Babaji - Von Herz zu Herz

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Neti Neti - Nicht dies, nicht jenes

Sita Rami, Amerika

Neti Neti - Nicht dies, nicht jenes. Sanskritworte, die das Unaussprechliche ausdrücken - das Absolute, das Transzendentale, das Göttliche, Gott. Wie oft habe ich erklärt, nicht über Babaji schreiben zu können. Er, der jenseits aller Worte und jenseits der kühnsten Vorstellungskraft steht. Die unerhörtesten Fantasien verblassen neben ihm. Offen gestanden, ich weiß nicht, wer er ist. Niemand kann ihn ergründen. Keine noch so treffenden Worte können ihn beschreiben. Worte sind beschränkt. Er aber ist grenzenlos. Dennoch möchte ich mit jenen, die dem Göttlichen gegenüber aufgeschlossen sind, die die Wahrheit in höchster Form, den Frieden, die Freiheit suchen, meine Erfahrungen mitteilen. Ich möchte ihnen seine Botschaft der Wahrheit, Einfachheit und Liebe, die ständige Wiederholung der Namen Gottes nahe bringen; diese seine Lehre, die, wie er sagte, Schutz vor Atombomben gewährt, die so einfach ist, die jedem Wesen innewohnt und die die Grundlage aller Religionen ist.

Mein erstes Wissen um Babaji erhielt ich durch Paramahansa Yoganandas "Autobiographie eines Yogi". Sie schildert Babaji als unsterblichen Meister, als Yogi-Christus Indiens, Shiva Mahavatar8 und "Menschwerdung Gottes", imstande, seinen physischen Körper durch Jahrhunderte hinweg zu erhalten, manchmal sichtbar, manchmal unsichtbar, stets für die Errettung und Erhöhung der Menschheit wirkend. Wer vermag es, unberührt zu bleiben von seiner Schönheit, Kraft, niemals endenden Liebe und Protektion seinen Schüler gegenüber. Wer vermag es, innerlich nicht nach ihm zu rufen, zumal Yogananda angibt: Spricht jemand Babajis Namen mit Ehrfurcht aus, so wird ihm sofortiger Segen zuteil."

Ich erinnere mich dann des Sehnens, das ich nach dem unsterblichen Meister aller Meister verspürte, dessen jugendlicher Körper, stark und schön, keine Anzeichen des Alterns zeigt, sondern einen wahrnehmbaren Glanz ausstrahlt. Niemals kam mir der Gedanke in jenen Tagen, dass ich jemals diesen Unvergleichlichen treffen könnte, der immer nur von Zeit zu Zeit erscheint und sich beliebig in Licht auflöst, dessen "unzerstörbarer Körper keiner Nahrung bedarf", der nur, wenn er es wünscht, von anderen gesehen und erkannt werden kann. Babaji war das fesselndste, verlockendste Gedankenkonzept, das sich mein suchender Geist ausdenken konnte. Obwohl ich niemals die Echtheit der Beschreibung von Yogananda bezweifelte, schien es mir unmöglich, jemals diesem göttlichen Wesen zu begegnen. Dieses mir unmöglich Erscheinende besänftigte den Aufruhr meines Herzen und die Erinnerung an seine Existenz versank schließlich ins Unbewusste. Ich glaube, dass das Verlangen nach ihm und die Erinnerung an ihn in all seiner Pracht in meinem subtilen Bewusstsein lebendig blieb, und mich keinen Frieden oder Befriedigung finden ließ. Ja, das glaube ich! Ich kann nicht sagen, ich wüsste es. Man kann die Wahrheit nur im Herzen finden, der Verstand kann diese Dinge niemals erfassen: sie sind jenseits des rationalen Denkens.

Viele Jahre nach der Lektüre der "Autobiographie eines Yogi" hörte ich, dass Babaji in einem physischen Körper in der Kumaon Region des Himalaya in Indien lebt. Ich zögerte keinen Augenblick, ihn aufzusuchen. Ich kündigte meine Stelle an einer Schule, in der ich Rechtswissenschaft lehrte. Vier Monate später befand ich mich auf meinem Flug nach Indien. Mein Geist berauschte sich an Gedanken und Geschichten über dieses reine Licht, das zum Wohle der Menschheit Fleisch geworden war. Auf dem Wege öffnete ich ein kleines spirituelles Tagebuch von Yogananda, das ich soeben erstanden hatte. Wie vollkommen doch seine Worte für diesen Tag waren:

"Weil Gott dich liebt, bin ich hier bei dir, um Dich heimzuholen, dahin, wo meine Geliebte ist, wo Krishna, Christus und Babaji..... und andere Heilige wohnen. Komm, so sagt Gott ‚alle erfreuen sich in mir. Keine weltlichen Freuden.... können sich mit den göttlichen Freuden meines Hauses messen.’ Es gibt nur eine Wirklichkeit, und das ist ER. Vergiss alles andere."

Ich erinnere mich deutlich an den ersten Fußmarsch zu Babajis Ashram entlang des Flusstals. Der heilige Gautama Ganga Fluss musste zehn bis zwölf Mal überquert werden, die weißen Flusssteine glänzten, das Wasser funkelte im Sonnenschein. Das Gefühl, endlich nach Hause zu kommen, berührte mich stark. Nichts war mir jemals vertrauter. Es schien, als ob jeder Ort, den ich liebte, sich hier als Teil eines Ganzen widerspiegelte. Nach unermesslich langer Zeit - es stellte sich heraus, dass es nur 1 1/2 Stunden waren - erblickte ich den Ashram, - die Tempel auf der anderen Flussseite - farbenprächtig aus dem goldenen Kailashberg, dem legendären Wohnsitz Shivas - als Silhouette gegen den blauen Himmel ragen. Auf der gegenüberliegenden Seite wurden oberhalb einer langen weißen Treppe winzige, rosa und weiße Gebäude sichtbar. Ein Märchenland! Dann hörte ich jemanden sagen: "Babaji kommt!" Mein Kopf berührte seine Füße...... an mehr erinnere ich mich nicht. Von diesem kurzen Moment an gibt es für mich im Leben nur noch eine Zeitrechnung: die Zeit vor und nach Babaji. Nichts anderes hat Bedeutung.

Es sind nun etliche Jahre, dass meine Augen sich zum ersten Mal an seiner Schönheit erfreuten, meine Ohren seiner melodischen Stimme lauschten, sein Lachen hörten, dass ich zuerst den unbeschreiblichen Wohlgeruch seiner physischen Präsenz wahrnahm. Unvergleichlich ist die Freude, ihn zu lieben, das Eintauchen der Gedanken in ihn. Sättigung erscheint unmöglich. Faszination ist in allem, was ihn betrifft.

Soll ich seine Schönheit beschreiben? Wie alles um ihn, fehlen dazu die Worte. Neti, Neti. Er ist wie ein Trugbild, wie Licht, wie eine Wolke. Solche Erscheinungen kann man nicht festhalten, sie vergehen. Außerdem verändert er sich... von Moment zu Moment... Was ist diese Schönheit? Obwohl man schaut und schaut, der Verstand kann seine Natur nicht ergründen. Wie einen Schal trägt er seine sterbliche Hülle, nur um sein Licht zu verbergen. Gebunden ist er an sie nicht. Nach seinem Willen verändert er sie. Dieses wird deutlich anhand der zahlreichen Fotografien seit seinem Erscheinen im Jahre 1970. Welch krasse Unterschiede!

Ein indischer Heiliger, Devara Dasimayya, beschreibt in einem Gedicht, das Famanatha9 gewidmet ist, Babajis illusorisches, undefinierbares Wesen:

Sind Brüste und langes Haar zu sehen,

so nennt man diese Erscheinung "Frau"

sind Barthaare und Stoppeln sichtbar,

so nennt man sie Mann

aber sieh, das Selbst, das zwischen beiden wohnt,

ist weder Frau noch Mann, Oh Ramanatha10.

Obgleich Babaji äußerlich den Körper eines Mannes trägt, lässt sich sein Aspekt der göttlichen Mutter nicht verleugnen. Beides ist in ihm, der Schöpfer vereint alles in sich: Gottvater, Gottmutter, das göttliche Wesen erhaben über alle menschlichen Eigenschaften. Oftmals wird ihm während der Andachten, die vor ihm zelebriert werden, ein Schal über den Kopf und die Schultern gelegt. Während er regungslos da sitzt, wird er mit Blumen bekränzt; und seine Erscheinung nimmt dann gänzlich die Form einer Göttin an. Der männliche Aspekt verwischt sich vollkommen und seine Schönheit - wie aus kostbarstem Marmor gemeißelt - ist außergewöhnlich.

Mahantiji, der zu seinen Lebzeiten Priester des Hanuman Tempels war, einer der Haupttempel in Delhi, wusste viele wundersame Geschichten zu erzählen, dass Babaji nicht an Zeit und Raum gebunden ist. Einmal reiste er mit Babaji von Vrindaban, dem Wirkungsort Krishnas, nach Madhuban. Im dortigen Ashram wurde Babaji Speise angeboten, die dieser segnete. Er gab die Anweisung, dass alle, die mit ihm gereist waren, zuerst essen sollten und die Dörfler nach ihnen. Diese Anweisung wurde in der herrschenden Aufregung nicht befolgt. Die Einheimischen drängten sich vor und nahmen die vorgesehenen Plätze ein. Als alle saßen, wurde eine Wolke am wolkenlosen, blauen Himmel sichtbar. Innerhalb weniger Minuten war alles in unmittelbarer Nähe durchnässt. Babaji lief - trotz des Regens - unterdessen mal hier, mal dort hin. Mahantiji, der ihm folgte, bemerkte auf einmal höchst erstaunt, dass Babaji nicht nass wurde. Als Babaji sich dann wieder auf seinen Sitz setzte, hatte er nicht einen Spritzer an sich, Mahantiji hingegen war von oben bis unten beschmutzt. An seinen Füßen, Beinen und an seiner Kleidung klebte der Matsch.

Der Name Shiva wird oft mit BABAJI in Verbindung gebracht. Shiva steht gleichbedeutend mit der Silbe OM. Shiva bedeutet Schöpfer des Universums, heilig und unendlich glücklich. Shiva wird als Gott ohne Gleichen angesehen. Er durchwandert diese Welt seit Schöpfungsbeginn in ein und derselben Gestalt zum Wohle der Menschheit. Er wird beschrieben als unveränderlich, ewig rein, eigenschaftslos, alles durchdringend, unendlich, als unsterbliche Essenz des Universums, universelles Selbst, als selbstleuchtendes Licht aller Lichter, als Verkörperung der Weisheit. Die Menschen sagen, dass BABAJI Shiva ist, der große Gott, Mahadev. Sein einziger Wunsch, so wird berichtet, ist, die Unwissenheit zu zerstören und das Licht leuchten zu lassen. Was BABAJI wirklich ist, was Shiva darstellt - vergeblich versucht man diese Dinge zu beschreiben - sie sind unergründlich.

Wie:

Ein Schatz, verborgen im Erdreich

Geschmack in einer Frucht

Gold in einem Felsen

und im Samen.

Niemand kennt die Wege des Herrn.

Weiß wie Jasmin11.

Ich selbst habe ihn mit meinen physischen Augen als Shiva gesehen. Er hatte eine bläuliche Haut, sein geflochtenes Haar türmte sich auf seinem edlen Kopf und aus seinen Mandelaugen strömte äußerste Glückseligkeit. Ein andermal sah ich ihn als Hanuman, den verehrten affengesichtigen Gott, der als Shivas Manifestation angesehen wird. Hanuman, der seinen Anhänger alle Wünsche erfüllt, der Rama und Sita, seiner Gemahlin, tief ergeben ist, dessen vollkommene Hingabe seit langem mein Ideal ist. Bei anderer Gelegenheit sah ich Babajis Antlitz zu dem meiner Mutter werden. Diese tiefgreifenden Erlebnisse sind unvergleichbar und verdeutlichen die Schwierigkeit, ihn zu beschreiben.

 

Unser begrenztes Bewusstsein bemerkt eine außergewöhnlich hohe und breite Stirn. Sein schwarzes Haar, gewellt und glänzend, erinnert an die Wellen des heiligen Ganges Flusses, der - so wird gesagt - um die Erde nicht durch seine Kraft zu zerstören, durch Shivas Haare herniederströmt. Seine dunklen Augen leuchten, lächeln aus einer Tiefe voller Glückseligkeit und scheinen das Universum widerzuspiegeln. Manchmal habe ich das Gefühl, als schaute ich den Himmel von einem hohen Berg in einer klaren, mondlosen Nacht. Ich habe Babaji aufbrausend in Stimme und Gebärde erlebt, dennoch war er nichts als Sanftmut, Mitgefühl und Liebe. In seinen wunderschönen Augen spiegelt sich der Ozean des Friedens wider. Seine Nase, zart dennoch kräftig, vibriert sanft und erinnerte mich oftmals an die ungestüme Energie und Freude eines jungen Fohlens. Sein Mund, wie auch alles andere in seinem Antlitz, ist von ausgesprochener Schönheit. Sein volles Gesicht ähnelt dem der Sonne.

Ich liebe den wunderschönen Einen,

denn er kennt keinen Tod,

Verfall oder Gestalt,

keine Himmelsrichtung und keinen Ort,

kein Ende oder Geburtsmerkmal.

Ich liebe ihn, Oh Mutter. Lausch!

Ich liebe den wunderschönen Einen,

denn er kennt weder Grenzen noch Furcht,

keine Sippschaft, kein Land,

Nichts besitzt er außer seiner Schönheit!

Sein Körper ist breit, manchmal sogar stämmig. Zu Zeiten scheint er die Erde in seinem Leib zu tragen. Einmal sagte er einem Schüler, er enthalte fünf Babys. Jemand erklärte die Bedeutung dieser Worte: die ganze Schöpfung besteht aus den fünf Elementen: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Ein anderer machte die Erfahrung, in Babajis Leib einzudringen. Er sah darin das ganze Universum enthalten.

Trotz seiner Fülle sind seine Bewegungen graziös. Wenn er läuft - oftmals trägt er einen Stab - scheinen seine Füße den Erdboden nicht zu berühren. Zu Zeiten hinterlässt er keine Fußabdrücke. Als er einmal auf eine Waage stieg, zeigte sie fünfundsiebzig Kilo an. Dennoch trägt er sein Gewicht als sei es eine Feder, und seine Füße scheinen beflügelt zu sein. Schwebend läuft er die Hügel hinauf. Einige Schüler, die ihn getragen haben, erzählen, dass er fast nichts wiegt. Ein Buch in Hindi beschreibt die kosmische Bedeutung eines jeden seiner Körperteile. Es scheint, dass selbst die kleinste seiner Gebärden den ganzen Kosmos beeinflusst. Wenn er beim Lachen seinen Kopf zurückwirft oder in Zustimmung zu einer Frage bejahend nickt, füllt sich das Herz eines jeden mit tiefer Liebe zu ihm.

Seine Gegenwart strömt einen einzigartigen Duft aus. Einige sagen, er sei moschusartig. Ich selbst konnte diesen Duft noch nie definieren. Er durchdringt alles, was Babaji benutzt, seinen Schal, sein Kopfkissen. Ein Schüler, bei dem Babaji mehrere Tage in Delhi weilte, erzählte mir, dass dieser Duft noch nach sechs Monaten in dem Raum spürbar war, selbst für jene bemerkbar, die nichts von ihm oder seinem Besuch wussten. Eines Tages, als ich das Gelände vor Babajis Raum in Haidakhan säuberte, verspürte ich seinen typischen Duft. Verwundert hielt ich in der Arbeit inne: seit zwei Monaten war Babaji auf Reisen.

Dieses Juwel der Schöpfung, dieser reinste Ozean der Liebe, warum hat er sich verkörpert? Die wahre Natur Babajis wird den weltlich Orientierten wohl für immer verborgen bleiben. Dennoch offenbart sich Gott, wenn auch nur wenigen. Für diese ist er auf Erden erschienen. Und hier ist, was er ihnen zuruft:

"Ich bin überall, in jedem deiner Atemzüge. Ich bin gekommen, damit du die Einheit jenseits der Vielheit erkennst. Ich werde dir eine nie erahnte Freiheit zeigen. Erkenne, dass alles Eins ist und suche Harmonie in allem, was du tust. Ich bin Harmonie. Bist du in Frieden, so bin auch ich in Frieden, drücken dich Sorgen, so drücken sie auch mich. Bist du glücklich, so bin auch ich glücklich! Glaube! Alles hängt vom Glauben ab."

Babaji war gekommen, um den Menschen das Leid zu nehmen, ihr Herz und ihren Geist zu wandeln, um sie auf das kommende goldene Zeitalter der Wahrheit vorzubereiten. Seine Lehren dringen aus der Tiefe seiner unendlichen Barmherzigkeit und Liebe hervor. Seine Lehre, so einfach, so machtvoll, imstande alle Sünde der Welt aufzulösen, so natürlich dem Innersten eines jeden entsprechend, ist das Prinzip einer jeden edlen Weltanschauung.

Dreifach ist seine Lehre :

Lebe ein Leben in Wahrheit, Einfachheit und Liebe. Denke stets an Gott, indem du ständig seinen Namen wiederholst.

Obgleich Babaji die Wiederholung eines jeden Namen Gottes lehrte, so lehrte er speziell das Mantra OM NAMAH SHIVAY. Dieses, so sagte er, sei das höchste Mantra. Es bedeutet in etwa: Dein Wille, oh Herr, geschehe. Rezitiere es ständig. Es reinigt den Geist und das Herz. Gott kann nur in einem gereinigten Herzen wohnen.

Verrichte Karma Yoga, Gott geweihte Arbeit. Arbeite zum Wohle der Menschheit, gib ihr alles, deine ganze Kraft und Energie. Müßiggang ist der Tod auf Erden, die Brutstätte allen Übels. Durch Gott geweihte Arbeit wird man Eins mit dem Schöpfer.

Möge sie jeder beherzigen.



Begegnungen in Haidakhan

Ilse Falk, Österreich

Im österreichischen Rundfunk schilderte Ilse Falk ihre Eindrücke anlässlich eines Besuches in Haidakhan, die unter dem Titel "Begegnungen in Haidakhan" zusammengefasst sind. Den Wortlaut der Sendung einschließlich des Original Interviews möchten wir hier abdrucken:

Wir erleben eine morgendliche Feierstunde in Haidakhan, einem Ashram im Norden Indiens, eine Tagesreise nordöstlich von Delhi im Vorgebirge des Himalaya. Haidakhan ist der Ashram jenes Meisters vom Himalaya, der von seinen Schülern und Anhängern einfach Babaji, verehrter Meister, genannt wird, und als Inkarnation des Gottes Shiva gilt, im Hinduismus der große Zerstörer des Alten und Wegbereiter des Neuen. Paramahansa Yogananda spricht in seiner "Autobiographie eines Yogi", einem in der westlichen Welt viel gelesenen Buch, von Babaji als dem großen Führer der Menschen im Verborgenen, der seit Menschengedenken im Himalaya lebt. Von Zeit zu Zeit erscheint er, wie Yogananda schreibt, in menschlicher Gestalt. Im Juni 1970 erschien Babaji in einer Höhle am Fuße des Berges Kailash im Himalaya um, wie seine Anhänger glauben, in einer Zeit des Umbruchs an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter, den Menschen den Weg zu weisen.

Bis Babaji am 14. 2. 84 starb, oder, wie es in Indien heißt, seinen Körper verließ, lehrte er seine Anhänger die zeitlose Botschaft von Einfachheit, Liebe und Wahrheit, die Essenz aller Religionen. Eine Veränderung dieser Welt, die am Rande des Abgrunds stehe, so seine Lehre, sei nur durch eine Wandlung im Bewusstsein jedes Einzelnen möglich. Friede und Heilung im Herzen des Einzelnen brächten auch der Welt Frieden und Heilung. Uneigennützige Arbeit und Hingabe sei der einfachste und schnellste Weg, um zur Vereinigung mit dem göttlichen Prinzip, mit der Urkraft des Universums, zu gelangen. Jede Antwort ist in dir, lehrte er, und mit Arbeit, Disziplin und Hingabe ist jedes Ziel zu erreichen. Menschen, die Babaji in den Jahren seines Wirkens in Haidakhan besuchten, berichten davon, dass sich ihre Einstellungen zum Leben, und ihr Leben selbst durch die Begegnung mit ihm verändert hat.

Ich selbst hatte Yoganandas "Autobiographie eines Yogi" auch gelesen und Berichte von Menschen gehört und gelesen, die Haidakhan besucht hatten, als Babaji dort lebte. Dadurch entstand in mir der Wunsch, auch an diesen Ort zu gelangen, um eine Zeitlang inne zu halten, um ein paar Wochen wenigstens in Stille und Abgeschiedenheit zu leben.

Im letzten Winter war es denn soweit. Ich hatte Urlaub bekommen, einen Flug nach Delhi gebucht und einen Brief in der Tasche, der mir den Weg weisen sollte. Von der Bus-Endstation Dam Site geht es dann zu Fuß weiter, zwei bis drei Stunden durch das Flusstal des Gautama Ganga. Dies war die Stelle in meinem Brief, die mich am meisten beschäftigte. In Tag- und Nachtträumen sah ich mich schon durch ein sonniges stilles Tal gehen und Friede und Freude empfinden. Und so war es dann auch. Begleitet von einem Inder, zierlicher und kleiner als ich selbst, der sich mein ganzes Gepäck auf die Schultern geladen hatte und mit dem ich mich nicht verständigen konnte, weil ich kein Hindi, und er kein Englisch sprach, wanderte ich durch ein sonniges und stilles Tal. Die Luft war frisch, und die Sonne wärmte meine wintermüden Glieder. Nur das Rauschen des Flusses und Zwitschern der Vögel war zu hören. Acht oder zehn Mal mussten wir den Fluss durchwaten. Das eiskalte Wasser ging mir an manchen Stellen bis zum Oberschenkel, und ich musste aufpassen, in der starken Strömung nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Mit jedem Schritt, den ich vorwärtskam, stieg meine Erwartung, und es überkam mich ein nie gekanntes Gefühl von Friede und Freude.

Anfang Februar ist eine ruhige Zeit in Haidakhan. Die meisten Gäste, die zum groß gefeierten Weihnachtsfest gekommen waren, sind wieder abgereist und jene Besucher, die zum Frühlingsfest erwartet werden, sind noch nicht da. Als ich in Haidakhan ankam, waren außer den immer hier lebenden Indern, vielleicht vierzig westliche Besucher im Ashram. Ashram wird in Indien die Wohnung, Lehrstätte eines Heiligen genannt, wo er mit seinen Schülern lebt und meditiert. Der Haidakhan Vishwa Mahadam, was etwa "Größter Kraftort des Universums" bedeutet, liegt auf einem Hügel über dem Gautama Ganga. 108 hohe Stufen führen vom heiligen Fluss hinauf zu dem 1840 erbautem Shivatempel. In den Siebziger Jahren, als Babaji hier wirkte, wurde die Anlage ausgebaut und rund um den Tempel mehrere Gebäudes als Unterkunft für Besucher und Schüler errichtet. Auch ein Hospital und eine Schule gehören heute zum Ashram. Für die Einheimischen sind diese Einrichtungen kostenlos. So ist der Ashram nicht nur ein spirituelles Zentrum, sondern hat auch eine wichtige soziale Funktion für die Bevölkerung.

Auf der anderen Seite des Flusstales befindet sich eine Höhle, die als die Geburtsstätte des Gottes Shiva gilt. In dieser Höhle wurde im Juni 1970 Babaji von einem indischen Brahmanen gefunden. Durch Traumvisionen war er zu diesem Platz am Fuß des Kurmanchal Kailash geleitet worden, wo er, wie berichtet wird, einen jungen Sadhu, einen indischen Heiligen, von vollkommener Schönheit vorfand, der wochenlang unbewegt in strenger Yogahaltung meditierte. Schließlich gab er sich als Inkarnation, als Wiederverkörperung des legendären Babaji zu erkennen, dessen Wiederkehr für diese Zeit in den Schriften für Anfang des 20. Jahrhunderts vorausgesagt worden war. Babaji hat fast 14 Jahre an dieser Stelle gewirkt. Heute wird der Ashram von Schülern geführt, und nach wie vor von Menschen aus aller Welt besucht. Was mich an diesem Platz besonders stark beeindruckte, war die Begegnung mit Menschen, die Babaji persönlich begegnet sind und mir davon erzählten. Dazu gehört Kamalata, eine junge Frau aus Deutschland, die mit ihren beiden noch nicht schulpflichtigen Söhnen schon den ganzen Winter hier zugebracht hatte. Sie erzählt:

"Ich hatte überhaupt nichts mit spirituellen Dingen am Hut. Ich habe nicht an Gott geglaubt, ich habe keine Erleuchtung gesucht. Ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll, ich war eigentlich irgend wie nur total frustriert am Leben, und ich konnte den Sinn nicht finden. Ich hatte studiert und das schien nicht meine richtige Wahl zu sein, denn ich wollte diesen Beruf nicht ergreifen. Ich wollte auch nicht heiraten, etc. und dann habe ich unbewusst die Frage ans Universum gestellt: "Wozu dieses ganze Leben überhaupt?" Dafür hat die christliche Kirche ja auch keine Antwort. Warum leben, wenn es nur dieses eine Leben gibt? Und dann bin ich in meiner Verzweiflung, die auch bis zum Selbstmordversuch ging, auf das Rebirthing gestoßen."

Der Amerikaner Leonard Orr hat diese Methode des bewussten Atmens entwickelt und "Rebirthing" genannt, was sinngemäß "neugeboren werden" heißt. Verbunden mit lebensbejahendem Denken ist es eine Möglichkeit, die Kraft seines innersten Wesens zu entdecken und sich mit ihr zu verbinden. So können alte Ängste und eingefahrene Verhaltensmuster erkannt und aufgelöst werden. Bei einem Seminar in Deutschland traf Kamalata mit Leonard Orr zusammen.

 

"Er hatte von Babaji erzählt und hat immer wieder gesagt: "Großer Yogi im Himalaya". Das war wie eine große Märchenfigur, die man nie finden kann als normaler Mensch, wo man nie hinkommt.... Irgendwie unerreichbar, wo man seinen Weg nicht hinlenken kann. Und dann habe ich aber die "Autobiographie eines Yogi" gelesen, die ich schon vorher einmal zu lesen versucht hatte, vor vier, fünf Jahren, und da war ich bis Seite zwanzig gekommen und hatte sie weggelegt, ja, und jetzt hatte ich sie gelesen, und sie in drei Tagen verschlungen, einfach ohne Pause. Und dann hab ich gedacht, so ein Leben möchte ich leben. So hautnah mit Gott möchte ich leben. Plötzlich war Gott für mich eine Realität. Wenn er so auftreten kann im Leben, dass man sich in jeder Frage an ihn wenden kann, dass man mit den Menschen über ihn reden kann usw. So ein Leben wollte ich dann plötzlich leben.

Auf diesem Training über Weihnachten war Leonard Orr mit zehn Leuten, mit denen er anschließend nach Indien fahren wollte. Mir klingelten natürlich die Ohren. Unbewusst war in mir der Wunsch hinzufahren, obwohl ich irgendwie gedacht habe ... nie! Wer bin ich denn? Nie komme ich je dahin! Ich hatte auch noch den Satz im Kopf aus der "Autobiographie eines Yogi", wo er sagt: Du findest deinen Guru nicht. Dein Guru holt dich. Du kannst nicht losgehen und ihn suchen, er holt dich, wenn es Zeit ist für dich."

Im Seminar mit Leonard Orr wurde paarweise in der Gruppe geatmet. Kamalata hatte mit einem älteren Mann zu arbeiten.

"Ich war mit jemandem in der Gruppe, den ich auf den Tod nicht ausstehen konnte, und der mir so widerlich war, dass ich es kaum schildern kann. Alle Haare standen mir zu Berge, und mit dem musste ich zusammenarbeiten. Da lag dieser Mensch nun, ein älterer Mann, und da habe ich gedacht: Was kannst du ihm geben? Wenn du ihm sagst, wie er atmen soll, das nimmt er ja sowie so nicht an. Und dann war mir auf einmal glasklar, dieser Mensch braucht einfach Liebe. Und wie ich den Gedanken hatte, kam plötzlich so eine Kraft durch mich durch, wie von oben, rein in mich und aus meinem Herzen wieder raus. Und dann hab ich ihn in den Arm genommen und zwei Minuten so gehalten und da habe ich also wirklich zum ersten Mal in meinem Leben mein Herz gespürt wie es sich öffnete und wie da wirklich etwas durch mich durchströmte und was eigentlich nicht von mir war. Na ja, dann war's gut. Ich habe ihn wieder losgelassen, bin aufgestanden, wortlos hinuntergegangen und habe unten meinen Kaffee getrunken. Und wie ich da so saß, kommt er nach einer halben Stunde auf einmal hinunter, zieht seinen Stuhl neben mich heran und sagt: "So. Du willst also auch nach Haidakhan fahren!" Da wusste ich, dass das eine Einladung war. Ich hatte puddingweiche Knie und sagte: "Oh, man muss doch schreiben und vorher fragen, ob man kommen darf." Und da sagt er, er hätte irgendwie eine innere Verbindung und Babaji wollte, dass ich komme... und er solle mir das Flugticket bezahlen. Ich sollte mit ihm zur Bank gehen, er würde mir einen Scheck geben und dann könnte ich gleich meinen Flug buchen. Sie würden übermorgen fahren und ich könnte ja dann sehen, dass ich schnell nachkommen würde."

Kamalata flog nach Delhi, und traf dort in ihrem Hotel auf einen Amerikaner, der auch nach Haidakhan wollte, den Weg schon kannte und mit ihr weiterreiste.

"Mittags kamen wir dann in Haidakhan an. Es war auf einmal wie wenn ich nach Hause komme, wie wenn ich schon immer hier gewesen war. Es war die Jahreszeit wie jetzt, Frühling, das war wie ein Magnet am Ende, der einen total zieht. Dieser Gang über den Fluss, das kam mir vor wie Ewigkeiten. Es war wie, wirklich, wie wenn du auf das himmlische Tor zugehst, was die innere Spannung anbetrifft."

Und dann die Begegnung mit Babaji im Ashram.

"Er guckte uns so ganz lieb an. Wir sollten uns dann neben ihn setzen. Er hatte dann erst eine große Konversation mit dem Amerikaner angefangen, mit dem ich gekommen war. Ich dachte: "Kein Wunder, du bist ja hier auch 'ne Null sozusagen, was soll er sich auch mit dir unterhalten." Also, mein eigenes Spiel, was ich immer spiele. Erst hat er sich mit meinem Begleiter groß und breit unterhalten, und dann hat er ihn fortgeschickt. Da saß ich nun ganz allein da und dachte: "Was kommt denn nun, was mach ich denn hier?" und hatte auch schon eine gewisse Angst. Dann sagt er plötzlich etwas in Hindi zu mir. Ich dachte: Was er wohl gesagt hat, und da wiederholt er es in Englisch und sagt: "You very beautiful", so ganz langsam. Das war, ich kann es gar nicht beschreiben, ein wunderbarer und heilsamer Schock, ich hab es gar nicht in Gedanken fassen können in dem Moment, aber, wenn ich es im Nachhinein betrachte, war es, wie wenn ich wirklich dem begegnet bin, wonach ich mich mein Leben lang gesehnt hatte. Einfach, dass mich jemand erkennt als das, was ich bin. Nicht die komische Marion die soundso aussieht, und das und das macht, und jene Fehler hat, oder solche Vorzüge, sondern wie, wenn einer mir direkt ins Herz guckt und direkt ins Herz spricht, und das anspricht, was ich wirklich bin und was ich irgendwie immer gewusst hab, dass ich es bin, ohne, dass mir bewusst gewesen wäre, was ich immer gefühlt hab und wonach ich mich immer gesehnt habe.

Die eigentliche Arbeit fing dann erst an. Er hatte seinen Angelhaken in mein Herz gehängt und damit war ich hier "gefangen". Die Güte und Liebe, die er ausgestrahlt hat, die kann man auch gar nicht beschreiben."

Babajis Ashram war schon zu seinen Lebzeiten keine Zufluchtstätte für zivilisationsmüde Aussteiger. Die Zeit, die man bleiben durfte, war begrenzt. "You leave tomorrow" 12 war eine gefürchtete Anweisung.

Und wie ging Kamalatas Leben weiter?

"Es hat einfach neu angefangen. Was ich bis dahin gelebt hatte, war abgeschnitten. Ich hatte Zahnmedizin studiert. Man musste ja dann zurück. Er bestimmte, wie lange man bleiben durfte. "You leave tomorrow", das war natürlich wie der Hammer und dann musstest du dich damit auseinandersetzen, was kommt nun wieder auf mich zu, was muss ich da wieder machen. Natürlich war es schwer, wieder in die Welt einzusteigen mit dem, was du hier geschenkt gekriegt hattest und auch mit den neuen Inhalten, die du hier gelernt hattest. Wie solltest du die wieder mit in die Welt nehmen und sie dort umsetzen? Ja, und als ich dann wieder zu hören kriegte: "You leave tomorrow", da war es auf einmal, wie als wenn jemand den Gedanken in mein Hirn getan hätte: So, jetzt gehe ich nach Hause und arbeite mit meinem Vater in der Praxis zusammen als Assistent. Das wäre für mich früher undenkbar gewesen. Meinen Vater hätte ich am liebsten früher an den Nordpol gewünscht. Ich wusste aber auch, dass dieses eine große Sehnsucht von ihm war. Für mich war es eigentlich die größte Überwindung, die ich mir vorstellen konnte. Ich bin also zu ihm, habe mit ihm gearbeitet. Es war unheimlich schwer, und als ich daraufhin das nächste Mal nach Haidakhan fuhr, starb mein Vater fünf Tage später. Die Todesnachricht erreichte mich gar nicht, weil ich gerade unterwegs war. Mit Babaji hat sich unsere Beziehung auch geklärt. Mein Vater hat mir gesagt, er würde auch auf seine Weise an Babaji glauben. Seine letzten Worten an mich waren: "Jetzt wünsche ich dir nur noch, dass du einmal einen guten Mann findest."

Drei Wochen, nachdem ich hier ankam, hat mich Babaji verheiratet! Da fragte mich Babaji eines Tages: "Can you marry Dr. Martin tomorrow? You marry Dr. Martin. Possible?"13 waren seine genauen Worte. Ja, da saß ich nun. In mir war kein Gedanke, es war nur Freude, unbändige Freude. Ich hab nicht eigentlich gedacht: Oh, wie schön oder oh, wie schrecklich. Ich hab mich nur gefreut, dass er mich das gefragt hat."