»Und da schicktest du ihm die acht, die du gekauft hattest«, fiel Saxon ihm ins Wort.
»Du musst noch einmal raten. Ich kaufte die acht mit dem Geld des Alten in Oakland, und sie wurden nach Oakland geschickt. Aber ich redete mit dem Fuhrmann, und er ging darauf ein, mir bis zu sechs Pferden für je fünfzig Cent täglich abzumieten. Dann telegrafierte ich dem Alten, dass er mir sechs von den Pferden mit wundgelaufenen Füßen schicken sollte. Bud Stroters sollte sie auswählen, und das Geld könnte er von meiner Provision nehmen. Bud weiß schon, was ich haben will. Sobald sie kommen, dann ab mit den Eisen, und dann kommen sie zwei Wochen auf die Weide. Danach gehen sie direkt nach Lawndale. Mit der Arbeit werden sie leicht fertig. Es geht auf einem weichen Sandweg den Hügel hinab zur Eisenbahn. Fünfzig Cent das Stück – das macht drei Dollar den Tag, die ich in den sechs Tagen der Woche an ihnen verdiene. Ich brauche weder für Futter noch Eisen oder sonst etwas zu sorgen und kann mich noch davon überzeugen, dass sie gut behandelt werden. Drei Dollar täglich – nun ja. Das deckt schon die Kosten für die beiden Leute zu anderthalb Dollar täglich für Saxons Gemüse, wenn sie sie nicht Sonntags arbeiten lässt. Hm, das Mondtal! Es dauert nicht lange, und wir können uns Diamanten kaufen. Nun ja. Man könnte tausend Jahre lang in einer Stadt herumlaufen, ohne eine solche Chance zu finden. Das ist besser als eine chinesische Lotterie.«
Er stand auf.
»Jetzt gehe ich, gebe Hazel und Hattie Wasser und Futter, ja, und dann sollen sie Ruhe haben. Sobald ich wiederkomme, möchte ich gern mein Abendbrot haben.«
Die zwei Frauen sahen sich mit leuchtenden Augen an und wollten gerade etwas sagen, als Billy noch einmal den Kopf zur Tür hereinsteckte.
»Etwas habt ihr vielleicht noch nicht richtig begriffen. Ich nehme jeden Tag die drei Dollar ein, aber dabei gehören die sechs Pferde doch mir. Sie gehören mir. Sie sind mein. Versteht ihr?«
*
»Ich bin noch nicht mit euch fertig, Kinder«, hatte Frau Mortimer beim Abschied gesagt, und mehrmals im Laufe des Winters kam sie zu einem kurzen Besuch, um ihnen gute Ratschläge zu erteilen und Saxon zu lehren, wie sie ihr Gemüse für den Markt, der im Augenblick stattfand, für den Frühlingsmarkt, der bedeutend größer werden würde, und für die Hochsaison berechnen sollte, wie sie alles, was zu beschaffen war, verkaufen konnte, und selbst dann die Nachfrage noch nicht befriedigte. Unterdessen mussten Hazel und Hattie, sobald sie einen Augenblick Zeit hatten, Dünger von Glen Ellen holen, wo die Ställe noch nie einer so durchgreifenden Reinigung unterzogen worden waren. Und ganze Wagenladungen von Kunstdünger, der auf Frau Mortimers Rat gekauft war, musste von der Bahn geholt werden.
Die beiden bedingt begnadigten Gefangenen waren Chinesen. Sie hatten viele Jahre gesessen und waren beide ältere Männer, aber die Arbeit, die sie im Laufe eines Tages schafften, fand Frau Mortimers Beifall. Gow Yum hatte vor zwanzig Jahren die Gemüsegärten auf einem der großen Güter in Menlo-Park beaufsichtigt. Sein Unglück war in Form einer Prügelei in einer Spielhölle des Chinesenviertels in Redwood City gekommen. Sein Kamerad, Chan Chi, war zu der Zeit, als die Kämpfe zwischen den verschiedenen Stämmen um San Franzisko heftig tobten, ein berüchtigter Raufbold gewesen, aber ein mit strenger Arbeit in den Gemüsegärten des Gefängnisses verbrachtes Vierteljahrhundert hatte sein Blut abgekühlt, sodass er die Axt jetzt gern mit der Hacke vertauschte. Als die beiden Gehilfen in Glen Ellen ankamen, hatte der Gemeindevorsteher für sie quittiert; außerdem musste er einen monatlichen Rapport den Gefängnisbehörden über sie erstatten, wie auch Saxon einen Monatsbericht einschickte.
Ihre anfängliche Furcht, dass sie ihr den Hals abschneiden würden, schwand bald. Die gepanzerte Faust des Staates war immer bereit, auf die zwei Männer niederzuschmettern. Tranken sie nur ein einziges Mal zu viel, so war die Faust gleich da, um sie in die Gefängniszelle zurück zu befördern. Sie durften auch nicht kommen und gehen, wie sie wollten. Als der alte Gow Yum dringend nach San Franzisko musste, um einige Papiere beim chinesischen Konsul zu unterschreiben, musste er sich zuerst die Erlaubnis dazu in San Quentin einholen. Dazu kam, dass keiner von ihnen von Natur aus boshaft war. Saxon hatte sich gefürchtet, das Zepter über zwei gefährlichen Strafgefangenen zu schwingen, als sie aber kamen, merkte sie bald, dass es eine Freude war, mit ihnen zu arbeiten. Sie konnte ihnen sagen, was sie zu tun hatten, aber sie wussten, wie es zu machen war. Sie lernte von ihnen tausend kleine Kniffe, wie sie nur der ausgelernte Gärtner kennt, und es dauerte nicht lange, so war ihr vollkommen klar, wie hilflos sie gewesen wäre, wenn sie nicht diese Hilfe gehabt hätte.
Und endlich fürchtete sie sich nicht, weil sie nicht mehr allein war. Sie hatte ihren Verstand gebraucht, und es war ihr schnell aufgegangen, dass sie nicht gleichzeitig alle Arbeit außer und in dem Hause hinreichend beaufsichtigen könnte. Deshalb schrieb sie der energischen Witwe, die ihre Nachbarin in Ukiah gewesen war, und die für die Leute wusch. Sie nahm sofort das Angebot Saxons an. Frau Paul war vierzig Jahre alt, klein und sehr dick, und Billy erklärte, dass sie die beiden Chinesen auf einmal mit ihren mächtigen Armen bezwingen könnte. Frau Paul stellte sich mit ihrem Sohn, einem sechzehnjährigen Bauernburschen, ein, der sich auf Pferde verstand und Hilda, die schöne Jersey-Kuh, die vor Edmunds kritischem Blick Gnade gefunden hatte, melken konnte. Obwohl Frau Paul alle Arbeit im Hause mit großer Tüchtigkeit verrichtete, gab es doch eines, das Saxon selber tun wollte – nämlich, ihre eigenen feinen Sachen waschen.
»Wenn ich das nicht mehr kann«, sagte sie zu Billy, »dann kannst du einen Spaten nehmen, zu den Riesentannen am Wildwasser gehen und mir ein Grab schaufeln; denn dann wird es Zeit sein, mich zu begraben.«
Es war in der ersten Zeit auf der Madronjoranch, und Frau Mortimer war gerade zu ihrem zweiten Besuch gekommen, als Billy eines Tages mit einer ganzen Wagenladung Wasserröhren kam und Haus, Hühnerhof und Scheune mit Wasser aus den Reservoirs, die er unterhalb der Quelle anlegte, versorgte.
»Huh! Ich weiß meinen Kopf doch zu gebrauchen«, sagte er. »Ich sah, wie eine Frau auf der anderen Seite des Tales Wasser von der Quelle ins Haus schleppte, und es waren gut zweihundert Fuß. Da begann ich zu rechnen. Ich sagte mir, dass sie an einem Waschtag mindestens dreimal täglich Wasser schleppen müsste, und ihr könnt nicht erraten, wie viele Meilen ich herausbekam, die sie jährlich Wasser schleppen müsste. Hundertundzweiundzwanzig Meilen! Versteht ihr? Hundertundzweiundzwanzig Meilen! Ich fragte sie, wie lange sie da war. Einunddreißig Jahre. Ihr könnt selber multiplizieren. Dreitausendsiebenhundertundzweiundachtzig Meilen – nur um zweihundert Fuß Röhren zu sparen. Ist das nicht zum Verrücktwerden?
Nun aber, ich bin noch nicht fertig. Sobald ich eine Gelegenheit dazu habe, will ich mir eine Badewanne und einen festen Waschzuber anschaffen. – Und weißt du, Saxon, erinnerst du dich an den kleinen gerodeten Fleck, dort, wo der Wildwasserbach in den Sonoma mündet? Da ist ein Morgen Erde, und die Erde gehört mir. Verstehst du? Und andere Leute haben nichts auf dem Gras zu suchen, denn das Gras gehört mir. Etwas weiter aufwärts will ich ein hydraulisches Hebewerk anlegen. Ich kann ein gutes gebrauchtes Hebewerk für zehn Dollar kriegen, und das pumpt mehr Wasser, als ich brauche. Und dann will ich dort Alfalfa bauen, dass dir das Wasser im Munde zusammenläuft. Ich muss noch ein Pferd haben, mit dem ich herumreisen kann. Du brauchst Hazel und Hattie zu viel, als dass ich sie noch benutzen könnte, und wenn du erst Gemüse lieferst, kriege ich sie überhaupt nicht mehr zu sehen. Ich denke, ein weiteres Pferd wird eine gute Hilfe sein, wenn ich das Alfalfa baue.«
Aber in den nächsten Wochen geschah so vieles andere und Aufregenderes, dass Billy für eine Weile sein Alfalfa ganz vergaß. Erstens kamen pekuniäre Schwierigkeiten. Die paar hundert Dollar, die er gehabt hatte, als er in das Sonomatal kam, und alle Provisionen, die er seitdem verdient hatte, waren auf Verbesserungen und den täglichen Unterhalt draufgegangen, die achtzehn Dollar wöchentlich, die er als Miete für seine sechs Pferde in Lawndale bekam, reichten gerade für den Lohn der Leute, und er konnte sich das Reitpferd nicht kaufen, so sehr er es bei seinem Pferdehandel brauchte. Aber die Schwierigkeit überwand er, indem er seinen Kopf gebrauchte und zwei Fliegen mit einer Klappe schlug. Er begann, Kutschpferde einzufahren und fuhr mit ihnen dorthin, wo er andere Pferde besichtigen wollte.
Soweit war alles schön und gut. Da aber kamen neue Männer in San Franzisko ans Ruder, und auf der ganzen Linie wurde größere Sparsamkeit eingeführt und alle Arbeit auf den Straßen eingestellt. Das bedeutete, dass der Steinbruch in Lawndale, der einen Teil der Pflastersteine lieferte, schließen musste. Er bekam nicht nur seine sechs Pferde zurück, sondern musste sie auch noch füttern. Wo er das Geld hernehmen sollte, um Frau Paul, Gow Yum und Chan Chin zu bezahlen, das ging über seinen Verstand.
»Wir haben wohl mehr verschluckt, als wir verdauen können«, räumte er Saxon gegenüber ein.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte sie, als sie zur Scheune kam, wo er ein müdes, aber immer noch widerspenstiges Pferd ausspannte. »Ich habe mit allen dreien geredet. Sie sind sich über die Situation ganz klar und sind vollkommen bereit, ihren Lohn eine Zeit lang stehenzulassen. Nächste Woche fangen Hazel und Hattie an, Gemüse zu fahren, und dann kommt das Geld von den Hotels hereingeströmt, und meine Bücher werden nicht mehr so leer aussehen. Und dann – ach Billy, du rätst es nie! Der alte Gow Yum hat ein Bankkonto. Er kam nachher zu mir – er hatte wohl darüber nachgedacht – und erbot sich, mir vierhundert Dollar zu leihen. Was sagst du dazu?«
»Dass ich nicht zu stolz bin, es von ihm zu leihen, wenn er auch ein Chinese ist. Er ist ein weißer Chinese, es kann schon sein, dass ich es jetzt brauche. Weil ich – nein, du kannst unmöglich raten, was ich gemacht habe, seit ich mich heute Morgen von dir verabschiedete. Ich habe so viel zu tun gehabt, dass ich nicht einen Bissen zu essen bekommen habe.«
»Hast du deinen Kopf gebraucht?« lachte sie.
»Du kannst es gern so nennen«, sagte er und lachte auch. »Ich habe Geld hinausgeschmissen.«
»Aber du hast doch keins«, wandte sie ein.
»Ich habe Kredit hier im Tal, will ich dir nur sagen«, antwortete er. »Und ich muss gestehen, dass ich den heute Nachmittag ziemlich hart auspresste. Kannst du jetzt raten?«
»Ein Reitpferd?«
Er brüllte vor Lachen, was das Pferd so erschreckte, dass es durchgehen wollte und ihn halb vom Boden hob, als er es bei Maul und Hals packte.
»Ach, ich meine: richtig raten«, sagte er eindringlich, als das erschrockene Tier wieder auf dem Boden stand und ihn zitternd und misstrauisch betrachtete.
»Zwei Reitpferde?«
»Ach, du hast auch gar keine Fantasie. Aber ich will es dir erzählen. Du kennst doch Tiercoft. – Ich habe seinen großen Wagen für sechzig Dollar gekauft. Dann kaufte ich dem Schmied in Kenwood einen Wagen ab, nicht gerade besonders, aber er ist noch zu gebrauchen, für fünfundzwanzig Dollar. Und Pings Wagen kaufte ich – das ist etwas, das will ich dir nur sagen – für fünfundsechzig Dollar. Ich hätte ihn für fünfzig bekommen können, wenn er nicht gesehen hätte, dass ich ihn so gern haben wollte.«
»Aber das Geld?« fragte Saxon mit schwacher Stimme. »Du hast doch keine hundert Dollar übrig.«
»Habe ich dir nicht gesagt, dass ich Kredit hätte? Nun ja, den habe ich jetzt jedenfalls. Die drei Wagen bekam ich auf Kredit, und ich habe den ganzen Tag keinen Pfennig bar ausgegeben, außer für ein paar lange Peitschen. Dann kaufte ich drei gebrauchte Arbeitsgeschirre – doppelte Geschirre – für zwanzig Dollar das Stück. Ich kaufte sie von dem Mann, der für den Steinbruch fuhr. Er braucht sie jetzt nicht mehr. Und ich mietete ihm vier Wagen und vier Gespanne für einen halben Dollar täglich für jedes Pferd und einen halben Dollar täglich für den Wagen ab – das macht sechs Dollar täglich, die ich ihm an Miete bezahlen muss. Dias Geschirr ist für meine eigenen sechs Pferde. – Lass mich sehen – ja – dann mietete ich zwei Scheunen in Glen Ellen und bestellte fünfzig Tonnen Heu und eine ganze Wagenladung Kleie und Gerste beim Kaufmann in Kenwood – denn ich muss doch die vierzehn Pferde füttern, weißt du, sie beschlagen und so weiter.
Ja, ich habe schon etwas verrichtet. Ich mietete sieben Mann, um für zwei Dollar täglich für mich zu fahren, und – oha, lieber Gott, was machst du denn?«
»Nein«, sagte sie mit tiefem Ernst, nachdem sie ihn in den Arm gekniffen hatte, »du träumst nicht.« Sie fühlte ihm den Puls und die Stirn. »Kein Zeichen von Fieber.« Sie roch seinen Atem. »Und getrunken hast du auch nichts. Also weiter, erzähl mir alles – was sonst!«
»Bist du noch nicht zufrieden?«
»Nein, ich will noch mehr hören. Ich will alles wissen.«
»Na ja, aber ich will dir nur erzählen, dass der Alte, für den ich in Oakland arbeitete, nicht so sehr viel klüger ist als ich. Ich bin ein glänzender Geschäftsmann, das kannst du sagen, wenn jemand mit einem Gemüsewagen kommt und dich fragt. Also du sollst hören – obwohl es mir unbegreiflich ist, dass die Leute in Glen Ellen mir nicht zuvorgekommen sind. Aber die schlafen wohl – denn in der Stadt wäre es ganz unmöglich, dass man so etwas übersehen könnte. Siehst du, es hängt so zusammen: du kennst doch die feine Ziegelei, die jetzt in Betrieb gesetzt werden soll, um die feuerfesten Klinkersteine zu machen? Und ich dachte über die sechs Pferde nach, die ich füttern muss, und die mich ins Armenhaus fressen würden, wenn sie hier herumliefen und nichts verdienten. Ich musste sehen, ihnen Arbeit zu verschaffen, und da fiel mir die Ziegelei ein. Ich fuhr hin und redete mit dem japanischen Chemiker, der das Laboratorium unter sich hat. Nun ja! Die Geschichte sollte gerade in Gang gesetzt werden. Ich sah, wie es lag und dachte über die Sache nach. Dann fuhr ich zur Lehmgrube, wo sie gerade zu arbeiten angefangen hatten – du weißt, das feine, weiße, kalkartige Zeugs, worin wir sie bohren sahen, gerade vor den hundertvierzig Morgen mit den drei Hügeln. Es geht eine Meile bergab, und die Pferde können es bequem leisten. Die schwerste Arbeit wird es tatsächlich sein, die leeren Wagen nach der Lehmgrube zu fahren. Dann band ich das Pferd an, und begann die Geschichte zu berechnen. Der japanische Professor erzählte mir, dass der Direktor mit allen anderen großen Herren mit dem Morgenzuge käme. Ich zerbrach mir nicht weiter den Kopf, sondern machte mich nur zu einer Art Deputation, die die Herren willkommen heißen sollte, und als der Zug einlief, stand ich da und begrüßte sie freundlich im Namen der ganzen Stadt, ja, und da war auch dieser Idiot, den du einmal in Oakland kennenlerntest, ein Boxer dritten Ranges namens – lass mich sehen, ja, jetzt hab’ ich es – der große Bill Roberts, so hieß er, aber jetzt heißt er wohl Herr William Roberts.
Nun ja, wie gesagt, ich begrüßte sie recht hübsch und begleitete sie nach der Ziegelei. Dann nahm ich die Gelegenheit wahr und machte ihnen meinen Vorschlag. Ich hatte die ganze Zeit eine mörderische Angst, dass sie schon mit einem Fuhrmann abgeschlossen hätten, aber als sie mich fragten, wie ich es berechnete, wusste ich schon, dass sie es nicht hatten. Ich hatte die Zahlen im Kopf und redete drauflos, und der Vornehmste von der ganzen Gesellschaft schrieb alles in sein Notizbuch.
›Aber wir fangen in großem Stil an, und das gleich‹, sagte er, und sah mich scharf an. ›Was für Pferde und Wagen haben Sie, Herr Roberts?‹
Ich – ja, ich hatte ja nur Hazel und Hattie, und die sind dabei noch zu klein für schwere Fuhren. – ›Ich kann vierzehn Pferde und sieben Wagen stellen, wenn es sein soll‹, sage ich. ›Und wenn Sie mehr haben wollen, kann ich auch die verschaffen – mehr kann ich Ihnen nicht sagen.‹
›Lassen Sie uns eine Viertelstunde Zeit, um über die Sache nachzudenken, Herr Roberts‹, sagte er.
›Natürlich‹, sage ich von oben herab, wie der Teufel. ›Aber ich möchte zunächst ein paar Dinge sagen. Ich will einen zweijährigen Kontrakt haben, und meine Zahlen stehen und fallen alle mit einer einzigen Sache.‹
›Und was ist das?‹ fragte er.
›Mit dem Abladeplatz‹, sage ich. ›Jetzt will ich ihn Ihnen zeigen, da wir gerade an Ort und Stelle sind.‹
Und das tat ich. Ich zeigte ihm, dass ich Schaden dabei hätte, wenn sie an ihrem Plan festhielten, weil eine Senkung und dann wieder eine schwere Fahrt nach dem Abladeplatz kam. ›Alles, was Sie zu tun haben‹, sage ich, ›ist, einen Weg um den Hügel herum anzulegen und eine Art Brücke von siebzig oder achtzig Fuß Länge zu bauen.‹
Ja, Saxon – da hatte ich sie in der Tasche. Es war furchtbar einfach. Die Geschichte war eben nur, dass sie an nichts anderes als an Mauersteine gedacht hatten, während ich an das Fahren dachte.
Nun ja, sie überlegten ungefähr eine halbe Stunde, und das Warten machte mich fast ebenso elend wie damals, als ich darauf wartete, dass du ja sagen solltest, als ich um dich angehalten hatte. Ich ging die Zahlen noch einmal durch und berechnete, wie viel ich nachlassen könnte, wenn ich dazu gezwungen würde. Denn, siehst du, ich hatte den Mund ein bisschen voll genommen – mit richtigen Stadtpreisen und so weiter, und ich war bereit, ein bisschen nachzulassen. Aber dann kamen sie wieder.
›Die Preise sollten hier auf dem Lande niedriger sein‹, sagte der Vornehmste von der Gesellschaft.
›Nein‹, sage ich, ›hier ist ja ein Weintal. Hier gibt es nicht Heu genug für all die Pferde, das muss erst aus dem San Joaquintal geschickt werden. Ich kann wahrhaftig Heu und Häcksel billiger in San Franzisko kaufen, ja, und dazu frei ins Haus geliefert, als hier, wo ich es mir selber holen muss.‹
Und das überzeugte sie. Es stimmte, und sie wussten das. Aber – hör jetzt! Wenn sie nach dem Kutscher und den Preisen für das Beschlagen der Pferde gefragt hätten, so hätte ich heruntergehen müssen, denn siehst du, auf dem Lande gibt es keine Gewerkschaften für Kutscher und keine Gewerkschaften für Hufschmiede, und die Miete ist niedrig, und die beiden Posten werden ein ganz Teil billiger. Hm! Heute Nachmittag habe ich eine mündliche Vereinbarung mit dem Schmied gegenüber der Post getroffen, er übernimmt die ganze Geschichte und lässt fünfundzwanzig Cent auf jeden Beschlag nach, aber darüber darf selbstverständlich nicht geredet werden. Aber danach zu fragen, daran dachten sie natürlich nicht – dazu waren sie zu sehr von ihren Ziegelsteinen in Anspruch genommen.«
Billy griff in die Brusttasche, zog ein juristisch aussehendes Dokument hervor und reichte es Saxon.
»Hier ist er«, sagte er. »Ja, ich meine, der Kontrakt, mit Vereinbarungen, Preisen, Strafen und allem. Ich traf Herrn Hale in der Stadt und zeigte ihn ihm. Er sagt, er sei großartig. Und da schloss ich ab. Ich war in der ganzen Stadt herum, in Kenwood, Lawndale, überall. Das Fahren für den Steinbruch endet Freitag dieser Woche. Und ich übernehme die ganze Geschichte und fange nächsten Mittwoch an, schaffe Holz für die Bauten und Ziegelsteine für die Öfen und alles andere hin. Und wenn sie dann so weit sind, dass sie mit dem Lehm anfangen können, dann bin ich es, der ihn ihnen hinschafft.
Aber das Beste habe ich dir noch nicht erzählt. Ich konnte nicht gleich Verbindung von Kenwood nach Lawndale bekommen, und während ich wartete, ging ich alle meine Zahlen noch einmal durch. Du rätst es nicht – nein, und wenn du tausend Jahre dazu brauchtest. Beim Zusammenzählen hatte ich irgendwo einen Fehler gemacht, ich hatte zehn Prozent mehr gesetzt, als ich selbst glaubte. Wenn das kein gefundenes Geld ist, dann weiß ich es nicht. Wenn du die beiden Extraleute brauchst, dann sag es mir nur. Aber natürlich werden wir die ersten Monate knapp sein, also leih nur ruhig die vierhundert von Gow Yum. Und sag ihm, dass du ihm acht Prozent Zinsen zahlst, und dass wir es nicht länger als drei bis vier Monate brauchen.«
Als Billy sich aus Saxons Armen gelöst hatte, begann er das Pferd auf und ab zu führen, damit es sich abkühlen konnte. Er blieb so plötzlich stehen, dass sein Rücken mit dem Maul des Pferdes zusammenstieß, und in der nächsten Minute hielt das Pferd sie beide in Atem, da es stieg und sich auf die Hinterbeine stellte. Saxon wartete, denn sie wusste, dass Billy eine neue Idee hatte.
»Verstehst du etwas von Bankkontos«, sagte er, »und von Schecks?«
*
An einem schönen Junimorgen sagte Billy zu Saxon, dass sie ihr Reitkleid anziehen und ein Reitpferd probieren sollte.
»Erst nach zehn Uhr«, sagte sie. »Dann habe ich den Wagen auf die zweite Tour geschickt.«
Trotz dem ziemlich ausgedehnten Geschäft, das Saxon betrieb, hatte sie doch Zeit zu ihrer Verfügung, da sie ihre Sachen immer praktisch und nach einem gewissen System zu regeln wusste. Sie konnte Herrn und Frau Hale besuchen, was ihr immer ein großes Vergnügen bereitete, namentlich jetzt, da Jack und Klara Hastings wiedergekommen waren, und Klara ihre Tante oft besuchte. In dieser Atmosphäre, die Saxon so gut gefiel, schien sie sich erst richtig zu entfalten. Sie hatte angefangen zu lesen – mit Verstand zu lesen, und sie hatte Zeit, zu lesen, sich ihre hübschen Sachen zu nähen und mit Billy zusammen zu sein, den sie auf vielen seiner Ausflüge begleitete.
Billy hatte noch mehr zu tun als sie, da seine Arbeit zerstreuter und verschiedenartiger war. Und er beaufsichtigte auch die Scheune auf dem Hofe und die Pferde, die Saxon benutzte. Er war tatsächlich ein ganzer Geschäftsmann geworden, wenn auch Frau Mortimer, die seine Rechnungen durchgesehen und namentlich der Ausgabenseite ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatte, mehrere kleine Lücken entdeckt und ihn endlich mit Hilfe Saxons gezwungen hatte, Buchführung zu lernen. Jeden Abend, wenn sie gegessen hatten, rechnete er mit Saxon ab. Später, wenn er sich in den großen Sessel gesetzt hatte, dessen Anschaffung er kurz nach Abschluss des Kontraktes mit der Ziegelei durchgedrückt hatte, kam Saxon, setzte sich auf seinen Schoß und begann, auf der Ukulélé zu klimpern, oder sie unterhielten sich lange über ihre Arbeit und ihre Pläne. Zum Beispiel, wenn Billy sagte:
»Ich werde Politiker, Saxon. Das lohnt sich. Verlass dich drauf, es lohnt sich. Wenn ich nächstes Jahr nicht fünf oder sechs Gespanne herumlaufen habe und der Gemeinde Geld aus der Tasche ziehe, dann will ich nach Oakland zurücktrotten und den Alten bitten, mich wieder in Gnaden aufzunehmen.«
Oder Saxon konnte sagen: »Das große neue Hotel zwischen Caliente und Eldridge wird wirklich großartig. Und man spricht auch von einem großen Sanatorium tiefer in den Bergen.«
Oder sie konnte mit folgendem kommen: »Billy, du hast jetzt doch die Wasserleitung nach der Weide am Wildwasser gelegt, da musst du sie mir zu meinem Gemüse legen. Ich will sie dir gerne abmieten. Du kannst mir ja sagen, wie viel Alfalfa du darauf bauen kannst, und dann bezahle ich dir den vollen Marktpreis abzüglich der Selbstkosten.«
»Gewiss – nimm sie nur!« Billy erstickte einen Seufzer. »Und übrigens habe ich jetzt auch zu viel zu tun, um mich damit abzugeben.«
Eine Umgehung der Wahrheit, die ziemlich frech war, da er gerade das Hebewerk installiert und überall Wasserleitungen gelegt hatte.
»Es wäre am klügsten so, Billy«, sagte sie beruhigend, denn sie wusste, dass sein Traum, ein großer Gutsbesitzer zu werden, lebendiger als je war. »Du willst dich doch auch nicht mit dem einen Morgen abgeben. Da sind doch die hundertundvierzig Morgen. Die kaufen wir, wenn der alte Chavon einmal stirbt. Außerdem gehören Sie tatsächlich mit zur Madronjoranch. Es war ursprünglich zusammen ein Gut.«
»Ich wünsche keinem Menschen den Tod«, brummte Billy. »Aber er hat ja kein Vergnügen davon, wenn er nur eine Herde elender Tiere darauf weiden lässt. Ich habe mir die Geschichte angesehen. Es sind mindestens vierzig Morgen auf den drei gerodeten Feldern und massenhaft Wasser in den Bergen dahinter. Du würdest mit offenem Munde dastehen, wenn du all das Pferdefutter sähest, das ich daraus bekommen könnte. Dann sind mindestens fünfzig Morgen da, wo ich meine Stuten grasen lassen könnte, Weide vermischt mit Wald und steilen Hängen und dergleichen. Die anderen fünfzig sind nur dichter Wald mit schönen Partien und Wild. Und die alte Ziegelsteinscheuer – die ist ausgezeichnet. Bekäme sie nur ein neues Dach, dann gäbe sie vielen Tieren bei schlechtem Wetter Unterschlupf. Sieh, ich muss jetzt die elende Weide hinter Pings Hof pachten, nur um Platz für die Tiere zu haben, wenn sie sich ausruhen sollen. Sie könnten auf den hundertundvierzig Morgen herumlaufen, wenn ich sie nur hätte. Ich möchte wissen, ob Chavon sie verpachten würde.«
Zuweilen hielt Billys Ehrgeiz sich an Näherliegendes, so, wenn er sagte: »Ich muss morgen nach Petaluma hinüber, Saxon. Auf der Atkinsonranch findet eine Auktion statt, und ich kann vielleicht ein paar gute Geschäfte machen.«
»Mehr Pferde?«
»Hab ich nicht zwei Gespanne, die Brennholz für das neue Winterhotel holen? Und Barney hat sich die Schulter tüchtig verstaucht. Er muss sich längere Zeit Ruhe gönnen, wenn er je wieder der alte werden soll. Und Bridget wird nie wieder arbeiten können – das kann ich doch sehen. Ich habe an ihr herumgedoktert und herumgedoktert, und der Tierarzt weiß weder ein noch aus. Und einige von den anderen Pferden brauchen auch Ruhe. Das graue Gespann verliert sehr. Und der große Rote wird ganz verrückt. Sie glaubten alle, es käme von den Zähnen, aber das war es nicht. Er war nur durchgedreht. Wenn man gut auf seine Tiere achtet, ist es so gut wie barer Verdienst, und Pferde sind die feinsten vierbeinigen Geschöpfe, die man hat. Wenn ich einmal eine Gelegenheit finde, verschaffe ich mir eine Wagenladung Maulesel aus Colusa County – das sind große, schwere Tiere, wie du weißt. Sie werden wie warme Semmeln hier im Tal gehen – wenn ich sie nicht selber behalte.«
Oder Billy konnte zu Scherzen aufgelegt sein und sagen: »Weißt du, Saxon, da wir gerade von den Abrechnungen reden, was sind, meinst du, Hazel und Hattie wert – so nach dem üblichen Marktpreis?«
»Warum?«
»Nein, ich frage.«
»Nun, sagen wir, so viel wie du für sie gegeben hast, dreihundert Dollar.«
»Hm!« Billy versank in Gedanken. »Sie sind ein ganz Teil mehr wert, aber davon wollen wir jetzt nicht reden. Und um auf die Abrechnung zurückzukommen, wie wäre es, wenn du mir jetzt einen Scheck auf dreihundert Dollar ausschriebest?«
»Ach, du Räuber!«
»Immer sachte! Wenn du Heu und Korn von meinen Wagenladungen bekommst, gibst du mir dann vielleicht keinen Scheck dafür? Und du weißt selbst, wie du darauf siehst, dass deine Abrechnungen auf den Pfennig stimmen«, neckte er sie. »Wenn du eine richtige Geschäftsfrau sein willst, musst du selbstverständlich die beiden Pferde in deinem Budget verrechnen. Ich habe, ich weiß nicht wie lange schon, nicht den geringsten Nutzen von ihnen.«
»Aber die Pferde gehören doch dir«, wandte sie ein. »Außerdem kann ich es mir nicht leisten, Stuten in meinem Geschäft zu halten. Ich weiß sehr wohl, dass Hazel und Hattie bald den Gemüsewagen nicht mehr ziehen können – sie sind jedenfalls zu gut für die Arbeit. Und du musst dich nach einem Paar umsehen, das an ihre Stelle treten kann. Für das Paar werde ich dir schon einen Scheck geben, aber keine Provision.«