Tasuta

Eine Stimme aus dem Grabe

Tekst
iOSAndroidWindows Phone
Kuhu peaksime rakenduse lingi saatma?
Ärge sulgege akent, kuni olete sisestanud mobiilseadmesse saadetud koodi
Proovi uuestiLink saadetud

Autoriõiguse omaniku taotlusel ei saa seda raamatut failina alla laadida.

Sellegipoolest saate seda raamatut lugeda meie mobiilirakendusest (isegi ilma internetiühenduseta) ja LitResi veebielehel.

Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

III

Es war Sonntag. Die Gläubigen füllten die Kirche, um dem Hochamt beizuwohnen.

Vor der Mitte des Altars stand der alte Pfarrherr, mit dem Meßgewand bekleidet.

Während dem Schulmeister das Spielen der Orgel oblag, hatte Nikolaus Bol, als Unterküster, das Amt des Messedieners zu versehen. Unter dem Ablesen der gewohnten Gebete erhob der alte Priester sein Herz zu Gott, und flehte ihn inbrünstig an, daß er den armen Brauer vor Unglück und Leid behüten wolle.

Es war die Absicht des Geistlichen, daß er gleich, wenn er die Messe unterbrechen würde, um die Predigt zu beginnen, die Gemeinde auffordern wolle, mit ihm für die Erhaltung des guten Herrn Spoormans zu Gott zu beten.

Als der Augenblick dazu gekommen war, legte er sein Meßgewand ab, und bestieg den Predigtstuhl. Bald hatte das Geräusch, das gewöhnlich der Predigt vorherzugehen pflegte sich in die tiefste Stille verwandelt. Die Augen aller Anwesenden hingen an dem Munde des alten Herrn, um die gewöhnlichen Abkündigungen von Hochzeiten, Todesfällen und Jahresgedächtnissen, von ihm zu vernehmen.

Bereits hat der Pastor das Kirchenregister in der Hand, mit dem Verlesen begonnen, eben schlägt er die Blattseite um, . . . da o Himmels was geschieht ihm, während er den starren Blick auf das offene Buch gerichtet hält?

Sichtlich schrickt er zusammen, wird blaß wie eine Leiche, sucht wankend nach einer Stütze, wendet noch einmal seine Augen auf das Buch, stößt einen Schrei aus und sinkt ohnmächtig nieder.

Ein allgemeiner Angstruf erklang in der Kirche, man hörte einige Stimmen deutlicher die Worte sagen:

»O Gott, Hilfe, Hilfe! Ein Schlaganfall! Ein Blutschlag! Ach unser armer Pastor! Sofort war ein Kaplan und der Hauptküster mit einigen der besonnenen Leute die Kanzel heraufgestiegen, um dem alten Priester beizustehen; sie fanden ihn ohne alle Besinnung, und, wie es schien, leblos.

Sie hoben ihn auf, und trugen ihn durch die Mitte der Gemeindeglieder und weinenden Frauen zur Pastorat, die glücklicher Weise in der Nähe der Kirche, gleich am Kirchhof, gelegen war.

Nikolaus Bol, das Kirchenregister unter dem Arm, und das Birett des Pastors in der Hand, folgte dem traurigen Zuge. Der junge Mann war auf’s tiefste erschüttert, er vergoß einen Strom von Thränen, seine Haare standen zu Berge, und er wankte hin und her, wie ein Trunkener.

Dennoch legte er im Vorübergehen durch die Sakristei das Kirchenbuch sorgfältig aus das Pult, wo es seinen gewohnten Platz hatte.

In der Pastorat war man inzwischen ängstlich bemüht, den alten Pastor aus der tiefen Ohnmacht aufzuwecken; man wusch ihm Gesicht und Hände mit kaltem Wasser, man befeuchtete seine trockenen Lippen mit starkem Essig, – nichts half, und man sah mit Ungeduld der Ankunft des Arztes entgegen, den man in aller Eile von dem Krankenbette einer Pächterin gerufen.

Weinend und betend umgaben die Anwesenden, welche die Stube beinahe gänzlich ausfüllten, den geliebten Kranken, bis ein unterdrückter Freudenruf das Eintreten des Arztes verkündigte. Alles drängte zu ihm hin, »ach ein Schlaganfall, Herr Doktor,« flüsterte man ihm ins Ohr, ehe er noch zu dem Sessel des Kranken gelangen konnte.

In Anbetracht des hohen Alters desselben schien die Wahrscheinlichkeit eines so gefährlichen Zustandes dem Doktor durchaus nicht fern zu liegen, und da nach der Anschauungsweise der damaligen Zeit ein Aderlaß keinenfalls schaden konnte, zog er seine Ledertasche hervor und legte Verbandszeug und Lanzette in Bereitschaft.

Jetzt aber schlug der Pastor zur allgemeinen Freude die Augen auf, und blickte verwirrt umher, wie Jemand der aus einem tiefere Schlafe erwacht. Der Ausdruck seines Gesichtes zeigte anfangs Zweifel und Verwunderung, plötzlich aber kehrte das Bewußtsein zurück, seine Augen wurden starr und glasartig, er begann zu zittern, als ob ein beängstigender Gedanke ihn quäle.

Der Arzt flüsterte, näher tretend, ihm einige beruhigende Worte zu, aber der alte Herr rief, ohne auf ihn zu achten, mit hocherhobenen Händen:

»Unbegreiflich! Unerklärlich! Eine Eine Stimme aus dem Grabe! Einen Brief von einem Todten! . . . Ist die Schrift durch Gottes Zulassung vom Himmel gefallen? Doch nein, nein, ich bin von Sinnen!«

Alle Anwesenden begannen zu zittern vor Angst und Neugierde. Einen Brief von einem Todten geschrieben? Was konnte das bedeuten? Etwa ein Wunder? Selbst der Doktor konnte sein Erstaunen nicht verbergen und sah dem Kranken fragend in die Augen; dieser aber machte ihm ein Zeichen, daß er die Menge der mäßigen Zuschauer entfernen möge.

Der Doktor sagte in Folge dessen zu den Umstehenden:

»Ich ersuche Euch, liebe Leute, das Zimmer jetzt zu verlassen, Eure Gegenwart benimmt unserm Kranken die erforderliche Ruhe. Wer nicht durchaus nöthig hier ist, kehre zur Kirche zurück und flehe dort zu Gott um Beistand.«

Und da er bemerkte, wie die neugierigen Leute nur unwillig und langsam zurücktraten,« rief er in befehlendem Ton:

»Habt Ihr nicht verstanden, was ich sagte? Wollt Ihr Eurem Arzt folgen oder nicht?«

Jetzt verschwanden die Meisten wie mit einem Zauberschlag, nur vier oder fünf Leute blieben in der Stube.

»Einen Brief, von einem Todten geschrieben?« fragte jetzt der Doktor, die Hand des Pastors fassend. »Schlagen Sie sich das aus dem Kopf, Ehrwürden es ist ein wenig Blut, welches das Gehirn gedrückt, und solche leere Vorstellungen hervorgebracht hat.«

»Ach, wenn ich Ihnen glauben dürfte,« seufzte der Priester. »Aber nein, wie unbegreiflich es auch lauten mag, es ist die Wahrheit, die schreckliche Wirklichkeit.«

»Suchen Sie Ihre Aufregung zu beherrschen, Herr Pastor, und sagen Sie mir dann was Sie gesehen zu haben glauben.«

»Nur zu wohl begreife ich Ihren Zweifel,« antwortete der alte Herr, »ich selbst kämpfe gegen die entsetzliche Ueberzeugung, aber ich habe Beweise, stichhaltige Beweise.«

»Ja wiefern denn, Ehrwürden?«

»Ich will versuchen, Ihnen zu erzählen, was mir geschehen ist, wenn ich die Kraft dazu finde, denn es greift mich übermäßig an. . . Während der hl. Messe hatte ich für Herrn Spoormans gebetet, und in mein Herz war das feste Vertrauen gekommen, daß mein Gebet erhört sei. . . Dann bestieg ich die Kanzel, lese die ersten Abkündigungen . . . Da fällt mein Auge auf ein Stückchen blaues Briefpapier, welches zwischen den Blattseiten des Registers liegt; nichts scheint daraus geschrieben zu sein, und dennoch erweckte es meine Aufmerksamkeit mit geheimnißvoller Macht. Ich wende es auf die andere Seite – und da lese ich denn Worte darauf, die mir vor Angst und Entsetzen das Blut in den Adern erstarren, es dunkelt mir vor den Augen, . . . ich falle . . . «

Der erschreckte Geistliche hielt einen Augenblick tief Athem holend inne, und fuhr dann in fieberhafter Aufregung fort:

»Ja« ich erinnere mich der Worte noch genau, ich sehe sie geschrieben noch jetzt vor meinen Augen, und werde sie zeitlebens nicht vergessen. Geben Sie Acht, Herr Doctor was ich auf dem bläulichen Blättchen las:

»Ehrwürdiger Herr und Freund!

»Ich bin todt. Fremde Räuber haben mich ermordet! »Meine Leiche liegt unter Wasserpflanzen verborgen, bei »der hölzernen Brücke auf dem Wege nach Meerhout. »O gönnen Sie mir einen Platz auf dem Kirchhof! Um »Gotteswillen ein Grab, ein Grab! . . .«

»Und, Herr Doktor, diese Schrift, die ich gleich aus den ersten Blick als die des Brauers erkannte, war eigenhändig unterzeichnet: Ihr unglücklicher Diener und Freund, Johann Spoormans.«

Von den wenigen Zuhörern dieser Aussage, zitterten einige vor Staunen und Schauder, wegen des geschehenen Wunders, die anderen betrachteten den Pastor mit Thränen des Mitleids, bei dem trüben Gedanken, daß sein Gehirn gelitten haben müsse.

»Sie haben Alles das zu sehen geglaubt, Ehrwürden,« sagte der Arzt, »doch kann natürlich nur von einer Sinnestäuschung die Rede sein. Die Wissenschaft liefert uns viele noch staunenswerthere Beispiele von derartigem Trug.«

»Nein, nein, kein Trug« sage ich Ihnen; lassen Sie doch nur das Kirchenregister holen, dann werden Sie sehen, daß ich die Wahrheit behaupte.«

Der Küster verließ das Zimmer und kehrte gleich darauf zurück, indem er dem Pastor das gewünschte Buch überreichte.

Nachdem dieser es geöffnet hatte, rief er mit einer Art krankhafter Freude, indem er auf ein Blättchen blauen Briefpapiers zeigte:

»Seht, seht, da ist es; aus der andern Seite steht der wunderbare Brief!«

Er ergriff das Blättchen, wendete es wiederholt um, in immer steigender Aufregung und ließ es dann mit einem angstvollen Seufzer auf die Erde fallen, während er, mit der bebenden Hand nach der Stirn fahrend ausrief:

»O, mein Gott, es steht nichts darauf geschrieben! Habe ich denn wirklich den Verstand verloren?«

Um ihn zu beruhigen, stellte der Arzt ihm vor, daß eine vorübergehende Verwirrung der Sinne stattfinden könne, ohne daß man darum dauernd am Gehirn leide; der Pastor aber gab seinen Worten kein Gehör und murmelte verzweifelt:

»Ich habe es dennoch gelesen, wirklich gelesen, ohne allen Zweifel! . . . Wenn nun der allmächtige Gott die Schrift wieder verschwinden lassen, wie er sie vorher erscheinen ließ? O der Zweifel, der entsetzliche Zweifel!«

»Es gibt ein untrügliches Mittel, Sie davon zu befreien,« sagte der Doktor. »Man gehe zu der hölzernen Brücke und überzeuge sich dort, was die ganze Sache für eine Bewandniß hat.«

»Ja, ja, man gehe zu der hölzernen Brücke!« rief der Pastor mit sichtbarer Freude. »Bin ich wirklich der Spielball einer kranken Geistesverwirrung gewesen, so wird es sich ausweisen!« Und ehe er noch diese Worte vollendet, waren schon zwei Männer aus dem Zimmer geeilt, um seinen Wunsch so bald als möglich zu erfüllen.

Der Greis begann jetzt ruhiger zu werden, und selbst die Möglichkeit einzusehen, daß er sich geirrt haben könne. Diese Vermuthung suchte der Arzt zu befestigen, indem er die verschiedensten Beispiele aus den Büchern der Arzneikunde über ähnliche Vorfälle anführte; und so sprachen sie ruhig und gefaßt zusammen, bis plötzlich die Stubenthür aufgerissen wurde und einer der vorhin fortgegangenen Männer mit bleichem und entstellten Gesicht hereintrat und beinah athemlos hervorstieß:

 

»Ach Gott, ach Gott, da liegt er, der arme Brauer! Eben haben wir seine Leiche aus dem Wasser gezogen!«

Der schon so tief erschütterte Greis wurde durch diese Schreckensbotschaft vollends niedergeworfen. Mit einem lauten Angstruf sank er von Neuem ohnmächtig in den Sessel zurück.

Dieses Mal dachte der Arzt nicht daran, ihn zu Ader zu lassen.

Nachdem er den Kranken wieder zur Besinnung gebracht, ließ er ihn auf sein Bett tragen, und verordnete ihn vorläufig ganz in Ruhe zu lassen.