Meteorologie

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2.1.2Sättigungsdampfdruck

Bei der Diskussion der Frage, warum nur ein Teil der Himmelskörper Atmosphären besitzt, ein anderer dagegen nicht, waren wir auf die „Kinetische Gastheorie“ gestoßen. Sie gilt in ähnlicher Form auch für Flüssigkeiten. So kann man sagen, dass sich auch im flüssigen Wasser die einzelnen Wassermoleküle (streng genommen: die Wassercluster; → S. 68) sehr heftig auf unregelmäßigen Bahnen bewegen. Dabei wird es insbesondere den schnelleren unter ihnen gelingen, sich aus den Fängen der zwischen den Molekülen bestehenden Anziehungskräfte (→ S. 15) zu befreien, die Wasseroberfläche zu durchzustoßen und ins Freie zu entkommen.

Ein außenstehender Betrachter, der von den molekularen Vorgängen nichts weiß, würde den Vorgang sicher wie folgt interpretieren: Im Inneren des flüssigen Wassers existiert ein Druck, der ständig Wassermoleküle durch die Oberfläche herauspresst. Wir wollen dieser sehr anschaulichen Deutung folgen, und bezeichnen diesen Scheindruck im Innern des flüssigen Wassers als „Sättigungsdampfdruck“. Als Formelzeichen für den Sättigungsdampfdruck verwenden wir das „E“, seine Einheit ist – wie üblich – das mbar.

Wie wir wissen, wird die Molekularbewegung mit steigender Temperatur immer heftiger. Da wir den Sättigungsdampfdruck als eine Folge aus der Molekularbewegung deuten, heißt das: Mit steigender Temperatur wächst auch der Sättigungsdampfdruck.

Tabelle 2.2 zeigt seine Abhängigkeit von der Temperatur. Man sieht, dass der Sättigungsdampfdruck von 6,11 mbar bei 0 °C exponentiell auf über 42,49 mbar bei 30 °C ansteigt. Er verhält sich also ganz ähnlich wie die Sättigungsfeuchte.


Tab. 2.2 Sättigungsdampfdruck (mbar) über einer ebenen Wasser- bzw. Eisoberfläche in Abhängigkeit von der Temperatur
Temperatur in °C0123456789
über Eis!
– 300,380,340,310,280,250,220,200,180,160,14
– 201,030,940,850,770,700,630,570,520,470,42
– 102,602,382,171,981,811,651,511,371,251,14
06,115,625,174,764,374,013,683,383,102,84
über flüssigem Wasser!
– 300,510,460,420,380,350,310,280,260,230,21
– 201,251,151,050,970,880,810,740,670,610,56
– 102,862,642,442,252,081,911,761,621,491,37
06,115,685,274,904,544,213,913,623,353,10
06,116,577,067,588,148,739,3610,0310,7411,49
+ 1012,2913,1414,0415,0016,0117,0818,2119,4120,6722,01
+ 2023,4224,9126,4828,1429,8931,7333,6735,7137,8640,12
+ 3042,4944,9947,6150,3753,2656,2959,4762,8166,3169,97

Natürlich gibt es auch über Eis einen Sättigungsdampfdruck. Zwar ist die Bewegungsfreiheit der Wassermoleküle im festen Kristallgitter eines Eiskristalls wesentlich mehr eingeschränkt als im flüssigen Wasser. Im Wesentlichen besteht sie nur aus Schwingungen um die Kristall-Gitterpunkte. Das Verlassen der Kristallstruktur ist deshalb viel schwieriger als das Entkommen aus der flüssigen Phase. Die Folge ist, dass der Sättigungsdampfdruck über Eis kleiner ist als der über gleich kaltem flüssigem Wasser – sogenanntem unterkühltem Wasser. Warum unterkühltes Wasser überhaupt existieren kann und welche Bedeutung es für die Meteorologie hat, werden wir im Zusammenhang mit der Niederschlagsentstehung noch ausführlich zu diskutieren haben.

Aus Nachbarwissenschaften

Der Sättigungsdampfdruck wird in vielen Bereichen der Technik für die unterschiedlichsten Zwecke eingesetzt. Das Musterbeispiel ist die Dampfmaschine. Bei 200 °C bringt der Dampfdruck immerhin gut 15 bar, bei 250 °C an die 40 und bei 300 °C gar 90 bar auf die Kolben. Sogenannte Heißdampf-Maschinen wurden mit einem Druck bis zu 100 bar betrieben. Mit solchen Antriebsaggregaten und raffinierter Feuerungstechnik ausgestattet, erreichten windschnittig verkleidete Dampflokomotiven bereits in den 1930er-Jahren Geschwindigkeiten von 200 km/h. Die stärkste, jemals gebaute Dampflokomotive mit dem Namen „Big Boy“ holte 4600 kW (etwa 6300 PS) Leistung aus dem Dampfdruck und konnte 3600 Tonnen schwere Züge durch die Rocky Mountains ziehen. (Verschiedene Quellen).

Welcher Zusammenhang besteht nun zwischen dem Dampfdruck in der Luft und dem Sättigungsdampfdruck an einer freien Wasserfläche, beispielsweise der eines Sees?

Dass auch die Wasserdampfteilchen in der Luft Molekularbewegungen ausführen, ist uns inzwischen geläufig. Diese Molekularbewegungen bewirken, dass ein Teil der Moleküle aus der Luft heraus in das flüssige Wasser stürzt, d. h., wir haben in jedem Augenblick zwei Wasserdampf-Ströme vor uns: einen aus der flüssigen Phase in die Luft – angetrieben vom Sättigungsdampfdruck des flüssigen Wassers – und einen zweiten von der Luft in das Wasser – dieser angetrieben vom Dampfdruck in der Luft.

Natürlich gelten die hier beschriebenen Vorgänge nicht nur über einem See. Die gleichen Prozesse laufen auch über allen anderen flüssigen oder festen Wasseroberflächen ab: über einer regennassen Straße genauso wie über einem betauten Pflanzenbestand, über einer Schneedecke gleichermaßen wie über einem nassen Ackerboden, ja sogar über den in der Luft schwebenden Nebeltröpfchen. 56

Nun sind die folgenden drei Szenarien denkbar, die in Abbildung 2.3 dargestellt sind:

(A) Der Sättigungsdampfdruck des Wassers (E) ist größer als der Dampfdruck (e) in der Luft. Das würde bedeuten, dass der Wasserdampfstrom vom flüssigen Wasser zur Luft größer ist als der von der Luft zum Wasser. Die unterschiedlich langen Pfeile sollen das deutlich machen. Rechnen wir die beiden Ströme gegeneinander auf, so bleibt ein resultierender Strom vom flüssigen Wasser zur Luft übrig. Und wir würden sagen: Es findet Verdunstung statt.

(B) Die genau umgekehrte Situation: Der Dampfdruck in der Luft ist größer als der Sättigungsdampfdruck im Wasser. Aus analogen Überlegungen wie im Fall (A) ergibt sich dann ein resultierender Wasserdampfstrom von der Luft zum Wasser. In diesem Fall würden wir sagen: Es findet Kondensation statt.

(C) Dampfdruck und Sättigungsdampfdruck sind gleich groß. In diesem Fall gibt es keinen resultierenden Wasserdampfstrom, sodass nach außen hin alles im Gleichgewicht erscheint. 57

Natürlich ist die Tau- bzw. Nebelbildung nicht darauf angewiesen, dass schon flüssiges Wasser vorhanden ist. Lediglich die Temperatur muss stimmen! Stürzen Wassermoleküle aus der Luft auf eine warme Oberfläche – mit einer Temperatur, die einen höheren Sättigungsdampfdruck als den Dampfdruck in der Luft zur Folge hätte – so würden sie dort in so heftige Molekularbewegung geraten, dass sie sofort wieder davonfliegen würden (Fall (A)). Anders ausgedrückt: der hohe Sättigungsdampfdruck würde sie sofort wieder „verjagen“. Die Folge: Die Oberfläche bleibt trocken. Diese Situation haben wir normalerweise während der warmen Tagesstunden. Ist aber die Oberfläche so kalt, dass der zugehörige Sättigungsdampfdruck kleiner ist als der Dampfdruck in der Luft, so hätten die Wassermoleküle keine ausreichende Startgeschwindigkeit, könnten also die Oberfläche nicht wieder verlassen: Es würde sich eine wachsende Tauschicht bilden (Fall (B)). Diese Situation ist in den kühlen Nachtstunden gegeben.


Abb. 2.3 Zum Zusammenspiel von Dampfdruck und Sättigungsdampfdruck (Einzelheiten siehe Text).

Daraus ergibt sich eine wichtige Konsequenz: Der Dampfdruck in der Luft kann nicht über den Sättigungsdampfdruck bei der herrschenden Lufttemperatur steigen. Täte er das, so würde die Kondensation überwiegen und so der überschüssige Wasserdampf verflüssigt. Dass der Kondensationsprozess noch an weitere Voraussetzungen gebunden ist, braucht uns im Augenblick noch nicht zu interessieren.

Verdunstung kann nur stattfinden, so lehrt uns Fall (A), solange der Sättigungsdampfdruck (E) höher als der Dampfdruck (e) ist. Die Differenz (E – e) wird als Sättigungsdefizit bezeichnet. Sie spielt bei der Berechnung der Verdunstung eine herausragende Rolle und wird uns deshalb im betreffenden Abschnitt noch beschäftigen.

Steigt der Sättigungsdampfdruck über den gesamten auflastenden Luftdruck, so geht das geordnete Verdunsten in ungeordnetes Sieden über. Auf Meeresniveau ist das bei 100 °C der Fall – so wurde ja der 100 °C-Fixpunkt definiert. Auf dem Gipfel der Zugspitze in 2960 m Höhe beträgt der Luftdruck im Mittel etwa 700 mbar. Dort siedet das Wasser bereits bei 89 °C. Auf dem 8848 m hohen Mt. Everest ist der Siedepunkt bei einem mittleren Luftdruck von rund 320 mbar sogar schon bei 71 °C erreicht.

 

Das Phänomen Dampfdruck gibt es natürlich nicht nur beim Wasser. Jede Flüssigkeit hat ihren Dampfdruck. Allerdings sind die Druckniveaus bei verschiedenen Stoffen sehr unterschiedlich. Generell kann man sagen – und das ergibt sich zwangsläufig aus der oben vorgestellten, bildhaften Deutung: Je stärker eine Flüssigkeit zur Verdunstung neigt, desto höher ist ihr Dampfdruck.

In einem verschlossenen, teilweise oder ganz mit Flüssigkeit gefüllten Behälter wird sich also immer ein Druck einstellen, der dem Sättigungsdampfdruck der Flüssigkeit bei der herrschenden Temperatur entspricht.

Wir kennen diesen Effekt vom Reservebenzinkanister, der sich im Auto an heißen Tagen wie ein Ballon aufblähen kann. Wir sehen jetzt auch, dass es keinen Sinn hat, den Kanister kurz zu öffnen, um den „Überdruck abzulassen“. Solange sich die Temperatur des Benzins nicht ändert, wird sich nach dem Verschließen der alte Druck sofort wieder einstellen (Fall (C)).

Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass sich der Dampfdruck zum Sättigungsdampfdruck letztlich genauso verhält wie die spezifische Feuchte zur Sättigungsfeuchte. Aus diesem Verhältnis hatten wir die relative Feuchte abgeleitet.

Und in der Tat stellt auch der Quotient: Dampfdruck (e)/Sättigungsdampfdruck (E) nichts anderes als die relative Feuchte (RF) dar, also



Streng genommen wird die relative Feuchte sogar nach dieser und nicht nach der vorhin vorgestellten Gleichung definiert.

Wenn sie hier über die spezifische Feuchte und die Sättigungsfeuchte eingeführt wurde, so geschah das in der Absicht, die nicht trivialen Vorgänge so anschaulich wie möglich zu erklären. Die zahlenmäßigen Unterschiede sind ohnehin so klein, dass sie für praktische Zwecke vernachlässigbar bleiben.

Schließlich kann man noch ein letztes wichtiges Feuchtemaß definieren: das Sättigungsdefizit. Dieses gibt an, um wie viele Millibar der Dampfdruck erhöht werden muss, um Sättigung zu erreichen, errechnet sich also zu (E – e). Das Sättigungsdefizit spielt bei der Berechnung der Verdunstung eine wichtige Rolle.

Kehren wir noch einmal zurück zum Dampfdruck: Bisher sind wir stillschweigend davon ausgegangen, dass wir eine ebene Wasserfläche vor uns haben. Das ist nicht immer und überall der Fall. Man braucht nur etwa an die Verhältnisse in einer Wolke oder im Nebel zu denken. Dort haben wir es mit einer Vielzahl kugelförmiger Tröpfchen zu tun. An ihnen greift die Oberflächenspannung an. Diese aber will nichts anderes als die Oberfläche und damit das Volumen verkleinern. Dadurch wird das Bestreben der Wassermoleküle, das Tröpfchen zu verlassen, erheblich vergrößert. Die Folge ist ein gegenüber einer ebenen Wasserfläche erhöhter Sättigungsdampfdruck. Je kleiner das Tröpfchen ist, desto ausgeprägter ist der Effekt. Während bei Tropfenradien bis herunter zu 1 µm noch kaum eine Erhöhung zu beobachten ist, steigt er bei 0,1 µm um 1,2 %, bei 0,01 µm um 12 % und erreicht bei 0,001 µm mehr als das Doppelte des Wertes über einer ebenen Wasseroberfläche.

Die Erhöhung des Sättigungsdampfdruckes über Wolken- und Nebeltröpfchen erklärt sich aus der Oberflächenspannung, die gerade beim Wasser besonders groß ist. Sie versucht die Oberfläche der Tröpfchen zu verkleinern und verhält sich damit ähnlich wie die Gummihaut eines aufgeblasenen Luftballons. Durch dieses Bestreben entsteht im Innern der Tröpfchen ein Druck, der – wie der Sättigungsdampfdruck – versucht, Wassermoleküle durch die Oberfläche hindurch nach außen zu drücken.

Aus Nachbarwissenschaften

Der Sättigungsdampfdruck E über der konvexen Oberfläche eines Tropfens ist größer, der über einer konkaven Oberfläche – wie wir sie z. B. in Kapillaren finden – ist konsequenter Weise kleiner als über einer (gleich warmen) ebenen Wasseroberfläche. Betrachten wir Abbildung 2.3 (B) unter diesem Gesichtspunkt, so wird schnell klar, dass es in Kapillaren schon bei deutlich trockenerer Luft (kleinerer Dampfdruck e) zur Wasserdampf-Kondensation kommt als über einer ebenen Wasseroberfläche. „Lapilli“ ist ein körniges, sehr poröses vulkanisches Bodenmaterial. In seinen Poren bilden sich Kapillaren, die die Kondensation schon bei relativ geringer Luftfeuchte ermöglichen. Sie werden so zu sehr potenten Wasserspeichern für den Landbau. Insbesondere auf den Kanarischen Inseln ist daher Landwirtschaft und Gartenbau auf Lapilli-Feldern sehr verbreitet.

Aber auch eine Erniedrigung des Sättigungsdampfdruckes ist möglich. Etwa dann, wenn im Wasser Salze gelöst sind, die die Wassermoleküle hygroskopisch an sich zu binden versuchen. Man muss sich das so vorstellen, dass sich die Teilchen der gelösten Substanz mit einer Hülle aus Wassermolekülen umgeben und diese fest an sich ziehen. Das hat eine wichtige Konsequenz: Sinkt die Temperatur einer Lösung unter 0 °C, so verhindern diese Bindungskräfte zunächst, dass die Wasserteilchen in einen Eiskristall eingebaut werden können, sodass die Lösung erst mehr oder weniger weit unter 0 °C gefrieren kann. Der Gefrierpunkt sinkt umso tiefer, je konzentrierter die Lösung ist.

Auch über Eis ist der Dampfdruck niedriger als über flüssigem Wasser gleicher Temperatur, sogenanntem „unterkühltem Wasser“. Im Eiskristall sind die Wassermoleküle viel stärker aneinander gekettet als im flüssigen Wasser. Überwiegend besteht die Molekularbewegung in einem Kristall nur aus regelmäßigen Schwingungen um den Kristallgitterpunkt. Ein Entkommen aus der Kristallstruktur ist also wesentlich schwieriger als das Verlassen der flüssigen Phase. Der Sättigungsdampfdruck über Eis ist deshalb bis zu 0,3 mbar geringer als über flüssigem Wasser gleicher Temperatur. Tabelle 2.2 enthält den Sättigungsdampfdruck über einer ebenen Wasser- und einer Eisoberfläche.

Aus dem Alltag

Unsere Erfahrungen aus dem täglichen Leben zeigen, dass jede feuchte Oberfläche früher oder später abtrocknet. Man denke nur etwa an mit Tinte beschriebenes oder mit Wasserfarben bemaltes Papier, an die Wäsche auf der Leine oder eine Regenpfütze. Der südöstlich von Wien an der Ungarisch-Österreichischen Grenze gelegene weniger als 2 Meter tiefe Neusiedler See ist in den Jahren zwischen 1864 und 1870 total ausgetrocknet (zum Glück hat er sich dann wieder neu gebildet, sonst wäre ein einzigartiges Naturdenkmal verloren gewesen). Haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, was die eigentliche physikalische Ursache für das Trocknen ist? – Natürlich: die Verdunstung! – Aber, wer setzt 59 denn die Verdunstung in Gang? Der Sättigungsdampfdruck! Er ist es, der im Letzten die Wassermoleküle aus der flüssigen in die Dampfphase treibt und so die flüssige Phase allmählich zum Verschwinden bringt.

2.1.3Spezifische Wärme und Volumenwärme

Stellt man ein Gefäß mit Wasser auf den Elektroherd und schaltet den Strom ein, dann wird das Wasser warm. Das ist eine Binsenweisheit. Interessant wird es jedoch, wenn man dieses „Experiment“ mit verschiedenen Flüssigkeiten durchführt. Erwärmt man z. B. eine gleich große (Gewichts-)Menge Alkohol gleich lang mit der gleichen Heizleistung, so stellt man fest, dass der Alkohol erheblich wärmer geworden ist als das Wasser – wohlgemerkt, bei ansonsten völlig identischen Versuchsbedingungen! Würden wir irgendwelche anderen Flüssigkeiten verwenden, könnten wir nach jedem Versuch eine andere Temperatur beobachten.

Offensichtlich reagieren also unterschiedliche Flüssigkeiten auf gleiche Wärmemengen mit einem unterschiedlichen Temperaturanstieg. Das Gleiche gilt auch, wenn wir nicht Flüssigkeiten, sondern Feststoffe (oder Gase) erwärmen.

Formelmäßig lässt sich dieser Zusammenhang folgendermaßen beschreiben:

Q = m · c · Δ ϑ

Darin bedeutet Δ ϑ den Temperaturanstieg einer Masse m, der die Wärmemenge Q zugeführt worden ist. Er ist trivialerweise umso kleiner, je größer die Masse ist. c ist zunächst nur ein Proportionalitätsfaktor. Er entpuppt sich aber, wie wir gesehen haben, als Materialkonstante und wird als spezifische Wärme bezeichnet. Je größer sie ist, desto kleiner bleibt der Temperaturanstieg.

Betrachten wir bei unseren Experimenten nicht gleiche Massen, sondern gleiche Volumina V, so brauchen wir nur in der obigen Gleichung m durch den Ausdruck: V · ρ zu ersetzen, der sich aus der Definition der Dichte ρ zu ρ = m/V zwangsläufig ergibt:

Q = V · ρ · c · Δ ϑ

Der Temperaturanstieg wird also umso kleiner ausfallen, je größer (bei gleichem Volumen und gleicher Wärmemenge) der Wert des Produktes ρ · c ist. Man bezeichnet es als Volumenwärme. Tabelle 2.3 enthält für einige Materialien Zahlenwerte der Spezifischen Wärme und der Volumenwärme.

Merke

Nach den strengen Regeln der physikalischen Nomenklatur müsste die Volumenwärme eigentlich als „Wärmekapazitätsdichte“ bezeichnet werden. Doch dieser Zungenbrecher macht die komplizierten Zusammenhänge auch nicht einfacher. Bleiben wir also bei dem wahrscheinlich auf den bekannten Mikrometeorologen und Klimatologen R. Geiger zurückgehende Bezeichnung.

Vergleicht man diese Werte, so stellt man fest, dass das Wasser eine erheblich größere Volumenwärme besitzt als die üblichen Bodenarten. Führt man einem Kubikmeter Wasser und zum Vergleich einem Kubikmeter eines natürlichen Bodens jeweils die gleiche Wärmemenge zu, so steigt die Temperatur des Bodens zwischen 8,4-mal (trockener Moorboden) und 1,3-mal (nasser Sandboden) so stark wie die des Wassers.

Damit begegnen wir einer der ganz wichtigen meteorologischen Eigenschaften des Wassers: seiner ungeheueren klimatisierenden Wirkung. Betrachten wir dazu die vorhin besprochenen Vorgänge einmal anders herum: Will man die Temperatur eines Kubikmeters Wasser und eines Kubikmeters Erdboden um einen bestimmten Betrag erhöhen, so muss man dazu beim Wasser erheblich mehr Wärme aufwenden als bei einem natürlichen Boden: im Vergleich zu einem trockenen Moorboden z. B. 8,4-mal so viel. Dafür ist dann aber im Wasser auch 8,4-mal so viel Wärme gespeichert wie im Moorboden. Bei einem Temperaturrückgang wird aus dem Wasser dann wieder 8,4-mal so viel Wärme freigesetzt wie aus dem Moorboden.

Das bedeutet, dass das Wasser selbst bei geringen Temperaturänderungen enorme Wärmemengen umsetzen kann – sehr viel größere als jedes Festland. Die Seen und erst recht die Ozeane werden auf diese Weise zu riesigen Wärmespeichern, die sich während warmer Zeiten auffüllen und wäh 60 rend kalter Zeiten entleeren, ohne dass es zu auffällig großen Temperaturänderungen kommen würde. So werden durch die Wirkung des Wassers extreme Tages- wie Jahresschwankungen der Temperatur ausgeglichen und durch Meeresströmungen immense Wärmemengen von wärmeren in kältere Klimagebiete transportiert. Wir werden später noch öfter auf diese Zusammenhänge zu sprechen kommen.

Betrachten wir noch einmal die Tabelle 2.3, so fällt auf, dass die nassen Böden stets eine höhere Volumenwärme haben als die trockenen. Man sieht daraus, dass auch das Wasser im Boden eine nicht zu unterschätzende Wärmespeicherwirkung besitzt. Je nasser ein Boden ist, desto mehr Wärme kann er puffern. Auch diese Zusammenhänge werden uns später noch einmal begegnen.


Tab. 2.3 Spezifische Wärme, Dichte und Volumenwärme verschiedener Materialien
Materialspez. WärmeWs/(g · K)Dichte (Ø)g/cm3Volumenwärme (Ø) Ws/(cm3 K)
Feststoffe
Schmiedeeisen0,57,93,7
Beton0,7 bis 0,92,31,8
Gestein0,7 bis 0,81,7 bis 3,01,8
Eis1,9 bis 2,10,91,8
Holz2,3 bis 2,80,51,4
Ziegelmauer0,81,41,1
Sandboden, nass1,9 bis 2,11,63,2
Sandboden, trocken0,8 bis 0,91,41,2
Lehmboden, nass0,7 bis 0,92,01,6
Lehmboden, trocken0,6 bis 0,81,71,2
Moorboden, nass3,2 bis 3,50,93,0
Moorboden, trocken1,7 bis 1,90,30,5
Flüssigkeiten
Wasser4,21,04,2
Ethylalkohol2,50,82,0
Erdöl1,9≈ 0,9≈1,7
Gase
Luft (20 °C, 1013 mbar)1,00,00120,0012
Wasserdampf2,10,00060,0012
(Ø = Mittelwert) nach Hell (1982), Geiger (1961) und Gröber et al. (1963)

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