Volk Gottes

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158 S. KOSTER, Ekklesiologie im Werden, 156.

159 Vgl. RATZINGER, Die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils. (Die folgenden Seitenzahlen in Klammern beziehen sich auf dieses Werk).

160 DANIÉLOU, Gli orientamenti attuali del pensiero religioso. (Die folgenden in Klammern eingefügten Seitenzahlen beziehen sich auf diesen Text).

161 S. THILS, Orientations de la Théologie, 57ff.

162 ALBERT, Die katholische Kirche in Frankreich, 48ff. Die beiden genannten Orte stehen nur stellvertretend für eine breitere Bewegung. So sind z.B. auch das „Katholische Zentrum der französischen Intellektuellen“ in Paris zu erwähnen, das sich vor allem um den intellektuellen Austausch mit dem modernen Denken bemühte, die Zeitschrift „Dieu vivant“ oder die Bemühungen um eine zeitgemäße Bibelübersetzung verschiedener französischer Exegeten. S. ALBERT, Die katholische Kirche in Frankreich, 46, 51; CHOLVY / HILAIRE, Histoire religieuse, 151–154.

163 Vgl. LESOURD / RAMIZ, Leon Josef Cardinal Suenens, 10ff.

164 Vgl. Kap. 1.1.4.

165 Vgl. SUENENS, Souvenirs et espérances, 32f.

166 Hierzu wird in Kap. 3.1 beispielhaft der ekklesiologische Beitrag Yves Congars näher dargestellt.

167 Vgl. THILS, Orientations de la Théologie, 93–100 (Die folgenden Seitenzahlen in Klammern beziehen sich auf dieses Werk).

168 Vgl. CHOLVY / HILAIRE, Histoire religieuse, 29.

169 Vgl. ALBERT, Die katholische Kirche in Frankreich, 57f.

170 Vgl. CHOLVY / HILAIRE, Histoire religieuse, 34.

171 Vgl. ALBERT, Die katholische Kirche in Frankreich, 68f. Laut Albert hatte die Katholische Aktion ihren Zenit in den 50er Jahren bereits überschritten. Das zunehmend selbstbewusste Auftreten der Katholischen Jugend provoziert Mitte der 50er öffentliche Konflikte mit den Bischöfen. S. Ebd.

172 S. BALTHASAR, Der Laie und der Ordensstand, 14.

173 Vgl. BALTHASAR, Der Laie und der Ordensstand, 15.

174 Vgl. BALTHASAR, Der Laie und der Ordensstand, 13, 17ff.

175 BALTHASAR, Der Laie und der Ordensstand, 21.

176 Vgl. BALTHASAR, Schleifung der Bastionen, 26f, 30.

177 Vgl. BALTHASAR, Schleifung der Bastionen, 54ff, 64.

178 Vgl. BALTHASAR, Schleifung der Bastionen, 27f, 77ff. Die bei Balthasar deutlich zu vernehmende Kritik am Klerikalismus und die Idee einer eigenständigen laikalen Frömmigkeit wird, wenn auch in etwas anderer Weise u.a. von Yves Congar (s. Kap. 3.1) und Karl Rahner geteilt. S. RAHNER, Über das Laienapostolat: Mit seiner Definition des Laien als „Christ der in der Welt bleibt“ verdeutlich Rahner den Status des Laien als eigene Qualifikation (54). Er verkörpert als Berufener und Getaufter die charismatische und dynamische Seite der Kirche und leistet so für sie einen unersetzlichen Beitrag (55f). Das eigentliche Laienapostolat kann nicht das kirchlich verordnete, bzw. hierarchisch geführte der Katholischen Aktion sein (61ff). Es ist als „actio catholicorum“ etwas Eigenständiges (67). Im Sinne einer „Fremdheilssorge“ ist das Laienapostolat ganz von den Bedingungen der Welt bestimmt und verkörpert das christliche Dasein z.B. in der Nächstenliebe in einem weltlichen Bezug (67f). Aus diesem Grund plädiert Rahner für eine Anerkennung auch der Gruppierungen, die sich in diesem Sinne und außerhalb der katholischen Aktion engagieren (70f). Noch stärker spitzt etwas später Edward Schillebeeckx die Frage zu. S. SCHILLEBEECKX, Dogmatiek van ambt en lekestaat: Für Schillebeeckx steht die gemeinsame Grundlage aller Getauften so stark im Vordergrund (260f), dass die Unterscheidung zwischen Laien und Priestern nur innerhalb der soziologischen Ordnung der Kirche, nicht aber in ihrer gnadenhaften Dimension Sinn macht (262f, 266f). Es gibt nur das eine Apostolat aller Gläubigen (268). S. hierzu auch die Ausführungen von Hans Küng (Kap. 3.3).

179 Als Grundströmungen lassen sich in dieser Zeit die etwa bei Balthasar, Suenens, Thils, Philips oder Congar zu findende „inkarnatorische Richtung“, der aktiven Beteiligung der Gläubigen im Sinne einer Fortsetzung des Heilswirkens Christi in der durch ihre Eigengesetzlichkeiten bestimmten Welt und die „eschatologische Richtung“ unterscheiden. Hauptvertreter der letzteren ist Louis Bouyer, der sich 1948 in der Frage der Laienspiritualität eher auf das biblische Motiv der Weltflucht beruft und in der erlösungsbedürftigen Welt die immer weiter fortschreitende Annäherung des Menschen an Gott als Hauptziel aller Spiritualität bestimmt. Insofern kann es für Bouyer auch keine explizite Laienspiritualität geben. S. CARACCIOLO, Spiritualità e laicato nel Vaticano II, 200–217; 232ff, 236–245.

180 Vgl. SUENENS, Souvenirs et espérances, 33; BOSSCHAERT, Art. „Gustave Thils”, 1411.

181 Vgl. HAMILTON, Suenens: a Portrait, 73f.

182 Vgl. SUENENS, Souvenirs et espérances, 40.

183 Vgl. SUENENS, Théologie de l’Apostolat, 25–40.

184 S. SUENENS, L’Eglise en etat de mission.

185 Vgl. SUENENS, L’Eglise en etat de mission, 85, 89.

186 Vgl. SUENENS, L’Eglise en etat de mission, 88–99.

187 SUENENS, Täglich christlich leben, 97.

188 Vgl. SUENENS, Täglich christlich leben, 99ff.

189 S. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 256. Von Balthasar spricht 1956 von er Laienfrage als Thema, das „die Ekklesiologie unserer Zeit in Atem hält und beinahe alle Kräfte beansprucht: […] Die ‚Theologien des Laienstandes‘ die heute allenthalben aus dem Boden schießen, entsprechen dem Interesse unserer Zeit; hier werden Schlachten geschlagen, hier wird Neuland gewonnen, hier scheint sich eine unaufhaltsame Umstrukturierung des christlichen Bewusstseins zu vollziehen, des Inhalts, dass der Laienchrist in voller Zugehörigkeit zum Gottesvolk, aber auch mit beiden Füßen in der Welt, in ihrer Arbeit, im Ringen ihrer Kultur, ihrer Wirtschaft und Politik, vollverantwortlich steht.“ S. BALTHASAR, Zur Theologie der Säkularinstitute, 434.

190 S. TUCCI, Recenti pubblicazioni, 179. Eine Stichprobe bei einem der französischsprachigen theologischen Leitmedien, der „Nouvelle Revue theologique“ ergibt zwischen 1950 und 1959 eine Anzahl von 43 Artikeln und Rezensionen, die sich mit der Laienfrage befassen (etwa 8% aller Beiträge), die größte Zahl von ihnen mit der Frage von Apostolat und Mission (17 Beiträge).

191 Vgl. TUCCI, Recenti pubblicazioni, 180f.

192 Vgl. THILS, Orientations de la Théologie, 114; MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 258263. Das Werk Congars wird in Kap. 3.1 ausführlicher behandelt. Besondere Zustimmung und eine hohe Verbreitung findet das Werk Philips. S. TUCCI, Recenti pubblicazioni, 189.

193 Vgl. HÄRING/SCHURR, Vorwort zur deutschen Ausgabe, 7 (Die folgenden Seitenzahlen in Klammern beziehen sich auf das Werk von PHILIPS, Der Laie in der Kirche).

194 Philips bereitet diese Sichtweise bereits in einer ekklesiologischen Studie vor, der er die Frage und das Bedürfnis der Menschen nach Gemeinschaft als hermeneutischen Schlüssel zum Verständnis der Kirche voranstellt. S. PHILIPS, De heilige Kerk, 13–22.

195 Vgl. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 263.

196 S. POTERIE, L’origine, 841.

197 ARNOLD, Kirche und Laientum, 139.

198 Vgl. ARNOLD, Kirche und Laientum, 110.

199 Vgl. ARNOLD, Kirche und Laientum, 111–114.

200 ARNOLD, Kirche und Laientum, 114.

201 Ebd.

202 Vgl. SPIAZZI, Il laicato nella Chiesa, 305ff, 314f. So gibt es zwar faktisch Unterschiede in der Kirche, „ma in realtà anche i laici son Chiesa, Popolo di Dio, Regno di Cristo, Corpo mistico vivente di verità, di grazia, di preghiera, sacerdotale per l’unione al Capo cui è subordinata anche tutta l’esteriore organizzazione sociale e gerarchica.“ SPIAZZI, Il laicato nella Chiesa, 337f.

203 Vgl. SPIAZZI, Il laicato nella Chiesa, 312.

204 Vgl. SPIAZZI, Il laicato nella Chiesa, 338.

205 Vgl. SPIAZZI, Il laicato nella Chiesa, 323f, 329.

206 Vgl. POTERIE, L’origine, 852f.

207 Vgl. POTERIE, L’origine, 841, 845f. Eine ebenfalls im Sinne der traditionellen Sichtweise formulierte Position, die bei aller Würdigung des notwendigen Laienapostolats von der Notwendigkeit einer Vorordnung und Führungsrolle der Hierarchie ausgeht, findet sich bei DEJAIFVRE, Laïcat et mission de l’Eglise.

208 Vgl. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 309.

209 Vgl. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 320.

210 Vgl. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 317f.

211 S. Zweiter Kongress für das Laienapostolat, La mission de l’Eglise, 222f.

212 Vgl. Zweiter Kongress für das Laienapostolat, La mission de l’Eglise, 224.

213 Vgl. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 332f.

214 S. PIUS XII., Ansprache zum Zweiten Weltkongress des Laienapostolats (1957), in: Les Laïcs, 13–34, 17.

215 Vgl. PIUS XII., Ansprache zum Zweiten Weltkongress, 14ff.

 

216 Vgl. PIUS XII., Ansprache zum Zweiten Weltkongress, 18.

217 S. MINVIELLE, L’apostolat des Laïcs, 353.

218 Vgl. PIUS XII., Ansprache zum Zweiten Weltkongress, 20f. Die Wende ein dieser Frage war dem Papst maßgeblich durch Weihbischof Suenens nahegelegt worden. S. LESOURD / RAMIZ, Leon Josef Cardinal Suenens, 17f. So ist es kein Wunder, dass Suenens zu den ersten Kommentatoren dieser Entscheidung des Papstes gehört. S. SUENENS, L’unité multiforme de L’action catholique.

219 Vgl. O.A., Zweiter Laienkongress in Rom, 125ff.

220 PHILIPS, La vocation apostolique du Laïcat, 133.

221 Vgl. PHILIPS, La vocation apostolique du Laïcat, 133f.

222 Vgl. PHILIPS, La vocation apostolique du Laïcat, 134f.

223 Zweiter Kongress für das Laienapostolat, Document final, 41.

224 Vgl. O.A., Rome and the Lay Apostolate, 320. Die Herderkorrespondenz berichtet nicht über diesen Akzent des Kongresses. S. O.A., Zweiter Laienkongress in Rom.

225 O.A., Rome and the Lay Apostolate, 325.

226 So hebt der Kirchenhistoriker Massimo Faggioli die Entstehung von SC als Schlüsselereignis neu hervor. Vgl. FAGGIOLI, Sacrosanctum Concilium: Mit SC sei, so Faggioli, mitnichten nur die Frage nach der Reform der Liturgie diskutiert worden. Vielmehr sei die Liturgiekonstitution zugleich bahnbrechend für die Ekklesiologie des Konzils gewesen (25ff). Als Grundlage dieses ekklesiologisch-liturgischen Neuaufbruchs benennt Faggioli die von ihm als „ressourcement“ bezeichnete Wiederschließung der biblischen, patristischen, liturgischen und theologiegeschichtlichen Quellen. Sie ist Ausgangspunkt einer neuen theologischen Perspektive (75f, vgl. auch 104–115). Daran habe insbesondere die Liturgische Bewegung und die von ihr angestoßenen Liturgiereformen entscheidenden Anteil (vgl. 46–57, _ 173f). Faggioli scheint SC als Wegweiser für eine neue Sicht auf die Kirche und als Übergangspapier zur vollen Entfaltung der neuen Ekklesiologie zu betrachten. Die von der „Leib Christi“-Ekklesiologie vorbestimmte gemeinschaftliche Dimension der Kirche, wie sie in SC zu finden ist, wäre dann der Übergang zur „communio“-Ekklesiologie von LG (119f). In jedem Fall ist festzuhalten, dass sich die SC und LG zugrundeliegende Ekklesiologie auffallend ähnelt. Dies betrifft z.B. die Grundlegung des „Mysteriums“, des Heilswerks Christi, für Liturgie und Kirche, das sich in Analogie zum Inkarnationsgeschehen sakramental Ausdruck verschafft (SC 2 und LG 8). Weitere Beispiele sind die heilsgeschichtliche Perspektive (SC 5 und LG 1–4, 9), die Verwendung der Begriffe „Sakrament“, „Volk Gottes“ und „Leib Christi“ für die Kirche (SC 26 und LG 1, 3, 7, 9, 48 u.a.), die Eucharistie als Kulminationspunkt kirchlichen Handelns (SC 10 und LG 11, 26) oder etwa die Betonung des gemeinsamen Priestertums als Grundlage für die Teilhabe aller Glieder der Kirche an ihren Vollzügen (SC 14 und LG 10). Vgl. hierzu: MILITELLO, Ecclesiologia e Liturgia a cinquant’ anni dalla promulgazione della Lumen gentium, besonders 343–348; DRISCOLL, Reviewing and Recovering Sacrosanctum Concilium’s Theological Vision.

227 S. Gerhards / Kranemann, Einführung, 102f.

228 S. zum Hintergrund des „Mechelener Kongresses“: DUMOULIN, Nouvelle histoire de Belgique, Bd. 2, 58f.

229 Vgl. GREGORY, On the 50th Aniversary, 393f.

230 Vgl. GREGORY, On the 50th Aniversary, 394.

231 S. GREGORY, On the 50th Aniversary, 394f.

232 S. hierzu z.B. HAUNERLAND, Participatio actuosa, 587.

233 JUNGMANN, Die Kirchen im religiösen Leben der Gegenwart. (Die folgenden Seitenzahlen in Klammern beziehen sich auf diesen Text).

234 S. hierzu PIUS XI., Divini cultus sanctitatem, Absatz 3.

235 S. JUNGMANN, Der Gottesdienst der Kirche, 1.

236 Ebd.

237 JUNGMANN, Der Gottesdienst der Kirche, 2.

238 Vgl. hierzu auch IRWIN, The theological keys of Sacrosanctum Concilium, 413ff.

239 S. HAUNERLAND, Participatio actuosa, 585.

240 S. HAUNERLAND, Participatio actuosa, 586.

241 S. MAZZA, La partecipazione attiva alla Liturgia, 315.

242 PIUS X., Motu proprio „Tra le sollecitudini“, 22. November 1903, Einleitung.

243 Vgl. NEUMANN, Participatio actuosa, 16.

244 Ebd.

245 PIUS XII., Enzyklika „Mediator Dei“. (Die Zitation bezieht sich auf den jeweiligen Hauptteil und den dazugehörigen – im Original nicht nummerierten – Absatz).

246 S. NEUMANN, Participatio actuosa, 18.

247 S. hierzu MAZZA, La partecipazione attiva alla Liturgia, 315.

248 Vgl. NEUMANN, Participatio actuosa, 18.

249 S. hierzu auch MAZZA, La partecipazione attiva alla Liturgia, 319f.; STUFLESSER, Actuosa participatio, 154ff.

250 Vgl. MAZZA, La partecipazione attiva alla Liturgia, 318.

251 Vgl. NEUMANN, Participatio actuosa, 20. S. Pius XII, Enzyklika „Musicae sacrae disciplina“, 25. Dezember 1955, Nr. 48f.

252 Vgl. dazu KACZYNSKI, Kommentar, 40.

253 S.o. Kap. 1.2.2.

254 S. MARINI, Die Konstitution Sacrosanctum Concilium, 20.

255 Vgl. AS I/1, 305f.

256 S. MARINI, Die Konstitution Sacrosanctum Concilium, 11.

257 Vgl. AS I/1, 306. S. auch GREGORY, On the 50th Aniversary, 400ff. Wie die Vorstudien zum späteren Ausgangschema zeigen, spielen zentrale Neuerungen, etwa die Weiterführung der „participatio actuosa“ oder der Verweis auf das Volk Gottes bereits in den Untergruppe der Vorbereitungskommission eine wichtige Rolle. S. hierzu: BRAGA, La genesi del primo capitolo, 405–448, besonders 408ff und 419f.

258 S. MARINI, Die Konstitution Sacrosanctum Concilium, 11.

2. „Volk Gottes“ in der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils

2.1 Der „Volk Gottes“-Begriff in der Entstehung von „Lumen gentium“

Durch die neuen Ergebnisse der theologischen Forschung wie auch die Entwicklungen in den verschiedenen Bewegungen innerhalb der katholischen Kirche und der daraus hervorgehenden Neubeschäftigung mit dem kirchlichen Ort der Laien sind wichtige Grundlagen für eine Rezeption des „Volk Gottes“-Begriffs auf dem bevorstehenden II. Vatikanischen Konzil gelegt. Dennoch bedarf es noch eines langen und facettenreichen Prozesses, bis der Begriff zu seiner herausragenden Stellung innerhalb der Kirchenkonstitution gelangen kann. Aus der komplexen Entstehungsgeschichte der Konstitution sollen im Folgenden einige Etappen dargestellt werden. Sie zeigen, welche Entwicklung der „Volk Gottes“-Begriff von der vor-vorbereitenden Phase ab 1959 bis zur Verabschiedung von Lumen gentium am 21. November 1964 genommen hat.

2.1.1 Die erste Etappe: Von der Ankündigung des Konzils zum Vorbereitungsschema „De ecclesia“

Nach der Ankündigung des Konzils durch Papst Johannes XXIII. am 25. Januar 1959 und der Einsetzung der vor-vorbereitenden Kommission unter der Leitung des damaligen Staatssekretärs Kardinal Domenico Tardini und des eingesetzten Sekretärs Pericle Felici259, werden ab dem 18. Juni desselben Jahres die Bischöfe, Ordensoberen, die römischen Prälaten und die katholischen Universitäten um die Einreichung von Themenvorschlägen für das bevorstehende Konzil gebeten. Das von Tardini verfasste Schreiben lässt den Antwortenden dabei weitgehende Freiheit und schlägt lediglich zur Orientierung vor, dass es sich bei den einzureichenden Themen um Fragen der Lehre, Fragen bezüglich der Kleriker und des Kirchenvolks sowie um aktuelle Probleme im Schnittfeld zwischen Kirche und Welt handeln könnte.260

Aus den rund 9000 thematischen Vorschlägen, die bis Februar 1961 eingehen,261 erstellt das Sekretariat der Kommission eine inhaltlich gegliederte Übersicht, den „Analyticus Conspectus.“262 Auch wenn dieses Arbeitsinstrument aus heutiger Sicht hinsichtlich seiner Methodik anfragbar ist263, bietet es Aufschlüsse über die von den zukünftigen Konzilsteilnehmern als vorrangig zu behandelnden Themen, sowie ihren theologischen Fragehorizont. Hinsichtlich des Wesens der Kirche im Allgemeinen finden sich 50 Eintragungen264, von denen lediglich drei die Einbeziehungen alternativer biblischer Bilder neben dem des „Leibes Christi“ fordern (z.B. „Braut Christi“, „Familie Gottes“, „Reich Gottes“). Der Begriff „Volk Gottes“ wird an dieser Stelle ebenso wenig erwähnt wie in den folgenden Kapiteln mit 41 Eingaben265 zur möglichen Weiterentwicklung der Lehre vom „mystischen Leib Christi“. Lediglich ein Eintrag verweist auf die Notwendigkeit der Rezeption neuer ekklesiologischer Forschungsergebnisse, ein weiterer auf die Notwendigkeit der Klärung des Verhältnisses von Kirche und „Reich Gottes“. Insgesamt herrscht der Wunsch nach einer offiziellen Bestätigung der Ekklesiologie von „Mystici Corporis“ vor. Deutlich ist jedoch das Anliegen zu vernehmen, das Konzil möge die Rolle der Laien innerhalb der Kirche besser definieren und erklären.266 Dieser Frage ist ein eigenes Kapitel mit 59 Einträgen gewidmet.267 Neben den rund 2000 Eingaben, die zu verschiedenen Themen des Klerus eingereicht werden, nimmt sich aber auch dieser Fragenkomplex vom Umfang her eher bescheiden aus.

Auch wenn die Ekklesiologie insgesamt als wichtiges Thema der Lehre und Disziplin angesehen wird, das kommende Konzil in Fortführung des I. Vatikanums hier auch noch unerledigte Aufträge, vor allem hinsichtlich des Bischofsamtes zu erfüllen hat, ist doch die Gruppe derer, die angeregt durch die neuen theologischen Ansätze in Deutschland, Frankreich und Belgien und die Impulse der Katholischen Aktion, der Liturgischen Bewegung und anderer Bewegungen zu einem neuen ekklesiologischen Aufbruch drängen, eher klein.268

Einige Vertreter dieser Linie finden sich etwa im niederländischen Episkopat. Hier hat in einem konfessionell gemischten und in vielen Teilen bereits säkularen Umfeld eine Rezeption der neuen theologischen Impulse aus den Nachbarländern bereits stattgefunden. Zudem werden weite Bereiche der Kirche durch ein hohes Engagement von Laien geprägt.269 So findet sich in der Rückmeldung des Erzbischofs von Utrecht, Bernard Alfrink, die Forderung nach der Aufnahme des „Volk Gottes“-Begriffs zur Beschreibung des Wesens der Kirche. Aus der Perspektive des „Volkes Gottes“ und der Teilhabe aller seiner Glieder am gemeinsamen Priestertum sollen die Aufgaben und Dienste der Laien in der Kirche neu bedacht werden.270 Auch in den Rückmeldungen der deutschen Bischöfe finden sich deutliche Hinweise auf eine neu zu beschreibende ekklesiologische Grundlegung, die sich an den Begriffen „Mysterium“ bzw. „Sakrament“ sowie einer Vielzahl anderer, u.a. „Volk Gottes“, ausrichtet.271

Mit dem Motu Proprio „Superno Dei“ vom 5. Juni 1960272 leitet Papst Johannes XXIII. die vorbereitende Phase des Konzils ein. In ihm wird die Errichtung von 10 Sachkommissionen unter dem Vorsitz der jeweils zuständigen Kurienkardinäle festgelegt. Außerdem wird die Zentralkommission unter Vorsitz des Papstes, bzw. eines von ihm benannten Delegaten eingerichtet, zu der neben den Vorsitzenden der Sachkommissionen auch einige Kardinäle und Bischöfe des Weltepiskopats gehören. Der Theologischen Kommission (CT)273 unter der Leitung des Sekretärs des „Sacrum Officium“, Kardinal Alfredo Ottaviani, wird durch die Vorbereitungskommission die Behandlung des Themas „Kirche“ zugewiesen. Auf Anweisung Ottavianis fertigt der Sekretär der Kommission, der niederländische Jesuit Sebastian Tromp, Professor für Fundamentaltheologie an der Gregoriana und einer der Verfasser von „Mystici Corporis“, erste Skizzen für das zukünftige Schema „De ecclesia“ an.274 Die Unterkommission, die zur Vorbereitung des Schemas eingerichtet ist, tagt am 28. Oktober 1960 zum ersten Mal.275 Zu ihr gehört neben verschiedenen Vertretern der römischen neuscholastischen Schule276 auch Gerard Philips, der für die Ausarbeitung des Laienkapitels im Schema „De ecclesiae“ verantwortlich sein wird.277 Von den Mitgliedern, die eine Offenheit hinsichtlich der „nouvelle théologie“ zeigen, ist etwa Carlo Colombo, Professor an der theologischen Fakultät in Mailand und Vertrauter Kardinal Giovanni Battista Montinis zu nennen, zudem der niederländische Jesuit Johannes Witte, der schließlich Yves Congar zur Studienwoche der Unterkommission vom 15.-23. November 1961 einlädt.278 Congar hatte bereits im September 1960 ein Memorandum zu den Vorentwürfen der Schemata verfasst, ihren defensiven, apologetischen Geist bemängelt sowie eine neue, missionarisch-heilsgeschichtliche Sicht auf die Kirche vorgeschlagen.279 Zum Zeitpunkt seiner Mitwirkung in der Unterkommission steht diese allerdings bereits unter hohem Zeitdruck. Die fertigen Entwürfe sollen im Februar 1962 an die Koordinierungskommission weitergegeben werden. Das Tagebuch Tromps vermittelt den Eindruck einer teilweise hektischen und unkoordinierten Arbeit der „De ecclesia“-Arbeitsgruppe, die zudem durch ständige personelle Veränderungen erschwert wird.280 Der Endentwurf ist daher in Inhalt und Aufbau wesentlich Tromp zuzuschreiben, der u.a. für die Schlussfassung des ersten Kapitels zum Wesen der Kirche verantwortlich ist.281

 

„De ecclesia“282 beginnt im ersten Kapitel „De ecclesia militantis natura“ mit einem Prolog, der die Kirche mit dem Heilswirken Gottes in Christus in Verbindung bringt. Christus, der sich selbst als reines Opfer dem Vater darbringt, reinigt und heiligt sein Volk, das durch den Ratschluss des Vaters aus der Vielzahl der Völker als königliche Priesterschaft und neues Israel (1 Petr 2, 9–10) erwählt wurde (Nr. 1). Der zweite Artikel beginnt mit der Ausführung des Heilsplans: Christus, der als „neuer Adam“ zum Haupt der Menschheit eingesetzt ist, als Priester, König und Prophet über das „Volk Gottes“ regiert und es heiligt, setzt die Vorsteher unter der Leitung des Petrus ein, damit das Volk nicht in Verwirrung gerät und als dichtgefügte Heerschar („agmen“) in Einheit für alle Ewigkeit zusammensteht (Nr. 2). So wie Mose das Volk durch die Wüste geführt hat, führt Christus die Kirche auf ihrem irdischen Weg der Vollendung entgegen (Nr. 3). Auch hierfür nennt das Schema die Notwendigkeit des Petrusdienstes. Es verweist zusätzlich auf andere biblische Bilder (u.a. „Reich Gottes“, „Haus Gottes“, „Herde“, „Schafstall“) um dann in Nr. 4 das Bild des „mystischen Leibes Christi“ im Sinne von „Mystici Corporis“283 als das wichtigste zu bestimmen und näher auszuführen (Nr. 5–7). Der „Volk Gottes“-Begriff wird in Kapitel VI über die Laien wieder aufgenommen. Hier spricht das Schema über die Berufung der Laien zum Volk Gottes, ihre Zusammenarbeit mit dem Klerus (Nr. 20) sowie die Teilhabe am gemeinsamen Priestertum (Nr. 21).284 Zudem wird eine Definition der Laien gegeben: Sie sind die Mitglieder der Kirche, die durch die Taufe zum „Volk Gottes“ gehören, in der Welt zu Hause sind, nach den Regeln des christlichen Lebens leben und nicht zum Weihe- oder Ordensstand gehören (Nr. 22).285

Insbesondere im ersten Abschnitt des Schemas erscheint das „Volk Gottes“ als „passive Größe, das die Gnaden der Erlösung durch die kirchlichen Vorgesetzten erfährt“286. Die heilsrelevanten Funktionen werden den Amtsträgern zugeschrieben.287 In einer generell eher gesellschaftlich-juridischen Sicht der Kirche sind die heilsgeschichtlichen Anklänge in Nr. 1–2 kaum hörbar. Ebenso kommt die in Nr. 4 erwähnte Vielzahl biblischer Metaphern für die Kirche unter der Dominanz des „Leib Christi“-Bildes nicht zur Geltung. Das Kapitel über die Laien stellt sowohl dem Inhalt als auch dem theologischen Ansatz nach eine gewisse Neuerung dar.288 Trotz der Bemühungen um eine positive Bestimmung des Laienstandes und der Aufnahme des „Volk Gottes“-Begriffs, um die Gemeinschaft der Gläubigen zu beschreiben, geht „De ecclesia“ dennoch insgesamt von einer Unterordnung der Laien unter das geistliche Amt aus.289

Das Schema „De ecclesia“ trägt maßgeblich die Handschrift der römischen Schultheologen. Es orientiert sich in besonderer Weise an den ekklesiologischen und apologetischen Lehrschriften der vergangenen Jahrzehnte, vor allem an „Mystici Corporis“.290 Das Schema ist von Beginn an umstritten. Parallel zur Arbeit der Unterkommissionen erarbeitet das Sekretariat für die Einheit der Christen unter der Leitung Kardinal Augustin Beas eigene Gutachten zu zentralen Fragen des Konzils unter ökumenischem Gesichtspunkt. In den Texten des Einheitssekretariats findet sich, auch begünstigt durch die personelle Zusammensetzung291 dieser Einrichtung, ein alternativer, stärker biblisch fundierter, heilsgeschichtlicher und dialogoffener theologischer Ansatz.292 Der im April 1962 erarbeite Text zum Thema „Kirche“ spricht von dieser als „Mysterium“ und „Volk Gottes“ in der heilsgeschichtlichen Kontinuität zu Israel, das sich in der Kraft des Heiligen Geistes auf dem Weg zur Vollendung befindet. Mit Blick auf den ökumenischen Dialog geht das Dokument von einer bereits in der Taufe gelegten fundamentalen Einheit der Christen aus, die in den Charismen und Ämtern ihren strukturellen Ausdruck findet.293 In einer Stellungnahme zum Thema der Laien äußert sich das Einheitssekretariat zudem zugunsten einer positiven Neubewertung des gemeinsamen Priestertums als ein „wahres“ und nicht bloß metaphorisches Priestertum.294

Auch in der Diskussion der von der Unterkommission erarbeiteten Entwürfe melden sich bereits früh kritische Stimmen. So fordert Ignaz Backes bereits am 24. Januar 1961 die Theologische Kommission zur Ergänzung des Bildes vom „Leib Christi“ durch den Begriff „Volk Gottes“ auf, in ähnlicher Weise auch Michael Schmaus im Februar 1962.295 In der Vollversammlung der Zentralkommission äußert sich am 8./9. Mai 1962 der Unmut der Bischöfe über die vorgelegten ersten sechs Kapitel des Entwurfes.296 Diese Unzufriedenheit schlägt sich auch in den im Nachgang eingereichten Verbesserungsvorschlägen der Mitglieder nieder, die insgesamt 43 Seiten füllen.297 Aufgrund der knappen verbleibenden Zeit wird das kritisierte Schema „De ecclesia“ in der dafür zuständigen Unterkommission für Verbesserungen an einem einzigen Tag, dem 17. Juli 1962 der nochmaligen Revision unterzogen und dann an die zentrale Vorbereitungskommission weitergegeben. Diese bestätigt in so gut wie allen Punkten das vorhandene Schema.298 Bereits am 9. Juli werden die ersten vorbereitenden Schemata des Konzils an die Bischöfe geschickt.299 Das Schema „De ecclesia“ erreicht die Bischöfe erst in einem weiteren Versand am 23. November 1962, also nach der Eröffnung des Konzils.300

2.1.2 Die zweite Etappe: Kritik und Neufassung des Schemas

Bereits vor der Veröffentlichung und der Diskussion des Kirchenschemas auf dem Konzil, das sich zunächst seit dem 11. Oktober 1962 mit der Bildung seiner Struktur und dem Liturgie- und Offenbarungsschema befasst, kommt es im Kreis derer, die mit der Vorlage unzufrieden sind, zu reger Aktivität. Kardinal Suenens erteilt, wahrscheinlich auf Anregung des Kardinalstaatssekretärs Cicognani, am 13. oder 14. Oktober Gerard Philips den Auftrag zur Abfassung eines alternativen Entwurfes für eine zukünftige Kirchenkonstitution. Er soll diesen Entwurf mit Yves Congar und anderen Theologen seiner Wahl vorbereiten.301 Philips Idee ist es, eine Vorlage zu verfassen, in deren Mittelpunkt die Lehraussagen über die Bischöfe stehen. Um diese Aussagen herum sollen sich die weiteren ekklesiologischen Aussagen angliedern. Seine ersten Entwürfe stellt Philips bereits am 25. Oktober einer Gruppe ausgewählter Theologen vor. Nach einigen auf diesem Treffen eingefügten Korrekturen, wird der Text zur weiteren Bearbeitung zunächst dem Einheitssekretariat zugesandt.302

Philips’ Entwurf303 sieht im ersten Kapitel über das „Mysterium der Kirche“ einen eigenen Abschnitt über das „Volk Gottes“ vor. Aus dem Heilsratschluss Gottes versammelt Christus, der durch seine Inkarnation und seinen Tod die Erlösung der Menschen bewirkt, ein Volk (Nr. 1).

„Dies ist die Kirche Christi, die er sich durch sein Blut erworben hat (Apg 20,28), indem er uns liebt, von unseren Sünden reinwäscht, und er uns zu Königen und Priestern Gottes seines Vaters macht (Offb 1,5), zu einem auserwählten Volk („gens“), einem königlichen Priestertum, einem heiligen Volk Gottes („populus Dei sanctus“), so dass wir nach seiner Barmherzigkeit aus der Finsternis in das wunderbare Licht Gottes gerufen werden (1 Petr 2, 9–10), damit der Friede Christi auf Erden herrsche, während das Volk Gottes der Heimat entgegen pilgert.“ (Nr. 2)

Der zitierte 2. Artikel zeigt in Verbindung mit dem vorhergehenden bereits Merkmale einer gegenüber dem Vorbereitungsschema veränderten theologischen Ausrichtung.304 Außerdem wird in ihm die Arbeitsweise Philips’ deutlich. Der Artikel ist aus Material des Vorbereitungsschemas zusammengestellt305, steht auf biblischem Fundament, zeigt die heilsgeschichtliche Perspektive (göttliche Initiative, Kirche erwächst aus dem Christusmysterium, eschatologische Ausrichtung des „pilgernden Volkes“) sowie die Würde der Getauften im gemeinsamen Priestertum. Zudem wird durch die neu eingefügte „wir“-Form die Gemeinschaft der Kirche angesprochen und die Sendung der Kirche für das Wohl der ganzen Welt betont. Philips präsentiert auf der einen Seite bekanntes Material, verleiht diesem aber eine neue Dynamik bzw. Offenheit für eine theologische Weiterentwicklung.

Neben Philips werden auch weitere Theologen im Hinblick auf eine Überarbeitung bzw. Neufassung des Kirchenschemas aktiv. Edward Schillebeeckx fertigt Ende November 1962 ein kritisches Gutachten zu den in der zweiten Sendung vorgelegten Texten an. Seine Kritikpunkte an „De ecclesia“, ein Dokument, das ihm bis auf das von Philips verfasste Laienkapitel missfällt, beziehen sich u.a. auf die Einarbeitung einer mangelhaften biblischen Theologie in Bezug auf das Bild vom „Leib Christi“. Zudem fehlen dem niederländischen Theologen die Beschreibung der Kirche als „Sakrament“ sowie der Dimension ihrer geschichtlichen Pilgerschaft.306 Karl Rahner erstellt zum gleichen Zeitpunkt gemeinsam mit Otto Semmelroth ebenfalls eine grundsätzliche Kritik des Schemas, in der das Thema des „Volkes Gottes“ eine entscheidende Rolle spielt.307 Die Texte von Philips, Schillebeeckx und Rahner werden vervielfältigt und Synodenvätern zur Verfügung gestellt308, so dass sich zur Generaldebatte ab dem 1. Dezember 1962 die theologische Opposition zum Vorbereitungsschema bereits deutlich bemerkbar gemacht hat.309