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Goethes Briefe an Leipziger Freunde

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VII

Die Vign. 000 werden Sie nun haben. Für die andern beyden nehmen Sie in Gottes Nahmen, ein Paar unbedeutende. NB nur streichen sie den Schluss iederzeit weg wenn er sich auf die fehlende Vignette beziehen sollte. Das Portrait des Margr. wird wohl auch kommen, ich höre es ist neu gravirt worden. Doch hab ich Lav. darum geschrieben.

G.

Ein Freund schreibt mir beykommendes, könnten Sie mir hierinne rathen? Oder das Buch selbst brauchen?164

VIII

Ein Umstand nöthigt mich zu verreisen, daher ich die Fragmente P.P. Q.Q. R.R. nicht ausarbeiten kann. Die Sie also aus beygehendem Verzeichniss auszulassen belieben. Dagegen ist hier Rameau P.P. und das lezte der phisiogn. Übungen. 19 Apr. 1775.

G.

IX

Die Bogen der Phis. sind biss E.E. bey mir, ich erwarte die Exemplare, und so wär denn auch diese Ladung wieder ausgeschifft.

Wollten Sie selbst an Göbhard in Bamberg schreiben, sonst will ich es Thun. Er hat nicht das geringste Recht an das Buch, wenn er das Buch nicht von Seiten Hrn. Pfeffels selbst hat angetragen kriegt.

Wollten Sie mir gelegentl. ein Wort Antwort melden. Frf. d. 11 May 75.

G.

X

Ich bitte sie lieber Hr. Reich mir unschweer zu melden, wie lange Zeit ich habe biss ich wieder etwas Manuscript zu schicken brauche – die Ursache ist die – Aus Lavaters Hand liegt nun alles fertig bey mir, aber ich möchte noch einige Zugaben machen, woran ich würcklich angefangen habe – Indessen kann alles wenns seyn muss stündlich an Sie abgehn. Leben Sie recht wohl. Frfurt d. 28 May. 1775.

G.

XI

Ich muss Sie mein lieber Hr. Reich mit einer kleinen Bitte beschweeren: wollten Sie mir hier unten benannte Vignetten der Phisiogn. einzeln abdrucken lassen und die Abdrücke rings an dem Platteneindruck beschnitten, mit der reitenden Post überschicken.

1) p. V. Margr. Portrait.

2) „ 43 Knabe mit Zopf

3) „ 56 Drey Satyren

4) „ 84 Judas Kuss

5) „ 91 Heilands gesicht

6) „ 95 Lachverzerrend Gesicht

7) „ 97 Brandwein freund

8) „ 109 Zwey Doppelköpfe

10) „ 111 Ayes trois choses.

Der Ihrige.

Frfurt d 29 Aug1775.

Goethe.

XII

Für die lezte schnelle Besorgung der Vignetten dancke ergebenst. Dürft ich Sie bitten, Sich um nachfolgende Hamanische Schrifften165 zu bemühen, und solche, oder was Sie davon auftreiben an meine gewöhnliche Adresse nach Franckfurt mit dem Postwagen zu schicken, und meine Schuld zu notiren.

1) Wolcken ein Nachspiel sokr. Denckwürdigk.

2) Hirtenbrief über das Schuldrama

3) Essai a la Mosaique

4) Schrifftsteller und Kunstrichter

5) Schrifftsteller und Leser.

6) Des Ritters v. Rosenkreuz lezte Willensmeynung über den Urspr. der Sprache

7) Zwo Rezensionen Nebst einer Beylage.

8) Beylage zun Denckwürdigk. des seel. Sokr.

9) Brief der Hexe von Kadmonbor.

10) Lettre perdue d'un Sauvage du Nord a un Financier de Pe-Kim.

11) Lettre provinciale neologique d'un Humaniste au Torrent de Kerith.

Sie verbinden dadurch Ihren allzeit

ergebensten Dr
Goethe166

XIII

Ich hoffe Sie werden die d. 5 Jan. abgegangne Phis. Papiere richtig erhalten haben. Hier abermal ein Stück, und in wenig Tagen den Rest des ersten Abschnittes. Seyn Sie so gütig mir iederzeit einen Aushängebogen hierher zu schicken, und was sonst vorfiele zu melden.

Weimar d. 15. Jan 76.

Senden Sie mir doch auch Hamans hierophantische Briefe.

Goethe.

XIV

Das noch zu Beendung des XXII Fragments abgehende Blat sende nächstens. Bitte mir zu melden wie viel Bogen abgedruckt sind und wie weit Sie mit dem Mspt. kommen sind. Ich habe noch sehr viel in Händen und fürchte der zweyte Theil möge zu starck werden.

Weimar d. 10 Merz 1776

Goethe.

XV

Hier schick ich Titelblat, Dedikation, Beschluss und Innhalt, und wünsche Glück, zu dem nun auch vollendeten zweyten Theil. Viel Glück zur Reise! – Sehen wir sie nicht vorher. W. d. 25. Apr 76

G.

XVI

Herr Lenz lies mir gegenwärtiges bey seiner Abreise zurück, und glaubte ich würde die innen benandte Manusscripte beylegen können, ich finde sie aber nicht unter meinen Papieren. Seyn Sie also nur so gütig mit dem Drucke des Stücks167 bis auf weitere Nachricht von ihm nicht vorzuschreiten.

Goethe.168

XVII

Hier die Fortsezzung iezt ist nichts weiter in meinen Händen. Die Dedication bleibt an den Landgrafen von Hessen Homburg. Wegen Lenzen bitt ich Sie zu verfahren als wenn ich gar nicht existirte, wie ich auch an der ganzen Sache keinen Antheil habe, auch keinen dran nehme.d. 13 Jan 77 G.

XVIII

Dancke recht sehr für den Meßkatalog, und bitte mir eine Chur Sächsische Accis Ordnung zu überschicken, auch wo möglich eine Preusische. Dann hab ich schon seit geraumer Zeit ein Paar Duzzend Lieder mit Melodien, von Kaysern in Zürch daliegen, ich weis dass es nicht die angenehmste Waare ist, drum hab ich bisher nichts davon gesagt. Er erinnert mich aber wieder dran, und so wollt ich fragen ob Sie sie brauchen oder mir sonst einen Verleger finden könnten. Sie sind wo ich sie gezeigt habe immer mit viel Vergnügen gespielt und gesungen worden.169 Wenn Klinger in Leipzig ist,170 und Sie hätten die Güte ihm ein Wort davon zu sagen, könnte der sich auch wohl nach iemanden umthun der sie übernähme. W. d. 28 Apr. 77.

Goethe

XIX

Ich schicke die ersten Bogen der Phisiognomick, und werde das übrige wie es ankommt nachsenden. Wollten Sie von der Güte seyn mir einige Leyhaus, Leybanck Ordnungen, welche Sie habhafft werden können zu schicken, und mir einmal ein Conto zu machen wie ich bey Ihnen angeschrieben stehe. W. d. 25 Nov 77.

XX

Wenn der iunge Herr Tobler aus Zürich, ein Sohn des bekannten Chorherrn,171 schon, ehe dieser Brief ankommt bei Ihnen gewesen ist, so werden Sie ihn, auch ohne meine Empfehlung wohl aufgenommen haben, weil er sich selbst auf das vortheilhafteste vorstellt. Eben dieses werden Sie finden, wenn er sich nach diesem Briefe bei Ihnen zeigen sollte. Ich bitte Sie nach Ihrer Gewohnheit ihm auch um meinetwillen gefällig zu sein, und ihm, wenn er zu einigen seiner wohlgeratenen Übersezungen aus dem Griechischen einen Verleger suchen sollte mit That, oder, wie es die Umstände erfordern, auch nur mit gutem Rath behülflich zu sein.

 

Der Herr Professor Garve ist so eben bei uns und erinnert sich seiner Leipziger Freunde mit vielem Antheil.172

Ich empfehle mich Ihrem gütigen Andenken. Weimar den 30 Mai 1781.

Goethe

XXI

Für die mir überschickten schönen Bücher173 dancke ich auf das beste, sie sollen mit mir nach Eisenach wandern, wo Landschaffts Versammlung seyn, und wohin der Hof sich begeben wird. Vielleicht findet sich doch eine einsame Stunde um der Einsamkeiten geniesen zu können.

Ich empfehle mich zu geneigtem Andencken.

Weimar d. 24 May 84.

Goethe

XXII

Ew Wohlgeb.

empfangen den lebhafftesten Danck für die Fortsetzung der glänzenden Ausgabe eines glänzenden Werckes.174 Wenn ich etwas dabey vermisse; so ist es das Portrait Dr Oberreits175, welches die Stirne des dritten Bandes hätte zieren sollen. Ich höre wir haben balde Hoffnung Sie hier zu sehen.

Weimar d. 3 May 1785.

Goethe

XXIII

Ew Wohlgeb.

ersuche um die Gefälligkeit die beste Ausgabe meiner Schrifften, in vier Bände, in schönen englischen Band, mit grünem Schnitt binden zu lassen und mir solche wohlgepackt zu übersenden.

Es that mir sehr leid Sie bey Ihrem letzten hiesigen Aufenthalte nicht sehen und diejenige Hochachtung mündlich versichern zu können mit der ich mich unterzeichne

W. d. 22 Aug

1785

Ew Wohlgeb.
ergebenster Dr
Goethe

Aus Briefen
von
Cornelie Goethe

Während der Vorbereitungen zur Goethefeier kam in Leipzig eine Anzahl Briefe von Cornelie Goethe an eine ihrer Jugendfreundinnen zum Vorschein, welche in dem Nachlasse der letzteren unbeachtet da gelegen hatten. Goethes Äußerung über seine Schwester: „Nur durch das genaueste Detail, durch unendliche Einzelnheiten, die lebendig alle den Charakter des Ganzen tragen und, indem sie aus einer wundersamen Tiefe hervorspringen, eine Ahnung von dieser Tiefe geben; nur auf solche Weise hätte es einigermaßen gelingen können, eine Vorstellung dieser merkwürdigen Persönlichkeit mitzutheilen: denn die Quelle kann nur gedacht werden, insofern sie fließt“176 – mußte zu Mittheilungen und Auszügen aus diesen Briefen auffordern; sie hier zu geben lag um so näher, als sie sich auf die Zeit beziehen, aus welcher Goethes hier mitgetheilte Briefe größtentheils herrühren. Sind es gleich nur kleine Züge, die wir hier gewinnen, so machen sie uns doch das Bild seiner so innig geliebten Schwester und der Verhältnisse, unter welchen sie lebten, klarer und bestimmter.

Die Freundin, an welche diese Briefe gerichtet sind, hieß Katharine Fabricius, war eine Tochter des fürstl. Leiningschen Raths und Syndicus Fabricius in Worms, und wurde später an einen Kaufmann Welcker in Leipzig verheirathet. Sie war im Sommer 1767 in Frankfurt bei einer Cousine zum Besuch gewesen und mit Cornelie bekannt geworden, die sich sehr verlassen fühlte; ihr Bruder war in Leipzig, von den Freundinnen, die uns diese Briefe kennen lehren, stand keine ihrem Herzen nahe: so schloß sie sich an diese neue Freundin an und eröffnete nach ihrem Fortgehen einen lebhaften Briefwechsel mit ihr. Gleich in dem ersten Brief spricht sie ihre Betrübniß aus, daß sie sie fortreisen lassen mußte ohne ihr Herz ganz vor ihr öffnen zu können, ohne ihr von einer traurigen Zeit Kunde zu geben, in welcher sie von Unruhe und Kummer gequält, von thörichten Wünschen gepeinigt war, auf welche sie endlich verzichtet und dadurch Ruhe ihrer Seele gewonnen hat: nun soll der Briefwechsel dies ersetzen.

Die Briefe sind in französischer Sprache geschrieben. Was die Veranlassung dazu gegeben hat, ist nirgend angedeutet. Man möchte vermuthen, daß der Vater, welcher Cornelie mit seinem Unterricht quälte, es so verlangt habe, allein auch der Theil dieses Briefwechsels, von dem er nichts wußte, den sie insgeheim für sich schrieb, ist französisch abgefaßt. Wir können das nur bedauern; denn abgesehen davon, daß das Französisch incorrect und ungelenk ist, so hat jedenfalls die fremde Sprache der Unmittelbarkeit und Eigenthümlichkeit des Ausdrucks gar sehr geschadet; man wird häufig an die Schule erinnert und glaubt mitunter einen aufgegebenen Aufsatz zu lesen. Das tritt selbst in dem Tagebuch hervor, in welchem sie mit großer Offenheit nicht nur ihre kleinen Erlebnisse, sondern alle ihre Gefühle schildert. Nachdem sie nämlich vom 1. October 1767 bis zum 28. Juli 1768 an ihre aimable, agréable, auch solide amie, wie die Anreden lauten, sechs Briefe geschrieben hatte, beginnt sie am 16. October 1768 Morgens 8 Uhr ein Tagebuch, das an die Freundin gerichtet ist, und ihr die innersten Regungen ihres Herzens, ihre Fehler und Schwächen aufrichtig offenbaren soll. Sie schreibt dasselbe in freien Augenblicken im Geheimen auf ihrem Zimmer, und beklagt sich deshalb, daß nach der Krankheit ihres Bruders dasselbe als Speisezimmer benutzt werde, weil sie jetzt die Zeit nach Tische nicht für sich benutzen könne. Niemand weiß darum, selbst ihr Bruder nicht, der übrigens an dem ostensiblen Briefwechsel mit der Freundin, welcher dabei fort geht, Theil nimmt, ihre Briefe liest und für Cornelie die Antwort übernimmt. Ein Brief dieser Art, welchen sie während der Krankheit ihres Bruders (3. Febr. 1769) geschrieben hat, sticht allerdings gegen das zu gleicher Zeit niedergeschriebene Tagebuch weniger durch die Form als durch den sehr äußerlichen Inhalt merklich ab. Natürlich wird auch der Freundin wiederholt ans Herz gelegt, daß sie diese Briefe niemand zeigen möge, erst später wird eine gemeinsame Freundin in Worms, Mlle. Meixner, welche Cornelie ebenfalls bei einem Besuch in Frankfurt hat kennen lernen, mit in das Geheimniß gezogen. Von Zeit zu Zeit wird das Tagebuch mit der Post abgeschickt, doch soll das Geheimniß auch dadurch gewahrt werden, daß, während die Briefe mit C. F. C. Goethe177 unterzeichnet sind, die einzelnen Sendungen des Tagebuchs entweder gar nicht oder mit einem verschlungenen GC unterschrieben sind: freilich ein recht mädchenhaftes Incognito. Im Anfange ist dasselbe mit großem Eifer geführt, selten ist ein Tag ohne Aufzeichnung geblieben, mitunter schreibt sie an einem Tage mehr als einmal. Im Jahre 1769 fängt der Eifer an allmälig nachzulassen, im Juni, Juli und August sind nur wenige Blätter an einigen Tagen beschrieben, und auch der Inhalt ist dürftig und unbedeutend; daß gar wenig vorfiel, worüber sie sich beklagt, war wohl nicht der einzige Grund, das Verhältniß selbst scheint allmälig lockerer geworden zu sein.

In dem ersten bedeutenderen Theil des Tagebuchs ist die Darstellung sehr ausführlich und lebhaft. Die kleinen Begebenheiten Corneliens und ihrer Freundinnen werden sehr im Detail berichtet, und namentlich zeigt sich eine Vorliebe, die Personen redend einzuführen und ganze Gespräche mitzutheilen. Dazwischen treten lebhafte Äußerungen des Gefühls und der Leidenschaft, Betrachtungen über sich selbst, moralische Reflexionen. Ohne Zweifel würde alles sich unweit besser ausnehmen, freier und unbefangener erscheinen, wenn es deutsch geschrieben wäre, indeß ist jedenfalls eine gewisse schriftstellerische Absichtlichkeit in der Form dieser Aufzeichnungen nicht zu verkennen. Die Eigenthümlichkeit Goethes, seinen Erlebnissen und Gefühlen einen künstlerischen Ausdruck zu geben, hatte darauf gewiß einigen Einfluß, und da er ihr alles mittheilte, was er aus innerem Bedürfniß wie zum Studium niederschrieb, so mochte dadurch der Gedanke in ihr rege werden, sich in ähnlicher Weise zu versuchen, um wie er in dieser Thätigkeit Trost und Erleichterung zu finden. Daß der Erfolg bei ihr nicht derselbe war, darf uns nicht Wunder nehmen. Indessen hatte sie noch ein anderes Ideal, das sie zu diesem Unternehmen begeisterte – den Grandison. „Il y a longtemps que j'ai voulu commencer cette correspondence secrète, par laquelle je vous apprendrai tout ce qui se passe ici; mais pour dire la vérité j'ai toujours eu honte de vous importuner avec des bagatelles qui ne valent pas la peine qu'on les lise. Enfin j'ai vaincu ce scrupule en lisant l'histoire de Sir Charles Grandison; je donnerois tout au monde pour pouvoir parvenir dans plusieurs années à imiter tant soit peu l'excellente Miss Byron. L'imiter? folle que je suis; le puis je? Je m'estimerois assez heureuse d'avoir la vingtième partie de l'esprit et de la beauté de cette admirable dame, car alors je serois une aimable fille; c'est ce souhait que me tient au cœur jour et nuit. Je serois à blamer si je désirois d'être une grande beauté; seulement un peu de finesse dans les traits, un teint uni, et puis cette grace douce, qui enchante au premier coup de vue; voilà tout. Cependant ça n'est pas et ne sera jamais, quoique je puisse faire et souhaiter; ainsi il vaudra mieux de cultiver l'esprit et tacher d'être supportable du moins de ce côté là. – Quel excellent homme que ce Sir Charles Grandison; dommage qu'il n'y en a plus dans ce monde.“178 Goethe hatte also die Verehrerinnen des Grandison (S. 125. 141) nicht weit zu suchen. Indessen würde man irren, wenn man glauben wollte, das Tagebuch sei eine Art von Roman oder auch nur romanhaft aufgeputzt; es ist durch und durch wahr.

Der allgemeine Eindruck, welchen dasselbe macht, ist schmerzlich und rührend. Überall spricht sich ein sittlicher Ernst mitunter nicht ohne Größe aus, nicht minder aber auch eine trübe, unruhige Stimmung, der die innere Befriedigung des Gemüthes fehlt. Die Charakteristik, welche Goethe von seiner Schwester gibt, wird aufs vollständigste bestätigt, nur daß hier, wo sie sich gegen eine vertraute Freundin ausspricht, manche Züge mädchenhaften Wesens hervortreten, welche man weniger erwarten möchte, z. B. das Interesse für Kleidung und Putz, Vergnügungen und Stadtgeschichten, so wie eine gewisse Neigung zur Moquerie, welche sich mitunter zeigt.

 

Das Leben, welches sie führt, ist allerdings, wie sie oft klagt, einförmig und bietet ihr wenige und bescheidene Zerstreuungen. Unter diese werden hauptsächlich Spaziergänge gerechnet, aber sie können nur in gewählter Begleitung unternommen werden, wenn man sich nicht unbarmherzigem Gerede aussetzen will; und sie muß sich um so mehr in Acht nehmen, als sie von gewissen Leuten scharf beobachtet wird, die sie freilich nicht achtet, denen sie aber um so weniger eine Blöße geben will. Zu den Vergnügungen gehörte auch das Brunnentrinken. „Je ne vous ai pas encore appris (schreibt sie den 28. Juli 1768), que je bois les eaux à l'allée; nous avons là une compagnie tout à fait charmante des dames et des chapeaux, dont le plus aimable est Mr. le Docteur Kölbele, que Vous connoissez, par son oration du mariage qu'il tient une fois en Votre présence; où il nous compara, nous autres femmes, à des poulets. Maintenant il nous donne des leçons sur la philosophie morale. Cependant rien n'est plus plaisant que quand il veut exercer la galanterie qui dort depuis longtems auprès de lui. Nos dames qui sont les plus gaies du monde la lui aprennent de nouveau. Elles se font mener par lui, porter le parasol, verser leur verres, ah, ma chère, il execute tout ça avec des gestes si modernes, qu'on le disoit être arrivé immédiatement de Paris. Nous avons aussi de la musique composée de dix instruments, savoir de cors de chasse, hautbois, flûtes, un contreviolon et une harpe. Vous pouvez Vous imaginer quel bel effet ça fait dans la verdure. Nous chantons aussi souvent pour plaire à notre charmant Docteur, car quoiqu'il soit très sérieux, il aime nonobstant de voir la jeunesse enjouée. Ce chanson s'accorderoit bien sur lui: Es war einmal ein Hagenstoltz, il s'est même bien plû à l'entendre.“ Das ist offenbar derselbe Kölbele, dessen große Füße Goethe zu seinem Bilde Gottscheds verwendet (S. 60).179 Mitunter werden Gärten besucht bei einem Hrn. Glötzel und ihrem Oheim jenseits des Mains; auch besteigt sie einmal mit einer Gesellschaft den Pfarrthurm, wo sie sehr befriedigt von der Aussicht, dem Fernrohr, den großen Glocken zu erzählen hat. Von Landparthieen war der Vater kein Freund;180 so nimmt sie auch an einer Parthie keinen Antheil, welche ihre Freundinnen nach dem Forsthaus machen, einem noch bestehenden ländlichen Belustigungsort im Stadtwalde unterhalb der Stadt auf dem linken Mainufer, den wahrscheinlich Goethe im Faust unter dem Jägerhaus gemeint hat.

Im Hause war das Clavierspiel, in dem sie, wie uns Goethe181 erzählt, es weiter gebracht hatte als er, eine angenehme Zerstreuung. „Je jouerai un air sur le clavecin (schreibt sie einmal in großer Aufregung), que ces vapeurs passent.“ Mit großer Theilnahme spricht sie von dem unglücklichen Tode des Clavierspielers Schobert182 in der Capelle des Prinzen Conti in Paris, der an giftigen Pilzen gestorben war (1. Oct. 1767). „Il a composé XV ouvrages gravées en taille douce, qui sont excellentes et que je ne saurois me lasser de jouer. Toute autre musique ne me plait presque plus. En jouant des sentiments douloureux percent mon âme, je le plains ce grand auteur, qui à la fleur de son age avec un tel génie a fallu périr d'une façon si misérable et inopinée.“ Von ihrer Lectüre ist wenig bemerkbar, außer dem Grandison werden die „lettres du Marquis de Roselle“ von Elie de Beaumont (Paris 1764) erwähnt. „Je vous ai envoyée (schreibt sie 14. März 1768) les lettres du Marquis de Roselle, lisez les avec attention, on y peut profiter beaucoup, le vice y est montré sous l'apparence de vertu dans toute sa forme. Le Marquis qui n'a pas l'expérience du monde, donne dans les filets de cette fausse vertu, et s'y enveloppe de façon, qu'il coute beaucoup à l'en tirer. Que tous les jeunes gens y prennent un exemple, qui comme lui ont le cœur droit et sincère et ne se doutent nullement de la tromperie que cette sorte de femmes exercent avec eux. C'est là une grande cause que notre jeunesse est si corrompue puisqu'un vice engendre l'autre. Relisez plusieurs fois la lettre où Mme. de Ferval parle de l'éducation de ses enfants. Si seulement toutes les mères en usoient de même, certe qu'on ne verroit pas tant de filles insupportables comme Vous en connoissez et moi aussi.“

Der gesellige Verkehr besteht hauptsächlich in Nachmittagsbesuchen, zu welchen man sich gegenseitig anmeldete, und welche um 8 Uhr Abends regelmäßig endeten (um 10 Uhr war Schlafenszeit); dazu kamen im Winter große Gesellschaften, welche alle Dienstag, abwechselnd, wie es scheint, in verschiedenen Familien gehalten wurden, und der Besuch des Concerts, welches alle Freitag im Saale des Hrn. Busch Statt fand, wo sich auch die vornehme Welt versammelte. Mitunter klagt sie freilich über Langeweile, welche sie in diesen Gesellschaften empfand, übrigens ist sie gegen diese Vergnügungen keineswegs gleichgültig – „je vis à présent, schreibt sie einmal, d'une façon très tranquille, mais cette tranquillité n'a point des charmes pour moi; j'aime la variété, l'inquiétude, le bruit du grand monde, et les divertissements tumultueux“ – ; der Winter ist ihr durch dieselben vergangen, sie weiß selbst nicht wie; als Simonette Bethmann mit Hrn. Metzler verlobt ist, hofft sie, das werde wohl einen Ball geben, obgleich sie meistens durch ihre Gesundheit verhindert wurde, Bälle zu besuchen.183 Aus dem Kreise der „verständigen und liebenswürdigen Frauenzimmer,“ welchen sie um sich versammelt hatte, und ohne herrisch zu sein beherrschte184, lernen wir hier manche näher kennen. Allein wenn sie auch bei allen ihren Freundinnen ohne Ausnahme Achtung und Liebe genoß185, so sehen wir hier, daß sie zu keiner derselben in einem nahen und innigen Verhältniß stand. Sie beklagt sich gegen Kath. Fabricius, daß sie in Frankfurt keine wahre Freundin habe, und die Weise, mit der sie von ihren Bekannten spricht, bestätigt es. Ihre hübschen und munteren Cousinen Antoinette, Charlotte und Katharine186 sind ihr recht angenehm, Leonore de Sauffure unterhält sie durch ihre witzigen Bemerkungen in einer langweiligen Gesellschaft („la méchante Leonore fit quelques remarques, aux quelles je ne sûs resister; ces dames s'imaginerent je crois, que nous tenions un peu de la lune: n'importe ce sont des fades créatures“), Caroline und Lisette v. Stockum werden als große Schönheiten gepriesen; von einem näheren Verhältniß keine Spur. Von einer Mlle. B. erzählt sie, daß sie untröstlich sei über den Weggang ihres Geliebten T., der durch unglückliche Schicksale gezwungen war, in Braunschweig Schauspieler zu werden, sie meint aber, das werde nicht länger dauern, als bei einer jungen Wittwe, die am ersten Tage mit ihrem Manne sterben wolle, am zweiten sich tröste, am dritten sich nach einem neuen umsehe; sie berichtet denn auch nachher, daß sich ein Liebhaber schon wieder gefunden habe; indessen findet sie dieselbe später wieder untröstlich, daß sie einen von T. ihr geschenkten Ring verloren habe. Mlle. S. macht sich durch Putz- und Gefallsucht unausstehlich; unerklärlich ist bei ihrem sonstigen Charakter ihre treue und unerschütterliche Liebe für einen unwürdigen W., von dem sie nicht lassen kann, obwohl sie seine Fehler kennt und schmerzlich beweint, so daß man sie in dieser Hinsicht doch achten müsse. Denn treues Festhalten an dem einmal erkannten und liebgewonnenen erkennt sie an anderen vor allen an und bekennt, daß sie dies für eine ihrer guten Eigenschaften halte.

Die ungünstigste Schilderung wird von einer Cousine der Kath. Fabricius gemacht; sie ist einfältig und langweilig, benimmt sich steif und albern und brüstet sich mit der Lectüre vieler Bücher, von denen sie nichts versteht „Ha ha, riez; elle eut dernièrement sa grande compagnie, j'y fus; qu'elle scène misérable; ah, ma chère, Vous connoissez celles qui la composent; nous parlâmes d'économie, de la lecture, des arts, des langues. Qu'en dites Vous? Pour moi, j'eus si mal d'une conversation, dont je ne pouvois détourner la fadeur, qu'il me falloit bien de temps à me remettre. Je pouvois là à loisir examiner le caractère de chacune et j'entrevis clairement, que c'est l'éducation, qui les rend si sottes. Elles font les dévotes forcées, ne regardent point d'homme, parce qu'on leur défend absolument de converser avec tout autre, que celui qui sera leur mari; d'éviter toute connoissance particulière avec qui ce soit; et que si elles parlent très peu, se tiennent bien droites et font les précieuses, qu'alors elles sont accomplies. N'est ce pas là une éducation bien pitoyable et peu digne d'être imitée? puisque au lieu des filles spirituelles on ne trouve que des statues, qui ne prononcent autre chose que oui et non.“ Auch sie hat einen Liebhaber, Namens Steinheil, der später fortreist; sie tröstet sich bald darüber. Es scheint als ob sie Baumann hieß, und dann war sie dieselbe, welche mit einem Kopfputz „en forme de pyramide ou pour mieux dire à la rhinoceros“ bei Cornelie zum Besuche war, als ihr Bruder hereintrat. „Elle prit une de ses mines, que Vous connoissez, la tête levée et les yeux baissées et ne parla pas le mot.“ Darin erkennen wir die Art zu verkehren, welche Goethe nach seinem Aufenthalt in Leipzig so unangenehm entgegentrat,187 und Cornelie spricht das unumwunden aus, was Goethe sich nicht getraut zu sagen (S. 140). Wenn nun auch die anderen jungen Mädchen zum großen Theil sehr verschieden waren, so machen es doch Corneliens Äußerungen sehr begreiflich, daß er in ihrem Umgang nicht Gefahr lief sein Herz zu verlieren.188

Das einzige Mädchen, von welchem sie mit lebhaftem Interesse spricht und mit dem sie sich fortwährend beschäftigt, ist Lisette Runkel, welche als eine schöne, anmuthige Erscheinung auftritt. Anfangs spricht sie von ihr als einer lieben Freundin und einem verständigen Mädchen mit warmer Zärtlichkeit. Allein nach einiger Zeit tritt bei ihr eine große Eitelkeit, eine Putzsucht und Coquetterie hervor, die ihren beschränkten Verhältnissen ebensowenig angemessen ist, als die Anmaßung, welche sie zu zeigen anfängt. Endlich erfährt man, daß B., der reiche Besitzer des Hauses „der König von England,“ ein Wittwer von sechs und vierzig Jahren, ihr den Hof macht, und daß sie, in der Hoffnung ihn zu heirathen, jetzt die große Dame spielt. Mit ihm hat sie im Phaethon eine Reise nach Darmstadt gemacht und dort bei den Hoffesten durch ihre Schönheit und die Pracht ihres Anzuges eine glänzende Rolle gespielt. „Elle étoit vêtue en Vénitienne, une juppe de satin bleu doublée en argent, un corset de la même couleur et un survêtement de satin cramoisi, le tout garni de pelisse brune et de dentelles d'argent. Ses cheveux pendoient flottants, ils étoient noués en façon romaine et entrelacés de perles et de diamans. Sur le milieu de la tête il étoit attaché de la crêpe blanche, qui pendoit jusqu'à la taille, et de là par terre étant serrée au milieu avec une riche écharpe d'argent.“ Sie erregte allgemeines Aufsehen, die Prinzen und Prinzessinnen drängten sich um sie; Prinz Georg tanzte allein mit ihr und litt nicht, daß ein anderer sich ihr näherte. Der Tod des Landgrafen störte die Fortsetzung dieser Freuden.189 Trotz der Entfremdung, welche durch dieses Benehmen zwischen Lisette und Cornelie eingetreten war, sahen sie sich doch und jene zeigte mitunter wahre Anhänglichkeit. Bei einem Besuch, den sie Cornelie geputzt wie eine Prinzessin macht, theilt sie ihr mit, daß jene Heirath mit dem Wittwer, der ihr allerdings seine Hand angeboten habe, nicht zu Stande kommen werde, und eröffnet ihr später, daß ein junger reicher Kaufmann aus Amsterdam, Namens Dorval, sie auf der Reise in Frankfurt gesehen und sich in sie verliebt habe und daß sie mit ihm verlobt sei. Die beiden Freundinnen sind nun wieder versöhnt. Cornelie, welche alles aufs ausführlichste erzählt, hat die größte Freude an dem Glück Lisettes, welche, damit nichts fehle, auch noch eine Erbschaft macht; sie nimmt das lebhafteste Interesse an ihrer Liebe, bewundert das Feuer und die Ausdauer der Zärtlichkeit Dorvals, der einer der vorzüglichsten Menschen sein müsse, und liest seine Briefe an Lisette so aufmerksam, daß sie sie aus dem Gedächtniß theilweise wieder aufschreiben kann; sie findet sie freilich etwas übertrieben und romanhaft, aber doch so vortrefflich, daß man sie wohl drucken könnte. Dieses gute Verhältniß aber dauert nur einige Monate; bei Lisette tritt die Eitelkeit und Coquetterie wieder zu sehr hervor, sie ist während Dorvals Abwesenheit von Anbetern umschwärmt, von denen sie sich den Hof machen läßt, und beträgt sich durchaus nicht liebenswürdig. Jener Wittwer gibt einen glänzenden Ball, auf welchem Lisette die Krone sein wird; Cornelie ist wie ihre Cousine Katharine durch Unwohlsein verhindert, daran Theil zu nehmen, mindestens wollen sie deren Schwester auf eine Weise putzen, daß sie Lisettes Diamanten ausstechen könne. Sie fühlt, daß sie an ihr keine treue Freundin mehr hat. „Vous et Mlle. Meixner Vous êtez mes seules amies en qui je puis me confier. Je croyois en avoir une éternelle en Lisette, mais son terme a peu duré, l'applaudissement général du grand monde l'a gaté. Fière de ses conquêtes elle méprise tout le monde et quoique Dorval est uniquement aimé, l'encens de tant de cœurs lui plait au delà de l'expression, elle s'en vante partout et triomphe secrètement de Vous abaisser par ses charmes. Jugez, ma chère, si avec ces sentiments elle peut être amie fidèle. Il y avoit un tems où peu connue du monde elle se crut heureuse par mon amitié, mais ce tems n'est plus, et je vois par là, que c'est le train du monde.“ Endlich kommt es zu einem förmlichen Bruch. „Que direz Vous, ma chère, si je Vous apprends que Miss190 Lisette et moi nous sommes totalement brouillées et d'une façon qui ne sera pas à remettre. Si j'avois le tems je Vous ferois part de toute l'histoire, mais elle est trop longue; il suffit à Vous de savoir, que la mère et la fille m'ont accusée de médisance et de trahison, et que j'ai trouvée ces termes trop viles pour m'abaisser à une justification. Cette affaire m'a causée une révolution de quelques jours, mais elle est passée et j'ai reprise ma tranquillité, qui a l'air de durer longtems, si un accident nouveau ne la chasse.“

Dieses Zerwürfniß hatte aber noch einen anderen Grund. Im Runkelschen Hause hatte Cornelie einen Herrn G. kennen lernen, einen ehrlichen, gutmüthigen, aber wie es scheint etwas ungeschickten Menschen, der während dieser ganzen Zeit als ihr treuer, unermüdlicher Liebhaber erscheint, von ihr aber mit der äußersten Kälte behandelt wird. Er wird mit dem Namen le misérable oder le miséricordieux bezeichnet, „qui fait tout par miséricorde, Vous m'entendez bien.“ Gleich im ersten Brief erzählt sie, wie sie ihm mit äußerster Verachtung den Rücken zugekehrt habe, später freut sie sich, daß Lisette – „elle devient tous les jours plus sage et naturellement plus grande“ – ihn jetzt eben so sehr hasse und verachte, wie sie selbst. Dann erfährt man den Grund ihrer Entrüstung. „J'eus jusqu'ici une très mauvaise opinion de lui, croyant toujours qu'il étoit coupable et qu'il avoit raisonné de moi d'une manière peu décente, comme je Vous l'ai appris.“ Da ihr Betragen gegen ihn seit einem Jahr so auffallend war, hatte er sich darüber beklagt und erfahren, was man ihm Schuld gebe. Empört hatte er es für Verleumdung erklärt: „cette méchante vipère de Rst inventa tout ceci par haine ou par jalousie,“ und um eine Zusammenkunft mit Cornelie gebeten, damit er sich rechtfertigen könne. „Je le vis, il se justifia, convaincue de son innocence je le remis dans mes bonnes graces … et voilà la paix faite – hahaha! C'est bien court me direz Vous, je m'attendois à une description particulière. Pardonnez moi … je ne saurois; de peur d'étouffer de rire. Ma chère si Vous aviez été dans un coin, Vous n'auriez pas subsisté … Représentez Vous notre situation, la sotte figure que nous fìmes en nous abordant. Suffit.“ – So wenig dieser Spott zu der moralischen Betrachtung paßt, mit welcher sie ihre Erzählung einleitet – „mon principal but est de faire réparation d'honneur à une personne, que j'aie noircie dans Votre esprit étant alors préoccupée des rapports malins qu'on m'en avoit faites. Il est vrai, mon enfant, nous avons touts le défaut de croire plutôt le mal de notre prochain que le bien; c'en est un grand je le confesse“ – so bleibt diese Stimmung doch die vorherrschende, und der gute G. bekommt, so viel Mühe er sich auch gibt, von den bonnes graces wenig zu spüren. Um sich ganz zu rechtfertigen, sucht er eine Zusammenkunft mit Cornelie und der Rst., „pour lui dire, qu'elle est la plus infame créature et de la forcer d'avouer la verité en ma présence;“ eine Zusammenkunft, welche sie begreiflicher Weise eben so sehr vermeidet. Unermüdlich sucht er Cornelie in Gesellschaft und im Concert zu sehen und zu sprechen, ohne etwas zu erreichen; wenn sie ihn nicht vermeiden kann, fertigt sie ihn kurz ab, hält sich über ihn auf – „j'étouffe de rire“ ist fast allemal der Schluß. Endlich bietet sich ihm die günstige Gelegenheit, sie mit ihrer Cousine Katharine aus dem Concert nach Hause zu begleiten. „Enfin notre carrosse arriva, nous descendìmes, il se faisoit gloire de me mener par toute la foule, mais moi j'en étois choquée. L'aimable Cathérine vit ma peine, fachée de ne pouvoir y remédier, elle me serra la main en me conjurant de prendre patience. Nous la menâmes chez elle et enfin me voila seule avec cet homme. Chère Miss, me dit il en mettant sa main sur la mienne, ce procédé Vous paraitra peutêtre libre; mais j'ai taché depuis longtems à Vous parler sans temoins, l'occasion est si favorable et Vous me pardonnerez cette liberté. Ce commencement me paru trop ridicule pour ne pas éclater; il ne s'en apperçoit pas et continua.“ Er bittet sie um Aufrichtigkeit, er habe den Eindruck, welchen Cornelie auf ihn gemacht, unvorsichtig Lisette Runkel und ihrer Mutter mitgetheilt, welche dadurch eifersüchtig gemacht, ihm mit der Rst. bei Cornelie zu schaden gesucht hätten und noch suchten. „Je fus prédestiné à être malheureux et je le serai toujours, si Vous ne me rendez pas Votre affection. Dites moi, Miss, me hairez Vous sans cesse? prononcez une seule parole et je suis le plus heureux des mortels. – Si ça Vous rend tranquille, Monsieur, je la prononcerai. Je Vous assure de mon estime et de mon amitié. Soyez heureux, c'est ce que je souhaite de tout mon cœur. – Je n'y tiens plus, ma chère, j'étouffe de rire.“ Hierdurch aufmerksam gemacht entdeckt sie nun, daß Lisette und ihre Mutter zu verhindern suchen, daß sie mit jenem G. zusammenkomme, ja daß sie sogar, um dies zu hintertreiben, Bestellungen in ihrem Namen erfinden, unter dem Vorwand, ihr dadurch einen Gefallen zu erweisen; gegen diese Falschheit und Betrügerei erklärt sie sich sehr bestimmt, und veranlaßt nun selbst eine Einladung zu einem Besuch, bei welchem auch er gegenwärtig sein wird. „En entrant chez Lisette j'y trouvai sa mère et une dame de leur connoissance; après le café nous jouâmes quadrille. A six heures Monsieur se fait annoncer et entre dans le même instant. Il nous salue généralement, puis se postant vis à vis de moi il me regarde pendant un quart d'heur entier. Il n'ose approcher de moi, mais Madame l'en prie d'un ton moqueur et il s'assied entre nous deux filles. Je lui parle avec beaucoup de complaisance, Lisette me contemple d'un air jaloux et Madame qui se trouve piquée s'en veut venger en me raillant de ma distraction et de mon inattention pour le jeu; je fis semblant de ne pas comprendre ce qu'elle vouloit dire.“ Zum großen Verdruß der beiden begleitet G. Cornelie nach Hause und auf dem Wege kommt es zu neuen Erklärungen. „Que m'apprit-il là, ma chère? des inventions infernales pour nous désunir, des mensonges ouvertes; enfin que Vous dirai-je? je vis, mais trop tard, que je lui avois fait tort pendant le cours de quatre années, que ma credulité en étoil la cause, et qu'il n'a commis aucune faute que celle de me trop estimer. Ne suis-je pas la plus blamable des filles? Grondez moi, ma chère, car je le mérite.“ Als sie an ihr Haus kommen, hat er ihr noch vieles, ja die Hauptsache zu sagen – „La porte s'ouvrant alors j'entre le cœur dechiré par mille pensées diverses. Ne me plaignez pas, je le mérite.“ Diese mitleidige Stimmung dauert aber nicht lange. Vor seiner Abreise sieht G., welchen sie nach jener Aufklärung nicht mehr mit seinem Spottnamen bezeichnet, sie noch einmal. „Ma chère, si Vous aviez entendue ce discours Vous auriez fait des éclats de rire; pour moi j'étois si serieuse, que l'occasion le demandoit.“

164Vom 5. Apr. 75.
165Vgl. Werke XXI. S. 240. XXII. S. 78 f.
166Vom 2. Nov. 75.
167Von Lenz erschienen die „Soldaten“ 1776 und „der Engländer“ 1777 in der Weidmannschen Buchhandlung.
168Vom 29. Nov. 76.
169Es sind die „Gesänge mit Begleitung des Claviers.“ Leipzig und Winterthur 1777. Auf dem Titel ist als Motto folgender Vers, gewiß von Goethe: Tief aus dem Herzen hingesungenNehmt diese Lieder, Herzenein,So ist mir jeder Wunsch gelungen,So sind auch eure Freuden mein!
170Klinger war von 1776 bis 1778 Theaterdichter bei der Seylerschen Gesellschaft, welche in Gotha, Dresden und Leipzig Vorstellungen gab. In Kaysers Liedersammlung ist auch eins von Klinger.
171Briefe an Frau v. Stein II. S. 69.
172Briefe an Merck II. S. 186.
173Zimmermann, über die Einsamkeit. Leipz. 1784 und 1785. 4 Thle.
174Von Zimmermann.
175Oberreit, damals in Jena, Gegner Zimmermanns.
176Werke XXI. S. 13.
177Ihr voller Name war Cornelie Friederike Christiane.
178Vgl. .
179Joh. Balth. Kölbele, Dr. jur. und Rechtspraktikant, auch Schriftsteller und Judenbekehrer, starb 1778.
180Werke XX. S. 181.
181Werke XX. S. 139. 143. 150.
182Er hieß eigentlich Schubart und kam 1760 nach Paris. Bei Gerber ist sein Todesjahr falsch 1768 angegeben.
183Eckermann Gespr. II. S. 331.
184Werke XXII. S. 68.
185Werke XXI. S. 17.
186Es sind dieselben Mädchen aus der Familie Gerold, welche in Goethes Briefwechsel mit Hel. Elis. Jacobi (S. 9. 11. 14) erwähnt werden, und von denen einige Cornelie in Emmendingen Gesellschaft zu leisten pflegten, Werke XXII. S. 346 (wo der Name Gerock ein Versehen zu sein scheint.)
187Vgl. .
188Vgl. S.
189Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt starb den 17. Octob. 1768 (Cornelie schreibt den 19. Oct.). Der zweite Sohn desselben war Prinz Georg Wilhelm, geb. 1722, gest. 1782.
190Diese Benennung Miss kommt sehr häufig vor; ob sie damals durch die englischen Romane Mode geworden war, oder nur eine Liebhaberei von Cornelie, weiß ich nicht zu sagen.