuem wachgerufen wird, während er die wirkliche Stellung des Signals von dem an der Strecke stehenden Mast ablesen muß. Die anderen gehen weiter, indem sie auch die Signalstellung selbst auf der Lokomotive kundtun wollen.

Es sind dies Vorschläge, die nicht nur eine äußere Änderung der Signalzeichen in sich schließen, sondern gedanklich tief in das Eisenbahnsicherungswesen eingreifen.

Vielfach wird es für unumgänglich notwendig erachtet, die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers immer wieder auf die Strecke hinzulenken. Auf dem Gleis kann ja in jedem Augenblick ein Fahrthindernis auftauchen. Das soll der Lokomotivführer möglichst früh wahrnehmen. Wenn er unausgesetzt nach Signalen zu spähen hat, die draußen stehen, so wird er die Strecke keinen Augenblick außer Acht lassen dürfen. Von der unmittelbaren Zeichengebung auf der Lokomotive befürchtet man ein Nachlassen der Streckenbeobachtung durch den Lokomotivführer.

Das ist eine ähnliche Befürchtung, wie sie bereits vor Jahrzehnten, vor der Einführung der geschlossenen Führerhäuser, auftauchte. Damals wurde behauptet, wie auf Seite 233 dieses Buchs erwähnt, die Aufmerksamkeit der Lokomotivführer würde abnehmen, wenn man sie nicht mehr durch die freie Luft fahren ließe, sondern ihren Stand mit schützenden Blechwänden umbaute. Diese Befürchtung hat sich als grundlos erwiesen, und ein gleiches Ergebnis kann möglicherweise auch nach Einführung der unmittelbaren Signalmeldung auf der Lokomotive eintreten.

Heute sind auch in Deutschland vielfach Versuche mit Vorrichtungen im Gange, die entweder ein bloßes Aufmerkzeichen im Führerstand geben oder dort das Signalbild selbst darstellen. Infolge der großen Bedeutung dieser Angelegenheit hat das preußische Eisenbahnministerium schon vor vielen Jahren recht bedeutende Mittel für die Ausprobung gewährt, und eine ganze Reihe preußischer Lokomotiven ist heute bereits damit ausgerüstet.

Will man nur das Aufmerkzeichen geben, so genügt die Anbringung eines festen Anschlags neben der Strecke. Im andern Fall muß dieser Anschlag verstellbar eingerichtet werden.

Die Aktiengesellschaft C. Stahmer schlägt zur Herbeiführung eines Aufmerkzeichens vor, an einem galgenartigen Ausleger einen kräftigen Dauermagneten über der Mittelachse des Gleises aufzuhängen. Ein auf dem Dach des Führerhauses der Lokomotive angebrachter Magnetschalter soll, sobald er darunter hinwegfährt, beeinflußt werden und so ein Signal im Führerstand auslösen. Siemens & Halske stellen neben dem Gleis eine eiserne Streichschiene auf, gegen die ein aus dem Körper der Lokomotive seitlich herausragender Besen aus Kupferdrähten gedrückt wird. Der hierdurch entstehende Stromschluß verursacht die Auslösung des Aufmerksignals.

Besonders hübsch sind Ausführungsformen, die neuerdings von Siemens & Halske und von der AEG geschaffen wurden. Beide vermeiden es, Arme, die an der Lokomotive angebracht sind, gegen feste Anschläge auf der Strecke stoßen zu lassen. Ist doch der Zusammenprall bei Schnellzuggeschwindigkeit so hart, daß allzu leicht Beschädigungen eintreten können. Die erstgenannte Firma ersetzt an der Stelle des Gleises, wo das Lokomotivsignal gegeben werden soll, die gewöhnliche Schiene durch eine solche aus Nickelstahl. Von der Maschine hängt ein Elektromagnet so tief hinab, daß er in kurzem Abstand von der Schienenoberkante über diese hinweggleitet. Der elektrische Zustand der Spule, die um den Magnetkern gewickelt ist, ändert sich ziemlich stark, wenn den Polen plötzlich die Nickelstahlschiene gegenübersteht. Dies genügt zur Signalauslösung.

Die AEG läßt an der Spitze eines engen Rohrs ständig einen scharfen Strahl des Kesseldampfs vorbeifließen. Hierdurch wird, wie bei den Blumenspritzen mit Pustrohr, eine Luftverdünnung in dem Rohr sowie in einem anschließenden Behälter erzielt. Eine im Boden des Behälters angebrachte Klappe wird in diesem Zustand durch den atmosphärischen Gegendruck noch in wagerechter Lage gehalten. Sobald aber der Dampfstrahl auf ein Hindernis stößt, verliert er seine Saugkraft, die Luftverdünnung im Behälter hört auf, die Platte fällt hinunter und schaltet das Lokomotivsignal ein. Die Zerstörung des Dampfstrahls kurz vor einem Signal wird in einfachster Weise durch ein mehrere Meter langes, wagerecht liegendes Blech hervorgerufen, über das die Dampfrohrmündung hinweggeht.

Das Signal im Führerstand hat meist eine doppelte Wirkung. Unmittelbar vor den Augen des Lokomotivführers befindet sich ein Kasten mit einem Fensterchen, hinter dem für gewöhnlich eine weiße Scheibe sichtbar ist. Sobald das Signal eingeschaltet wird, fällt eine rote Scheibe hinunter, und der Kesseldampf läßt gleichzeitig eine Pfeife ertönen. Das Pfeifen dauert so lange, bis der Führer durch Druck auf einen Knopf das ausgelöste Signal wieder abstellt. Diese Bewegung, die er machen muß, um das recht unangenehme Geräusch zu beendigen, ist sicher geeignet, seine Aufmerksamkeit aufzurütteln.

Soll die Signalstellung auf der Maschine erkennbar sein, so muß das Schauzeichen in zwei verschiedenen Formen gegeben werden können, wozu ein Wechseln des Anschlags neben dem Gleis gehört. Leicht wäre es auch, mit der Haltmeldung des Schauzeichens ein selbsttätiges Auslösen der Zugbremse zu verbinden. Doch wird man mit der Anbringung einer solchen Einrichtung auf Dampflokomotiven äußerst zurückhaltend sein müssen, da sie geeignet ist, den Führer von seiner Verantwortlichkeit in weitem Maß zu entbinden, was nicht wünschenswert erscheint. Könnte er sich doch nach einem Unfall nur allzuleicht auf ein Versagen der selbsttätigen Bremsvorrichtung berufen.

Auf einzelnen großen Bahnhöfen wird neuerdings auch das Stellen der Zugrichtungsschilder auf den Bahnsteigen den Beamten übertragen, welche den Zugumlauf durch Stellung der Signale regeln. Die Bahnsteigbeamten, die im allgemeinen das Ziehen der Richtungsschilder zu bewirken haben, tun dies nach den Anweisungen des Fahrplans, der sich in ihren Händen befindet. Sobald aber einmal aus besonderen Gründen ein Zug ausfällt, oder wenn durch Verspätung eine Umstellung in der Reihenfolge der Züge stattfindet, können sie leicht falsche Hinweise geben. Sie erhalten ja von derartigen Änderungen keine unmittelbare Nachricht. In Stunden sehr lebhaften Verkehrs, wenn auf den Bahnsteigen starkes Gedränge herrscht, macht es Schwierigkeiten, den Schilderziehern immer wieder durch Boten die Umänderungen mitzuteilen. Andererseits ist das richtige und verläßliche Stellen der Richtungsschilder für die Zugabfertigung sehr wichtig, da die auf den Bahnsteigen Wartenden nur hierdurch erkennen können, ob es „ihr“ Zug ist, der einfährt; die fortwährenden sehr störenden Erkundigungen bei den Beamten sollen möglichst fortfallen.

In der Befehlsstelle des Bahnhofs weiß man selbstverständlich stets aufs genaueste über die Zugfolge Bescheid, weshalb hier die beste Stelle zur Bedienung der Richtungsschilder ist. Der von dieser Stelle aus bedienbare Zugabrufer ist eine elektrisch gesteuerte Vorrichtung. In der Ausführungsform von Siemens & Halske liegen, in einem Blechkasten verborgen, hintereinander die Schilder für die Fahrtrichtungen aller Züge, die den Bahnhof durchlaufen. Ferner kann die Zugart angegeben werden, und es können auch weitere Mitteilungen wie die, ob es sich um den Hauptzug, einen Vorzug oder Nachzug handelt, sichtbar gemacht werden. Im Stellwerk ist eine runde Scheibe mit entsprechenden Aufschriften angebracht. Eine Kurbel mit Zeiger gleitet darüber hinweg. Nach Einstellung der Kurbel auf eine bestimmte Angabe und darauf folgendem Niederdrücken eines Schalters erscheint auf dem Bahnsteig das zugehörige Schild. Ein wiederholtes Niederdrücken des Schalters läßt das Schild wieder verschwinden. Ein Glockenzeichen kann mit der Auslösung verbunden werden.

Wenn der Leser den Ausführungen dieses umfangreichen Abschnitts mit Aufmerksamkeit gefolgt ist, wird er sicher den Eindruck haben, daß auf den Eisenbahnen Außerordentliches getan wird, um das Leben der Fahrgäste zu behüten. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß das hier Geschilderte nicht mehr ist, als eine Darlegung der Sicherheitseinrichtungen in ganz großen Zügen. Von der Fülle der Vorkehrungen, die tatsächlich in diesem Bezirk getroffen sind, hat der Leser nicht mehr wahrgenommen, als etwa ein Besucher des Grünen Gewölbes in Dresden von den dort untergebrachten Kostbarkeiten sieht, wenn er die Sammlung in zehn Minuten durchläuft. Alle Schönheiten, die sich erst dem sorgfältiger spähenden Auge offenbaren, sind auch uns bei dem Geschwindschritt, den wir gemacht haben, verborgen geblieben. Aber bereits das Vorgetragene dürfte geeignet sein, den Leser bei der nächsten Eisenbahnfahrt etwas geduldiger und nachsichtiger zu stimmen, wenn irgendeine kleine Störung im Zugumlauf eintritt. Hat sie ihren Grund doch meist in der Haltstellung eines Signals, also in einer Sicherungsmaßnahme.

 

Wer auch nur ein wenig eingeweiht ist, wird die hierfür geschaffenen Vorrichtungen nicht anders als mit hoher Achtung betrachten können. Was Menschen für Menschen leisten konnten, ist für die Sicherung der Zugfahrten geschehen. Doch an den Grenzen des menschlichen Könnens endet auch die Wirksamkeit der Eisenbahnsicherungen.

22. Das dienstbare Heer

Sorgsam und feierlich wie kein König der Erden wird jeder Eisenbahnzug geleitet und empfangen. Eine ungeheure Mannschaft ist in jedem Augenblick an und auf den Strecken eifrigst tätig, um den fahrenden Zügen die Bahn frei zu machen und frei zu halten, um dafür zu sorgen, daß ihnen kein Hindernis entgegentritt, durch welches das glatte Erreichen des Ziels gefährdet werden könnte. Allein in Deutschland gibt es bei der Eisenbahn 800 000 Beamte und Arbeiter.

Sie alle dienen dem Betrieb, welchem sie sich gewidmet haben, mit dem Einsatz ihrer ganzen Persönlichkeit. An die Arbeitskraft der Eisenbahnbeamten werden unausgesetzt hohe Anforderungen gestellt, ständig sind sie Gefahren ausgesetzt, die nur durch große Aufmerksamkeit unschädlich gemacht werden können. Rasche Überlegung, geschwinde Entschlußfähigkeit sind unentbehrliche Eigenschaften, die jeder von ihnen besitzen muß, wenn er sich als nützliches Glied in das Ganze fügen will. Kann doch der kleinste Fehler die bösesten Folgen zeitigen.

Die Verhältnisse, die hier obwalten, sind mit jenen beim Wasserbau zu vergleichen. Im Schutz eines gewaltigen Damms sind Hunderte von Arbeitern tätig, um ein bedeutendes Werk auszuführen. Kunstvoll werden tief unter dem Spiegel des auf der anderen Seite hoch anstehenden Wassers eiserne Träger zusammengefügt, Betonschüttungen vorgenommen. Da frißt das Wasser einen Verbindungsweg zur Baustelle hindurch, der nicht weiter ist als die Stärke eines Bleistifts beträgt. Ein dünner Strahl rieselt kaum sichtbar hindurch, aber nach einer Stunde bereits ist der Damm eingesunken, alles mühsam Geschaffene im Wasser ertränkt. So kann das Versagen der Überlegungskraft eines Eisenbahnfahrdienst-Beamten während des Bruchteils einer Minute einer großen Menschenzahl das Leben rauben, unabsehbaren Schaden verursachen und den Betrieb tagelang lahmlegen.

Damit die Beamten sich ihrer großen Verantwortung in jedem Augenblick bewußt sind, legen die deutschen Eisenbahnverwaltungen Wert darauf, jeden in seinem Rahmen selbständig arbeiten zu lassen. Obgleich durch sorgfältigst erwogene und selbst das Kleinste umfassende Vorschriften jede Dienstverrichtung geregelt ist, bleibt dennoch Platz für die geistige Arbeit des einzelnen. Dieses Vorgehen ähnelt der Ausbildung des deutschen Soldaten, der gleichfalls in jedem Augenblick den Befehlen der Vorgesetzten unterworfen ist, dennoch aber dazu erzogen wird, im Ernstfall selbständig innerhalb seines engen Bezirks tätig zu sein.

Der Eisenbahnbeamte soll nicht maschinenmäßig arbeiten. Auch die beste und verläßlichste Maschine, die zu seiner Verfügung ist, nimmt ihm die Verantwortung nicht ab. Der Blockwärter darf nicht an der Sperrung seiner Hebel erkennen wollen, ob er sie bewegen darf oder nicht, er muß, bevor er seinen Hebel berührt, sich geistig darüber klar geworden sein, ob ihm der betriebliche Zustand in diesem Augenblick das Bewegen des Hebels erlaubt.

Die gute Schulung und die Pflichttreue des Heers der deutschen Eisenbahnbeamten bewirken neben der vorzüglichen Ausbildung aller technischen Mittel die ständige Verringerung der Unfälle, die aus der Statistik deutlich ersichtlich ist.

Es seien hier einige allgemeine Angaben über die Gliederung des Beamtenkörpers in dem größten aller Eisenbahnbetriebe, der preußisch-hessischen Staatsbahn, gemacht.

An der Spitze steht das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, dem auch die allgemeine Staats-Bauverwaltung unterstellt ist. Es wird seit mehr als einem Jahrzehnt von Exzellenz Dr. von Breitenbach geleitet, der sich in dieser Zeit sehr bedeutende Verdienste erworben hat. Sie erstrecken sich nicht nur auf seinen Verwaltungsbereich, sondern betreffen das Eisenbahnwesen im allgemeinen, da während der Amtszeit des Ministers durch Neueinführungen und Versuche in größtem Maßstab sowohl die Verwaltungs- wie die reine Technik der Eisenbahnen in umfassendster Weise weitergebildet worden sind.

Seit der Neuordnung vom 1. April 1895 besteht das preußische Ministerium der öffentlichen Arbeiten in seinem Eisenbahnbezirk aus fünf Abteilungen: Bauabteilung, Verkehrsabteilung, Verwaltungsabteilung, Finanzabteilung, maschinentechnische Abteilung, denen in neuester Zeit noch eine Betriebsabteilung angefügt ist. Dem Ministerium sind das Eisenbahnzentralamt und 21 Eisenbahndirektionen unterstellt.

Dem den Direktionen gleichgeordneten Zentralamt, an dessen Spitze wie bei den Direktionen ein Präsident steht, ist die Erledigung einer Reihe von Geschäften übertragen, die gleiche Bedeutung für den gesamten Staatsbahnbereich haben. Hierdurch wird die wünschenswerte Gleichmäßigkeit in solchen Anordnungen und Maßnahmen erreicht, die über die Grenzen der einzelnen Direktionen hinaus die Gesamtheit angehen.

So gehören zum Geschäftsgebiet des Eisenbahnzentralamts die Leitung der Geschäfte des deutschen Staatsbahnwagen-Verbands und der europäischen Personenwagen-Beistellung. Es hat die Gesamteinteilung des Fahrparks zu besorgen, sowie dessen Ausnutzung zu beobachten und zu verbessern. Auch die Beaufsichtigung des Sicherungswesens ist ihm übertragen. Ein wichtiger Teil des Eisenbahnzentralamts, das Hauptwagenamt, dem die tägliche Güterwagenverteilung obliegt, wurde bereits erwähnt.

Es werden ferner von dieser Stelle aus Bau und Beschaffung von Lokomotiven und Wagen, die Anschaffungen für den Eisenbahnoberbau und dessen Herstellung geregelt. Das Eisenbahnzentralamt hat gemeinsame Dienstanweisungen auszuarbeiten, es verwaltet die Wohlfahrtseinrichtungen, und es liegt ihm die Durchführung von Versuchen aller Art ob, welche dazu bestimmt sind, die Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen zu erhöhen. Die letzte und vielleicht bedeutungsvollste Schöpfung des Eisenbahnzentralamts, die neue durchgehende Bremse für Güterzüge, haben wir bereits kennen gelernt.

Jeder der 21 Eisenbahndirektionen unterstehen: Betriebsämter, Verkehrsämter, Maschinenämter, Werkstättenämter und Bauabteilungen. Die Verkehrsämter haben die Güterabfertigung und Güterkassen, die Bahnhofskassen, Gepäckabfertigungen, Fahrkartenausgaben und einen Teil der Geschäfte auf den Bahnhöfen zu verwalten. Derjenige Teil der Bahnhofsgeschäfte, der sich auf den Betrieb bezieht, wird von den Betriebsämtern geleitet, denen auch die Bahnmeistereien nachgeordnet sind.

Aufgabe der Bahnmeister ist es, für die Bahnunterhaltung und Bahnbewachung zu sorgen. Ihnen unterstehen das Bahnunterhaltungspersonal, die Streckenläufer und Rottenarbeiter, die Bahn- und Schrankenwärter sowie alle anderen an der freien Strecke beschäftigten Beamten. Über deren Tätigkeit soll im nächsten Abschnitt gesprochen werden.

Auf den Bahnhöfen werden den Reisenden in der Hauptsache nur die Beamten sichtbar, denen die Regelung des eigentlichen Verkehrs obliegt. Der Verkehr wird aber erst möglich, nachdem Ordnung des gesamten Betriebs stattgefunden hat. Es muß daher auf den Bahnhöfen auch eine große Zahl von Beamten vorhanden sein, deren Aufgabe die Erledigung des nicht geringen Schreibwerks für den Betriebsdienst ist; es sind ferner neben vielem anderen die Regelung des Wagendiensts, des Telegraphendiensts, die Aufsicht über die Beamten, die Verteilung der Zugbegleitmannschaften, die Annahme von Arbeitern und ihre Entlohnung, Beaufsichtigung der Bahnhofsmannschaft, die Wahrnehmung des Bahnpolizeidiensts, die Aufsicht über die Bahnhofswirtschaft zu besorgen. So kommt es, daß auf ganz großen Bahnhöfen, wie etwa Leipzig, Frankfurt a. M. oder München je 2000 bis 3000 Beamte und Arbeiter beschäftigt sind.

Wir haben hier insbesondere die Tätigkeit der Beamten in demjenigen Bereich zu betrachten, der unmittelbare Wirkung auf den Lauf der Züge übt und Fahrdienst heißt.

Die Besetzung jedes Zugs mit Beamten besteht aus der Lokomotivmannschaft und der Zugbegleitmannschaft. Die Zugbegleiter unterstehen während der Fahrt dem Zugführer. Dieser muß sich vor Antritt jeder Fahrt davon überzeugen, ob die Mannschaft vollzählig zur Stelle und dienstfähig ist. Er hat den Zug, die gesamte Handhabung des Diensts an ihm, die Aufrechterhaltung der Ordnung im Zug und dessen Sicherheit ständig zu überwachen. So oft es möglich ist, soll er sich von dem betrieblichen Zustand des Zugs überzeugen und auch, soweit ihm das seine sonstigen Dienstobliegenheiten gestatten, auf den Stand der Signale und die Lage der Wegschranken achten.

Damit der Zugführer die Strecke zu überblicken vermag, ist in jeden Packwagen, wo er allermeist seinen Dienstplatz hat, ein erhöhter Sitz eingebaut. Durch die Stirnfenster der Dachüberhöhung vermag er über Wagen und Maschine hinwegzublicken. Um dem Zugführer die Möglichkeit zu geben, den Zug im Gefahrfall sofort anzuhalten, ist eine Bremsvorrichtung neben seinem Sitz angebracht. Desgleichen kann er in Zügen mit Druckluftbremse jederzeit an einem Druckmesser die Luftpressung in der Bremshauptleitung erkennen. Sieht der Zugführer, daß der Lokomotivführer ein auf Halt stehendes Signal überfahren will, so hat er den Zug abzubremsen. Derartige Vorkommnisse sind zu melden. Ebenso ist es seine Pflicht, Meldung zu erstatten, wenn beim Vorüberfahren des Zugs eine Wegschranke nicht geschlossen war. Der Lokomotivführer hat hierauf gleichfalls sein Augenmerk zu richten.

Sowohl der Lokomotivführer wie der Zugführer müssen streckenkundig sein. Ehe ein Lokomotivführer eine Zugfahrt selbständig leiten darf, muß er die Strecke lange Zeit als Heizer befahren haben, wobei ihm neben der Handhabung der Maschine selbst der Standort jedes Signals, alle Krümmungen, alle besonderen Merkmale genau bekannt werden. Er fährt stets nur in seinem engen Bezirk hin und her. Wird er auf eine andere Strecke versetzt, so muß er diese erst wieder durch eine Reihe von Dienstfahrten genau kennen lernen, bis man ihm auch hier einen Zug anvertraut. Wenn ein Lokomotivführer mit seiner Maschine plötzlich zur Aushilfe auf eine ihm nicht genau bekannte Strecke geschickt wird, so muß er, gerade wie der Kapitän bei der Einfahrt in den Hafen, einen Lotsen in seinem Stand mitnehmen.

Auch der Zugführer macht vor Übernahme des selbständigen Diensts unter Leitung eines streckenkundigen Dienstgenossen bei Tag und Nacht Belehrungsfahrten in beiden Richtungen der Strecke. Während des Diensts hat er einen Fahrbericht zu führen. Die Eintragungen sind in die Spalten eines Vordrucks zu setzen.

Der Zugführer hat ferner dafür zu sorgen, daß der Zug bei Eintritt der Dunkelheit rechtzeitig beleuchtet wird, und daß auch bei Tag die Lampen angezündet werden, wenn Fahrt durch einen Tunnel bevorsteht, in dem die vollständige Verfinsterung länger als eine Minute dauert. Nimmt der Zugführer eine Unregelmäßigkeit im Lauf der Fahrzeuge oder eine Beschädigung an diesen wahr, bemerkt er Mängel in der Gleislage, Fehler in der Stellung, Bedienung oder Beobachtung der Signale, oder erhält er hiervon Mitteilung, so hat er eine Meldekarte auszufüllen und sie dem Aufsichtsbeamten auf dem nächsten Bahnhof zu übergeben. Dieser leitet die Meldung dann schriftlich weiter oder benachrichtigt die zuständige Stelle telegraphisch, wenn es sich um einen betriebsgefährlichen Vorgang handelt. Beobachtet der Zugführer häufiger einen Überfluß oder Mangel an Plätzen, die eine Änderung der Zugzusammensetzung erforderlich erscheinen lassen, so hat er dies gleichfalls durch Meldekarte dem Betriebsbüro der zuständigen Eisenbahndirektion anzuzeigen. Der Lokomotivführer hat aus seinem Bereich gleichfalls derartige Meldungen zu erstatten.

 

Damit die Züge auf der Strecke ordnungsgemäß und sicher verkehren können, müssen alle Dienststellen, die für die Regelung der Zugfahrten in Betracht kommen, von dem Lauf der Züge unterrichtet sein. Im allgemeinen ist die Zugfolge durch die Fahrpläne bekannt gegeben. Aber das Einsetzen von Sonderzügen, die Regelung der Zugfahrten bei Verspätungen, die Maßnahmen bei Unglücksfällen oder bei sonstigen Störungen machen Vorkehrungen notwendig, durch die alle Posten stets sehr rasch von derartigen Vorgängen unterrichtet werden können. Zu diesem Zweck sind die Dienststellen durch Fernschreiber und Fernsprecher miteinander verbunden.

Diejenigen Dienststellen, welche bei der Regelung der Zugfahrten mitwirken, werden unterschieden in Zugfolgestellen und Zugmeldestellen. Zugfolgestellen heißen alle Betriebsstellen, die einen Streckenabschnitt begrenzen, in den kein Zug einfahren darf, bevor ihn der vorausgefahrene Zug verlassen hat. Zugfolgestellen, die nicht zu Bahnhöfen gehören, heißen Blockstellen. Zugmeldestellen sind solche Zugfolgestellen, an denen es möglich ist, Züge beginnen, endigen, wenden, kreuzen, überholen, von einem Hauptgleis auf das andere gelangen oder auf eine abzweigende Bahnstrecke übergehen zu lassen. Sie spielen bei der Regelung der Zugfahrten natürlich eine sehr wichtige Rolle.

Es besteht die Vorschrift, daß auf eingeleisigen Bahnen jeder Zugfahrt, die zwischen zwei Zugmeldestellen stattfindet, eine Verständigung zwischen diesen vorangehen muß.

Die Zugmeldestelle, welche bei der Zugfahrt zunächst berührt wird (Abfahrtstelle), hat der nächsten (Ankunftstelle), den Zug anzubieten; die Ankunftstelle hat den Zug, wenn nichts dagegenspricht, anzunehmen. Ist der Zug an der zweiten Meldestelle vorübergefahren und durch Haltsignal gedeckt, so ist er an die erste zurückzumelden. Auf zweigeleisigen Strecken fällt das Anbieten und Annehmen fort. Hier ist jeder Zug von der vorherliegenden Zugmeldestelle, sobald er an dieser vorübergefahren ist, an die nächste abzumelden und von dieser zurückzumelden.

Wo Blockeinrichtung besteht, werden diese Vorschriften bereits durch die Blockbedienung erfüllt, auf zweigeleisigen Strecken z. B. durch das Vorblocken (Abmelden) und Entblocken (Zurückmelden).

Wo aber keine Blockeinrichtung vorhanden ist, oder wo auf einer damit versehenen Strecke der Block infolge einer Störung nicht benutzt werden kann, tritt das telegraphische Zugmeldeverfahren mit seiner ganzen Umständlichkeit und seinen bis ins kleinste geregelten äußeren Formen in Tätigkeit. Hierdurch wird gleichfalls eine sehr weitgehende Sicherung erreicht.

Auf eingeleisigen Strecken spielt sich das Zugmeldeverfahren nach folgenden Vorschriften und in folgenden Formen ab:

Die Abfahrtstelle ruft die Ankunftstelle mit deren telegraphischem Rufzeichen an, das aus einer bestimmten Anordnung von Punkten und Strichen des Morse-ABC besteht. Sobald die Ankunftstelle den Anruf erhalten hat, meldet sie sich ihrerseits bei der Abfahrtstelle, indem sie gleichfalls Morsezeichen dorthin sendet. Auf dem Morsestreifen der Abfahrtstelle erscheint dann:

Hier (Rufzeichen der Ankunftstelle)!

Darauf antwortet die Abfahrtstelle:

Verstanden (Rufzeichen der Abfahrtstelle). Wird Zug 11 angenommen? (In telegraphischer Abkürzung: Z 11 ag?)

Ist die Ankunftstelle damit einverstanden, daß der Zug abgelassen wird, so antwortet sie:

Zug 11 ja!

Hierauf gibt die Abfahrtstelle ihr eigenes Rufzeichen und das ein für alle Male festgesetzte Bestätigungszeichen. Nun darf der Zug abfahren.

Wenn die Ankunftstelle den Zug nicht annehmen kann, so drahtet sie:

Nein warten!

Der Eingang dieser Meldung wird von der Abfahrstelle gleichfalls durch ihr Rufzeichen und das Bestätigungszeichen bescheinigt. Von dem Grund der Ablehnung hat die Ankunftstelle die Abfahrtstelle, soweit es erforderlich ist, in Kenntnis zu setzen.

Ist der Hinderungsgrund fortgefallen, dann meldet die Ankunftstelle:

Jetzt Zug 11 ja!

worauf die Abfahrtstelle wieder ihr Rufzeichen und das Bestätigungszeichen abgibt.

Sobald der Zug an der nächsten Zugfolgestelle mit seinem Schlußsignal vorbeigegangen und das Streckensignal hinter ihm auf Halt gelegt ist, meldet diese Zugfolgestelle den Zug zurück in der Form:

Zug 11 hier!

Dadurch wird bestätigt, daß die Zugfahrt ordnungsmäßig verlaufen und der vom Zug verlassene Gleisabschnitt wieder frei ist.

Damit eine vollkommene Sicherheit in der Verständigung erreicht wird, ist vorgeschrieben, daß die Ankunftstelle auch dann „Nein warten!“ zurücktelegraphieren muß, wenn, obgleich der Zugfahrt nichts entgegensteht, das Anbieten nicht genau in der vorgeschriebenen Form erfolgt ist. Durchaus zweifelsfreie Verständigung in den festgesetzten Formen ist also die Voraussetzung jeder Zugfahrt beim telegraphischen Meldeverfahren.

Auf zweigeleisigen Bahnen hat zwar das Rückmelden in gleicher Form stattzufinden, aber an die Stelle des Anbietens und Annehmens tritt hier, wo Fahrten von Zügen gegeneinander ja nicht stattfinden können, das sehr viel einfachere Abmelden. Die Abfahrtstelle hat an die Ankunftstelle den abfahrenden oder – bei Zügen, die an der Abfahrtstelle nicht halten – den durchfahrenden Zug abzumelden. Wiederum wird die Ankunftstelle wie beim Anbieten angerufen, sie antwortet wie dort, und alsdann meldet die Abfahrstelle:

Zug 81 ab 3,37!

Hierauf gibt die empfangende Stelle das eigene Ruf- und Bestätigungszeichen.

Auf Nebenbahnen mit nicht mehr als 40 Kilometern höchster Fahrgeschwindigkeit können die Zugmeldungen auch durch den Fernsprecher stattfinden. Das gleiche ist der Fall, wenn auf anderen Bahnen einmal die Block- und die telegraphische Verbindung gleichzeitig gestört sind, der Fernsprecher aber noch benutzbar ist. Da mündliche Meldungen als nicht so sicher anzusehen sind wie schriftliche, ist bestimmt, daß jede im Zugmeldeverfahren durch den Fernsprecher abzugebende Meldung vorher in das Zugmeldebuch einzutragen und aus diesem der Empfangstelle vorzulesen ist. Jede eingegangene Meldung ist gleichfalls in das Zugmeldebuch einzutragen und aus diesem als Bestätigung des Eingangs der meldenden Stelle vorzulesen. Für die Benutzung auf zweigeleisigen Strecken haben die Blätter des Zugmeldebuchs folgende Form:

Mit Hilfe der beim telegraphischen Meldeverfahren bedruckten Morsestreifen oder durch Nachprüfung der Eintragungen in das Zugmeldebuch sind die vorgesetzten Dienststellen stets in der Lage, den gesamten Dienst in den Zugmeldestellen zu verfolgen, nach Unglücksfällen etwa vorgekommene Unregelmäßigkeiten zu ermitteln und Schuldige zur Verantwortung zu ziehen.

Zur Übermittlung der zahlreichen dienstlichen Meldungen, die dem Zug vorauflaufen oder die Kunde von seinem Verbleib rückwärts tragen, aber auch für die sonstigen, sehr zahlreichen dienstlichen Telegramme, die Blockströme und Läutesignale, laufen neben den Strecken die Drahtleitungen einher. Der Dieb, der im Zug dem Ort seiner Tat entflieht, sieht mit Schrecken diese Träger schnellster Nachrichten unerbittlich neben seinem Reiseweg entlanglaufen. Die Zugmannschaft aber erblickt sie mit stiller Freude. Schützen diese in luftiger Höhe angebrachten, dünnen, glatten Drähte die Freiheit der Zugbahn doch weit gründlicher als der sorgfältigst geflochtene Verhau aus Stacheldraht es vermöchte.

Nicht alle Drähte an den Eisenbahnstrecken dienen den Zwecken der Bahnverwaltung. An dem Gestänge werden meist auch Postleitungen mitgeführt, um die Kosten für die Anlage besonderer Linien zwischen gleichen Orten zu vermeiden. In Preußen sind die bahneigenen Leitungen heute schon fast überall dadurch gekennzeichnet, daß die Porzellanisolatoren, an denen die Drähte befestigt sind, einen grünen Streifen tragen.

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