Gabrielas Reise nach Trentino

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Aber dann fällt ihr das erste Date mit Marcus, als wäre es gestern, ein. Und so berichtet sie darüber so lebendig, dass Sylvia gespannt zuhört, ohne ihre Aufmerksamkeit für das Fahren zu verlieren. Kurz denkt sie daran, wie oft sie damals als Bezirksleiterin während der Fahrten nach hause noch telefoniert hat. Das würde ich heute auch nicht mehr machen, denkt sie kurz, um dann weiter den Worten Gabrielas zu lauschen.

Das erste Date

„Irgendwie hatte ich einen Narren an Marcus gefressen. Wie toll er schrieb, wie er am Telefon redete. Obwohl ich kein Bild von ihm gesehen hatte und nur wusste, dass er über zwei Meter groß aber kein dünner Lulatsch sein sollte, dunkle Haare und grün-blaue Augen haben sollte, war ich vor dem ersten Treffen aufgeregt wie ein Teenager. Aber wie wird er aussehen, fragte ich mich dann doch. Na, er wird mich schon erkennen und wenn er wirklich über zwei Meter groß ist, werde ich ihn schon sehen, dachte ich damals noch.“

Bei dem Gedanken an ihre Fahrt damals, muss Gabriela auch heute noch schmunzeln.

„Ja, ich wollte auch kein Foto geschickt bekommen, sondern mich von dem ersten Eindruck überraschen lassen“, erinnert sich Gabriela weiter und,„Ich fuhr also ohne ein Foto von Marcus gesehen zu haben, auf den verabredeten Parkplatz an der Elbe, zwischen Stade und Hamburg und sah ihn schon stehen. Wow! Marcus war nicht zu übersehen.

Plötzlich wurde ich noch aufgeregter, konnte gar nicht richtig einparken, pulte mich förmlich aus meinem Auto und ging ihm entgegen.“

Und wieder muss Gabriela schmunzeln, als sie jetzt daran zurück denkt und spürt das Gefühl im Bauch wieder. Es war so toll, dieses Bauchkribbeln nach all den Jahren wieder

zu spüren. Lange hatte sie es immer, wenn sie Marcus traf, wenn sie telefonierten, wenn er sie mit seinen blauen Augen ansah.

Besorgt schaut Sylvia zu Gabriela rüber. Die lange Redepause macht sie stutzig, deshalb fragt sie:

„Geht es dir gut, wenn du davon erzählst, Gabriela?“

„Klar geht es mir gut. Die Erinnerung an dieses Gefühl, dass ich damals empfunden habe ist einfach herrlich und kann mir keiner mehr nehmen! Oh ja, ein herrliches Gefühl und dass es immer noch ging! Immerhin war ich da schon 51!“, antwortet Gabriela lachend.

„Das stimmt, solche Momente kann man nicht kaufen! Wie ging es weiter mit eurem ersten Date?“, wirft Sylvia ein.

„Er hatte mich nun auch entdeckt und kam lächelnd auf mich zu. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ein schnelles Küsschen konnte ich ihm nicht geben. Er war und ist

zu lang, ich kam nicht an sein Gesicht“, erinnert sie sich kichernd, bei der Erinnerung an diese Szene.

„Ich hab dann einfach gesagt: ,Also, ich weiß nicht, wo es hier in der Nähe Frühstück gibt und bevor wir lange suchen, dachte ich, wir fahren zu mir nach Hause und holen unterwegs schnell Brötchen.´

War ich aufgeregt! Ich hatte gar nicht überlegt, was ich da sagte und war ganz gespannt, wie er reagieren würde. Aber er hat erst nur ungläubig geguckt und dann ganz ruhig gesagt, dass wir das so machen können und ich vorfahren solle. Marcus wirkte überhaupt nicht aufgeregt oder gespannt. Heute weiß ich, dass das damals nur den Anschein hatte.

In meiner Aufregung fuhr ich über einen Bordstein auf dem Parkplatz und überfuhr

die Haltelinie bei der Ampel des Parkplatzes, so dass ich nicht sah, wann grün kam und auf gut Glück über die Kreuzung fuhr.“

„Nein!“, platz Sylvia lachend heraus. „Was hast du dann gemacht oder gedacht?“

„Na ja, ich dachte, was mag er nur denken, dass er ja noch umdrehen könne und schaute gespannt in den Rückspiegel“, erinnert sich Gabriela weiter.

„Oh man, ist das spannend! Erzähl weiter!“, fordert Sylvia ihre Freundin auf. Gabriela sieht, dass sie gerade an der Ausfahrt nach Hof vorbei fahren und berichtet weiter:

„Er war nicht zu sehen. Ich fuhr rechts ran, sah ihn dann aber kommen und fuhr, in der Hinsicht beruhigt, weiter. Ich spürte wieder das Herzklopfen, die Aufregung. Bei einem Discounter hielt ich, diesmal schief parkend, an aber da gab es Brötchen.

Marcus beobachtete interessiert meinen Einparkstil. Oh Gott, war mir das peinlich!“ Und ihr steigt doch tatsächlich wieder die Schamröte wie damals in die Wangen.

„Na, dann warst du aber wirklich sehr aufgeregt!“, lacht Sylvia.

„Oh ja, aber Marcus schien immer noch die Ruhe selbst zu sein. Ich wusste vor Aufregung nicht, welches Brötchen ich nehmen sollte. Irgendwie hab ich es dann doch geschafft, mir zwei auszusuchen. An der Kasse wartend stand er hinter mir, legte seine Hände auf meine Schultern, drückte sie leicht und fragte: ,Alles gut bei dir?´

Ich genoss diese Berührung so sehr und wurde etwas ruhiger. Als er an mir vorbei zum Bezahlen ging, hatte ich endlich Muße, ihn genauer zu betrachten. Marcus war kein so genannter schöner Mann, aber auf solche Typen stand und stehe ich eh nicht. Aber er hatte etwas an sich, was mich erregte, aufregte und faszinierte. Sein Blick aus diesen blauen Augen, seine breiten Schultern, seine ganze Körperhaltung! Nach dem Einkauf fuhr ich wieder vor ihm her. Ich war überzeugt, dass der Weg nach Hause noch nie so weit war. Ich konnte mich kaum aufs Fahren konzentrieren, schaute dauernd in den Rückspiegel.

Aber Marcus blieb hinter mir, drehte nicht um.“

„Na, da wäre er aber auch schön blöd gewesen!“, kommentiert Sylvia lachend.

„Das stimmt! Erst recht aus heutiger Sicht!“, antwortet Gabriela kichernd und berichtet dann weiter:

„An einer Hubbrücke mussten wir noch einmal halten. Marcus stieg aus seinem Auto aus und wir wechselten noch einmal ein paar Worte, auch wo er bei mir parken könne. Dann endlich, das Ortsschild meines Wohnortes. Ich dachte wieder, dass die Fahrt nach Hause noch nie so lange gedauert hat, fuhr in meine Sackgasse und sah, dass Marcus weiter geradeaus fuhr.

,Oh je´, dachte ich, ,warum fährt er weiter?´

Aber kaum war ich im Haus, da rief er schon an, und ich lotste ihn per Telefon zu meiner Terrassentür.“

„Warum zur Terrassentür?“, fragt Sylvia.

„Weil der Terrassentürrahmen höher war, hatte ich wohl instinktiv entschieden, ihn dort hin zu lotsen“, erinnert sich Gabriela jetzt wieder schmunzelnd.

„Ich wollte ihn ja endlich küssen.“

„Das ist ja eine tolle Idee gewesen!“, stimmt Sylvia zu.

„Stimmt!“, lacht Gabriela und fährt fort:

„Das tat ich später öfter. So einige Treppen oder Bordsteine nutzte ich, um ihm einen Kuss zu geben, wenn wir gemeinsam unterwegs waren. Er kam scheinbar ruhig und gefasst den Weg entlang. Ich stand ja nun etwas erhöht im Terrassentürrahmen und sagte: ,So, jetzt gib mir erst mal einen Begrüßungskuss!´“ erinnert sich Gabriela weiter,

„Marcus machte den letzten finalen Schritt auf mich zu und war bei mir! Er küsste himmlisch erregend und es machte bumm!

,Endlich!´, dachte ich und wir schlossen beide die Augen, genossen diesen wundervollen ersten zärtlichen Kuss und ich bat ihn herein.

Marcus zog sich die Schuhe noch draußen aus und betrat das Wohnzimmer. Wieder küssten wir uns. Diesmal beugte Marcus sich zu mir runter, ich streckte ihm meinen Kopf entgegen und stand auf den Zehenspitzen, so dass wir uns in der Mitte trafen. Und wieder war es ein wundervoller zärtlicher Kuss.“

„Wow, das ist ja wie im Film!“, kommentiert Sylvia die letzten Sätze und fragt dann:

„Was hältst du von einer kurzen Pause an der nächsten Raststätte, Gabi? Ich könnte einen Kaffee vertragen und auch ein WC brauchen.“

„Ja, ich auch“, antwortet Gabriela und sie fahren auf die Raststätte.

„Trotzdem kannst du ja weiter erzählen!“, bittet Sylvia Gabriela. Sie holen sich einen Kaffee, setzen sich draußen hin und Gabriela berichtet weiter:

„Ich habe dann seine Hand genommen, ihn in die Küche gezogen und Kaffee gekocht. Als ich Wasser aufsetzen wollte zum Eier kochen, meinte er, ich solle mir keine Umstände machen, Komm, es wäre doch alles prima so.

Wir saßen über Eck in meiner Küche und unterhielten uns über unsere Erfahrungen,

die wir in Internetchats gemacht haben. Lachend und uns schon an den Händen haltend, gaben wir uns kleine Küsschen. Langsam wurden unsere leichten Berührungen

zu Streicheleinheiten, die wir beide genossen. Wir haben kaum etwas gegessen.

,Komm, nimm deinen Kaffee mit, lass uns ins Wohnzimmer gehen, da ist es bequemer!´, sagte ich zu Marcus und dachte, dort können wir uns auch enger umarmen, wenn wir auf dem Sofa nebeneinander sitzen. Das taten wir dann auch, wir waren beide sehr aufgeregt. Aber, wir wollten es beide, Zärtlichkeiten miteinander genießen, und zwar nicht irgendwo und irgendwann, sondern hier, jetzt und spürten, dass der andere es auch wollte.

Wir zogen an unseren Sachen, küssten uns innig und streichelten uns immer mehr.

Ich schlug flüsternd vor, dass wir ins Gästezimmer gehen könnten, da sei eine Bettliege.“

„Ah, jetzt wird es ja noch spannender. Lass uns noch zur Toilette gehen und dann weiter fahren. Dann kannst du mir alles Weitere erzählen. Aber du hast recht, es ist eine lange, spannende Liebesgeschichte“, sagt Sylvia nun zu Gabriela. Sie gehen zum WC und dann zum Auto. Sylvia startet und lacht:

„Auf zur nächsten Runde! Aber sag mal Gabi, wo waren denn dein Ehemann oder die Nachbarn an dem Tag? Ich denke so ein langer Lulatsch wäre denen doch auf gefallen.“

„Das war echt Zufall!“, kichert Gabriela jetzt: „Alle waren im Urlaub und mein Noch- Ehemann auf Montage.“

„Dann hattest du also sturmfrei!“, lacht Sylvia und fragt: „Was passierte weiter?“ Gabriela erinnert sich:

 

„Ich ging vor und zog ihn an der Hand mit. Wie selbstverständlich machten wir das Bett zusammen. Na ja, eher ich, Marcus stand da und staunte, sah mir meistens nur zu. Als ich fertig war, legte ich mich darauf und schaute ihn erwartend an. Es schien fast, als müsse er noch überlegen. Ich wurde schon unruhig, da legte er sich zu mir und wir setzen unser Küssen fort, zogen uns dabei gegenseitig aus. Marcus war so zärtlich, so einfühlsam. Wir schienen uns beide ewig zu kennen. Seine Küsse wanderten von meinem Hals zu

meinem Bauch und seine Hände folgten. Er nahm meine Brüste in die Hand und küsste

sie innig. Immer und immer wieder wanderten seine Hände auf und ab an meinem Körper. Wir waren beide überglücklich.“

Gabriela spürt förmlich diesen damaligen Moment, genießt und schweigt. Erzählt weiter:

„Es war so herrlich, aber Marcus musste leider los und wir vergaßen beide, nach einem weiteren Treffen zu fragen. Ich schickte ihm eine SMS hinterher: ,Kuss Kuss Kuss.´

Und er schrieb zurück: ,Gerne wieder kiss!´“

„Ihr habt euch nicht für ein nächstes Date verabredet?“, fragt Sylvia ungläubig.

„Ja, aber wir haben an dem Samstagabend doch noch getippselt, wie Marcus das immer nannte. Es war irgendwie besonders! Marcus schlug vor, dass wir uns gleich am darauf folgenden Sonntag treffen sollten. Aber weil seine Schwiegereltern kamen, klappte

es an dem Sonntag nicht.“

„Gut, dass ich ja schon weiß, dass es weiter ging. Aber sag bitte, wie?“, wirft Sylvia ein. Gabriela erzählt weiter:

„Es entwickelte sich eine Art Ritual, so wie das wohl alle Paare haben.

Ich schrieb ihm morgens eine SMS: ,Guten Morgen junger Mann. Lust auf einen Kaffee mit deiner Zaubermaus? Kuss Kuss Kuss´, und Marcus antwortete:

,Guten Morgen Zaubermaus. Sehr gerne. Kiss, kiss, kiss Dein Ü –Ei´.“

„Stopp!“. Sylvia unterbricht Gabrielas Erinnerungen:

„Wieso Zaubermaus und Ü-Ei?“, fragt sie dann.

„Ach so, das habe ich vergessen zu erzählen“, gesteht Gabriela kichernd und wird wieder ein wenig rot, als sie an die Szene denkt:

„Marcus hat nach unserem ersten Sex gemeint, ich sei ja eine Zaubermaus, mit Zauberlippen und Zauberhänden. Ich erwiderte, er sei ein richtige Überraschung, ein Ü-Ei.“

„So gut war der Sex? Finde ich klasse für euch, dass es beim ersten Mal so gut gepasst hat. Das gibt es echt selten!“, freut sich Sylvia mit ihrer Freundin.

„Oh ja, das stimmt“, antwortet Gabriela und berichtet dann weiter:

„Zwischendurch schickte Marcus Nachrichten mit dem Handy oder per Mail. Er grüßte mich zum Beispiel von der anderen Seite der Elbe. Schrieb, dass er sich durch den Feierabendstau nach Hamburg wieder rein quälte. Oder er stehe gerade in der Sonne

vor einem Kornfeld und würde viel lieber mit mir im Kornfeld spazieren gehen, anstatt zum nächsten Kunden zu fahren.

Außerdem rief Marcus fast jeden Tag an:

,Hallo junge Frau, einen wunderschönen Tag wünsche ich Ihnen´, oder:

,Hallo Zaubermaus, wie geht es Dir, wie war dein Tag?´, oder manchmal genervt von Kunden:

,Hallo Zaubermaus, ich muss jetzt erst mal wieder ein Lächeln hören. Deins!´ Und zum Abschied kam immer sein obligatorischer Wunsch:

,Ich möchte jetzt noch einen dicken Kuss!´

Es kam erst mal nicht zu einem Treffen, weil Marcus als Schiffbaumonteur dauernd unterwegs war zu Kunden, auch manchmal da blieb. Aber dann entdeckten wir das Skypen. Wenn es bei uns beiden von der Zeit her passte, skypten wir manchmal spät abends, nach 22 Uhr. Wir freuten uns schon immer auf unsere Skype-Dates, wie wir das nannten.

Nach zwei Wochen rief Marcus mich im Laden an und fragte:

,Zaubermaus, nun sag mal ganz genau, was du suchst!´

Ich sagte spontan, es wäre eine Eheergänzung, also eine Ergänzung für alles, was momentan fehlte, wie Kommunikation, sich austauschen, rumalbern, streicheln, mal in den Arm nehmen, sei es telefonisch oder so. Auch da habe ich vorher nicht überlegt, was ich sagen sollte, einfach los geredet. Ich hielt den Atem an, vor Spannung, was er wohl antworten würde. Aber Marcus antwortete fast fröhlich:

,Okay, Maus, lass es uns versuchen!´

Du glaubst gar nicht, wie ich gejubelt habe, nachdem wir uns verabschiedet hatten! “

„Doch, das kann ich mir so richtig vorstellen“, bestätigt Sylvia und bemerkt:

„Guck mal, wir sind schon fast in Nürnberg. Bis jetzt läuft es doch ganz gut!“

„Oh, ja. Das hätte ich jetzt gar nicht gemerkt. Ich bin gerade total in den Erinnerungen gefangen und nehme die Umgebung gar nicht richtig wahr.“ Gabriela schüttelt lächelnd mit dem Kopf und schaut zu Sylvia. Diese lächelt zurück und sagt:

„Also für mich klingt das alles nach schönen Erinnerungen. Dann darfst du auch mal deine Umgebung vergessen. Außerdem haben wir das so ausgemacht, dass wir uns während der Fahrt mit unseren Erlebnissen gegenseitig unterhalten. Aber nun erzähl schon weiter, Gabi!“

„Hm, dass Marcus viel beruflich unterwegs war, störte mich nicht weiter. Im Gegenteil, es machte die ganze Sache doch spannender“, berichtet Gabriela weiter.

Das zweite Treffen

„Das zweite Treffen war genau drei Wochen nach unserem ersten Tag, wieder ein Sonnabend. Samstags hatte ich immer um 14:00 Uhr Feierabend.

Marcus rief gegen 12:30 Uhr in meinem kleinen Laden an:

,Hallo Zaubermaus, was hältst du von einem Kaffee mit Kuchen nach Ladenschluss. Du kochst Kaffee und ich bringe Kuchen mit. Bin gerade in deiner Nähe und wollte mir deinen kleinen Laden ansehen! Hast du einen besonderen Wunsch, was für Kuchen ich mitbringen soll?´

Ich war so perplex und freudig überrascht, dass ich zunächst gar nicht antworten konnte

und Marcus nachfragte:

,Hallo, Zaubermaus! Bist du da? Oder hast du heute Nachmittag keine Zeit? Hallo!´ Nach einer gefühlten Ewigkeit, konnte ich antworten:

,Doch, doch, ich bin da! Gerne Kaffee und Kuchen! Ich habe auch Zeit! Bin bloß gerade so freudig überrascht! Hallo erst mal! Ja und ich mag nur Marzipan und Kokos nicht.´

,Na super. Ich freue mich auf Dich, Zaubermaus! Endlich können wir uns wieder richtig in die Arme nehmen und küssen. In etwa einer Stunde bin ich bei dir! Dicken Kuss Maus! Bis gleich!´

,Dicken Kuss zurück! Ich freue mich auch!´, antwortete ich schnell.

Ich war so aufgeregt und konnte kaum abwarten, den Laden schließen zu können. Dann deckte ich so gut es ging in meinem kleinen Büro den Tisch, kochte Kaffee und schaute dauernd auf die Uhr. Dann waren es noch zwanzig Minuten vielleicht bis ich Marcus endlich wieder in die Arme nehmen konnte.

Aber als ich durch die Ladentür nach draußen schaute, sah ich ihn schon auf den Laden zu kommen. Ich war doch tatsächlich so aufgeregt, wie ein Teeny. Das war ich ja schon nach seinem Anruf, aber nun schlug mir das Herz bis zum Hals.“

„Aber das war doch bestimmt ein tolles Gefühl für Dich, oder?“, fragt Sylvia und ahnt die Antwort.

„Ja, und wie toll! Es war unbeschreiblich, auch dass ich das noch so erleben konnte. Scheinbar ganz gelassen und ruhig betrat Marcus den Laden. Ich ging ihm aufgeregt entgegen, dann nahm er mich gleich in die Arme, wir küssten uns heiß und innig. Danach sahen wir uns strahlend an und Marcus sagte:

,Hallo Zaubermaus, da bin ich und ich habe auch Kuchen mitgebracht. Schön, dass es endlich geklappt hat.´

Ich zog ihn in mein kleines Büro und er staunte, wie gemütlich es dort war. Beim Kaffee trinken und Kuchen essen gab Marcus mir immer wieder zwischendurch einen Kuss. Wir haben rumgealbert und so viel gelacht. Plötzlich hat es an der Ladentür geklopft und wir bekamen beide einen Riesenschreck. Wer könnte das sein, fragten wir uns. Aber es war nur der Hausmeister, der dachte, ich hätte vergessen, Licht auszumachen.“

Auch bei dieser Erinnerung muss Gabriela wieder schmunzeln. Sie schaut aus dem Fenster und sieht, wie die Landschaft an ihr vorbei zieht. Die Frauen kommen gut voran und liegen gut in der Zeit.

„So so, Sylvia, du glaubst also nicht, dass wir in sieben Stunden in Bozen sind?“, neckt sie ihre Freundin. Diese antwortet:

„Ja, wir kommen heute echt gut durch. Das habe ich in meiner Pendlerzeit selten erlebt. Aber ich befürchte, dass das vor dem Brenner vorbei ist!“

„Ich hoffe ja, dass wir spätestens bis 19:00 Uhr da sind, dann habe ich noch eine knappe Stunde bis Pian dei Pradi und kann noch in Ruhe Pizza essen im Hotel. Ich habe im Internet gelesen, dass es dort sehr gute Pizzen gibt.“

„Das hoffe ich auch für Dich, aber meine Erfahrungen auf dieser Tour sind leider anders. Vielleicht haben wir ja heute Glück! Und nun erzähl schon weiter!“, fordert Sylvia ihre Nochbeifahrerin lächelnd auf.

„Ich erklärte dem Hausmeister, dass ich noch Buchhaltung machen müsste, worüber Marcus herzlich lachte:

,So so, Maus! Das nennt man jetzt Buchhaltung!´, und zeigte auf den gedeckten Tisch. Wir waren so verliebt und freuten uns über unser Wiedersehen. Später fuhren wir an die Elbe, gingen dort Hand in Hand spazieren. Wir hatten eine Decke mitgenommen.“

Gabriela hält wieder inne. Die Erinnerungen sind wieder sehr präsent. Sie lächelt und sagt:

„Weißt du, Sylvia, ich könnte dir jedes einzelne Treffen haargenau erzählen. Aber es waren im Laufe der neun Jahre so viele, da reicht unsere Fahrt bis Bozen mit Stau nicht aus. Wir waren zusammen im Urlaub, Marcus ist mitgekommen zu meinem Klassentreffen, zum Geburtstag meines Bruders in Leipzig. Mir bleiben ja die vielen schönen Erinnerungen an unsere Treffen. Zumal wir uns immer was einfallen lassen mussten, wo wir uns treffen würden. Manchmal haben wir uns einfach in einem Kornfeld oder unter Apfelbäumen getroffen. Das war im Sommer prima aber im Winter schwierig. Aber als ich dann in Bremen als Dozentin anfing, war es wieder einfacher, da ich in der Woche in einem Hotel blieb. Es blieb aber immer spannend, wann und wo wir uns treffen würden. Marcus war auch immer an meinem beruflichen Werdegang interessiert.“

„Aber er wollte sich nicht von seiner Frau trennen?“, fragt Sylvia nun nach.

„Nein, aber das wollte ich auch nicht. Na ja, vielleicht mal, nachdem ich geschieden war. Aber als ich dann vor vier Jahren meine erste eigene Wohnung einrichtete, fand ich es doch gut so, wie es war. Ich begann mein Leben zu genießen, ohne dass ich auf jemanden Rücksicht nehmen musste. Da ich beruflich ja auch immer öfter unterwegs war, kam mir diese Art einer Beziehung eher passend vor. Nun mussten wir nicht mehr überlegen, wo wir uns trafen. Marcus kam einfach zu mir nach hause. Aber dadurch wurde alles Routine. “

„Wie meinst du das?“, neugierig schaut Sylvia kurz zu Gabriela. Die lacht und sagt:

„Ich kam mir schon fast wie in einer Ehe vor! Es war immer das Gleiche: Marcus kam morgens mit belegten Brötchen zu mir. Ich ließ abends den Schlüssel stecken, so dass er zu mir hoch ins Schlafzimmer kommen konnte, wo ich ihn empfing. Wir hatten natürlich immer guten Sex. Aber irgendwie war nach zwei Jahren etwa bei mir die Spannung raus. Es war wirklich immer das Gleiche: Sex, dann frühstückten wir, danach noch mal Sex.

Manchmal kochte ich uns was zum Mittag, dann fuhr er wieder. Weißt du, solche Art Affäre muss ihre Spannung halten oder in eine andere Qualität einsteigen.“

„Wie meinst du das jetzt?“, fragt Sylvia kurz.

„Also, wenn man jemanden kennenlernt und richtig mit dem zusammen ist, gibt es ja auch die verschiedenen Phasen. Zuerst hat man die rosarote Brille auf. Ist schwer verliebt und hat ganz viel Sex. Dann kommt die Phase, in der man viel gemeinsam unternimmt, ins Kino, Essen gehen und so. Irgendwann dann Phase drei, man zieht zusammen und im besten Fall entwickelt sich eine tiefe Gemeinsamkeit und Liebe. Man bewältigt auch den Alltag miteinander, macht Pläne, fährt in den Urlaub, geht gemeinsam mit Freunden und Familie aus. Lernt die Kinder kennen usw. In der Zwischenzeit kannte Marcus meine Familie und auch einige meiner Freunde. Aber ich kannte keinen seiner Freunde, geschweige denn seine Kinder. An Feiertagen war er bei seiner Familie und ich bei meiner. Wir hatten keine dritte und vierte Phase.“

„Und dann war irgendwann die Spannung raus!“, stellt Sylvia nun fest.

„Ja, genau! Das fiel mir ganz bewusst zu meinem Geburtstag am Pfingstsonntag auf. Ich wollte nicht groß feiern. Nur gute Freunde, meine Kinder, meine Mutter hatte ich zu meinem 60. eingeladen und natürlich auch Marcus. Ein paar Tage vorher hatten wir uns noch getroffen und er versprach zu kommen. Aber er konnte nicht, weil irgendwas in seiner Familie vorgefallen war. Eine Freundin blieb mit ihren Kindern über Nacht. Als sie die beiden ins Bett brachte, es war schon 22:30 Uhr, fiel mir auf, dass Marcus mir nicht gefehlt hatte. Mein Tag war so toll, dass ich die ganze Zeit nicht an ihn dachte.“

 

„Oh ja, das ist ein Zeichen!“, wirft Sylvia ein.

„Ja, und ich habe mich selbst darüber erschrocken, als mir das bewusst wurde. Na und dann kam eins zum andern. Irgendwie war in seiner Familie der Wurm drin, dauernd passierte irgendwas und er regte sich bei mir über seine Eltern, seine Schwiegereltern, seine Kinder und sonst wen auf. Das hat mich echt genervt. Ich wollte davon nichts wissen!“

„Das kann ich verstehen, zumal du die ja alle nicht kennst!“, stimmt Sylvia zu.

„Ja, genau und so beschloss ich, es zu beenden, bevor wir im Bösen auseinander gehen würden. Auch hatte ich keine Lust mehr, auf immer das gleiche Ritual der Treffen.“

„Und er hat nicht versucht, dich umzustimmen?“, wundert sich Sylvia.

„Nein, er hat gemeint, das sei schade. Das war es!“

„Das finde ich sehr komisch. Nach so langer Zeit, immerhin waren es ja neun Jahre!“, Sylvia schüttelt mit dem Kopf. Dann sagt sie:

„Du hast schon recht. Es ist gut, dass du es beendet hast. So kannst du eure Treffen in guter Erinnerung behalten“, und lachend fügt sie hinzu:

„Vielleicht lernst du ja in Caldonazzo einen feschen Italiener kennen!“

Gabriela muss nun herzhaft lachen und kichernd sagt sie:

„Das haben Simone und ich heute Morgen schon gesagt. Nur das wir es noch mehr übertrieben haben und an einen italienischen Prinzen auf dem weißen Pferd gesprochen haben!“

„Na, dann weißt du ja, was dich dort erwartet!“, kichert Sylvia.

Inzwischen sind sie schon in der Nähe von Ingolstadt.

„Noch ca. eine Stunde und wir sind in München, wenn es weiter so gut läuft“, stellt Sylvia freudig fest.

„Was hältst du von einem kleinen Mittagsimbiss? Kurz vor München gibt es noch eine Raststätte. Wollen wir dort noch mal halten? Wir können dort dann auch Fahrerinnenwechsel machen“, schlägt sie noch vor.

„Ja, das ist eine gute Idee! So machen wir das“, stimmt Gabriela zu. Beide Frauen schweigen jetzt. Jede hängt ihren Gedanken nach.

Sylvia erinnert sich jetzt an ihre Pendlerzeit und was sie alles so im Internet auf Partnerbörsen erlebt hat und sagt dann plötzlich:

„Aber immerhin ist dir durch deine Langzeitaffäre allerhand erspart geblieben. Was glaubst du, was ich da alles auf diesen Partnerbörsen im Internet in den letzten zehn Jahren erlebt habe“, dann lacht sie und meint:

„Darüber kann ich echt ein ganzes Buch schreiben.“ Gabriela antwortet lachend:

„Ja, lass uns gemeinsam ein Buch schreiben. Titel: Was Frau ab 50 im WWW auf Partnerbörsen erleben und finden kann. Ich schreibe dann alles auf, was ich mit Marcus erlebt habe, den ich ja auch auf so einer Partnerbörse getroffen habe und du, was dir so begegnet ist.“

„Na ja, ich weiß nicht, ob ich dazu die Geduld habe, du bestimmt. Am besten du machst nachher dein Diktiergerät an, wenn ich dir meine Stories erzähle.“

„Hey, das ist eine prima Idee, Sylvia und wenn wir wieder zu Hause sind, schicke ich dir dann den Text zum Korrigieren.“

Sylvia lacht: „Dann kommen wir noch ganz groß raus, ins Fernsehen und diese ganzen Erlebnisse haben noch ihren Zweck bekommen!“

„Genau!“, stimmt Gabriela kichernd zu. Sylvia spinnt weiter:

„Dann musst du aber auch die Geschichte mit dem weißen Prinzen und dem italienischen Pferd da rein schreiben!“ Nun prusten die beiden Frauen gemeinsam los.

„Ja, ja die weißen Prinzen und die italienischen Pferde!“, kichert Gabriela und kann sich kaum beruhigen. Bis jetzt läuft doch alles prima, findet sie. Der Tag hatte ja schon in Leipzig fröhlich begonnen. So konnte es weiter gehen. Die ersten 420 km der Reise hatten die beiden Frauen in beachtlichen vierundeinhalb Stunden geschafft. Hoffentlich würde es für die restlichen knapp 400 km bis Pian dei Pradi auch so gut laufen, überlegte Gabriela.

Dann wäre sie tatsächlich gegen 19:00 Uhr in ihrem Hotel.

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