Autobiografie von Alice B.Toklas

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Es war etwa zu der Zeit dass Gertrude Steins Bruder eines Tages zufällig die Gemäldegalerie von Sagot entdeckte, einem ehemaligen Zirkusclown der etwas weiter die Rue Lafitte hinauf einen Bilderladen hatte. Hier entdeckte er, Gertrude Steins Bruder, die Gemälde von zwei jungen Spaniern, der eine, dessen Namen jeder vergessen hat, der andere, Picasso. Die Arbeiten der beiden interessierten ihn und er kaufte ein Aquarell von dem Vergessenen, eine Kaffeehausszene. Sagot schickte ihn auch in ein kleines Möbelgeschäft wo einige Bilder von Picasso gezeigt wurden. Gertrude Steins Bruder war interessiert und wollte eins kaufen und erfragte den Preis aber der geforderte Preis war beinahe so hoch wie für einen Cézanne. Er ging zurück zu Sagot und erzählte es ihm. Sagot lachte. Er sagte, schon gut, kommen Sie in wenigen Tagen wieder und dann werde ich ein großes haben. In wenigen Tagen hatte er ein großes und es war sehr preiswert. Wenn Gertrude Stein und Picasso von jenen Tagen erzählen sind sie nicht immer einer Meinung über das was geschah aber ich denke in dem Fall sind sie sich einig dass der geforderte Preis einhundertfünfzig Francs war. Das Bild war das heute berühmte Gemälde von einem nackten Mädchen mit einem Korb voll roter Blumen.

Gertrude mochte das Bild nicht, sie fand etwas eher Erschreckendes in der Art wie Beine und Füße gezeichnet waren, etwas das sie abstieß und schockierte. Sie und ihr Bruder stritten beinahe über das Bild. Er wollte es und sie wollte es nicht im Hause haben. Sagot der ein wenig von der Diskussion mitbekam sagte, aber das macht nichts wenn Sie die Beine und Füße nicht mögen ist es sehr leicht sie zu guillotinieren und nur den Kopf zu nehmen. Nein das ginge nicht, darin waren sich alle einig, und nichts war entschieden.

Gertrude Stein und ihr Bruder waren weiterhin sehr uneinig in dieser Angelegenheit und sie waren sehr verärgert übereinander. Schließlich kam man überein dass weil er, der Bruder, es so unbedingt wollte sie es kaufen würden, und auf diese Weise wurde der erste Picasso in die Rue de Fleurus gebracht.

Es war etwa um diese Zeit dass Raymond Duncan, der Bruder von Isadora, ein Atelier in der Rue de Fleurus mietete. Raymond war gerade von seiner ersten Reise nach Griechenland zurückgekehrt und hatte ein griechisches Mädchen und griechische Kleider mitgebracht. Raymond kannte Gertrude Steins älteren Bruder und seine Frau aus San Francisco. Damals fungierte Raymond als Impresario für Emma Nevada die auch Pablo Casals den Cellisten bei sich hatte, der damals ziemlich unbekannt war.

Die Duncan-Familie war seinerzeit in der Omar-Kayyám-Phase, sie machten noch nicht auf griechisch. Sie hatten später auf italienische Renaissance gemacht, aber jetzt machte Raymond vollkommen auf griechisch und dies schloss ein griechisches Mädchen ein. Isadora verlor ihr Interesse an ihm, sie fand das Mädchen eine zu moderne Griechin. Jedenfalls war Raymond damals restlos blank und seine Frau war schwanger. Gertrude Stein gab ihm Kohlen und einen Sessel in dem Penelope sitzen konnte, die Übrigen saßen auf Umzugskisten. Sie hatten noch eine Freundin die ihnen half, Kathleen Bruce, ein sehr schönes, sehr athletisches englisches Mädchen, eine Art Bildhauerin, sie heiratete später und wurde die Witwe des Entdeckers des Südpols, Scott. Sie hatte damals auch keine nennenswerten Geldmittel und sie pflegte die Hälfte ihrer Mahlzeit allabendlich Penelope zu bringen. Schließlich hatte Penelope ihr Baby, es wurde Raymond genannt weil sie als Gertrude Steins Bruder und Raymond Duncan gingen um es eintragen zu lassen noch nicht über einen Namen nachgedacht hatten. Jetzt wird er gegen seinen Willen Menalkas genannt aber er wäre vielleicht erfreut wenn er wüsste dass er von Rechts wegen Raymond heißt. Aber das ist ein anderes Thema.

Kathleen Bruce war eine Bildhauerin und sie lernte gerade Kinderfiguren zu modellieren und sie bat eine Figur von Gertrude Steins Neffen machen zu dürfen. Gertrude Stein und ihr Neffe gingen zu Kathleen Bruces Atelier. Dort trafen sie, eines Nachmittags, H. P. Roché. Roché war eine jener Gestalten die überall anzutreffen sind in Paris. Er war ein sehr ernsthafter, sehr vornehmer, anhänglicher, sehr treuer und sehr begeisterungsfähiger Mann der alle miteinander bekannt machte. Er kannte alle, er kannte sie wirklich und er konnte jeden mit jedem bekannt machen. Er wollte Schriftsteller werden. Er war groß und rothaarig und er lebte bei seiner Mutter und seiner Großmutter. Er hatte schon sehr viele Dinge getan, er war in die österreichischen Berge gegangen mit den Österreichern, er war nach Deutschland gegangen mit den Deutschen und er war nach Ungarn gegangen mit Ungarn und er war nach England gegangen mit den Engländern. Er war nicht nach Russland gegangen obgleich er in Paris mit Russen zusammengewesen war. Wie Picasso immer von ihm sagte, Roché ist sehr nett aber er ist nur eine Übersetzung.

Später war er oft in der Rue de Fleurus 27 mit verschiedenen Nationalitäten und Gertrude Stein mochte ihn ziemlich gern. Sie sagte immer von ihm er sei so treu, vielleicht brauche man ihn nie wiederzusehen aber man wisse dass irgendwo Roché treu sei. Er bereitete ihr tatsächlich in den ersten Tagen ihrer Bekanntschaft eine große Freude. Three Lives, Gertrude Steins erstes Buch, wurde damals gerade geschrieben und Roché der Englisch lesen konnte war sehr beeindruckt davon. Eines Tages sagte Gertrude Stein etwas über sich selbst und Roché sagte gut gut hervorragend das ist sehr wichtig für Ihre Biografie. Sie war schrecklich gerührt, es war das erste Mal dass sie wirklich begriff dass sie eines Tages eine Biografie haben würde. Es ist anzunehmen dass Roché obgleich sie ihn jahrelang nicht gesehen hat irgendwo wahrscheinlich absolut treu ist.

Doch zurück zu Roché in Kathleen Bruces Atelier. Sie alle sprachen von diesem und jenem und Gertrude Stein erwähnte zufällig dass sie gerade ein Bild bei Sagot gekauft hätten von einem jungen Spanier namens Picasso. Gut gut großartig, sagte Roché, er ist ein sehr interessanter junger Mann, ich kenne ihn. Oh wirklich, sagte Gertrude Stein, gut genug um jemanden zu ihm mitzunehmen. Und ob, sagte Roché. Nun gut, sagte Gertrude Stein, ich weiß mein Bruder ist sehr darauf aus seine Bekanntschaft zu machen. Und auf der Stelle wurde ein Termin vereinbart und kurz darauf besuchten Roché und Gertrude Steins Bruder Picasso.

Schon sehr bald danach begann Picasso das Porträt von Gertrude Stein, das heute so sehr bekannt ist, aber wie es wirklich dazu kam darüber sind sich alle nicht recht im Klaren. Ich habe Picasso und Gertrude Stein oft darüber sprechen hören und keiner von beiden kann sich daran erinnern. Sie können sich an das erste Mal erinnern dass Picasso in der Rue de Fleurus zu Abend aß und sie können sich an das erste Mal erinnern als Gertrude Stein ihm für ihr Porträt saß in der Rue Ravignan aber dazwischen ist eine Lücke. Wie es dazu kam wissen sie nicht. Nie hatte jemand Picasso gesessen seit er sechzehn Jahre alt war, er war jetzt vierundzwanzig und Gertrude Stein hatte nie daran gedacht sich porträtieren zu lassen, und keiner von beiden weiß wie es dazu kam. Auf alle Fälle kam es dazu und sie saß ihm für das Porträt neunzigmal und viel geschah während jener Zeit. Doch zurück zu den Anfängen.

Picasso und Fernande kamen zum Abendessen, Picasso war in jenen Tagen, wie sich eine liebe Freundin und Schulkameradin von mir, Nelly Jacott, ausdrückte, ein gut aussehender Schuhputzer. Er war schlank dunkelhaarig, lebhaft mit großen Augentümpeln und einer heftigen aber nicht groben Art. Er saß neben Gertrude Stein beim Abendessen und sie griff nach einem Stück Brot. Dies, sagte Picasso, und entriss es ihr gewaltsam, dies Stück Brot ist meins. Sie lachte und er sah verlegen aus. Das war der Anfang ihrer Vertrautheit.

An jenem Abend holte Gertrude Steins Bruder eine Mappe japanischer Holzschnitte nach der anderen hervor um sie Picasso zu zeigen, Gertrude Steins Bruder hatte eine Vorliebe für japanische Holzschnitte. Picasso betrachtete feierlich und folgsam einen Holzschnitt nach dem anderen und hörte den Beschreibungen zu. Er flüsterte Gertrude Stein zu, er ist sehr nett, Ihr Bruder, aber wie alle Amerikaner, wie Haviland, zeigt er einem japanische Holzschnitte. Moi j’aime pas ça, nein mir sagen sie nichts. Wie gesagt Gertrude Stein und Pablo Picasso verstanden einander auf Anhieb.

Dann war da die erste Sitzung. Das Atelier von Picasso habe ich schon beschrieben. In jenen Tagen war da sogar noch mehr Unordnung, mehr Kommen und Gehen, mehr rotglühendes Feuer im Ofen, mehr Kochen und mehr Unterbrechungen. Da war ein großer zerbrochener Sessel worin Gertrude Stein saß. Da war ein Sofa wo jeder saß und schlief. Da war ein kleiner Küchenstuhl auf dem Picasso saß beim Malen, da war eine große Staffelei und da waren viele sehr große Leinwände. Es war kurz vor dem Ende der Harlekin-Periode als die Leinwände riesig waren, die Figuren auch, und die Gruppen.

Da war ein kleiner Foxterrier mit dem etwas los war und der schon beim Tierarzt war und wieder dorthin gebracht werden sollte. Kein Franzose und keine Französin sind so arm oder so gefühllos oder so geizig als dass sie nicht ständig ihren Liebling zum Veterinär bringen könnten und es auch tun.

Fernande war wie immer, sehr groß, sehr schön und sehr liebenswürdig. Sie erklärte sich bereit La Fontaines Geschichten vorzulesen um Gertrude Stein zu unterhalten während Gertrude Stein saß. Sie nahm ihre Pose ein. Picasso saß sehr unbeweglich auf seinem Stuhl und sehr nah vor seiner Leinwand und mischte auf einer sehr kleinen Palette die von einer eintönigen braungrauen Farbe war etwas mehr Braungrau und begann zu malen. Dies war die erste von etwa achtzig oder neunzig Sitzungen.

Gegen Ende des Nachmittags kamen Gertrude Steins beide Brüder und ihre Schwägerin und Andrew Green um es anzusehen. Sie waren alle begeistert von der Schönheit des Entwurfs und Andrew Green bettelte und bettelte es so zu lassen wie es war. Aber Picasso schüttelte den Kopf und sagte, nein.

 

Es ist zu schade aber in jenen Tagen dachte niemand daran eine Fotografie zu machen von dem Bild wie es damals war und natürlich erinnert sich keiner aus der Gruppe der es damals sah auch nur im Geringsten daran wie es aussah genauso wenig wie Picasso oder Gertrude Stein.

Andrew Green, keiner von ihnen wusste wie sie Andrew Green kennengelernt hatten, war der Großneffe von Andrew Green bekannt als der Vater von Groß New York. Er war geboren und aufgewachsen in Chicago aber er war ein typischer großer hagerer Neuengländer, blond und freundlich. Er hatte ein erstaunliches Gedächtnis und konnte Miltons ganzes Paradise Lost auswendig rezitieren und auch alle Übersetzungen chinesischer Gedichte die Gertrude Stein so liebte. Er war in China gewesen und er sollte später ständig auf den Südseeinseln leben nachdem er schließlich ein recht ansehnliches Vermögen von seinem Großonkel erbte der Miltons Paradise Lost liebte. Er hatte eine Leidenschaft für orientalische Stoffe. Er schwärmte wie er sagte für einen einfachen Mittelpunkt und ein fortlaufendes Muster. Er liebte Bilder in Museen und er hasste alles Moderne. Einmal als er während die Familie abwesend war für einen Monat in der Rue de Fleurus wohnte, hatte er Hélènes Gefühle verletzt indem er sein Bettzeug täglich wechseln und alle Bilder mit Kaschmirschals verhängen ließ. Er sagte die Bilder seien sehr ruhig, das könne er nicht bestreiten, aber er könne es nicht ertragen. Er sagte dass er nachdem der Monat vorüber sei natürlich niemals dahin gelangt sei die neuen Bilder zu mögen aber das Schlimmste daran sei dass er indem er sie nicht möge seinen Geschmack an den alten verloren habe und nie wieder im Leben in irgendein Museum gehen oder irgendein Bild ansehen könne. Er war äußerst beeindruckt von Fernandes Schönheit. Er war sogar ziemlich überwältigt. Ich würde, sagte er zu Gertrude Stein, wenn ich Französisch sprechen könnte, ich würde mit ihr Liebe machen und sie diesem kleinen Picasso wegnehmen. Machen Sie Liebe mit Worten, lachte Gertrude Stein. Er ging fort bevor ich nach Paris kam und er kam achtzehn Jahre später zurück und er war sehr langweilig.

Dieses Jahr war ein vergleichsweise ruhiges. Die Matisses waren den ganzen Winter in Südfrankreich, in Collioure an der Mittelmeerküste nicht weit von Perpignan, wo Madame Matisses Familie lebte. Die Raymond Duncans waren verschwunden nachdem zunächst eine Schwester von Penelope zu ihnen gestoßen war die eine kleine Schauspielerin war und weit entfernt davon war griechisch gekleidet zu sein, sie war so echt wie sie nur irgend sein konnte eine kleine Pariserin. Sie wurde begleitet von einem sehr großen dunkelhaarigen griechischen Vetter. Er kam um Gertrude Stein zu besuchen und er sah sich um und er verkündete, ich bin Grieche, das ist das Gleiche als würde man sagen ich habe einen untrüglichen Geschmack und keins dieser Bilder interessiert mich. Kurz darauf verschwanden Raymond, seine Frau und sein Kind, die Schwägerin und der griechische Vetter vom Hofstaat der Rue de Fleurus 27 und ihre Nachfolge trat eine deutsche Dame an.

Diese deutsche Dame war die Nichte und Patentochter von deutschen Feldmarschällen und ihr Bruder war ein Kapitän bei der deutschen Marine. Ihre Mutter war Engländerin und sie selbst hatte am Bayerischen Hof Harfe gespielt. Sie war sehr amüsant und hatte einige seltsame Freunde, sowohl englische als auch französische. Sie war eine Bildhauerin und sie machte eine typisch deutsche Skulptur von dem kleinen Roger, dem Jungen der Concierge. Sie machte drei Köpfe von ihm, einen lachenden, einen weinenden und einen bei dem er seine Zunge herausstreckt, alle drei zusammen auf einem Sockel. Sie verkaufte diese Arbeit an das Königliche Museum in Potsdam. Die Concierge weinte während des Krieges oft bei dem Gedanken dass ihr Roger dort, als Skulptur, in dem Museum in Potsdam war. Sie entwarf Kleider die linksherum getragen und in Einzelteile zerlegt und lang oder kurz gemacht werden konnten und zeigte sie allen voller Stolz. Sie hatte als Lehrer für ihre Malerei einen unheimlich aussehenden Franzosen einen der genauso aussah wie die Bilder von Huckleberry Finns Vater. Sie erklärte dass sie ihn aus Mitleid beschäftige, er habe in seiner Jugend eine Goldmedaille im Salon gewonnen und danach keinen Erfolg mehr gehabt. Sie sagte auch dass sie niemals einen Dienstboten aus der Dienstbotenklasse beschäftige. Sie sagte dass verarmte adlige Damen appetitlicher und tüchtiger seien und sie habe immer irgendeine Witwe von irgendeinem Offizier oder Beamten die für sie nähe oder sitze. Sie hatte eine Weile ein österreichisches Mädchen die wirklich köstliche österreichische Mehlspeisen machte aber sie behielt sie nicht lange. Sie war wie gesagt sehr amüsant und sie und Gertrude Stein pflegten sich im Hof zu unterhalten. Sie wollte immer wissen was Gertrude Stein von jedem dachte der kam und ging. Sie wollte wissen ob sie zu ihren Schlussfolgerungen durch Deduktion, Observation, Imagination oder Analyse komme. Sie war amüsant und dann verschwand sie und niemand dachte mehr über sie nach bis der Krieg kam und dann fragten sich alle ob nicht doch etwas Unheimliches daran gewesen sei an dem Leben dieser deutschen Frau in Paris.

Praktisch jeden Nachmittag ging Gertrude Stein nach Montmartre, saß und wanderte dann später den Hügel hinab und spazierte gewöhnlich quer durch Paris zur Rue de Fleurus. Sie nahm damals die Gewohnheit an die sie nie wieder aufgegeben hat in Paris herumzulaufen, heute begleitet von dem Hund, damals allein. An Samstagabenden gingen die Picassos mit ihr nach Hause und aßen und dann war da Samstagabend.

Während dieser langen Sitzungen und dieser langen Spaziergänge meditierte Gertrude Stein und machte Sätze. Sie war damals mitten in ihrer Farbigen-Geschichte Melanctha Herbert, die zweite Geschichte von Three Lives und die ergreifenden Begebenheiten die sie in das Leben von Melanctha einflocht waren häufig diejenigen die sie wahrnahm wenn sie den Hügel von der Rue Ravignan hinabging.

Es war zu der Zeit dass die Ungarn ihre Wallfahrten zur Rue de Fleurus begannen. Es waren damals seltsame Gruppen von Amerikanern da, Picasso der nicht an das unberührte Wesen dieser jungen Männer und Frauen gewöhnt war pflegte von ihnen zu sagen, ils sont pas des hommes, ils sont pas des femmes, ils sont des américains. Sie sind keine Männer, sie sind keine Frauen, sie sind Amerikaner. Einmal war da eine Bryn-Mawr-Frau, die Frau eines bekannten Porträtmalers, die sehr groß und schön war und da sie einmal auf ihren Kopf gefallen war einen seltsam leeren Ausdruck hatte. Sie billigte er, und pflegte sie die Kaiserin zu nennen. Es gab den Typ des amerikanischen Kunststudenten, männlich, der ihm sehr zuzusetzen pflegte, er pflegte zu sagen nein nicht er wird den künftigen Ruhm Amerikas ausmachen. Er zeigte eine für ihn typische Reaktion als er die erste Fotografie von einem Wolkenkratzer sah. Großer Gott, sagte er, man stelle sich die Qualen der Eifersucht vor die ein Liebender haben würde während seine Geliebte all die Treppen zu seinem Dachgeschossatelier heraufkäme.

Es war zu dieser Zeit dass ein Maurice Denis, ein Toulouse-Lautrec und viele riesige Picassos zur Sammlung hinzukamen. Es war auch zu dieser Zeit dass die Bekanntschaft und Freundschaft mit den Vallotons begann.

Vollard sagte einmal als er über das Bild eines gewissen Malers befragt wurde, oh ça c’est un Cézanne pour les pauvres, das ist ein Cézanne für den armen Sammler. Nun Valloton war ein Manet für die Mittellosen. Sein großer Akt hatte all die Strenge, die Reglosigkeit und nichts von der Qualität der Olympia von Manet und seine Porträts hatten die Nüchternheit aber nichts von der Eleganz eines David. Und außerdem hatte er das Pech die Schwester eines bedeutenden Galeristen geheiratet zu haben. Er war sehr glücklich mit seiner Frau und sie war ein ganz reizendes Geschöpf aber dann waren da die wöchentlichen Familienzusammenkünfte, und da war auch der Reichtum seiner Frau und die Heftigkeit seiner Stiefsöhne. Er war ein sanfter Mensch, Valloton, mit einem scharfen Verstand und großen Ambitionen aber einem Gefühl der Ohnmacht, was sich daraus ergab der Schwager eines Galeristen zu sein. Aber eine Zeit lang waren seine Bilder sehr interessant. Er bat Gertrude Stein ihm zu sitzen. Sie tat es im Jahr darauf. Sie saß inzwischen gern, die langen stillen Stunden gefolgt von einem langen dunklen Spaziergang erhöhten die Konzentration mit der sie ihre Sätze kreierte. Die Sätze von denen Marcel Brion, der französische Kritiker geschrieben hat durch Exaktheit, Strenge, Abwesenheit des Wechsels von Licht und Schatten, die Weigerung das Unterbewusstsein zu benutzen erreiche Gertrude Stein eine Symmetrie die eine starke Analogie zur Symmetrie einer Bach’schen Fuge aufweise.

Sie beschrieb oft die seltsame Empfindung die sie angesichts der Malweise Vallotons befiel. Er war damals für einen Maler kein junger Mann, er hatte bereits viel Anerkennung als Maler in der Pariser Ausstellung von 1900 gefunden. Wenn er ein Porträt malte machte er eine Bleistiftskizze und begann dann oben quer über die Leinwand zu malen. Gertrude Stein sagte es sei als ziehe man einen Vorhang herunter so langsam wie sich einer seiner Schweizer Gletscher bewege. Langsam zog er den Vorhang herunter und wenn er schließlich unten auf der Leinwand angekommen war, war man da. Der ganze Vorgang dauerte etwa zwei Wochen und dann überreichte er einem das Bild. Zunächst stellte er es allerdings im Herbstsalon aus und es fand große Beachtung und alle waren zufrieden.

Alle gingen einmal wöchentlich zum Zirkus Medrano, mindestens einmal, und gewöhnlich gingen alle am selben Abend. Dort hatten die Clowns begonnen sich mit nicht passenden Kleidern zu kostümieren anstatt mit dem alten klassischen Kostüm und diese später durch Charlie Chaplin so berühmten Kleider waren das Entzücken Picassos und all seiner Freunde in Montmartre. Da waren auch die englischen Jockeys und ihre Kostüme wurden Mode in ganz Montmartre. Vor gar nicht langer Zeit sprach jemand darüber wie gut die jungen Maler heutzutage gekleidet seien und was für ein Jammer es sei dass sie ihr Geld auf diese Weise ausgäben. Picasso lachte. Ich bin sicher, sagte er, sie zahlen weniger für ihr modisches Complet, ihre Tuchanzüge, als wir für unsere groben und gewöhnlichen. Man kann sich nicht vorstellen wie schwierig es war und teuer es war in jenen Tagen englischen Tweed oder eine französische Imitation zu finden die grob und schmutzig genug aussah. Und es stimmt wirklich auf die eine oder andere Weise gaben die Maler in jenen Tagen viel Geld aus und sie gaben alles aus was sie auftreiben konnten denn in jenen glücklichen Tagen konnte man jahrelang Geld schulden für seine Farben und Leinwände und Miete und sein Restaurant und praktisch alles außer Kohlen und Luxusgegenständen.

Der Winter verging. Three Lives war geschrieben. Gertrude Stein bat ihre Schwägerin zu kommen und es zu lesen. Sie tat es und war tief bewegt. Das freute Gertrude Stein ungeheuer, sie glaubte nicht dass irgendjemand irgendetwas lesen konnte was sie schrieb und daran interessiert sein. In jenen Tagen fragte sie nie irgendjemanden was er über ihr Werk denke, sondern ob derjenige überhaupt interessiert sei es zu lesen. Jetzt sagt sie wenn einer sich dazu überwinden kann es zu lesen dann ist er auch daran interessiert.

Die Frau ihres älteren Bruders hat ihr immer viel bedeutet in ihrem Leben doch nie mehr als an jenem Nachmittag. Und dann musste es mit der Maschine geschrieben werden. Gertrude Stein hatte zu der Zeit eine erbärmliche tragbare Schreibmaschine die sie nie benutzte. Sie schrieb damals und noch viele Jahre später auf Papierfetzen mit Bleistift, schrieb es in französische Schulhefte mit Tinte ab und schrieb es dann oft noch einmal mit Tinte ab. Es war im Zusammenhang mit diesen verschiedenen Serien von Papierfetzen dass ihr älterer Bruder einmal bemerkte, ich weiß nicht ob Gertrude mehr Genie besitzt als ihr anderen alle, das kann ich nicht beurteilen, aber eins habe ich immer festgestellt, ihr anderen malt und schreibt und seid nicht zufrieden und werft es weg oder zerreißt es, sie sagt nicht ob sie zufrieden ist oder nicht, sie schreibt es sehr oft ab aber sie wirft niemals irgendein Stück Papier weg auf dem sie geschrieben hat.

Gertrude Stein versuchte Three Lives mit der Schreibmaschine abzuschreiben aber es hatte keinen Zweck, es machte sie nervös, also kam Etta Cone zu Hilfe. Die Miss Etta Cones wie Pablo Picasso sie und ihre Schwester zu nennen pflegte. Etta Cone war eine entfernte Verwandte von Gertrude Stein aus Baltimore und sie verbrachte einen Winter in Paris. Sie war ziemlich einsam und sie war ziemlich interessiert.

 

Etta Cone fand die Picassos entsetzlich aber romantisch. Sie wurde von Gertrude Stein dorthin mitgenommen wann immer die Picasso-Finanzen unerträglich wurden und wurde dazu gebracht Zeichnungen im Wert von hundert Francs zu kaufen. Immerhin waren hundert Francs in jenen Tagen zwanzig Dollar. Sie war ganz bereit sich auf diese romantische Wohltätigkeit einzulassen. Natürlich wurden diese Zeichnungen viele Jahre später der Grundstock ihrer Sammlung.

Etta Cone erklärte sich bereit Three Lives auf der Maschine abzuschreiben und sie begann. Baltimore ist berühmt für die zarte Empfindsamkeit und Gewissenhaftigkeit seiner Bewohner. Es fiel Gertrude Stein plötzlich ein dass sie Etta Cone nicht gesagt hatte sie solle das Manuskript lesen bevor sie anfinge es mit der Maschine abzuschreiben. Sie ging zu ihr und da war Etta Cone tatsächlich dabei das Manuskript gewissenhaft abzuschreiben Buchstabe für Buchstabe damit sie sich ja nicht durch irgendeine Indiskretion des Inhalts bewusst würde. Nachdem die Erlaubnis erteilt worden war den Text zu lesen wurde das Maschineschreiben fortgesetzt.

Der Frühling nahte und die Sitzungen nahmen ein Ende. Plötzlich eines Tages übermalte Picasso den ganzen Kopf. Ich sehe dich nicht mehr wenn ich hinsehe, sagte er gereizt. Und also wurde das Bild so gelassen.

Niemand erinnert sich daran besonders enttäuscht oder besonders verärgert über das Ende der langen Reihe von Sitzungen gewesen zu sein. Da war die Frühjahrsausstellung der Indépendants und danach gingen Gertrude Stein und ihr Bruder nach Italien wie es damals ihre Gewohnheit war. Pablo und Fernande gingen nach Spanien, sie zum ersten Mal, und sie musste sich ein Kleid und einen Hut und Parfums und einen Herd kaufen. Alle französischen Frauen in jenen Tagen nahmen wenn sie von einem Land ins andere gingen einen französischen Ölofen mit um darauf zu kochen. Vielleicht tun sie es noch. Ganz gleich wohin sie gingen der musste mitgenommen werden. Sie zahlten immer viel für Übergewicht, alle französischen Frauen die reisten. Und die Matisses waren zurück und sie mussten den Picassos begegnen und begeistert voneinander sein, aber sich nicht sehr mögen. Und in ihrem Gefolge, begegnete Derain Picasso und mit ihm kam Braque.

Es mag jedem heutzutage sehr seltsam erscheinen dass Matisse vor diesem Zeitpunkt nie von Picasso gehört hatte und Picasso nie Matisse begegnet war. Aber damals lebte jede kleine Gruppe ihr eigenes Leben und wusste praktisch nichts von irgendeiner anderen Gruppe. Matisse wusste auf dem Quai Saint-Michel und bei den Indépendants nichts von Picasso und Montmartre und Sagot. Zwar waren alle in ihren Anfängen einer nach dem anderen von Mademoiselle Weil, dem Nippesladen in Montmartre, gekauft worden aber da sie jedermanns Bilder kaufte, Bilder die von irgendjemandem gebracht wurden, nicht notwendigerweise vom Maler selbst, war es nicht sehr wahrscheinlich dass irgendein Maler, außer durch einen seltenen Glücksfall, dort die Bilder von irgendeinem anderen Maler sehen würde. Sie waren ihr aber alle sehr dankbar in späteren Jahren denn schließlich hatte jeder der später berühmt wurde sein erstes kleines Bild an sie verkauft.

Wie ich schon sagte waren die Sitzungen vorbei, die Vernissage der Indépendants war vorbei und alle gingen auf Reisen.

Es war ein fruchtbarer Winter gewesen. Während des langen Kampfes mit dem Porträt von Gertrude Stein ging Picasso vom Harlekin, der bezaubernden frühen italienischen Periode über zu dem intensiven Kampf der im Kubismus münden sollte. Gertrude Stein hatte die Geschichte von Melanctha der Farbigen geschrieben, die zweite Geschichte von Three Lives das der erste definitive Schritt fort vom neunzehnten Jahrhundert und ins zwanzigste Jahrhundert in der Literatur war. Matisse hatte Bonheur de Vivre gemalt und hatte eine neue Schule der Farbe gegründet die bald allem ihren Stempel aufdrücken sollte. Und alle gingen auf Reisen.

In jenem Sommer kamen die Matisses nach Italien. Matisse machte sich nicht sehr viel daraus, er bevorzugte Frankreich und Marokko aber Madame Matisse war tief berührt. Es war ein Mädchentraum der in Erfüllung ging. Sie sagte, ich sage ständig zu mir, ich bin in Italien. Und ich sage es die ganze Zeit zu Henri und er geht auch sehr lieb damit um, aber er sagt, na und.

Die Picassos waren in Spanien und Fernande schrieb lange Briefe worin sie Spanien beschrieb und die Spanier und Erdbeben.

In Florenz hatte bis auf den kurzen Besuch der Matisses und einen kurzen Besuch von Alfy Maurer das sommerliche Leben nichts mit dem Pariser Leben zu tun.

Gertrude Stein und ihr Bruder mieteten für den Sommer eine Villa oben auf dem Hügel in Fiesole nahe Florenz, und dort verbrachten sie ihre Sommer während mehrerer Jahre. In dem Jahr als ich nach Paris kam nahmen eine Freundin und ich diese Villa, nachdem Gertrude Stein und ihr Bruder eine größere genommen hatten auf der anderen Seite von Fiesole, nachdem sich in jenem Jahr ihr älterer Bruder, seine Frau und sein Kind zu ihnen gesellt hatten. Die kleinere, die Casa Ricci, war ganz bezaubernd. Sie war bewohnbar gemacht worden von einer Schottin die als Presbyterianerin geboren eine glühende Katholikin wurde und ihre alte presbyterianische Mutter von einem Kloster zum anderen schleppte. Schließlich kamen sie in der Casa Ricci zur Ruhe und dort richtete sie sich eine Kapelle ein und dort starb ihre Mutter. Sie gab diese Villa dann für eine größere auf die sie in einen Zufluchtsort für Priester im Ruhestand verwandelte und Gertrude Stein und ihr Bruder mieteten die Casa Ricci von ihr. Gertrude Stein hatte ihre Freude an ihrer Vermieterin die genau wie eine Hofdame Maria Stuarts aussah und mit all ihren schleppenden schwarzen Gewändern vor jedem katholischen Symbol das Knie beugte und die eine senkrechte Leiter hinaufkletterte und ein kleines Fenster im Dach öffnete um die Sterne zu betrachten. Eine seltsame Mischung aus katholischer und protestantischer Überspanntheit.

Hélène das französische Dienstmädchen kam nie nach Fiesole mit. Sie hatte inzwischen geheiratet. Sie kochte für ihren Mann während des Sommers und besserte die Strümpfe von Gertrude Stein und ihrem Bruder aus indem sie neue Füße anstrickte. Sie machte auch Marmelade ein. In Italien da war Maddalena ganz genauso wichtig wie Hélène in Paris, aber ich bezweifle ob mit ebenso viel Verständnis für Berühmtheiten. Italien ist zu sehr gewöhnt an Berühmtheiten und die Kinder von Berühmtheiten. Es war Edwin Dodge der im Zusammenhang mit diesen sagte, das Leben großer Männer erinnere uns oft daran dass wir keine Söhne hinterlassen sollten.

Gertrude Stein liebte Hitze und Sonnenschein obwohl sie immer sagte dass der Pariser Winter ein ideales Klima sei. In jenen Tagen ging sie immer am liebsten um zwölf Uhr mittags spazieren. Ich, die keine Vorliebe für eine Sommersonne habe und hatte, begleitete sie oft. Manchmal später in Spanien saß ich unter einem Baum und weinte aber sie in der Sonne war unermüdlich. Sie konnte sogar in der Sonne liegen und direkt in die Sommermittagssonne sehen, sie sagte es ruhe ihre Augen und ihren Kopf aus.

Da waren amüsante Leute in Florenz. Da waren die Berensons und damals war Gladys Deacon bei ihnen, eine international bekannte Schönheit, aber nach einem Winter in Montmartre fand Gertrude Stein sie zu leicht entrüstet um interessant zu sein. Dann waren da die ersten Russen, von Heiroth und seine Frau, sie die danach vier Ehemänner hatte und einmal heiter bemerkte dass sie immer eng befreundet mit all ihren Ehemännern gewesen sei. Er war dumm aber attraktiv und erzählte die üblichen russischen Geschichten. Dann waren da die Thorolds und sehr viele andere. Und vor allem war da eine hervorragende englische Leihbücherei mit allen möglichen seltsamen Biografien die für Gertrude Stein eine Quelle unendlichen Vergnügens waren. Sie erzählte mir einmal dass sie als sie jung war so viel gelesen habe, gelesen von den Elisabethanern bis zu den Modernen, dass sie schrecklich beunruhigt gewesen sei sie könne eines Tages ohne etwas zu lesen dastehen. Jahrelang verfolgte sie diese Angst aber auf die eine oder andere Weise scheint sie obgleich sie immer liest und liest immer noch etwas zum Lesen zu finden. Ihr ältester Bruder pflegte sich zu beklagen dass obgleich er aus Florenz täglich so viele Bücher mitbringe wie er tragen könne, immer ebenso viele zurückzubringen seien.

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