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Werner von Siemens

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Wissenschaft

Wenn die wissenschaftlichen Arbeiten von Werner Siemens hier in einem besonderen Abschnitt behandelt werden, so geschieht die Trennung nur aus einem äußerlichen Grund, nämlich um das Überblicken seines so umfangreichen Lebenswerks zu erleichtern. Denn wie wir nun schon aus vielen Beispielen wissen, sind der Techniker und der Wissenschaftler in Werner Siemens nicht voneinander zu sondern. Entsprang doch fast eine jede seiner Erfindungen einer wissenschaftlichen Überlegung. Das ist es ja eben gewesen, was seinen Meisterleistungen die mächtige und nachhaltige Wirkungsmöglichkeit schaffte, ihnen den breiten Boden gab, auf dem sie zu so imponierender Höhe emporwachsen konnten.

Sehr häufig hat man bei der Lektüre Siemensscher Schriften oder Reden das deutliche Gefühl, daß nur ein unwiderstehlicher Drang ihn dazu trieb, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse praktisch auszubeuten, daß er dies fast gegen seinen Willen getan hat. Immer von neuem klagt er, seine Berufstätigkeit habe ihm so wenig Zeit gelassen, eine rein wissenschaftliche Tätigkeit auszuüben. Den Wissensschatz nennt er einmal den einzig wahrhaften Schatz, den die Menschheit besitzt.

Und wiederum erkennt er selbst ganz genau, daß er seine Lebensarbeit als schaffender Techniker und nicht als abstrakter Gelehrter zu leisten habe. Als man ihn im Jahre 1874 als ordentliches Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften berief, sagte er in seiner Antrittsrede: »Ich bin nicht anmaßend genug, zu glauben, daß die rein wissenschaftlichen Leistungen, welche ich aufzuweisen habe, allein entscheidend hierfür (nämlich für die Berufung) gewesen sind.« Sein Freund Du Bois-Reymond, der ihm antwortete, stellte dann den Doppelcharakter von Werner Siemens, der ihn Wissenschaftler und Techniker zugleich sein ließ, vorzüglich in einem Satz zusammen, indem er sagte: »Daß du auf solcher Höhe als ein Fürst der Technik die Fäden unzähliger Kombinationen in der Hand haltend, hundert Pläne im Kopf wälzend, im Innersten der deutsche Gelehrte in des Wortes edelstem Sinne bliebst, als der du geboren bist, zu dem du nicht einmal erzogen wurdest; daß in jedem Augenblick, wo die Last der Geschäfte es dir erlaubte, du mit Liebe zum Phänomen, mit Treue zum Experiment, mit Unbefangenheit zur Theorie, genug, mit echter Begeisterung zur reinen Wissenschaft zurückkehrtest: das stempelte dich, von deinem Scharfsinn, deiner Erfindsamkeit, deiner Beobachtungsgabe zu schweigen, in unseren Augen zum Akademiker.«

In seiner Antrittsrede bei der Akademie gab Werner Siemens dann selbst eine kleine Übersicht über die wissenschaftlichen Leistungen, von denen er meinte, daß sie die Ursache zu seiner für einen praktisch schaffenden Techniker so besonders ehrenvollen Berufung gewesen seien. Er erwähnte die Methode der Messung großer Geschwindigkeiten durch den elektrischen Funken, die Auffindung der elektrostatischen Ladung telegraphischer Leitungen und ihre Gesetze, die Aufstellung von Methoden und Formeln für die Untersuchung unterirdischer und unterseeischer Leitungen sowie für die Bestimmung des Orts vorhandener Isolationsfehler, seine Experimentaluntersuchungen über die elektrostatische Induktion und die Verzögerung des elektrischen Stroms durch diese, die Aufstellung und Darstellung eines reproduzierbaren Grundmaßes für den elektrischen Leitungswiderstand, den Nachweis der Erwärmung des Dielektrikums des Kondensators durch plötzliche Entladung, die Auffindung und Begründung der dynamo-elektrischen Maschine. Er glaubte ferner anführen zu können, daß manche seiner technischen Leistungen nicht ohne wissenschaftlichen Wert gewesen seien, und nannte von diesen den Differenzregulator, die Herstellung isolierter Leitungen durch Umpressung mit Guttapercha, die Gegen-Doppel-Induktions- und automatischen Apparate für Telegraphie, die Ozonröhre und Meßinstrumente verschiedener Art.

Die meisten dieser Schöpfungen sind uns aus den vorhergehenden Ausführungen bereits bekannt. Aber einige der wissenschaftlichen Meisterleistungen von Werner Siemens haben wir hier doch noch näher zu besprechen.

Eine hervorragende Tat war die Schöpfung sorgfältiger Meßinstrumente. Wir entsinnen uns, daß Werner Siemens sich mit dem Mechaniker Halske insbesondere aus dem Grund verbündete, weil dieser ungewöhnlich feine Präzisionsarbeit zu leisten vermochte. Nach den von Siemens aufgestellten theoretischen Grundlagen hat Halske Galvanometer und Bussolen von einer solchen Feinheit entstehen lassen, wie sie bis dahin noch nicht bekannt waren. Die Instrumente sind auf der ganzen Erde für die elektrischen Messungen grundlegend geworden. Die Physiker in allen Ländern benutzen noch heute zu den genauesten Messungen Instrumente, die in ihrem Bau sich ganz genau an die ersten von Siemens & Halske geschaffenen anlehnen.

Im Jahre 1876 beschäftigte sich Werner Siemens in nachhaltiger Weise damit, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Elektrizität festzustellen, über die man bis dahin nur sehr wenig verläßliche Zahlen besaß. Er stellte den Versuch so an, daß er den Zeitunterschied zwischen den Entladungen zweier Leydener Flaschen maß, von denen die eine durch Verbindung der Belegungen mittels eines kurzen Drahts, die andere durch eine sehr lange Leitung geschlossen werden konnte. Jede der beiden Entladungen rief einen Funken hervor, der wiederum, wie bei der Messung der Geschoßgeschwindigkeit, eine Marke in einen schnell rotierenden Stahlzylinder schlug. Für die praktische Anstellung des Versuchs wurde ein eiserner Telegraphendraht von 23372 Kilometern Länge benutzt, der zwischen Köpenick und Erkner an der damaligen Niederschlesisch-Märkischen Bahn entlang lief. Siemens fand die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Elektrizität zu 240000 Kilometern in der Sekunde. Nachdem Kirchhoff später gelehrt hatte, daß für eine widerstandsfreie Leitung eine um etwa ein Drittel höhere Geschwindigkeit angenommen werden müsse, ergab sich aus dieser Messung ziemlich genau, daß die Elektrizitätsgeschwindigkeit der des Lichts gleich ist, nämlich rund 300000 Kilometer in der Sekunde beträgt. Heute, wo wir die nahe Verwandtschaft zwischen Licht- und Elektrizitätsschwingungen kennen, wissen wir, daß diese Zahl richtig sein muß.

Grundlegend für das gesamte Meßwesen in der Elektrotechnik ist die von Werner Siemens geschaffene Einheit für den Widerstand geworden. Sowohl in der wissenschaftlichen Physik wie auch in der Technik ist die Feststellung des Widerstands von Stromleitern sehr häufig erforderlich. Wenn man aber ein Maß angeben soll, so braucht man eine genau festgelegte, jedem zugängliche Einheit, auf die man es beziehen kann. Die Wichtigkeit des Gegenstands war Ursache, daß schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts Versuche gemacht wurden, eine Einheit des Widerstands zu schaffen. Jacobi wollte hierfür einen Kupferdraht von bestimmter Länge und bestimmtem Querschnitt einführen. Aber es zeigte sich, daß der Widerstand eines solchen Drahts sich mit der Zeit ändert. Durch das Kopieren und immer wieder neue Kopieren des Originaldrahts entstanden ferner immer größere Ungenauigkeiten. Die Grundeinheit muß aber selbstverständlich stets ganz genau und verhältnismäßig leicht hergestellt werden können. Der Jacobische Widerstands-Etalon war daher nicht brauchbar.

In dem von Wilhelm Weber entwickelten absoluten elektromagnetischen Maßsystem war zwar schon eine absolute Einheit für den Widerstand enthalten. Aber ihre Herstellung konnte, namentlich wegen der sehr geringen Größe dieser Einheit, stets nur mit großen Schwierigkeiten geschehen.

Siemens erkannte, daß ein Quecksilberstab sich am besten zur Herstellung der Widerstandseinheit eigne. Die Notwendigkeit, eine wirklich praktisch brauchbare Grundlage für diese Einheit zu schaffen, wurde ihm besonders deutlich, als er jene von uns schon erwähnte Fehlerbestimmung beim Kabel im Roten Meer durch Widerstandsmessung machte. Er schlug vor, eine Quecksilbersäule von einem Quadratmillimeter Querschnitt und einem Meter Länge bei einer Temperatur von 0 Grad als Einheit des Widerstands anzunehmen. Eine solche Quecksilbereinheit läßt sich in jedem Laboratorium mit großer Leichtigkeit herstellen; das Quecksilber kann immer wieder erneuert werden und ist darum keinen Veränderungen unterworfen. In der Tat wurde diese Siemens-Einheit als Grundlage für die elektrische Meßtechnik angenommen und hat über zwei Jahrzehnte als maßgebende Größe geherrscht. Der Internationale Elektrizitätskongreß in Paris beschloß dann freilich im Jahre 1881, die absoluten elektromagnetischen Einheiten, das sogenannte Zentimeter-Gramm-Sekunden-System, einzuführen. Werner Siemens hat es lebhaft bedauert, daß damit die Siemens-Einheit verschwand, aber er erlebte die Genugtuung, daß die neugeschaffene Einheit für den Widerstand, das »Ohm«, durch sein Verhältnis zur Siemens-Einheit definiert wurde. Ein »Ohm« ist nämlich = 1,06 S.E.

Inmitten seiner ausgedehnten Beschäftigung mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Elektrotechnik und im Drang der immer weiter sich ausdehnenden Geschäfte fand Werner Siemens doch noch Zeit, mit deutscher Gelehrtengründlichkeit solche Probleme zu bearbeiten, die von seiner Lebensarbeit ziemlich weit ablagen. Wenn ihm auf seinen Reisen eine Erscheinung begegnete, die ihm nicht ohne weiteres verständlich war, so trieb ihn sein »Kausalitätsbedürfnis« unwiderstehlich dazu, sie zu erklären und durch Stellung auf einen wissenschaftlichen Boden dem eigenen Verständnis näherzuführen. Solche Beobachtungen und Erklärungen führten ihn nicht selten dazu, sehr ausführliche Arbeiten darüber abzufassen, die so gründlich angelegt waren, daß er sie der Akademie der Wissenschaften in Berlin vorlegen konnte.

Als Siemens sich zur Auslegung des Kabels durch das Rote Meer nach dem Süden begab, durchreiste er auch Ägypten. In Kairo mußte er einige Tage Aufenthalt nehmen, da das Kabelschiff »Agamemnon« nicht zur rechten Zeit eintraf, das, weil der Suezkanal damals noch nicht eröffnet war, den Weg um das Kap der Guten Hoffnung machen mußte. Er benutzte die Muße zu einem Ausflug nach der Cheopspyramide.

 

Schon während des Eselritts dorthin erhob sich ein außergewöhnlich kalter Wüstenwind, der von einer eigentümlichen roten Färbung des Horizonts begleitet war. Nachdem sie an ihrem Ziel angekommen waren, wurden Siemens und seine Reisegefährten in der üblichen Weise von Beduinen über die hohen Steinstufen auf die Spitze der Pyramide hinaufbefördert. Als sie droben anlangten, war der Wind zu sturmartiger Stärke angewachsen, so daß sie sich auf der abgeplatteten Spitze kaum aufrecht halten konnten. Der Wüstenstaub hüllte die Spitze der Pyramide allmählich ganz ein.

Man vernahm dabei ein merkwürdig zischendes Geräusch, das, wie sich der sorgfältig beobachtende Werner Siemens alsbald sagte, nicht durch den Wind verursacht sein konnte. Als er einen Finger über seinen Kopf emporhob, entstand ein scharfer, singender Ton, wodurch ihm klar wurde, daß es sich nur um eine elektrische Erscheinung handeln konnte. Die Araber, die auf den nächsten Stufen kauerten, kannten die Erscheinung gleichfalls, denn sie hielten auch die ausgestreckten Finger mit dem Ruf »Chamsin!« (das ist der Name des Winds) in die Höhe.

Sofort begann nun Werner Siemens auf der Pyramide mit der elektrischen Erscheinung zu experimentieren. Er hat über diese sehr interessanten Versuche in »Poggendorfs Annalen« unter dem Titel »Beschreibung ungewöhnlich starker elektrischer Erscheinungen auf der Cheopspyramide bei Kairo während des Wehens des Chamsins« nähere Mitteilungen gemacht.

»Als ich eine gefüllte Weinflasche, deren Kopf mit Stanniol beklebt war, emporhielt,« schreibt er dort, »hörte ich denselben singenden Ton wie bei der Aufhebung des Fingers. Währenddessen sprangen von der Etikette fortwährend kleine Funken zu meiner Hand über, und als ich darauf den Kopf der Flasche mit der anderen Hand berührte, erhielt ich eine heftige elektrische Erschütterung, während ein glänzender Funke vom metallenen Kopf der Flasche in meine Hand übersprang. Es ist klar, daß die durch den feuchten Kork mit der Metallbelegung des Kopfes der Flasche in leitender Verbindung stehende Flüssigkeit im Innern derselben die innere Belegung einer Leydener Flasche bildete, während Etikette und Hand die abgeleitete äußere vertraten. Auch eine entkorkte Flasche lud sich auf gleiche Weise, namentlich dann, wenn die Öffnung gegen den Wind geneigt wurde, wie Dr. Esselbach durch einen heftigen Schlag erkannte, den er empfand, als er dieselbe an den Mund setzte.«

Siemens baute darauf eine leistungsfähigere Leydener Flasche, indem er eine gefüllte Weinflasche mit metallisch belegtem Kopf in ein angefeuchtetes Papier aus dem Proviantkorb hüllte. Als er diese hoch über den Kopf hielt, konnte er daraus laut klatschende Funken von etwa einem Zentimeter Schlagweite ziehen. Bald hatte er auch Gelegenheit, diese Leydener Flasche als Verteidigungswaffe gebrauchen zu können.

»Die Araber hatten,« so erzählt er, »die aus unseren Weinflaschen hervorbrechenden Blitze gleich mit offenbarem Mißtrauen betrachtet. Sie hielten dann eine kurze Beratung, und auf ein gegebenes Signal wurde ein jeder meiner Begleiter von den drei Mann, die ihn hinaufbefördert hatten, gepackt, um gewaltsam wieder hinabtransportiert zu werden. Ich stand gerade auf dem höchsten Punkt der Pyramide, einem großen Steinwürfel, der in der Mitte der Abplattung lag, als der Scheich der Arabertribus sich mir näherte und mir durch unseren Dolmetscher sagen ließ, die Tribus hätte beschlossen, wir sollten sofort die Pyramide verlassen. Als Grund gab er auf Befragen an, wir trieben offenbar Zauberei, und das könnte ihrer Erwerbsquelle, der Pyramide, Schaden bringen.

»Als ich mich weigerte, ihm Folge zu leisten, griff er nach meiner linken Hand, während ich die rechte mit der gut armierten Flasche – in offenbar beschwörender Stellung – hoch über den Kopf hielt. Diesen Moment hatte ich abgewartet und senkte nun den Flaschenkopf langsam seiner Nase zu. Als ich sie berührte, empfand ich selbst eine heftige Erschütterung, aus der zu schließen der Scheich einen gewaltigen Schlag erhalten haben mußte. Er fiel lautlos zu Boden, und es vergingen mehrere, mich schon angstvoll machende Sekunden, bis er sich plötzlich laut schreiend erhob und brüllend in Riesensprüngen die Pyramidenstufen hinabsprang. Als die Araber dies sahen und den fortwährenden Ruf »Zauberei!« des Scheichs hörten, verließen sie sämtlich ihre Opfer und stürzten ihm nach. In wenigen Minuten war die Schlacht entschieden und wir unbedingte Herren der Pyramide. Jedenfalls ist Napoleon der »Sieg am Fuße der Pyramiden« nicht so leicht geworden wie mir der meinige auf der Spitze!«

Nun hatten die Reisenden volle Freiheit, ihre Experimente fortsetzen zu können. Als Siemens sich durch einen improvisierten Isolierschemel aus aufgestellten Weinflaschen von der Steinmasse der Pyramide isolierte, hörte das sausende Geräusch beim Emporheben des ausgestreckten Fingers nach kurzer Zeit auf. Er konnte jetzt zu seinen Gefährten durch Näherung der Hand Funken überschlagen lassen. Siemens hat in seiner Arbeit die interessante Erscheinung dadurch erklärt, daß, wie er annimmt, die Staubteilchen durch Reibung auf dem Boden elektrisch werden, daß dann später, wenn sie durch den Wind hoch emporgetrieben worden sind, ihre in der Staubwolke konzentrierte Gesamtheit eine elektrische Spannung gegen die Erde hat. Die Pyramide, die als leitend zu betrachten ist, bildet eine gewaltige Spitze, von der aus die Erdelektrizität zur Wolke besonders stark ausströmt.

Als Werner Siemens den Kaukasus besuchte, erkrankte er an Wechselfieber. Während andere Menschen sich in einem solchen Zustand nur mit ihrem körperlichen Befinden zu beschäftigen pflegen, beobachtete er sorgfältig alle wissenschaftlichen Begleitumstände. Er kam schon damals, lange bevor Koch seine berühmte Theorie aufgestellt hatte, zu der Überzeugung, daß das klimatische Fieber seine Ursache in mikroskopischen Organismen haben müsse, die sich im Körper aufhalten. Die Periodizität des Wechselfiebers erklärt er durch die Zeit, welche die junge Brut jedesmal braucht, um zu ihrer, dem menschlichen Körper schädlichen Aktionsfähigkeit heranzuwachsen. Das ist später zu Siemens' großer Freude von der medizinischen Wissenschaft bestätigt worden.

Beim Auslegen der Kabel wurde er dazu geführt, einen Apparat für genaue Messung der Meerestemperaturen anzugeben, der gestattet, auf dem Schiff die Temperatur der Tiefe stets sofort abzulesen.

Im Jahre 1878 sah Siemens zum erstenmal den Vesuv, der sich gerade damals in lebhafter Tätigkeit befand. Er beobachtete die Erscheinungen, die sich seinem Auge darboten, so genau, als wenn er sich in seinem Leben mit nichts anderem beschäftigt hätte als mit dem Vulkanismus. »Der Vesuv trug,« so schrieb er in den Monatsberichten der Berliner Akademie der Wissenschaften, »während meiner Anwesenheit in Neapel im Mai d. J. (1878) eine Dampfkrone, welche sich hin und wieder bei windstillem Wetter etwa bis auf ein Drittel seiner Höhe über dem Meeresspiegel erhob. Während der Nacht erschien die Dampfkrone schwach leuchtend. Auffallend war mir hierbei, daß dieselbe, mit einem guten Fernrohre betrachtet, aus schnell aufeinander folgenden Dampfringen zu bestehen schien. Der Lichtschein war nicht konstant. Seine Helligkeit war sehr veränderlich, und hin und wieder schien er intermittierend zu sein.«

Siemens bestieg den Berg bis zum alten Kraterrand und setzte seine Forschungen fort. »Auf der höchsten Spitze des Aschenkegels, welcher sich in der Mitte des großen Kraters etwa bis zur halben Höhe seines Randes erhob, sah man eine hell glühende Öffnung, aus welcher in ziemlich regelmäßiger Folge alle zwei bis drei Sekunden heftige Explosionen hervorbrachen. Die Stärke dieser Explosionen ließ sich ungefähr daraus ermessen, daß durch dieselben glühende Steine und Schlackenstücke in Menge bis bedeutend über meinen Standpunkt auf dem Rande des alten Kraters emporgeschleudert wurden und nach ihrem fast senkrecht erfolgenden Niederfalle auf der Oberfläche des inneren Aschenkegels niederrollten. Die hellglühende Öffnung des tätigen Kraters bildete ein unregelmäßiges Viereck, dessen mittlere Seitenlänge ich auf 5 bis 6 Meter schätzte. Jede Explosion riß die umgebende Luft mit sich fort und bildete dadurch über dem Berggipfel einen in sich von innen nach außen rotierenden und sich beim Aufsteigen erweiternden Dampfring. Sie war von einem dumpfen Knalle begleitet, welcher den ganzen Berggipfel merklich erschütterte. Eine eigentliche Flammenerscheinung war nicht zu beobachten. Da jedoch heller Sonnenschein herrschte, so hatte die ausgestoßene Dampfmasse in der Nähe der Krateröffnung die gelbliche Färbung, welche schwach leuchtende Flammen im Sonnenschein anzunehmen pflegen.«

Diese Beobachtungen gaben ihm Anlaß, ausführliche Betrachtungen über die Gestaltung des Erdinnern und die darin tätigen Kräfte anzustellen. Wir besitzen eine sehr ausführliche Arbeit von ihm hierüber, in der er sich mit den damaligen widerstreitenden geologischen Ansichten auseinandersetzt.

Diesen stets nach Aufklärung ringenden Geist hat das große Haus, in dem er mit der gesamten Menschheit wohnte, weiter lebhaft beschäftigt. Er hat versucht, sehr viele Phänomene, die sich auf der Erde und in deren Luftmeer abspielen, zu erklären. So schrieb er »Über die Zulässigkeit der Annahme eines elektrischen Sonnenpotentials und dessen Bedeutung zur Erklärung terrestrischer Phänomene«. Hierin legt er dar, daß das elektrische Potential der Sonne auf die Erde so einwirken müsse, daß auf der Erdoberfläche Elektrizität gebunden wird. Diese wird bei der Rotation der Erde ständig um diese herumgeführt und bewirkt als kreisender Strom deren Magnetisierung.

Weitere Arbeiten geologischer Natur führen die Titel: »Über die Erhaltung der Kraft im Luftmeer der Erde«, »Zur Frage der Ursachen atmosphärischer Ströme« und »Über das allgemeine Windsystem der Erde«.

In einem Aufsatz »Über das Leuchten der Flamme« hat Siemens Versuche beschrieben, die er in einem der großen Glasöfen seines Bruders Friedrich in Dresden über das Leuchten gasförmiger Körper angestellt hat. Er kommt zu dem überaus modern anmutenden Ergebnis, daß das Flammenlicht ebenso elektrisches Licht sei wie das der Geißlerschen Röhre.

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