Meteorologie

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Bildquellen

Die Grafiken fertigten Helmuth Flubacher und Bernd Burkart nach Vorlagen des Autors und aus der Literatur. Die Quellen der Fotos und Zeichnungen sind in den jeweiligen Abbildungsunterschriften nachgewiesen. Ist keine Quelle angegeben, stammt die Abbildung vom Autor.

Wichtige Wettersymbole


Alle Seitenverweise im Text beziehen sich auf die gedruckten Buchseiten. Die im E-Book zusätzlich eingefügten und gelb markierten Ziffern geben das Seitenende einer Buchseite an:

Flüssigkeitsthermometer für die Bodentemperaturmessung gibt es in zwei Ausführungsformen. Für Tiefen bis zu 20 cm benützt 382 man fest in den Boden eingebaute Quecksilberthermometer mit entsprechend langem Rohr. Damit leichter abgelesen werden kann, sind diese über dem Erdboden schräg abgeknickt und zum Schutz vor Brüchen in ein Stativ eingespannt. In dieser Form gibt es Erdbodenthermometer auch in Maximum- und Minimumausführung.

8.2 Niederschläge und Beschläge

Der Niederschlag gehört zu den schon am längsten beobachteten meteorologischen Elementen. Bereits vor 5000 Jahren ließen die chinesischen Herrscher den Regen in Behältern sammeln und messen. Aus alten Aufzeichnungen weiß man auch, dass zur Zeit vor Christi Geburt in Indien und Israel der gefallene Regen systematisch aufgezeichnet wurde. Ab 1533 sind auch Niederschlagsmessungen aus Chile bekannt. Die ersten genaueren Messungen jedoch, zumindest aus dem europäischen Bereich, sind erst für das Jahr 1677 in Lancashire in England belegt. Aus England, und zwar aus Kew bei London, stammt auch die längste Niederschlagsmessreihe der Welt. Sie begann 1697 und wird bis heute ununterbrochen fortgeführt.

Das erste internationale Klimanetz, das auch den Niederschlag in seinem Beobachtungsprogramm enthält, wurde 1780 von Kurfürst Karl Theodor von Bayern und der Pfalz ins Leben gerufen. Es 383 umfasste 39 Stationen und reichte von Massachusetts (USA) bis zum Ural und von Grönland und Südskandinavien bis nach Italien.

1Atmosphäre

Die Meteorologie gehört zu den Wissenschaften, die sich mit der Atmosphäre der Erde beschäftigen. Es ist daher angebracht, sich zunächst einige grundsätzliche Gedanken über eine solche Gashülle zu machen und wenigstens in Umrissen ihren Entstehungsweg und ihre Geschichte zu skizzieren.

1.1Allgemeines über Atmosphären

Betrachtet man die Himmelskörper in unserem Sonnensystem, so fällt auf, dass Atmosphären keineswegs eine Selbstverständlichkeit sind. So hat beispielsweise gleich unser nächster Nachbar im Raum, der Mond, keine Atmosphäre.

Es drängt sich daher die Frage auf, woher es kommt, dass die Erde von Luft umgeben ist, der Mond dagegen nicht. Die Antwort darauf gibt uns die Physik in der kinetischen Gastheorie. Danach bewegen sich die Teilchen eines Gases im Mittel umso schneller, je höher ihre Temperatur ist. Weiter sagt diese Theorie, dass bei gleicher Temperatur die schweren Teilchen langsamer und die leichten Teilchen schneller fliegen.

Aus Nachbarwissenschaften

Nach der molekularkinetischen Theorie ist die Temperatur ein Ausdruck für die Intensität der Molekularbewegung. Die mittlere Molekulargeschwindigkeit beträgt bei:


0 °C100 °C
H2:18402153 m/s
O2:460539 m/s
CO2:393450 m/s

Da die Bewegungsrichtung der Moleküle in einem Gas den Regeln der Statistik folgt, muss jede Richtung vorkommen. Auf eine Atmosphäre bezogen bedeutet das, dass sich zu jedem Zeitpunkt ein Teil der Moleküle von der Oberfläche des Himmelskörpers weg nach oben bewegt. Haben sie dabei eine Geschwindigkeit, die ausreicht, seine Anziehungskraft zu überwinden, so können sie ihm entfliehen und in den Weltraum hinaus verschwinden. Im realen Fall ist ein solcher Vorgang natürlich viel komplizierter als hier dargestellt, jedoch ist das Ergebnis das gleiche. Ob um einen Himmelskörper eine dauerhafte Atmosphäre existieren kann, hängt also zunächst davon ab, ob er in der Lage ist, mit seiner Schwerkraft die Gasmoleküle genügend fest an sich zu ziehen oder nicht.

Die erste Voraussetzung für eine Atmosphäre ist also zwangsläufig eine ausreichende Größe des Himmels­körpers. Ist er zu klein und damit seine Anziehungskraft zu schwach, dann diffundieren die Gase weg, und es kann sich keine Atmosphäre halten.

Die zweite Voraussetzung ist, dass die Temperatur an der Oberfläche des Himmelskörpers nicht zu hoch ist. Wenn es dort sehr heiß ist, haben die Gasteilchen eher die Chance, eine Geschwindigkeit zu erreichen, die ihnen das Entfliehen ermöglicht, als wenn es kühl ist. Der Temperaturgrenzwert ist natürlich bei jedem Himmelskörper anders. Bei einem großen mit stärkerer Gravitation liegt er höher als bei einem kleinen.

Drittens muss das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Gase berücksichtigt werden. Da die Moleküle mit den kleinen Molekulargewichten schneller sind als die mit den großen, gelingt es ihnen eher, den Fesseln der Gravitation zu entkommen, als den anderen. Wasserstoff und Helium werden also leichter wegdiffundieren als Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid.

Vergleicht man die Himmelskörper unseres Planetensystems unter diesen drei Gesichtspunkten, so kommt man zu folgendem Gesamtbild: Der Mond ist wesentlich kleiner als die Erde. Seine Schwerkraft beträgt nur 17 % der Erdschwere. Gleichzeitig erhitzt er sich auf der sonnenbeschienenen Seite bis über 130 °C. Zum Vergleich: Auf der Erdoberfläche werden 40 °C nur unter extremen Bedingungen überschritten. Der Mond hat deshalb keine Möglichkeit, eine Atmosphäre festzuhalten.

15 Die Erde dagegen kann die schwereren Gase bereits an sich binden, die leichten aber entfliehen auch ihrer Schwerkraft. Erst die großen Planeten wie etwa Jupiter und Saturn vermögen auch so leichte Gase wie Wasserstoff und Helium in größeren Mengen in ihrer Atmosphäre zu halten.

Die Betrachtungen über Atmosphären von Himmelskörpern in unserem Sonnensystem wurden bewusst sehr stark vereinfacht. Tatsächlich handelt es sich dabei um komplizierte und längst nicht vollständig geklärte physikalische Probleme.

1.2Geschichte der Erdatmosphäre

Es wäre ein großer Irrtum zu glauben, die Erdatmosphäre sei irgendwann einmal entstanden und dann bis heute unverändert erhalten geblieben. Sie hat vielmehr eine bewegte Geschichte hinter sich, in der sich ihre chemische Zusammensetzung mehrfach von Grund auf geändert hat. Abbildung 1.1 zeigt schematisiert die chemischen Veränderungen im Verlauf der Atmosphärengeschichte.


Abb. 1.1 Geschichte der Erdatmosphäre.

Präsentation

Wer sich die Geschichte der Erd­atmosphäre gerne in Form einer Power-Point-Präsentation anschauen möchte, findet dazu Gelegenheit über den Link.

https://elibrary.utb.de/doi/suppl/10.36198/9783838555041

Die Bildung der ersten Atmosphäre ist eng verknüpft mit der Entstehung des Erdkörpers und des Sonnensystems. Vor etwa 4,6 Mrd. Jahren rotierte im Weltall eine riesige, kugelförmige, sich aber allmählich verflachende Wolke aus kos 16 mischen Gasen, Staubpartikeln und größeren Materiebrocken. In diesem wogenden und wabernden Gebilde kam es zu unzähligen Zusammenstößen zwischen Materieteilchen verschiedenster Größe. Und bei vielen dieser Zusammenstöße bewirkte die Schwerkraft der Teilchen nicht nur ein Zusammenprallen, sondern auch ein Zusammenballen zu immer größeren Klumpen. Je größer ein Brocken wurde, desto größer wurde auch seine Schwerkraft, sodass er immer mehr Materie aus seiner Umgebung an sich reißen konnte. Keppler (1988) vergleicht diesen Vorgang sehr anschaulich mit dem Verlauf eines Monopoly-Spiels. Auf diese Weise wuchsen die Sonne, die Planeten, die zahlreichen Planetoiden und die Kometen heran. Innerhalb von etwa 10 Mio. Jahren hatten sie es geschafft, das Sonnensystem sozusagen leerzufegen.

In diese Zeit fällt wahrscheinlich auch die Entstehung einer ersten Erdatmosphäre, die häufig als Uratmosphäre bezeichnet wird. Sie muss sich gebildet haben, als der Erdkörper groß genug geworden war, eine Gashülle an sich zu binden. Sie dürfte sich aus den gleichen Gasen mit den gleichen Konzentrationen zusammengesetzt haben, wie wir sie noch heute im interstellaren Raum vorfinden: 92 % Wasserstoff (H2), 7 % Helium (He), 0,03 % Kohlendioxid (CO2), 0,008 % Stickstoff (N2), 0,006 % Sauerstoff (O2), dazu weitere in Spuren (Quellen → Schönwiese, 2020). Diese Atmosphäre ist der Erde jedoch im Lauf von einigen 100 Mio. Jahren wieder restlos verloren gegangen. Zwei Vorgänge waren dafür verantwortlich. Erstens erhitzte sich die Erde unter dem ständigen Bombardement mit Weltraum-Materie allmählich so stark, dass sie glutflüssig wurde. Die Erhitzung alleine hätte also schon genügt, die Atmosphäre wegdiffundieren zu lassen. Es kam aber noch ein Ereignis von gigantischem Ausmaß dazu: Als die Temperatur im Zentralgestirn des Sonnensystems 10 Mio. Grad erreicht hatte, zündete dort der bekannte Kernfusionsvorgang, der den bislang dunklen Materiehaufen in einen hell leuchtenden Stern verwandelte. Das war vor etwa 4,5 Mrd. Jahren. Mit der Kernfusion muss ein unvorstellbarer Sonnenwind eingesetzt haben. Man versteht darunter einen von der Sonne ausgehenden Strom elektrisch geladener Elementarteilchen. Er dürfte etwa 1000-mal so stark gewesen sein wie heute. Ihm hätte keine noch so stabile Atmosphäre standhalten können. So wurden die Atmosphärengase von der Erde weggerissen und in die äußeren Bereiche des Sonnensystems verblasen.

 

Als sich die Materie des Sonnensystems mehr und mehr auf die verbliebenen Himmelskörper verteilt hatte, wurden die Einschläge allmählich weniger. Damit ließ auch die Aufheizung nach und die Erde fing an, sich infolge der Wärmeabstrahlung (→ Kap. 3.3, S. 167) langsam abzukühlen. Während dieses Abschnittes der Erdgeschichte muss ein unvergleichlicher Vulkanismus geherrscht haben, der zusammen mit der Ausgasung der Gesteine und Lavamassen vor etwa 4 Mrd. Jahren eine neue Atmosphäre entstehen ließ.

Neben den im Text bereits erläuterten Vorgängen gibt es noch zwei weitere, die dazu beigetragen haben, dass die Uratmosphäre wieder restlos verschwunden ist: Mit dem Massenwachstum der Erde nahm auch ihre Gravitation stetig zu. Das führte zu einer Kontraktion des Erdkörpers. Solche Vorgänge setzen eine gewaltige Wärmemenge frei, die wesentlich zur Erhitzung unseres Planeten beigetragen hat. Ein weiterer Beitrag zur Temperatursteigerung geht auf die Wärmefreisetzung aus dem Zerfall radioaktiver Substanzen zurück.

Aus welchen Gasen mag sich die zweite Atmosphäre zusammengesetzt haben? Erste Anhaltspunkte liefern uns die heute noch tätigen Vulkane. Danach dürfte die zweite Erdatmosphäre zu etwa 80 % aus Wasserdampf, zu rund 10 % aus Kohlendioxid (CO2) und zu 5 bis 7 % aus Schwefelwasserstoff (H2S) bestanden haben. In Konzentrationen um 0,5 % waren außerdem Stickstoff (N2), Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO), in Spuren Methan (CH4) und Ammoniak (NH3) enthalten.

Von den meisten dieser Gase enthält die Atmosphäre heute nur noch winzige Spuren. Was ist aus ihnen geworden? Wohin sind sie verschwunden? Der leichte Wasserstoff konnte der irdischen Gravitation entkommen und in das Weltall hinausdiffundieren. Mit fortschreitender Abkühlung begann Wasserdampf zu kondensieren und bildete ab etwa 2,3 Mrd. Jahren vor heute die Weltmeere, in denen sich gewaltige Mengen Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff lösten. 17 Bei Reaktionen mit anderen Inhaltsstoffen des Meerwassers sind aus ihnen Feststoffe geworden, die sich als Sediment auf dem Meeresboden abgelagert haben. Auf diese Weise erreichte das Wasser nie volle Sättigung, sodass ein ständiger Transport von der Atmosphäre über die Ozeane zu den Sedimenten aufrechterhalten blieb, der der Atmosphäre riesige Gasmengen entziehen konnte.

Wasser könnte auch noch auf anderem Wege auf die Erde gekommen sein: Wasser ist Bestandteil der Materie, aus dem sich das Sonnensystem gebildet hat. Es war sicherlich schon vor der Entstehung der Erde im Sonnensystem vorhanden. Man diskutiert deshalb auch, dass das Wasser in der Frühzeit durch Einschläge von Kometen, die man treffend als tiefgefrorene, gigantische Schneebälle beschreibt, auf die Erde gekommen ist. Die Kometen umkreisen zu Millionen als „Oortsche Wolke“ unser Sonnensystem. Es gibt Forscher, die glauben, dass viele Kleinkometen auch heute noch ununterbrochen auf die Erde treffen und in der hohen Atmosphäre verdampfen. (www.chemieunterricht.de/dc2/wasser/wstoffl.htm)

Durch die intensive ultraviolette Sonnenstrahlung wurden darüber hinaus ständig Ammoniak, Methan und Wasserdampf aufgebrochen. Der dabei freigesetzte Wasserstoff konnte kontinuierlich wegdiffundieren, die verbliebenen reaktionsfreudigen Kohlenstoff- und Sauerstoffmoleküle haben sich rasch verbunden, nur der chemisch träge Stickstoff überdauerte die Zeiten unverändert.

Auf diese Weise entstand im Lauf von 2,5 Mrd. Jahren eine dritte Atmosphäre. Sie enthielt im Wesentlichen Stickstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf.

Damit ist aber die Entwicklungsgeschichte der Erdatmosphäre noch längst nicht zu Ende, denn bisher ist uns ja noch kein Sauerstoff begegnet. Wie und wann kam er in die Atmosphäre? Man könnte etwa an die Aufspaltung von Kohlendioxid und Wasserdampf durch energiereiche UV-Strahlung denken (Fotodissoziation). Diese Vorgänge wären aber nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Bruchteil des in der Atmosphäre vorhandenen Sauerstoffs freizusetzen. Wir wissen heute, dass praktisch der gesamte Sauerstoff aus der Fotosynthese stammt, also von lebenden Organismen produziert wurde.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass es bereits vor etwa 4 Mrd. Jahren Lebewesen gab, die die Fotosynthese beherrschten, die sogenannten Cyanobakterien (die oft fälschlich als „Blaualgen“ bezeichnet werden). Dennoch dauerte es 2 Mrd. Jahre, bis sich das O2-Gas in der Atmosphäre auf etwa 1 % der heutigen Konzentration angereichert hatte. Bis dahin wurde nämlich fast der gesamte freigesetzte Sauerstoff durch Reaktion mit dem im Meerwasser vorhandenen Eisen und Schwefel sofort wieder gebunden.

Mit dem Überschreiten der 1 %-Schwelle setzte ein für die weitere Entwicklung des Lebens sehr wichtiger Vorgang ein: die Ozonbildung (→ unten und Kap. 1.3.4, S. 26). Etwa zur gleichen Zeit, also vor rund 2 Mrd. Jahren, brachte auch die Evolution mit der Entwicklung der Eukaryonten einen gewaltigen Entwicklungsschub zustande. Eukaryonten sind pflanzliche Lebewesen mit einem hoch organisierten Zellaufbau und – was für uns besonders wichtig ist – der Fähigkeit, durch Veratmen von Fotosyntheseprodukten (Respiration) auf sehr effiziente Weise Lebensenergie freizusetzen. Die weniger hoch entwickelten Lebewesen konnten Energie lediglich aus der Vergärung gewinnen – ein Vorgang, der aber nur etwa 7 % der Atmungsenergie liefert. Damit war die Voraussetzung für eine rasante Ausbreitung des Lebens geschaffen, die ihrerseits zu einer vermehrten Sauerstoffproduktion führte. Gleichzeitig ging das oxidierbare Material in den Ozeanen zur Neige. Beides zusammen bewirkte, dass sich der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre innerhalb von etwa 1 Mrd. Jahre verzehnfachte.

Vor 700 Mio. Jahren tauchten die ersten Vielzeller auf. Darüber hinaus hatte sich inzwischen eine Ozonschicht aufgebaut, die so viel ultraviolette Strahlung fernhielt, dass die Pflanzen vor etwa 420 Mio. Jahren das schützende Wasser verlassen und das Festland erobern konnten. Die damit verbundene explosionsartige Ausbreitung des Lebens ermöglichte innerhalb von 650 Mio. Jahren eine nochmalige Verzehnfachung der Sauerstoffkonzentration auf den heutigen Wert.

Aus der Reaktionsgleichung der Fotosynthese Strahlungs-Quant + 6 CO2 + 6 H2 W C6H12O6 + 6 O2 folgt, dass mit jedem Kohlenstoffatom, das organisch gebunden wird, gleichzeitig zwei Sauerstoffatome freigesetzt werden. 18

Aus Nachbarwissenschaften

Der CO2-Gehalt der Erdatmosphäre wurde nicht nur über die Fotosynthese, sondern auch über die Ozeane gesenkt. In ihrem Wasser konnte sich sehr viel CO2 lösen, das nach chemischen Umsetzungen (z. B. über die Kalkschalen von Meerestieren) in den Sedimenten deponiert wurde. Auf diese Weise fand ein ständiger CO2-Transport aus der Atmosphäre in die ozeanischen Sedimente statt. Auf der Venus ist es zu warm für eine Kondensation des Wasserdampfes und damit die Entstehung von Ozeanen. Deshalb haben sich dort bis heute so gewaltige CO2-Konzentrationen halten können.

Würde man das in den irdischen Sedimenten begrabene CO2 wieder als Gas in die Atmosphäre zurückführen, würde sich dort eine ähnliche Konzentration einstellen wie auf der Venus.

Der Sauerstoffgehalt der heutigen – vierten – Atmosphäre wurde vor etwa 350 Millionen Jahren erreicht.

Nun kann man die Menge des aus abgestorbenen Organismen stammenden Kohlenstoffes in den Sedimenten der Erdkruste mit dem Sauerstoffgehalt der Atmosphäre vergleichen. Dabei wird man feststellen, dass der in Atmosphäre plus Ozeanen vorhandene Sauerstoff nur etwa 4 % des theoretischen Kohlenstoff-Äquivalentes ausmacht. 96 % sind demnach für die oben genannten Oxidationsvorgänge aufgewendet worden. Tatsächlich haben also die Pflanzen fast 25-mal so viel Sauerstoff produziert, wie wir heute vorfinden. Diese Zahlen sollen verdeutlichen, zu welch ungeheuren Leistungen die Vegetation fähig ist.

Aus Nachbarwissenschaften

Auf unseren Nachbarplaneten Venus und Mars gibt es kein mit dem irdischen vergleichbares Leben. Infolgedessen hat dort auch keine entsprechende Fotosynthese stattgefunden. Die Massenproduktion von Sauerstoff, die wesentliche Voraussetzung für den Schritt von der dritten zur vierten Atmosphäre gewesen wäre, ist somit ausgeblieben.

Man kann deshalb stark vereinfacht sagen: Die Atmosphären dieser beiden Planeten sind in ihrer Entwicklung im Status der dritten Atmosphäre stehen geblieben. Sie enthalten noch heute im Wesentlichen CO2 und N2.


Venus:Mars:
Kohlendioxid:98 %Kohlendioxid:96 %
Stickstoff:2 %Stickstoff:3 %
Argon:1 %
(Schönwiese, 2020)

1.3Zusammensetzung der Erd­atmosphäre und wirtschaftlich-ökologische Bedeutung der Atmosphärengase


Stickstoff78,08 %vol=75,46 Gew. %
Sauerstoff20,95 %vol=23,19 Gew. %
Argon0,94 %vol=1,30 Gew. %

Dazu kommen in geringeren Konzentrationen:


Kohlendioxid (CO2) im Jahr 2016400 ppm
Neon (Ne)18,2 ppm
Helium (He)5,24 ppm
Methan (CH4)1,7 ppm
Krypton (Kr)1,1 ppm
Wasserstoff (H2)0,56 ppm
Distickstoffoxid (N2O)0,32 ppm
Ozon (O3), stratosph.0,31 ppm
Kohlenmonoxid (CO)50–200 ppb
Xenon (Xe)90 ppb
Ozon (O3), troposph.30 ppb
FCKWs4,84 ppb
Stickoxide (NOx)0,05–5 ppb
Radon (Rn)6 · 10–7 ppb

sowie in Spuren:

Fluor, Jod, Schwefeldioxid, Ammoniak und Wasserstoffperoxid.

Der Wasserdampfgehalt ist sehr variabel; er kann bis zu 4 % vol betragen; als Mittelwert gilt 2,6 % vol.

(bezüglich „ppm” und „ppb” → Seite 21; „stratosph.“ = „stratosphärischer Ozongehalt“; „troposph.“ = „troposphärischer Ozongehalt”). 19

1.3.1Stickstoff

Der Stickstoff ist essenzieller Bestandteil der Aminosäuren, aus denen sich die Eiweißstoffe in den Zellen der Lebewesen aufbauen. Er spielt daher als Düngemittel in der gesamten Landwirtschaft eine außerordentlich wichtige Rolle.

Stickstoff ist ein chemisch sehr träges Gas. Er reagiert unter den uns umgebenden Bedingungen praktisch mit keinem anderen Element. Lediglich in der Hitze von Blitzentladungen (→ S. 114) geht er Verbindungen ein, die vom Regen ausgewaschen und in den Boden eingetragen werden. Im gewitterreichen Alpenvorland sollen auf diese Weise pro Jahr 15–20 kg Stickstoff je ha gebunden und den Pflanzen als Dünger zur Verfügung gestellt werden. Über den Festländern der Erde werden jährlich 100 Mio. t Stickstoff durch Blitze in Stickoxiden fixiert, ausgewaschen und dem Boden zugeführt (Simons, 1997).

Die meisten Pflanzen benötigen Düngestickstoff in Form von wasserlöslichen Salzen. Verschiedene Bodenbakterien, insbesondere die zur Gattung Rhizobium gehörenden Knöllchenbakterien, besitzen jedoch die bemerkenswerte Fähigkeit, für den Aufbau ihrer Eiweißsubstanzen den Stickstoff aus der Luft nutzen zu können. Da diese Bakterien mit Pflanzen aus der Ordnung der Leguminosen (Hülsenfrüchtler) in Symbiose leben, kommt der bakteriell gebundene Luftstickstoff auch den Wirtspflanzen zugute und gelangt schließlich als Dünger in den Boden. Durch den Anbau solcher Wirtspflanzen, zu denen z. B. die Erbse, die Bohne und die Lupine gehören, lässt sich die Stickstoffversorgung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen deutlich verbessern. Die von ihnen jährlich gewonnenen Stickstoffmengen können bis zu 300 kg/ha (Nultsch, 1996), unter optimalen Bedingungen bis zu 400 kg/ha betragen. Das ist doppelt so viel wie für eine Weizen Qualitätsdüngung (maximal etwa 200 kg/ha und Jahr) erforderlich ist (Reiner, 1981).

 

Mit dem von den F. Haber und C. Bosch 1913 vorgestellten Verfahren, aus Luftstickstoff und Wasserstoff Ammoniak zu synthetisieren, ist die Atmosphäre zu einer außerordentlich wichtigen Rohstoffquelle geworden. Über 100 Mio. Tonnen Ammoniak werden damit jährlich hergestellt und zu Düngemitteln und anderen wichtigen Chemieprodukten weiterverarbeitet.

Aus dem Alltag

Beim Haber-Bosch-Verfahren wird aus Luftstickstoff zusammen mit Wasserstoff bei einem Druck von etwa 300 bar und Temperaturen bis zu 600 °C über Katalysatoren Ammoniak synthetisiert.

Ammoniak ist ein wichtiges Ausgangsmaterial für viele chemische Produkte, z. B. Düngemittel. Über 90 % der weltweit produzierten Stickstoffdünger werden aus Ammoniak hergestellt. Ohne dieses Verfahren könnte die wachsende Weltbevölkerung nicht mehr ernährt werden. Heute hat ca. 40 % des im menschlichen Körper enthaltenen Stickstoffs schon mindestens einmal die Haber-Bosch-Synthese durchlaufen.

Bekannte Persönlichkeiten

Haber, Fritz; Chemiker; * 9.12.1868 in Breslau;

† 29.1.1934 in Basel; Direktor des Kaiser Wilhelm-

Institutes für Physikalische Chemie; 1918 Nobelpreis für Chemie

Bosch, Carl; Ingenieur, Chemiker und Großindus­trieller; * 27.8.1874 in Köln; † 26.4.1940 in Heidelberg; Vorstandsvorsitzender von BASF und IG Farben; 1931 Nobelpreis für Chemie.

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