Werde übernatürlich

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Eine vergangene Inkarnation im gegenwärtigen Moment erleben

Eines Morgens, so etwa eineinhalb Stunden, nachdem ich im Sitzen mit dem Meditieren begonnen hatte, lehnte ich mich zurück, legte ein paar Kissen unter die Knie, damit ich nicht gar zu schnell einschlief, und verweilte in dem Zustand zwischen Wachsein und Schlaf. Beim Hinlegen richtete ich meine Aufmerksamkeit einfach auf die Stelle im Kopf, wo die Zirbeldrüse sitzt. Doch dieses Mal versuchte ich nichts herbeizuzwingen, sondern ließ los und sagte mir: Was auch immer … Das war anscheinend das Zauberwort. Ich weiß jetzt, was das bedeutet. Ich gab mich hin, ging aus dem Weg, ließ jegliche Erwartung an ein bestimmtes Ergebnis los und öffnete mich einfach den Möglichkeiten.

Und schon im nächsten Moment erlebte ich mich als untersetzten Mann irgendwo auf der Welt, wo es sehr heiß war, anscheinend dort, wo heute Griechenland oder die Türkei liegen. Das Gelände war felsig, der Boden ausgedörrt, und ich erblickte Steingebäude wie jene aus der Zeit der Griechen und Römer und dazwischen viele kleine Stoffzelte in leuchtenden Farben. Ich trug ein einteiliges Gewand aus Sackleinen, von den Schultern bis zur Mitte der Oberschenkel. Um die Taille war ein dickes Seil wie ein Gürtel geschlungen. Ich trug bis zu den Unterschenkeln hochgeschnürte Sandalen. Mein Haar war dick und lockig, mein Körper fühlte sich stark an. Ich hatte breite Schultern und muskulöse Arme und Beine. Ich war Philosoph und seit Langem ein Schüler einer charismatischen Bewegung.

Ich war gleichzeitig das Ich in dieser Erfahrung und mein gegenwärtiges Ich, das sich selbst zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort beobachtete. Meine Sinne waren geschärft, ich nahm alles vollkommen bewusst wahr. Ich roch den vertrauten Moschusgeruch meines Körpers, schmeckte das Salz meines Schweißes, der mir vom Gesicht tropfte. Ich liebte den Geschmack. Ich fühlte mich in der Körperlichkeit und Stärke meines Körpers geerdet, nahm den starken Schmerz in meiner rechten Schulter wahr, ohne meine ganze Aufmerksamkeit darauf zu richten. Ich sah den strahlend blauen Himmel und die satten Farben der grünen Bäume und der Berge wie in einem Technicolor-Film. In der Ferne hörte ich Möwen kreischen und wusste, dass ich mich in der Nähe eines großen Gewässers befand.

Ich war auf einer Art Pilgerreise mit einer Mission, reiste im Land umher und lehrte die Philosophie, die ich mein ganzes Leben lang studiert und gelebt hatte. Mein Lehrer war ein großer Meister, dem ich tiefe Liebe entgegenbrachte für die Fürsorge, Geduld und Weisheit, die er mir seit so vielen Jahren schenkte. Jetzt sollte ich initiiert werden und eine Botschaft überbringen, die die Köpfe und Herzen der Menschen in dieser Kultur verändern sollte. Wie ich wusste, lief die zu verbreitende Botschaft den Überzeugungen jener Zeit zuwider; die Regierung und die religiösen Orden würden sich gegen mich stellen.

Die Hauptbotschaft der von mir vertretenen Philosophie würde die Menschen davon befreien, irgendetwas anderem oder jemand anderem im Außen verpflichtet zu sein. Sie würde die Menschen dazu inspirieren, anhand von Prinzipien zu leben, die ihr Leben bereicherten und ihm einen Sinn gaben. Ich engagierte mich leidenschaftlich für diesen Idealismus und arbeitete täglich daran, ein Leben in Übereinstimmung mit diesen Doktrinen zu führen. Natürlich würde die Botschaft auch implizieren, dass Religion oder die Abhängigkeit von Regierungen überflüssig wären, und die Menschen wären frei von persönlichem Schmerz und Leid.

Am Anfang der Szene hatte ich gerade eine Ansprache in einem relativ dicht bevölkerten Dorf beendet. Die Versammlung war dabei, sich aufzulösen, als sich plötzlich mehrere Männer eilig den Weg durch die Menschenmenge bahnten und mich verhafteten. Sie ergriffen mich, noch bevor ich überhaupt einen Fluchtversuch unternehmen konnte. Sie hatten ihr Vorgehen gut geplant. Hätten sie sich in Bewegung gesetzt, während ich noch zu den Leuten sprach, hätte ich sie entdeckt. Das Timing war perfekt.

Ich ergab mich ohne Widerstand, und sie brachten mich in eine Gefängniszelle; dort ließen sie mich allein. Da saß ich, eingesperrt in einem kleinen Steinkerker mit schmalen Fensterschlitzen, und wusste, welches Schicksal mich erwartete. Nichts, was ich hätte tun können, konnte mich auf das vorbereiten, was geschehen würde. Innerhalb von zwei Tagen brachte man mich in die Stadtmitte, wo sich Hunderte von Leuten versammelt hatten – viele davon hatten mir erst vor ein paar Tagen zugehört. Doch jetzt warteten sie begierig darauf, meinen Prozess und die bevorstehende Folterung mitzuerleben.

Ich wurde bis auf ein kleines Stück Lendentuch ausgezogen und dann auf eine große, horizontale Steinplatte geschnallt, an deren Ecken sich große Rillen befanden, durch die Seile gezogen waren. Diese Seile waren an den Enden mit Metallmanschetten versehen, an denen meine Handgelenke und Fußknöchel befestigt wurden. Und dann ging es los. Ein Mann zu meiner Linken kurbelte an einem Hebel, der die Steinplatte langsam von einer horizontalen Position nach vorne in eine senkrechtere Position brachte. Als sich der Steinblock nach oben bewegte, zogen die Seile meine Gliedmaßen in alle vier Richtungen.

Die wahren Schmerzen begannen, als ich mich etwa in einem 45-Grad-Winkel befand. Jemand, anscheinend ein Richter, schrie mich an und fragte mich, ob ich weiterhin meine Philosophie lehren würde. Ich schaute nicht hoch und gab keine Antwort. Da befahl er dem Mann, den Hebel weiterzudrehen. Irgendwann hörte ich Geräusche und Knacken, ein Hinweis darauf, dass bestimmte Wirbel sich verschoben hatten. Ich, als Beobachter dieser Szene, sah meinen Gesichtsausdruck, als die Schmerzen immer schlimmer wurden. Ich blickte sozusagen in einen Spiegel und sah mich selbst – ich selbst lag da auf der Platte, dessen war ich mir voll bewusst.

Die Metallmanschetten um meine Hand- und Fußgelenke zerrten an der Haut, und das scharfe Metall verursachte einen brennenden Schmerz. Ich blutete. Eine meiner Schultern war ausgekugelt, und ich keuchte und stöhnte vor Schmerz. Mein Körper zuckte und bebte, als ich meine Muskeln beugte und anspannte, um zu verhindern, dass meine Gliedmaßen abgerissen wurden. Loslassen wäre unerträglich. Plötzlich brüllte mich der Richter wieder an und fragte mich, ob ich weiterhin meine Lehre verbreiten würde.

Ich dachte: »Ich werde einfach einwilligen, meine Lehre nicht mehr zu verbreiten, und wenn sie mich dann aus dieser öffentlichen Folterung entlassen, fange ich eben wieder an.« Mein logischer Verstand hielt das für die richtige Antwort. Es würde den Richter besänftigen, den Schmerzen ein Ende bereiten (und mich vor dem Tod retten), und ich wäre dadurch in der Lage, meiner Mission weiterhin nachzugehen. Langsam und schweigend schüttelte ich den Kopf.

Nun bedrängte mich der Richter, dieses Nein auch auszusprechen, aber ich machte den Mund nicht auf. Schnell gab er dem Folterknecht an meiner linken Seite ein Zeichen, die Kurbel noch mehr anzuziehen. Ich sah auf den Mann hinunter, wie er die Zahnräder weiterdrehte, mit der klaren Absicht, mich zu verletzen. Ich sah sein Gesicht, und wir blickten einander in die Augen. Ich als Beobachter erkannte auf der Stelle, dass diese Person auch in meinem gegenwärtigen Leben als Joe Dispenza eine Rolle spielte – dieselbe Person, aber in einem anderen Körper. Während ich Zeuge dieser Szene wurde, machte es »Klick!«, und ich erkannte, dass dieser Folterknecht in meiner derzeitigen Inkarnation nach wie vor andere Menschen folterte, unter anderem mich; ich verstand, welche Rolle diese Person in meinem Leben einnahm. Dieses Wissen fühlte sich auf seltsame Weise vertraut an – alles ergab vollkommen Sinn.

Die Platte drehte sich nach oben, mein unterer Rücken knackte, mein Körper verlor die Kontrolle. In diesem Moment wurde ich gebrochen. Ich weinte vor Schmerzen, und eine tiefe Traurigkeit überschwemmte mein ganzes Wesen. Als der schwere Stein gelöst wurde, fiel ich zurück. Mich überkam ein unkontrollierbares Zittern; ich sprach kein Wort. Sie zerrten mich zurück in die kleine Gefängniszelle, wo ich mich in der Ecke zusammenrollte. Drei Tage lang konnte ich die Bilder meiner Folterung nicht aus dem Kopf bekommen.

Ich war so gedemütigt, dass ich nie wieder in der Öffentlichkeit reden konnte. Schon der Gedanke daran, meine Mission wieder aufzunehmen, ließ meinen Körper instinktiv so stark reagieren, dass ich nicht einmal mehr daran dachte.

Eines Nachts ließen sie mich frei. Den Kopf schamvoll gesenkt und ohne dass es jemand merkte, verschwand ich. Nie wieder konnte ich jemandem in die Augen schauen. Ich hatte das Gefühl, ich hätte auf meiner Mission versagt und sie verraten. Den Rest meines Lebens verbrachte ich in einer Höhle am Meer und ernährte mich vom Fischfang.

Ich wurde Zeuge der großen Not dieses armen Mannes und wie er die Wahl traf, sich vor der Welt zu verstecken. Das war eine Botschaft für mich; sie lautete: Ich konnte in meinem gegenwärtigen Leben nicht einfach wieder verschwinden und mich vor der Welt verstecken; meine Seele wollte mir zeigen, dass ich mit meiner Arbeit weitermachen musste. Ich musste mich darum bemühen, für eine Botschaft einzustehen und nie wieder aufgrund irgendwelcher Widrigkeiten einen Rückzieher zu machen. Und wie ich auch erkannte, hatte ich gar nicht versagt – ich hatte mein Bestes gegeben. Ich wusste, dieser junge Philosoph lebte nach wie vor im ewigen gegenwärtigen Moment als eine Unzahl potenzieller Ichs, und indem ich keine Angst mehr hatte, für die Wahrheit zu leben, anstatt für sie zu sterben, konnte ich meine – und seine – Zukunft verändern.

Wir alle haben unzählige potenzielle Inkarnationen, die im ewigen gegenwärtigen Moment existieren und alle nur darauf warten, entdeckt zu werden. Wenn das Mysterium des Selbst offenbart wird, können wir aufwachen und verstehen, dass wir keine linearen Wesen mit einem linearen Leben sind, sondern dimensionale Wesen, die dimensionale Leben leben. Das Schöne an den unendlichen Möglichkeiten, die auf uns warten, ist: Wir können diese Zukünfte nur verändern, indem wir uns im gegenwärtigen unendlichen Moment verändern.

 

Anmerkungen

1. R.M. Sapolsky, Why Zebras Don’t Get Ulcers (New York: Times Books, 2004). (Dt.: Warum Zebras keine Migräne kriegen: Wie Stress den Menschen krank macht.) Auch »Ramtha’s School of Enlightenment« (RSE) lehrt das Konzept der emotionalen Sucht; siehe JZK Publishing, ein Geschäftsbereich von JZK, Inc., dem Verlag von RSE, unter http://jzkpublishing.com oder http://www.ramtha.com.

Kapitel 2

Der gegenwärtige Moment

Möchten Sie in Ihrem Leben Übernatürliches erfahren: Ihren Körper heilen, neue Chancen kreieren, die früher unvorstellbar für Sie waren, und transzendente, mystische Erfahrungen machen? Dann müssen Sie zunächst das Konzept des gegenwärtigen Moments verstehen: das ewige Jetzt.

Heutzutage ist oft davon die Rede, präsent bzw. im Jetzt zu sein. Die meisten Leute verstehen die grundsätzliche Bedeutung dieser Aussage (nämlich nicht über die Zukunft nachzudenken und nicht in der Vergangenheit zu leben). Ich möchte Ihnen jedoch ein komplett anderes Verständnis dieses Konzepts präsentieren. Dazu müssen Sie die physische Welt – auch Ihren Körper, Ihre Identität und Ihre Umwelt – und sogar die Zeit hinter sich lassen und darüber hinausgehen. Dort verwandeln Sie Möglichkeiten in Realität.

Schließlich ist es doch so: Solange Sie die Person, die Sie Ihrer Meinung nach sind, und Ihre konditionierte Überzeugung von der Funktionsweise der Welt nicht hinter sich lassen, können Sie weder ein neues Leben noch ein neues Schicksal erschaffen. Sie müssen also ganz konkret sich selbst aus dem Weg gehen, Ihre erinnerte Identität transzendieren und etwas anderes, etwas Mystisches die Führung übernehmen lassen, was größer ist als Sie. In diesem Kapitel werde ich erklären, wie das geht.

Zunächst wollen wir uns anschauen, wie das Gehirn funktioniert. Wenn Nervengewebe im Gehirn oder Körper aktiviert wird, entsteht Geist. Aus neurowissenschaftlicher Sicht ist Geist also das Gehirn in Aktion. Sie haben beispielsweise einen bestimmten Geist beim Autofahren und einen weiteren, wenn Sie sich duschen, und wieder einen anderen, wenn Sie ein Lied singen oder Musik hören. Bei all diesen komplexen Funktionen nutzen Sie eine bestimmte geistige Ebene, denn all das haben Sie wahrscheinlich schon Tausende Male gemacht; deshalb schaltet sich Ihr Gehirn auf eine ganz bestimmte Weise ein, sooft Sie das tun.

Wenn Ihr Gehirn in Aktion ist, beispielsweise beim Autofahren, schalten Sie in Wirklichkeit eine ganz bestimmte Sequenz, ein Muster oder eine Kombination aus neuronalen Netzen ein. Diese neuronalen Netze sind einfach Neuronencluster, die gemeinschaftlich zusammenarbeiten – so wie ein automatisches Softwareprogramm oder ein Makrobefehl –, weil sie genau das schon so oft gemacht haben. Anders ausgedrückt: Die Neuronen, die zusammen »feuern«, das heißt aktiviert werden, um die jeweilige Aufgabe zu erledigen, »verdrahten« bzw. vernetzen sich immer stärker.1 Durch die bewusste Entscheidung, Auto zu fahren, wählen Sie sozusagen automatisch diese Neuronen im Gehirn aus und aktivieren sie, um eine bestimmte mentale Ebene zu kreieren.

Das Gehirn ist zum größten Teil ein Produkt der Vergangenheit. Es wurde zu einer lebenden Aufzeichnung von allem gestaltet und geformt, was Sie bis zu diesem Zeitpunkt in Ihrem Leben gelernt und erfahren haben. Neurowissenschaftlich betrachtet ist Lernen das Zusammenbringen von Neuronen im Gehirn, wodurch sich Tausende von synaptischen Verbindungen bilden, die sich wiederum zu komplexen, dreidimensionalen neuronalen Netzen zusammentun. Ihr Gehirn erhält durch Lernen sozusagen ein Upgrade. Achten Sie aufmerksam auf Wissen bzw. Informationen, die für Sie einen Sinn ergeben, so hinterlässt die Interaktion mit der Außenwelt biologische Prägungen im Gehirn. Erleben wir etwas Neues, schreiben die Sinne diese Geschichte neurologisch ins Gehirn, und daraufhin tun sich weitere Neuronen zusammen und verstärken die Verbindungen. Dadurch erhält das Gehirn noch ein Upgrade; es wird auf den neuesten Stand gebracht.

Erfahrungen verstärken nicht nur die Schaltkreise im Gehirn, sondern erzeugen auch Emotionen. Wir können uns Emotionen als die chemischen Rückstände vergangener Erfahrungen vorstellen bzw. als chemisches Feedback. Je höher der emotionale Quotient eines Ereignisses im Leben ist, desto langlebiger ist der Eindruck, der sich dem Gehirn einprägt; so entstehen Langzeiterinnerungen. Durch Lernen werden also neue Verbindungen im Gehirn aufgebaut, durch Erinnern werden diese Verbindungen gepflegt. Je öfter Sie einen Gedanken, eine Entscheidung, ein Verhalten, eine Erfahrung oder eine Emotion wiederholen, desto öfter werden diese Neuronen aktiviert und miteinander vernetzt und desto langlebiger ist ihre Verbindung.

Wie Sie aus Annas Geschichte im vorigen Kapitel gelernt haben, beruhen die meisten Erfahrungen auf der Interaktion mit der Außenwelt. Die Sinne verbinden uns mit der Außenwelt und zeichnen neurologisch die Geschichte im Gehirn auf; erleben wir nun etwas höchst Emotionales – sei es etwas Schlechtes oder etwas Gutes –, wird dieser Moment dem Gehirn neurologisch als Erinnerung eingeprägt. Wenn eine Erfahrung also unser normales chemisches Empfinden verändert und unsere Aufmerksamkeit verstärkt auf die Ursache für diese Veränderung lenkt, assoziieren wir eine bestimmte Person bzw. eine Sache damit, wo unser Körper zu einem bestimmten Zeitpunkt ist. So entstehen Erinnerungen in Interaktion mit der Außenwelt. Wir können also sagen: Der einzige Ort, an dem die Vergangenheit wirklich existiert, ist das Gehirn – und der Körper.

So wird die Vergangenheit zur Zukunft

Jetzt wollen wir uns näher anschauen, was im Körper auf der biochemischen Ebene beim Denken oder beim Empfinden einer Emotion passiert. Wenn man etwas denkt (oder sich an etwas erinnert), wird im Gehirn eine biochemische Reaktion ausgelöst, woraufhin das Gehirn bestimmte chemische Signale aussendet. So werden immaterielle Gedanken buchstäblich zu Materie – sie werden zu chemischen Botenstoffen. Durch diese chemischen Signale fühlt der Körper genau das, was man gerade gedacht hat. Sobald wir ein bestimmtes Gefühl bemerken, erzeugen wir weitere Gedanken, die diesem Gefühl entsprechen, und setzen weitere chemische Substanzen im Gehirn frei, damit wir das fühlen, was wir denken.

Hegen Sie beispielsweise einen ängstlichen Gedanken, kommen Angstgefühle in Ihnen hoch. Sobald Sie Angst verspüren, nimmt diese Emotion Einfluss auf Ihr Denken, und Sie denken weitere ängstliche Gedanken, die wiederum zur Ausschüttung weiterer chemischer Botenstoffe in Gehirn und Körper führen, woraufhin Sie noch mehr Angst verspüren. Und schon sind Sie in einer Endlosschleife gefangen, in der Ihre Gedanken Gefühle und Ihre Gefühle Gedanken erzeugen. Wenn Gedanken die Sprache des Gehirns und Gefühle die Sprache des Körpers sind und der Kreislauf des Denkens und Fühlens zu Ihrem Seinszustand bzw. Ihrer Befindlichkeit wird, dann »befinden« Sie sich komplett in der Vergangenheit.

Indem im Gehirn immer wieder dieselben Schaltkreise aktiviert und vernetzt werden, weil Sie immer wieder das Gleiche denken, werden sie zu festen Mustern verdrahtet. So wird das Gehirn zu einem Produkt Ihrer vergangenen Gedanken, und mit der Zeit wird es immer einfacher, automatisch dasselbe zu denken. Gleichzeitig fühlen Sie immer wieder dieselben Emotionen, denn wie gerade erklärt, sind Emotionen die Sprache des Körpers und die chemischen Überreste vergangener Erfahrungen – und konditionieren Ihren Körper dadurch auf die Vergangenheit.

Was heißt das für Sie im Alltag? Angesichts der Tatsache, dass Gefühle und Emotionen die chemischen Endprodukte vergangener Ereignisse und Vorfälle sind, beginnen Sie den Tag in der Vergangenheit, sobald Sie morgens aufwachen und nach dem vertrauten Gefühl namens Ich suchen. Indem Sie über Ihre Probleme nachdenken, erzeugen diese Probleme – die mit den Erinnerungen an vergangene Erfahrungen mit allen möglichen Leuten oder Dingen zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten zu tun haben – vertraute Gefühle wie Unglücklichsein, Vergeblichkeit, Trauer, Schmerz, Kummer, Angst, Sorge, Frust, mangelnder Selbstwert oder Schuld. Wenn diese Emotionen Ihr Denken lenken und Sie nicht über Ihre Gefühle hinausdenken können, denken Sie auch in der Vergangenheit. Und da diese vertrauten Emotionen Einfluss auf Ihre Entscheidungen an diesem Tag nehmen, auf Ihr Verhalten oder die von Ihnen kreierten Erfahrungen, erscheinen Sie ziemlich berechenbar und vorhersehbar – und Ihr Leben bleibt gleich.

Weiter geht’s mit unserem Beispiel: Sie wachen also auf, schalten den Wecker aus, liegen im Bett, schauen Ihre Benachrichtigungen auf Facebook, Instagram, WhatsApp, Twitter an, Ihre SMS und E-Mails und dann die Nachrichten. (Jetzt erinnern Sie sich wirklich daran, wer Sie sind, denn Sie bestärken Ihre Persönlichkeit und verbinden sich mit Ihrer vergangenen-gegenwärtigen persönlichen Realität.) Dann gehen Sie zur Toilette und ins Bad, Sie putzen sich die Zähne, duschen, ziehen sich an und begeben sich in die Küche. Vielleicht schauen Sie jetzt noch mal Nachrichten oder gucken erneut in Ihre Mailbox. Es ist dieselbe Routine wie jeden Tag.

Dann fahren Sie zur Arbeit, auf derselben Strecke wie immer; dort haben Sie mit denselben Kollegen zu tun wie am Vortag. Sie verbringen den Tag damit, ungefähr die gleichen Aufgaben zu erledigen wie gestern. Vielleicht reagieren Sie sogar auf die gleichen Herausforderungen bei der Arbeit mit den gleichen Emotionen. Nach der Arbeit fahren Sie heim, halten vielleicht am Laden an, um schnell was Gutes zu essen einzukaufen, das Gleiche wie immer. Sie kochen sich zum Abendessen das Gleiche wie immer, sehen die gleichen Fernsehsendungen zur gleichen Uhrzeit wie immer, auf demselben Platz, auf dem Sie immer im Wohnzimmer sitzen. Danach machen Sie sich bettfertig wie immer: Zähneputzen (mit der rechten Hand, angefangen oben rechts im Mund), kriechen auf derselben Seite ins Bett, lesen vielleicht noch ein bisschen und schlafen dann ein.

Abläufe, die ständig wiederholt werden, entwickeln sich zu einer Gewohnheit. Eine Gewohnheit besteht aus wiederkehrenden, automatisch ablaufenden, unbewussten Gedanken, Verhaltensweisen und Emotionen, die durch häufiges Wiederholen angenommen wird. Im Grunde ist der Körper dann auf Autopilot und lässt eine Reihe von Programmen ablaufen; mit der Zeit wird der Körper dann zum Geist. Sie haben diese Routinen so oft ausgeführt, dass der Körper automatisch manches besser erledigen kann als Ihr Gehirn bzw. der bewusste Geist. Sie schalten einfach auf Autopilot und werden unbewusst, und das heißt: Am nächsten Morgen wachen Sie auf und tun mehr oder weniger das Gleiche. In einem sehr realen Sinn zieht Sie Ihr Körper in dieselbe vorhersehbare Zukunft, basierend auf dem, was Sie in der immer selben, vertrauten Vergangenheit wiederholt gemacht haben. Sie denken das Gleiche und treffen die gleichen Entscheidungen, die zu den gleichen Verhaltensweisen führen, welche die gleichen Erfahrungen erzeugen, und die produzieren wiederum die gleichen Emotionen. So entstehen mit der Zeit im Gehirn fest verdrahtete neuronale Netze, und damit haben Sie den Körper emotional darauf konditioniert, in der Vergangenheit zu leben – und diese Vergangenheit wird zu Ihrer Zukunft.

Bei einem Blick auf den zeitlichen Tagesablauf – angefangen beim Aufwachen am Morgen und weiter bis zum Schlafengehen am Abend – könnten Sie den gestrigen oder heutigen Ablauf (Ihre Vergangenheit) an die Stelle des Plans für morgen (die Zukunft) stellen, denn das, was Sie heute gemacht haben, ist im Wesentlichen das Gleiche wie das, was Sie morgen tun … und übermorgen und überübermorgen … Seien wir ehrlich: Solange Sie dieselben Routinen beibehalten wie gestern, wird Ihr Morgen logischerweise ziemlich genauso aussehen wie Ihr Gestern. Ihre Zukunft ist eine Wiederholung Ihrer Vergangenheit. Denn Ihr Gestern erschafft Ihr Morgen.

Die vertikalen Linien in Abbildung 2.1 stehen für den immer gleichen Gedanken, der uns dieselbe Entscheidung treffen lässt, wodurch ein automatisches Verhalten in Gang gesetzt wird, das zu einer bereits bekannten Erfahrung führt, die wiederum ein vertrautes Gefühl bzw. eine vertraute Emotion erzeugt. Wird dieser Ablauf ständig wiederholt, verschmelzen die einzelnen Schritte allmählich zu einem automatisch ablaufenden Programm. So überlassen wir unseren freien Willen einem Programm.

 

Der Pfeil steht für eine unbekannte Erfahrung, die irgendwo dazwischen gemacht wird, während Sie auf dem Weg zur Arbeit wieder einmal im Verkehr feststecken, obwohl Sie noch schnell bei der Reinigung vorbeifahren wollten.

Man könnte sagen, Geist und Körper sind im Bekannten – derselben vorhersehbaren Zukunft, die auf Ihrem Verhalten in derselben vertrauten Vergangenheit basiert –, und in dieser bekannten, gewissen Zukunft ist kein Platz für das Unbekannte. Würde in diesem Moment etwas Neues, Unbekanntes passieren und Ihren vorhersehbaren Zeitplan ändern, wären Sie wahrscheinlich verärgert über diese Störung Ihrer Routine, würden es wohl als lästig, problematisch und schlichtweg unbequem betrachten; vielleicht sagen Sie dann: »Kannst du morgen noch mal kommen? Jetzt passt’s gerade nicht.«


Abbildung 2.1

Gewohnheiten sind sich durch Wiederholung entwickelnde, automatisch ablaufende unbewusste Gedanken, Verhaltensweisen und Emotionen. Man hat etwas so oft gemacht, dass der Körper darauf programmiert ist, zum Geist zu werden. Mit der Zeit wird man dadurch in eine vorhersehbare Zukunft gezogen, die auf der Vergangenheit aufbaut. Falls Sie also nicht im gegenwärtigen Moment sind, befinden Sie sich wahrscheinlich in einem Programm.

Tatsache ist: In einem vorhersehbaren Leben ist kein Platz für das Unbekannte. Doch das Unbekannte funktioniert nicht vorhersehbar. Das Unbekannte ist unvertraut, ungewiss – aber es ist auch aufregend, denn es passiert auf eine Weise, mit der wir nicht rechnen und die wir nicht vorherbestimmen können.

Ich frage Sie also: Wie viel Platz ist in Ihrer Alltagsroutine, Ihrem vorhersehbaren Leben für das Unbekannte? Sofern Sie im Bekannten bleiben – das heißt tagtäglich die gleichen Abläufe befolgen, das Gleiche denken, die gleiche Wahl treffen, dieselben einprogrammierten Gewohnheiten an den Tag legen, die immer wieder gleichen Erfahrungen erzeugen, die sich denselben neuronalen Netzen in den immer selben Mustern einprägen, um so dasselbe vertraute Gefühl namens Ich zu bestätigen –, gehen Sie immer wieder in dieselbe Geisteshaltung. Mit der Zeit wird Ihr Gehirn automatisch darauf programmiert, all diese Abläufe beim nächsten Mal noch müheloser auszuführen, und dann wieder – und so geht es immer weiter.

Die Einzelschritte verschmelzen dabei zu einem einzigen Schritt, und daraufhin nimmt ein vertrauter Gedanke an eine Erfahrung oder an jemanden oder an etwas an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Zeit automatisch das mit der Erfahrung einhergehende Gefühl vorweg. Solange Sie das Gefühl einer Erfahrung vorhersehen können, befinden Sie sich nach wie vor im Bekannten. Der Gedanke an eine Besprechung mit denselben Leuten, mit denen Sie seit Jahren zusammenarbeiten, kann beispielsweise in Ihnen die Emotion hervorrufen, wie sich dieses zukünftige Ereignis anfühlen wird. Und da Sie dieses Gefühl vorhersehen können – weil Sie in der Vergangenheit genug Erfahrungen damit hatten und es Ihnen dadurch bekannt ist –, werden Sie wahrscheinlich mehr desselben erzeugen. Und natürlich haben Sie recht damit, aber nur, weil Sie dieselbe Person sind. Umgekehrt ist es genauso: Wenn Sie in einem automatisch ablaufenden Programm stecken und das Gefühl einer Erfahrung im Leben nicht vorhersagen können, werden Sie sich höchstwahrscheinlich nur zögerlich darauf einlassen.

Um ein umfassendes Bild der Vorgänge zu erhalten, die ablaufen, solange wir immer im selben Seinszustand leben, müssen wir uns einen weiteren Aspekt des Denkens und Fühlens anschauen. Diese Schleife aus Denken und Fühlen erzeugt auch ein messbares elektromagnetisches Feld um den physischen Körper herum. Unser Körper sendet immer Licht bzw. Energie oder Frequenzen aus, die Träger einer bestimmten Botschaft, Information oder Intention sind (mit »Licht« meine ich übrigens nicht nur das sichtbare Licht, sondern alle Lichtspektren – unter anderem Röntgenstrahlen, Mobilfunkwellen und Mikrowellen). Auch lebenswichtige Informationen, die auf verschiedenen Frequenzen übertragen werden, können wir so empfangen. Wir senden und empfangen also ständig elektromagnetische Energie.

Das funktioniert so: Beim Denken erzeugen die im Gehirn »feuernden« bzw. aktivierten neuronalen Netze elektrische Ladungen. Wenn diese Gedanken auch eine chemische Reaktion auslösen, die zu einem Gefühl bzw. einer Emotionen führt, und auch wenn ein vertrautes Gefühl oder eine vertraute Emotion Gedanken bewirkt, verursachen diese Gefühle magnetische Ladungen; sie kommen mit den Gedanken zusammen, die die elektrischen Ladungen schaffen, und dadurch wird entsprechend der jeweiligen Befindlichkeit bzw. des jeweiligen Seinszustandes ein bestimmtes elektromagnetisches Feld kreiert.2

Wir können uns Emotionen als Energie in Bewegung vorstellen. Die Energie eines Menschen, der eine starke Emotion verspürt und in ein Zimmer tritt, ist (abgesehen von der Körpersprache) oft sehr spür- und greifbar. Wir alle haben schon einmal die Energie eines ärgerlichen oder sehr frustrierten Menschen zu spüren bekommen; sie war zu spüren, weil diese Person ein starkes energetisches Signal mit einer bestimmten Information ausgesandt hat. Dasselbe gilt für Männer oder Frauen mit einer starken sexuellen Anziehungskraft, für leidende Menschen oder für jemanden mit einer ruhigen, liebevollen Energie: All diese Energien können wir spüren und fühlen. Erwartungsgemäß haben unterschiedliche Emotionen unterschiedliche Frequenzen. Kreative, höhere Emotionen wie Liebe, Freude und Dankbarkeit schwingen viel höher als Stressemotionen wie Angst und Wut, denn sie sind Träger einer anderen bewussten Intention und Energie [siehe Abbildung 2.2 die verschiedene Frequenzen und die damit verbundenen emotionalen Verfassungen veranschaulicht]. Darauf wird später noch genauer eingegangen.

Erschaffen wir also Tag für Tag immer wieder die Vergangenheit, denken die gleichen Gedanken und fühlen dieselben Emotionen, dann senden wir auch immer wieder das gleiche elektromagnetische Feld aus – das heißt dieselbe Energie mit derselben Botschaft. Auf der energetischen und Informationsebene bleibt also der Informationsgehalt unserer gleichbleibenden Energie der Vergangenheit gleich und erzeugt damit auch dieselbe Zukunft. Unsere Energie entspricht damit mehr oder weniger unserer Vergangenheit. Wir können unser Leben nur verwandeln, indem wir unsere Energie verändern, also das elektromagnetische Feld, das wir ständig ausstrahlen. Anders ausgedrückt: Um unseren Seinszustand zu transformieren, müssen wir unser Denken und Fühlen verändern.


Abbildung 2.2

Emotionen sind Energie in Bewegung. Alle Energie ist Schwingung, und jede Schwingung ist Träger von Informationen. Auf Basis unserer persönlichen Gedanken und Gefühle senden und empfangen wir ständig Informationen.

Weil Ihre Energie dorthin fließt, wo auch Ihre Aufmerksamkeit ist (ein Schlüsselkonzept, von dem in diesem Kapitel noch die Rede sein wird), gehen Aufmerksamkeit und Energie in die Vergangenheit, sobald Ihre Aufmerksamkeit einer vertrauten Emotion gilt. Auch wenn diese vertrauten Emotionen mit der Erinnerung an ein vergangenes Geschehnis zu haben, an der eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Objekt an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit involviert ist, werden Aufmerksamkeit und Energie in die Vergangenheit gelenkt; Sie ziehen dadurch Ihre Energie vom gegenwärtigen Moment ab und in die Vergangenheit hinein.