Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 4: Lucretia L'Incarto

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„Ich wollte dich nicht noch einmal fragen …“ Ranchels Stimme glitt über den Tisch, fiel auf den Boden der Kajüte und kroch an ihm hoch. „Aber ich weiß noch immer nicht, weshalb der Innerste Kreis dir deinen Wunsch gewährt hat und dir bei der Umsetzung deiner Pläne auch noch alle Freiheiten zugesteht. Sagst du es mir irgendwann?“

„Das habe ich bereits. Der Innerste Kreis hat mir erlaubt, sie zu suchen und zu jagen, weil er sie beiseite schaffen will und meine Unterstützung in dieser Angelegenheit begrüßt. Ich habe sie gefunden. Nur war sie, wie du weißt, nicht allein. Als wir ihr an der Küste Aschrans auflauerten, war sie in Begleitung einer Eskorte von tausend Schiffen.“

„Ja, ja … Ich war dabei“, unterbrach Ranchel ihn, doch er ließ es nicht zu.

„La Labej schickte sie also im Schutz einer Flotte von tausend Schiffen los. Es sah ganz danach aus, als würde er sie in ein Gebiet schicken, das von dem heraufdämmernden großen Krieg unberührt bleibt. Woraufhin ich folgerte, dass mehr an der schwarzen Frau dran ist, als wir wissen. Diese Vermutung teilte ich dem Innersten Kreis mit. Er erteilte mir daraufhin den Befehl, an ihr und ihrer Flotte dranzubleiben. Deshalb sind wir hier.“

„Und deine Rache?“

„Deshalb bin ich hier.“

„Und das ist alles?“

„Vertrau mir.“ Das war die beste Antwort, um eine Frau zum Schweigen zu bringen. Die meisten von ihnen wollten im Grunde nur vertrauen. Damit sie loslassen konnten, sich behütet fühlen konnten … Sie wussten es nur nicht, spielten gerne die Unabhängigen und Unnahbaren. Dabei wünschten sie sich nichts sehnlicher, als erkannt und durchschaut zu sein. Ranchel war da nicht anders. Sie spielte gerne die, der niemand das Wasser reichen konnte – nicht umsonst hatte sie ihre Fähigkeiten perfektioniert. Doch wenn er ihr suggerierte, er würde sie halten und beschützen, wurde sie ganz schnell zu einem zahmen, nach Nähe und Geborgenheit bettelndem Kätzchen.

Auch jetzt fand sie sich mit ihrer denkbar ungünstigen Lage ab: Er wusste alles – sie nur das Nötigste. Aber sie löcherte ihn nicht länger mit Fragen. Er hatte auch alles dafür getan, dass sie es unterließ. Denn am Ende, so hatte er es ihr versprochen, würde er alles mit ihr teilen. Und genau das war es, was sie hören wollte.

„Wo bleibt er?“, fragte Ranchel etwas ungehalten, erhob sich und begann auf- und abzuschreiten.

„Er kommt schon.“

„Er ist nicht verlässlich …“

„… aber in den Augen seines Gottes eine Wohltat und damit ist sein Gott bereit, ihm mehr als den anderen Ordenskriegern entgegenzukommen“, vollendete er ihren Satz. „Und zufällig deckt sich sein Ziel mit unserem. Außerdem befehligt er einige der besten Krieger.“

„Er hat seine Bedürfnisse nicht in der Gewalt.“

„Weil er ein Fanatiker ist und das Extrem sucht. Was sagt uns das über ihn?“

„Dass wir keinen Einfluss auf ihn haben und folglich auch keine Kontrolle über das, was er tut.“

Tyrean befiel die Ermüdung, die immer dann eintrat, wenn er wieder einmal feststellen musste, dass es kaum jemanden gab, der seine Gedanken konsequent zu Ende dachte.

„Jemand, der sich nicht in der Gewalt hat, ist sehr leicht zu kontrollieren. Wenn man weiß, was ihn in der Gewalt hat. Und weil er geradezu besessen von ihr ist, lässt er sich zu allem bewegen, was getan werden muss, um die Beute zu erlegen. Manches davon würden wir nicht tun wollen …“

Ein dumpfer Schlag gegen die Tür in seinem Rücken signalisierte ihm, dass sie endlich beginnen konnten. Der Panjaal der Schatot.

„Kommt rein.“

Der Mann, der mehr Kreatur als Mensch war und von dem einige Togh Leva-Gegner behaupteten, er wäre eine jener Missgeburten, die Togh Leva in einem seiner akuten Schöpfungs-Anfälle ausgespien hätte, betrat die Kajüte.

„Haajen bod resena, Admiral“, knurrte er und warf dann sein einziges noch intaktes Auge auf Ranchel. „Minuet.“

„Es ist mir wie immer eine Ehre“, lächelte Ranchel süßlich. „Habt Ihr den Weg also doch noch gefunden – von Eurer Kajüte ein Deck tiefer zu Tyreans … ein Deck höher?“

Der Schatot sagte nichts, starrte sie nur verächtlich an.

„Ich meine ja nur … fehlt einem ein Auge, hapert es oft an der räumlichen Wahrnehmung.“

„Setzt Euch, Totscha“, ging Tyrean dazwischen und nahm selbst Platz.

„Ich stehe.“ Der Kommandant der Schatot aus dem Giran Kurgan – einer der wenigen Tulurrim, die den Aufstieg des einstigen Propheten Hadra zum Gott Hakkinen Dragati miterlebt hatten, ohne auf dessen Seite zu wechseln – warf einen abwägenden Blick durch die Kajüte, studierte wie jedes Mal die schwarz gefärbte Taxidermie des Falkenkopfs über der Tür und verschränkte dann seine massiven Arme vor der Brust. Totscha war einer jener Tulurrim, die Togh Leva und damit dem Chaosbündnis treu geblieben waren – auch nach der Apotheose Hadras. Doch war es weniger die Treue zu seinem Gott, die ihn auf diese Reise geschickt hatte; es war ein Motiv sehr viel privaterer Natur, eine tiefe, dunkle Sehnsucht, die den Schatot täglich auf das Vordeck trieb und wie ein hungriges Tier Richtung Süden blicken ließ, im Geiste bei jenen Schiffen, die unter dem Kommando seiner Temna Bojevni standen.

„Wir werden ihnen einen kleinen Denkanstoß geben“, schickte Tyrean eine Erklärung voraus und gab das Wort an Ranchel weiter. Sie lehnte sich mit dem Hintern gegen den Kartentisch und strich sich über ihre sinnlichen Lippen. Tyrean war klar, was ihn erwartete. Er würde morgen wahrscheinlich die ganze Nacht keine Ruhe finden. Ranchel machten ihre eigenen Fähigkeiten an. Und wenn sie eines ihrer Zauberkunststücke vollbracht hatte, musste sie sich danach mit ihm vergnügen – um ihre Macht gebührend zu feiern und sich wieder abzukühlen.

„Ich werde ihnen einen neuen Traum schicken“, sagte sie verheißungsvoll. „Wir wollen ihnen vor Augen führen, was sie erwartet. Wir brauchen noch ein wenig mehr Chaos in dieser Flotte, ein wenig mehr der Angst, mehr Verzweiflung …“ Sie sah ausschließlich Totscha an, der noch nicht in den Plan eingeweiht war. „Zeigen wir ihnen, dass wir es sind, die hinter den nächtlichen Botschaften stecken. Geben wir ihnen etwas, das sie anfassen können – im übertragenen Sinne.“ Ranchel strich ihren schlanken Hals hinab und legte die Hand über ihren tiefen Ausschnitt. „Ihre Träume werden ein fassbares Gesicht bekommen. Niemand soll bezweifeln, dass jemand sie in der Hand hat. Ich hoffe, ich muss an dieser Stelle nicht an Euren Einfallsreichtum appellieren …“ Ihr Mund formte sich zu einem vielsagenden Lächeln.

„Mir ist klar, was Ihr meint, Minuet“, knirschte Totscha. „Die Frage ist, wie genau Ihr es machen wollt.“

„Lasst das meine Sorge sein.“

Die schwarze Rüstung des Panjaal knirschte, als er sein Gewicht auf das andere Bein verlagerte. „Wie viele sollen sterben?“

Tyrean antwortete, bevor Ranchel es konnte. „Wir werden höchstens für zwei bis drei ihrer Schiffe Zeit haben, wenn wir die Flotte unbemerkt wieder verlassen wollen.“

„Ich segle mit“, erklärte Totscha sofort.

„Nein.“

Totschas fahles Gesicht verzog sich zu einer angriffslustigen Grimasse. „Ich traue den Seemännern nicht. Was, wenn sie das falsche Schiff angreifen und ihr Schaden zufügen?“

„Ihr und Eure Männer seid für den Kampf auf dem Festland hier, nicht für das Entern oder Versenken von Schiffen“, erklärte Tyrean ruhig.

Ranchel lächelte süffisant. „Das dürfte selbst Euch einleuchten, nicht Totscha? Andererseits …“ Sie drückte sich vom Tisch ab, trat neben Tyrean und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Die Schatot haben ihre ganz eigenen Methoden, um das Grauen etwas plastischer zu gestalten. Was meinst du, Tyrean? Vielleicht könnten Totscha und seine Männer einen kleinen, künstlerischen Beitrag leisten.“

Wäre es seine Art, hätte Tyrean ihr eine Lektion erteilt. Ranchel redete zu viel. Sie redete, wenn es nicht erforderlich war, redete, wenn es sie irgendwo juckte. Irgendwann redete sie sich noch um den Verstand.

Wie erwartet reagierte Totscha auf ihre Provokationen. „Ihr sprecht, als wäre ich Euer Hündchen, Hexe. Werdet Ihr mich anleinen, wenn ich Euch nicht gehorche?“ Er grinste dreckig.

„Ich behandle meine Haustiere vorbildhaft“, gab Ranchel freundlich zurück. „Auch jene, die unter Tollwut leiden.“

„Seid ihr fertig?“, fragte Tyrean. „Ihr könnt Euch von mir aus an dem Angriff beteiligen, Totscha. Aber erst, nachdem meine Männer ihre Arbeit getan haben.“

Ranchel nickte zufrieden. „Und dann bräuchte ich noch deine schöne Stimme, Tyrean. Für die Botschaft …“

Tyrean sah sie an. „Bereite dich vor. Ich komme nach.“

Ranchels Anmut zeigte sich in jeder ihrer Bewegungen. Selbst, wenn sie sich nur wie jetzt zu ihrer vollen Größe aufrichtete, hatte das beinahe etwas Denkwürdiges. Totscha sah diese Schönheit nicht. Ihm gefielen andere Dinge. Als Ranchel auf ihn zuhielt, machte er ihr beiläufig Platz und überließ es ihr, sich die Tür selbst zu öffnen.

„Ich erwarte dich“, erinnerte sie Tyrean daran, was ihn erwartete. Damit schlüpfte sie durch die Tür und der schwarze Seidenstoff ihres Kleides flatterte hinterher.

„Ich hoffe, Ihr vergesst Euer Versprechen nicht“, bemerkte Totscha, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Tyrean sah ihm in sein noch intaktes Auge. „Ihr bekommt sie. Ich bekomme den Rest von ihr.“

Wenn es nur so einfach wäre. Aber er konnte dem Schatot ja schwerlich erklären, dass es nicht ihr Körper war, den er begehrte, dass dieser Körper aber andererseits jeglichen Reiz vermissen lassen würde, wenn er sich erst genommen hatte, was er begehrte …

***

„Darf ich eintreten?“, fragte sie, als Tauron die Tür geöffnet hatte und ein überraschtes Gesicht zog. Kein Wunder, dass er sich überrumpelt fühlte. Wie hätte er erwarten können, dass ausgerechnet jene Frau zu diesem späten Glas seine Ruhe störte, die ihn bislang so rüde abgewiesen hatte?

 

Schweigend ließ er sie ein und schloss die Tür hinter ihr. „Was kann ich für Euch tun?“

Siralen betrachtete ihn von oben bis unten. Er trug nur seine Beinkleider. Sein Hemd hatte er bereits ausgezogen und über einen der drei Stühle geworfen, die um einen Tisch in der Mitte der geräumigen Kajüte standen. Offensichtlich wollte er gerade zu Bett gehen. Sie blickte sich um und stellte fest, dass der Admiral nicht allzu viel von Ordnung hielt. Sein Krummsäbel lag auf einer ausgerollten Karte auf dem schweren Tisch, einige seiner Kleidungsstücke hingen über den Stühlen, andere lagen noch auf dem Bett. Sein Gürtelgehänge baumelte von der offen stehenden Tür eines Schranks und seine Stiefel lagen in der Mitte der Kajüte, wo er sie nach dem Ausziehen allem Anschein nach einfach fallen gelassen hatte. Es herrschte, gelinde gesagt, ein heilloses Durcheinander in der geräumigen Kajüte und Siralen fand, Taurons private vier Wände würden eine gute Metapher für die menschliche Neigung zum Chaos abgeben. Und sie stand mitten drin …

Als er ihre Blicke bemerkte, entschuldigte er sich brummend und beeilte sich, seinen Krempel wegzuräumen. Jetzt, wo sie ihn so sah – ohne ein Hemd … seine Brustbehaarung, die Bauchmuskeln über der etwas zu locker sitzenden Hose – wurde ihr mulmig. Womöglich wollte er sie gar nicht mehr. Womöglich hatte sie ihn einmal zu oft vor den Kopf gestoßen. Taurons großspurige Art, mit Frauen umzugehen, legte den Verdacht nahe, dass er ein Jäger war. Wer gerne jagte, langweilte sich, wenn die Beute erst geschlagen war.

Doch sie war hier. Irgendetwas musste sie sagen.

Als Tauron in schlampiger Hast seine Kleidungsstücke zur Seite geschafft hatte, bot er ihr einen Stuhl an, doch Siralen ließ das Angebot links liegen.

„Vergebt mir diese späte Störung, Admiral.“ Sie sah sich erneut in der Kajüte um, nur um festzustellen, dass sie bereits jeden Winkel observiert hatte. „Ich war etwas voreilig. Besser, ich suche Euch morgen früh auf, um mein Anliegen mit Euch zu besprechen.“ Ihr Anliegen? Die Kleider vom Leib reißen wollte sie ihm. Wie sollte dieses Anliegen am Morgen würdevoller klingen?

Schon hatte sie die Hand an der Tür, da hielt sie der raue Klang seiner Stimme zurück.

„Jetzt seid Ihr ja schon mal hier. Und es sieht ganz danach aus, als würde ich noch nicht schlafen.“

Der Riegel war vorgeschoben. Hatte sie die Tür verschlossen oder war er es gewesen? Unbedeutend. Sie lieferte sich gerade einem Menschenmann aus, der nicht den geringsten Zweifel hatte aufkommen lassen, dass er die körperliche Schwäche einer Frau jederzeit zu seinen Gunsten nutzen würde. Und was die Körperkraft anbelangte, war er ihr eindeutig überlegen.

Sie drehte sich um und begutachtete das zerwühlte Bett.

„Äh … wisst Ihr, das macht mich n’klein wenig nervös. Ich meine, dieses Schweigen. Und wenn Ihr es nicht gerade drauf anlegt, mich hier wie einen Vollidioten stehen zu lassen, dann wäre ich echt dankbar, wenn Ihr mir sagt, was Ihr von mir wollt.“

Das war es. Diese paar unbeholfenen Worte, die direkter nicht sein konnten …

„Falls die Träume Wahrheit sprechen und wir morgen sterben sollten, möchte ich ein letztes Mal das Leben feiern.“

Tauron sah sie an, als hätte er nicht die geringste Idee, wovon sie eigentlich sprach.

„Ich möchte mit dir schlafen, Tauron.“ Diese Sprache verstehst du doch, oder?

Sie löste den Umhang von ihrer Schulter und ließ ihn fallen. Dann öffnete sie die Fibel an ihrem Kragen und zog sich die Tunika über den Kopf. Er sagte nichts. Er beobachtete sie nur – jeden Handgriff, bis auch das letzte Stück Stoff von ihrem Körper gerutscht war. Erst dann kam Bewegung in ihn. Zwei Schritte und er hatte ihr Gesicht zwischen seine großen Hände genommen.

„Siralen“, flüsterte er und sein Atem kitzelte ihre Wange. Mehr sagte er nicht. Stattdessen tasteten sich weiche, warme Lippen über ihren Mund, schob sich eine Zunge zwischen ihre Lippen. Schon waren seine Finger an dem Lederband um ihren Zopf und lösten hastig den Knoten.

„Tut mir leid“, keuchte er. „Ich kann … mich nur schwer … zurückhalten.“

Sie hätte ihm gerne gesagt, dass er das gar nicht musste, dass er, wenn er es wollte, auch über sie herfallen konnte, wie Menschen das gewisslich taten, doch sie brachte kein Wort heraus. Es war lange her, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte. Hatte es ihr je die Sprache verschlagen?

Seine Hände zitterten leicht, während er versuchte, auch die restlichen Strähnen aus der strengen Flechtung zu lösen. Sie half ihm dabei und als ihr das Silberhaar auf den nackten Rücken hinabfiel, ging ein leises Seufzen über seine Lippen.

„Du bist so … wunderschön.“

Vorsichtig, als hätte er Angst, sie zu zerbrechen, zog er sie in seine Arme, und Siralen spürte, wie sich ihr ganzer Körper mit einer Gänsehaut überzog. Er war nicht grob. Er war zärtlich. Es war ein befremdliches Gefühl. Sie fühlte seine behaarte Brust an ihren Brüsten. Seine Hände strichen ihr den Rücken hinauf und legten sich dann fest um ihren Nacken. Wieder zog er ihr Gesicht heran und küsste sie. Ein wenig heftiger diesmal. Sein harter Körper drängte sich an sie, hätte sie beinahe zum Stolpern gebracht, doch seine Arme umfingen sie behutsam und hielten sie fest. Sie konnte die Erregung unter seinen dünnen Beinkleidern deutlich spüren und musste ein Keuchen unterdrücken.

Zögernd tastete sie nach der Schnürung seiner Hose. Doch da hob er sie einfach hoch und trug sie zum Bett. Vorsichtig schob er sie zwischen zwei seiner Hemden auf die Matratze. Dann entledigte er sich seiner Beinkleider und sie beobachtete ihn verstohlen dabei. Er war sich seiner so sicher. Natürlich, Tauron Hagegard hatte gerade seine ganz private Bühne betreten. Das hier war seine Welt, hier war er groß, hier machte ihm niemand etwas vor. Sie hingegen hatte ihre Welt verlassen und befand sich auf unbekanntem, gefährlichem Terrain.

Ein herber Geruch stieg ihr in die Nase. Ein angenehmer, wie sie überrascht feststellte. So anziehend, dass sie am liebsten ihr Gesicht in das Hemd gedrückt hätte, das neben ihr lag. Stattdessen beobachtete sie angespannt, wie Taurons Hose auf den Boden fiel. Zwischen ihren Beinen wurde es warm. Sie hatte noch nie einen behaarten Körper gesehen und auch keine solche Manneskraft. Jetzt, da Tauron vor ihr stand, nackt, in seiner puren Menschlichkeit, machte ihr ihre eigene Unbeherrschtheit plötzlich Angst. Dieser Mann war wild und ungeschlacht. Sein Anblick ließ auch noch den letzten Hauch Zurückhaltung im Sturm ungezügelter Sehnsucht irre gehen. Sie wollte ihn. Sie wollte Das Unaussprechliche, das Issirimen, das sie vor Jahrzehnten ein einziges Mal erlebt und nie wieder vergessen hatte … damals während ihrer Ausbildug zu einer Befehlshaberin der albionischen Armee.

„Bitte“, flüsterte sie und streckte ihm die Hand entgegen, „lass mich dich berühren.“

Sie konnte nicht umhin, seine Mitte anzustarren, während er sich ihr näherte. Vorsichtig setzte sie sich auf und legte ihm die Hand auf den Bauch, tastete über den schmalen Haarstreifen, der bis hinunter zu seinem Geschlecht verlief.

„Siralen … ich …“ Er zog ihre Hand weg. „Nicht so schnell.“

Doch da hatte sie ihre Finger bereits um seine Mitte geschlossen, und Tauron stöhnte auf.

Es war schön, ihn so zu hören … den Verlust seiner Kontrolle, seinen Ausbruch. Sie ließ ihre Finger bis zu seiner Spitze wandern.

„Warte!“, wiederholte er und drückte sie sanft in die Matratze. „Zu schnell … das ist zu schnell.“

Oh ja. Sie war viel zu fordernd. Gerade sie, die sich endlos im Liebesakt verlieren konnte und deren Geduld die eines Menschen doch überdauern musste. Gerade sie konnte kaum an sich halten.

Tauron beugte sich über sie, küsste sanft ihren Hals. Und sie konnte nur daran denken, ihn in sich zu haben, in sich zu spüren … seine Kraft, seine Andersartigkeit, seine Wildheit.

Während sich seine Zunge erneut in ihren Mund schob, strich seine Hand zärtlich über ihre Brust. Dann packte er fester zu, gab seiner Leidenschaft endlich nach. Seine Lippen wanderten über ihren Hals nach unten, seine Hand glitt tiefer. Raue Finger schoben sich zwischen ihre Schenkel. Siralen bäumte sich auf. Wie lange war es her, dass sie so berührt worden war? War sie je so berührt worden?

Seine Lippen schlossen sich um ihre Brustwarzen, sogen daran, bevor sie sich ihren Bauch hinabtasteten. Die Hand zwischen ihren Beinen fuhr ihren Innenschenkel entlang, schob sich unter ihre Kniekehle und hob ihr Bein an … die Küsse wanderten tiefer. Sie spürte, wie seine Zungenspitze zwischen ihre Schenkel zuckte und stöhnte auf.

„Oh ja“, knurrte er leise und sein Atem kitzelte ihre Mitte. „Das wollte ich hören.“

Beim Alleinen. Sie musste sich zügeln, sonst würde die Lust sie verbrennen, noch bevor sie sich ihr ganz öffnen konnte. Entspann dich. Atme tief durch.

„Es fühlt sich doch gut an?“

„Ja, Tauron. Mach weiter. Bitte …“

Eine neue Welle der Lust überschwemmte sie und sie grub ihre Hände in sein Haar. Wie leicht sich ihre zeitlose Vernunft doch in vergänglicher Leidenschaft verlor. Wie schwach sie doch sein konnte, wenn sie einen Augenblick unaufmerksam war.

„Langsam“, flüsterte sie. „Haegur, liu fallegru maneskja.“

Seine Zunge berührte sie erneut, schob sich in sie, ganz langsam. Alles war jetzt nass da unten, alles aufgeladen, alles pulsierte.

Mit einem Kuss und sanftem Druck ihrer Hände brachte sie ihn dazu, sich von ihr zu wälzen. Sobald sie sich befreit hatte, setzte sie sich auf und begann seinen Körper zu streicheln. Taurons Keuchen ging in ein kehliges Stöhnen über. Sein Geruch veränderte sich, wurde noch derber, noch männlicher. Siralen sog ihn tief ein. Jede Berührung, mit der sie seinen Körper entdeckte, war eine Berührung für sie selbst. Jedes Mal, wenn ihre Hände, ihre Zunge, seine Mitte berührten, spürte sie ihre eigene Mitte. Als hätten sie einen gemeinsamen Körper, obwohl sie so grundverschieden waren.

Alles an Tauron war jetzt angespannt. Sein Stöhnen wurde gepresst. Er bewegte sich seinem Höhepunkt zu und sie ließ von ihm ab.

„Liebe mich“, flüsterte sie und sah ihm in die Augen.

Er strich ihr über die Wange, sah sie schweigend an.

„Willst du das wirklich?“

„Willst du es nicht auch?“

„Mann, Siralen. Sieh mich an!“ Er deutete an sich hinab. „Seh ich vielleicht so aus, als würde ich dich nicht wollen?“

„Wieso fragst du dann?“

„Keine Ahnung. Vielleicht, weil ich dir … nicht wehtun will.“

Die Antwort verwirrte sie. Log er, um zu bekommen, was er wollte? Aber nein, er sah ihr offen in die Augen. Was verbarg dieser Mann noch, das sie bis jetzt nicht gesehen hatte?

Als Tauron sich aufrichtete und sich über sie beugte, bekam sie ihre Antwort. Sein schwerer Körper drückte sie in die Matratze, seine Hüften schoben sich zwischen ihre Beine. Dann umfasste er ihre Hüfte und zog sie hoch. Kniend, einen Arm um ihre Taille, den Oberkörper über sie gebeugt, drang er in sie ein … Stück für Stück. Alle Zweifel verpufften. Sie ließ sich von ihm umfangen, ließ ihn tief in sich, spürte ihn in ihrem Bauch … seine langsamen, rhythmischen Bewegungen.

Siralen krallte ihre Finger ins Laken und schlang ihre Schenkel fest um seinen Körper. Sie wollte mehr. Mehr Nähe, mehr Tauron. Als hätte er ihr Flehen gehört, ließ er sich auf sie nieder. Der Druck seines Körpers, der Druck seines Geschlechts in ihr … sein Atem, der ihr warm in den Mund stieß …

Tauron ließ sich Zeit – ließ ihr Zeit. Er küsste sie, während er sich in ihr bewegte, flüsterte raue Worte an ihren Lippen, die sie nicht verstand. Sie antwortete in der Sprache ihres Volks. Es spielte keine Rolle, was sie sagten. Es gab nicht den geringsten Zweifel, dass sie in diesem Augenblick eins waren. Elf und Mensch.

Siralen hielt sich an seinen Schultern fest. Sie spürte, dass sie kurz davor war, von ihrer Lust übermannt zu werden. Als sie sich nicht mehr zurückhalten konnte, wölbte sie sich ihm entgegen und presste ihre Lippen auf seine.

„Tauron“, stöhnte sie und ein Zittern ging durch ihren Körper.

„Ich bin hier.“ Mit einem letzten Stoß, einem letzten Stöhnen, vereinigten sie sich. Siralen tauchte in den Fluss ihrer gemeinsamen Gefühle. Sie ließ sich von der Strömung forttragen, immer weiter … ganz weit weg von allem, was ihr irgendwann einmal wichtig gewesen war und jeden ihrer Tage bestimmte.

 

Dann brach Tauron auf ihr zusammen. Sie schlang die Arme um ihn und zog ihn fest an sich.

Was war passiert? Sie hatte einen barbarischen Akt der Lust erwartet. Bekommen hatte sie etwas ganz anderes, etwas, das sie für einen nichtigen Augenblick ihre Mitte wiederfinden ließ.

Siralen drückte ihre Wange in sein Haar und spürte, wie sich Tränen aus ihren Augenwinkeln stahlen. War dies das Wesen, das in den Augen ihres Volkes schwach und der Dunkelheit allzu nahe war? War dies ein Wesen, das es zu tolerieren, ja, gnadenhalber zu akzeptieren galt, aber niemals zu respektieren? War dies ein Wesen, von dem man sich besser fernhielt, wenn man nicht Gefahr laufen wollte, von der Seele und den Werten seines eigenen Volkes abzurücken? Siralen hatte gerade etwas ganz anderes in Tauron gesehen – etwas Schönes, Erstrebenswertes. Etwas Zeitloses …

Tauron mochte ein eigensinniger Mensch mit schlichtem Geist sein. Aber wenn er liebte, war er der schönste Mann, den sie je gesehen hatte.

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