Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck

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- IRLANDS -

einfuhren, sehr schön von grünen Hügeln umrahmt und vom offenen Meer durch die fast 20 km lange viel verzweigte Mündungsbucht des River Lee getrennt. Eine große Anzahl gepflegter Parks, Kanäle, Brücken und Uferpromenaden prägen diese sehr lebendige Hafen- und Universitätsstadt, ihr Wahrzeichen der von einer goldenen Kuppel gekrönte Turm der Shandon Church aus dem 18. Jahrhundert.

Unseren ersten Stehplatz für die Nacht fanden wir in einem einsamen Forest Park hoch über einem dunkel schimmernden See, am anderen Ufer aufsteigend sattgrüne Hügel, nicht umsonst wird Irland auch die Grüne Insel genannt; der nahe warme Golfstrom und westliche Winde sorgen für ein ausgeglichenes ozeanisches Klima. Das Abendessen fand wieder an Bord statt, weit und breit war keine Menschenseele. Völlig allein mit der Natur schliefen wir, es gab ja noch einiges nachzuholen, tatsächlich 11 Stunden durch, bis uns gegen 9.00 Uhr das melodische Tirilieren eines Vogels, der sich ausgerechnet unser Dach als Bühne ausgesucht hatte, aus tiefsten Träumen riss. Herrlichster Sonnenschein war genau richtig für die an diesem Tag - inzwischen hatten wir Donnerstag, den 25.Juli – geplante 170 km lange

- Ring-of-Kerry-Tour -

entlang der Küste der größten Halbinsel im Südwesten Irlands. Doch zunächst ging es noch etwa 100 km durch grüne, in allen Schattierungen in der Sonne leuchtende Hügellandschaft und kleine beschauliche Orte, vorbei an zahlreichen eindrucksvollen Burgruinen, bis wir in dem idyllischen Örtchen Kenmare einen der Ausgangspunkte erreichten. Von dort folgten wir dem Nordufer der weiten Mündung des Kenmare River, vorgelagert viele, natürlich wieder sattgrüne Inseln; durch malerische Fischerorte, am Wegesrand zeugen mächtige Burgruinen von alten Zeiten; dann hoch über dem Meer mit atemberaubenden Ausblicken an der wilden Felsenküste entlang.

Als wir auf einem der schön angelegten Aussichtspunkte unsere obligate Teepause zelebrierten, bekamen wir unerwartet Besuch, d.h. ein irisches Ehepaar erschien an unserer offenen Tür mit der Bitte, einmal einen Blick in das Innere werfen zu dürfen, was uns zu einer Einladung zu Tee und Keksen bewog. Er stellte sich als Chefredakteur der größten irischen Zeitung in Dublin vor, sie war Lehrerin. Anderthalb Stunden zog sich eine sehr angeregte und interessante Unterhaltung über Gott und die Welt hin. Sehr erstaunte uns allerdings seine Frage, ob es in Deutschland auch eine vergleichbar schöne Landschaft gebe, worauf wir ihm eine Reise in unsere in dieser Hinsicht äußerst vielseitige Heimat ans Herz legten. Zum Schluss malte er uns noch einige markante Punkte in unsere Karte und empfahl uns, von einem Besuch der an der Ostküste gelegenen Hauptstadt Dublin abzusehen, da sich der für uns daraus ergebende Umweg von über 400 km wirklich nicht lohne. Mit den besten Wünschen für die Zukunft trennten wir uns.

Weiter ging es auf der herrlichen Strecke, vorbei an den einsamen Sandstränden des kleinen Badeortes Waterville, durch das malerisch an einem natürlichen Hafen liegende Cahirciveen mit einer majestätischen Burg und einem der uralten, in Irland in reicher Zahl - man schätzt 30.000 bis 40.000 - vorkommenden Ringforts, primitive Verteidigungsbauten, die zwischen der späten Eis- und der frühen Steinzeit, also vor über 12.000 Jahren angelegt wurden; dann durch die wilde Landschaft der Nordküste, hohe Berge zur Rechten, dramatische Klippen zur Linken; später ins Landesinnere bis zum 32 km nördlich von unserem Ausgangspunkt gelegenen großen Ferienort Killarney, sehr hübsch die hohen Palmen, die in leuchtenden Farben blühenden Fuchsienhecken und weiten Rhododendronhaine, umgeben von hohen Bergen (darunter Irlands höchster, der Carrauntoohil mit imposanten 1.041 m) und drei malerischen Seen.

Direkt am romantischen Ufer eines dieser Seen zwischen Krüppelkiefern und niedrigem Gebüsch mit herrlichem Blick auf eine schroff abfallende Gebirgskette fanden wir unseren idealen Stehplatz für die Nacht, den vor uns schon drei andere Wohnmobilisten entdeckt hatten, ein Österreicher, ein Irländer und ein Franzose. Mangels Restaurant in der Nähe gab es wieder Abendessen an Bord, danach kleiner Erkundungsgang, auf naher Bank eine Stunde mit dem Österreicher nett geklönt, bis die Dunkelheit hereinbrach und wir zu gemütlicher Lesestunde an Bord zurückkehrten, aus der allerdings nichts wurde, weil man wieder einmal an unsere Tür klopfte, und zwar war es dieses Mal ein junger Wuppertaler, der sich freute, nach langer Fahrt auf Landsleute, und dann noch aus der näheren Umgebung, zu stoßen. Natürlich luden wir ihn zu uns ein, und es entspann sich eine sehr fröhliche, aber auch interessante Unterhaltung; er studierte Neuhebräisch und war in den Semesterferien mit dem Fahrrad unterwegs, überwiegend in den Scheunen der Bauern übernachtend. Manch lustiges Erlebnis war zu berichten, u. a. zeigte er uns voller Stolz eine Flöte, die er für einen „Special Price“ erstanden hatte. Lachend verabschiedeten wir uns kurz vor Mitternacht voneinander.

Am nächsten, überwiegend bedeckten Tag, nur manchmal durchbrachen die Sonnenstrahlen die graue Wolkendecke, folgten wir der Empfehlung und ließen uns auf schmaler Nebenstrecke durchs Landesinnere treiben, vorbei an einsamen Bilderbuchkaten und durch armselige Dörfer mit schönen alten Kirchen, auf deren bemoosten Friedhöfen windschief die verwitterten keltischen Grabkreuze stehen, bis wir auf einer kleinen Fähre die Shannonmündung überquerten, um dann unsere kurvenreiche Fahrt in schwindelnden Höhen am Rand von wogenumspülten Klippen mit herrlichem weiten Blick auf den schäumenden Atlantik fortzusetzen, vorbei an gewaltigen, hoch aufgetürmten runden Felsen, einige gekrönt von mächtigen Burgen.

Nach unendlich langen über 100 Kilometern erreichten wir die malerisch an der

- Galway Bay -

gelegene gleichnamige alte Stadt, deren schmale Gassen und enge Brücken meinen Schatz nicht davon abhielten, eine private Sightseeingtour zu unternehmen. Ein schöner Parkplatz auf der langen Mole mit Traumblick auf die Bucht war genau richtig für unsere nächste Übernachtung. Vorher hatten wir in einem nahen gemütlichen Restaurant zum ersten Mal die nicht gerade hoch gelobte irische Küche erprobt. Da wir uns jedoch für fangfrischen Fisch entschieden, wurden wir nicht enttäuscht. Den Abschluss bildete ein unter einer kühlen Sahnehaube kochendheißer Irish Coffee, weitere Zutaten außer dem starken Kaffee ein großzügig bemessenes Schnapsglas irischer Whiskey und zwei gehäufte Kaffeelöffel Zucker, alles in hohen Stielgläsern am Tisch zelebriert, gar nicht so übel, aber nicht unbedingt vor dem Schlafengehen zu genießen.

Am Samstagmorgen, es war der 27.07. und damit unser 28. Hochzeitstag, lachte die Sonne nur so vom Himmel, so dass wir nach ausgiebigem Frühstück wieder bestens gelaunt aufbrachen, unsere Lieblingskassette sorgte für die passende musikalische Untermalung. Wir genossen noch eine Weile die Fahrt an der herrlichen Küste entlang, bevor wir auf unbeschreiblich schöner Nebenstrecke ins Landesinnere abbogen, weiter ging’s über einsamste Hochmoore mit kleinen geheimnisvollen dunklen Seen und sprudelnden Quellen, die sich über steiniges Geröll ihren Weg suchen. Die einzigen Lebewesen, die uns dort begegneten, waren zerzauste Wildponys, die eine Weile neugierig neben uns hertrabten und erstaunlicherweise frei herumlaufende Schafe und Kühe, immer wieder gemächlich unseren Weg kreuzend, zum Teil nur widerwillig die Straße freigebend; überwältigend die Ausblicke auf gewaltige Gebirgsmassive; dann 30 wunderschöne Kilometer direkt am westlichen Ufer des romantischen Lough Mask entlang, einem der großen Seen Irlands. Um sich in dieser grenzenlosen Einsamkeit nicht zu verfahren, bedurfte es übrigens pfadfinderischer Fähigkeiten, von Wegweisern hält man anscheinend nicht allzu viel, wenn wir an einer Wegkreuzung tatsächlich auf ein windschiefes Exemplar stießen, zeigte es die Ortsnamen manchmal nur in Gälisch, der ersten Landessprache, an der man in manchen Gegenden hartnäckig festhält.

Jedenfalls tauchten am späten Nachmittag die Häuser des kleinen, an der gleichnamigen Bucht gelegenen Städtchens Sligo auf, bemerkenswert die gut erhaltene Ruine des Dominikanerklosters aus dem 13. und 17. Jahrhundert. Die Suche nach einem Restaurant und Stehplatz war allerdings vergeblich, also setzten wir unsere Fahrt fort, bis wir, einem Hinweisschild folgend, nach etwa 3 km durch dichten Wald auf einen sehr schönen Rastplatz an einem verwunschenen See stießen. Die am gegenüberliegenden Ufer schroff aufsteigenden, von kargem Grün überzogenen Felswände spiegelten sich zusammen mit den am blauen Himmel dahin ziehenden weißen Wolkengebilden sehr effektvoll in dem still daliegenden Gewässer, der richtige Platz für uns zwei Romantiker. Das vorgesehene Hochzeitsessen fand nun allerdings bei Kerzenlicht an Bord statt, zur Feier des Tages wurde aber mit ein Paar Gläsern Wein aus unseren aus der Heimat mitgebrachten Vorräten angestoßen.

Am Sonntagmorgen brachen wir bereits um 9.00 Uhr bei leichter Bewölkung auf, und schon eine Stunde später überfuhren wir die Staatsgrenze nach

- NORDIRLAND -

das im Gegensatz zu dem übrigen Teil der Insel politisch immer noch zu GROßBRITANNIEN gehört. Nach unendlich langen Unabhängigkeitskämpfen wurde 1921 der Irische Freistaat errichtet, der 1937 eine neue Verfassung bekam, aber erst 1949 aus dem Britischen Commonwealth entlassen wurde und seine Unabhängigkeit als Republik Irland erklärte, aber eben mit Ausnahme der aus sechs Grafschaften bestehenden nordirischen Provinz ULSTER. Immer wieder flammen blutige Kämpfe zwischen der probritischen protestantischen Bevölkerung und der katholischen Minderheit auf, auf deren Seite sich die IRA, Irisch-Republikanische Armee, zu einer die britische Herrschaft bekämpfenden Terrororganisation entwickelt hat. Jahrelange Friedensbemühungen, auch von internationaler Seite, sind leider bisher erfolglos geblieben.

 

Mit entsprechend ungutem Gefühl traten wir also unsere Fahrt durch diesen Teil der Insel an. Schon in der Grenzstadt Enniskillen hielt uns eine Straßensperre auf, bewacht von finster dreinblickenden Soldaten mit schussbereiten Maschinenpistolen, die uns aber nach einigem Hin und Her passieren ließen. So schnell wie möglich und auf direktestem Weg brachten wir die über 150 km bis zu dem kleinen Fährhafen Larne an der Nordostküste hinter uns, von dem aus wir nach

- SCHOTTLAND -

hinübersetzen wollten. Eine Umleitung zwang uns leider noch mitten durch die uns wegen ihrer zum Teil zerstörten, mit Brettern vernagelten Häuser unattraktiv erscheinende Hauptstadt Belfast. Um kurz nach 13.00 Uhr erreichten wir aufatmend unseren Zielhafen, wo wir uns sofort in die angewiesene Spur einreihten. Die Wartezeit bis 15.30 Uhr nutzten wir für eine entspannte Teepause und ausgiebigen Mittagsschlaf. Nach 2 ½ Stunden ruhiger Fahrt über den Nordkanal wurden wir um 18.00 Uhr in Stranraer an der schottischen Westküste ausgeschifft.

Auf wunderschöner Strecke, überwiegend direkt am weiten Firth of Clyde entlang, trafen wir nach 80 Kilometern auf den beliebten Ferien- und Badeort

- Aar -.

Da inzwischen aus dunklen Wolken leichter Nieselregen fiel, waren die weiten Sandstrände fast menschenleer. Einen ebenso einsamen Naturparkplatz mit schönen alten Bäumen, begrenzt von üppig weiß blühenden Büschen, wählten wir als Bleibe für die Nacht. Aus den allmählich zur Neige gehenden Vorräten ergab sich noch ein leckeres Abendessen, das wir in romantischer Stimmung, natürlich wieder mit unmittelbarem Blick auf die dunkel daliegende Bucht, genossen, nur ein heller Streifen am fernen Horizont erleuchtete die Szenerie.

Der Montag, leicht bewölkt, aber trocken, brachte uns etwa 50 Kilometer durch die von Bergkuppen durchzogenen Lowlands bis in das an der Mündung des Clyde gelegene

- Glasgow -

größte, wirtschaftlich bedeutendste Stadt und wichtigster Hafen Schottlands. An der dortigen Universität hat einst James Watt die erste nutzbare Dampfmaschine erfunden. Viele gepflegte Parkanlagen lockern das Stadtbild auf; die sich daraus erhebende wuchtige St.Mungo’s Cathedral gilt als schönste gotische Kirche des Landes.

Dem Trubel der Großstadt folgte überwältigende Natur, als wir unsere Fahrt in nördlicher Richtung fortsetzten und schon nach kurzer Zeit die Highlands erreichten; einsam und allein vorbei an unergründlichen dunkel schimmernden Seen mit atemberaubenden Ausblicken auf die sich hintereinander auftürmenden Gebirgsmassive der Grampian Mountains, die Kuppen eingehüllt in tiefgraue, schnell dahinjagende Wolkenberge, ab und zu durchbrochen von hellem Sonnenlicht, melancholische Stimmung verbreitend; auf kurvenreicher Straße an heidebedeckten Hängen entlang, sich langsam hinauf windend auf finstere karge Hochmoore, rauschende Bäche stürzten in sich tief unter uns öffnende Talschluchten; dann hinab durch von Felsgestein durchsetzte Wiesen, von denen zottige braune Bergrinder, neugierig ihre mächtigen Köpfe hebend, die ungewohnten Eindringlinge musterten.

So ging es weiter, bis wir nach etwas über 100 Kilometern am so genannten Caledonischen Graben landeten, gebildet von sechs lang gestreckten Seen, verbunden durch Kanäle, die sich vom Atlantik im Westen in nordöstlicher Richtung bis zur Nordsee ziehen. Auf herrlicher Strecke an den Ufern entlang gelangten wir an den wohl berühmtesten, den Loch Ness, fast 40 km lang und nur 1,5 km breit, eingerahmt von Wäldern und Bergen. Trotz angespannten Spähens gelang es uns aber nicht, auf der weiten Wasserfläche das sagenhafte Ungeheuer, das dort schon seit ewigen Zeiten sein Unwesen treiben soll, zu entdecken; irgendwie unheimlich die düstere Abendstimmung. Die am Ufer in der Dämmerung schemenhaft auftauchenden Ruinen des Urquhart Castle, die gewaltigen Überreste einer der Zwingburgen König Edwards I. von England, verstärkten noch den Eindruck. Und wieder keine Menschenseele unterwegs, bis wir endlich am Ende des Grabens in

- Inverness -

der modernen Hauptstadt des Hochlandes, eintrafen. Nur noch wenige alte Häuser aus dem 16. Jahrhundert beleben das Stadtbild, selbst das Castle, sich mächtig auf einem grünen Hügel erhebend, wurde erst im 19. Jahrhundert im alten Stil neu errichtet.

Nach kurzer Stadtrundfahrt strebten wir wieder der Küste entgegen; unterwegs lud uns eine urgemütliche, von Efeu bewachsene Inn zum längst fälligen Abendessen ein. Da leider landestypische Angebote auf der Speisekarte fehlten, griffen wir auf Altbewährtes wie frischen Fisch zurück, der pikant angemacht und liebevoll mit leckeren Zutaten serviert auch bestens mundete. Einen geeigneten Schlafplatz fanden wir später ein paar Kilometer weiter am Rande des kleinen Badeortes

- Nairn -

direkt am Ufer der inzwischen von einem hellen Vollmond beschienenen weiten Bucht der Nordsee.

Am nächsten Morgen kam uns ein toller Supermarkt im Ort gerade recht, um unseren fast leeren Kühlschrank und den Stauraum unter den Bänken wieder aufzufüllen mit allem, was Herz und Magen erfreut, ganz besonders hatte es uns das deutsche Schwarzbrot angetan, das wir in einem der Regale entdeckten. Bestens gestimmt - auch das Wetter spielte mit, eine strahlende Sonne sorgte für angenehme Wärme - setzten wir unsere Fahrt durch wieder herrliche abwechslungsreiche Landschaft im Landesinneren fort, bis gegen Mittag die bekannte Industrie-, Hafen- und Universitätsstadt

- Aberdeen -

an der Ostküste auftauchte, eine sehr schöne Stadt, die wir wieder auf übliche Art erkundeten. Fast alle Bauten sind aus Granit, dem Stein der Umgebung, auch die imposante, schon sehr verwitterte St. Machar‘s Kathedrale, erbaut in gotischem Stil mit ihren wuchtigen, in Stufen spitz zulaufenden Türmen. Viele wunderschöne alte Bäume, Parks und Blumen in Hülle und Fülle sorgen für die nötigen Farbtupfer.

Weiter zog es uns in südlicher Richtung unmittelbar an der herrlichen Küste entlang über den alten Fischerhafen Stonehaven mit seinen interessanten Häusern aus dem 17. Jahrhundert, gelegen an hoch aufragenden Klippen, bis in den beliebten Badeort

- Arbroath -

teils malerische Felsenküste, teils weiter Sandstrand. Ein hoch oben gelegener Rasenparkplatz, von dem aus wir einen atemberaubenden Blick auf das in der Sonne glitzernde Meer genießen konnten, bewog uns spontan, obwohl erst 17.00 Uhr, dort die Nacht zu verbringen. Auf einer nahen Bank ließen wir Beine und Seele baumeln. Nicht lange, und ein netter Bewohner aus der in einiger Entfernung hinter uns liegenden Siedlung leistete uns mit seinem Hund Gesellschaft. Es entspann sich eine fast einstündige angeregte Unterhaltung, und wie immer bei solchen Begegnungen, wurde u. a. wieder heftig politisiert. Sehr leidenschaftlich gab er uns seine Abneigung gegenüber den Engländern zu verstehen, er behauptete, die vor der schottischen Küste vorhandenen Ölvorkommen würden allein von diesen ausgebeutet; außerdem wären sie sehr dominant und hielten die schottische Bevölkerung sowieso nur für Menschen zweiter Klasse. Ob die in seiner Erregung gemachten Äußerungen den Tatsachen entsprachen, vermochten wir allerdings nicht zu beurteilen.

Erst gegen 18.30 Uhr trennten wir uns mit gegenseitigen besten Wünschen für die Zukunft, für uns allmählich Zeit für die Essensvorbereitungen, die bei der großen Auswahl nicht allzu schwer fielen. Zu vorgerückter Stunde - das tief unter uns liegende Meer in gleißendes Mondlicht getaucht und über uns ein schimmernder Sternenhimmel - ließen wir diesen wieder wunderschönen Tag bei einigen Gläsern Wein ausklingen.

Abermals strahlte die Sonne vom wolkenlosen Himmel, als wir am nächsten Morgen entsprechend gut gelaunt aufbrachen und zunächst langsam durch die Siedlung rollten. Alle Häuser sind in ähnlichem Stil errichtet, niedrig, aus dunkelgrauen Granitsteinen, die ebenfalls grauen Schieferdächer, aus denen hohe Schornsteine hervorragen, mit hübschen Erkern ausgebaut; die weißen Sprossenfenster bildeten einen sehr schönen Kontrast; die kleinen Vorgärten liebevoll gestaltet, überall Rosen in leuchtender Pracht. Bevor wir diesem Ort jedoch den Rücken kehrten, machten wir noch einen Abstecher zu den äußerst eindrucksvollen, aus einem bunten Blütenmeer hoch aufragenden Ruinen der Arbroath Abbey, die als passende Kulisse für die alljährlich stattfindenden historischen Festspiele dienen, früher tagte dort das erste schottische Parlament.

Weiter auf wunderschöner Route am Meer entlang, landeten wir nach etwa 25 Kilometern in der am nördlichen Ufer des Mündungstrichters des Tay gelegenen geschäftigen Hafenstadt

- Dundee -;

auch hier von der mittelalterlichen Bausubstanz nicht mehr viel erhalten, da die Stadt immer wieder von den Engländern dem Erdboden gleichgemacht wurde; nur der 47 m hohe Kirchturm des St. Mary’s Tower ist das einzige Überbleibsel aus dem 15. Jahrhundert. Eine gewaltige, 3 km lange Brücke brachte uns über den breiten Firth of Tay. Dabei wurde ich erinnert an eine Ballade von Theodor Fontane, durchgenommen in lange zurückliegenden Schulzeiten; in „Die Brück` am Tay“ verarbeitete er auf spannende Weise ein furchtbares Unglück, das sich am 28. Dezember 1879 dort ereignete; in sturmdurchtoster Nacht war ein aus Edinburgh kommender Zug mit der unter ihm einbrechenden Brücke in den Fluss gestürzt und hatte 75 Menschen mit sich in den Tod gerissen; der verantwortliche junge Ingenieur hatte bei seinen Berechnungen die Windkräfte nicht einkalkuliert. Als Verursacher dieser Katastrophe ließ Fontane in dichterischer Freiheit drei sich dort zu üblem Tun treffende Hexen fungieren.

Schon bald erreichten wir den weiten Firth of Forth, den wir auf einer sehr imposanten, an zwei Pylonen hängenden modernen Straßenbrücke (1964 eingeweiht) überquerten, mit einer Länge von über 2 km und einer Hauptspannweite von ca. 1.000 m ist sie eine der längsten Hängebrücken Europas. Einen interessanten Kontrast dazu bildet die daneben liegende 1.600 m lange dreibogige Eisenbahnbrücke aus massiver gitterförmiger Stahlrohrkonstruktion. Am Südufer erhebt sich auf sieben Hügeln die Hauptstadt Schottlands,