Der Bogen in die Zukunft

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Sein Leben und Können für die kranken und verletzten Menschen einsetzen

Mit der Unabhängigkeit Namibias als letztes afrikanisches Land und den ersten freien Wahlen in Südafrika wurde der Weg frei für den Ruf nach der afrikanischen Renaissance. Sie sollte den ganzen Kontinent beflügeln und die Menschen zum besseren Leben führen. Der Wandel war deutlich genug, um die letzten weißen Zweifel auszuräumen und zu erkennen, dass der Händewechsel an den Hebeln der Macht ein endgültiger war, der eine Umkehr von schwarz zu weiß für alle Zeiten ausschloss.

In diese Zeit hatte Dr. Ferdinand seine Füße und Gedanken gesetzt. Sollte doch die Renaissance auch für ihn gelten, der nicht in Afrika geboren und aufgewachsen war, sondern vom Gesicht und der Haut ein Europäer war. Er hat seit über zehn Jahren sein Leben und Können für die kranken und verletzten Menschen im Norden des Landes eingesetzt, wo er als Arzt und Chirurg an einem Krankenhaus etwas mehr als dreißig Kilometer südlich der angolanischen Grenze arbeitet. Dr. Ferdinand hat die letzten Jahre der weißen Apartheid und die letzte Entscheidungsschlacht miterlebt, die die Arbeit an den schwarzen Menschen sehr erschwert hatten. Er erinnert sich an den Ausspruch des südafrikanischen Brigadiers in einer Morgenbesprechung im Dienstraum des Superintendenten, dass bei der Entscheidungsschlacht für die Weißen viel auf dem Spiel stehe. Der Brigadier sagte auch, dass er wie alle Weißen auf dem Pulverfass säßen, das jederzeit hochgehen könne.

Die Entscheidungsschlacht war vorüber, und das weiße Kommandoschiff war gesunken. Das neue Schiff mit den schwarzen Masten und der schwarzen Besatzung hatte angelegt. Ob im Bauch dieses Schiffes alles aufgeräumt war, ließ sich nicht sagen. Es sind die Aussagen ehemaliger Freiheitskämpfer, die an Bord des Schiffes zurückgekehrt waren. Sie sagten, dass da noch manches herumlag. Es sind jene Kämpfer, die im Exil waren und aus dem Exil heraus die Freiheit Quadratmeter für Quadratmeter ins Land hinein gekämpft hatten. Dr. Ferdinand hat die letzte Entscheidungsschlacht durch die verschmierten, eingeschlagenen und sonstwie aus den Rahmen gesprungenen Scheiben des Hospitals verfolgt. Er hatte die Schlacht mit den Vibrationen und großen Erschütterungen aus der Nähe miterlebt, wenn er an den Krankenbetten stand und nach den Patienten sah oder bei den Operationen war, als ihm nicht nur einmal ein mächtiger Knall auf die Trommelfelle schlug. Dabei fielen ihm die Instrumente aus der Hand, und der Instrumententisch rollte mit den klappernden, auf- und abspringenden Instrumenten vom OP-Tisch davon.

Die Nähe zum Geschehen bei der täglichen Arbeit blieb, als die neue Mannschaft an Land gegangen und in die Zentren der Macht geeilt war. Sie nahm die Entscheidungshebel schnell aus den weißen Händen und hielt sie seitdem fest im Griff. Viele, die da auf dem Weg zur Macht und den hohen Positionen waren, unterbrachen für kurze Zeit die Fahrt mit dem Auto und statteten dem Hospital einen Erkundungsbesuch ab. Dort wurden sie vom ärztlichen Direktor und dem Superintendenten, beide vom Übermaß an Melanozyten gesegnet, brüderlich begrüßt und über den letzten Stand der Dinge informiert. Der Wunsch nach einer afrikanischen Renaissance im Sinne der schwarzen Wiedergeburt war zu spüren. Dem Beobachter der Besuche fiel die Zielstrebigkeit und Zielsicherheit der Männer und Frauen auf, die auf ihrer Fahrt zur Machtzentrale den Abstecher zum Hospital machten.

Bei der Betrachtung ihrer Gesichter gab es keine Zweifel, dass es ihnen um Macht und ein besseres Leben ging. Ob sie beim Trachten nach dem besseren Leben auch an die Menschen im Lande dachten, die nicht im Exil waren, dafür aber die Armut und das grenzenlose Leid im Lande erlebt und durchlitten hatten, das war ihren Gesichtern weder anzusehen noch aus ihren Worten herauszuhören.

Dr. Ferdinand verschließt die Bauchdecke eines Mannes, der nicht alt war, aber von einem Tumor verzehrt wird, der vom Magen ausgeht und den angrenzenden Querdarm befallen hat. Wie schon so vielen Patienten davor würde ihm das Schicksal in naher Zukunft den Schlussstrich des Lebens ziehen. Da konnte man chirurgisch nicht gegen ankommen. So ist die Operation nicht mehr als ein Öffnen und Schließen der Bauchdecke. Beim Schließen der Bauchdecke geht ihm der alte Mann mit dem fortgeschrittenen Magenkarzinom durch den Kopf, der nach der Operation mit der Hand über den Bauch streicht und spürt, dass sich nichts verändert hat. Von diesem Moment an hat der alte Mann mit dem Leben abgeschlossen und hält die Augen geschlossen. Er will sich am Ende seines Lebens von niemandem mehr stören lassen, auch nicht vom Arzt, dem er sich vergeblich anvertraut hatte.

“Haben Sie mal etwas von dem freundlichen Kollegen gehört, der hier in Leutnantsuniform der südafrikanischen Streitmacht seinen Dienst getan hatte?” Das fragt die Schwester hinter dem Instrumententisch, als Dr. Ferdinand den Nähfaden nach Verschluss der Faszienblätter der Bauchdecke knüpft. “Meinen Sie Dr. van der Merwe?” Es ist ein Name, den Dr. Ferdinand nicht vergessen wollte. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein hervorragender junger Mensch und Arzt, der auf seine Uniform keine Rücksicht nahm, wenn er am Patienten arbeitete. Dazu kommt, dass Dr. van der Merwe wie ein Freund gewesen war, als Dr. Ferdinand unsicher die Füße auf den afrikanischen Boden setzte. Oft hat er seine Hilfe angeboten, damit Dr. Ferdinand als Neuling der afrikanischen Verhältnisse keine weichen Knie bekam. Es war der schonungslos wütende Krieg mit der Vielzahl an Verletzten und die internen Querelen und Intrigen, die die Sicht des Dr. Ferdinand getrübt hatten. An manchen Tagen war die Trübung so stark, dass ihn die Depression erdrückte und er nicht wusste, wo vorn und hinten war. “Dr. van der Merwe ist kurz vor dem Abschluss der Spezialisierung als orthopädischer Chirurg. Er ist glücklich verheiratet mit seiner lieben Frau, mit der er zwei Kinder in die Welt gebracht hat. In seinen Briefen erwähnt er jedes Mal das Hospital, in dem er viel gelernt habe, und richtet Grüße an die Schwestern aus, mit denen er zusammengearbeitet hat.”

Ein Lächeln glättet das Gesicht der Schwester, die diesen Arzt in guter Erinnerung behalten hat, weil er für die Menschen in der schweren Zeit des Krieges ein Arzt mit menschlichem Antlitz war. “Dieser Arzt war anders als die anderen Ärzte in Uniform. Alle haben ihn geachtet, weil er ein gutes Herz für die Menschen hatte und voll in der Arbeit an ihnen aufging. Bei ihm störte es nicht, dass er die Uniform der Besatzer trug, weil unter der Uniform der gute Mensch zu spüren war.” Das sagt die Schwester hinter dem Instrumententisch, bevor sie Pinzette und Nadelhalter mit Nadel entgegennimmt.

Als Dr. Ferdinand das ‘theatre’ verlässt, war Mitternacht überschritten. Er zieht sich die verschwitzte OP-Kleidung vom Körper, reibt den Schweiß mit einem trockenen OP-Hemd ab, zieht das Zivile an, fährt mit den Fingern durchs nasse Haar und macht sich auf den Rückweg zur Wohnstelle. Er hofft, für die letzten Stunden noch etwas Schlaf zu finden.

Die Anstrengung soll für sich selbst sprechen

Demut macht Menschen zu Engeln (Augustin von Hippo). Manchmal müssen Menschen Dinge von niederem Wert verlieren, um etwas von höherem Wert zu bekommen. Ohne ein Wort sollte deine Anstrengung für sich selbst sprechen. Tue gut ungeachtet ob schwach oder hell, du musst nicht angeben mit großen Worten. Die Jüngeren wünschen Vertrauen, die Älteren suchen nach Weisheit in der Demut. Zwei Dinge im Kontrast: Deine Geduld, wenn du nichts hast, und deine Haltung, wenn du alles hast.

Wenn Menschen etwas von niederem Wert verloren haben, dann wird gehofft, dass sie etwas von größerem Wert gewinnen. Denn es ist verständlich, dass nichts ist frei erhältlich, aber der Verlust großer Werte ist, wie die Zeit zeigt, die Katastrophe, die mit derzeitigen intellektuellen Instrumenten kaum hantiert werden kann, weil die mentalen Störungen aufgrund des mangelnden Wissens aus der Hand gehen.

Es ist die Anstrengung dis Arbeit zu tun, die die Wahrheit sprechen sollte, denn die verbleibende Stille ist oft näher zur Bedeutung, dass der Geist der Absicht seine Sprache der Stärke und Erfüllung der Aufgabe spricht, die ihm der große Schöpfer gegeben hat. So berührt Zeit den zeitlosen Raum in der Gestaltung des Vorgangs, die mit dem Anlegen der Asymptote an den Kreis des Glücks einhergeht.

Weisheit ist in der Demut und das mehr als im gesprochenen Wort, was Grund ist, dass du nicht durch Hörkontrolle dich wichtig nehmen must, was Demut zu sein hat, weil das eine groß ist, während du klein bist, um eine Rede über diese Größe abzugeben. Denke mehr und sprich weniger, dann gehst du in die richtige Richtung in den universalen Raum der endlosen Dimensionen.

Nicht weit vom Kreis des Glücks ist der andere Kreis der gegenteiligen Dinge wie Unterdrückung, Schmerz, Trauer und Einsamkeit. Häftlinge kamen zurück von den Arbeitslagern im Zustand der schwersten Erschöpfung und von Hunger, viele fühlten sich verloren und nahmen sich das Leben. Diese Menschen haben die Sprache verloren, um von den Gräueltaten zu berichten, durch die sie gegangen sind mit Folter und Kerkerhaft.

Demut macht den Menschen zum Engel, das sind Augustins Worte, durch Reflexion der Seele in der Helligkeit der großen Tugend. Junge Menschen suchen Vertrauen und Bestätigung, während die älteren nach der Weisheit in der Demut suchen. Zwei Dinge: Was ist deine Geduld, wenn du nichts hast, und was ist deine Haltung, wenn du alles hast?

Von den Jahren kommen die Schrunden

Arm in Arm gehen Arm neben Arm.

 

Es sind Frauen, die es barfuß tun,

sie sind auf dem Weg zum Brunnen

mit verbeulten Eimern auf den Köpfen.

Von den Jahren kommen die Schrunden

an den Zehen und den Sohlen.

Das Wasser muss herbeigetragen werden,

damit es mit dem Leben weitergeht.

Die Mutter trägt es der Tochter vor,

so tut es die ältere Schwester vor der jüngeren.

Das mit dem Wasser ist ein ernstes Kapitel,

bei dem den Beteiligten das Lachen vergeht.

Arm in Arm gehen dünne Beine weit,

und weiter wird’s in trocknen Jahren,

wenn im Brunnen es kein Wasser gibt,

und die Hoffnung sich zum übernächsten zieht.

Am frühen Morgen muss das Wasserholen sein,

denn nach wenigen Stunden glüht der Stein,

an dem sich die Füße auf dem Weg verbrennen.

Mütter und Mädchen stehen früh am Brunnen.

Sie ziehen die gefüllten Eimer aus großen Tiefen herauf.

Die Hähne krähen die halb Sechs

Es ist halb sechs, als die Hähne das fünfte Mal krähen. Ferdinand stellt sich unter die Brause und wäscht sich den Schlaf vom Gesicht. An diesem Morgen will er früh im Hospital sein, um die Patienten noch vor der Morgenbesprechung zu sehen. Überhaupt will er an seinem Arbeitsstil festhalten, wie er ihn vor der Unabhängigkeit hatte. Doch spürt er die Zeichen der Schwäche, die sich durch die jahrelange Überforderung in ihm eingehängt hat. So vermisst er seit über einem Jahr das Gefühl des Frischseins beim Aufwachen, das Gefühl, wirklich ausgeschlafen zu haben und erholt zu sein. Stets sind Reste der vorangegangenen Tage im Denken übrig, die sich, wenn sich die Ladungen ballen, bis zum morgendlichen Kopfschmerz zusammendrücken. An manchen Morgenden muss er eine Schmerztablette nehmen.

Nach der Tasse Kaffee macht er sich auf den Weg zum Hospital. An diesem Mittwochmorgen nimmt er den kürzeren Weg zwischen dem zerfledderten Lattenzaun und dem ausgerollten Stacheldraht, ein Weg, den er nach beiden Richtungen einige tausend Male gegangen war. Von den fünf aufgestelzten Caravan-Häusern links des Weges stehen nur noch zwei leer. Drei Caravan-Häuser, die dem Hospital am nächsten stehen, sind von Schwestern bewohnt. Im letzten Haus, das dem Hospital gegenübersteht, wohnt Schwester Sarah, die bei der Bombenexplosion am 19. Februar 1988 in der Barclay’s Bank schwere Verbrennungen erlitten und das rechte Bein verloren hat. Sie wohnt mit ihren zwei kleinen Kindern und muss die Straße mit den vielen Schlaglöchern überqueren, wenn sie zum Hospital geht. Ihr Arbeitsplatz ist in der CSD (Central Sterilisation and Disinfection), die sich am Ende des Operationstraktes befindet.

Ferdinand geht durch die Hospitaleinfahrt, deren Torflügel und Pfosten seit Jahren verbeult sind. Der rechte Flügel mit dem verknickten Pfosten steht offen. Dahinter sitzt auf einem Stuhl der Pförtner, der sein Morgenei entpellt und die Schalenstücke mit dem linken Schuh im Sand verreibt. Er stopft das Ei in den Mund, als Ferdinand das Tor passiert und ihm einen guten Morgen wünscht. Der Pförtner nickt mit dem Kopf, während er das Ei zerkaut.

Der Vorplatz riecht nach Urin. Das findet Ferdinand normal, weil es durch all die Jahre so roch. Nur als die britische Königin mit Prinz Philip dem Hospital den Hoheitsbesuch abstattete, war der stechende Geruch zwei Tage vor ihrem Besuch bis drei Tage nach ihrem Besuch verschwunden. Da wurde der Vorplatz mit viel Wasser jeden Morgen und jeden Abend abgespritzt und geschrubbt. Die kleine namibische Flagge ist noch nicht an der überhohen Fahnenstange auf dem für den königlichen Besuch gemauerten Podest des Vorplatzes hochgezogen worden. Ferdinand betritt die Intensiv-Station, die den anspruchsvollen Namen der vielen Mängel wegen nicht verdient, und sieht nach den Risikopatienten. Die klinischen Befunde trägt er in die Krankenblätter ein. Zwei Schwestern aus der Nachtschicht begleiten ihn und berichten von ihrer Arbeit. Ferdinand hört heraus, dass die Seele der Krankenpflege, wie sie vor der Unabhängigkeit so mitfühlsam zu spüren war, nach der Unabhängigkeit verkümmerte. Von der Höhe und Größe des Berufes mit der hohen Verantwortung war beim Großteil der Schwestern und bei den Matronen nichts mehr zu spüren. Der Krankenpflegeberuf ist zur Mussroutine gesunken und seelisch verwelkt.

Als ein Symptom der Unabhängigkeit versteht Ferdinand die abnehmende Zahl der an den Patienten arbeitenden Schwestern. Dagegen nimmt die Zahl der sitzenden Funktionsschwestern in den klimatisierten Büros mit den höheren Gehältern kontinuierlich zu. Die Schwestern in kleinerer Zahl verrichten die Arbeit weiter am Patienten, manche von ihnen mit menschlicher Hingabe, ohne dabei auf die Uhr für die Tee-, Kaffee- und die Mittagspause zu sehen. Das aber tut die größere Zahl der ‘gehobenen’ und vom Patienten weggehobenen Schwestern und Matronen, die sich das vorbildliche Verhalten nach der Unabhängigkeit abgewöhnt haben.

Die Blume der pflegerischen Nächstenliebe ist vertrocknet, die den ganzen Menschen fordert und vor der Unabhängigkeit so großartig tätig war. Den Verlust dieser wunderbaren Blume versteht Ferdinand als Ausdruck der Erschöpfung im Zusammengehen mit der inneren Leere und Orientierungslosigkeit. Das Verlustsyndrom hat auch mit dem Bildungsdefizit zu tun, denn praktizierte Menschlichkeit setzt ein Grundmaß an Herzensbildung voraus.

Eine rühmliche Ausnahme ist der Engel bei den Kinderschwestern. Sie ist sich auch nach der Unabhängigkeit in der Arbeit treu geblieben. Diese Schwester arbeitet mit Herz und selbstloser Hingabe an den kranken Kindern. Sie schaut auf die kleine Armbanduhr mit dem schlichten Armband nicht für ihre Teepause, sondern damit die Kinder zur rechten Zeit gewaschen und gefüttert und die Verbände gewechselt werden. Diese Vorbildlichkeit hat zur Folge, dass diese Schwester sich körperlich verzehrt und bei der verantwortungsvollen Arbeit an Körpergewicht verliert, während viele der anderen Schwestern und die Matronen durch das viele Sitzen an Gewicht zunehmen. Kein Wunder, dass die Kinder den Engel lieben und ihm an den Kittelzipfeln hängen.

Schwund und Mangel an pflegerischer Hingabe ist eine bestürzende Erkenntnis nach dem Sturz der weißen Apartheid mit dem Aufkommen der namibischen Unabhängigkeit. Die Entfremdung vom Patienten als Folge der sitzenden Schreibtätigkeit mit den ‘Meetings’ in den klimatisierten Räumen hat zugenommen. In den ‘Meetings’ erfreuen sich die sandwichbeladenen Teller in den Tee- und Kaffeepausen zunehmender Beliebtheit. Die Folge ist die Gewichtszunahme der zuhörenden und mitschreibenden Teilnehmer. Je mehr palavert wird, je länger dauern die Sitzungen mit dem Sitzen. So bleibt nicht aus, dass auch mehr gegessen und getrunken wird. Die weitere Folge ist die Verkürzung mit Verbreiterung der Hälse und die Schwergängigkeit mit den Auswölbungen der Gesäße. Die Gewichtszunahmen erstaunen, denn solange war Namibia noch nicht unabhängig. Das Verfettungssyndrom der Sitzenden geht mit der Abmagerung der in ständiger Bewegung Verbliebenen einher, die in der Krankenpflege aktiv sind. Es ist eine Art seelischer ‘Kwashiorkor’ bedingt durch das rasche ‘Aufblühen’ der Gesundheitsfunktionäre mit der verbundenen Übergewichtigkeit. Es besteht kein Zweifel, dass die Gesichter der Funktionäre die Züge der besonderen Wichtigkeit angenommen haben. Nun gehen Wichtigkeit und Übergewichtigkeit Hand in Hand, oder Hand und Fuß, oder anders gesagt, sie gehen in einer Person. Die Gesichter der Wichtigkeit haben sich mondartig gerundet. Da sich beides nicht ohne weiteres verträgt, kommt es zur ungewollten Komik im Ausdruck der Gesichter innerhalb dieser Umkreise, was gelegentlich ein Schmunzeln der Betrachter freisetzt.

Der seelische ‘Kwashiokor’ ist ein Erwachsenensyndrom mit dem Mangel an Bildung und vielleicht auch dem Mangel an Ethik. Dagegen ist der körperliche Kwashiokor das Syndrom der malignen Unterernährung bei Kindern durch den chronischen Eiweißmangel. Es wird bei Kindern auffällig durch die ausladenden Wasserbäuche auf den dünnen Stelzbeinen. Die Kinder hielten es mit dem Leben nicht lange durch. Sie fielen um und starrten aus großen Augen in den Himmel, wenn der letzte Atemzug verweht. Die Rippen ihrer Brustkörbe wölben sich weit hervor. Das tiefe Mitgefühl gilt den Kindern:

Ist das Wasser in den Kinderbäuchen,

schreit die Seele auf vor Schmerz.

Große Augen trüben sich dem Ende zu,

früh zieht der Tod ins Kinderherz.

Kopf und Füße nehmen den Pfad mit Bescheidenheit

Innere Stärke in der Bescheidenheit: Dankbar und doch einfach, bestimmt und doch weise, stark und doch liebevoll. Stolz in Bezug auf Arroganz ist das Problem, aber Bescheidenheit in ihrer Einfachheit ist die tiefgreifende Antwort. Wir sind Stotterer, wenn wir versuchen, Dinge zu erklären, die wir nicht ganz verstanden haben. Was noch: ich weiß nichts außer meiner Ignoranz und Dickköpfigkeit.

Bestimmt und doch weise liegen die Dinge auf dem Grund, und Kopf und Füße nehmen den Pfad mit Demut in einfacher Richtung, denn es ist zeit, die Dinge zu korrigieren, die in der Vergangenheit falsch gelaufen sind, was nicht wieder und wieder wiederholt werden muss, wenn das Ziel sichtbar wird, es richtig zu tun.

Es ist auf dem Boden der Bescheidenheit, um zu sehen und zu reflektieren, um an die Zahl der Menschen zu denken, die mit dir gehen wollen durch den Morgen hindurch in die unbekannten Jahre, wie sie kommen. Die Schwächen sind zu überwinden durch Entschlossenheit und harte Arbeit, wenn es eine Zukunft geben soll mit anderen Tagen des besseren Verstehens, der Toleranz und menschlichen Würde.

Schau nicht in den Spiegel, wie du es täglich tust, um herauszufinden, was ist mit der Haut in deinem Gesicht, denn jetzt ist die Zeit, starker in die Greiffläche deiner Hand zu sehen. Es wartet viel Arbeit, die getan werden muss, und dafür brauchst du die Kraft deiner beiden Hände, wenn die Löcher und Gräben von der Armut gesäubert werden sollen.

Die innere Stärke der Demut gibt Antwort auf die Vielzahl der Probleme und Komplikationen. Die Schlichtheit der Festigkeit gibt die klare Antwort, dass es die Geradlinigkeit ist, die einzuhalten ist, um die Menschheit aus der mentalen Paralyse zu retten und die Dinge für die nächste Generation in Ordnung zu bringen.

Wir sind Stotterer, wenn wir versuchen, Dinge zu erklären, die wir selbst nicht ganz verstanden haben. Das ist, dass wir gehen und reflektieren und wieder gehen, um den richtigen Zugang zum richtigen Eingang des Friedens und der Freiheit zu finden, um unsere Gesanken und Erfahrungen auszutauschen und vorbereitet zu sein für den Morgen mit der Kürze des Wissens.