Erich Glaubmirnix

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Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
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Nun hob ich den Kopf und sah eine wunderbare Blumenwiese. Es waren die schönsten Blumen, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. „Das ist ja prima! Da kann ich gleich einen Blumenstrauß für die Frau pflücken! Heidi wird sich bestimmt freuen!“ Ich griff nach der ersten Blüte und musste feststellen, dass die sich nicht so einfach pflücken ließ. Egal was ich auch machte, ich griff immer ins Leere. Ich fasste mit beiden Händen zu und es gelang mir tatsächlich ein paar Blumen zu greifen. Aber die Blumen ließen sich nicht pflücken. Sie glitten mir immer wieder aus den Händen. Ich war verzweifelt und gab mein Vorhaben auf.

Ich kroch weiter.

Am Ende der Höhle sah ich den Hasen wieder. „Gott sei Dank! Du lebst!“ Wieso soll der denn nicht mehr leben? Der ist doch hier zu Hause und fühlt sich somit auch wohl.

Aber wie das Leben so spielt, verschwand der Hase wieder im Dunkeln! Nun kam doch wieder die Angst um den Hasen hoch! Nach kurzer Überlegung, schlüpfte ich hinterher und bemerkte zwei schwarze Bäume. Die sahen alt und knorrig aus und versperrten mir den Weg. Ich hatte die „Schnauze“ voll und griff nach den Bäumen, riss sie auseinander und wollte durch! Es roch ekelhaft und der Baum schrie auf.

Ich wurde wieder angegriffen.

Es war wieder der Bär. Der zerrte mich mit aller Kraft aus der Höhle und wieder kam es zum Kampf, Mann gegen Bär. Mein Adrenalinspiegel stieg ins Unerträgliche. Ich wurde immer wütender, ballte die Faust und schlug zu. Ein zweiter Bär griff nun auch noch an und ich holte zu einem Rundschlag aus.

Dazu kam es nicht mehr. Ich spürte einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf und mir wurde schwarz vor Augen.

Am nächsten Morgen

Als ich wieder zu mir kam, brummte mir der Schädel und es hämmerte und hämmerte.

Ich machte ganz langsam die Augen auf und sah einen grünen Busch. Den Busch kannte ich. Ich wollte mich aufrichten und stützte mich auf einen viereckigen Gegenstand. Dieser Gegenstand hatte sogar einen Griff. Als ich mich aufgerichtet hatte, stellte ich fest, dass es mein alter Koffer war, der neben mir lag. „Das gibt’s doch nicht, wie kommt denn der Koffer hier her?“ Ich drehte mich um und sah, dass ich vor meiner Haustür stand. Ich wollte hinein und suchte nach dem Schlüssel. Leider fand ich den Schlüssel nicht und ich musste klingeln. Hoffentlich hatte ich den Schlüssel nicht verloren. Heidi machte auf und schaute mich mit aufgerissenen Augen an. Sie war wütend.

„Schatz, warum bist du wütend? So kenne ich dich ja gar nicht?“

„Halt ja dein Maul und sprich mich nie wieder an!!! Du warst gestern Abend total besoffen und hast dich wie ein alter Ochse benommen! Erst bist du hinter einer dämlichen Katze hergerannt, dann hast du den Kellner umgehauen, bist anschließend unter den Tisch gekrochen und wolltest der Frauen zwischen die Beine grapschen! Dann hast du das verschüttete Bier vom Fußboden aufgeleckt und bist weiter zur Oma! Als du ihr auch noch unter den Rock kriechen wolltest, hat es uns gereicht und wir haben dich unterm Tisch vorgezogen! Dann wolltest du dich auch noch mit uns prügeln und schlugst um dich! Da habe ich eine große Bratpfanne aus der Küche geholt und sie dir auf den Kopf gedroschen! Danach war endlich Ruhe! Die Gäste waren alle entsetzt, die Stimmung im Keller und alle wollten nur noch nach Hause!“

„Also, nimm deinen Koffer und sieh zu, dass du von uns verschwindest! Hier kommst du auf keinen Fall mehr rein! Den Haustürschlüssel hast du übrigens auch nicht mehr!“

Die Tür knallte zu.

Ich stand wie versteinert da und konnte nichts mehr sagen, konnte das einfach nicht begreifen. Somit galt der Blick dem Koffer. Ich schüttelte noch mal mit dem Kopf und ging. Auf der Straße stand ausgerechnet ein Junge, der mir weitläufig bekannt war.

„Guten Morgen, Herr Glaubmirnix, fahren Sie in den Urlaub?“

„Na ja, so kann man das auch nennen.“

„Nehmen Sie Ihre Frau und die Kinder nicht mit?“

„Nein, ich nehme sie nicht mit.“

„Na dann werden die aber traurig sein!“

„Ja, werden sie!“, ich wollte nicht mehr antworten und ging zügig weiter. Bei jedem Schritt dröhnte der Kopf.

„Was ist denn gestern Abend nur schief gelaufen?“ Ich zählte in Gedanken meine Getränke zusammen: „Hab doch nur 1, 2, 3, 4, 5, 6 Bier getrunken und 1, 2, 3, … 6, 7, … 10, … 14, 15, … 21, 22, 23, 24, … 28 Schnaps (Osterwasser)! Daran kann es nicht gelegen haben! Es kann nur so gewesen sein: Einer von den 28 Schnäpsen war schlecht!“

Zwei Wochen später

Ich ging gemütlich durch die Stadt und sah an der Straßenecke auf Höhe der Bushaltestelle die „Alte Gräfin“. Ich sah, wie sie den Straßenverkehr beobachtete und dachte mir dabei: „Die will bestimmt über die Straße und traut sich nicht! Das ist meine ultimative Chance alles wieder gut zu machen!“ Ich fasste allen Mut zusammen und ging hin, legte eine freundliche Miene auf und sprach mit einschmeichelnder Stimme: „Guten Tag, liebe Oma, kann ich dir irgendwie helfen?“ Die „Alte Schachtel, nein Gräfin“, schaute mich mit einem verächtlichen Blick an und es kam so, wie es kommen sollte. Sie schimpfte und fluchte in den lautesten Tönen. Ich verstand nur noch Worte wie: „Selten dämliches Rindvieh, dusseliger Hammel, dummes Kamel!“, und so weiter.

„Ich will doch nur um Verzeihung bitten!“

„Da gibt es nichts zu verzeihen!!!“

Und es wurde noch ein Versuch gestartet. „Du willst doch bestimmt über die Straße? Komm, ich helfe dir!“ Ich nahm sie am Arm und wollte mit ihr loslaufen und das nächste Gewitter stürzte auf mich ein. „Beruhige dich doch, ich meine es doch nur gut mit dir!“ Ich überlegte und mir fiel die Werbung im Fernseher ein, wo ein junger Mann eine alte Frau gegen ihren Willen über die Straße brachte und sie dadurch ihren Bus verpasste.

„Aha, die „Gräfin“, will nicht über die Straße, die will mit dem Bus mit!“ Im gleichen Augenblick näherte sich auch schon der Stadtbus. Er fuhr an die Haltestelle, hielt an und öffnete die Türen. Das war meine allerletzte Chance alles wieder gut zu machen, denn die hatte hundertprozentig auf den Bus gewartet. Weshalb sollte sie sonst hier an der Bushaltestelle stehen? Ich nahm sie wieder am Arm und das Gewitter ging wieder los. Ich ignorierte die Schimpferei, führte sie zum Bus und schob sie rein. Der Fahrer machte gleich große Augen. Ich erklärte ihm, dass wir uns nur ein wenig gestritten hätten und sonst alles in Ordnung sei. Der Bus schloss die Türen und fuhr los.

„Gott sei Dank!“

Hinter mir ging die Tür von der Apotheke auf und meine „Fast-Ex“, stand vor mir! „Ach du große Scheiße!“

„Hast du meine Großmutter gesehen? Die wollte hier auf mich warten!“

Ich war sprachlos.

Sie wieder: „Du sprichst wohl nicht mehr mit mir?“

Ich immer noch sprachlos.

„Jetzt zum zweiten Mal! Hast du meine Großmutter gesehen?“

„Warum soll ich mit dir sprechen, hab kein Interesse an einem Gespräch mit dir!“

Jetzt wurde Heidi freundlicher (aber nur weil sie verzweifelt war).

„Bitte, hast du nun meine Großmutter gesehen oder nicht?“

„Ja!“, sagte ich und erzählte weiter: „Die ist gerade in den Bus eingestiegen“, und zeigte in die Richtung, in der der Bus noch zu sehen war.

„Was? Wo ist die? Im Bus? Wie kommt die in den Bus?“

„Ich dachte, die will mit dem Bus mit und hab’ ihr reingeholfen!“

Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was sie mir noch alles an den Kopf geschmettert hat und sie rannte hinterher.

Ich sagte noch: „Ich bin hier, wenn du Hilfe brauchst!“, glaube aber, dass sie das nicht mehr gehört hat.

Vier Tage später

Es war der gleiche Ort und die gleiche Zeit. Ich war mit meinen neuen Kumpels zusammen und trank gemütlich mein Bierchen!

Meine „Fast-Ex“ kam aus der Apotheke und sah mich an: „Guten Tag, Erich!“

Ich war ganz schön erstaunt und grüßte zurück, hielt aber dabei meine Flache Bier hinter meinem Rücken versteckt, in der Hoffnung, dass sie diese noch nicht gesehen hatte.

„Du“, sagte sie, „trinkst wohl schon am helllichten Tage? Und das mit diesen Pennern da?“

Mist, sie hatte die Flasche doch gesehen!

„Sei jetzt ganz einfach ruhig, ich will hier keine Ausreden hören! Ich will dir was sagen! – Du sollst nach Hause kommen, deine Kinder vermissen dich!“

Ich war sprachlos.

„Meine Oma ist dir auch nicht mehr böse, denn sie hat im Bus eine alte Freundin aus Kindheitstagen wiedergetroffen. Die besuchen sich jetzt fast jeden Tag und sind glücklich, denn sie können nun ungestört über ihre alten Zeiten schwatzen.“

„Aha!“, ich denke mir: „Das hab ich also der „Alten Gräfin“ zu verdanken, dass meine „Fast-Ex“ hier ist. Die hat doch überall die Pfoten im Spiel und zieht gerne die Fäden in der Familie!“ Dennoch freute ich mich auf mein Zuhause. Aber das wollte ich ihr noch nicht sagen.

„Und gucke dich mal an, wie du aussiehst! Total dreckig! Du kannst bei mir duschen und dich umziehen! Zum Mittagessen gibt es Roulade mit Rotkohl!“

Nun war ich mir sicher, dass alles wieder in Ordnung kommt. Mir fiel das Sprichwort ein:

„Es gibt Tage im Leben, da scheint ganz einfach die Sonne! Der heutige Tag gehört dazu!“

Aber ich sagte zu Heidi: „Ich brauch deine Dusche nicht, ich nehme hier die Freiluftdusche und wenn ich mich dann neu eingekleidet habe, kann ich ja mal vorbeikommen!“

Eine Frage hatte Heidi noch: „Was hattest du unter dem Rock von der fetten Gertrud zu suchen? Die hatte doch so ein komisches Kostüm mit quietsche bunten Blumen an?“

Mir fiel sofort die Blumenwiese ein, ich sagte aber: „Ich kann mich an nichts erinnern!“

 

Mir wurde es Übel bei dem Gedanken: Ich und unter dem Rock der fetten Gertrud! Nein!

„Ja Erich!“, sagte Leo: „Das ist im ewigen Kampf der Geschlechter eindeutig ein Sieg für deine Frau!“

„Leo, sei ja ruhig! Erzähl mir nicht, dass du in deinem Leben noch nicht besoffen warst! Denn das könntest du nur deiner Großmutter erzählen und nicht mir!“

„Können wir nicht das Thema wechseln?“, versuchte Leo von sich abzulenken, denn Erich wusste ganz genau, dass auch Leo gern mal zu tief ins Bierglas schaut.

„Na gut, wechseln wir das Thema und unterhalten uns über deine Operation.“

Der Leistenbruch

Bevor Leo anfing zu erzählen, schauten beide noch mal über den Tatort und stellten fest, dass sich nichts geändert hatte.

„Kaffee gefällig? Ich hab noch welchen in der Thermoskanne!“

„Nee, lass mal, hab keinen Durst mehr!“

„Leo, ich hab’s nur gut gemeint!“

Erich nahm trotzdem die Thermoskanne, schenkte sich ein, um beim Zuhören genüsslich seinen Kaffee zu schlürfen. Er hatte dabei auch langsam das Gefühl, als wolle er zu der fortgeschrittenen Stunde langsam müde werden. In so einer Situation kann ein Kaffee schon mal kleine Wunder bewirken. Immerhin sollten ja nebenbei die Kabeldiebe gefasst werden.

„Los Leo! Erzähl schon!“

„Ich hatte einen Leistenbruch und bin ins Krankenhaus. Dann wurde ich operiert und bin wieder raus!“

„Ha, ha! Das war nur die Kurzfassung! Du hast es mir versprochen!“

„Na gut! Es war doch ein bisschen mehr. Aber das will ich dir gleich sagen, so was Spektakuläres wie bei dir ist da nicht passiert!

Ich war pünktlich um 07 : 30 Uhr im Krankenhaus und meldete mich bei der „Information“. Hier schickte man mich gleich weiter zur Notfallambulanz: „Gehen Sie immer den Flur lang! Am Ende geht’s nach links und wenn Sie dann vor einer geschlossenen Tür stehen, klingeln Sie!“

„Hurra, ich bin der Erste!“ Mit dem Gedanken stand ich vor der beschriebenen Tür und die Schwester öffnete mit einem freundlichen „Guten Morgen!“. Ich trat ein und begrüßte die Schwester ebenfalls mit einen freundlichen „Guten Morgen!“. Im angrenzenden Büro nahm ich erst mal Platz und der Papierkrieg hätte beginnen können. Nun klingelte laufend das Telefon und ständig wollte einer was von der diensthabenden Schwester. Sie schien gleich am frühen Morgen überlastet zu sein. Ich beobachtete sie eine Weile und war erstaunt, wie sie den Stress mit einer Seelenruhe bewältigte und dabei ihr Lächeln nicht verlor. Vor so einer Frau konnte man nur den Hut ziehen, denn mein Nervenkostüm wäre wahrscheinlich schon lange zusammengebrochen. Ich wollte fertig werden und in mein Zimmer und es klingelte wieder. Dieses Mal an der Tür.

„Schwesterchen! Sie kümmern sich um den Papierkrieg und ich geh zur Tür!“

Der misstrauische Blick und das „Nein, ich mach das schon!“, konnten mich nicht aufhalten. An der Tür stand ein junger Mann: „Ich hab hier eine Einweisung!“

Ich öffnete die Tür: „Zeigen Sie mir bitte mal die Einweisung!“ Ich wusste nicht, ob meine Handlung richtig war, aber als Polizeibeamter schaut man schon mal genauer hin. Ein kurzer Blick auf das Dokument verriet die Richtigkeit. „Kommen Sie bitte mit! Setzten Sie sich hier auf den Stuhl! Seien Sie bitte ruhig und warten Sie hier, bis Sie dran sind!“

Kurz darauf klingelte es schon wieder und die Prozedur wiederholte sich. Auch er wurde von mir platziert. Dann war endlich der Papierkrieg vorbei und das Schwesterchen sagte: „Ich bedanke mich bei Ihnen. Ich hätte es nicht besser machen können!“

Als ich das Zimmer betrat, lag da schon ein anderer Patient. „Kein Problem!“, dachte ich. Es ist ja nur für eine Nacht und ich bin dann wieder weg. Der Kleiderschrank wurde eingeräumt und dann war das Bett mein nächstes Ziel. Hier erwartete ich die Operation.

Es dauerte nicht lange und die Tür ging auf.

„Guten Morgen! Sind Sie der Herr Löwinger?“

„Ja, der bin ich!“

„Ich bin Schwester Carola! Machen Sie mal einen Arm frei, ich will bei ihnen den Blutdruck messen!“

„Oho! 168 zu 95! Ganz schön hoch!“

Ich konnte mir den dummen Spruch nicht verkneifen: „Das ist ja auch kein Wunder, wenn nur attraktive Schwestern hier reinkommen, da geht halt der Blutdruck in die Höhe! Bis eben war der Blutdruck noch ganz normal!“

Frage der Schwester: „Nehmen Sie Blutdrucktabletten?“

„Ja!“

Nun lächelte die Schwester und ich bekam prompt eine Antwort auf meine Anspielung: „Na dann ist ja alles klar, Herr Löwinger! Ab sofort schicke ich meine Kollegin rein, die ist 64. Da bleibt Ihr Blutdruck unten.“

„Neeeee, lieber nicht!“

„Und weil wir gerade beim Blutdruck sind. Ich brauch noch welches von ihnen.“ Die Schwester zwinkerte mit den Augen und holte so was wie eine Spritze raus.

„Ich hab dabei nur eine Bitte: Lassen Sie noch ein bisschen Blut für die Operation übrig! Sonst hat der Doktor nichts mehr zu tun an mir.“

„Da können Sie ganz beruhigt sein“, sagte sie und holte ein Röhrchen nach dem anderen raus und füllte sie mit meinem Lebenssaft.

„Oh, vier Ampullen mit Blut? Ist aber ’ne ganze Menge, mein Schwesterchen?“

„Keine Angst! Als weiteren Höhepunkt habe ich hier noch eine schöne Thrombose-Spritze! Und zum Schluss, müssen Sie sich noch ausziehen! Hier haben Sie ein Operationshemd und diese Thrombose-Strümpfe müssen auch angezogen werden! Ich gehe solange raus.“

Die Schwester verschwand wieder. Aber wenn du denkst, dass das alles war, haste dich gewaltig geirrt.

Die Schwester kam wieder rein. „Gott sei Dank!“, nicht die Vierundsechzigjährige. Dieses Mal mit einem Tuch und einem Nassrasierer.

„Legen Sie sich flach hin!“

Ich tat wie befohlen und Schwester Carola nahm das Hemd hoch und die ganze Männlichkeit lag frei. „Keine Angst, ich rasiere Sie nur!“, und die Klinge machte ihre Arbeit. Es kann nur der Schreck gewesen sein, der die Situation für mich rettete. Ich sah die Schwester an, sie war ja wirklich attraktiv. Normalerweise würde in so einer Situation bei mir alles überkochen. Aber im Moment tat sich nichts. Ich bin mir sicher, dass sie im Anschluss meine Schweißperlen auf der Stirn gesehen hat.

So ist das nun mal im Krankenhaus: „Was für den einen der blanke Horror ist. Ist für den anderen nur Routine, weiter nichts.“

Dann ging die Tür wieder auf, und ich wurde in den Operationsaal geschoben.

Als ich wieder zu mir kam, war ich schon auf dem Weg in mein Zimmer. Dass der Fernseher lief, störte mich nicht im Geringsten. Ich war eh noch schläfrig. Dann hörte ich im Unterbewusstsein ein gleichmäßiges Stöhnen. Da es kein Ende fand, öffnete ich die Augen und sah bei meinem Zimmergenossen eine Ärztin, zusammen mit der Schwester Carola. Kurz darauf hörte das Stöhnen auf.

„Und wie geht es Ihnen?“, wurde ich im Anschluss von jener Ärztin angesprochen.

„Mir ist übel! Ich glaub, ich muss brechen!“

„Kein Problem, hier ist ein Eimer!“

Schwester Carola griff gleich zu und reichte ihn mir. Ich erholte mich, aber ohne zu erbrechen. Nun kam es zu einem Gespräch mit dem Bettnachbarn. Der erzählte nur von seiner Krankheit und das bis ins kleinste Detail. Ich konnte und wollte es mir nicht anhören, aber ich kam nicht drumherum. Weil das so schrecklich war, will ich es dir nicht zumuten. Deshalb reicht es, wenn ich dir sage, dass er eine offene Wunde am Bauch hatte und er bekam regelmäßig Spritzen gegen seine Schmerzen. Diese hielten zwei Stunden und danach kam das gleichmäßige Stöhnen zurück. Da kannst du dir ja vorstellen, was das für eine Nacht war. Selber Schmerzen, ständig ging das Licht an, die Nachtschwester kam rein, verabreichte ihm eine Spritze und das Licht ging wieder aus. Danach war kurzzeitig Ruhe und wenn du denkst, dass du einschlafen könntest, war das Stöhnen wieder da. Dann ging wieder das Licht an, die Nachtschwester kam rein und alles ging wieder von vorne los. Aber irgendwann wurde es hell und es konnte nicht mehr lange dauern und die schreckliche Nacht war vorbei.

„Guten Morgen, Herr Löwinger!“

„Guten Morgen, Schwesterchen!“

Endlich war Schichtwechsel und die Tagschicht war wieder da. Die Freude war groß, weil Schwester Carola wieder Dienst hatte.

„Na, wie war die Nacht?“

„Schwesterchen, fragen Sie lieber nicht. Ich hab die ganze Nacht kein Auge zu gemacht!“

„So schlimm?“

„Bin total kaputt!“, und schaute rüber zu meinem Zimmergenossen. Der schien endlich zu schlafen.

„Alles klar! Ich werde Sie jetzt aufmuntern und das geht gleich mit einer Thrombose-Spritze los! Wohin, wenn ich fragen darf?“

„Wo Platz ist, immer rein damit!“

„Also ins Bein“, und Carola stach zu.

Es dauerte dann auch nicht mehr lange und ich wurde aus dem Bett geschmissen, denn die Betten wurden frisch bezogen. Kurz darauf gab es Frühstück. Glaub mir, es war ein armseliges Frühstück. Maximal was für meine Zahnlücke. Egal, ich ließ es mir schmecken.

Ich war noch nicht richtig fertig, da kam Carola wieder rein: „Herr Löwinger, ich brauch noch mal Blut von Ihnen. Anordnung vom Chef!“

Ich machte wie immer meinen linken „Blutabnehme-Arm“ frei und sagte: „Bedienen Sie sich!“

Die Nadel fuhr wieder rein, verfehlte aber meine Ader.

„Verdammt, da kommt nix!“

„Schwesterchen, sie können ja fluchen? Hätte ich nicht gedacht!“

„Bringen Sie mich jetzt nicht durcheinander, ich muss mich konzentrieren!“

„Immer noch kein Blut? Nehmen Sie doch den anderen Arm!“

Aber nein, die Schwestern sind in dieser Hinsicht stur. Einmal gestochen und das Blut muss fließen, egal wie.

„Schwesterchen, ich hab eine Alternative! Legen Sie mich bitte noch mal an den Tropf und verabreichen Sie mir frisches Blut. Am besten vertrage ich das Blut in Form von Rotwein! Ich nehme auch gleich zwei Flaschen. Der sieht nämlich genauso aus wie Blut und Sie brauchen keine Blutgruppe zu beachten!“

„Hören Sie auf! Ich kann vor lauter Lachen kein Blut nehmen!“

Nach einer kurzen Pause wurde ein zweiter Versuch gestartet und siehe da, das Blut strömte. „Na sehen Sie, Herr Löwinger! Der Arzt hat doch noch ein bisschen Blut in Ihnen gelassen.“

„Ist auch gut so, sonst hätte ich auf den zwei Flaschen Rotwein bestanden!“

Bei der nachfolgenden Visite durch den Chefarzt wurde festgelegt, dass ich nach Hause darf und mein Zimmernachbar sollte auf die Intensivstation. Ich wünschte ihm alles Glück der Erde. Er konnte es gebrauchen. Nun war die Zeit gekommen und ich musste mich selber wieder anziehen. Am rechten Unterarm sah ich dabei vier Kratzer. Länge der Kratzer circa zehn bis zwanzig Zentimeter. Der Abstand zwischen den einzelnen Spuren verriet mir, dass es Fingernägel gewesen sein mussten. Wer hat solche Fingernägel? Richtig, Frauen! Mein bestes Stück hatte auch gelitten. Es war ein einziger Bluterguss. Der sah wirklich so aus, als wenn man ihn extrem lang gezogen, einen Knoten rein gewürgt und im Anschluss straff zugezogen hätte. „Was war da auf dem Operationstisch passiert?“ Das wird wohl für mich ein ewiges Geheimnis bleiben.

Als ich gegen Mittag entlassen wurde, gab ich den Schwestern zum Abschied noch zehn Euro in ihre Kaffeekasse und bedankte mich für ihre Freundlichkeit.

„Sie dürfen zu jeder Zeit wiederkommen!“

„Lieber nicht!“, war meine Antwort.

„Haste noch Fragen, Erich?“

„Ich hab noch einen Tipp für dich. Solltest du mal einen Leistenbruch haben, geh so schnell wie möglich hin und lass dich operieren. Warte nicht so lange wie ich, denn ich hatte auf der rechten Seite einen doppelten Leistenbruch und auf der linken Seite war es der Beginn eines Leistenbruchs.“

Unwillkürlich fasste sich Erich an seine Leisten und hoffte, dass sie ewig halten.

„So und nun bin ich wieder dran: Es war Sommer und ich machte Urlaub an der Ostsee. Ich hatte ein schönes Hotel am Strand gebucht und bin gleich im Morgengrauen des nächsten Tages aufgestanden, um den Sonnenaufgang über dem Meer zu erleben. Das Rauschen der Wellen war wie Musik in meinen Ohren und die einzige Unterbrechung dabei waren die Möwen, wenn sie ihr morgendliches Konzert dazu gaben. Aber die Schreie der Möwen harmonierten irgendwie mit dem Rauschen der Wellen …!“

Erich schaute rüber zu Leo. Er wollte fragen, ob er auch schon mal an der Ostsee war. Da merkte er, dass Leo nicht mehr reagierte. Er war eingeschlafen. Hier sieht man die vielen Jahre Nachtschicht! Es dauerte nicht mehr lange und Erichs Augenlider fingen auch an zu flimmern …

 

Erich schreckte hoch und war putzmunter, als er ein bekanntes Geräusch hörte, und sah sofort auf die Wiese. Hier landete gerade der „Fliegende Teppich“. Eine Gruppe von schätzungsweise zwölf Personen stieg ab und entfernte sich in Richtung Waldrand. Dort blieben alle noch mal stehen. Der Anführer schien noch irgendwelche Anweisungen zu geben, denn er zeigte mit seinem Arm in die verschiedensten Richtungen.

„Das ist meine Chance!“

Erich rempelte seinen Kumpel an, startete das Auto und fuhr los. Leo schreckte hoch und fragte nach, was denn los sei. Erich zeigte mit dem Finger auf den Teppich und fuhr genau drauf zu.

„Was soll denn das schon wieder? Das ist doch nur ein alter Teppich, was willst du denn damit?“

„Das ist der fliegende Teppich!“

„So ein Quatsch! Halte sofort das Auto an! Du hast wohl schlecht geträumt! Das du das nicht begreifst! Es gibt keine fliegenden Teppiche! Und außerdem hätte ich das sehen müssen, denn ich war die ganze Zeit über putzmunter!“

Erich ließ sich nicht beirren und fuhr weiter. Seine Aktion blieb auch auf der Gegenseite nicht unbemerkt. Die agierende Person drehte sich um, sah das fahrende Auto und stürmte los. Er rannte, als ginge es um sein Leben, zurück zum Teppich und der Rest von der Gruppe verschwand im Wald.

Erich gab Gas und schaltete hoch. Der Mann rannte immer schneller und wollte unbedingt zuerst am Teppich sein. Leo hatte die Augen weit aufgerissen und der Mund stand weit offen.

Da Erich unbedingt verhindern wollte, dass der Teppich wieder wegflog, wollte er mit dem Auto auf den Teppich drauffahren und dann anhalten! Der Gedanke war gut und der Wagen gleich da! Das Vorderrad war schon auf dem Teppich, als Erich anfing zu bremsen. Doch plötzlich gab es einen lauten Knall und das Auto kam ruckartig zum Stehen. Beide Airbags flogen ihnen um die Ohren, die Motorhaube war aufgesprungen und total verbeult!

Mit den Worten: „Das gibt’s doch nicht, was haste denn nun wieder gemacht?“, wurde Erich angefaucht! „Gucke mal da, das ganze Auto ist kaputt!“

„Begreife ich nicht, war doch nichts auf dem Teppich!“, gab Erich kleinlaut zurück und war schockiert.

Zwischenzeitlich kam auch der andere zum Auto und schaute genauso entsetzt wie Erich.

Jetzt half nur noch eins: „Raus aus dem Auto!“ Erich öffnete die Tür und der Fremde brüllte ihn gleich an: „Du haben kaputt alles gemacht! Ich nix mehr kann fliegen! Das dich kosten viel Geld, sehr viel Geld und noch mehr! Jedes Fluggast zahlen 5000 Euro! Geld jetzt fehlen! Haben du mich verstanden? Mussen du jetzt alles zahlen, ganz schnell, sonst ich dich hauen in Gesicht bis du seien tot!“ Dabei ballte er die Faust.

Auf der einen Seite stand Leo und machte ihm Vorwürfe wegen dem kaputten Auto und auf der anderen Seite stand der Fremde und schimpfte im gebrochenen Deutsch wie ein Rohrspatz. Die Situation drohte zu eskalieren. Leo hatte die Situation immer noch nicht so richtig geschnallt. Der Fremde, der die beiden nicht als Polizeibeamte erkannte, da sie in Zivil waren, fluchte weiter und stellte Forderungen: „Gib Geld, sonst kommen zwanzig Männer und hauen tot dich!“ Er zeigte in Richtung des Waldrandes.

Die Situation musste gemeistert werden!

Erich holte seinen Dienstausweis raus, griff sicherheitshalber zur Waffe und rief: „Bundespolizei! Jetzt ist hier Ruhe!“ Der Mann beruhigte sich tatsächlich ein bisschen, war aber immer noch aggressiv.

„Ihren Personalausweis, bitte! Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich kooperativ verhalten!“

„Ausweis ich nix habe und du nix Polizei! Du haben kein Uniform, Polizei immer Uniform! Du machen kaputtes Auto weg und ich nehmen Teppich und gehen zu Wald!“

Es hatte keinen Zweck, es musste gehandelt werden: „Sie schleusen die Menschen illegal nach Deutschland! Sie nutzen ihre Notlage aus und bereichern sich an ihnen! Sie sind vorläufig festgenommen!“

Leo, der sich zwischenzeitlich von seinem Schock erholt hatte, griff nach seinen Handschellen, als unvermittelt mehrere Blitze durch den Nachthimmel zuckten und der Teppich hell aufleuchtete. Es folgte ein Knistern und Knacken. Und Leo schrie: „Deckung, das Auto explodiert!“ Das Auto explodierte nicht, aber auf dem Teppich wurde eine große Maschine sichtbar. Nachdem Erich den zweiten Schock überwunden hatte, wurde seine Neugier geweckt und er schaute wieder hin. Wie sollte Erich das beschreiben? Es war ein großer metallener Kasten. Der war total verkabelt und überall waren mit weißer Farbe nicht lesbare Schriftzeichen aufgepinselt. Am oberen Ende der Maschine befanden sich mehrere Hebel und Knöpfe. Das war die Erklärung für die gehobenen Arme des Mannes beim Fliegen. Der hatte ganz einfach eine Maschine bedient. Rechts daneben befand sich eine große Spule.

„Ich bin ja kein Techniker, aber ich kann mir schon vorstellen, dass man mit der Spule so eine Art Magnetfeld erzeugen kann, mit dem der Teppich vom Boden abhebt.“

Seine Gedanken gingen weiter, denn es musste noch ein Magnetfeld geben, welches die Maschine unsichtbar machte und bei dem Zusammenprall kollabiert ist. Erich ging einmal um das Gerät herum und fand ein Schild: „Made in China.“ Natürlich, … aus China, woher denn sonst? Erich wollte mehr erfahren und wandte sich wieder an den Fremden. Dieser saß zwischenzeitlich mit Handschellen auf dem Rücksitz des kaputten Polizeiautos und schaute mit eiserner Mine dem Erich in die Augen. Erich fragte: „Was sind Sie denn eigentlich? Sind Sie ein Teppichführer? Oder ein Teppichflieger? Oder sind Sie ganz und gar ein Teppichkapitän? Oder nur ein Überflieger?“

Prompt kam die Antwort: „Ich nix verstehen!“

„Warum schleusen Sie illegal Menschen nach Deutschland?“

„Ich nix verstehen!“, kam zum zweiten Mal die Antwort.

„Was mich am meisten interessiert ist: Wie viel Geld verdienen Sie bei so einer Schleusung?“

„Ich nix verstehen!“

„Naja, jetzt versteht der kein Deutsch mehr, macht nix, kriegen wir halt später raus!“

Erich schaute wieder zur Maschine und entdecke nun auch noch eine längliche Blechkiste. Dem Anschein nach diente sie als Sitzbank. Die Neugierde war wieder geweckt. Erich ging hin und hob den Deckel an und seine Augen fingen an zu leuchten. Hocherfreut rief er zu Leo rüber: „Ich glaub, wir haben den Buntmetalldieb. Hier hab ich allerhand Schneidwerkzeug und Kupferkabel gefunden. Da kriegt der Ermittlungsdienst nun doch allerhand zu tun.“ Und dann schoss dem Erich ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf: „Wie bringe ich das meinem Chef bei? Verdammt! Das glaubt mir doch keiner!“

Für Erich war es dennoch ein Sieg auf der ganzen Linie. Allerdings mit einem bitteren Beigeschmack.

Einige Monate später war in der Zeitung folgender Beitrag zu lesen:

Die Bundeswehr hat eine vollkommen neue und zukunftsweisende Antriebstechnik für Flugzeuge entwickelt. Ein Sprecher der Bundeswehr sagte gegenüber unserer Zeitung: „Wir sind jetzt in der Lage, Leichtflugzeuge mit einem Magnetfeld fliegen zu lassen. Weiterhin beherrschen unsere Ingenieure eine Technik, mit der wir diese Flugzeuge für feindliche Einheiten unsichtbar machen. Auf Deutsch gesagt, wir setzen dem Flugzeug eine Tarnkappe auf und in Zukunft werden wir in der Lage sein, Jagdflugzeuge damit auszurüsten. Da diese Technologie der Geheimhaltung unterliegt, möchten wir hierzu keine weiteren Informationen bekanntgeben.“