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Unternehmen müssen sich ändern

Der Weltraum- und Automobiltitan Elon Musk hat wiederholt vor der existenziellen Bedrohung der Menschheit durch die fortschreitende Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz gewarnt, insbesondere vor Maschinen, die selbstständig Entscheidungen treffen. Das wird von vielen Studien und Berichten unterstrichen, wie wir in diesem Kapitel sehen werden. Unternehmen müssen sich gut auf die Zukunft vorbereiten und mögliche Fehler frühzeitig erkennen, bevor katastrophale Folgen passieren. Denn es werden viele Menschen von diesen Umstellungen betroffen sein.

Mit der fortschreitenden Automatisierung bisher körperlicher Arbeit, aber auch der Wissensarbeit werden viele Arbeitsplätze neu definiert. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie zwangsläufig eliminiert werden, zumindest nicht kurzfristig.

Das Potenzial künstlicher Intelligenz und fortschrittlicher Robotik für Aufgaben, die einst Menschen erledigten, zeigt sich nicht nur in spektakulären Entwicklungen wie IBMs Watson, Baxter Roboter aus dem Hause Rethink Robotics, DeepMind oder Googles fahrerlosem Auto. Sie brauchen einfach nur zu einem Flughafen zu gehen: Automatische Check-in-Schalter dominieren jetzt die Ticketing-Bereiche vieler Airlines. Piloten fliegen die meisten Flüge aktiv für nur drei bis sieben Minuten, den Rest der Reise übernimmt der Autopilot. Die Sicherheitskontrollen an einigen Flughäfen legen mehr Gewicht auf das Scannen der Körper und der Dokumente als auf das Beobachten der Passagiere.

Wie werden sich solche Automatisierungsbemühungen in der Wirtschaft auswirken? Können wir uns auf enorme Produktivitätsverbesserungen, die Befreiung von langweiliger Arbeit und die Verbesserung der Lebensqualität freuen? Oder sollten wir uns vor Arbeitsplatzvernichtung, Organisationsstörungen und Belastungen für das soziale Gefüge fürchten?

Anfang 2018 habe ich eine Forschungsarbeit gestartet, um diese Fragen zu untersuchen und das Potenzial von Automatisierungstechnologien für Arbeitsplätze, Unternehmen und die Zukunft der Arbeit generell zu untersuchen. Die bisherigen Ergebnisse deuten in erster Linie darauf hin, dass eine Konzentration auf einen bestimmten Beruf für den Einzelnen nicht zielführend ist. Allerdings werden nur sehr wenige Berufe kurz- oder mittelfristig vollständig automatisiert. Vielmehr werden eher bestimmte Aktivitäten automatisiert, sodass ganze Geschäftsprozesse transformiert und bestimmte Aufgabenfelder bzw. Berufsbilder neu definiert werden müssen – so wie der Job des Bankangestellten neu gestaltet wurde, als die Geldautomaten aufkamen.

Genauer gesagt legen die Forschungsergebnisse nahe, dass bis zu 45 Prozent der Tätigkeiten, für die derzeit menschliche Arbeitskraft eingesetzt wird, automatisiert werden können, wenn sie an die Technologien angepasst werden. Die Auswirkungen auf die Unternehmen sind enorm: Führungskräfte und Mitarbeiter auf allen Ebenen werden aufgefordert, Jobs und Prozesse neu zu gestalten, damit ihr Unternehmen das darin liegende Automatisierungspotenzial nutzen kann. Und die Vorteile reichen weit über Zeitersparnis hinaus: Es geht um höhere Leistung und höhere Qualität – zum Teil auf übermenschlichem Niveau – sowie um eine verbesserte Zuverlässigkeit. So lassen sich erhebliche Kosten einsparen, bisweilen sogar auf ein Zehntel reduzieren. Das Ausmaß dieser Vorteile deutet darauf hin, dass die Fähigkeit, zunehmend automatisierte Unternehmen zu managen und zu leiten, zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil wird. Aber: Die Studien zeigen auch, dass es, wie schon erwähnt, eher um die Automatisierung der Aktivitäten geht als darum, einzelne Arbeitsplätze komplett zu ersetzen.

Die Moderne bringt nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch vieles, was uns dazu zwingt, zu handeln: So wird die Einkommenslücke sichtbarer, das niedrige Wirtschaftswachstum die neue Norm, Technologie ist in der Regel bereits jetzt schon wichtiger als Arbeit und zukünftige Technologien können einen Großteil unserer körperlichen und geistigen Arbeit ersetzen. Aber die Welt hat derzeit keine langfristigen Strategien zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme, speziell der potenziell drohenden Arbeitslosigkeit. Einzig auf Bildung in den naturwissenschaftlichen und technologischen Bereichen wird gesetzt.

So zeigen Studien3 zwar einen gewissen Reflexionsprozess an, der sich in der Förderung der MINT-Fächer (Fächer aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) wie auch im früheren Schul- bzw. Studienabschluss andeutet. Aber das reicht bei Weitem nicht aus, um zukünftige Arbeitslosigkeit durch künstliche Intelligenz, Robotik, 3-D- bzw. 4-D-Druck, synthetische Biologie, Drohnen, Nanotechnologie, Cloud-Analytik sowie mögliche Synergien zwischen diesen zu bekämpfen.

Eine Delphi-Studie des Millennium Project

Das Millennium Project, ein weltweiter Think Tank, hat eine globale Studie durchgeführt, um eine Reihe von langfristigen Strategien zu entwickeln, mit denen der Themenkomplex Dynamik der Arbeitstechnologie bewusst angegangen werden kann (Daheim, 2016). Dazu wurden Fragen an ein Expertengremium gerichtet. Über 450 Zukunftsforscher und andere Experten, die sich mit der Zukunft von Arbeit und Technologie befassen, teilten ihre Urteile in vier Echtzeit-Delphi-Fragebögen mit.

Die Delphi-Befragung ist ein Entscheidungsverfahren, bei dem Experten in mehreren Befragungswellen um ihre Einschätzung gebeten werden. Das Ziel ist es, dass zukünftige Ereignisse, Trends und Lösungen für komplexe Probleme erarbeitet werden oder neue Ideen generiert, weitreichende Entscheidungen getroffen oder einfach Meinungen über einen unklaren Sachverhalt ermittelt werden.


Die Verwendung dieses Befragungsansatzes der Delphi-Methode soll auf die antike Orakelstätte im griechischen Delphi im 8. Jahrhundert v. Chr. zurückzuführen sein. Das Orakel von Delphi galt als Pilgerstätte für Könige wie Bauern, die nach Antworten bei dem neutralen Weissager suchten. Viele Legenden herrschen rund um das Orakel von Delphi. So soll es u. a. König Laios vorausgesagt haben, dass sein Sohn Ödipus ihn töten und schließlich seine Frau heiraten werde. Das Geheimnis des Orakels lässt sich heute recht einfach erklären: Während dem gemeinen Fußvolk einfache Ja-Nein-Antworten von Priestern mitgeteilt wurden, die eine Bohne aus einem Tongefäß zogen (eine weiße Bohne bedeutete »Ja«, eine schwarze Bohne »Nein«), durften Reiche und Adelige ihre Fragen direkt an Pythia richten, die in Form von Reimen antwortete. Auf der Suche nach Antworten verrieten nun sowohl Könige als auch Feldherren und andere einflussreiche Personen ihre Geheimnisse und Pläne. Diese Informationen nutzten die Priester, um logische Schlussfolgerungen über zukünftige Entwicklungen in Griechenland zu ziehen.

Erste Hinweise auf die Nutzung des Ansatzes in der neueren Zeit stammen aus dem Jahr 1948. Damals wurde die Methode eingesetzt, um die Ergebnisse eines Hunde- oder Pferderennens vorauszusagen. In den 1970er-Jahren fand die Delphi-Methode dann auch eine breitere Öffentlichkeit.

Bei der Delphi-Befragung (auch Delphi-Studie oder Delphi-Verfahren) handelt es sich, wie gesagt, um ein systematisches Entscheidungsverfahren, bei dem Experten in mehreren Befragungswellen um ihre Einschätzung gebeten werden. Sie kann zu den strategischen Analyse-Tools gezählt werden.

Die Vorgehensweise lässt sich in folgende Schritte gliedern:

1.Zu Beginn sollten Sie definieren, was Sie eigentlich erreichen wollen: Was ist das Ziel Ihrer Befragung? Zu welchen Themen suchen Sie eine Einschätzung oder welche Lösungen sollen erarbeitet werden?

2.Erstellen Sie einen Fragebogen, den Sie entweder qualitativ, quantitativ oder als eine Mischung aus beiden Vorgehensweisen aufsetzen.

3.Danach wählen Sie die geeigneten Experten zu einem jeweiligen Fachgebiet aus. Ein gewisses Mindestmaß an Fachwissen zum untersuchenden Gegenstand ist für das Gelingen einer Delphi-Befragung absolut notwendig. Ebenso ist die Anonymität der Experten untereinander wichtig. Dadurch können Meinungsführerschaften und ein nachträgliches Revidieren der eigenen Urteile vermieden werden. Je nachdem ob die Delphi-Befragung qualitativ und / oder quantitativ angelegt ist, variiert der in der Literatur empfohlene Umfang der Expertengruppe. Es gibt zwar keine empfohlene Obergrenze – diese ist immer auch abhängig von dem jeweiligen Thema –, allerdings sollten es aus Zeit- und Kostengründen nicht zu viele Experten sein. Die Anzahl der Befragungswellen ist zwar vom jeweiligen Ziel der Studie abhängig, es sollte jedoch eine minimale Anzahl von drei Befragungswellen geben, um eine gewisse Genauigkeit zu garantieren.

4.Nun wird der vorher erarbeitete Fragebogen den teilnehmenden Experten am besten elektronisch zugeschickt. Eine Delphi-Befragung wird meistens in mehreren Wellen wiederholt. Damit der Moderator den Verlauf der Meinungsbildung nachvollziehen kann, wird jeder Vorgang mit einer eigenen ID unterlegt.

Ein wichtiger Grundbestandteil von Delphi-Befragungen ist auch, dass Experten Feedback bzw. Informationen über die ausgewerteten Ergebnisse der vorangegangenen Befragungswelle(n) wie beispielsweise Durchschnittswerte, Extremwerte, verbale Äußerungen und Varianzen erhalten. Durch den Informationsaustausch nach jeder Befragungswelle soll eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen den Experten entstehen und damit eine höhere Sicherheit bzw. mehr Präzision bei der Prognose erreicht werden.

 

5.Eine Delphi-Befragung endet mit einem Abschlussbericht, in dem die Ergebnisse dokumentiert werden und weitere Empfehlungen für die Praxis abgeleitet werden können.

Die Durchführung einer Delphi-Befragung ist relativ komplex und erfordert erhebliches Methodenwissen, um aus der Befragung auch Nutzen ziehen zu können. Daher wird sie eher selten im Kontext eines kleineren Einzelprojekts durchgeführt, sondern eher im Rahmen sehr großer Projekte oder einer projektübergreifenden Initiative. Die Delphi-Methode hilft dabei, ein gutes Bild über die Einschätzungen der Experten zu erhalten. Daraus können Rückschlüsse über mögliche Entwicklungen gewonnen werden.

Die Entwicklung der Arbeitswelt

Im frühen 21. Jahrhundert sah sich die Welt mit einer Zukunft der massiven Arbeitslosigkeit konfrontiert. Aufgrund von Fortschritten in der künstlichen Intelligenz, Robotik und anderen Technologien war die Angst groß, dass die menschliche Arbeit durch maschinelle Arbeit ersetzt werden sollte. Heute sehen wir, dass diese Befürchtungen zwar einerseits unbegründet waren, aber andererseits auch zu neuem Denken angeregt haben.

Das Beschäftigungswachstum in naturwissenschaftlichen Bereichen wie auch in neuen Industrien boomt heute. Einige Grundsicherungspläne auf der ganzen Welt haben dazu beigetragen, das soziale Chaos zu verringern, das lang anhaltende strukturelle Arbeitslosigkeit mit sich bringt.

In den 28 Mitgliedstaaten der EU liegt die Beschäftigungsquote bei 71 Prozent; das heißt, dass 71 Prozent der Einwohner im erwerbsfähigen Alter arbeiten.4 Neue Technologien haben in den letzten Jahrzehnten so viele oder mehr neue Beschäftigungsarten geschaffen, wie sie gleichzeitig ersetzen mussten. Leider haben etwa eine Milliarde Menschen den Übergang nicht so erfolgreich geschafft wie andere.

Die neuen Technologien haben aber nicht nur diese Änderungen mit sich gebracht. Durch das Netz hat sich eine eigene Kriminalität entwickelt, die weit verbreitet und komplex ist. Organisiertes Verbrechen manipuliert Regierungsentscheidungen, viele Menschen sind verunsichert, wem oder worauf sie vertrauen können, während die Welt weiterhin Geist und Maschine zusammenführt. All diese technischen Schnittstellen können jederzeit gehackt werden.

Sporadische Massenemigrationen aufgrund politischer, wirtschaftlicher und umweltbedingter Faktoren, einschließlich der Globalisierung, bedrohen ebenfalls die weltweite Sicherheit. Und die globale Erwärmung verursacht weiterhin Naturkatastrophen. Konzerne sind über die Kontrolle der Regierung hinausgewachsen.

Nachdem vieles an menschlicher Arbeit durch Maschinen und Software ersetzt wird, nimmt die menschliche kreative Arbeit zu. Viele Menschen bilden sich via Online-Trainingsprogrammen weiter oder arbeiten mit selbstständigen Trainern zusammen. Die Selbstständigen und die in der Sharing-Economy beschäftigten Menschen können ihre Zeit im Idealfall so einteilen, dass sie ihre Kinder aufziehen, ihren Bedürfnissen und Wünschen nachgehen und das Leben genießen können. Viele Menschen lassen sich auch vermehrt bei ihren Angstzuständen und Depressionen helfen, die sie durchstehen müssen, bevor sie entdecken, welche Art von Leben sie eigentlich leben wollen. Das traditionelle Konzept des Ruhestands bröckelt, da eine beachtliche Zahl von Menschen über das übliche Rentenalter hinaus an Themen, die sie interessieren, arbeitet, anstatt von anderen beschäftigt zu werden.

Bemühungen um eine grüne Wirtschaft, Sharing-Bereiche, MINT-Bildung, Mindestlohn oder existenzsichernde Löhne und das Rentensystem tragen dazu bei, das Einkommen für viele zu erhalten, auch wenn die Arbeitslosenquote auf der ganzen Welt relativ stabil ist. Leider bleibt die wirtschaftliche Unsicherheit in dieser sich rasch verändernden Welt bestehen, obwohl die globalen Aussichten heute viel besser sind als zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Der globale »State of the Future«-Index 2050 des Millennium Project misst die Fortschritte oder Rückschritte bei der Verbesserung der Zukunft in den nächsten zehn Jahren. Dieser prognostiziert drei Prozent durchschnittliche jährliche Verbesserung zwischen 2050 und 2060. Das ist zwar kein enormer Anstieg, aber immerhin besser als keiner.

Es wird vermehrt wieder in neue Technologien investiert, insbesondere in neue Biotech-Unternehmen. Laut den Studien ist das eine gute Entscheidung, denn bis 2030 werden diese neuen Technologieanwendungen in Medizin, Landwirtschaft, Bildung, Unterhaltung und anderen Industrien und Dienstleistungen außerordentlichen Mehrwert schaffen und rentabel sein. Auch haben Crowdsourcing für Investitionen und Sharing-Economy-Unternehmen dazu beigetragen, einen Teil dieses neuen Reichtums in die breitere Öffentlichkeit zu tragen.


So beginnen sich die Einkommensunterschiede etwas zu verringern, aber dennoch klafft die Schere nach wie vor sehr auseinander. Dies ist u. a. auf Immigration in den reicheren Regionen und soziale Unruhen in den ärmeren Ländern zurückzuführen. Nie zuvor wurden so viele Regierungen gestürzt.

Aber nicht nur im sozialen Bereich gibt es wesentliche Änderungen, sondern auch und vor allem in der technologischen Welt. Künstliche Intelligenz, Robotik, synthetische Biologie, 3-D- und 4-D-Druck, das Internet der Dinge (IoT), Drohnen, autonom fahrende Fortbewegungsmittel, Nanotechnologie, Virtual Reality und Bioprinting, Clouds und die diversesten Synergien zwischen diesen Technologien, auch als Next Tech bekannt, sind nur einige der Bereiche, die rasend schnell unseren Alltag verändern.

Es gab bereits in der Vergangenheit immer wieder technische Neuerungen, die zum Wandel von Unternehmen und damit auch zum Verschwinden von Berufen geführt haben. Mit der Digitalisierung stehen wir vor einer weiteren radikalen Veränderung. Während in der Vergangenheit primär solche Jobs verschwanden, die eher geringe Qualifikationsanforderungen stellten und häufig im Produktionsbereich angesiedelt waren, werden in der Zukunft aller Voraussicht nach Maschinen noch mehr und anspruchsvollere Tätigkeiten als bisher übernehmen können. Dadurch werden einerseits die Produktionsmöglichkeiten steigen und so auch Berufsgruppen profitieren, die Technologien entwickeln. Andererseits werden Tätigkeiten, die Roboter übernehmen können, zum Spielball zwischen Kapital und Arbeit. Arbeitnehmer und Roboter vollziehen einen Platzwechsel und tauschen mehr oder minder die Rollen in solchen Berufen.

Nun ist aber immer dort, wo Schatten ist, gleichzeitig auch Licht: Es werden zukünftig nicht nur Arbeitsplätze wegfallen, sondern aufgrund des fortgeschrittenen technologischen Wandels auch Aufgabenfelder und Berufe entstehen, die durch die neuen Ressourcen überhaupt erst möglich werden. Arbeitnehmer, die bis dato in der industriellen Produktion angesiedelt waren, können von nun an beispielsweise vermehrt im Dienstleistungssektor und in innovativeren Prozessen eingesetzt werden. In Bereichen, in denen Mensch und Maschine bis dato als Konkurrenten agierten, werden die Menschen nach wie vor die flexibleren Arbeitskräfte sein. Computer können allerdings mehr oder weniger anspruchsvolle Nicht-Routine-Tätigkeiten übernehmen wie zum Beispiel das autonome Fahren. Auch können Maschinen bereits seit einiger Zeit Sprache interpretieren und sogar sinnvolle Antworten geben. Dadurch können diese vermehrt in Callcentern eingesetzt werden oder standardisierte Antworten auf bestimmte wiederkehrende Fragen geben.

Die Industrie 4.0

Bei »Industrie 4.0« handelt es sich um einen Sammelbegriff, der 2013 auf der CEBIT geprägt wurde. Gemeint ist damit die intelligente Vernetzung von Menschen und Maschinen, Objekten bzw. Informations- und Kommunikationssystemen. Die meisten Neuerungen technologischer Natur, die unter diese Begrifflichkeit fallen, betreffen vor allem logistische Systeme und die Industrie. Dadurch werden vermutlich in diesen Branchen die Beschäftigungszahlen wachsen. Experten erwarten aber auch einen erhöhten Flexibilitätsbedarf bei der Produktions- sowie Entwicklungsarbeit. Dadurch entstehen neue und höhere Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten und somit ein erwarteter Anstieg an wissensintensiveren Tätigkeiten.


Da Investitionsgüter im industriellen Bereich angesichts der hohen Kosten meist nicht so schnell ausgetauscht werden, werden technische Innovationen nach und nach eingeführt, sodass mögliche Beschäftigungseffekte ebenso langsam wirksam werden.


Die Auswirkungen der Globalisierung auf den Arbeitsmarkt

Neben dem technischen Fortschritt ist es vor allem die Globalisierung, die sich auf die Arbeitsplätze in Europa auswirken wird. Günstigere Transportmöglichkeiten, ein höheres Angebot an qualifizierten Arbeitskräften in Indien und anderen Ländern, aber auch die zunehmende Digitalisierung diverser Arbeitsschritte führt zu einem zunehmend günstigeren Verhältnis von Arbeitskosten und Produktivität. Technologien wie der 3-D- und 4-D-Druck führen zu kleineren Serien an Fertigungen und zu neuen Anforderungen an Unternehmen, die keineswegs ihren Sitz in Billiglohnländern haben. Das erhöht wiederum den Druck auf andere Länder und führt zu weiteren technischen Innovationen.

Die demografischen Änderungen basieren auf der steigenden Lebenserwartung. Diese Entwicklung zieht einige Konsequenzen am Arbeitsmarkt nach sich, insbesondere entsteht ein hoher Bedarf an Arbeitskräften, die die geburtenstarken Jahrgänge, die in Rente gehen werden, beerben. Passend dazu gibt es allerdings auch einen immer stärker werdenden Mobilisierungstrend. Vor allem ältere Personen, Frauen und Zuwanderer nehmen vermehrt einen weiteren Arbeitsweg in Kauf.

Im immer wichtiger werdenden Sektor des Gesundheitswesens und der Pflege zeigt sich: Der wachsenden Nachfrage nach Fachkräften mit mittlerer und höherer Qualifikation wirken nur schwach technologische Neuerungen wie intelligente Haussysteme entgegen.

Nicht nur bei der Pflegedienstleistung wurde massiv aufgestockt. Auch die Kinderbetreuung wird vermehrt vom Staat unterstützt.

Weiterhin wurden Möglichkeiten zur Frührente und eine Öffnung des europäischen Arbeitsmarktes für Zuwanderer geschaffen, wodurch Veränderungen auf den Arbeitsmarkt einwirken, die wiederum eine zunehmende Flexibilisierung von Arbeitszeiten, Erwerbsformen und Entlohnungsstrukturen nach sich ziehen. Gesetzliche, tarifvertragliche und betriebliche Änderungen erlauben neue und vollkommen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Im Vergleich zur Vergangenheit ist ein Anstieg der sogenannten atypischen Beschäftigungsformen zu verzeichnen (darunter fallen befristete Arbeitsverträge und flexible Arbeitszeiten). All das führt zu einem anpassungsfähigeren bzw. dynamischeren Beschäftigungssystem, das dem gesellschaftlichen und technologischen Wandel sowie dem globalen Wettbewerb eher gerecht wird.

Auch wenn es bis dato nie wirklich zu einem langfristig extremen Rückgang der Erwerbstätigkeit in den Industriestaaten gekommen ist, so hat es dennoch massive Verschiebungen innerhalb der Wirtschaftszweige gegeben. Nicht nur Unternehmen sind in dieser Zeit verschwunden, auch ganze Branchen sind weggefallen bzw. haben sich so stark verändert, dass es im Grunde neue Branchen geworden sind. So gibt es einen deutlichen Wandel weg von der analogen hin zur digitalen Technologie. Beispielsweise sichern digitale die analogen Signale, um diese auch über große Entfernungen schnell zu transportieren. Der große Vorteil dabei ist, dass die digitalen Signale sich immer mit der gleichen Qualität wiedergeben lassen. Das hat einiges im Wirtschaftsleben verändert, weil dadurch neue Möglichkeiten entstanden sind. Nehmen Sie als Beispiel ein Fotoalbum. In der analogen Welt haben Sie Papierfotos händisch in ein Album geklebt. Die Bildinformationen auf einem Fotopapier unterliegen aber Zersetzungsprozessen. Nach mehreren Hundert Jahren ist von den Bildern nur noch Staub übrig. Wenn Sie aber nun die Bilder einscannen und digitalisieren, behalten sie die gleiche Qualität und können nicht vergilben. Natürlich kann die Festplatte mit der Zeit kaputt gehen. Aber prinzipiell halten digitale Daten auf diese Weise ewig. Das ermöglicht neue Bereiche, die vor dieser Entdeckung einfach nicht möglich waren.

 

Das Feld der Erwerbstätigkeit unterliegt infolge des technologischen Fortschritts und der Verbreitung des Internets einem stetigen Wandel. Und auch wenn die Branchen sich ändern, gibt es bislang kaum einen strukturellen oder einen langfristigen Rückgang der bezahlten Arbeit. So ist in Deutschland beispielsweise die Erwerbstätigkeit, gemessen an den gearbeiteten Stunden und der Zahl der Personen, mit rund 44,7 Millionen Erwerbstätigen (Stand 2017)5 auf einem Höchststand. Wenn Sie sich die langfristige Entwicklung der Zahlen bezogen auf die Arbeitsstunden und den Verlauf der Erwerbstätigkeit ansehen, können Sie eine auffallende Stabilität erkennen. Die Gehälter und Einkommen sind auch nicht gesunken, trotz der Verschiebungen innerhalb der Wirtschaftszweige. Vielmehr scheint es so, als würden Verluste von Arbeitsfeldern durch die Entwicklung neuartiger Produkte und Dienstleistungen aufgefangen werden und wider Erwarten sogar mehr Menschen in die Beschäftigung führen. Zwar ist ein plötzliches Aufkommen eines Trends nie völlig auszuschließen, die bisherige Entwicklung spricht jedoch dafür, dass die Erwerbstätigkeit in den Bereichen Produktion und Dienstleistungen fortbestehen wird.

Eine wachsende Differenzierung innerhalb des Arbeitsmarktes ist eher zu erwarten als Arbeitslosigkeit. Vor allem bei weiter fortschreitender Digitalisierung wird die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitnehmern zunehmen, die dann überwiegend komplexe, kognitive, analytische Tätigkeiten auszuüben haben. Der Anteil solcher Fachkräfte wird sich so einerseits erhöhen, andererseits wird auch dieser Markt stärker nachgefragt, auf dem diese Arbeitskräfte gesucht werden. Das bedeutet günstigere Arbeitsbedingungen, bessere Entlohnung, flexiblere Arbeitszeiten und leichtere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Unternehmen müssen dazu bereit sein, die Fachkräfte möglichst produktiv, effizient und flexibel nach Bedarf einzusetzen, und sie gleichzeitig binden, um die Leistungs- und Innovationsfähigkeit durch eine neue Organisation ihrer Arbeit zu fördern und zu steigern. Einfachere und routinemäßige Tätigkeiten verlieren auch tendenziell mehr und mehr an Boden und geraten dort, wo Automatisierungen leicht möglich sind, verstärkt unter Druck. Zwar werden auch einfachere Tätigkeiten nicht völlig wegfallen, aber die berufliche Entwicklung wird doch begrenzt werden.

Während andere Länder bei den Arbeitskräften eine starke Schere zwischen Akademikern und Personen ohne bzw. mit geringer Schulbildung aufweisen, ist diese Korrelation in Deutschland und Österreich nicht erkennbar. Dies kann einerseits damit zusammenhängen, dass Absolventen dank des Ausbildungssystems in Österreich und Deutschland eher komplexere Aufgabenstellungen lösen können. Das unterstützt wiederum das Beschäftigungsmodell, das auf diversifizierte und innovative Qualitätsprodukte ausgerichtet ist. Um die Zukunft für diese mittlere Gruppe zu sichern, wird es entscheidend sein, inwieweit sie durch Aus- und Weiterbildung in der Lage sein wird, sich noch mehr zu steigern und komplexere Aufgaben zu übernehmen.