Das Finanzkapital

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Zusatz

Die Leistung des Bankgewerbes im Dienst am Geldbedarf der kapitalistischen Unternehmenswelt geht weit hinaus über die Erleichterungen, die Industrielle und Kaufleute selber schon erfunden und praktiziert haben, um die Umschlagszeit ihres Kapitals zu verkürzen und die Kontinuität ihres Geschäftsgangs sicherzustellen.

Die haben erstens die Gewohnheit entwickelt, Warenlieferung und Zahlung zeitlich zu trennen und einander Zahlungsfristen zu gewähren. Das macht es allen ein bisschen leichter, über die Durststrecke zwischen dem Einsatz benötigter Produktionsmittel und dem Gelderwerb für deren Bezahlung durch Verkauf des Produzierten hinwegzukommen. In das harte Geschäftsleben ist damit ein erstes Moment von Vertrauen eingeführt: wechselseitiges Vertrauen in die Dauerhaftigkeit der Geschäfte und in die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft ihrer Betreiber.

Darüber hinaus haben die Profis des Marktes den Handelswechsel erfunden: die Technik, dem Käufer einer Ware statt prompter Zahlung ein terminiertes Zahlungsversprechen abzunehmen, das der Empfänger seinerseits als Zahlungsmittel an seine Lieferanten weiterreicht, für dessen Erfüllung er dann allerdings auch seinerseits haftet. Die Macht des Geldes, auf Ware in fremdem Eigentum zuzugreifen, wird so – befristet, aber wirksam – von seinem Vorhandensein abgelöst; ersetzt durch eine Willensbekundung, mit der das Eigentum an Waren unwiderruflich übertragen wird. Ihre Bindung an die Herstellung von werthaltigem Eigentum und dessen Verselbständigung in verdientem Geld wird diese auf bloßer Zusicherung beruhende Zugriffsmacht natürlich nicht los: Nach Ablauf der Frist, für die das Zahlungsversprechen als Zahlungsmittel gilt und fungieren kann, ist Geldzahlung fällig. Immerhin befreit dieser kommerzielle Kredit zwischen Industriellen und Kaufleuten die Beteiligten, die alle mit der Gleichung ‚Zeit ist Geld‘ zu kämpfen haben, weil davon ihr Gewinn abhängt, noch ein bisschen weiter von der Notwendigkeit, Geld schon endgültig erlöst zu haben, bevor es wieder als Vorschuss für die Gewinnproduktion fungieren kann. So leistet er einen Beitrag zum kontinuierlichen Fortgang und zur Verbilligung, also zum Wachstum der Geschäfte, deren Kontinuität und Wachstum er zugleich als selbstverständlich gegebene Bedingung voraussetzt.

Dieser Erfolg ist einer der Anknüpfungspunkte für das Finanzkapital in seinem unermüdlichen Bemühen, die kapitalistische Macht des Geldes überhaupt von ihrer Quelle, der Produktion von Eigentum an nützlichen Gütern, zu emanzipieren und dadurch ungeahnte kapitalistische Wachstumskräfte zu entfesseln. Ganz in diesem Sinne jedenfalls haben sich die Geldhändler in die Entwicklung des kommerziellen Kredits eingeschaltet: Sie kaufen Wechsel auf, verwandeln also versprochene Zahlung vorfristig in uneingeschränkt verwendbare Liquidität und lassen sich diesen Dienst mit einem Teil der geschuldeten Summe, errechnet aus dem veranschlagten Zinssatz und der Restlaufzeit des Papiers, vergüten. In der Praxis des Kreditgeschäfts sind dann an die Stelle der Diskontierung von Wechseln Bankkredite getreten, die der Sicherung und Beschleunigung des Kapitalumschlags dienen.2)

c) Der Ertrag

Das Finanzgewerbe geht mit seinen Geschäften von einem Bedarf der kapitalistischen Unternehmenswelt aus, der deren Leistung entspringt: Produktion und Konsumtion sind so vollständig unter das Regime des Geldes und den Zweck seiner Vermehrung subsumiert, dass nichts weiter als Geld nötig ist, um diesen Zweck zu erreichen. Freilich braucht es genügend Geld; und für seinen immerwährenden Konkurrenzkampf braucht jedes Unternehmen notorisch mehr, als es übrig hat. Mit seinen Leihgeschäften bedient das Finanzgewerbe diesen Bedarf und trägt damit entscheidend dazu bei, das Regime des Eigentums über die Produktivkräfte der Gesellschaft und deren materiellen Lebensprozess zu vollenden. In seiner Rechnung unterscheiden sich die diversen Geschäftszweige, in denen die materiellen Reichtümer der Gesellschaft, die Gegenstände des Eigentums, reproduziert und vermehrt werden, von vornherein überhaupt nur nach der Höhe und Sicherheit der Zinsgewinne, die es aus den darin engagierten Unternehmen herausziehen kann. Indem die Banken das alles entscheidende Betriebsmittel Geld unter diesem Gesichtspunkt zuteilen, setzen sie die Ausrichtung aller materiellen Notwendigkeiten und Bedürfnisse der gesellschaftlichen Produktion und Konsumtion allein an der Messlatte der profitträchtigsten Geldverwertung als herrschenden Sachzwang durch. Das schließt die politökonomisch bedeutende Leistung ein, Unternehmen nicht nur von den Schranken ihrer bereits erreichten Größe, sondern damit auch von denen ihres angestammten Metiers freizusetzen, Waren und Dienstleistungen definitiv in den Rang gleichgültiger Mittel des Profits zu erheben und den kapitalistischen Konkurrenzkampf erst wirklich zu verallgemeinern. Sie verschärfen damit die Maßstäbe des Konkurrenzerfolgs, denen eine Firma genügen muss, also deren Bedarf an noch nicht erwirtschafteten Finanzmitteln. Damit steigt ihre eigene Wichtigkeit für die Unternehmen, die um Kredit konkurrieren müssen, um mit Kredit zu konkurrieren.

Das sichert dem Finanzgewerbe sein Wachstum. Denn den Gebrauchswert des Geldes, den sie an die Geschäftswelt verkaufen, betätigen die Banken eben dadurch für sich selbst: Dieselbe Summe, die im Besitz ihrer Kunden als deren Profitquelle fungieren soll, begründet dadurch, dass sie in deren Besitz übergeht, in ihrer Hand einen Anspruch auf Zuwachs. Allein durchs Verleihen, einen eigentumsrechtlichen Akt, mit dem sie sich ein Recht auf Rückerstattung und Verzinsung der verliehenen Summe erwerben, verwandeln sie Geld unmittelbar in Geldkapital: Aus der Macht des Geldes, per Zugriff auf Produktionsmittel und Kommando über Eigentum schaffende Arbeit die eigene Vermehrung zu bewirken, wird das Recht des verliehenen Geldes auf Vermehrung. Dieses Recht ist der ökonomische Stoff, die Substanz des Bankgeschäfts.

Einzulösen ist dieses Recht durch den Schuldner. Und das nicht per Gewinnbeteiligung, also in der bescheidenen Weise, dass der Bank ein Anteil am Geschäftserfolg ihrer Kunden zustände. Dass verliehenes Geld sich in den Händen des Empfängers vermehrt, ist schlichtweg unterstellt. Der Anspruch auf Vermehrung des verliehenen Geldes in den Händen der Bank gilt absolut, losgelöst vom Geschäftserfolg des Schuldners, gegebenenfalls gegen den. Die Bewährung des verliehenen Geldes als Geldkapital hat Vorrang, steht über der Praxis der Schaffung und Vermehrung von Reichtum in Geldform, der das Leihgeschäft dient. Der Ertrag des Geldkapitals wird dementsprechend berechnet: als Prozentanteil der verliehenen Summe, so als läge es wirklich nur an der, dass sie wächst, sowie nach der Zeit, für die sie verliehen wird, so als wäre Kontinuität des Wachstums gar keine Frage. Ein Rückbezug auf das Geschäft, dem die Bedienung dieses Rechtsanspruchs obliegt, findet freilich schon statt; allerdings grundsätzlich in der negativen Weise, dass Unsicherheit in dessen Erfolgsaussichten dem kreditierten Unternehmen mit Zuschlägen beim verlangten Zins in Rechnung gestellt wird. So legt das Finanzgewerbe die Eigenart seines Geschäfts – es gibt Geld aus der Hand, hat folglich nicht mehr im Griff, was daraus wird, und will eben dies als seine ökonomische Leistung vergütet haben – in doppelter Weise seinen Schuldnern zur Last: Es verlangt eine feste Rendite, so als wäre mindestens insoweit die erfolgreiche Geldvermehrung eine sichere Sache; und weil das nicht stimmt, berechnet es für seine Schätzung der Unsicherheit seines Leihgeschäfts besondere Preiszuschläge. Es trägt damit den beiden Umständen Rechnung, dass erstens das Recht auf Geldvermehrung, das es sich mit dem Rechtsakt des Geldverleihens erwirbt, immer das Risiko einschließt, nicht eingelöst zu werden, dass es also ganz prinzipiell spekulativer Natur ist; wobei zweitens nur das Eine sicher ist: Das Wachstum, das die Banken finanzieren, kommt allemal als Resultat von Konkurrenzkämpfen zustande, für die sie ja ihre Kunden mit der Waffe des Kredits aus- und aufrüsten; deswegen können gar nicht alle Leihgeschäfte überhaupt, geschweige denn gleich gut ausgehen. Dieses notwendige Risiko wälzt das Kreditgewerbe auf seine Kunden ab. Dass folglich der Preis für die Potenz einer Geldsumme, als Profitquelle zu fungieren, umso höher ist, je fragwürdiger die Leistung, die der Kreditnehmer tatsächlich aus ihr herausholt, geht völlig in Ordnung bei einem Geschäft, das schließlich nichts mit solidarischer Hilfe zu tun hat, sondern zwischen Kapitalisten geschlossen wird, die sich wechselseitig in entgegengesetztem Sinn als Geldquelle benutzen wollen – und zwischen denen ein gar nicht gleichgewichtiges Kräfteverhältnis besteht. Denn da ist allemal die Bank, die das benötigte Geld hat, in einer stärkeren Position als das Unternehmen, das Geld braucht; und auf jeden Fall in einer umso stärkeren, je schlechter ihr Kunde dasteht und je dringlicher er Geld benötigt. Auf jeden Fall lassen die Banken ihre Kreditnehmer spüren, dass ihr Geschäft von dem ihrer Schuldner abhängt – und dass deswegen die Bedienung der ‚Realwirtschaft‘ mit verliehenem Geld ihrer Indienstnahme durchs Finanzkapital untergeordnet ist.

2. Die Schöpfung von Kredit und Geld durch die zweite Grundgleichung des Bankgewerbes: Schulden fungieren als Kapital und stiften Zahlungsfähigkeit

a) Der Zirkel der Kreditschöpfung

Sein Wachstum bewerkstelligt das Finanzkapital in der Hauptsache nicht mit eigenem Geld. Es verdoppelt sein Leihgeschäft in umgekehrter Richtung: Es verschafft sich fremdes Geld, indem es nach Möglichkeit jedem, der welches hat, mit Zinszahlungen die Verfügungsmacht darüber abkauft.3)

 

Auch damit trifft es auf ein lebhaftes Bedürfnis der kapitalistischen Geschäftswelt: Dieselben Firmen, die es als Einbuße an der Produktivkraft ihres Kapitals verbuchen, wenn es in Form fertiger Ware herumliegt und seine Verwandlung in erneut verwendbare liquide Mittel sich hinzieht, finden sich in ihrem Drang zu permanenter Geldvermehrung ebenso ausgebremst, wenn eingelaufene Gelderlöse ungenutzt herumliegen, weil sie für die Fortführung oder Erweiterung des Geschäfts noch nicht benötigt werden. Dafür, dass auch solche Gelder – und überhaupt jeder nicht akut benötigte Geldbetrag – als Kapital Verwendung finden, sorgt das Finanzgewerbe, indem es sich das Verfügungsrecht darüber kauft und damit wirtschaftet, als wäre es sein eigenes Vermögen. Es verschuldet sich bei allen, die Geld übrig haben, um verleihen zu können, was die Geschäftswelt braucht. Dabei geht das Bankgewerbe davon aus, dass der Erfolg seiner Verleihgeschäfte, also der Geschäftserfolg seiner Kreditkunden die eigene Verschuldung rechtfertigt. Es übersetzt seine Macht über die Geschäftswelt, an deren Profitmacherei es sich bereichert, in die Potenz, für den Kredit zu haften, den es aufnimmt. Ein ertragreicher Zirkel: Indem das Finanzkapital sich die Verfügungsmacht über fremdes Geld kauft, verschafft es sich die Fähigkeit, auf eigene Rechnung Geld als Kapital zu verkaufen; durch den Verkauf dieser Ware und im Vertrauen darauf, dass aus der Potenz des Geldes wirkliche Erlöse werden, befähigt es sich dazu, sich die Verfügungsmacht über fremdes Geld anzueignen.

Das zweiseitige Geschäft der Kreditvergabe und Kreditaufnahme besteht also nicht darin, dass die Banken bloß sammeln und verfügbar machen, was ihre Kundschaft an verdientem Geld gerade übrig hat und ihnen zwecks besserer Verwendung anvertraut. Mit der Macht, die ihr absoluter, vom Gelingen der finanzierten Geschäfte abgelöster Rechtsanspruch auf Bedienung vergebener Kredite ihnen verleiht, werden sie in produktiver Weise aktiv. Auf hoher Stufe und in allgemeiner Form nutzen sie die Errungenschaft, die schon den kommerziellen Kredit zwischen Kaufleuten wachstumswirksam macht, nämlich im Vertrauen auf die Kontinuität und die beständige Zunahme der finanzierten Geschäfte mit Zahlungsversprechen zu wirtschaften, also die Macht des Geldes von seinem Vorhandensein zu trennen und in Geschäften wirken zu lassen, die das versprochene Geld schaffen. In der Sicherheit, dass es mit ihren Finanzgeschäften immer weitergeht, ‚schöpfen‘ die Banken Kredit, finanzieren Geschäfte nach Maßgabe ihrer Spekulation auf den kapitalistischen Geschäftserfolg, den sie damit in die Wege leiten; was die Geschäftswelt an Überschüssen erwirtschaftet, löst ein, was sie an Vorschuss in die Welt gesetzt haben. Der Prozess der Kapitalverwertung ist in der Ökonomie des Kreditgewerbes, das ihn mit der von ihm verwalteten Macht des Geldes in Gang setzt und hält, die Rechtfertigung ihrer Spekulation und die materielle Bestätigung der Potenz des Geldes, die sie wirken lassen.

So betätigt sich das Finanzkapital als Antreiber des Wachstums, des eigenen und darin eingeschlossen des allgemeinen. Es ist nicht befangen in der Rolle des Vermittlers, der mit all seiner Macht per Saldo doch nur umverteilt, was die Unternehmen im Grunde schon von sich aus geschaffen und an Geldmitteln ‚ausgeschwitzt‘ haben. Es fungiert vielmehr als der Wachstum generierende Ausgangs-, Ziel- und Endpunkt der Kapitalakkumulation in der modernen Marktwirtschaft. Diese Dienstleistung hat Konsequenzen nicht nur für den Umfang der Geschäfte, mit denen die Unternehmenswelt Geld verdient. Der Geschäftstätigkeit in Industrie und Handel ist damit auch ein verbindliches Ziel und anspruchsvolles Erfolgskriterium gesetzt: Sie haben die Schulden, mit denen das Finanzgewerbe wirtschaftet und sein Wachstum betreibt, in akkumulierendes Kapital zu verwandeln und so das Recht der von den Banken verliehenen Zahlungsversprechen auf Realisierung in einer gewachsenen Geldsumme einzulösen. Andernfalls versiegt mit der verselbständigten Macht des Geldes der Vorschuss, von dem eine Marktwirtschaft lebt.

Zusatz

Der gewöhnliche marktwirtschaftliche Sachverstand interpretiert das Bankgeschäft gern als eine Art Überlaufbecken für momentan nicht gebrauchtes Geld, das daraus ab- und zu Marktteilnehmern mit akutem Geldbedarf hinfließt; er hält sich mit seinem Verständnis also an die Bedürfnisse, die das Kreditgewerbe bedient und die ihm ganz vernünftig vorkommen, und verzichtet darauf, sich mit dem Subjekt und dem durch dessen Zugriff auf den Kapitalkreislauf definierten ökonomischen Inhalt dieses Geschäfts zu befassen. Einem Teil der kundigen Öffentlichkeit ist darüber hinaus die Kennzeichnung des Bankgeschäfts als ‚Kreditschöpfung‘ bekannt; und mit Bewunderung oder Skepsis, je nachdem, wird den Kreditinstituten die Kunst nachgesagt, ‚aus nichts‘ ganz buchstäblich Geld zu ‚schöpfen‘, womit allerdings mehr ein Rätsel gekennzeichnet als der Gebrauch erklärt ist, den das Gewerbe von seiner Stellung als universeller Schuldner der Gesellschaft und universeller Gläubiger der Geschäftswelt macht. Tatsächlich ‚schöpfen‘ die Banken den Kredit, den ihre Kundschaft braucht, also den Vorschuss, mit dem sie ‚die Wirtschaft‘ ausstatten und zu kontinuierlichem konkurrenztüchtigem Wachstum befähigen, nicht einfach ‚aus nichts‘, sondern aus ihrer Verfügungsmacht über die Gelderträge der gelaufenen und laufenden kreditierten Geschäfte und im auf dieser Macht beruhenden Vorgriff auf zukünftiges Geschäft, das diesen Vorschuss samt Überschuss erst wirklich produziert, also den geleisteten Vorgriff ökonomisch rechtfertigt. Was die Banken ‚schöpfen‘, ist denn auch nicht einfach ‚Geld‘, sondern – wie, dazu gleich mehr in Abschnitt b – in Gestalt von ‚Buchgeld‘ eine Zahlungsfähigkeit, die den gesellschaftlichen Kapitalvorschuss vergrößert, um dadurch das Bankgeschäft wachsen zu lassen, also die Macht der Banken zur Kreditschöpfung weiter zu steigern. Sie bedienen die kapitalistische Geschäftswelt mit Kapital, das seine eigene erfolgreiche Verwendung vorwegnimmt, nehmen die Geschäftswelt in Haftung für die wirkliche Reproduktion dieses Kapitals. Zu dieser ‚Schöpfung‘ von Kapitalvorschuss sind sie imstande, weil – und soweit – die bei ihnen deponierten und einlaufenden Gelderträge ökonomisch rechtfertigen, was sie – sich – damit leisten.

b) Das Umlaufmittel unter dem modernen Kreditsystem

Ihr zirkuläres Kreditgeschäft haben die Banken konsequent und effektiv mit ihrer Dienstleistung als Agentur des geschäftlichen – mittlerweile beinahe des gesamten gesellschaftlichen – Zahlungsverkehrs verbunden. Den wickeln sie ‚bargeldlos‘ ab, durch wechselseitige Verrechnung von auf Bankkonten lautenden Zahlungsanweisungen. Dieses Verfahren haben die Geldhäuser schon früher dazu genutzt, das bei ihnen deponierte Geld für die Vergabe von Krediten zu verwenden und Zahlungen im Auftrag des Eigentümers des Depositums in Form von Buchungsakten im eigenen Haus bzw. per Austausch von Geldanweisungen zu leisten. Ganz konsequent sind sie dazu übergegangen, den Kreditkunden das ausgeliehene Geld gleichfalls in Form von Geldzeichen, als Banknote oder als abrufbares Guthaben auf einem Konto, verfügbar zu machen und die Verwendung dieser Summe durch den Kreditnehmer wiederum mit internen Umbuchungen bzw. im Kreisverkehr mit den Banken der Zahlungsempfänger, per ‚Giralgeld‘, zu bewerkstelligen. Die Zahlungsströme, die sie mit ihrer Kreditvergabe auslösen, bewältigen sie mit ‚Buchgeld‘: Zahlungsanweisungen, die sie untereinander zirkulieren lassen. Damit haben die Banken sich das Mittel geschaffen, ihr Kreditgeschäft in einer Weise zu gestalten und auszudehnen, die ihrer Position, ihrer Macht und ihrer Freiheit als Finanzier und Nutznießer des kapitalistischen Wachstums insgesamt, gemäß ist: Die Zahlungsmittel, mit denen sie ihre Kreditkunden ausstatten, bestehen aus eigenen Zahlungsversprechen. Was an Depositen bei ihnen einläuft, sind im Wesentlichen von vornherein von Kreditinstituten in Verkehr gebrachte Geldanweisungen, die die Zirkulation des ‚geschöpften‘ Kredits repräsentieren; was sie an Zahlungen leisten, besteht aus – so gut wie – nichts als eben solchen Zahlungsversprechen, die eben dasselbe repräsentieren: Kredit auf den verschiedenen Stufen seiner Verwendung, vom Kauf von Produktionsmitteln bis zum Eingang von Verkaufserlösen, von der Zahlung von Löhnen und Gehältern bis zum ‚bargeldlosen‘ Kaufakt des Endverbrauchers. Was in der Gesellschaft als Kauf- und Zahlungsmittel zirkuliert, das sind im Wesentlichen von den Banken verantwortete Geldzeichen; und die sind ihrer ökonomischen Natur nach das Derivat, ihrem Entstehungsgrund nach das Zirkulationsmittel des Kreditgeschäfts, das Kapitalwachstum in Gang setzt und durch dessen Erfolg ökonomisch gerechtfertigt wird: Kreditzeichen. Mit diesem Instrument verallgemeinern die Banken die Errungenschaft des Wechselgeschäfts, versprochene Zahlung als Zahlungsmittel zu verwenden, und machen so praktisch wahr, was die Logik ihres Geschäfts erfordert: eine Kreditvergabe, die die Ausstattung des Kapitals mit Vorschuss im Einzelnen und im Allgemeinen von der schon realisierten Kapitalverwertung relativ unabhängig, vielmehr von den Ergebnissen des Kapitalwachstums abhängig macht, das die Banken mit ihren Vorschüssen angestoßen und in ihren Umsätzen registriert haben und in der festen Erwartung weiterer Wachstumserfolge neu inszenieren.

In dieser Errungenschaft eingeschlossen ist die Emanzipation des von den Banken abgewickelten gesellschaftlichen Zahlungsverkehrs von einem Geld, das ebenso sehr Produkt gesellschaftlicher Arbeit ist wie die Waren, die damit bezahlt werden. Ein wirkliches Geld, auf das sich das ‚Buchgeld‘ der Banken bezieht, das deren Geldzeichen bezeichnen, bleibt dabei freilich vorausgesetzt und die Verfügung über ein Quantum davon auch nötig, damit die Buchungsakte der Banken zuverlässig als Mittel für den Händewechsel von Eigentum fungieren. Es braucht ein zwingend vorgegebenes Maß des ‚abstrakten Reichtums‘, nämlich der Verfügungsmacht des Privateigentums über Güter aller Art. Und als Sicherheit dafür, dass bloße Buchungsakte, die bloß private Zahlungsversprechen repräsentieren, tatsächlich die Macht haben, Eigentum aus einer Hand in die andere zu bewegen, verlangt die private Geschäftswelt selber, dass die Geldschöpfer in der Lage sein müssen, auf Anforderung in gehöriger Proportion zu ihren Krediten ein Geld vorzuweisen, dem die Macht des Eigentums gesellschaftlich verbindlich innewohnt.

Für ein Geld in diesem anspruchsvollen Sinn sorgt der Urheber und Garant aller Verbindlichkeit in der Konkurrenzgesellschaft, der staatliche Gewaltmonopolist. Der sorgt dafür gleich so, dass er die bedarfsgerechte Schöpfung von Kredit und Kreditgeld politökonomisch voll ins Recht setzt.4)