BGB-Erbrecht

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§ 5 Das gesetzliche Erbrecht von nichtehelichen Kindern

Literatur:

Dutta, Die rückwirkende Gleichstellung der vor dem 1. Juli 1949 geborenen Nichtehelichen im Erbrecht: Der deutsche Gesetzgeber zwischen Skylla und Charybdis, ZfPW 2018, 129; Leipold, Neue Erbchancen für „alte“ nichteheliche Kinder: der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der BGH beseitigen die Diskriminierung, ZEV 2017, 489; Lieder/Berneith, Zum Erbrecht vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder: Teleologische Erweiterung von Art 5 S. 2 ZwErbGleichG, FamRZ 2017, 1623; Weber, Das Erbrecht von vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kindern – Relaunch 2017, NotBZ 2018, 32

119

Bei allen ab dem 1.4.1998 eingetretenen Erbfällen bestehen aufgrund des ErbGleichG[1] keine erbrechtlichen Unterschiede mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern.

Allerdings blieb es für vor dem 1.7.1949 geborene nichteheliche Kinder zunächst beim generellen Ausschluss des Erbrechts. Sie wurden erst nach einer Entscheidung des EGMR[2] durch das ZwErbGleichG[3] erbrechtlich gleichgestellt – allerdings nur für Erbfälle, die sich ab dem 28.5.2009 ereigneten. Nachdem der EGMR dies – anders als zuvor BGH[4] und BVerfG[5] – in ähnlich gelagerten Fällen als Verletzung von Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) i.V.m. Art. 8 EMRK (Familienleben) qualifiziert hatte[6], entschied der BGH jedoch mit Beschluss v. 12.7.2017[7], dass in bestimmten Fällen eine teleologische Erweiterung von Art. 5 S. 2 ZwErbGleichG dahin geboten ist, dass die betreffenden Kinder ehelichen Kindern gleichgestellt werden.

Anmerkungen

[1]

Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nicht ehelicher Kinder (Erbrechtsgleichstellungsgesetz – ErbGleichG) v. 16.12.1997, BGBl. I, 2968.

[2]

EGMR v. 28.5.2009 – 3545/04, ZEV 2009, 510.

[3]

Zweites Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung v. 12.4.2011, BGBl. I, 615.

[4]

BGH v. 26.10.2011 – IV ZR 150/10, NJW 2012, 231.

[5]

BVerfG v. 18.3.2013 – 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, NJW 2013, 2103.

[6]

EGMR v. 9.2.2017 – 29762/10, FamRZ 2017, 656.

[7]

BGH v. 12.7.2017 – IV ZB 6/15, ZEV 2017, 510. Dazu Adamus jurisPR-FamR 7/2018, Anm. 8; Dutta ZfPW 2018, 129 ff.; Leipold ZEV 2017, 489 ff.; Lieder/Berneith FamRZ 2017, 1623 f.; Weber NotBZ 2018, 32 ff.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates

§ 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates

Inhaltsverzeichnis

I. Funktion und Rechtsnatur

II. Voraussetzungen

III. Die Feststellung des Fiskuserbrechts

IV. Erbberechtigter Fiskus

V. Inhalt und Besonderheiten des Fiskuserbrechts

VI. Das gesetzliche Erbrecht des Staates aus internationalprivatrechtlicher Perspektive

120

Fall 5:

Der unglückselige A hat sich durch schlechte Geschäfte hoffnungslos überschuldet. Bevor er sich das Leben nimmt, setzt er ein Testament auf, in welchem er seine Frau und seine Kinder enterbt, um sicherzugehen, dass die Schulden der Familie nicht zur Last fallen. An wen können sich die Nachlassgläubiger halten? Lösung → Rn. 134

Fall 6:

Verwandte des Erblassers B werden Gerüchten zufolge irgendwo in den USA oder Brasilien vermutet. Zu welchem Zeitpunkt können die Nachlassgläubiger gegen wen Rechte geltend machen? Lösung → Rn. 135

Fall 7:

Der Erblasser C hatte in seinem Testament erklärt, dass sein einziger Sohn S bis auf die Briefmarkensammlung sein Erbe sein soll. Die Briefmarkensammlung hat einen Wert von 30.000 €, was etwa 40 % des Wertes des gesamten Nachlasses ausmacht. Andere gesetzliche Erben als S sind beim Tod des C nicht vorhanden bzw. nicht zu ermitteln. Wer erbt die Briefmarkensammlung? Lösung → Rn. 136

Literatur:

Bostelmeyer, Zur Notwendigkeit der Erbenermittlung vor Feststellung des Erbrechts des Fiskus, Rpfleger 2004, 569; Bungert, Ausländisches Fiskuserbrecht vor deutschen Gerichten, MDR 1991, 713; Firsching, Das Anfallsrecht des Fiskus bei erblosem Nachlass, IPRax 1986, 25; Frohn, Feststellung des Fiskalerbrechts und Erbenaufgebot, Rpfleger 1986, 37; Gergen, Die gesetzliche Erbfolge einschließlich des gesetzlichen Erbrecht des Staates und seine Bezüge zum Römischen Recht, ZErb 2008, 371; Holl, Das Erbrecht des Staates, Rpfleger 2008, 285; Lorenz, Staatserbrecht bei deutsch-österreichischen Erbfällen, Rpfleger 1993, 433; Meyer, Fiskuserbrecht und Erbenermittlung: Probleme des „erbenlosen Nachlasses“, ZEV 2010, 445; Streck, Ein unwilliger Erbe: Der Fiskus, AG 2014, 155.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › I. Funktion und Rechtsnatur

I. Funktion und Rechtsnatur

121

§ 1936 statuiert ein subsidiäres gesetzliches Erbrecht des Staates[1]: Der Staat ist als gesetzlicher (Zwangs-)Erbe letzter Ordnung berufen, wenn kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner vorhanden ist. Sinn und Zweck ist es, herrenlose Nachlässe zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung zu sichern.[2]

122

Es handelt sich dabei nicht um ein hoheitliches Aneignungsrecht (bona vacantia), wie es viele andere Staaten kennen[3], sondern um ein wirkliches privates Erbrecht (Staat als ultimus heres)[4]. Zu den internationalprivatrechtlichen Konsequenzen und zum Aneignungsrecht nach § 32 IntErbRVG → Rn. 132 f., 1504.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › II. Voraussetzungen

II. Voraussetzungen

123

Der Staat wird gem. § 1936 S. 1 nur dann Erbe, wenn zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers vorhanden ist. „Vorhanden“ i.d.S. ist ein Verwandter/Ehegatte/Lebenspartner nur dann, wenn er erbfähig und erbberechtigt ist.[5] Ein Verwandter/Ehegatte/Lebenspartner ist somit nicht nur dann nicht vorhanden, wenn er tatsächlich nicht (mehr) existiert, sondern auch, wenn er enterbt wurde (§ 1938, → Rn. 488), die Erbschaft ausgeschlagen hat (§ 1953 Abs. 1, → Rn. 597), erbunwürdig ist (§ 2344 Abs. 1, → Rn. 494 ff.), auf die Erbschaft verzichtet hat (§ 2346 Abs. 1 S. 2, → Rn. 523 ff.).

Der Staat als gesetzlicher Erbe kann hingegen nicht enterbt werden (argumentum e contrario e § 1938).[6] Er kann aber durch Verfügung von Todes wegen als gewillkürter Erbe eingesetzt werden.

 

Theoretisch ist es zwar kaum vorstellbar, dass überhaupt keine noch so entfernten Verwandten des Erblassers mehr vorhanden sind. In der Praxis ergibt sich aber häufig das Problem, dass sehr entfernte Verwandte schlicht nicht vom Erbfall und/oder ihrer Verwandtschaft erfahren.

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › III. Die Feststellung des Fiskuserbrechts

III. Die Feststellung des Fiskuserbrechts

124

Um im Interesse etwaiger unbekannter Erben zu verhindern, dass der Staat das Erbe voreilig ergreift[7], darf der Staat erst nach Durchführung eines gerichtlichen Feststellungsverfahrens über den Nachlass verfügen. Durch dieses in §§ 1964, 1965 geregelte Feststellungsverfahren wird aber zugleich auch die mit der Ermittlung etwaiger Erben verbundene Schwebezeit angemessen begrenzt.[8] Sofern der Fiskus als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt, erlegt § 1964 dem Nachlassgericht (= Amtsgericht, § 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG i.V.m. § 342 Abs. 1 Nr. 4 FamFG) eine Erbenermittlungspflicht auf.[9] Das Erbrecht des Staates darf nur festgestellt werden, wenn nicht innerhalb einer angemessenen Frist ein Erbe ermittelt wird.[10] Die Erbenermittlung erfolgt von Amts wegen (§ 26 FamFG).[11] Gem. § 1965 Abs. 1 S. 1 muss eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung einer Anmeldefrist erfolgen. Bezüglich Art der Bekanntmachung und Dauer der Anmeldefrist gelten gem. § 1965 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 die Vorschriften über das Aufgebotsverfahren (§§ 433 ff. FamFG) entsprechend[12]; die öffentliche Bekanntmachung erfolgt somit nach § 435 FamFG und die Anmeldefrist muss mindestens 6 Wochen betragen (§ 437 FamFG). Die Aufforderung ist allerdings gem. § 1965 Abs. 1 S. 2 entbehrlich, wenn die Kosten dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind. Wenn innerhalb der Anmeldefrist[13] ein Erbrecht angezeigt wird, beginnt mit Ablauf der Anmeldefrist eine dreimonatige Wartefrist, innerhalb derer dem Nachlassgericht nachgewiesen werden muss, dass das angemeldete Erbrecht besteht oder gegenüber dem Fiskus im Wege der Klage geltend gemacht wird; geschieht dies nicht, so bleiben die entsprechenden Erbrechte unberücksichtigt (§ 1965 Abs. 2 S. 1). Dies bedeutet aber nicht, dass das Erbrecht erlischt, sondern nur, dass das Nachlassgericht es im Verfahren zur Feststellung des Fiskuserbrechts nicht mehr berücksichtigt.

125

Die Feststellung des Fiskuserbrechts erfolgt durch Beschluss des Nachlassgerichts (§ 1964 Abs. 1 BGB). Der Feststellungsbeschluss hat aber keine rechtsgestaltende Wirkung, sondern begründet nur die widerlegliche Vermutung, dass der Staat gesetzlicher Erbe ist.[14] Der Beweis des Gegenteils kann sowohl im normalen Zivilprozess als auch im Erbscheinsverfahren geführt werden; zudem kann der Beschluss jederzeit aufgehoben werden (§ 48 FamFG).[15]

126

Erst nach dem Feststellungsbeschluss ist der Nachlass dem Fiskus auszuhändigen.[16] Vorher können die Nachlassgläubiger auch noch keine Rechte gegen den Fiskus geltend machen (§ 1966). Im Gegensatz zu einem Erbschein (vgl. §§ 2366, 2367, → Rn. 1293 ff.) oder einem Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) (vgl. Art. 69 Abs. 3, 4 EuErbVO, → Rn. 1346 ff.) begründet der Feststellungsbeschluss keine Verkehrsschutzwirkungen (d.h. er ermöglicht insb. keinen gutgläubigen Erwerb); der Staat kann sich jedoch einen Erbschein oder ein ENZ erteilen lassen.[17] Ein Erbschein oder ENZ ist zudem auch für die Eintragung ins Grundbuch erforderlich, da der Feststellungsbeschluss hierfür ebenfalls nicht ausreicht.[18]

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › IV. Erbberechtigter Fiskus

IV. Erbberechtigter Fiskus

127

Gesetzlicher Erbe ist gem. § 1936 S. 1 primär das Bundesland[19] , in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten Wohnsitz (oder, wenn ein solcher nicht feststellbar ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt) hatte; im Übrigen erbt der Bund (S. 2).

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › V. Inhalt und Besonderheiten des Fiskuserbrechts

V. Inhalt und Besonderheiten des Fiskuserbrechts

128

Das gesetzliche Erbrecht des Staates gem. § 1936 hat zwar prinzipiell privatrechtlichen Charakter (→ Rn. 122), d.h. es finden grundsätzlich die allgemeinen Regeln Anwendung.[20] Gem. § 1922 geht das gesamte Vermögen des Erblassers im Wege der Universalsukzession auf den Staat über und der Staat haftet gem. § 1967 für die Nachlassverbindlichkeiten[21]; zudem ist er gem. § 857 Erbschaftsbesitzer[22].

129

Da der Staat indes gesetzlicher Zwangserbe ist, gelten gleichwohl einige Besonderheiten. Insb. hat der Staat konsequenterweise kein Ausschlagungsrecht (§ 1942 Abs. 2), kann nicht auf das Erbe verzichten (argumentum e contrario e § 2346 Abs. 1 S. 1)[23], enterbt werden (argumentum e contrario e § 1938)[24] oder für erbunwürdig erklärt werden[25]. Zudem kann der Staat nicht gesetzlicher Nacherbe (§ 2104 S. 2, → Rn. 755) oder gesetzlicher Vermächtnisnehmer sein (§ 2149 S. 2).

130

Der Staat haftet zwar grundsätzlich wie jeder andere Erbe gem. § 1967 für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten (→ Rn. 1071 ff.), wobei ihm auch die allgemeinen Möglichkeiten einer Haftungsbeschränkung (→ Rn. 1097 ff., 1138 ff.) offenstehen.[26] Allerdings gelten für den Staat dabei eine Reihe von Haftungsprivilegierungen: Wenn der Staat als gesetzlicher Erbe verurteilt wird, kann er die beschränkte Haftung – anders als „normale“ Erben (vgl. § 780 Abs. 1 ZPO, → Rn. 1195) – ohne Vorbehalt im Urteil geltend machen (§ 780 Abs. 2 ZPO). Zudem unterliegt der Staat gem. § 2011 S. 1 keiner Inventarpflicht, so dass es auch nicht zu einer Inventarversäumung mit unbeschränkter Haftung (vgl. § 1994 Abs. 1 S. 2, → Rn. 1124, 1131 ff.) kommen kann. Der Fiskus ist jedoch gem. § 2011 S. 2 verpflichtet, den Nachlassgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu geben.

131

Wenn in einem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft für den Fall des Todes eines Gesellschafters die Fortsetzung mit den Erben vorgesehen ist (sog. einfache Nachfolgeklausel, → Rn. 1427 ff.), so ist eine solche Regelung nach h.M. regelmäßig dahin auszulegen, dass der Staat als gesetzlicher Erbe davon nicht erfasst sein soll.[27]

Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › VI. Das gesetzliche Erbrecht des Staates aus internationalprivatrechtlicher Perspektive

VI. Das gesetzliche Erbrecht des Staates aus internationalprivatrechtlicher Perspektive

132

Da es sich beim gesetzlichen Erbrecht des Staates gem. § 1936 um ein privatrechtliches Erbrecht handelt (→ Rn. 122), ist die Vorschrift nur dann anwendbar, wenn das anwendbare Erbrecht (sog. Erbstatut bzw. lex successionis) deutsches Recht ist.[28] Zur Bestimmung der lex successionis → Rn. 1476 ff.; zur Sonderregel des Art. 33 EuErbVO → Rn. 1504.

133

Wenn lex successionis ausländisches Recht ist und dieses Recht ebenfalls ein privatrechtliches Erbrecht des Staates vorsieht (sog. „Erbenstaat“), so erbt der betreffende Staat auf dieser Grundlage.[29] Wenn das ausländische Recht hingegen kein privatrechtliches Erbrecht des Staates vorsieht, sondern ein Aneignungsrecht des Staats („Aneignungsstaat“), so besteht in Bezug auf Nachlassvermögen, das in dem betreffenden Staat belegen ist, ein Aneignungsrecht dieses Staates; für Nachlassvermögen, das in Deutschland belegen ist, besteht hingegen ein Aneignungsrecht gem. § 32 IntErbRVG.[30]

134-

136

Lösung der Ausgangsfälle

Fall 5 (→ Rn. 120):

A hat seine Ehefrau und Kinder testamentarisch enterbt (§ 1938). Da er keine positive Verfügung getroffen hat, tritt dennoch die gesetzliche Erbfolge ein. Gesetzliche Erben sind dann die Erben zweiter Ordnung, also die Eltern des A und deren Abkömmlinge (§ 1925). Sind die Eltern des A vorverstorben und schlagen deren Abkömmlinge (die Geschwister des A) die Erbschaft aufgrund der Überschuldung aus, so erbt der Fiskus gem. § 1936. Sind Verwandte noch höherer Ordnungen vorhanden, so müssen auch diese ausschlagen.

Fall 6 (→ Rn. 120):

Die Nachlassgläubiger müssen zunächst das Verfahren zur Ermittlung von Verwandten gem. § 1965 bis zum Beschluss des Nachlassgerichts gem. § 1964 Abs. 1 abwarten. Erst dann können die Nachlassgläubiger gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben ein Recht geltend machen (§ 1966).

 

Fall 7 (→ Rn. 120):

Es ist zwar ein Erbe eingesetzt, aber ein Teil des Nachlasses ist ausgenommen. Nach § 2149 S. 1 gilt der Gegenstand als den gesetzlichen Erben vermacht, wenn der Erblasser bestimmt hat, dass dem eingesetzten Erben der Gegenstand nicht zufallen soll. Allerdings gehört der Fiskus gem. § 2149 S. 2 gerade nicht zu den gesetzlichen Erben i.S.d. Norm, sodass letztlich doch S die Briefmarkensammlung erhält.

Anmerkungen

[1]

BGH v. 14.10.2015 – IV ZR 438/14, NJW 2016, 156 Rn. 9.

[2]

Vgl. nur Staudinger/Werner, 2017, § 1936 Rn. 3.

[3]

Vgl. dazu BeckOGK/J. Schmidt Art. 33 EuErbVO Rn. 3 m.w.N.

[4]

BGH v. 14.10.2015 – IV ZR 438/14, NJW 2016, 157; Erman/Lieder, 15. Aufl. 2017, § 1936 Rn. 2.

[5]

Vgl. nur BeckOGK/Tegelkamp § 1936 Rn. 7.

[6]

Vgl. nur BeckOGK/Tegelkamp § 1936 Rn. 20 m.w.N.

[7]

Vgl. Mot. V, 556; Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 1.

[8]

Vgl. Mot. V, 556; Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 1.

[9]

Vgl. Mot. V, 556; Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 1.

[10]

Näher Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 2.

[11]

Vgl. Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 5 m.w.N.

[12]

Vgl. Mot. V, 556; Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 1.

[13]

Oder zumindest noch vor Erlass des Feststellungsbeschlusses, vgl. Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1965 Rn. 3 m.w.N.

[14]

Vgl. Mot. V, 555 f.; BGH v. 23.11.2011 – IV ZB 15/11, NJW 2012, 453 Rn. 8; Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 4 m.w.N.

[15]

Vgl. BGH v. 23.11.2011 – IV ZB 15/11, NJW 2012, 453 Rn. 8; Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 4 m.w.N.

[16]

Vgl. Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 4 m.w.N.

[17]

Vgl. Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 4 m.w.N.

[18]

Vgl. Erman/J. Schmidt, 15. Aufl. 2017, § 1964 Rn. 4 m.w.N.

[19]

Art. 138 EGBGB sieht zwar vor, dass Landesrecht bestimmen kann, dass an Stelle des Fiskus eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts gesetzlicher Erbe wird; diese Vorschrift hat jedoch heute keine praktische Relevanz mehr, vgl. Staudinger/Mayer, 2013, Art. 138 EGBGB Rn. 9 ff.

[20]

Vgl. Staudinger/Werner, 2017, § 1936 Rn. 11.

[21]

Vgl. Lange, ErbR, 2. Aufl. 2017, § 25 Rn. 109.

[22]

Vgl. Staudinger/Werner, 2017, § 1936 Rn. 11.

[23]

Vgl. BeckOGK/Tegelkamp § 1936 Rn. 19 m.w.N.

[24]

Vgl. BeckOGK/Tegelkamp § 1936 Rn. 20 m.w.N.

[25]

Vgl. BeckOGK/Tegelkamp § 1936 Rn. 21 m.w.N.

[26]

Vgl. nur MüKoBGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 1936 Rn. 24.

[27]

Vgl. Erman/Lieder, 15. Aufl. 2017, § 1936 Rn. 4; MüKoBGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 1936 Rn. 22; Staudinger/Werner, 2017, § 1936 Rn. 12.

[28]

Vgl. Lange, ErbR, 2. Aufl. 2017, § 25 Rn. 113; MüKoBGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 1936 Rn. 4.

[29]

Vgl. BeckOGK/J. Schmidt Art. 33 EuErbVO Rn. 29.

[30]

Vgl. BeckOGK/J. Schmidt Art. 33 EuErbVO Rn. 29. Näher zu § 32 IntErbRVG: BeckOGK/J. Schmidt Art. 33 EuErbVO Rn. 29 ff. m.w.N.

Teil III Die gewillkürte Erbfolge

Inhaltsverzeichnis

§ 7 Die Errichtung des Testaments und die Testamentsformen

§ 8 Widerruf eines Testaments

§ 9 Das gemeinschaftliche Testament

§ 10 Der Erbvertrag

§ 11 Die Auslegung von Verfügungen von Todes wegen

§ 12 Die Anfechtung von Verfügungen von Todes wegen

§ 13 Die Unwirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen

§ 14 Der Ausschluss von der Erbfolge

Teil III Die gewillkürte Erbfolge › § 7 Die Errichtung des Testaments und die Testamentsformen

§ 7 Die Errichtung des Testaments und die Testamentsformen

Inhaltsverzeichnis

I. Die Errichtung des Testaments

II. Die Testamentsformen

137

Fall 8:

Renate Rosenberger ist bereits seit Jahren als Schlagersängerin unter dem Künstlernamen „Rosarot“ erfolgreich. Im Januar 2018 macht sie zum ersten Mal eine Transatlantikkreuzfahrt. Bereits am ersten Tag wird sie so stark seekrank, dass sie schon „ihr Ende nahen“ sieht und deshalb ein Testament errichten will. Da sie in ihrer Kabine nichts anderes findet, schreibt sie mit einem rosafarbenen Glitterstift, mit dem sie sonst ihre Autogramme unterschreibt, auf die Rückseite eines Flyers mit dem Menü für das Abendessen: „Hiermit vererbe ich all mein Vermögen meiner Tochter Rosa“. Anschließend packt sie den Flyer in einen rosafarbenen Briefumschlag, in dem ein Fan ihr einen Liebesbrief geschickt hatte, streicht die Adressdaten durch, klebt den Umschlag zu und schreibt darauf „Testament“ und unterzeichnet darunter mit „Rosarot“. Zwei Tage später geht es ihr zwar glücklicherweise wieder so gut, dass sie an Deck gehen kann. Allerdings fällt sie unglücklicherweise über Bord und verstirbt. In ihrer Kabine wird der rosafarbene Umschlag gefunden. Handelt es sich dabei um ein formgültiges Testament? Lösung: → Rn. 183

Fall 9:

Elton (E) hat am Tag vor seinem Tod im Krankenhaus vor dem Bürgermeister in Gegenwart zweier Zeugen ein Nottestament errichtet. Über die Errichtung liegt eine Niederschrift vor, die während des Errichtungsaktes vom Bürgermeister auf Band gesprochen, nach dem Tod des E schriftlich niedergelegt und vom Bürgermeister und den zwei Zeugen unterschrieben wurde. Ausweislich der Niederschrift, die den Errichtungsakt zutreffend wiedergibt, hat ein im Krankenhaus tätiger Arzt dem Bürgermeister bestätigt, dass mit dem baldigen Ableben des E zu rechnen sei und die Beiziehung eines Notars die Gefahr in sich berge, dass das Testament nicht mehr errichtet werden könne. Daraufhin leitete der Bürgermeister die für die Errichtung notwendigen Förmlichkeiten in die Wege. E hat zunächst mündlich seinen letzten Willen erklärt und dem Bürgermeister sodann ein als Testament bezeichnetes, maschinengeschriebenes offenes Schriftstück übergeben, in dem dieser Wille festgehalten ist. Dieses Schriftstück ist dem E vorgelesen und von ihm unterzeichnet worden. Danach hat es der Bürgermeister mit Orts- und Datumsangabe versehen und er und die beiden Zeugen haben unterzeichnet. Ist das Testament formgültig? Lösung: → Rn. 184

Literatur:

Belling, Einführung in das Recht der gewillkürten Erbfolge, JURA 1986, 625; Brox, Zweckmäßige Gestaltung der Erbfolge im Unternehmen, JA 1980, 561; Burkart, Das eigenhändige Testament nach § 2247 BGB – Seine Problematik und seine Zukunft, FS von Lübtow, 1991, 253; Grundmann, Zu Formfreiheit und Formzwang bei privatschriftlichen Testamenten, AcP 87 (1987) 429; Hülsmann/Baldamus, Ärztliche Schweigepflicht vs. Informationsinteresse der Erben, ZEV 1999, 91; Imgrund/Reese, Grundfälle zur gewillkürten Erbfolge, JURA 2006, 565; Langenfeld, Einführung in die Vertragsgestaltung, JuS 1998, 521; Mayer, Sachgerechte Testamentsgestaltung, JA 1995, 789; Otte, Stellvertretungsverbot und Bestimmung des Testamentsinhalts durch Dritte - §§ 2064, 2065 BGB und deren Ausnahmen, Hereditare 4 (2014) 23; Rossak, Folgen des verfassungswidrigen Ausschlusses Mehrfachbehinderter von jeglicher Testiermöglichkeit für die notarielle Praxis, ZEV 1999, 254; Röthel, Testamentsformen, JURA 2014, 475; Röthel, Testierfähigkeit und Testiermacht, AcP 210 (2010) 32; Schmidt/Schmidt, Die Nottestamente – Bürgermeister-Testament und Drei-Zeugen-Testament, JuS 1996, 598; Schreiber, Die Testierfähigkeit und ihre Schranken, JURA 2011, 19; Schreiber, Verfügungen von Todes wegen, JURA 1996, 360 und 409; Strothmann, Privatautonome Gestaltungsfreiheit im Recht der Verfügungen von Todes wegen, JURA 1982, 349; Wagner, Erbeinsetzung unter einer Potestativbedingung und § 2065 BGB, ZEV 1998, 255.

Teil III Die gewillkürte Erbfolge › § 7 Die Errichtung des Testaments und die Testamentsformen › I. Die Errichtung des Testaments