Tasuta

Siska van Roosemal

Tekst
iOSAndroidWindows Phone
Kuhu peaksime rakenduse lingi saatma?
Ärge sulgege akent, kuni olete sisestanud mobiilseadmesse saadetud koodi
Proovi uuestiLink saadetud

Autoriõiguse omaniku taotlusel ei saa seda raamatut failina alla laadida.

Sellegipoolest saate seda raamatut lugeda meie mobiilirakendusest (isegi ilma internetiühenduseta) ja LitResi veebielehel.

Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Spinal, der in der Tat nicht einen Heller mehr besaß und vielleicht innerlich froh war, so unverhofft einen edlen Freund zu finden, der ihm Reisegeld liehe, drückte des Krämers Hand, nahm die Feder und unterzeichnete.

Van Roosemal zog ihm die gefertigte Quittung unter der Hand weg, hob sein Glas in die Höhe und rief:

»Das gilt Eurer Wohlfahrt in unserm teuern Vaterland, Freund! Und nochmals, auf die Wohlfahrt Eures neuen Ladens! Auf, auf, Bescheid getan auf diesen frohen Wunsch! Betrachtet mich nicht So, Spinal, Ihr Steckt im Netze. Gefangen, gefangen! Hurra, hurra!«

»Ich verstehe nicht, was Ihr sagen wollt!« rief der erstaunte Spinal. »Ihr lacht so fröhlich, daß ich selbst mich darüber freue. Aber was ist denn im Werke?«

»Was im Werke ist? Seht einmal, für wieviel ihr mir quittiert habt.«

Indem er so sprach, hielt er in einiger Entfernung dem Spinal das Papier hin und wies mit dem Finger auf den Rand, wo in großen Ziffern die Zahl 1000 ausgedrückt Stand.

»Tausend Gulden!« rief Spinal aus, indem er nach dem Papiere griff, ohne es fassen zu können. »Tausend Gulden!«

»Ja, tausend Gulden Wechselgeld!« antwortete triumphierend van Roosemal und warf einige Wechselbriefe und einen Sack mit Geld auf den Tisch. »Und hier liegt die Summe!«

»Ich will nicht! O, zwingt mich nicht zur Annahme dieses Geldes,« schluchzte der Schuster, dessen Tränen vor tiefer Ergriffenheit wie Bäche zu Strömen anfingen. »O, denkt nicht, daß ich in solcher Absicht gekommen bin!«

»Ihr werdet doch nicht die Dummheit begehen, mir diese Quittung zu lassen, ohne das Geld dafür zu nehmen? . . . Doch hört, Spinal; die Freude übermannt mich, laßt uns ernstlicher reden. Ich bin reich; mein einziges Kind, Siska, kann keine Not leiden, wenn sie sie nicht selber aufsucht. Unser Laden ist jährlich einige Tausende wert; wir besitzen Eigentum und Kapitalien. Was sind also die tausend Gulden für mich? Nichts . . . einige Monate Aufmerkens. Und ich sollte meinen einzigen Freund in der weiten Welt umherirren lassen, wegen solcher Kleinigkeit? – Hört nun, wie ich's meine. Ihr befriedigt Sofort Eure Gläubiger, – Sie werden dann aus Feinden Freunde werden; – ich habe hier hinter der Ecke ein Haus leer stehen, das bezieht Ihr; Ihr kauft Leder und nehmt Gesellen; ich werde Euch beistehen, bis Euer Geschäft gut geht; Ihr Schreibt über Eurem neuen Laden nichts anders als: Johann Spinal, Schustermeister; Ihr liefert gute Arbeit in Treue und Rechtschaffenheit; ich will Euch Kunden genug zubringen; und da auf Eurem Schuldscheine keine Zahlungsfrist ausgedrückt ist, so werdet Ihr Seinerzeit das geliehene Geld wohl zurückgeben können. Wenn dann auch Eure Kinder einmal durch das Unglück belehrt sind, dann werden Sie von Selbst zurückkommen und Euch um Vergebung bitten. – Und nun, Freund Spinal, Setzt Euch nur bald in Euren vorigen Staat; denn am nächsten Sonntag nach der Vesper gehen wir miteinander zur Steinbrücke, trinken eine Flasche Doppelbier und Spielen ein Stündchen Karten; ich gebe Euch hundert vor, wenn Ihr's wagt.«

»Sollte ich Soviel Wohltaten von Eurem guten Herzen annehmen?« rief Spinal wie außer sich.

»Hierher in meine Arme!« antwortete van Roosemal. »Ich habe heute für mehr als zehntausend Gulden Glück. In meine Arme, Freund Spinal, Schnell!«

Die zwei Freunde umarmten sich mit Freudentränen und blieben einige Augenblicke sprachlos. Dann tranken Sie, gleichfalls ohne zu reden, jeder einen Römer Wein bis auf den Grund aus.

Endlich sagte van Roosemal mit beruhigtem Gemüt:

»Spinal, Ihr werdet meiner Frau nichts von allem dem Sagen, nicht wahr? Die Frauen sind wohl auch edelmütig, aber auf ihre Art: sie wollen selten leiden, daß ihr Mann es sei. Bezahlt die Hausmiete an Sie, und haltet Euch, als wüßtet Ihr von nichts. Aber hütet Euch nun auch vor den französischen jungen Herren seligen Andenkens.«

»Das hat keine Gefahr, Freund. Ein Esel stößt sich nicht zweimal gegen den selben Stein; der Brunnen ist gedeckt, das Kalb fällt nicht mehr hinein. Ich kenne jene Vögel; sie hängen zusammen mit Tücken und Streichen und ich bin ihrer so satt, daß eine französische Bestellung von ein Paar Schuhen mir ein schlechter Gefallen sein wird.«

»Oho, Spinal; so weit müßt Ihr's auch nicht treiben. Die Franzosen, die hier in Antwerpen als Bürger ansässig sind und Handel treiben, kenne ich alle als ehrliche Leute, und ich zähle ihrer viele unter meine besten Kunden. Aber die kahlen Ratten, die seit dem Jahre dreißig hierher gelaufen kommen, wie in ein Schlaraffenland, das Sind die Schelme, die Ihr im Auge behalten müßt. Kommt, wir gehen jetzt Eure neue Wohnung ansehen; es ist ein sauberes Haus, Mann! Steckt das Geld und die Wechsel ein.«

Nach ein paar Tagen wohnte Spinal in dem Hause, das van Roosemal ihm überlassen oder vermietet hatte. Der Laden war mit Schuhen und Leder wohlversehen; zwei Gesellen saßen neben Spinal an der Arbeit. Nach Verlauf einiger Monate hatte er bereits viele Kunden, teils wegen der tüchtigen Arbeit, die er lieferte, teils durch van Roosemals unaufhörliche Empfehlung. Jeden Sonntag spazierten die zwei Freunde zur Steinbrücke und spielten am Abend in einem oder dem andern Gasthause ihr Spielchen; mit einem Worte, sie hatten alle ihre alten Gewohnheiten wieder angenommen, und wäre nicht das Schicksal von Spinals Kindern gewesen, hätten sich die beiden Freunde vielleicht über alles Vorgefallene gefreut.

4
Französische Prunker, kahle Junker


Die schändliche Aufführung und das Schicksal der Hortense Spinal hatte Vater van Roosemal benützt, um seine Frau zur Zurückrufung der Siska zu vermögen. Doktor Pelkmann war ihm hierin behilflich gewesen. Endlich, nachdem Siska drei volle Jahre die französische Erziehung genossen und sich im letzten Jahre geweigert hatte, die Vakanzzeit bei den Eltern zuzubringen, willigte die Mutter in das Verlangen ihres Mannes und des Doktors ein. Es wurde ein Brief geschrieben, um den Lehrerinnen für das Geleistete zu danken, und der Siska wurde gemeldet, daß ihre Mutter am 15. des laufenden Monats um vier Uhr nachmittags sie an der Eisenbahn abholen werde.

Es war an diesem Tage schönes und helles Wetter. Etwa eine halbe Stunde vor der Ankunft des Zuges sah man eine fast ältliche Frau in dem Bahnhofe stehen. Sie war reinlich gekleidet, trug eine altmodische Haube mit kostbaren Spitzen und einen Mantel von feinem Tuch. Doch konnte man wohl merken, daß es eine Bürgersfrau war, die ihren sonntäglichen Staat anhatte und darum gegen die etwaige Gefahr des Schlechten Wetters einen ungewöhnlich großen Regenschirm bei sich führte. Das Herz der Frau van Roosemal – denn Sie war es – klopfte heftig vor mütterlicher Zärtlichkeit; sollte sie ja sogleich ihre liebe Siska umarmen, dies teure Kind an ihre Brust drücken und nun unaufhörlich den Lohn kosten für allen Zwist, allen Verdruß und alle Mühen, die Sie hatte durchkämpfen müssen, um der Tochter eine glänzende Erziehung zu sichern. O welche Freude wird es ihr bereiten!

Ha, da Saust von ferne der Zug heran! Von allen Seiten kommen die Diener aus Ecken und Winkeln gelaufen, aus Magazinen und Baracken hervorgekrochen. Die metallene Stimme des Feuerwagens verzaubert den todesstillen Bahnhof in ein gewühlvolles Feld, und unter allerlei Geruf und Geschrei hält endlich das Fuhrwerk still.

Nun hebt sich der mütterliche Busen pochender, der glückliche Augenblick naht. Die alte Frau Stellt sich an den Eingang des Hofes und blickt forschend alle Frauengestalten an, die an ihr vorübereilen. Schon fliegen die Wagen der Reihe nach der Stadt zu, die Schweren Omnibusse schließen den Zug und in weniger als ein paar Augenblicken ist das eiserne Pferd zu Stall gebracht, die Diener sind in ihre Höhlen zurückgekrochen, die Reisenden sind verschwunden und der Bahnhof ist wieder in die alte Todesstille versunken. Mutter van Roosemal sieht das Gitter sich schließen: das Herz schwillt ihr vor Betrübnis, ein schmerzlicher Seufzer dringt aus ihrer Brust . . . sie hat ihre liebe Siska nicht gesehen! Dennoch bleibt Sie zur Stelle stehen, als ob eine geheime Kraft sie an das Gittertor bannte, und noch lange wäre Sie vielleicht dort in traurigen Gedanken versunken geblieben, hätte Sie nicht in der Ferne eine junge Dame bei einem Fiakerwagen stehen sehen in der Haltung von jemand, der wartend um sich blickt.

Sollte dies wohl ihre Siska sein? Unmöglich! Es ist eine vornehme Dame; ihr glänzendes Seidenkleid läßt einen großen Teil ihres Nackens bloß. Wohl scheint ein ganzes Tüchlein ihn bedecken zu wollen, aber es verbirgt ihn nicht; bei jeder Bewegung, die Sie macht, tanzen lange Locken um ihre Wangen, von ihrem Hute weht ein schlanker Federbusch; ihre Hand hält ein kleines, feines Sonnenschirmchen; fünfzehn Schachteln von allerlei Gestalt und zwei große Koffer liegen vor ihren Füßen . . . Das ist Siska nicht.

Das sind die Bemerkungen, welche Mutter van Roosemal macht und die Gedanken, die durch ihren bekümmerten Geist gehen. Plötzlich macht die junge Dame ein Zeichen der Ungeduld gegen die alte Frau und läßt dadurch ihre Gesichtszüge sichtbar werden. Himmel, es ist ihre Siska! Und sieh, die steife Mutter hüpft dahin, wie ein junges Mädchen, zwei Tränen schießen in in ihre Augen, ein wonniges Lächeln verklärt ihre Züge, sie öffnet die Arme und ruft mit rührender Freude: »O Siska, mein Kind!« Aber es scheint, daß der Name Siska die junge Dame beschämt; Sie wird rot. Doch die Röthe vergeht schnell, und Siska macht zwei Schritte auf die Mutter zu. Diese will ihre beiden Arme um den Hals ihres Kindes schlingen; aber sieh, die verwelschte Tochter will sich nicht den Umstehenden zur Schau stellen; sie faßt die Hände ihrer Mutter, hält Sie fest und verhindert die Umarmung. Dann sagt sie:

 


»Guten Tag, Mama. Wie geht es? . . . Und was macht Papa? – Gebt acht, Ihr tretet auf meine Schachteln . . . Ich Stehe hier Schon eine halbe Stunde und warte auf Euch.«

Waren diese Worte hart oder unziemlich? Unter andern Umständen wären Sie es vielleicht nicht gewesen; aber jetzt durchschnitten Sie das liebevolle Mutterherz wie ebenso viele Messer. In der Tat, war dies die Sprache, die sie von ihrer Siska erwarten durfte nach einer ganzjährigen Abwesenheit? Nicht einen einzigen Kuß, nicht einen Händedruck für sie, die drei Jahre lang in Zwist mit ihrem guten Manne gelebt hatte, um Siskas Willen zu tun? für sie, die alle ihre Hoffnung auf die Gegenliebe ihres einzigen Kindes gesetzt hatte! Wohl mußte sie ihr schmerzlich sein, diese herzzerreißende dürre Begegnung, denn die arme Frau schlug sich beide Hände vor die Augen und fing schluchzend und mit überfließenden Tränen zu weinen an.

Soweit war jedoch alles natürliche Gefühl in Siska noch nicht erstorben, daß Sie den Schmerz ihrer Mutter ohne Mitleid hätte ansehen können; im Gegenteil, ihre bessere Natur gewann die Oberhand. Sie schlang ihren Arm um den Hals der Mutter und küßte Sie auf beide Wangen mit um so größerem Drange, als er durch eine falsche Selbstbeherrschung hervorbrach. Nun war die alte Frau getröstet und glücklich; Sie hielt ihr Kind neidisch an ihre Brust geschlossen und starrte mit saugenden Blicken in ihre Augen. »O Siska, meine liebe Siska!« wiederholte Sie bebend vor Rührung.

Nicht wahr, solcher Augenblicke sollte das Menschenleben viele und dauernde zählen? Aber, o Mißgeschick! Da lacht jemand. Siska hört es, blickt um sich und bemerkt die Spottende Miene in dem Gesichte eines jungen Herrchens, das als höhnischer Zuschauer ihre und der Mutter Liebeserweise zu belauern scheint. Schamröte färbt alsbald des Mädchens Wangen, sie windet sich los aus den Armen der Mutter und nimmt ihre gleichgültige Haltung wieder an.



Inzwischen waren die Schachteln in den Fiakerwagen gestellt, dieser aber damit so vollgepackt worden, daß unmöglich zwei Personen noch Platz darin fanden. Da Siska sich alle die Modenflitter, welche in den vielen Schachteln enthalten waren, unendlich angelegen sein ließ, und das Verdrücken und Verkrümpeln derselben fürchtete, so befahl Sie dem Kutscher, der in der Nachbarschaft ihres Vaters wohnte, das Gepäck an ihr Haus zu fahren und beschloß, selbst zu Fuß in die Stadt zu gehen. Sollten wir uns täuschen, wenn wir sagen, daß Hoffart und Eitelkeit diesem Entschlusse nicht fremd waren, und daß das eitle Mädchen wohl gern ihre schönen Kleider vor ihren Antwerpener Bekannten zeigen wollte? Siska öffnete ihren Sonnenschirm, nahm eine freie Haltung an und Schritt Stadtwärts, ohne ihrer Mutter noch andere Beweise von Zärtlichkeit zu geben. Diese lieblose Kälte tat der armen Frau sehr weh; sie mochte zwar ihr Kind nicht der Bosheit beschuldigen, aber wie sehr auch die Liebe in ihrem Herzen es in Schutz nahm, sie fühlte doch, daß der Doktor kein ganz schlechter Ratgeber gewesen war. In ihren trüben Gedanken Schritt Sie einher wie ein Dienstbote, der seiner Herrschaft folgt. Das Schweigen dauerte schon länger, und bereits waren die zwei Frauen innerhalb der Stadt, als Siska, ihre Mutter vom Kopf zu den Füßen in sonderlicher Weise betrachtend, zu ihr Sagte:

»Aber Mama, wie Seid Ihr doch gekleidet! Man hält Euch für ein armes Weib, mit dieser häßlichen Ziehhaube und dem altfränkischen Mantel. Ich schäme mich vor den Leuten. Steckt dieses Pfarrerparaplui unter den Mantel, denn wir Sehen ja aus wie Bäuerinnen, die von ihrem Dorfe kommen.«

Frau van Roosemal antwortete hierauf mit leiser Stimme, die den Ausdruck ihres Kummers trug:

»Siska, mein Kind, du mußt nicht so heikel sein. Ich bin gekleidet wie meine selige Mutter gekleidet war, und kann doch wahrlich jetzt in meinen alten Tagen nicht mehr meine Tracht ändern. Laß das gut sein; die Leute haben sich nicht darum zu kümmern; wir sind ja niemandem etwas schuldig!« —

Während Mutter van Roosemal diese Worte sprach, hielt Siska ihr Auge auf die Vorübergehenden gerichtet, um zu Sehen, ob ihre persönlichen Reize ihre Wirkung täten. Sie war ungemein erfreut, wenn ein Haufe junger Maulaffen lachend untereinander von ihr zu reden und durch den Ausdruck ihrer Gebärden zu sagen schienen: »Welch ein Schönes Mädchen ist das!«

Die arme Mutter wagte es, ihre Tochter zu fragen, ob Sie sich in dem Pensionat nicht gelangweilt habe und ob sie nicht lieber zu Hause bei den Eltern wäre, und dergleichen mehr; aber wie sehr Sie sich auch bemühte, ein vertrauliches und tröstliches Gespräch anzuknüpfen, es war alles umsonst; das eitle Mädchen dachte nur darauf, ihrem Gang den rechten Schwung und Anstand zu geben und die Lobpreisungen einzusammeln, welche Sie in den Blicken der Vorbeigehenden zu lesen meinte.

Auf dem Milchmarkte kam ein junges Herrchen gerade auf Sie zu mit lächelndem Gesicht und mit so vertraulicher Gebärde, daß man hätte denken sollen, sie seien Bruder und Schwester. Frau van Roosemal sperrte die Augen so weit auf, um diesen jungen Mann zu erkennen; vergebens – sie hatte ihn nie gesehen. Dieser ließ sich aber durch die forschenden Blicke der Mutter nicht beirren, Sondern trat dicht vor Siska hin und sprach mit gekniffenen Lippen auf französisch:

»Ah, guten Tag, Fräulein Eudoxie! Sie haben also das Pensionat verlassen? Antwerpen wird nun das Glück genießen, eine so bezaubernde Dame zu besitzen? Wahrlich, ein köstlicher Gewinn für uns arme junge Leute, die wir über die Seltenheit so vieler vereinigten Reize Seufzen!«



Hierauf antwortete Siska, indem Sie einen verführerischen Liebesblick unter ihren Wimpern hervorschoß und zugleich eine verwirrte Haltung annahm:

»Sie Spotten, Herr Georges! Aber wie geht es Ihrer Schwester Klothilde?«

»Gut, Sehr gut,« Sagte der junge Herr ganz gleichgültig; dann mit einem halbspöttischen Ausdruck in den Zügen fragte er, auf die alte Frau deutend:

»Ist das Ihre Magd?«

Diese Frage machte Siska erröten bis unter ihren Hut; sie schämte sich ihrer guten Mutter, die verwelschte Puppe. Es dauerte eine Weile, bevor Sie, immer noch verlegen und gezwungen, antwortete:

»Nein, es ist meine Mutter.«

»Ah So!« rief der junge Mann, und sich gegen die alte Frau wendend, sprach er mit steifer Verbeugung:

»Madame van Roosemal! Erlauben Sie, daß ich Ihnen mein Kompliment mache. Sie haben eine bezaubernde Tochter!«

Die alte Frau verstand den französisch Redenden nicht, merkte aber deutlich genug, was vorging, und daß Sie der Gegenstand seines unverschämten Spottes war. Dennoch neigte Sie den Kopf, um Seine Verbeugung zu erwidern. Der junge Mann entfernte sich, indem er zu Siska sagte:

»Arme Frau! Sie hat recht, daß sie Sie unter ihrem weiten Mantel bewahrt. Es sind ihrer so viele unter uns, die Sie gern stehlen möchten. Auf Wiedersehen, Fräulein Eudoxie!«

Mit tiefer Angst hatte die Mutter dies alles mit angesehen, und Sie wäre wahrscheinlich in verdrießliche Verweise ausgebrochen, hätte nicht ein schmerzliches Gefühl ihre Brust beengt. Mit sichtbarem Ärger sprach sie:

»Der französische Laffe, wer meint er, daß wir sind? Er hielt dich sicher für eine andere, denn er nannte dich Eudoxie und zu mir sagte er: Madame Roosemal! Wie kannst du dir doch das fade Geschwätz einer solchen Begrüßung gefallen lassen von einem Menschen, den du gar nicht kennst?«