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Kritik der reinen Vernunft

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Was aber die Größe, (quantitas) d.i. die Antwort auf die Frage: wie groß etwas sei? betrifft, so gibt es in Ansehung derselben, obgleich verschiedene dieser Sätze synthetisch und unmittelbar gewiß (indemonstrabilia) sind, dennoch im eigentlichen Verstande keine Axiome. Denn daß gleiches zu gleichem hinzugetan, oder von diesem abgezogen, ein gleiches gebe, sind analytische Sätze, indem ich mir der Identität der einen Größenerzeugung mit der anderen unmittelbar bewußt bin; Axiome aber sollen synthetische Sätze a priori sein. Dagegen sind die evidenten Sätze der Zahlverhältnis zwar allerdings synthetisch, aber nicht allgemein, wie die der Geometrie, und eben um deswillen auch nicht Axiome, sondern können Zahlformeln genannt werden. Daß 7+5=12 sei, ist kein analytischer Satz. Denn ich denke weder in der Vorstellung von 7, noch von 5, noch in der Vorstellung von der Zusammensetzung beider die Zahl 12, (daß ich diese in der Addition beider denken solle, davon ist hier nicht die Rede; denn bei dem analytischen Satze ist nur die Frage, ob ich das Prädikat wirklich in der Vorstellung des Subjekts denke). Ob er aber gleich synthetisch ist, so ist er doch nur ein einzelner Satz. Sofern hier bloß auf die Synthesis des Gleichartigen (der Einheiten) gesehen wird, so kann die Synthesis hier nur auf eine einzige Art geschehen, wiewohl der Gebrauch dieser Zahlen nachher allgemein ist. Wenn ich sage: durch drei Linien, deren zwei zusammengenommen größer sind, als die dritte, läßt sich ein Triangel zeichnen; so habe ich hier die bloße Funktion der produktiven Einbildungskraft, welche die Linien größer und kleiner ziehen, imgleichen nach allerlei beliebigen Winkeln kann zusammenstoßen lassen. Dagegen ist die Zahl 7 nur auf eine einzige Art möglich, und auch die Zahl 12, die durch die Synthesis der ersteren mit 5 erzeugt wird. Dergleichen Sätze muß man also nicht Axiome, (denn sonst gäbe es deren unendliche,) sondern Zahlformeln nennen.

Dieser transzendentale Grundsatz der Mathematik der Erscheinungen gibt unserem Erkenntnis a priori große Erweiterung. Denn er ist es allein, welcher die reine Mathematik in ihrer ganzen Präzision auf Gegenstände der Erfahrung anwendbar macht, welches ohne diesen Grundsatz nicht so von selbst erhellen möchte, ja auch manchen Widerspruch veranlaßt hat. Erscheinungen sind keine Dinge an sich selbst. Die empirische Anschauung ist nur durch die reine (des Raumes und der Zeit) möglich; was also die Geometrie von dieser sagt, gilt auch ohne Widerrede von jener, und die Ausflüchte, als wenn Gegenstände der Sinne nicht den Regeln der Konstruktion im Raume (z.E. der unendlichen Teilbarkeit der Linien oder Winkel) gemäß sein dürfe, muß wegfallen. Denn dadurch spricht man dem Raume und mit ihm zugleich aller Mathematik objektive Gültigkeit ab, und weiß nicht mehr, warum und wie weit sie auf Erscheinungen anzuwenden sei. Die Synthesis der Räume und Zeiten, als der wesentlichen Form aller Anschauung, ist das, was zugleich die Apprehension der Erscheinung, mithin jede äußere Erfahrung, folglich auch alle Erkenntnis der Gegenstände derselben, möglich macht, und was die Mathematik im reinen Gebrauch von jener beweist, das gilt auch notwendig von dieser. Alle Einwürfe dawider sind nur Schikanen einer falsch belehrten Vernunft, die irrigerweise die Gegenstände der Sinne von der formalen Bedingung unserer Sinnlichkeit loszumachen gedenkt, und sie, obgleich sie bloß Erscheinungen sind, als Gegenstände an sich selbst, dem Verstande gegeben, vorstellt; in welchem Falle freilich von ihnen a priori gar nichts, mithin auch nicht durch reine Begriffe vom Raume, synthetisch erkannt werden könnte, und die Wissenschaft, die diese bestimmt, nämlich die Geometrie, selbst nicht möglich sein würde.

2. Die Antizipation der Wahrnehmung

Der Grundsatz, welcher alle Wahrnehmungen, als solche, antizipiert, heißt so: In allen Erscheinungen hat die Empfindung, und das Reale, welches ihr an dem Gegenstande entspricht, (realitas phaenomenon) eine intensive Größe d.i. einen Grad.

Man kann alle Erkenntnis, wodurch ich dasjenige, was zur empirischen Erkenntnis gehört, a priori erkennen und bestimmen kann, eine Antizipation nennen, und ohne Zweifel ist das die Bedeutung, in welcher Epikur seinen Ausdruck prolephis brauchte. Da aber an den Erscheinungen etwas ist, was niemals a priori erkannt wird, und welches daher auch den eigentlichen Unterschied des Empirischen von dem Erkenntnis a priori ausmacht, nämlich die Empfindung (als Materie der Wahrnehmung), so folgt, daß diese es eigentlich sei, was gar nicht antizipiert werden kann. Dagegen würden wir die reinen Bestimmungen im Raume und der Zeit, sowohl in Ansehung der Gestalt, als Größe, Antizipationen der Erscheinungen nennen können, weil sie dasjenige a priori vorstellen, was immer a posteriori in der Erfahrung gegeben werden mag. Gesetzt aber, es finde sich doch etwas, was sich an jeder Empfindung, als Empfindung überhaupt, (ohne daß eine besondere gegeben sein mag,) a priori erkennen läßt; so würde dieses im ausnehmenden Verstande Antizipation genannt zu werden verdienen, weil es befremdlich scheint, der Erfahrung in demjenigen vorzugreifen, was gerade die Materie derselben angeht, die man nur aus ihr schöpfen kann. Und so verhält es sich hier wirklich.

Die Apprehension, bloß vermittelst der Empfindung, erfüllt nur einen Augenblick, (wenn ich nämlich nicht die Sukzession vieler Empfindungen in Betracht ziehe). Als etwas in der Erscheinung, dessen Apprehension keine sukzessive Synthesis ist, die von Teilen zur ganzen Vorstellung fortgeht, hat sie also keine extensive Größe; der Mangel der Empfindung in demselben Augenblicke würde diesen als leer vorstellen, mithin = O. Was nun in der empirischen Anschauung der Empfindung korrespondiert, ist Realität (realitas phaenomenon); was dem Mangel derselben entspricht, Negation = O. Nun ist aber jede Empfindung einer Verringerung fähig, so daß sie abnehmen, und so allmählich verschwinden kann. Daher ist zwischen Realität in der Erscheinung und Negation ein kontinuierlicher Zusammenhang vieler möglichen Zwischenempfindungen, deren Unterschied voneinander immer kleiner ist, als der Unterschied zwischen der gegebenen und dem Zero, oder der gänzlichen Negation, d.i.: das Reale in der Erscheinung hat jederzeit eine Größe, welche aber nicht in der Apprehension angetroffen wird, indem diese vermittelst der bloßen Empfindung in einem Augenblicke und nicht durch sukzessive Synthesis vieler Empfindungen geschieht, und also nicht von den Teilen zum Ganzen geht; es hat also zwar eine Größe, aber keine extensive.

Nun nenne ich diejenige Größe, die nur als Einheit apprehendiert wird, und in welcher die Vielheit nur durch Annäherung zur Negation = O vorgestellt werden kann, die intensive Größe. Also hat jede Realität in der Erscheinung intensive Größe, d.i. einen Grad. Wenn man diese Realität als Ursache (es sei der Empfindung oder anderer Realität in der Erscheinung, z.B. einer Veränderung,) betrachtet; so nennt man den Grad der Realität als Ursache, ein Moment, z.B. das Moment der Schwere, und zwar darum, weil der Grad nur die Größe bezeichnet, deren Apprehension nicht sukzessiv, sondern augenblicklich ist. Dieses berühre ich aber hier nur beiläufig, denn mit der Kausalität habe ich für jetzt noch nicht zu tun.

So hat demnach jede Empfindung, mithin auch jede Realität in der Erscheinung, so klein sie auch sein mag, einen Grad, d.i. eine intensive Größe, die noch immer vermindert werden kann, und zwischen Realität und Negation ist ein kontinuierlicher Zusammenhang möglicher Realitäten, und möglicher kleinerer Wahrnehmungen. Eine jede Farbe, z. E. die rote, hat einen Grad, der, so klein er auch sein mag, niemals der kleinste ist, und so ist es mit der Wärme, dem Momente der Schwere usw. überall bewandt.

Die Eigenschaft der Größen, nach welcher an ihnen kein Teil der kleinstmögliche (kein Teil einfach) ist, heißt die Kontinuität derselben. Raum und Zeit sind quanta continua, weil kein Teil derselben gegeben werden kann, ohne ihn zwischen Grenzen (Punkten und Augenblicken) einzuschließen, mithin nur so, daß dieser Teil selbst wiederum ein Raum, oder eine Zeit ist. Der Raum besteht also nur aus Räumen, die Zeit aus Zeiten. Punkte und Augenblicke sind nur Grenzen, d.i. bloße Stellen ihrer Einschränkung; Stellen aber setzen jederzeit jene Anschauungen, die sie beschränken oder bestimmen sollen, voraus, und aus bloßen Stellen, als aus Bestandteilen, die noch vor dem Raume oder der Zeit gegeben werden könnten, kann weder Raum noch Zeit zusammengesetzt werden. Dergleichen Größen kann man auch fließende nennen, weil die Synthesis (der produktiven Einbildungskraft) in ihrer Erzeugung ein Fortgang in der Zeit ist, deren Kontinuität man besonders durch den Ausdruck des Fließens (Verfließens) zu bezeichnen pflegt.

Alle Erscheinungen überhaupt sind demnach kontinuierliche Größen, sowohl ihrer Anschauung nach, als extensive, oder der bloßen Wahrnehmung (Empfindung und mithin Realität) nach, als intensive Größen. Wenn die Synthesis des Mannigfaltigen der Erscheinung unterbrochen ist, so ist dieses ein Aggregat von vielen Erscheinungen, und nicht eigentlich Erscheinung als ein Quantum, welches nicht durch die bloße Fortsetzung der produktiven Synthesis einer gewissen Art, sondern durch Wiederholung einer immer aufhörenden Synthesis erzeugt wird. Wenn ich 13 Taler ein Geldquantum nenne, so benenne ich es sofern richtig, als ich darunter den Gehalt von einer Mark fein Silber verstehe; welche aber allerdings eine kontinuierliche Größe ist, in welcher kein Teil der kleinste ist, sondern jeder Teil ein Geldstück ausmachen könnte, welche immer Materie zu noch kleineren enthielte. Wenn ich aber unter jener Benennung 13 runde Taler verstehe, als so viel Münzen, (ihr Silbergehalt mag sein, welcher er wolle,) so benenne ich es unschicklich durch ein Quantum von Talern, sondern muß es ein Aggregat, d.i. eine Zahl Geldstücke, nennen. Da nun bei aller Zahl doch Einheit zum Grunde liegen muß, so ist die Erscheinung als Einheit ein Quantum, und als ein solches jederzeit ein Kontinuum.

 

Wenn nun alle Erscheinungen, sowohl extensiv, als intensiv betrachtet, kontinuierliche Größen sind, so würde der Satz: daß auch alle Veränderung (Übergang eines Dinges aus einem Zustande in den anderen) kontinuierlich sein, leicht und mit mathematischer Evidenz hier bewiesen werden können, wenn nicht die Kausalität einer Veränderung überhaupt ganz außerhalb den Grenzen einer Transzendental-Philosophie läge, und empirische Prinzipien voraussetzte. Denn daß eine Ursache möglich sei, welche den Zustand der Dinge verändere, d.i. sie zum Gegenteil eines gewissen gegebenen Zustandes bestimme, davon gibt uns der Verstand a priori gar keine Eröffnung, nicht bloß deswegen, weil er die Möglichkeit davon gar nicht einsieht, (denn diese Einsicht fehlt uns in mehreren Erkenntnissen a priori,) sondern weil die Veränderlichkeit nur gewisse Bestimmungen der Erscheinungen trifft, welche die Erfahrung allein lehren kann, indessen daß ihre Ursache in dem Unveränderlichen anzutreffen ist. Da wir aber hier nichts vor uns haben, dessen wir uns bedienen können, als die reinen Grundbegriffe aller möglichen Erfahrung, unter welchen durchaus nichts Empirisches sein muß; so können wir, ohne die Einheit des Systems zu verletzen, der allgemeinen Naturwissenschaft, welche auf gewisse Grunderfahrungen gebaut ist, nicht vorgreifen.

Gleichwohl mangelt es uns nicht an Beweistümern des großen Einflusses, den dieser unser Grundsatz hat, Wahrnehmungen zu antizipieren, und sogar deren Mangel sofern zu ergänzen, daß er allen falschen Schlüssen, die daraus gezogen werden möchten, den Riegel vorschiebt.

Wenn alle Realität in der Wahrnehmung einen Grad hat, zwischen dem und der Negation eine unendliche Stufenfolge immer minderer Grade stattfindet, und gleichwohl ein jeder Sinn einen bestimmten Grad der Rezeptivität der Empfindungen haben muß; so ist keine Wahrnehmung, mithin auch keine Erfahrung möglich, die einen gänzlichen Mangel alles Realen in der Erscheinung, es sei unmittelbar oder mittelbar, (durch welchen Umschweif im Schließen als man immer wolle,) bewiese, d.i. es kann aus der Erfahrung niemals ein Beweis vom leeren Raume oder einer leeren Zeit gezogen werden. Denn der gänzliche Mangel des Realen in der sinnlichen Anschauung kann erstlich selbst nicht wahrgenommen werden, zweitens kann er aus keiner einzigen Erscheinung und dem Unterschiede des Grades ihrer Realität gefolgert, oder darf auch zur Erklärung derselben niemals angenommen werden. Denn wenn auch die ganze Anschauung eines bestimmten Raumes oder Zeit durch und durch real, d.i. kein Teil derselben leer ist; so muß es doch, weil jede Realität ihren Grad hat, der, bei unveränderter extensiver Größe der Erscheinung bis zum Nichts (dem leeren) durch unendliche Stufen abnehmen kann, unendlich verschiedene Grade, mit welchen Raum oder Zeit erfüllt sei, geben, und die intensive Größe in verschiedenen Erscheinungen kleiner oder größer sein können, obschon die extensive Größe der Anschauung gleich ist.

Wir wollen ein Beispiel davon geben. Beinahe alle Naturlehrer, da sie einen großen Unterschied der Quantität der Materie von verschiedener Art unter gleichem Volumen (teils durch das Moment der Schwere, oder des Gewichts, teils durch das Moment des Widerstandes gegen andere bewegter Materien) wahrnehmen, schließen daraus einstimmig: dieses Volumen (extensive Größe der Erscheinung) müsse in allen Materien, obzwar in verschiedenem Maße, leer sein. Wer hätte aber von diesen größtenteils mathematischen und mechanischen Naturforschern sich wohl jemals einfallen lassen, daß sie diesen ihren Schluß lediglich auf eine metaphysische Voraussetzung, welche sie doch so sehr zu vermeiden vorgeben, gründeten? indem sie annehmen, daß das Reale im Raume (ich mag es hier nicht Undurchdringlichkeit oder Gewicht nennen, weil dieses empirische Begriffe sind), allerwärts einerlei sei, und sich nur der extensiven Größe d.i. der Menge nach unterscheiden könne. Dieser Voraussetzung, dazu sie keinen Grund in der Erfahrung haben konnten, und die also bloß metaphysisch ist, setze ich einen transzendentalen Beweis entgegen, der zwar den Unterschied in der Erfüllung der Räume nicht erklären soll, aber doch die vermeinte Notwendigkeit jener Voraussetzung, gedachten Unterschied nicht anders wie durch anzunehmende leere Räume, erklären zu können, völlig aufhebt, und das Verdienst hat, den Verstand wenigstens in Freiheit zu versetzen, sich diese Verschiedenheit auch auf andere Art zu denken, wenn die Naturerklärung hierzu irgendeine Hypothese notwendig machen sollte. Denn da sehen wir, daß, obschon gleiche Räume von verschiedenen Materien vollkommen erfüllt sein mögen, so, daß in keinem von beiden ein Punkt ist, in welchem nicht ihre Gegenwart anzutreffen wäre, so habe doch jedes Reale bei derselben Qualität ihren Grad (des Widerstandes oder des Wiegens), welcher ohne Verminderung der extensiven Größe oder Menge ins Unendliche kleiner sein kann, ehe sie in das Leere übergeht, und verschwindet. So kann eine Ausspannung, die einen Raum erfüllt, z.B. Wärme, und auf gleiche Weise jede andere Realität (in der Erscheinung), ohne im mindesten den kleinsten Teil dieses Raumes leer zu lassen, in ihren Graden ins Unendliche abnehmen, und nichtsdestoweniger den Raum mit diesen kleineren Graden ebensowohl erfüllen, als eine andere Erscheinung mit größeren. Meine Absicht ist hier keineswegs, zu behaupten: daß dieses wirklich mit der Verschiedenheit der Materien, ihrer spezifischen Schwere nach, so bewandt sei, sondern nur aus einem Grundsatze des reinen Verstandes darzutun: daß die Natur unserer Wahrnehmungen eine solche Erklärungsart möglich mache, und daß man fälschlich das Reale der Erscheinung dem Grade nach als gleich, und nur der Aggregation und deren extensiven Größe nach als verschieden annehme, und dieses sogar, vorgeblichermaßen, durch einen Grundsatz des Verstandes a priori behaupte.

Es hat gleichwohl diese Antizipation der Wahrnehmung etwas für einen der transzendentalen gewohnten und dadurch behutsam gewordenen Nachforscher, immer etwas Auffallendes an sich, und erregt darüber einiges Bedenken, daß der Verstand einen dergleichen synthetischen Satz, als der von dem Grad alles Realen in den Erscheinungen ist, und mithin der Möglichkeit des inneren Unterschiedes der Empfindung selbst, wenn man von ihrer empirischen Qualität abstrahiert, und es ist also noch eine der Auflösung nicht unwürdige Frage: wie der Verstand hierin synthetisch über Erscheinungen a priori aussprechen, und diese sogar in demjenigen, was eigentlich und bloß empirisch ist, nämlich die Empfindung angeht, antizipieren könne?

Die Qualität der Empfindung ist jederzeit bloß empirisch und kann a priori gar nicht vorgestellt werden, (z.B. Farben, Geschmack usw.). Aber das Reale, was den Empfindungen überhaupt korrespondiert, im Gegensatz mit der Negation = O, stellt nur etwas vor, dessen Begriff an sich ein Sein enthält, und bedeutet nichts als die Synthesis in einem empirischen Bewußtsein überhaupt. In dem inneren Sinn nämlich kann das empirische Bewußtsein von O bis zu jedem größeren Grade erhöht werden, so daß eben dieselbe extensive Größe der Anschauung (z.B. erleuchtete Fläche) so große Empfindung erregt, als ein Aggregat von vielem anderen (minder erleuchteten) zusammen. Man kann also von der extensiven Größe der Erscheinung gänzlich abstrahieren, und sich doch an der bloßen Empfindung in einem Moment eine Synthesis der gleichförmigen Steigerung von O bis zu dem gegebenen empirischen Bewußtsein vorstellen. Alle Empfindungen werden daher, als solche, zwar nur a priori gegeben, aber die Eigenschaft derselben, daß sie einen Grad haben, kann a priori erkannt werden. Es ist merkwürdig, daß wir an Größen überhaupt a priori nur eine einzige Qualität, nämlich die Kontinuität, an aller Qualität aber (dem Realen der Erscheinungen) nichts weiter a priori, als die intensive Quantität derselben, nämlich daß sie einen Grad haben, erkennen können, alles übrige bleibt der Erfahrung überlassen.

3. Die Analogien der Erfahrung

Der allgemeine Grundsatz derselben ist: Alle Erscheinungen stehen, ihrem Dasein nach, a priori unter Regeln der Bestimmung ihres Verhältnisses untereinander in einer Zeit.

Die drei modi der Zeit sind Beharrlichkeit, Folge und Zugleichsein. Daher werden drei Regeln aller Zeitverhältnisse der Erscheinungen, wonach jeder ihr Dasein in Ansehung der Einheit aller Zeit bestimmt werden kann, vor aller Erfahrung vorangehen, und diese allererst möglich machen.

Der allgemeine Grundsatz aller drei Analogien beruht auf der notwendigen Einheit der Apperzeption, in Ansehung alles möglichen empirischen Bewußtseins, (der Wahrnehmung,) zu jeder Zeit, folglich, da jene a priori zum Grunde liegt, auf der synthetischen Einheit aller Erscheinungen nach ihrem Verhältnisse in der Zeit. Denn die ursprüngliche Apperzeption bezieht sich auf den inneren Sinn (den Inbegriff aller Vorstellungen), und zwar a priori auf die Form desselben, d.i. das Verhältnis des mannigfaltigen empirischen Bewußtseins in der Zeit. In der ursprünglichen Apperzeption soll nun alle dieses Mannigfaltige, seinen Zeitverhältnissen nach, vereinigt werden; denn dieses sagt die transzendentale Einheit derselben a priori, unter welcher alles steht, was zu meinem (d.i. meinem einigen) Erkenntnisse gehören soll, mithin ein Gegenstand für mich werden kann. Diese synthetische Einheit in dem Zeitverhältnisse aller Wahrnehmungen, welche a priori bestimmt ist, ist also das Gesetz: daß alle empirischen Zeitbestimmung unter Regeln der angeben Zeitbestimmung stehen müssen, und die Analogien der Erfahrung, von denen wir jetzt handeln wollen, müssen dergleichen Regeln sein.

Diese Grundsätze haben das Besondere an sich, daß sie nicht die Erscheinungen, und die Synthesis ihrer empirischen Anschauung, sondern bloß das Dasein, und ihr Verhältnis untereinander in Ansehung dieses ihres Daseins, erwägen. Nun kann die Art, wie etwas in der Erscheinung apprehendiert wird, a priori dergestalt bestimmt sein, daß die Regel ihrer Synthesis zugleich diese Anschauung a priori in jedem vorliegenden empirischen Beispiele geben, d.i. sie daraus zustande bringen kann. Allein das Dasein der Erscheinungen kann a priori nicht erkannt werden, und ob wir gleich auf diesem Wege dahin gelangen könnten, auf irgendein Dasein zu schließen, so würden wir dieses doch nicht bestimmt erkennen, d.i. das, wodurch seine empirische Anschauung sich von anderen unterschiede, antizipieren können.

Die vorigen zwei Grundsätze, welche ich die mathematischen nannte, in Betracht dessen, daß sie die Mathematik auf Erscheinungen anzuwenden berechtigten, gingen auf Erscheinungen ihrer bloßen Möglichkeit nach, und lehrten, wie sie sowohl ihrer Anschauung, als dem Realen ihrer Wahrnehmung nach, nach Regeln einer mathematischen Synthesis erzeugt werden könnten; daher sowohl bei der einen, als bei der anderen die Zahlgrößen, und, mit ihnen, die Bestimmung der Erscheinung als Größe, gebraucht werden können. So werde ich z.B. den Grad der Empfindungen des Sonnenlichts aus etwa 200 000 Erleuchtungen durch den Mond zusammensetzen und a priori bestimmt geben, d.i. konstruieren können. Daher können wir die ersteren Grundsätze konstitutive nennen.

Ganz anders muß es mit denen bewandt sein, die das Dasein der Erscheinungen a priori unter Regeln bringen sollen. Denn, da dieses sich nicht konstruieren läßt, so werden sie nur auf das Verhältnis des Daseins gehen, und keine andere als bloß regulative Prinzipien abgeben können. Da ist also weder an Axiome, noch an Antizipationen zu denken, sondern, wenn uns eine Wahrnehmung in einem Zeitverhältnisse gegen andere (obzwar unbestimmte) gegeben ist, so wird a priori nicht gesagt werden können: welche andere und wie große Wahrnehmung, sondern, wie sie dem Dasein nach, in diesem modo der Zeit, mit jener notwendig verbunden sei. In der Philosophie bedeuten Analogien etwas sehr Verschiedenes von demjenigen, was sie in der Mathematik vorstellen. In dieser sind es Formeln, welche die Gleichheit zweier Größenverhältnisse aussagen, und jederzeit konstitutiv, so, daß, wenn zwei Glieder der Proportion gegeben sind, auch das dritte dadurch gegeben wird, d.i. konstruiert werden kann. In der Philosophie aber ist die Analogie nicht die Gleichheit zweier quantitativen, sondern qualitativen Verhältnisse, wo ich aus drei gegebenen Gliedern nur das Verhältnis zu einem vierten, nicht aber dieses vierte Glied selbst erkennen, und a priori geben kann, wohl aber eine Regel habe, es in der Erfahrung zu suchen, und ein Merkmal, es in derselben aufzufinden. Eine Analogie der Erfahrung wird also nur eine Regel sein, nach welcher aus Wahrnehmungen Einheit der Erfahrung (nicht wie Wahrnehmung selbst, als empirische Anschauung überhaupt) entspringen soll, und als Grundsatz von den Gegenständen (der Erscheinungen) nicht konstitutiv, sondern bloß regulativ gelten. Ebendasselbe aber wird auch von den Postulaten des empirischen Denkens überhaupt, welche die Synthesis der bloßen Anschauung (der Form der Erscheinung), der Wahrnehmung (der Materie derselben), und der Erfahrung (des Verhältnisses dieser Wahrnehmungen) zusammen betreffen, gelten, nämlich daß sie nur regulative Grundsätze sind, und sich von den mathematischen, die konstitutiv sind, zwar nicht in der Gewißheit, welche in beiden a priori feststeht, aber doch in der Art der Evidenz, d.i. dem Intuitiven derselben (mithin auch der Demonstration) unterscheiden.

 

Was aber bei allen synthetischen Grundsätzen erinnert ward, und hier vorzüglich angemerkt werden muß, ist dieses: daß diese Analogien nicht als Grundsätze des transzendentalen, sondern bloß des empirischen Verstandesgebrauchs, ihre alleinige Bedeutung und Gültigkeit halben, mithin auch nur als solche bewiesen werden können, daß folglich die Erscheinungen nicht unter die Kategorien schlechthin, sondern nur unter ihre Schemate subsumiert werden müssen. Denn, wären die Gegenstände, auf welche diese Grundsätze bezogen werden sollen, Dinge an sich selbst, so wäre es ganz unmöglich, etwas von ihnen a priori synthetisch zu erkennen. Nun sind es nichts als Erscheinungen, deren vollständige Erkenntnis, auf die alle Grundsätze a priori zuletzt doch immer auslaufen müssen, lediglich die mögliche Erfahrung ist, folglich können jene nichts, als bloß die Bedingungen der Einheit des empirischen Erkenntnisses in der Synthesis der Erscheinungen zum Ziele haben; diese aber wird nur allein in dem Schema des reinen Verstandesbegriffs gedacht, von deren Einheit, als einer Synthesis überhaupt, die Kategorie die durch keine sinnliche Bedingung restringierte Funktion enthält. Wir werden also durch diese Grundsätze die Erscheinungen nur nach einer Analogie, mit der logischen und allgemeinen Einheit der Begriffe, zusammenzusetzen berechtigt werden, und daher uns in dem Grundsatze selbst zwar der Kategorie bedienen, in der Ausführung aber (der Anwendung auf Erscheinungen) das Schema derselben, als den Schlüssel ihres Gebrauchs, an dessen Stelle, oder jener vielmehr, als restringierende Bedingung, unter dem Namen einer Formel des ersteren, zur Seite setzen.

A. Erste Analogie

Grundsatz der Beharrlichkeit

Alle Erscheinungen enthalten das Beharrliche (Substanz) als den Gegenstand selbst, und das Wandelbare, als dessen bloße Bestimmung, d.i. eine Art, wie der Gegenstand existiert.

Beweis dieser ersten Analogie

Alle Erscheinungen sind in der Zeit. Diese kann auf zweifache Weise das Verhältnis im Dasein derselben bestimmen, entweder sofern sie nach einander oder zugleich sind. In Betracht der ersteren, wird die Zeit, als Zeitreihe, in Ansehung der zweiten als Zeitumfang betrachtet.

Unsere Apprehension des Mannigfaltigen der Erscheinung ist jederzeit sukzessiv, und ist also immer wechselnd. Wir können also dadurch allein niemals bestimmen, ob dieses Mannigfaltige, als Gegenstand der Erfahrung, zugleich sei, oder nacheinander folge, wo an ihr nicht etwas zum Grunde liegt, was jederzeit ist, d.i. etwas Bleibendes und Beharrliches, von welchem aller Wechsel und Zugleichsein nichts, als so viel Arten (modi der Zeit) sind, wie das Beharrliche existiert. Nur in dem Beharrlichen sind also Zeitverhältnisse möglich (denn Simultaneität und Sukzession sind die einzigen Verhältnisse in der Zeit), d.i. das Beharrliche ist das Substratum der empirischen Vorstellung der Zeit selbst, an welchem alle Zeitbestimmung allein möglich ist. Die Beharrlichkeit drückt überhaupt die Zeit, als das beständige Korrelatum alles Daseins der Erscheinungen, alles Wechsels und aller Begleitung, aus. Denn der Wechsel trifft die Zeit selbst nicht, sondern nur die Erscheinungen in der Zeit, (so wie das Zugleichsein nicht ein modus der Zeit selbst ist, als in welcher gar keine Teile zugleich, sondern alle nacheinander sind). Wollte man der Zeit selbst eine Folge nacheinander beilegen, so müßte man noch eine andere Zeit denken, in welcher diese Folge möglich wäre. Durch das Beharrliche allein bekommt das Dasein in verschiedenen Teilen der Zeitreihe nacheinander eine Größe, die man Dauer nennt. Denn in der bloßen Folge allein ist das Dasein immer verschwindend und anhebend, und hat niemals die mindeste Größe. Ohne dieses Beharrliche ist also kein Zeitverhältnis. Nun kann die Zeit an sich selbst nicht wahrgenommen werden; mithin ist dieses Beharrliche an den Erscheinungen das Substratum aller Zeitbestimmung, folglich auch die Bedingung der Möglichkeit aller synthetischen Einheit der Wahrnehmungen, d.i. der Erfahrung, und an diesem Beharrlichen kann alles Dasein und aller Wechsel in der Zeit nur als ein modus der Existenz dessen, was bleibt und beharrt, angesehen werden. Also ist in allen Erscheinungen das Beharrliche der Gegenstand selbst, d.i. die Substanz (phaenomenon), alles aber, was wechselt, oder wechseln kann, gehört nur zu der Art, wie diese Substanz oder Substanzen existieren, mithin zu ihren Bestimmungen.

Ich finde, daß zu allen Zeiten nicht bloß der Philosoph, sondern selbst der gemeine Verstand diese Beharrlichkeit, als ein Substratum alles Wechsels der Erscheinungen, vorausgesetzt haben, und auch jederzeit als ungezweifelt annehmen werden, nur daß der Philosoph sich hierüber etwas bestimmter ausdrückt, indem er sagt: bei allen Veränderungen in der Welt bleibt die Substanz, und nur die Akzidenzen wechseln. Ich treffe aber von diesem so synthetischen Satze nirgends auch nur den Versuch von einem Beweise, ja er steht auch nur selten, wie es ihm doch gebührt, an der Spitze der reinen und völlig a priori bestehenden Gesetze der Natur. In der Tat ist der Satz, daß die Substanz beharrlich sei, tautologisch. Denn bloß diese Beharrlichkeit ist der Grund, warum wir auf die Erscheinung die Kategorie der Substanz anwenden, und man hätte beweisen müssen, daß in allen Erscheinungen etwas Beharrliches sei, an welchem das Wandelbare nichts als Bestimmung seines Daseins ist. Da aber ein solcher Beweis niemals dogmatisch, d.i. aus Begriffen, geführt werden kann, weil er einen synthetischen Satz a priori betrifft, und man niemals daran dachte, daß dergleichen Sätze nur in Beziehung auf mögliche Erfahrung gültig sind, mithin auch nur durch eine Deduktion der Möglichkeit der letzteren bewiesen werden können; so ist kein Wunder, wenn er zwar bei aller Erfahrung zum Grunde gelegt (weil man dessen Bedürfnis bei der empirischen Erkenntnis fühlt), niemals aber bewiesen worden ist.

Ein Philosoph wurde gefragt: wieviel wiegt der Rauch? Er antwortete: ziehe von dem Gewichte des verbrannten Holzes das Gewicht der übrigbleibenden Asche ab, so hast du das Gewicht des Rauchs. Er setzte also als unwidersprechlich voraus: daß, selbst im Feuer, die Materie (Substanz) nicht vergehe, sondern nur die Form derselben eine Abänderung erleide. Ebenso war der Satz: aus nichts wird nichts, nur ein anderer Folgesatz aus dem Grundsatze der Beharrlichkeit, oder vielmehr des immerwährenden Daseins des eigentlichen Subjekts an den Erscheinungen. Denn, wenn dasjenige an der Erscheinung, was man Substanz nennen will, das eigentliche Substratum aller Zeitbestimmung sein soll, so muß sowohl alles Dasein in der vergangenen, als das der künftigen Zeit, daran einzig und allein bestimmt werden können. Daher können wir einer Erscheinung nur darum den Namen Substanz geben, weil wir ihr Dasein zu aller Zeit voraussetzen, welches durch das Wort Beharrlichkeit nicht einmal wohl ausgedrückt wird, indem dieses mehr auf künftige Zeit geht. Indessen ist die innere Notwendigkeit zu beharren, doch unzertrennlich mit der Notwendigkeit, immer gewesen zu sein, verbunden, und der Ausdruck mag also bleiben. Gigni de nihilo nihil, in nihilum nil posse reverti, waren zwei Sätze, welche die Alten unzertrennt verknüpften, und die man aus Mißverstand jetzt bisweilen trennt, weil man sich vorstellt, daß sie Dinge an sich selbst angehen, und der erstere der Abhängigkeit der Welt von einer obersten Ursache (auch sogar ihrer Substanz nach) entgegen sein dürfte; welche Besorgnis unnötig ist, indem hier nur von Erscheinungen im Felde der Erfahrung die Rede ist, deren Einheit niemals möglich sein würde, wenn wir neue Dinge (der Substanz nach) wollten entstehen lassen. Denn alsdann fiele dasjenige weg, welches die Einheit der Zeit allein vorstellen kann, nämlich die Identität des Substratum, als woran aller Wechsel allein durchgängige Einheit hat. Diese Beharrlichkeit ist indes doch weiter nichts, als die Art, uns das Dasein der Dinge (in der Erscheinung) vorzustellen.