Liebe und Alltag in der DDR

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15. Kapitel






E













 s war Freitag, der 12. 7. als Hannes diesen Brief







Mein lieber Fratz. Ich will versuchen, Dir rasch ein paar Zeilen zu schreiben. Habe heute wieder 3 Briefe von Dir bekommen, worüber ich mich natürlich sehr gefreut habe. Es sind jetzt damit gesamt 8 Briefe, die ich hier bekommen habe. Vor zwei Stunden bin ich aufgestanden, es ist jetzt 16:00Uhr. Wir waren wieder Mal die ganze Nacht draußen mit den Maschinen. Sind gestern um 16:00 Uhr los und heute früh um 4:30 Uhr zurück. Das war bereits das dritte Mal. Heute geht es wohl wieder raus, aber das weiß noch keiner so genau. Ich sitze hier im großen Essenzelt nur mit Badehose und Turnschuhen. Es ist heute wieder unerträglich heiß und staubig, staubig und nochmals staubig. Das Wasserauto bringt vier Mal am Tag Wasser für 300 Personen. Duschen waren wir vorgestern, es wird wohl auch nicht noch mal sein. Du siehst also, Hygiene wird hier ganz klein geschrieben. Ansonsten geht es mir den Umständen entsprechend gut. Meine Brille ist kaputt. Der eine Bügel hängt nur noch an einem winzigen Draht. Du könntest schon Mal die andere Brille suchen. Ob das mit dem Urlaub klappt, werde ich wohl auch erst einen halben Tag vorher erfahren. Man weiß ja auch noch nicht mal, wann es nach Rostock zurückgeht. Aber wir bleiben erstmal


bei dem geplanten Wochenende. Wenn Du diesen Brief bekommst, wohnst Du ja schon ein paar Tage in der neuen Wohnung und es werden wohl nur noch 8 bis 9 Tage


sein, bis ich komme. Hauptsache, er kommt an, ich schicke ihn an die neue Adresse. Ja Fratz, gegen 4:00 Uhr wird es frisch im Zelt, aber es geht noch.





So nun sei ganz lieb gegrüßt von Deinem Hannes.







Ich liebe Dich ganz doll! Ich freue mich schon riesig auf unser neues Zuhause, welches Du sicher sehr schön hergerichtet hast. Ein paar ganz dicke Küsschen.







P.S. Einmal schreibe ich bestimmt noch. Ich will es versuchen.“





Hannes hat es nicht mehr geschafft, einen Brief zu schreiben. Aber ich schrieb unverzagt weiter:






I













 n jedem der Brief vom 17. 7. bis zum 23. 7. immer







Dann wieder Pläne für die Zeit, wenn Hannes da ist, auch in Bezug auf seinen Brief:



Dass ihr so wenig Wasser bekommt, ist eine Schweinerei. Aber Fratz, wenn Du hier bist, kannst Du endlich schön lange baden, nach einem viertel Jahr! Ich habe auch vier Karten für das ,Boddenhus´ bestellt, Wir können uns dann ja überlegen, wen wir mitnehmen, vielleicht Ella und Olaf, ach nein, die sind ja im Urlaub. Aber Frank kommt auch auf Urlaub am Donnerstag, dann nehmen wir Konni und ihn mit, wenn sie wollen. Am Freitag machen wir Einweihungsparty Ich habe schon alles dafür eingekauft, auch Braunen, Klaren und Pfeffi. Becker und Karl sollen nichts vermissen, schließlich hat uns das Malern und der Umzug nichts gekostet. Erdbeeren habe ich auch noch mal bekommen und die guten eingefroren.“



Ich berichtete, dass endlich der Antennenverteiler angeschlossen wurde und ich abends den Film:, Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss´ schauen wollte. Auch dass Olaf nun doch nicht zur Reserve muss. Zwischendurch immer wieder die Fragen:



Seid ihr schon in Rostock? Kannst Du schon am Donnerstag kommen? Wie lange kannst Du hier bleiben?“



Natürlich zählte ich die Tage bis zu unserem Wiedersehen mit und dass ich immer noch auf einen Brief von meinem Hannes hoffte.



Am Morgen des 23. 7., in meinem letzten Brief vor dem Sonderurlaub erzählte ich von einem Traum:



Heute Nacht habe ich geträumt, dass Du geklingelt hast und in dem Moment sind alle Möbel in der Wohnung zusammen gekracht. Ich habe versucht, alles wieder zusammen zu bauen, aber Du hast immer wieder geklingelt.





Plötzlich warst Du in der Wohnung. Aber, was Du gesagt hast, weiß ich nicht mehr. Ich war wach!“





Dieser Brief endet mit den Worten:



Ich freue mich ja so auf Dich! Du musst unbedingt kommen! Und denke an den





H-Bus! Hoffentlich kommt heute noch Post von Dir und Du kannst mir noch Genaueres schreiben. Ich liebe Dich doch so und bin schon ganz aufgeregt. Komm bitte schnell!“





Ich weiß nicht mehr, wie ich die Tage in Ungewissheit verbracht habe. Wahrscheinlich mit Hoffen, Bangen und Warten. Außerdem musste ich ja noch jeden Tag bis zum



25. 7. arbeiten, hatte wieder Zeit zum Stricken beim Fernsehen.



Wie dem auch sei, ich erinnere mich, dass er plötzlich am Nachmittag in Uniform vor der Wohnungstür stand und wir tatsächlich gleich im Schlafzimmer gelandet sind. Dann machten Hannes und ich Hand in Hand einen Wohnungsrundgang. Er kam aus dem Staunen nicht heraus, was alles schon fertig war. Als wir auf dem Balkon ankamen nahm mein Soldat mich in den Arm und sagte ganz gerührt:



„Mein Fratz, das hast Du alles ganz toll gemacht! Ich bin so froh, dass ich so eine tolle Frau habe!“



Abends fand die Einweihungsparty statt. Ich weiß nicht mehr, ob wir tanzen waren. Hannes hatte auch ein paar Ideen, besonders zum Keller. Mit dem hatte ich mich natürlich auch noch nicht weiter beschäftigt. Wir fuhren in die Stadt bummeln, genossen unsere Zweisamkeit und Hannes zusätzlich unser Bad. Aber er rasierte sich erst wieder am Tag seiner Abreise, am 1. 8. Diesmal fiel uns der Abschied nicht so schwer, da wir ja wussten, dass er schon am 9. 8. in den geplanten Urlaub kommen würde. Und nun wusste ja auch Hannes genau, worauf er sich in Hinsicht der Wohnung freuen konnte. Immerhin hatten wir zum ersten Mal unsere eigenen



4 Wände, eine eigene Küche und ein eigenes Bad. Auch wenn rund um noch Baustelle war, es war unser wunderbares Zuhause.






Na













 türlich habe ich gleich am nächsten Morgen







Guten Morgen mein lieber Fratz! Ich hoffe, Du bist rechtzeitig und gut in Rostock angekommen. Ich habe gestern Abend doch noch ferngesehen. Es kam ein ganz brauchbarer Film. Außerdem war es plötzlich so leer in der Wohnung. Keiner mehr da, der meckert! Ich habe mich dann damit getröstet, dass Du ja in einer Woche wieder da bist. Heute auf Arbeit, werden sie wohl fragen, ob Du da warst und wie es war. Na, Du kannst Dir das sicher vorstellen. Dann muss ich noch alles klären für Deinen Urlaub, dass ich auch ja frei bekomme. Heute werde ich dann wieder anfangen, Fleisch zu kaufen, auf das der Kühlschrank wieder voll wird. Hat Dir der Kuchen geschmeckt? Ist die Hektik nach dem Feldlager vorbei?“



Jetzt fällt mir ein, Musik war gerade in dieser Zeit sehr wichtig für uns. So hörte ich immer wieder „Halt mich fest“ von Zwei Wege und „Zeit, die nie vergeht“ von Michael Barakowski. Die auch jetzt noch, wenn ich diese Titel höre, Erinnerungen an diese Zeit in mir hervorrufen.



In der Woche bis zum nächsten Urlaub von Hannes habe ich nur drei Briefe nach Rostock geschickt aber fast jeden Morgen, wie gehabt geschrieben. Ich hatte wohl viel zu tun, dass ich nicht immer abends geschrieben habe. So schreibe ich am 5. 8.morgens:



Ich hoffe, Du hast das Wochenende einigermaßen über die Runden gebracht. Ich auch! Ich habe genäht, gewaschen und zwischendurch war ich ja auch noch ein bisschen arbeiten.“



Hier will ich erwähnen, dass das Wäschewaschen damals nicht so einfach war. Mit der WM-66 konnte man zwar die Wäsche erwärmen oder kochen, aber um sie zu spülen, musste man sie wieder rausnehmen. Das Wasser ablassen, wieder neues einfüllen usw. Ich habe sie dann meistens in der Badewanne gespült. Auch schleudern konnte diese Maschine nicht. Dazu gab es extra eine Schleuder. Ich hatte eine so genannte Tischschleuder, die auf einem Brett über der Wanne stand. Das bedeutete, Wäsche aus dem Spülwasser in der Wanne auswringen und dann in die Schleuder. Aber es war schon eine Erleichterung, da man die Wäsche nicht mehr im Topf kochen und mit der Hand dann waschen musste. Die Kragenbinden von Hannes habe ich aber immer vorher noch extra schrubben müssen. Wie toll, dass das jetzt nur ein Arbeitsschritt geworden ist!



Ich berichte natürlich auch von Treffen mit Freundinnen und das Neueste von Konni:



Sie ist jetzt doch in ein Kinderzimmer gezogen und hat sich alles gemütlich gemacht. Das war von Anfang an ja ihr Vorschlag. Da musste es erst so ein Theater geben. Nur weil da normalerweise eine Mutter mit Kind wohnt. Ich habe auch Nähaufträge von Elke und Mutti. Dafür gab es 3 Geschirrhandtücher, 1 Flasche Ketschup und 1 Schachtel Zigaretten. Langsam hat sich die Nähmaschine bezahlt gemacht. Für mich habe ich ein Kleid genäht. Seit Samstag ist das erste Programm wieder schlecht. Komisch, immer nur das erste. Heute war aber auch der Radioempfang mies. An dem Wetter kann das ja wohl nicht liegen. Die über mir haben gar keinen Empfang. Das Wetter ist scheußlich, aber der Wind trocknet meine Wäsche auf dem Balkon und macht sie glatt, so dass ich nicht mehr so doll bügeln muss. Mit dem Urlaub bei mir geht alles klar. Fratz, ich hab Dir noch gar nicht gesagt, dass ich Dich liebe, auch wenn Du so ein Ekelpaket bist! Mit den Kartons geht das nicht so schnell, da müssen wir Geduld haben. Aber der Keller ist wieder voller Wasser, diesmal ist der Regen Schuld. Da müssen die sich aber noch was einfallen lassen bis zum Winter. Ich habe Ella, Olaf und Mutti zum Kaffee am Samstag, wenn Du da bist, eingeladen. Sie freuen sich schon, Dich wieder zu sehen. Hast Du Deinen Eltern geschrieben?“



Ja, seine Eltern waren auch im Sonderurlaub Thema. Ich hatte es immer versucht, zwischen Sohn und Eltern zu vermitteln. Was mir gerade am Anfang unserer Ehe selten gelang.

 



Als ich am 5. 8. abends von der Arbeit kam, konnte ich mich über einen Brief von Hannes freuen.



Er hat ihn am Freitag, den 2. 8. abends geschrieben:







16. Kapitel




M











 ein lieber Fratz! Sei ganz lieb gegrüßt von Deinem







Hannes. Ich liebe Dich ganz doll! Jetzt ist es 21:30 Uhr und ich sitze im Wachlokal. Ja wir stehen Wache bis zum Urlaub. In zwei Stunden muss ich wieder raus und ich bin jetzt schon müde. Das Wetter ist sehr ungemütlich, sehr windig mit teilweise Regen. Hässlicher geht es kaum noch. Ich bin noch gut in Rostock angekommen. Der D-Zug nach Stralsund war pünktlich. Der Personenzug nach Rostock auch. Aber 10 km vor Rostock war Schienenersatzverkehr.“







Hm, das scheint sich in all den Jahren nicht geändert zu haben.



Trotzdem waren wir pünktlich auf dem Rostocker Hauptbahnhof. Von da bin ich mit der Straßenbahn weitergefahren und um 1:45 Uhr im Bett. Die neuen Reservisten waren schon da. Konnte aber ewig nicht einschlafen und bin dann um 5:30 Uhr aufgestanden. Vormittags war Sturmbahn und Exerzieren dran, ich habe jetzt noch Muskelkater. Durch den Urlaub bin ich raus aus dem Training. Übrigens noch vielen Dank für die doch schönen Urlaubstage, die ich mit Dir hatte. Ich freue mich schon auf den nächsten Urlaub am 9. 8., und Du?“



Wie bitte: „…für die DOCH schönen…?“ Wie sollte ich das denn verstehen? Ich denke, da kommt bestimmt noch ein Kommentar in meinem Antwortbrief!



Hast Du schon Pappe für den Keller besorgt? Kommen alle zum Skat spielen? Du kannst ihnen ja sagen, dass sie alle Getränke mitbringen, würdest Du aber sowieso machen, nicht wahr? So Fratz, das war es für heute. Ich liebe Dich ganz, ganz, ganz doll! Dein Hannes.“






M













 eine Antwort kam natürlich prompt.







Natürlich waren unsere Urlaubstage DOCH schön, bis auf Dein Gemecker! Na, beim nächsten Mal, lasse ich es gar nicht dazu kommen. Da musst Du ran! Da will ich unser Kind machen! Kannst Dich schon darauf einstellen!“



Autsch, Hannes konnte per Brief nicht mehr antworten, da ich noch am 6. 8. weiter schrieb:



Das mit dem Mitbringen, hätte ich nicht gesagt. Da schätzt Du mich wohl mal wieder falsch ein. Kjelt und Jimmi können nur Freitagabend zum Skat kommen. Also trink nicht so viel auf der Herfahrt, sonnst musst Du ins Bett und ich spiele mit den beiden alleine. So mein Fratz, ich muss mal wieder in die Spur! Lass die zwei, drei Tage nicht sauer werden! Ich freue mich auch schon auf Freitag! Noch





3 Tage, heute zähle ich nicht mehr mit.“





Ich überlege gerade, warum ich das mit dem Trinken auf der Herfahrt geschrieben habe. Keine Ahnung mehr. Wenn, dann kann ich nur vermuten, dass Hannes beim ersten Besuch nicht ganz nüchtern ankam. Aber das vermute ich tatsächlich nur.



Auf meinen Brief konnte Hannes nicht mehr per Post antworten, aber ich habe mich natürlich gefreut, dass ich diesmal noch vor dem Urlaub, Post bekommen habe:













Mein lieber Fratz! Ich schreibe hier heute früh







 um 6:30 Uhr und es ist Mittwoch. Also nur noch zwei Tage bis zum Urlaub. Ich stehe aber keine Wache, sondern liege im Med.-Punkt. Ja, ich bin hier eingeliefert worden wegen Magenschmerzen. Hoffentlich komme ich spätestens Donnerstagabend raus, sonst fällt mein Urlaub nämlich aus.“







Beim Lesen dieser Zeilen bekam ich natürlich einen Riesenschreck und dachte nur:



„Oh nein, schnell weiter lesen!“



Ich glaube, ich werde es schon schaffen. Bei der heutigen Visite werde ich erstmal berichten, wie gut es mir geht. Gestern kamen gleich zwei Karten, eine von Mutti aus Wolgast und eine aus Budapest von Deinen Schwiegereltern. Sie tingeln durch Ungarn. So nun ist auch die Visite vorbei und ich sitze jetzt wieder in der Batterie. Man hat mich also entlassen. Es war auch so gut wie nichts. Fratz, ich liebe Dich ganz doll und hoffentlich ist bald Freitag. Wir werden wohl schon um 15:00 Uhr entlassen. Du kannst also früher mit mir rechnen.“



Puh, da hatte ich aber Glück, da an diesem Wochenende, die Chance schwanger zu werden, hoch war. Außerdem fand ich, da wir jetzt eine Wohnung hatten und ich immerhin schon 25 Jahre alt, dass es dafür ein guter Zeitpunkt war. Ich musste mir auch keine geldlichen Sorgen machen. Selbst wenn Hannes bei der Armee war. In der DDR wurde für werdende und junge Mütter gesorgt. Der Mutterschutz vor der Geburt war gesichert und nach der Geburt konnte die junge Mutter ein bezahltes Babyjahr zu hause bleiben, wenn sie das wollte.



Für die Erstausstattung gab der Staat 1000,00 Mark dazu, außerdem wurden jungen Eheleuten beim ersten Kind 1000,00 Mark vom Ehekredit erlassen. Als werdende junge Mutter musste ich mir auch keine Sorgen um meine Arbeit machen. Es war gesichert, dass man nach dem Babyjahr einen Krippenplatz bekam und wieder an die alte Arbeit zurückkehren konnte, wenn Frau das wollte.



Meinem nächsten Brief und auch dem Brief von Hannes nach seinem Urlaub, entnehme ich, dass dieser besser gewesen sein muss, was unsere Beziehung anging, als der Sonderurlaub davor. So lese ich in meinem Brief vom 17. 8., also am Tag nach den Urlaubstagen mit Hannes:













Fratz! Der Urlaub war ganz toll, phantastisch!







Er war sehr schön. Es ist uns bei weitem besser gelungen, als der SU, oder?“







War das so? Ich weiß es nicht mehr so genau. Vielleicht war der Sonderurlaub auch ein wenig komisch, weil es für uns beide ja ungewohnt war, uns so selten zu sehen und wir einfach noch nicht richtig verstanden haben, wie wir uns die wenig verbliebene Zeit verhalten sollten. Alles war ja neu für uns. Ich bin mir sicher, dass wir uns beide für den nächsten Urlaub fest vorgenommen haben, das geht besser. Und das ist uns auch gelungen, wie ich unseren Briefen ja entnehmen kann. Wir lernten mit der Situation besser umzugehen und genossen unsere Zweisamkeit besonders.



Aber auch Treffen mit seinen Freunden zum Skat spielen oder mit Olaf, Ella und meiner Mutter sorgten wohl zusätzlich für gute Stimmung.



Da Hannes erst am Morgen des 16. 8. um 6:00 Uhr in der Kaserne in Rostock sein musste, fuhr er mit einem Kumpel im Auto mit, der auch nach Rostock musste. Das brachte uns noch einen ganzen Abend zu zweit, da er nicht mit dem Zug spätabends los musste. Wir verabschiedeten uns gegen 4:00Uhr. Aber ich musste an dem Tag sowieso arbeiten. Und so schrieb ich weiter:



Ich habe den gestrigen Tag gut überstanden, war in der Küche. Dann bin ich gleich zur Sparkasse gefahren und habe die letzten 180,00 Mark an die AWG überwiesen. So sind wir das auch los und Du musst keine 60 Stunden mehr leisten, wenn Du von der Armee kommst. Abends kamen Konni und Elke mit Nähaufträgen.“



Am Samstagmorgen meldete ich mich wieder:

„Guten Morgen mein lieber Hannes! Wie schläft es sich denn so alleine? Warst Du schon beim Arzt wegen dem Bändchenriss? Ich habe gestern noch das Jugendlexikon studiert, das Kapitel ,Sex bis 30´. Habe aber nichts gefunden. Jedenfalls musst Du damit zum Urologen.





Fratz, ich liebe Dich, wann kommst Du denn wieder? Was ist mit dem nächsten Sonntag, bekommst Du da Ausgang? Schreibe mir bitte ganz schnell! Ich möchte Dich so gerne wieder sehen! Heute gehen Konni und ich wieder an die Kasse 1. Das funktioniert mit uns prima und Trinkgeld gibt es dann auch wieder. Irgendetwas müssen wir ja davon haben, dass wir am Wochenende arbeiten. Ich stecke diesen Brief noch schnell ein, vielleicht hast Du ihn ja Montag schon.“








17. Kapitel






I













 n meinem Brief von Sonntag und Montagmorgen







Es war ein herrlicher Urlaub! Schade, dass er so schnell zu Ende war! Ich liebe Dich so! Jetzt muss ich aber in die Heia. Gute Nacht und träume was Schönes von mir!“



Dann am nächsten Morgen vor der Arbeit noch schnell ein paar Zeilen:



Ich hoffe, Du hast gut geschlafen und schön geträumt! Ich schlafe jetzt wieder kurz und tief meinen ,Hannes-ist-nicht-da-Schlaf´. Die Gardinen sind noch dran, wer hätte das gedacht. Ich bin um 5:00 Uhr aufgestanden, das ist ein bisschen knapp. Morgen stehe ich 4:45 Uhr auf, damit ich genügend Zeit habe, Dir einen Morgengruß zu senden.“



Wahnsinn, denke ich heute. Da bin ich doch tatsächlich früher aufgestanden, um Hannes noch morgens zu schreiben!



Aber ich hatte ja schon erwähnt, was mir das bedeutete. Aber als ich am Montagabend nach hause kam, konnte ich mich über einen Brief von meinem Soldaten freuen. Obwohl er ihn am Samstagabend geschrieben haben muss, war der Brief schon Montagabend bei mir. Da war die Post ja mal schnell, was mich heute noch wundert.






Es













 war Hannes´ 20. Brief, seit er bei der Armee diente.







Mein lieber Fratz! Jetzt ist es also soweit, dass ich Dir einigermaßen in Ruhe schreiben kann. Der erste Aufzug ist weg, es ist 19:30 Uhr. Ich bin der dritte Aufzug. Ach ja, ich habe ja noch gar nicht geschrieben, ich stehe mal wieder Wache. Von Dienstag zu Mittwoch ebenfalls, aber draußen im Wald. So und nun sei nicht sauer, vom Samstag zu Sonntag auch. Es ist also so gekommen, wie ich es bereits sagte, wir schieben eine Wache nach der anderen, also nichts mit Ausgang am Sonntag. Donnerstag und Freitag haben wir Polit, da werde ich wieder mit meinen Augen zu kämpfen haben. Ja, so schlägt man hier die Zeit tot.



Als wir am Freitagmorgen hier ankamen, wurden natürlich gleich die Reisetaschen durchsucht. Zweimal sogar, einmal am KDL und dann noch mal vom Spieß. Um 5:30 Uhr war ich dann im Objekt. Und rate mal wo wir Freitagvormittag waren? Natürlich im NAG, dort wurden wir herrlich geschliffen. Die Hälfte war noch total besoffen und hat die Capo´s wie verrückt belegt. Da war eine Stimmung! Na und ich hatte wieder Verdauungsprobleme. Einmal wäre es fast in die Hosen gegangen, habe es aber noch in´s nasse Gras geschafft. Du kannst Dir sicher vorstellen, wie die Unterwäsche aussieht. Nachmittags hatten wir noch Rotlicht. Dann war ich noch im MHO, es gab ja noch Geld (160,00 Mark). Habe gleich 30,00 ausgegeben für Pfirsiche und eine


Melone und ich habe endlich einen schwarzen Beutel bekommen. Freitag und heute habe ich noch kein Mittag gegessen, der Unterschied war mir zu hart. Freitag gab es Grützwurst und heute Weißkohleintopf, igitt, igitt! Mal sehen, was es morgen gibt, vielleicht ,Sonntagsbraten´? Achso, Freitagabend war zum Glück schon 19:30 Uhr Stubendurchgang, da habe ich schon um 20:00 Uhr geschlafen. Mir wurde berichtet, dass ich in der ersten Stunde geschnarcht haben soll?





Was hast Du denn noch in den 1,5 Stunden, bis Du los musstest gemacht? Fratz, versuchst Du dann angesichts meiner Wache zu tauschen, so dass Du dann am Sonntag drauf kommen kannst?“





Also in diesem Brief noch nichts über unseren Urlaub? Hm, dann bestimmt im nächsten.



Wozu brauchte Hannes unbedingt einen schwarzen Beutel, überlege ich gerade.



Das werde ich ja vielleicht noch erfahren. Ich ahne es, bin mir aber nicht sicher. Ich glaube er brauchte einen undurchsichtigen festen Leinenbeutel, um Schnaps in die Kaserne zu schmuggeln.






N













 atürlich antwortete ich sofort nach Erhalt seines Briefes







Mein liebster Fratz! Habe soeben mit Freuden Deinen Brief erhalten. Hast Du denn meinen auch heute bekommen?





Schade, dass Du Wache hast! Aber weißt Du auch genau, dass Du am Folgewochenende,, also am 31. 8., 1. 9., keine hast? Übrigens wollten wir am 30. 8. in Urlaub fahren. Ich kann versuchen zu tauschen oder Sonntag frei zu nehmen. Aber so wäre es günstiger, da ich dieses Wochenende meine Regel bekomme.



 





Ich war heute bei der Frau Doktor Dickehut, habe gefragt, wegen Kinderkriegen. Sie meinte, die Untersuchungen müssten parallel laufen. Bei 40% aller Kinderlosen läge es an den Männern. Das kannst Du da bei euch nicht machen. Aber meine Zwischenblutungen seien normal. Das nächste Mal gehe ich zu einem Frauenarzt in der Stadt.







Heute konnten wir im ,Struck´ ablachen. Um 11:10 Uhr waren an allen Kochstraßen die Messer und Gabeln alle! Nicht mal so was haben wir mehr. Da kannst Du Dir ja vorstellen, was los war. Kasselerbraten möchte ich auch nicht mit dem Löffel essen. Aber am schlimmsten waren die Leute aus den Büros. Die könnten sich doch wirklich ihr eigenes Besteck mitbringen! Unsere Chefs sind aufgeregt hin und her gerannt. Aber davon bekamen wir auch kein Besteck. Leuna II kostet uns schon eine Menge Besteck und Geschirr.







Wenn Du nur die erste Stunde geschnarcht hast, geht das doch noch, Fratz. Dass Dir das Essen nicht gleich passt, kann ich mir vorstellen. Habe Dich eben zu sehr verwöhnt. Wovon hattest Du denn Durchfall? Gehe bitte zum Arzt! Soll ich am 25. gar nicht kommen? Vielleicht bekommst Du ja nach der Wache Ausgang, dann gehen wir gemütlich Essen. Da könnte ich sogar noch vorher arbeiten und dann zu Dir kommen.







Hast Du schon an Deine Eltern geschrieben? Sicher nicht.“





Am nächsten Morgen berichtete ich wieder von chaotischen Träumen. Auch, dass ich keine Melonen und Pfirsiche, aber Birnen bekommen habe, die ich leider nicht einwecken konnte. Das Wetter war im August 1985 auch nicht sommerlich, wie ich meinen Briefen immer wieder mal entnehme. Aber ich war nicht traurig darüber, da Hannes ja bei der Armee war und wir ohnehin kaum Zeit hatten, an den Strand zu gehen.



Meinen 50. Brief an Hannes begann ich am Abend des

20. 8.




Mein geliebter Fratz!













 Habe gerade einen japanischen Zeichentrickfilm gesehen. Es war ein Märchenfilm, ging aber traurig aus. Vorher habe ich mit einem Rock für mich begonnen. Es scheint, dass es einer wird. Mir ist so, als ob Du dieses Wochenende wieder kommst. Aber dann muss ich mir sagen, dass das nicht sobald sein wird. Könntest Du wenigstens einmal im Monat kommen! Aber leider geht das ja bei Euch nicht. Karin hat uns heute gefragt, ob wir einen Lehrgang mitmachen wollen zum Blindtippen (Kassierernachweis). Natürlich habe ich zugesagt. Mein Blick geht ja in die Zukunft! Schreib mir bitte Hannes! Hast Du Deinen Eltern geschrieben oder angerufen? Warst Du beim Arzt?“







Am nächsten Morgen schrieb ich noch, dass gerade das Hausbuch bei uns ist und Hannes sich dann beim nächsten Urlaub eintragen sollte, da dort auch die Personalausweisnummer stehen musste. Auch dass ich versuchte, am 1. 9. Haushaltstag zu nehmen, weil das Tauschen kompliziert war.



Den nächsten Brief begann ich aufgeregt darüber, dass ich ca. 130,00 Mark zu wenig Gehalt bekommen habe:



Im Frei gehe ich zum Lohnbüro in Greifswald und lasse mir meinen Lohnstreifen aufschlüsseln. Ich verstehe das nicht. Wenn ich das alles überschlage habe ich 380,00 Mark zum Leben und Sparen. Und dafür arbeitet man nun jedes zweite Wochenende! Ich hatte schon wieder die Stimmung zum Kündigen! Aber ich schenke denen nicht meine anteilige Jahresendprämie. So lange muss ich durchhalten, wenn es auch schwer fällt. Ein Glück das unsere Wohnung soweit fertig ist. Da habe ich wenigstens nicht den Gnatsch in der Wohnunterkunft. Ach Fratz, Du fehlst mir so!“



Am späten Abend dann noch eine für mich freudige Nachricht:



Der Rock ist fertig! Und er passt! Außerdem gefällt er mir sogar. Soeben ist das erste Kleidungsstück, dass ich auch auf der Straße anziehen werde und mit Maschine genäht habe, fertig geworden!“



Daran erinnere ich mich, ich war sehr stolz. Ich habe zwar schon seit ich 14 Jahre war Sachen für mich genäht, aber immer mit der Hand.



Am Morgen des 22. 8. berichtete ich wieder von wirren Träumen und erkundigte mich bei Hannes, ob es ihm besser ginge, sein Durchfall weg war. Ich erzählte, dass meine Freundin Konni, sich auf das Wochenende freute, weil Ihr Mann auf Urlaub kam. Dass ich kaum einkaufen müsse, wenn ich arbeitete und vielleicht Marianne mit ihrem Freund zum Skatspielen am Freitag kommen. Und natürlich schrieb ich in jedem Brief, wie sehr ich Hannes liebte und vermisste, wie sehr ich auf Post von ihm wartete. Am Abend des 22. 8., es ist ein Donnerstag, entschloss ich mich, folgendes zu schreiben:



Schade, dass ich heute wieder keine Post von Dir h

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