BGB-Erbrecht

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Teil II Die gesetzliche Erbfolge

Inhaltsverzeichnis

§ 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten

§ 3 Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten

§ 4 Das gesetzliche Erbrecht des Lebenspartners

§ 5 Das gesetzliche Erbrecht von nichtehelichen Kindern

§ 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten

§ 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten

Inhaltsverzeichnis

I. Der Begriff der Verwandtschaft

II. Die Erbfolge nach Ordnungen (Parentelsystem)

III. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung

IV. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung

V. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung

VI. Gesetzliche Erben der vierten und fernerer Ordnungen

Literatur:

Belling, Einführung in das Recht der gesetzlichen Erbfolge, JURA 1986, 579; Klein/Niehues/Siegel, Gesetzliche Erbfolge, DVP 2007, 61; Olzen, Die gesetzliche Erbfolge, JURA 1998, 135; Röthel, Die gesetzliche Erbfolge (Teil 1): Das Erbrecht der Verwandten, JURA 2018, 677.

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Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten ist in den §§ 1924-1930 geregelt. Schwägerschaft (§ 1590) begründet keine Stellung als gesetzlicher Erbe. Das deutsche gesetzliche Erbrecht ist rechtshistorisch gesehen in erster Linie ein Verwandtenerbrecht. Die „Sippe“ ist der Bezugspunkt für die Weitergabe des Vermögens. Das Erbrecht des „nur“ angeheirateten Ehegatten ist quasi ein „Fremdkörper“ im deutschen Erbrecht.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › I. Der Begriff der Verwandtschaft

I. Der Begriff der Verwandtschaft

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Der Begriff der Verwandtschaft ist in § 1589 legaldefiniert: Miteinander verwandt sind Personen, die voneinander abstammen (sog. Verwandtschaft in gerader Linie, S. 1) oder die von derselben dritten Person (sog. Verwandtschaft in der Seitenlinie, S. 2) abstammen. In gerader Linie sind z.B. Mutter/Kind oder Großvater/Enkel verwandt. In der Seitenlinie sind z.B. Geschwister (Abstammung von derselben Mutter und/oder demselben Vater), Cousin/Cousine (dieselbe Großmutter und/oder derselbe Großvater) oder Onkel/Neffe bzw. Tante/Nichte (dieselbe Großmutter und/oder derselbe Großvater). Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich dabei nach der Zahl der sie vermittelnden[1] Geburten (§ 1589 S. 3); ob die Geburt ehelich oder nicht ehelich war, ist insofern irrelevant[2].

Beispiel:

Marta Müller hat einen Bruder Otto und eine Tochter Nina. Nina ist also die Nichte von Onkel Otto. Beide sind in der Seitenlinie miteinander verwandt, da sie beide von einer dritten Person, der Mutter von Otto und Marta, Ninas Großmutter, abstammen. Die Verwandtschaft ist dabei dritten Grades, weil sie von drei Geburten vermittelt wird (Geburten von 1. Nina durch Marta, 2. Marta durch Ninas Großmutter und 3. Otto durch Ninas Großmutter).

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Grundsätzlich bestimmt sich die Verwandtschaft also nach der genetischen Abstammung (sog. Blutsverwandtschaft).[3] Die Regelungen des Familienrechts strahlen aber in das Erbrecht aus, sodass familienrechtliche Fiktionen zu einer Erbenstellung führen können, wo in Wirklichkeit keine genetische Abstammung vorhanden ist.

Gem. § 1592 Nr. 1 ist ein Mann Vater eines Kindes (und das Kind damit gem. § 1924 Abs. 1 sein gesetzlicher Erbe, → Rn. 70), wenn er zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet war. Nur und erst dann, wenn aufgrund einer Vaterschaftsanfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater ist (§ 1600d), gilt § 1592 Nr. 1 nicht mehr (§ 1599 Abs. 1) mit der Folge, dass das Kind nicht mehr zum Kreis der gesetzlichen Erben des Vaters gehört (sofern es nicht aus einem anderen Berufungsgrund erbberechtigt ist).

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Erbrechtliche Konsequenzen hat auch die Annahme als Kind (früher Adoption genannt). Dadurch erlangt das angenommene Kind (Adoptivkind) die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden (§ 1754 Abs. 2). Wenn ein Ehepaar gemeinsam ein Kind annimmt oder ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten annimmt, erlangt das Kind die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten (§ 1754 Abs. 1).

Gem. § 1755 begründet die Annahme eines Minderjährigen volle verwandtschaftliche Beziehungen auch mit den Verwandten des Annehmenden, während zugleich das Verwandtschaftsverhältnis mit der bisherigen Familie erlischt. Es gilt der Grundsatz der Volladoption (§ 1756 enthält allerdings Ausnahmen für die Verwandten- und Stiefkindadoption): Erbrechtlich bedeutet dies, dass das angenommene Kind nun zu den gesetzlichen Erben des Annehmenden und seiner Verwandten gehört, welche umgekehrt nun gesetzliche Erben des angenommenen Kindes sind. Im Verhältnis zu der bisherigen Familie erlischt mit der Verwandtschaftsbeziehung auch die wechselseitige Stellung als gesetzliche Erben.

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Bei der Adoption eines Volljährigen wird hingegen lediglich eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Adoptivelternteil und dem Adoptivkind begründet (§§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1754 Abs. 2). Im Übrigen bleibt die verwandtschaftliche Stellung des Adoptivkindes unverändert: Das Verwandtschaftsverhältnis mit den bisherigen Verwandten besteht fort (§ 1770 Abs. 2) und es wird kein Verwandtschaftsverhältnis mit den Verwandten des Adoptivelternteils begründet (§ 1770 Abs. 1 S. 1; Ausnahmen: § 1772). Auch hier folgt das Erbrecht dem Familienrecht, sodass nur Adoptivkind und Adoptivelternteil durch die Adoption wechselseitig gesetzliche Erben werden, während alle anderen gesetzlichen erbrechtlichen Verhältnisse im Übrigen nicht berührt werden.[4]

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › II. Die Erbfolge nach Ordnungen (Parentelsystem)

II. Die Erbfolge nach Ordnungen (Parentelsystem)

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Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten bestimmt sich nach dem Parentelsystem: Die Verwandten werden nach ihrer Abstammung von bestimmten Vorfahren (parentes) in Ordnungen eingeteilt. Solange beim Tode des Erblassers noch ein Verwandter einer vorrangigen Ordnung lebt, sind die Verwandten nachrangiger Ordnungen von der Erbschaft ausgeschlossen (§ 1930).


Ordnung Relevante Norm Erfasste Verwandte Beispiele
1. Ordnung § 1924 Abs. 1 Abkömmlinge des Erblassers Sohn, Tochter, Enkel, Urenkel
2. Ordnung § 1925 Abs. 1 Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge Vater, Mutter, Geschwister, Nichte, Neffe
3. Ordnung § 1926 Abs. 1 Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge Großvater, Großmutter, Onkel, Tante, Base
4. Ordnung § 1928 Abs. 1 Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge Urgroßvater, Urgroßmutter, Großtante, Großonkel
5. Ordnung § 1929 Abs. 1 entferntere Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge Ururgroßvater, Ururgroßmutter, etc.


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Innerhalb der ersten drei Ordnungen hat sich der Gesetzgeber für ein reines Parentelsystem (Stammes- und Liniensystem) entschieden, d.h. die Erben werden durch das System der Erbfolge nach Stämmen und Linien ausgewählt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass das Vermögen des Erblassers möglichst an die jüngere Generation weitergeleitet wird.[5]

So schließt ein Enkel des Erblassers (Erbe 1. Ordnung) die Eltern des Erblassers (Erben 2. Ordnung) von der Erbschaft aus (§ 1930), obwohl der Verwandtschaftsgrad des Enkels (2. Grad) entfernter ist als der der Eltern (1. Grad).

Ab der vierten Ordnung wird der Erbe hingegen nach dem sog. Gradualsystem bestimmt, d.h. es erbt der nächste Verwandte. Dadurch soll eine zu starke Zersplitterung des Nachlasses verhindert werden.[6]

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › III. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung

III. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung

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Ist ein einziger Erbe der ersten Ordnung vorhanden, so schließt dieser alle Verwandten entfernterer Ordnungen von der Erbschaft aus. Untereinander werden die Erben und die Quote ihres Erbteils nach Stämmen ermittelt (Erbfolge nach Stämmen, § 1924 Abs. 3). Einen Stamm bilden jeweils diejenigen Abkömmlinge des Erblassers, die durch ein und denselben Abkömmling (Stammelternteil) mit dem Erblasser verwandt sind. Mit anderen Worten: Jedes Kind des Erblassers bildet mit seinen Abkömmlingen einen eigenen Stamm. Alle beim Tode des Erblassers noch existierenden Stämme erben zu gleichen Teilen, da alle Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen als Erben berufen sind (§ 1924 Abs. 4). Ein Stamm hört erst dann auf zu existieren, wenn kein einziger Abkömmling des Stammes mehr lebt.

In bestimmten Konstellationen, etwa im Falle einer (erlaubten) Ehe unter Verwandten oder der Adoption eines Verwandten, ist es denkbar, dass ein Erbe gleichzeitig mehreren Stämmen angehört. Er erhält dann gem. § 1927 in jedem der Stämme den ihm zufallenden Erbteil jeweils als besonderen Erbteil, d.h. dass die Erbteile nicht einen einheitlichen Erbteil bilden, sondern rechtlich eigenständig sind.

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Innerhalb eines Stammes gelten dabei das Repräsentationsprinzip (§ 1924 Abs. 2) und das Eintrittsprinzip (§ 1924 Abs. 3). Nach dem Repräsentationsprinzip schließt ein noch lebender Abkömmling des Erblassers seine eigenen Abkömmlinge von der Erbfolge aus (§ 1924 Abs. 2) – er repräsentiert insoweit seinen Stamm. Ist aber ein Abkömmling des Erblassers vor diesem verstorben, so treten die Kinder des vorverstorbenen Abkömmlings an seine Stelle (Eintrittsrecht, § 1924 Abs. 3). Ebenso verhält es sich, wenn der Abkömmling zwar nicht vorverstorben, aber erbrechtlich nicht mehr vorhanden ist, etwa bei Ausschlagung (§ 1953), Erbunwürdigkeit (§ 2344), Enterbung (§ 1938) oder bei Erbverzicht (§§ 2346, 2349).[7] Im Verhältnis der Kinder zu ihren Abkömmlingen gilt dabei wiederum das Repräsentationsprinzip. Hieraus folgt, dass die Erbschaft nach der Zahl der Stämme – und eben nicht nach der Zahl der Köpfe – verteilt wird. Innerhalb eines Stammes wird dann wieder nach der Zahl der Unterstämme verteilt.

Hinweis:

In einer Klausur sollten Sie immer zunächst eine Skizze erstellen, um einen Überblick über die Verwandtschaftsbeziehungen zu erhalten!

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Beispiel 1: Gesetzliche Erben der ersten Ordnung I


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Hinterlässt der Erblasser (EL) einen Sohn (S2) sowie vier Enkel (E1, E2, E3, E4) und zwei Urenkel (UE1, UE2), dann erben diese Abkömmlinge des Erblassers keinesfalls zu gleichen Teilen. Vielmehr bildet jedes Kind des Erblassers (S1, S2, T) zusammen mit seinen jeweiligen Abkömmlingen einen Stamm (Erbfolge nach Stämmen). Einen Stamm bildet also der vorverstorbene S1 mit E1, E2 und UE1, einen weiteren Stamm bildet S2 mit E3, einen dritten Stamm bildet die vorverstorbene T mit E4 und UE2. Jeder Stamm erbt gem. § 1924 Abs. 4 zu gleichen Teilen. Wären S1 und T nicht vor dem Erblasser verstorben, wären S1, S2 und T jeweils Erben zu 1/3. Da S1 und T aber vor dem Erblasser verstorben sind, sinkt ihr Erbteil quasi in ihrem Stamm nach unten. Ihre jeweiligen Abkömmlinge treten an ihre Stelle (Eintrittsrecht, § 1924 Abs. 3). An die Stelle von T tritt E4, der den Erbteil von T erhält (1/3); an die Stelle von S1 treten E1 und E2. Der Erbteil von S1 (1/3) wird zwischen E1 und E2 geteilt, sodass beide einen Erbteil von 1/6 erhalten. E3, UE1 und UE2 gehen leer aus. E3 wird durch S2 von der Erbfolge ausgeschlossen, UE1 durch E2, UE2 durch E4, da S2, E2 und E4 insoweit ihren Stamm repräsentieren (Repräsentationsprinzip, § 1924 Abs. 2). Im Ergebnis erben also S2 und E4 zu jeweils 1/3 und E1 und E2 zu jeweils 1/6.

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Beispiel 2: Gesetzliche Erben der ersten Ordnung II


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EL hinterlässt drei Stämme, auf die jeweils der gleiche Erbteil entfällt (§ 1924 Abs. 4). Die Stämme K1 und K2 werden von den noch lebenden Kindern K1 und K2 repräsentiert, d.h. E1, E2, E3 und UE1 gehen leer aus (§ 1924 Abs. 2). An die Stelle des verstorbenen Kindes K3 treten dessen Abkömmlinge E4, E5 und E6 zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 3 und 4), wobei E5 seinen Abkömmling UE2 von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt (§ 1924 Abs. 2). Ergebnis: K1, K2 = je 1/3; E4, E5, E6 = je 1/9.

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Beispiel 3: Gesetzliche Erben der ersten Ordnung III


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EL hinterlässt noch zwei bestehende Stämme (K2, K3); der Stamm K1 ist vorher „abgestorben“. Die Erbschaft geht also je zu 1/2 auf die Stämme K2 und K3 über (§ 1924 Abs. 4; kein Eintrittsrecht mehr für Stamm K1). An die Stelle von K2 tritt allein dessen noch lebender Abkömmling E2 (§ 1924 Abs. 3). UE1, UE2 und UE3 sind nach dem Repräsentationsprinzip von der Erbfolge ausgeschlossen (§ 1924 Abs. 2). Der auf den Stamm K3 entfallende Erbteil (1/2) geht zu gleichen Teilen auf die Unterstämme E3, E4 und E5 über (§ 1924 Abs. 4). An die Stelle des vorverstorbenen E4 treten dessen Abkömmlinge UE4 und UE5 wiederum zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 3 und 4), an die Stelle von E5 tritt UE6 (§ 1924 Abs. 3). Ergebnis: E2 = 1/2; E3 = 1/6; UE4, UE5 = je 1/12; UE6 = 1/6.

 

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › IV. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung

IV. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung

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Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind gem. § 1925 Abs. 1 die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben beide Eltern beim Tode des Erblassers, dann erben sie allein und zu gleichen Teilen (§ 1925 Abs. 2). Ist hingegen ein Elternteil im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits verstorben, geht dessen Hälfte gem. § 1925 Abs. 3 S. 1 auf seine Abkömmlinge über (Eintrittsrecht). Gleiches gilt, wenn der Vater oder die Mutter enterbt oder aus anderen Gründen (Ausschlagung, Erbverzicht, Erbunwürdigkeit) nicht Erbe geworden ist. Dies wird als Erbrecht nach Linien bezeichnet, da zwischen den jeweils zur väterlichen bzw. mütterlichen Linie gehörenden Verwandten der zweiten Ordnung unterschieden wird.

Relevant wird diese Trennung bei Halbgeschwistern, da sie nur dann erben, wenn ihr Elternteil verstorben ist, während es bei Geschwistern nicht darauf ankommt, welcher Elternteil verstorben ist, da die Geschwister Abkömmlinge beider Elternteile sind.[8]

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Hinsichtlich der Abkömmlinge eines vorverstorbenen Elternteils gelten dabei die Regeln für die Erben erster Ordnung entsprechend (§ 1925 Abs. 3 S. 1). Der auf den vorverstorbenen Elternteil entfallende Erbteil wird also unter dessen Abkömmlingen so aufgeteilt, als wäre der vorverstorbene Elternteil der Erblasser. Hat der weggefallene Elternteil keine Abkömmlinge, erbt der andere allein (§ 1925 Abs. 3 S. 2).

Der überlebende Teil eines kinderlosen Ehepaares ist häufig überrascht, wenn er erfährt, dass die Geschwister miterben, wenn die Eltern vorverstorben sind. Dass sich der überlebende Ehegatte mit den Geschwistern des Verstorbenen auseinandersetzt, ist häufig unerwünscht und lässt sich nur durch Verfügung von Todes wegen vermeiden.

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Beispiel 4: Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung I


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EL hat keine Abkömmlinge hinterlassen, sodass die Verwandten der zweiten Ordnung erbberechtigt sind (§§ 1925 Abs. 1, 1930). Die auf den vorverstorbenen Vater V entfallende Hälfte wird unter seinen Abkömmlingen S, B und X (= Sohn von V aus erster Ehe mit Ex1) zu je 1/6 (§ 1924 Abs. 4) aufgeteilt. Y (= Tochter von M aus erster Ehe mit Ex2) erhält nichts, da sie nur Abkömmling der Mutter M ist, die ihr vorgeht, weil sie beim Erbfall noch lebt (§ 1925 Abs. 2). S schließt ihre Abkömmlinge N1 und N2, B seinen Abkömmling N3 von der Erbfolge aus (Repräsentationsprinzip). Ergebnis: X, S, B = je 1/6; M = 1/2.

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Beispiel 5: Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung II


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Da EL keine Abkömmlinge hinterlassen hat, kommen die Verwandten der zweiten Ordnung zum Zuge (§§ 1925 Abs. 1, 1930). Die Erbschaft entfällt zu gleichen Teilen auf die väterliche und die mütterliche Linie (§ 1925 Abs. 2). Da M vorverstorben ist, treten an ihre Stelle an sich ihre Abkömmlinge, also B, aber auch Y (= Kind der M aus erster Ehe mit Ex1), und zwar zu gleichen Teilen (§§ 1925 Abs. 3 S. 1, 1924 Abs. 4). Da B aber ebenfalls vorverstorben ist, treten an seine Stelle seine Abkömmlinge N1, N2, N3, und zwar wiederum zu gleichen Teilen (§§ 1925 Abs. 3 S. 1, 1924 Abs. 3 und 4). Ergebnis: V = 1/2; Y = 1/4; N1, N2, N3 = je 1/12.

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Beispiel 6: Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung III


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Die Erbschaft geht zu gleichen Teilen in die väterliche und die mütterliche Linie (§ 1925 Abs. 2). Da M vorverstorben ist, treten an ihre Stelle ihre Abkömmlinge, also an sich B und S (§ 1925 Abs. 3 S. 1); während S noch lebt und daher ihren Stamm repräsentiert (N1 erhält also nichts, §§ 1925 Abs. 3 S. 1, 1924 Abs. 2), treten N2 und N3 zu gleichen Teilen an die Stelle des vorverstorbenen B (§§ 1925 Abs. 3 S. 1, 1924 Abs. 3 und 4). Ergebnis: V = 1/2; S = 1/4; N2, N3 = je 1/8.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › V. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung

V. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung

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Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind gem. § 1926 Abs. 1 die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben beim Tode des Erblassers noch sämtliche Großeltern, erben diese allein und zu gleichen Teilen, also zu je 1/4 (§ 1926 Abs. 2). Auch hier gelten Repräsentationsprinzip und Eintrittsrecht. Ist also ein Großelternteil vorverstorben, fällt der Erbteil gem. § 1926 Abs. 3 S. 1 an seine Abkömmlinge (ein etwaiger Ehegatte des Erblassers wäre vorab gem. § 1931 Abs. 1 S. 2 zu berücksichtigen, → Rn. 88 ff.) Sind keine Abkömmlinge vorhanden, fällt dieser Anteil dem anderen Teil desselben Großelternpaares zu. Lebt auch dieser nicht mehr, erben dessen Abkömmlinge (Halbgeschwister!) beide Anteile (§ 1926 Abs. 3 S. 2). Wie bei den Erben der zweiten Ordnung wird nämlich auch in der dritten Ordnung nach Linien differenziert. Erst wenn eine Linie ganz ausgestorben ist, wechselt der Erbteil auf die andere Linie über. Zunächst erben dann die Großeltern der anderen Linie allein zu gleichen Teilen, wobei ein vorverstorbener Großelternteil wiederum durch seine Abkömmlinge ersetzt wird (§ 1926 Abs. 4). Dabei folgt die Erbfolge stets denselben Regeln: Im Übrigen gelten auch hier die Vorschriften für die Erbfolge in der ersten Ordnung (§ 1926 Abs. 5).

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Beispiel 7: Gesetzliche Erben der dritten Ordnung I


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Es sind keine Erben der ersten und zweiten Ordnung vorhanden. Damit erben die Großeltern als Erben der dritten Ordnung grundsätzlich allein und zu gleichen Teilen (§§ 1926 Abs. 1 und 2, 1930). Die Quote der vorverstorbenen Großmutter mütterlicherseits G1 in Höhe von 1/4 gelangt je zur Hälfte an die beiden Onkel des Erblassers O1 und O2 (Eintrittsrecht). Diese erben also je zu 1/8. Das auf den Großvater väterlicherseits G3 entfallende Viertel geht an die Tante Tt des Erblassers, die ihren Abkömmling X nach dem Repräsentationsprinzip von der Erbfolge ausschließt. Ergebnis: G2, G4 = je 1/4; Tt = 1/4; O1, O2 = je 1/8.

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Beispiel 8: Gesetzliche Erben der dritten Ordnung II


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Da EL weder Erben der ersten noch der zweiten Ordnung hinterlassen hat, kommen die Verwandten der dritten Ordnung zum Zuge (§§ 1926 Abs. 1, 1930). Die Erbschaft geht zu gleichen Teilen in die väterliche und die mütterliche Linie und verteilt sich dabei grundsätzlich gleichmäßig auf die vier Großelternteile. Da die Großmutter väterlicherseits G2 aber vorverstorben ist und keine Abkömmlinge hinterlässt (Tt ist ebenfalls vorverstorben), geht ihr Anteil auf G1 über (§ 1926 Abs. 3 S. 2). Der Anteil des vorverstorbenen Großvaters mütterlicherseits G4 geht dagegen nicht auf G3 über, sondern – im Wege des Eintrittsrechts – zu gleichen Teilen auf X und Y (§§ 1926 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5, 1924 Abs. 3 und Abs. 4). Ergebnis: G1 = 1/2; G3 = 1/4; X, Y = je 1/8.

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Beispiel 9: Gesetzliche Erben der dritten Ordnung III


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Die Erbschaft geht zu gleichen Teilen in die väterliche und die mütterliche Linie. Der Anteil der vorverstorbenen Großmutter G1 (1/4) geht zu gleichen Teilen (je 1/8) an ihre Kinder Tt1 und O1 (§§ 1926 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5, 1924 Abs. 4). An die Stelle des vorverstorbenen Großvaters G2 treten dagegen nicht nur Tt1 und O1, sondern auch noch Tt2 (= Kind des G2 aus erster Ehe mit Ex1). Alle erben zu gleichen Teilen, also diesbezüglich zu je 1/12 (§§ 1926 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5, 1924 Abs. 4). An die Stelle der vorverstorbenen G3 und G4 (1/4 + 1/4) treten jeweils deren Abkömmlinge X, Y, Z zu gleichen Teilen (§§ 1926 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5, 1924 Abs. 3 und 4). Ergebnis: Tt1, O1 = 1/8 + 1/12 = je 5/24; Tt2 = 1/12; X, Y, Z = 1/12 + 1/12 = je 1/6.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › VI. Gesetzliche Erben der vierten und fernerer Ordnungen