Vernehmungen

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Übersichten/Schaubilder

Abhängigkeit von Wahrnehmung und Erinnerung von sachbezogenen Faktoren

Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen

Bewertung von Aussagen

Warnsignale bei Vernehmungen

Ziele einer Vernehmung

Personeller Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts

Grundzüge der Kommunikation

TALK-Modell

Kommunikationsstufen und -probleme

Grundregeln kompetenter Kommunikation

Erscheinenspflichten von Zeugen und Beschuldigten

Anwesenheitsrechte bei Vernehmungen

Teilnahmerecht eines Rechtsanwalts an Vernehmungen des Mandanten

Teilnahmerecht eines Rechtsanwalts an Vernehmungen Dritter

Fragenkreise zum Kennenlernen des zu Vernehmenden

Qualitätsstandards für optimale Übersetzungen

Zulässigkeitsvoraussetzungen der Hypnose bei Zeugen

Zulässigkeit der Hypnose beim Beschuldigten

Ablauf einer Zeugenvernehmung

Zeugenbelehrungen

Sprachentwicklung

Entwicklung des Gedächtnisses

Entwicklung des Denkvermögens

Entwicklung der Fähigkeit zu lügen

Zusammenfassung der Belehrungsinhalte

Tateröffnung

Einlassungsverweigerungsrecht

Recht zur Verteidigerkonsultation

Beweisanregungsrecht

Täter-Opfer-Ausgleich

Aufgaben des Belehrenden

Ablauf einer Beschuldigtenvernehmung

Sprachunkundige Beschuldigte

Verteidigungspflichtige Beschuldigte

Ablauf eines einfach gelagerten Ermittlungsverfahrens

Ablauf eines Ermittlungsverfahrens unter Beteiligung von SE-Kräften

(Vorläufig) Festgenommene Beschuldigte

Ausländische Beschuldigte

Beispiel eines Anhörungsbogens

Jugendliche Beschuldigte

Besonderheiten bei der Vernehmung jugendlicher Beschuldigter

Grenzen präventiver Gewinnabschöpfung

Geeignetes Identifizierungsmaterial

Ordnungsgemäße Dokumentation von Vernehmungen

Schwere des Dienstvergehens und Folgen

Rechtliche Bewertungen im Militäralltag

Kognitive Prozesse und Aussageverhalten von Verdächtigen in der Befragungsinteraktion

Erweiterte Darstellung der kognitiven und verbalen Prozesse von Verdächtigen in der Befragungsinteraktion

1Vernehmungen im Kontext von menschlicher Erinnerung, Irrtum und Lüge

1Vernehmungen sind Kommunikationsprozesse, deren Ziel es ist, möglichst umfassende Informationen über einen Sachverhalt zu gewinnen. Selbst bei optimaler Professionalität des Vernehmenden sind ihnen gewichtige Unsicherheitsfaktoren immanent: Die bewussten oder unbewussten Fehlleistungen des Faktors „Mensch“ und seiner Erinnerung.1


Praxistipp:
2 Die nachfolgenden Ausführungen zeigen weniger juristische Probleme auf, sondern beschäftigen sich mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen.

3Das menschliche Gehirn speichert Informationen nicht gebündelt und unveränderbar gesichert wie ein Computer ab; die Signalverwertung ist einerseits bedeutend komplexer, andererseits aber anfälliger gegen Umgestaltungen, Änderungen, Auffüllungen, Blockaden bis hin zu Löschungen. Informationen, also Reizungen der Sinnesorgane, gelangen in das sog. limbische System und werden von dort an unterschiedlichen Stellen kurz- oder langfristig gespeichert.

4Wissen und Wahrgenommenes sind keine Computerdateien; es werden keine historischen Vorgänge und Wahrheiten gespeichert. Vielmehr bleiben Informationen nur für kurze Zeit – maximal zwei Minuten – in einer Art „Arbeitsspeicher“ und werden dann in einem „Zwischenspeicher“ – dem Hippocampus – abgelegt. Die hier angehäuften Tagesreste werden in der Nacht während des Schlafes weiter verarbeitet, indem das Gehirn diese neuen (Er-)Kenntnisse mit bereits vorhandenen Informationen assoziiert, also clustert.

Beispiel:

5Wer einen Vortrag hört, speichert die Veranstaltung nicht als Datei „Vortrag vom …“. Vielmehr werden interessante Informationen an unterschiedlichen Stellen gespeichert. Das Gesamtbild „Vortrag vom …“ kann nur durch Assoziationsketten – eine Auslösung durch sog. Trigger-Reize – hervorgerufen werden.

6Diese Assoziationsketten sind von Person zu Person unterschiedlich und von einer persönlichen (emotionalen) Betroffenheit und gewissen Einmaligkeiten des Wahrgenommenen abhängig; sie funktionieren beispielsweise bei traumatisierten Zeugen nicht oder nicht vollständig.2

7Zur Beurteilung der Qualität und Aussagekraft einer Äußerung bzw. Vernehmung ist es erforderlich, die Grundzüge der Informationsaufnahme, -speicherung und -wiedergabe zu kennen.3 Das ernüchternde Ergebnis sei vorangestellt: Etwa zwei Drittel der vorhandenen und wahrnehmbaren Informationen werden auch tatsächlich wahrgenommen und nur ein Drittel kann später noch reproduziert werden.


Praxistipp:
8 (Zeugen-)Aussagen sind zwar das häufigste, aber zugleich auch das unzuverlässigste Beweismittel im Strafverfahren; ihr Zustandekommen und ihre Leistungsgrenzen muss der Vernehmende kennen und sich stets vor Augen halten. Dieser Unsicherheit muss daher – soweit wie möglich – mit einer ständigen Objektivierung der Aussage begegnet werden.4

1.1Menschliches Erinnern: Grundzüge von Wahrnehmung, Codierung, Speicherung und Wiedergabe

9Anders als bei einer Filmdokumentation, die authentisch den wahrnehmbaren, wirklichen Sachverhalt aufnimmt, abspeichert und später reproduziert, vollzieht sich menschliches Erinnern subtiler: Informationen müssen

 

–wahrgenommen,

–codiert,

–gespeichert und sodann

–wiedergeben werden.

10Jede dieser vier Phasen ist – wenn auch in unterschiedlichem Maße – fehleranfällig. Neben diese Fehlerquellen tritt das Phänomen der Lüge, einer bewusst falschen Wiedergabe vorhandener Informationen.

Begrifflich ist zwischen der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit einer Aussage zu differenzieren.5


Praxistipp:
11 Der Vernehmende muss sich stets vor Augen halten, dass Fehler im Sinne von Irrtümern –bei der Wahrnehmung, –bei der Codierung, –bei der Speicherung, –bei der Wiedergabe auftreten können. Er muss zudem die Möglichkeit einer Lüge einkalkulieren.

1.1.1Fehlerquellen bei der Wahrnehmung

12Bei der Wahrnehmung bedarf es zunächst eines Auslöseanreizes, der überhaupt dazu führt, dass (irgend-)etwas wahrgenommen wird. Hier sind zunächst insbesondere die biologischen Möglichkeiten unserer Sinnesorgane zu berücksichtigen, die einer Wahrnehmungsmöglichkeit natürliche Grenzen setzen. Hierzu zählen neben sensorischen, physikalischen und sozialen Wahrnehmungsbedingungen insbesondere die Wahrnehmungsdauer, die vorhandene Aufmerksamkeit und der Wahrnehmungskontext.6

Beispiel:

13Wird ein Zeuge mit einer Waffe bedroht oder gar angegriffen, fokussiert sich seine Wahrnehmung auf die (Mündung der) Waffe. Er wird selten in der Lage sein, eine brauchbare Personenbeschreibung abzugeben oder ein vernünftiges Phantombild erstellen zu lassen.

Aber selbst eine taugliche Beschreibung der Waffe (Pistole/Revolver/Farbe/Lauflänge) wird häufig nicht möglich sein, da sich die Wahrnehmung auf das abstrakte Bedrohungspotenzial verengt hat.

14Darüber hinaus ist die Wahrnehmung bzw. sind die etwa 60 %, die wir von einem tatsächlichen Geschehen aufnehmen, höchst individuell und selektiv.7 Auch wenn es schwerfällt, muss man sich vor Augen führen, dass niemand etwas wahrgenommen haben muss.

Beispiel:

15Ein Polizeibeamter, der zu einem Verstorbenen kommt, achtet auf völlig andere Dinge – Hinweise auf ein Fremdverschulden/Tatgeschehen/Opfer/Tatwerkzeug/Täter – als etwa die trauernden Hinterbliebenen oder der später eintreffende Bestatter.

16Bereits bei der Wahrnehmung wird die Information selektiert, interpretiert und nach gewissen Schemata aufgenommen. Der Leser sollte versuchen, sich auf den nachfolgenden Text einzulassen und ihn zu lesen:

Beispiel:

17Kroretke Rehctshreibnug ist üerbflsüsig. Uensr Gihren tcikt adnres; Wesinsachsltefr heban fstegllestet, wroan das liget. Ncah irehr Stidue ist es eagl, in wlehcer Reiehnfogle Bchusteban in Woeretrn vomrokomen. Es ist nur withcig, dsas der ertse und lettze Bchusatbe an der ricthgien Stlele snid. Der Rset knan tatol falcsh sein und knan onhe Porbelme gleesen wreden.

18Entscheidend für die flüssige Aufnahme der Information ist nur, dass sämtliche Buchstaben eines Wortes vorhanden sind und der erste und der letzte Buchstabe „stimmen“; den Rest macht das Gehirn selbst. Bei einer Einteilung beispielsweise in Buchstabengruppen funktioniert dies selbst dann kaum, wenn „an sich“ eine korrekte Rechtschreibung verwendet wird:

Beispiel:

19Korre kteRe chtsc hreib ungistüb erflü ssig. Un serGe hirnt ickta nders. Wisse nscha ftler haben festge stell t, wora ndasl iegt.N achih rerStu dieis teseg al, inw elche rReih enfolg eBuch stabe ninWo erter nvork ommen. Esist nurw ichti g, wasd erers teund letzt eBuch stabe ander richti genSt elles ind.D erRest kannt otalf alsch seinu ndkan nohne Probl emeg elese nwerd en.

20Die Information wird aufgenommen, sofern die Buchstaben eines Wortes vollständig vorhanden und zutreffend gruppiert sind und der erste und der letzte Buchstabe an der richtigen Stelle stehen; den Rest (er)schafft unser Gehirn. Die Interpretation, die hier deutlich wird, ist eine Leistung des Gehirns und nicht steuerbar. Informationsaufnahme und Interpretation gehen daher unbewusst Hand in Hand.

1.1.2Fehlerquellen bei der Codierung

21Eine weitere Fehlerquelle kann in einer nicht stattfindenden Codierung liegen: Gemeint sind damit Sachverhalte, in denen ein bestimmtes Geschehen zwar wahrgenommen, dann aber nicht im Gehirn codiert wurde, also keine entsprechende Repräsentation dort erhält;8 völlig emotionslose (subjektiv belanglose) Wahrnehmungen werden zwar gemacht, dann aber schlagartig verdrängt, bevor sie überhaupt dem Gedächtnis zugänglich werden.

22Ähnliche Phänomene wie bei der Wahrnehmung spielen sich im Rahmen der Speicherung wahrgenommener Informationen ab, was bekannt sein muss, um anscheinend zu erwartendes Wissen – und dessen Nichtvorhandensein – würdigen zu können.

Beispiele:

23Die Frage, ob vor der Urlaubsreise die Kaffeemaschine abgestellt, die Haustür verschlossen oder eine Kerze ausgeblasen worden ist, führt regelmäßig zu Irritationen – und in manchen Fällen zu einer Rückkehr nach Hause, um dann festzustellen, dass alles in Ordnung ist.

Gleiches gilt für die Vielzahl roter Ampeln, an denen man auf dem Weg zur Arbeit anhalten musste und auch angehalten hat: Die Lichtzeichenanlagen wurden wahrgenommen und ihre Verbote beachtet, ohne dass diese Wahrnehmungen dann eine Speicherung erfahren haben.

Alltägliche Vorgänge und Routineangelegenheiten werden zwar wahrgenommen, aber gar nicht erst gespeichert.

1.1.3Fehlerquellen bei der Speicherung

24Hat eine Wahrnehmung ihre Repräsentation im Gedächtnis erhalten, muss diese codierte Information in das System des Gedächtnisses integriert, also gespeichert, werden. Auch hier kann es vorkommen, dass gar keine oder eine unzutreffende Speicherung erfolgt.

25Zudem sind insbesondere die unterschiedlichen Speicherungszeiten zu berücksichtigen: Informationen im Kurzzeitgedächtnis sind zwar vorhanden, werden dann aber kurze Zeit später wieder gelöscht. Erfolgte allerdings eine Ablage im bzw. Überführung in das Langzeitgedächtnis, besteht die Möglichkeit einer Reproduktion noch nach Jahr(zehnt)en.

26Auch bei einer zunächst stattfindenden Speicherung kann es während der Speicherungsphase zu ungewollten Umgestaltungen, Änderungen und Auffüllungen kommen. Nachträgliche Informationen, die vor der Vernehmung an die Person herangetragen werden, können hier ihre Einflüsse ausüben.

Beispiel:

27Warten mehrere Zeugen eines Bankraubes nicht getrennt, sondern gemeinsam auf ihre Vernehmung, so werden sie natürlich über das Geschehene – genauer gesagt das Wahrgenommene – sprechen. Es bildet sich so leicht eine „herrschende Meinung“ – etwa die Bekleidung eines der Täter betreffend –, die nur ein Zeuge so aufgenommen hat, die dann aber später von allen Zeugen als eigene Erinnerung wiedergegeben wird. Fälle, in denen hier völlig unzutreffende Beschreibungen erheblichen und sinnlosen Ermittlungsaufwand zur Folge haben, sind in der Praxis keine Seltenheit.

1.1.4Fehlerquellen bei der Wiedergabe

28Gespeicherte Informationen bedürfen – um für eine Vernehmung nutzbar gemacht werden zu können – des Abrufes und der Wiedergabe. Zunächst wird das latent vorhandene Wissen in das aktuelle Bewusstsein gerufen und damit dann abrufbar.

29Die hierbei möglicherweise auftretenden Blockaden sind jedem aus dem Alltag bekannt: Namen, Ortsbezeichnungen oder Rufnummern „kennt“ man, kann sie aber gerade nicht benennen. Die Information ist vorhanden, aber aktuell nicht verfügbar. Gedächtnis und Bewusstsein sind momentan nicht identisch, wobei aber, teilweise durch Gedankenbrücken und/oder Stichworte, diese Information dann wie aus dem Nichts doch wieder verfügbar ist und wiedergegeben werden kann.9

30Die eigentliche Wiedergabephase wird unmittelbar durch den Vernehmenden beeinflusst; hier ist er anwesend, und sein Verhalten kann positive oder negative Stimulationen bewirken. Sein Auftreten und seine Vorgehensweise haben Auswirkungen auf das Ergebnis, sodass an dieser Stelle insbesondere die strukturierten Vernehmungsmodelle10 ihre Auswirkungen tätigen: Der Zugang zu der zu vernehmenden Person, die Kontaktphase und insbesondere die Möglichkeit eines ungestörten durchgängigen Vortrages tragen hier zu positiven Ergebnissen bei.

31Defizite in der Wiedergabephase können in Ausnahmefällen möglicherweise – sofern die Spielregeln eingehalten werden – im Rahmen einer Hypnose behoben werden.11

1.2Personenbezogene Faktoren

32Der wichtigste personenbezogene Faktor der Wahrnehmung und der Reproduktion ist die Emotion; starke emotionale Beteiligung an einem wahrgenommenen Ereignis steigert grundsätzlich die Fähigkeit zur Wahrnehmung, Speicherung und Wiedergabe, aber auch die Möglichkeit einer bewussten oder unbewussten Verfälschung.

1.2.1Weitere subjektive Determinanten

33Neben der Emotion und dem Interesse an der Wahrnehmung sind auf der personellen Ebene aber weitere subjektive Determinanten zu berücksichtigen:

–Geschlecht und Alter,

–Entwicklungs- und Gesundheitszustand,

–Wahrnehmungsfähigkeit,

–Wahrnehmungsmöglichkeit,

–Sachkunde oder Sonderwissen, etwa aufgrund privater/beruflicher Vorbefassung,

–Vorurteile,

–Aussagemotivation.

1.2.2Wahrnehmungsverzerrungen

34Unbeschadet der gerade dargestellten Unzulänglichkeiten muss der Vernehmende sich die Möglichkeit und Problematik sogenannter Wahrnehmungsverzerrungen vergegenwärtigen: Sachverhalte werden häufig so wahrgenommen, wie man sie sehen will – und nicht, wie man sie tatsächlich gesehen hat. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen dieses Phänomen eindrucksvoll.

Beispiele:

35Kreise bzw. Ringe, die eine kleine Öffnung aufweisen, werden regelmäßig als geschlossen wahrgenommen und beschrieben.

Je nach Vorgabe (und/oder vorangegangener Suggestion) wird ein und dieselbe Zeichnung entweder nur als alte oder nur als junge Frau gesehen, also erkannt (Kippbild).

Sofern ein Referent als besonders kompetent und eloquent vorgestellt wird, bewerten die Zuhörer seinen Vortrag als durchweg äußerst positiv; eine andere Personengruppe, der der Vortragende negativ präsentiert wurde und die denselben Vortrag zeitgleich mithört, gelangt zu einer schlechten Beurteilung der Leistung des Referenten.

36Diese Beispiele könnten beliebig fortgesetzt werden; sie sollen nur verdeutlichen, dass Wahrnehmungsverzerrungen unsere Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit stärker beeinflussen, als es bei unreflektierter Betrachtung scheint; ihrer Existenz und ihrer unheilvollen Einflüsse auf eine Aussage muss sich der Vernehmende stets bewusst sein.

 

1.2.3Alters- und Größenschätzungen

37Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Ergebnisse eines empirischen Forschungsprojektes, das im Rahmen einer phänomenologischen Untersuchung zu allein handelnden Bankräubern die Zuverlässigkeit von Alters- und Größenschätzungen untersucht hat.12 In diesem – in besonderem Maße – praxisrelevanten Bereich treten eklatante Fehler auf, deren Existenz sich der polizeiliche Sachbearbeiter bewusst sein muss. Diese sind bei der Altersschätzung u. a. vom Maskierungsgrad des Täters, dessen Alter und vom sogenannten „own-age-effect“ geprägt: Menschen derselben Altersklasse können präziser eingeschätzt werden. Die Validität einer Größenschätzung hängt von der Größe des Täters und der Größendifferenz zum Zeugen – auch hier gibt es einen „own-size-effect“ – ab. Die Qualität beider Schätzungen ist voneinander unabhängig und wird auch von der Rolle der Auskunftsperson (Bankangestellter/Zufallszeuge/Opfer der Bedrohung …) stark beeinflusst.

1.3Sachbezogene Faktoren

38Neben den personenbezogenen (Unsicherheits-)Faktoren lassen sich weitere sachbezogene Fehlerquellen der Wahrnehmung und Erinnerung wie folgt veranschaulichen:


schlechte mittelmäßige gute
•Zeit •Menge •Größe •Farbe •große Personengruppen •unbekannte Stimmen •Entfernungen •Unangenehmes •Standardsituationen (etwa bei Berufszeugen) •räumliche Einordnung von Geräuschen •Chronologie •räumliche Verhältnisse •Zuordnung von Verhalten zu Personen •(Tat-)Gegenstände •kleine Personengruppen •bekannte Stimmen •Neuheiten

Übersicht: Abhängigkeit von Wahrnehmung und Erinnerung von sachbezogenen Faktoren