Buchreihe:Respekt - Wirtschaft -

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Majestätsbeleidigungsparagraf

Gegenbeispiel: §103 Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Das war der sogenannte „Majestätsbeleidigungsparagraf“. Da es heute diese Majestäten außer in wirren religiösen Vereinen, nicht mehr gibt, war es schon lange an der Zeit, das Gesetz abzuschaffen. Bundeskanzlerin Merkel hat sich persönlich dafür eingesetzt.

Anlass war ein „Schmähgedicht“ des Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Erdogan. Die Staatsanwaltschaft Mainz ermittelte seinerzeit gegen Böhmermann wegen des Verdachts der Beleidigung des türkischen Staatsoberhaupts Erdogan. Die Rechtsgrundlage dafür bildete §103 StGB. Die Staatsanwaltschaft Mainz stellte die Ermittlungen gegen Böhmermann jedoch Anfang Oktober 2016 ein. Zum 1.1.2018 lautet der 103 StGB nun : „(aufgehoben)“. Gut so. Weg damit.29

Straftatbestand der Beleidigung

Damit ist aber kein rechtsfreier Raum entstanden, denn man kann immer noch gegen ein Gesetz verstoßen, wenn man einen anderen Menschen beleidigt. Das regelt der Straftatbestand der Beleidigung (§185 StGB), der bei Verbalbeleidigung ein Höchstmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht. Im Fall einer verleumderischen Beleidigung droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Das ist ein schönes Beispiel, wie die Gesetzgebung an moderne Zeiten angepasst werden muss. Alleine unter dem Gedanken, dass alle Menschen gleich sind, wie es ja auch im Grundgesetz steht, ist es fairer die „Majestäten“ nicht als bessere Menschen zu betrachten. Wer einen anderen beleidigt, muss dafür haften. Egal ob der andere ein Arbeitsloser, ein Arbeiter, ein Angestellter, ein Rentner oder ein Politiker ist. Es sind alles Menschen, die genauso wie du und ich essen, trinken und auf die Toilette gehen müssen.

Beides sind Einzelbeispiele. Mir geht es jedoch darum, dass wir den ganzen Paragrafendschungel ausdünnen. Die massiv umfangreichen Regulierungen, mit denen wir uns herumschlagen, dienen eher den Anwälten dieser Welt, Schlupflöcher für die Arschlöcher zu finden, als ein gesundes und glückliches Zusammenleben in einer freien Gesellschaft zu gewährleisten.

Das Kleingedruckte muss auf eine Seite

In einem anderen Kapitel beschäftige ich mich noch ausführlicher mit unseren Gesetzen und den notwendigen Änderungen, die wir fordern sollten, damit die Arschlöcher nicht immer gewinnen.

Hier geht es mir um etwas, was entweder nervt oder in den allermeisten Fällen gar nicht wahrgenommen wird: das Kleingedruckte!

Ich habe mir überlegt, dass ich den Umfang dieses Buchs sehr leicht um weitere 50 oder gar 100 Seiten aufblasen könnte. Ich bräuchte nur die Vertragsbedingungen von Facebook oder Google als Beispiel abdrucken.

Die Idee habe ich gleich verworfen, weil dieses Respektbuch schon viel zu umfangreich wurde und aus „dem“ Buch inzwischen die Buchreihe:Respekt wurde. Warum also noch mehr? Nun, es wäre einfach gewesen.

Aber dann hätte es keiner gelesen, so wie keiner die Vertragsbedingungen liest, die die Anbieter von Webangeboten und mobilen Apps uns ständig anzeigen und denen wir wohl oder übel zustimmen müssen.

Hand aufs Herz. Hast du irgendwann einmal die Nutzungsbedingungen von Google, Apple, Facebook, Twitter, Instagram oder Amazon gelesen? Wenn man sich irgendwo registriert, erscheinen sie unaufgefordert. Man muss teilweise seitenlang nach unten scrollen, um dann irgendwo auf „ich akzeptiere“ zu klicken. Damit unterschreibt man einen Vertrag, der schon mal 20 Seiten lang ist. Keiner liest den Mist. Keiner!

Enteignung

Dieses Kleingedruckte nimmt dir aber deine Rechte, es erlaubt den Unternehmen deine Daten zu nutzen, zu verarbeiten, zu verkaufen, zu analysieren. Es erlaubt den Unternehmen, sich aus der Verantwortung zu stehlen und den Gerichtsstand ins Ausland zu legen. Es ermöglicht den Unternehmen Gesetze zu umgehen oder irgendwie anders auszulegen und damit deine Rechte auszuhebeln. Und dem stimmst du zu? Bist doch noch bei Verstand?

Oh, ich vergaß. Wenn du nicht zustimmst, dann darfst da ja gar nicht teilnehmen. Das ist doof. Wenn du also mitmachen willst, weil alle deine Freunde mitmachen, dann musst du einfach unterschreiben.

Dann brauchst du es auch nicht zu lesen. Was nutzt es, wenn du alles gelesen hast, mit vielen Dingen nicht einverstanden bist und an manchen Stellen sogar Empörung verspürst? Nichts.

Wer mitmachen will, wer einen Account haben will, wer mit seinen Freunden Nachrichten und Katzenvideos teilen will, der muss unterschreiben. Er muss sich einverstanden erklären, dass seine Daten genutzt, gebraucht, verkauft und verwurstet werden. Ob er will oder nicht? Das kann man, wenn man genauer darüber nachdenkt, als räuberische Erpressung auslegen.

§255 Deutsches Strafgesetzbuch. Räuberische Erpressung:

„Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.“

Gut, ich gebe zu, dass durch erpresste Zustimmung des Verzichts auf meine Daten keine echte Gefahr für Leib oder Leben besteht.

Auch wenn die Daten über mehrere Dienste und Domains gesammelt und vereint werden. Ich kaufe vielleicht zu teuer ein, wenn der Anbieter merkt, dass ich mich für einen Urlaub interessiere und beim zweiten oder dritten Besuch der Webseite die Preise höher gestellt wurden, was mir gar nicht auffällt.

Die meisten merken auch nicht, dass sie online höhere Versicherungstarife angezeigt bekommen, wenn sie angeben, dass sie schon eine Versicherungspolice bei der gleichen Versicherung haben. Beides ist heute gang und gäbe und wird über kleine Dateien auf deinem Handy oder Computer gemacht. Das sind die sogenannten Cookies, kleine Kekse, die gut schmecken. Angeblich.

Wenn du solche Kekse „nascht“, dann weiß der Anbieter, dass du nun zum wiederholten Male nach einem Pauschalurlaub auf den Kanaren suchst. Du willst es also wirklich. Nun, dann erhöhen wir einmal den Preis, denn der Besucher ist ganz heiß auf die Buchung. Da wird ihm der Urlaub doch auch noch 40 Euro mehr wert sein.

Und schwupp siehst du ein 40 Euro höheres Angebot als ich. Weil ich mich auskenne und die Cookies lösche. Und weil mein Computer gegen viele Datensammler und Manipulatoren geschützt ist, was mich viele Stunden und viel Wissen gekostet hat.

Das kannst auch du erreichen, wenn du dich auskennst und dich damit beschäftigst. Wenn du das nicht willst, so wie 99,9 % aller Menschen, dann zahlst du mehr und deine Daten werden weitergegeben. Nicht schön, aber wahr.

Wie schon oben erkannt, ist mein oder dein Leben dadurch nicht direkt in Gefahr, aber ich lasse mich nicht so gerne verarschen und über den Tisch ziehen. Du etwa?

Schon gar nicht möchte ich, dass mein Leben wie ein offenes Buch allen Unternehmen zur Verfügung steht, die meine Daten kaufen. Du auch nicht! Ich werde in einem anderen Buch zum Thema Privatsphäre noch sehr viel ausführlicher darauf zurückkommen.

Neben dem Klimawandel, der unser Leben bedroht, müssen wir auch aufpassen, dass wir nicht in einer Überwachungsdiktatur enden. Wenn das Klima kippt, haben wir keinen Lebensraum mehr. Wenn irgendwelche Leute uns digital versklaven, dann haben wir keine Lebensfreude mehr und keine Seele mehr. Beides ist schlecht.

Konkrete Forderung!

Hier an dieser Stelle möchte deshalb fordern, dass die AGB, allgemeine Geschäftsbedingungen, und die EULA, Nutzervertrag, grundsätzlich auf eine einzige Normseite beschränkt werden müssen. Ohne wenn und aber!

Ich habe vor ein paar Jahren ein zusätzliches Bankkonto eröffnet. Der gleiche Aufwand. Gefühlt Dutzende von Papieren, die ich unterzeichnen musste. Alles kleingedruckt. Friss oder stirb. Gleiches beim Kreditvertrag. Auch wenn es nur um 2.000 Euro für eine Anschaffung im Haushalt ging. Viele tausend Worte, die keiner liest.

Schlimmer wurde es nur, als ich ein Aktiendepot bei einer Bank anlegen wollte. Noch mehr Kleingedrucktes. Friss oder stirb.

Kein Mensch liest diese Seiten um Seiten um Seiten. Außer den Rechtsanwälten, wenn sie diesen Müll zusammenschreiben, und die Korrekturleser. Kein Kunde liest den Schmarrn. Das weiß auch die Bank.

Deshalb unterschreibt man auch auf einem separaten Bogen, dass der Bankberater einen ausführlich beraten hat und vor allen Dingen auf die Risiken hingewiesen hat.

Was soll also der Unsinn. Wenn es sowieso keiner liest, dann kann man es auch gleich weglassen. Immerhin sollte das Kleingedruckte den Rahmen bestehender Gesetze nicht verlassen dürfen. Aber genau das ist es. Man sichert sich durch das Kleingedruckte immer mehr gegen alles ab und nutzt jede erdenkliche Lücke in den Gesetzen. Dann kann man sich später rausreden.

Du weißt gar nicht, was du unterschreibst

Zumindest kann man es versuchen, denn wenn der Kunde, also du, unterschrieben hast, dann warst du einverstanden. Du wusstet nicht, was du unterschreibst, hast es auch nicht gelesen und wurdest immer zur Unterschrift genötigt, aber du hast unterschrieben.

Deshalb muss ein Richter das entscheiden. Sorry, aber wir können den Schaden nicht begleichen, auch wenn du dachtest, du seist versichert. Im Kleingedruckten steht das eindeutig. Auch wenn es nicht eindeutig ist, man kann es so interpretieren.

So zum Beispiel die Versicherungen gegen Betriebsschließungen, die viele gastronomische Unternehmen, Gaststätten, Restaurants, Hotels und Biergärten abgeschlossen hatten. Dann kam die Coronakrise und der Lockdown. Jetzt würde man meinen, dass das genau das ist: eine Betriebsschließung. Den meisten Unternehmern stand der Angstschweiß auf der Stirn. Gut, dass man genau gegen so etwas versichert war. Denkste.

 

Die, die so dachten, hatten natürlich nicht mit den Tricks der Versicherungsunternehmen gerechnet. Die reden sich nämlich erst einmal raus. Zum einen reiche ein landesweiter Erlass zur Schließung nicht aus. Jeder einzelne Betrieb müsse eine Schließungsanordnung erhalten. Als zweites verlangen einige Versicherer, dass der auslösende Krankheitserreger namentlich im Vertrag erwähnt sein müsse.

Wenn also der Betreiber eines Cafés bei Vertragsabschluss der Versicherung gegen Betriebsschließung gewusst hätte, dass drei, fünf, zehn oder zwanzig Jahre später einmal ein Virus namens Corona Covid-19 ausbrechen würde und das im Vertrag vermerkt wäre, dann würde die Versicherung zahlen.

Ach nee doch nicht, nämlich nur dann, wenn die Behörden dem Café-Besitzer speziell die gesetzliche Anordnung auch noch direkt per individuellem Brief zugestellt hätten.

Ich will das nicht weiter behandeln, du kannst dir selbst ein Bild machen. Es ist nur ein Beispiel, wie wir alle bevormundet und abgezockt werden. Ein Beispiel, wie Unternehmen uns mit Kleingedruckten und allgemeinen Geschäftsbedingungen erpressen und über den Tisch ziehen. Das sahen schließlich auch die Richter des Münchner Landgerichts genauso, die die Versicherung im Oktober 2020 zur Zahlung von 10,1 Millionen Euro Schadenersatz an den klagenden Gastwirt verurteilten.

Die Versicherungsbedingungen seien intransparent, sagte Richterin Susanne Laufenberg. Tausende weitere Klagen sind wohl schon eingereicht.

Über 70.000 solcher Versicherungsverträge wurden wohl abgeschlossen und kein Schaden wurde – bis zum Druck dieses Buchs – gezahlt.

Das zeigt wieder einmal, wie die Multis durch Größe und finanzielle Macht Gesetze verbiegen und uns vor Gericht zwingen. Eine perfide Strategie, die gut funktioniert, weil wir gar keine Mittel haben, um uns vor Gericht zu behaupten. Wie auch.

Wir haben ja unterschrieben. Der Gastwirt hat ja den Namen des Virus nicht gekannt. Wenn er jetzt kein Geld mehr verdient und nicht genug Geld hat, um gegen die Versicherung zu klagen, dann ist er doch selber schuld, der Depp.

Aus diesem Grund fordere ich:

Es gelten die deutschen Gesetze. Wenn innerhalb des gesetzlichen Rahmens weitere oder besondere Vereinbarungen getroffen werden sollen, müssen diese auf maximal einer Seite in leicht verständlicher Sprache definiert sein. Hinweise auf Gesetzestexte sind nicht zulässig.

Das kann man doch verlangen oder nicht?

Forderung 2 –

Gewinn muss investiert werden

In der zukünftigen Gesellschaft, die Respekt vor Menschen und Tierwohl und der Umwelt hat, sollte jeder Vermögende, jeder Erbe und jedes Unternehmen einen Teil des jeweiligen Gewinns in grüne und nachhaltige Unternehmen investieren müssen. Dieser sogenannte Innovationsimpuls wird mehr Arbeitsplätze und neue grüne und nachhaltige Produkte sowie Dienstleistungen generieren. Der ineffiziente und zum Teil unfähige Staat wird entlastet, weil Unternehmer entscheiden, in welche Ideen und Teams investiert wird.

Steuern sind so eine leidige Sache. Für Unternehmer. Nicht für dich, denn du bist sowieso entmächtigt. Wenn du Arbeitnehmer, Angestellter, Beamter oder Rentner bist, dann behält dein Arbeitgeber oder der Staat die Steuern gleich ein. Du bekommst nur den Nettobetrag.

Wenn du schlau und engagiert bist, dann stellst du am Anfang des jeweils nächsten Jahres einen Lohnsteuerjahresausgleich und bekommst ein paar hundert Euro zurück. Das ein schöner Bonus.

Das machen aber nur wenige. Die meisten sind zu faul oder wissen gar nicht, dass es so etwas gibt. Viele denken auch, dass das sehr aufwendig ist und man sich sehr gut auskennen muss. Nun, einfach ist es nicht, aber es gibt Unterstützung für alle.

Die Lohnsteuerhilfe30 ist ein Verein, der dir dabei hilft, Geld vom Staat zurückzubekommen. Dazu musst du nur Vereinsmitglied werden. Die jährlichen Mitgliedsbeiträge richten sich nach den Bruttoeinnahmen des Vorjahres und beginnen bei 39 Euro pro Jahr.

Der durchschnittliche Bruttojahreslohn in Deutschland liegt bei rund 45.000 Euro. Dafür werden rund 150 Euro Jahresbeitrag fällig. Das lohnt sich aber dennoch in den allermeisten Fällen. Die Erstattung ist in der Regel höher. Niedriger wird sie nur, wenn du keinen Lohnsteuerjahresausgleich beantragst. Selber schuld.

Ganz anders ist das natürlich, wenn du Unternehmer oder Selbstständiger bist. Dann zieht dir niemand etwas ab. Dann meldest du dem Finanzamt im Folgejahr, was du eingenommen hast und was du ausgegeben hast. Das erfolgt bei Selbstständigen per sogenannter Einnahmen-Überschuss-Rechnung. So würde beispielsweise ein Personal-Trainer seine Einnahmen addieren und davon seine Kosten abziehen.

Zu den Kosten gehört vielleicht die Untermiete in einem Fitnessstudio, die Anfahrt zum Studio, Arbeitskleidung, Weiterbildungskosten und gewisse Pauschalen. Das wird von den Einnahmen abgezogen und die verbleibende Differenz ist der Gewinn.

Steuern zahlen

Darauf müssen Steuern gezahlt werden. Es besteht natürlich eine gewisse Bandbreite, diesen Betrag zu steuern. Das ist insofern wichtig, da der Steuersatz in Deutschland nicht immer der gleiche ist. Er ist progressiv. Je mehr man verdient, desto mehr Steuern sind zu zahlen.

Bei einem Einkommen von 30.000 Euro in 2020 würde man ca. 17 % Einkommensteuer zahlen müssen. Bei 44.000 Euro schon für alles über 40.000 Euro 21 %.

Es ist also besser gewisse Schwellwerte nicht zu überschreiten. Ein Selbstständiger kann das, bis zu einem gewissen Maße steuern. Das ist ein Vorteil. Es gibt ein paar Möglichkeiten, die Steuerlast und den Zeitpunkt, an dem man zahlen muss, zu beeinflussen. Aber es geht noch besser – sehr viel besser!

Unternehmen erstellen nämlich keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung, sondern eine Bilanz. Damit sind dem Schummeln und dem Betrug alle Türen und Tore geöffnet. Ich erkläre kurz den Unterschied zwischen den beiden Berechnungsarten, ohne gleich ein Steuerseminar zu veranstalten.

Es ist leider wichtig diesen Unterschied zu kennen, damit du verstehen kannst, wie es großen Unternehmen gelingt keine oder nur ganz wenig Steuern zu zahlen, obwohl sie Millionen an Gewinnen erwirtschaften.

Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung wird mit dem Geld, das in der Kasse oder auf dem Bankkonto eingegangen ist, gerechnet. Wenn also jeweils am 31. Dezember des Jahres 10.000 Euro eingegangen sind, dann sind die Einnahmen 10.000 Euro. So einfach ist das. Wenn Geld von einem Personal-Training im Januar eingeht, dann zählt das als Einnahme des nächsten Jahres.

Das Gleiche gilt für bezahlte Rechnungen. Wenn die Rechnung bis zum 31. Dezember bezahlt wurde, dann ist es eine Ausgabe, die abgezogen werden darf. Die Differenz ergibt das zu versteuernde Einkommen. Hier kannst du schon sehen, warum es sinnvoll ist ein paar Rechnungen bis Jahresende zu bezahlen und sich ein paar Leistungen erst im Januar bezahlen zu lassen.

Die Bilanz

Anders bei einer Bilanz. In einer Bilanz werden das Vermögen und die aktuellen Zu- und Abflüsse und die noch offenen Zu- und Abflüsse verbucht. Rechnungen, die nicht bezahlt sind, aber das Jahr betreffen, welches am 31. Dezember abgelaufen ist, werden als Ausgaben des letzten Jahres gewertet, auch wenn sie nicht bezahlt sind. Gleiches gilt für Rechnungen gegenüber Kunden. Wenn die Leistung in dem alten Jahr erbracht wurde, dann zählt dieser Umsatz zu den zu versteuernden Einnahmen des alten Jahres, auch wenn das Geld noch nicht geflossen ist.

Das ist noch kein großer Vorteil, eher ein Nachteil. Spannend wird es erst, wenn man tiefer in die Trickkiste greift.

So darf man nämlich zum Beispiel Risiken abgrenzen und zurückstellen. Nehmen wir einmal eine große Versicherung. Die, die die Betriebsunterbrechung des Gastronomen nicht zahlen will, weil das Coronavirus nicht namentlich in der Police genannt war.

Auf der einen Seite zahlen sie zwar nicht an die Versicherungsnehmer, in der eigenen Bilanz stellen sie die gleichen Beträge aber als potenzielle Forderungen zurück.

Das bedeutet, das Geld wird nicht ausgezahlt, aber auch nicht versteuert. Es könnte ja sein, dass die Gastwirte in drei oder fünf Jahren vor Gericht gewinnen und dann müsste die Versicherung den Schaden doch noch bezahlen.

Dann wäre es ja blöd, wenn auf das Geld schon Steuern bezahlt wären. Im Zweifelsfall würde man nicht zahlen können, weil man das Geld an den Staat gezahlt hat. Das wäre nicht gut und deshalb bildet man eine sogenannte Rückstellung, damit der Staat leer ausgeht. Die Rückstellung selbst wird natürlich höher sein als die Summe, die man an die Versicherten im Zweifelsfalle auszahlen muss, denn die potenziellen Gerichts- und Anwaltskosten kommen noch obendrauf. Alles Beträge, die man nicht sofort versteuern muss.

Dann gibt es noch die Rückstellung für Investitionen und die sogenannten Abschreibungen. Investitionsrückstellungen sind Gelder, die man steuerfrei sparen will, um Maschinen anzuschaffen. Abschreibungen sind Beträge, die vom Gewinn abgezogen werden können, weil die angeschafften Maschinen an Wert verlieren. Und dann gibt es noch gefühlte 100 Bücher mit je 800 Seiten, die beschreiben, was man noch alles wie buchen kann, damit weniger Steuern gezahlt werden müssen.

Konzerne erstellen Bilanzen in der ganzen Welt

Und das betrifft nur die innerdeutschen Regeln. Wenn man international arbeitet, dann kommen nochmal gefühlt 10.000 solcher Bücher dazu. Eine Konzernbilanz ist eine Aufgabe, die ganze Abteilungen mit hunderten von Fachleuten beschäftigt. Die werden nie arbeitslos, denn, sobald die Bilanz fertiggestellt ist, fangen sie mit der nächsten an. Das hört nie auf.

Die Bilanz ist wie ein sich ständig ändernder Verschiebebahnhof. Ständig entstehen neue Regeln und ständig werden Züge mit anderen Gütern beladen. Einige fahren direkt zum Bestimmungsort, andere über ein paar Zwischenstationen. Nicht weil dort irgendwas auf- oder abgeladen werden soll, sondern weil es steuerlich günstiger ist, diese Strecke zu befahren und nicht auf direktem Weg.

Manches Mal ist es auch besser einen beladenen Zug irgendwo eine gewisse Zeit stehenzulassen, um in dem Beispiel zu bleiben, denn dadurch kann man wieder Rückstellungen bilden oder sonstige steuerliche Vorteile gewinnen. So kann es kommen, dass große Konzerne wie zum Beispiel Amazon oder Apple wenig oder gar keine Steuern zahlen.

Hier ein Beispiel, was das bedeutet. Es folgen zwar die US-Zahlen, aber in Europa und in Deutschland sieht es nicht besser aus.