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Goethes Briefe an Leipziger Freunde

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XXXV

Daß Ew. Wohlgeboren nicht schon längst auf Ihren werthen Brief geantwortet, ist der verspätete Druck beykommenden Heftes eigentlich Schuld. Nehmen Sie es freundlich auf und gedenken dabei vergangener Zeiten.

Briefe, wie Sie solche wünschen, finden sich wohl unter meinen Papieren. Leider verbrannte ich 1797 eine zwanzigjährige geheftete Sammlung aller eingegangener Briefe, die ich mir bei meinen biographischen Arbeiten sehnlichst zurückwünschte; die neueren, bis auf wenige Jahre, stehen in Kisten geschlagen in Bodenkammern, wo jetzt unmöglich zu arbeiten ist. Ferner habe ich eine schöne Sammlung eigenhändiger Briefe der Schriftzüge wegen gesammelt,267 auch diese will ich durchgehen um etwas für Sie herauszufinden. Nur gegenwärtig bitte um Geduld! Außer mancherley äußern Zudrang habe ich noch meinen Divan auf die Messe zu bringen und was dergleichen mehr ist.

Nun noch eine vertrauliche Frage, die ich mir baldigst zu beantworten bitte. Nach der augenblicklichen Erschütterung von Jena möchten wohl auch die Griechen daselbst, zwölf an der Zahl, auswandern. Ich kenne mehrere davon, vorzügliche, fleißige und stille Menschen.268 Sollten sie wohl sämmtlich oder zum Theil in Leipzig Unterkommen finden wenn sie sich gebührend meldeten? Sagen Sie mir, da Sie die dortige Constellation kennen, wie Sie hierüber denken, es soll, was Sie mir vertraulich äußern, niemand erfahren. Über die wunderlichen Zustände des Tages kein Wort, jeder muß diese Vorfälle bei sich selbst verarbeiten.

Mit unwandelbarer Neigung und Vertrauen

Weimar d. 4. April

1819.

Goethe

XXXVI

Ew. Wohlgeboren danke nur mit wenig Worten für die gegebene Nachricht. Können Sie gelegentlich diesen jungen Männern ohne Beschwerde einige Freundlichkeit erzeigen, so werden Sie ein gutes Werk thun. Empfehlungsschreiben, wie sie wohl verdienten, habe ich ihnen nicht mit gegeben. Dagegen habe einem Stuttgarder Musikus, Namens Kocher, Sie in meinem Namen zu begrüßen aufgetragen; er hat mir durch musikalischen Vortrag und Gespräch wirklich Interesse abgewonnen. Mögen Sie ihm einige Aufmerksamkeit schenken und mir Ihre Gedanken über ihn und seine Composition eröffnen da ich mir in einer fremden Kunst wohl Antheil aber kein Urtheil erlaube.269

Wegen gewünschter Briefe ging mir in diesen Tagen der Gedanke bei: meinen Freund von Knebel, in Jena, deshalb anzusprechen. Er führt seit vielen Jahren mit allen deutschen Literatoren Correspondenz und vielleicht gewinnen wir da einige Ausbeute.

Mit den herzlichen Wünschen

Weimar den 15 April 1819.

aufrichtig ergeben,
Goethe

XXXVII

Es ist der Mühe werth gelebt zu haben wenn man sich von solchen Geistern und Gemüthern begleitet sieht und sah; es ist eine Lust zu sterben wenn man solche Freunde und Liebhaber hinterläßt, die unser Andenken frisch erhalten, ausbilden und fortpflanzen. Nehmen Sie meinen herzlichsten Dank für Ihren herrlichen Brief, dessen ich mich als des schönsten Zeugnisses zu rühmen habe. Nächstens erhalten Sie ein Exemplar meines Divans, dem ich gleichfalls eine günstige Aufnahme versprechen darf.

Wahrscheinlich kommen meine Kinder auf einer kleinen Reise270 durch Leipzig, die ich in Ihr Connewitz271 zu führen bitte, damit sie mir, nach dem Augenschein, die Wiederherstellung Ihres so lieben und auf eine zeitlang verleideten Lustsitzes bescheinigen.

Weimar d. 18. Aprl.

1819.

und so fort und ewiglich
verbunden
Goethe

XXXVIII

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey eine geringe Ausbeute, der ersten beiden Buchstaben meiner Handschrift Sammlung, damit ich vorläufig meinen guten Willen beweise. Diese vier Briefe haben wenigstens das Interesse, daß man in gewiße Zeiten, Zustände und Charaktere hineinsieht, von denen wir kaum mehr einen Begriff haben. Bodmers Hand zu entziffern möchte wohl die größte Schwierigkeit seyn, doch ist es interessant genug zu sehen welche Bücher man damals zu lesen anrieth. Finden sie diese Blätter einer Abschrift zu künftigem Gebrauche werth, so erbitte sie mir sodann zurück. Ich gehe die Sammlung nach und nach durch und sende mehr vielleicht auch Bedeutenderes.

Weimar den 27. May.

1819.

Mit aufrichtigen Wünschen
danckbar anhänglich
J W Goethe

XXXIX

Sie haben mich, theurer, trefflicher Mann, mit immer gleichem Schritt und unverwandter Gesinnung durchs Leben begleitet und mich, der ich so viele Mißklänge von außen zu vernehmen hatte, stets mit reiner, wahren, ächten Theilnahme erfreut, daß ich sehr undankbar sein müßte wenn ich nicht eine darbietende Gelegenheit ergriffe, meinen Dank endlich auszusprechen. Nehmen Sie daher im Ganzen freundlich auf, was Ihnen im Einzelnen zusagte272 und gedenken mein jetzt und künftig in Geist und Liebe.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung hinzufügen welche einem alten Autor wohl ziemen mag. Es giebt dreierley Arten Leser: Eine, die ohne Urtheil genießt, eine dritte, die, ohne zu genießen urtheilt, die mittlere die genießend urtheilt und urtheilend genießt; diese reproducirt eigentlich ein Kunstwerk aufs neue. Die Mitglieder dieser Classe, wozu Sie gehören, sind nicht zahlreich, deshalb sie uns auch werther und würdiger erscheinen. Ich sage nichts Neues, Sie haben hierüber gleichfalls erfahren und gedacht.

Leben Sie recht wohl und seyen meinen Kindern freundlich, wenn sie auf ihrer Rückreise von Berlin273 in Leipzig verweilen sollten wovon ich noch keine gewisse Nachricht habe.

Weimar d. 13 Juny.

1819.

und so fort und ewig
verbunden
Goethe

XL

Nichts Angenehmeres hätte vor meiner Abreise nach Carlsbad bey mir einlangen können als ein Brief von Ihrer Hand, mein Theuerster, überschrieben. Die Lesung des Vorigen erregte mir ein Gefühl das ich in ähnlichen Fällen mehrmals empfand, das nämlich, daß mich keine Furcht für Sie anwandlen wollte. Eben aber, die Reise nach Böhmen anzutreten endlich bestimmt, wollte ich, zu meiner Beruhigung bey andern anfragen und in demselben Augenblick erfahre ich, von freyen Stücken, durch Sie selbst, Ihre Genesung. Lassen Sie mich dazu aufrichtig Glück wünschen und nach einem solchen Sturze eine dauerhafte Gesundheit hoffen. Der vielfache Drang vor meiner Abreise verbietet mir mehr zu sagen, deshalb ich auch auf Ihren ferneren geneigten Antrag zu antworten bis auf meine Rückkunft verschiebe: denn dergleichen überraschende, wohlmeynende Gesinnungen anzunehmen oder abzulehnen ist gleich bedenklich. Leben Sie inzwischen recht wohl und empfangen meinen aufrichtigen Dank, sowohl für baldige Nachricht Ihrer Beßerung, als die sogleich gegen uns gewendete Neigung Ihres lieben Gemüthes.

Möge ich bey meiner Rückkehr das Gute und Beßere von Ihrem Befinden vernehmen.

Jena den 23. August.

 

1819.

treulichst verbunden
Goethe

XLI

Nun möchte denn doch auch wieder einmal Zeit seyn bey Ihnen, mein werthester Herr und Freund, theilnehmend anzuklopfen nach Ihrer Thätigkeit zu fragen, damit man doch wieder als mitlebend erscheine. Seit dem August vorigen Jahrs hab' ich mir viel auferlegt und ist mir viel auferlegt worden, so daß diese Zeit, ob ich gleich gar keiner Zerstreuung Raum gebe und der entschiedensten Einsamkeit genieße, auch Tag und Stunde zu nützen suche, ich dennoch immer in Rückstand verbleibe. So schleicht sich denn auch die Erfahrung ein, daß das Alter weniger fördert als die Jugend und man nicht mehr von einer Thätigkeit zur andern so schnell übergehen kann.

Nehmen Sie ein Exemplar meines Divans als Zeichen des Zutrauens und der Hochachtung. Da ich mich einmal in jene Regionen gewagt, so hab ich, wie es auf Reisen zu gehen pflegt, mich länger verweilt, mehr Zeit und Kräfte verwendet, als billig, auch zuletzt keine Anstrengung gescheut um nur endlich wieder nach Hause zu kommen. Sagen Sie mir nun auch etwas von sich und wie es mit Ihren literarischen- und Kunstbeschäftigungen geht? Herr Weigel schreibt mir mit Entzücken von den Abenden, wo Sie Freunden eine Beschauung Ihrer Schätze gewähren. Möcht ich doch auch Theil daran nehmen können!

Weimar den 3. April

1820.

treulichst
Goethe

XLII

Ihre werthe Sendung mein Theuerster, ist mir keineswegs klein: denn sie sagt mir, daß Sie meiner gedenken, und nicht etwa nur im Augenblick des Schreibens, sondern auch in Zuständen, wo unser Wollen und Vollbringen im Conflict ist. Da ich nun auch auf gleiche Weise, mich gegen das Leben verhalten muß, in bewegter Ruhe, in ruhiger Bewegung, wenn nicht gar die ganze Weltgeschichte, wie schon ein paar mal geschehen, über uns herpoltert; so nehme ich immer im Stillen reinen Antheil an denen, die mit mir, früher oder später, heran kamen, gleiche Gesinnungen gehegt und gleiche Schicksale erlebt haben.

Und so sey Ihnen Dank für das niedliche Stück,274 das Gelegenheit gab Ihrem Schreiben. So viele Jahre früher wäre es schon aufgeführt, unter gegenwärtigen Umständen habe es den zeitigen Machthabern eingehändigt, welche sich deßen gerne bedienen und auf die Fortsetzung begierig seyn werden.

Aus beyliegendem nehmen Sie auch freundlich Ihren Antheil.

Jena den 3. Octobr.

1820.

treulichst verbunden
Goethe

XLIII

Ew. Wohlgeb.

verzeihen wenn ich erst späte und nur mit wenigen Worten vermelde: daß wirklich an dem ersten Band von Wilhelm Meisters Wanderjahren gedruckt wird, damit er Ostern erscheinen könne. Auch dieser wunderlichen, verspäteten Production erbitte Gunst und Antheil.

Ihren auserlesenen Arbeiten275 werde gern manche ruhige Stunde widmen und, wie sonst, daraus mannigfaltiges Vergnügen schöpfen. Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken! Gedrängt von vielen Seiten! Eiligst.

Weimar den 18. Febr.

1821.

aber treulichst
Goethe

XLIV

Wenn der Unglaube, wie das Alte und Neue Testament behauptet, die größte Sünde ja die Sünde der Sünden ist, so haben Sie, mein Werthester, viel abzubüßen, da sie an der guten Wirkung Ihrer allerliebsten Productionen immerfort Zweifel hegen. Gerade im Gegentheil kann ich versichern daß ich in den mitgetheilten werthen Bänden mich mit ältern Freunden und Bekannten gar gern unterhalten, neuere mit Heiterkeit begrüßt und so die angenehmsten Stunden verlebt habe.

Nehmen Sie nun von Ihrer Seite meinen Wanderer freundlich auf, wie er sich denn hiermit bescheiden und heiter darstellt. Da es uns Deutschen nun einmal nicht gegönnt ist in entschieden geistreicher Gesellschaft des Lebens zu genießen und uns gegenwärtig in Person an einander auszubilden: So möge denn was dem Einsamen gelingt zuletzt gesellig zusammentreten und uns empfinden lassen wie wir nachbarlich mit einander gelebt und uns wechselseitig liebend gefördert. Erhalten Sie mir ein fortdauerndes freundliches Andenken.

Weimar den 21. Juny

1821.

treulichst
Goethe

Erlauben Sie noch Anfrage und Bitte. Bei Ihrem Mitbürger Fr. Peters sind Streicherische Flügel zu haben in Mahagonie Holz für 245 Thlr. in Nußbaum 200 Thlr. Conventionsgeld. Gewiß kennen Sie Mann und Waare, dürfte ich Sie ersuchen die Gegenwärtigen anzusehen und zu prüfen, mir auch alsdann Ihr Urtheil zu eröffnen, da ich denn eher einen Entschluß faßen könnte als auf allgemeine Empfehlung. Verzeihen Sie dies Bemühen; wir werden dagegen in unserm häuslichen Kreise desto öfters dafür erinnert werden.

LXV

Ew. Wohlgebornen unterlasse nicht zu vermelden, daß der empfohlene Flügel gestern glücklich angekommen,276 sogleich von Herrn Hartknoch, einem Schüler unseres verdientesten Capellmeister Hummel, geprüft und, sowohl von ihm, als den sämmtlichen Zuhörern probat befunden worden. Nehmen Sie den besten Dank: mir eine so schöne Acquisition versichert zu haben und seyn überzeugt daß wir uns bey manchem Genusse Ihrer freundlichen Theilnahme dankbar erinnern werden.

Möge Ihr Sommer-Aufenthalt in dem herrlichen Schandau durch gute Witterung und Gesellschaft beglückt seyn. Ich hoffe gleiches in Böhmen, wohin ich mich, mehr der Veränderung und Zerstreuung als der Cur willen, nächstens begebe.

Lassen Sie, nach beiderseitiger Rückkehr uns von einander vernehmen.

Weimar d. 15 July

1821.

treulichst
Goethe

XLVI

Schreiben und Sendung, mein Theuerster, hat mich höchlich erfreut. Wer aus innerem Triebe treulich liebevoll arbeitet und mittheilt, darf an reiner Aufnahme nicht zweifeln. So haben Sie mich durch Ihre römische Geschichts Epoche277 ganz eigentlich gefördert, indem ich, bei Veranlaßung der von Knebelschen Übersetzung des Lukrez, mich in der Zeit aufhalte die der welche Sie betrachten unmittelbar vorhergeht;278 suche ich mich also in Ihrem Sinn recht eigentlich zu finden und übertrage Ihre Ansichten nur einige Schritte rückwärts, so bringt es mir gar viel Vortheil; denn es ist einer mündlichen Unterredung zu vergleichen.

Ihre treffliche mir wohlbekannte Schilderung jener Leipziger Unglückstage lese ich wieder279 und bewundere abermals die besondere Fügung daß ein Mann von Ihrem Geist und Sinn, in Augenblicken wo uns die Sinne vergehen, das Übergewicht eines angebornen und wohlgeübten Talents empfindet, zur Feder greift das Unerträgliche in der Gegenwart zu schildern. Sie erhalten nächstens dagegen einen treuen Abriß meiner wunderlichen Militairlaufbahn; auch durch diese Erbkrankheit der Welt mußt ich einmal durch, damals ging ich der Weltgeschichte entgegen, nachher hat sie uns am eigenen Heerde aufgesucht.

Daß Sie Sich aus dem letzten Stücke von Kunst und Alterthum gerade dasjenige aneignen,280 was ich im besten Humor geschrieben freut mich sehr. Der Zustand des Schreibenden, theilt sich dem wahren Leser sogleich völlig mit, und ich erkenne dankbarlich, den schönen Wiederklang freundschaftlich-einstimmiger Gesinnung.

Ist die Melodie von Zelter: Um Mitternacht, zu Ihnen gelangt? ich bin so oft ich sie höre, sehr davon erbaut.281 Was Sie Selbst über Musik mittheilen wollen soll mir höchst willkommen seyn.

Möge Ihre schöne Thätigkeit von allen Seiten her belohnt werden.

Weimar, den 22. Aprl.

1822.

treulich verbunden
J W Goethe.

XLVII

Ew. Wohlgeb.

haben durch Ihr werthes Schreiben mir Hoffnung und Wunsch erfüllt, denn da ich selbst nicht sonderlich mehr mobil bin, so kann mir nichts erfreulicher seyn als wenn Freunde, deren Denkart und Gesinnung ich kenne, von ihren Reisebemerkungen Urtheilen und Gefühlen vertrauliche Mittheilung schenken, und so hab ich denn auch mit großem Vergnügen gesehen daß Sie genug Gutes und Löbliches von Wien und den dortigen Zuständen zu sagen wißen.

Auch ich war dieses Jahr wieder in Böhmen, fand meine alten Freunde und Neigungen wieder gewann neue dazu und fühlte mich in diesem Kreise sehr behaglich; auch nahm ich Theil an dem neueinzurichtenden Prager Museum und denke das nächste Jahr an die Fortsetzung einer längst gewohnten Lebensweise.

Betrübt haben mich deswegen Ihre Worte: „dazu nun das Volk, ich meyne die große Masse, in seinem Wohlstande, (Böhmen abgerechnet, das es nicht besser haben will, als es hat, und es besser zu haben schwerlich werth ist)“. Ich weiß recht gut daß dort nicht alles ist wie es seyn sollte; aber Ihre Worte scheinen mir doch zu hart und zu hauptstädtisch; ich darf Sie daher wohl bitten sich näher zu erklären und mir dadurch Anlaß zu geben bey meiner Rückkehr in jene Gegenden besser aufzumerken und da ich meine Neigung nicht wohl aufgeben kann, doch ohne allzu entschiedenes Vorurtheil meine Liebschaften prüfen zu können.

Von Paulus und Johannes wünschte doch auch nähere Schilderung.

Möge Ihnen alles Gute gegönnt und verliehen seyn! Das erste säuberliche Exemplar das mir vom Buchbinder zukommt erhalten Sie sogleich, ich darf es Ihrer herkömmlichen, mir so werthen Theilnahme nicht erst umständlich empfehlen.

Es ist mir in dieser Zeit gar vieles Gute begegnet; Hr. Dr. von Henning in Berlin hat Vorlesungen gehalten über meine Farbenlehre, ich lege seine Einleitung bey, die wohl für jeden gebildeten Geist verständlich und nicht ohne Intereße seyn möchte.

 

In Hoffnung baldigen Erwiederns wünsche Ihrer fortwährenden Theilnahme immer versichert zu bleiben.

Weimar den 20. Septbr.

1822.282

treulichst
Goethe.

XLVIII

Ew. Wohlgeb.

haben durch Ihre wahrhaft liebenswürdige Sendung,283 ganz eigentlich meinem Hause Seegen gebracht. Ihre herzlich eindringende Darstellung des Messias, erregte den unwiderstehlichen Wunsch die alten verklungenen Gefühle in mir zu erneuen und nun unter Anleitung des wackern Eberweins durch freundliche Theilnahme von Künstlern und Liebhabern vernehme soviel von dem köstlichen Werck daß ich aufs neue darüber entzückt seyn und Ihnen für diesen Genuß aufs verbindlichste danken muß.284

Da nun hiebey das herrliche, sich immer gleichbleibende Piano, wie vor Kurzem unter den Fingern der Madame Szymanowska,285 eine Hauptrolle spielt, so sind Sie dem Geiste nach manchen schönen Abend unter uns.

Vergönnen Sie daß ich von diesen häuslichen Festen, in Bezug auf Ihre Veranlaßung, öffentlich einige Worte verlauten laße, wie ich denn auch des übrigen Inhalts Ihres Bandes mit Hinblick auf die früheren Arbeiten zu gedenken habe.286 Möge Ihnen alles wohlgelingen und Sie mich den so viele Jahre geschenckten Antheil auch fernerhin genießen laßen.

Weimar den 2. Aprl.

1824.

fort und fort
J W Goethe

XLIX

Ew. Wohlgeb.

gefällige Mitwirkung in einer kleinen, obschon für mich nicht unbedeutenden Angelegenheit mir zu erbitten, sehe ich mich in diesen Tagen veranlaßt.

Die Weygandische Buchhandlung, welche zuerst meinen Werther verlegt und einige weitere Ausgaben, ich erinnere mich nicht wieviel, davon veranstaltet hat, machte mich vor einiger Zeit mit der Absicht bekannt eine nochmalige zu versuchen, wünschte meine Anerkennung und eine Vorrede, wie sies nannten.

Gegen den neuen Abdruck war nichts einzuwenden, ob ich irgend einige einleitende Worte finden könnte mußte ich einer günstigen Stimmung überlassen.

Jetzt melden sie mir daß der Abdruck im Gange sey und nun von mir die öffentliche Anerkennung durch irgend ein Vorwort nöthig werde, wie sie denn das Honorar meinem billigen Ermessen anheim stellen.

Nun ist hier freylich kein großer Gewinn zu hoffen, doch möchte wohl jedermann von Zeit zu Zeit sich oder den Seinigen einen billigen Wunsch versagen zu dessen Befriedigung er sich ein zufälliges Mittel wünscht. Sie sehen leicht daß es in diesem Falle unerfreulich wäre direct zu handeln und vielleicht gar zu markten, darum ich dieselben ersuche die Vermittlung über sich zu nehmen, wozu folgendes möge die Einleitung seyn.

Ich lege funfzig Reimzeilen bey, denen ich Ihren Beyfall wünsche;287 sie könnten den guten Leuten vorgewiesen werden, ohne jedoch solche bis zu abgeschlossenener Sache aus Handen zu geben. Ew. Wohlgeb. sind selbst Autor und haben mit den Verlegern genugsamen Verkehr um zu wissen was in dieser Sache recht und billig wäre.

An einen Contrakt für die Zukunft war vor funfzig Jahren nicht zu denken und ich erinnere mich kaum jener frühern Verhandlungen, auch möchte nach so vieler Zeit, nach den großen Veränderungen im Buchhandel gegenwärtig dieses als ein ganz neues Geschäft anzusehen seyn. Haben Sie die Güte die Betheiligten anzuhören und ihre Meynung zu vernehmen.

Es ist hier darum zu thun meine Zustimmung zur neuen Auflage zu honoriren, die denn durch das beykommende Gedicht, welches auch seinen Werth haben mag, deutlich ausgesprochen und vor dem Gesetz und dem Publicum legitimirt wird. Haben Sie die Güte mir deshalb Vorschläge zu thun in Bezug auf jene Erkundigungen nach eigenem Ermeßen und behalten wie schon gesagt das Gedicht an sich, bis zum Abschluß, wie ich denn auch alsdann wegen des Titels einiges zu bemerken wünsche.

Die herkömmlich gebundenen gehefteten und allenfalls rohen Exemplare haben Sie die Gefälligkeit mir auszudingen.

Laßen Sie mich gestehen daß es etwas eigen Reitzendes für mich hat, nach meinem neulichen, für sittlich und ästhetische Mittheilungen dankbaren Briefe, diesen ökonomisch-rücksichtlichen sogleich abzulaßen. Möge dies auch zu dem bestandenen guten Verhältniß noch einen freundlichen Bezug hinzufügen.

Weimar d. 30 Aprl.

1824.

redlich
theilnehmend,
aufrichtig ergeben
Goethe

L

Ew. Wohlgeb.

nehmen den allerverbindlichsten Dank für die geneigte Vermittlung; im Beygehenden erhalten Sie das Nöthige zu Beendigung des kleinen Geschäfts. Ein bejahrter deutscher Autor, weiß nur zu gut, daß er weder Engländer noch Schottländer ist und daß in solchen Fällen eigentlich nur von Anerkennung eines Rechtes, nicht von dem Äquivalent einer Arbeit die Rede seyn kann. Also nochmals aufrichtigen Dank, daß Sie mir ein unmittelbares Mißgefühl, worauf es insolchen Fällen meistens hinauszugehen pflegt, ersparen wollen.

Ich bedinge mir also funfzig vollwichtige Ducaten, wie man sie im Österreichischen ohne Widerrede annimmt, sogleich durch die fahrende Post gesendet; auch in der Folge 24 Exemplare gutes Papiers, einige hübsch gebunden, wie man es in Leipzig versteht und ausübt. Wollte man Titel und Gedicht alsobald abdrucken und mir den Bogen zur Durchsicht schicken, so würde es angenehm seyn.

Wäre dies nicht, so hätten Sie wohl die Güte eine Revision zu übernehmen, damit der poetischen Sorgfalt ihr Recht wiederfahre.

Daß Ihr neuster Band glückliche Wirkung thun würde, schloß ich aus dem was bey mir erregt worden. Nächstens übersende das neuste Heft Kunst u. Alterth. und bitte mit einem naiven Zeugniß meiner treulichen Theilnahme geneigt vorlieb zu nehmen.288 Bey mir geht es immer etwas rascher zu als ich wohl wünschen möchte, doch wird sich zunächst auch wohl nachkommen laßen.

Weimar den 22. May

1824.

und so ferner
treulichst
Goethe
267Werke XXVII. S. 212. Briefw. m. Zelter I. S. 350.
268Werke XXVII. S. 337 f. 353.
269Vgl.
270Briefw. m. Zelter III. S. 10 ff.
271Vgl.
272Die Ausgabe von Goethes Werken in 20 Bänden war in diesem Jahr vollendet.
273Briefw. m. Zelter III. S. 19.
274Die Freunde, Schauspiel in 1 Akt. Auswahl Th. V.
275Auswahl aus Fr. Rochlitz's sämmtlichen Schriften. Züllich. 1821. 22.
276Werke XXVII. S. 398.
277Umrisse eines Gemäldes von Rom in den Jahren 60-44 v. Chr. Auswahl Th. IV.
278Werke XXXII. S. 276. XXVII. S. 387.
279Vgl.
280Das gleich erwähnte Lied in Kunst und Alterth. III. 3. S. 170.
281Vgl. Briefw. m. Zelter II. S. 453 f. III. S. 82. Werke XXXII. S. 341. 354.
282Am 26. Febr. 1823 theilte August v. Goethe Rochlitz die Nachricht von der schweren Erkrankung seines Vaters mit und sprach die Hoffnung aus, daß nun die Gefahr beseitigt sei; wörtlich wie an Zelter, Briefw. III. S. 292 f.
283Für Freunde der Tonkunst von Fr. Rochlitz. Leipzig 1824.
284Eckermann Gespr. I. S. 148. Briefwechsel m. Zelter III. S. 404. 417. 421. 430.
285Briefw. m. Zelter III. S. 329 f. Sie war im October 1823 in Weimar. Eckermann Gespr. I. S. 72 f. 77 f.
286Kunst u. Alterth. V. 1. S. 154 ff. Werke XXXII. S. 334 ff.
287Werke II. S. 92 ff.
288Vgl.