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Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Erster Band

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Sechstes Kapitel.
Aufruhr

Ring hatte die Pyramiden von Gizah immer noch nicht in der Nähe gesehn. Allein war keine Wallfahrt dahin zu unternehmen, da Räuber in der Gegend umherschwärmten, die des Landes kundig, zu viele Schlupfwinkel fanden, um den Truppen erreichbar zu seyn. Nur mit Bedeckung waren Offiziere und Gelehrten dahin gegangen, Ring hatte aber dann immer der Zeit ermangelt. Nun fand sich eine Gelegenheit, er konnte einige Tage abkommen, und wollte nicht säumen, den Gipfel der Spitzsäulen zu erklimmen, und die alten Pharaonskammern zu durchspähn.

Flore aber hatte keine Lust ihn zu begleiten, ohnehin war sie eben in einer Handelsverrichtung begriffen, und blieb in Cairo zurück.

Grade nun begab sich aber jener bekannte fürchterliche Aufruhr vom 21. Oktober, dessen Plan ziemlich von weitem angelegt zu seyn schien, da an dem nämlichen Tage auch Bewegungen in Alexandrien, und selbst vor dem Hafen dieser Stadt, sichtbar wurden. Wie einst in Warschau, war es darauf angelegt, alle fremde Truppen zu morden, die Franzosen entgingen aber durch größere Wachsamkeit dem Geschick der Russen.

Früh um acht Uhr sah man verschiedene Volkshaufen, deren Vorhaben nicht zweideutig schien. Der General Dupuis, Befehlshaber zu Cairo begab sich nach dem Platze Berquetfil, die Empörer durch gütige Mahnung zu zerstreuen, wurde aber mit seinen wenigen Begleitern getödtet. Nun griffen die Franzosen zu den Waffen, pflanzten Kanonen in den Straßen auf, und brachten die Aufrührer bald dahin, daß sie sich in die Moscheen retteten, und dort verschanzen mußten. Ihnen wurde auf die Bedingung Gnade zugesagt, daß sie ihre Oberhäupter auslieferten. Bei ihrer trotzigen Weigerung war ihre Strafe angemessen. Sie lernten die Macht europäischer Kriegsführung kennen, und um so befestigter ward der letzteren Gewalt.

Gleichwohl waren in den Häusern und einzeln auf den Gassen viele Franzosen umgebracht worden. Einige Gefangenen schleppten fliehende Araber mit aus der Stadt fort. Ein solches Schicksal erfuhr auch die gute Flore. Neugier anfangs, und hernach der Vorsatz, bei einer Truppenabtheilung Sicherheit zu suchen, hatten sie aus ihrer Wohnung getrieben. Nun sprengten aber einige Reuter vorüber, von welchen der Vorderste eine Lanze, wiewohl ohne Erfolg nach ihr warf, mehrere andere Fehlschüsse mit Pistolen nach ihr thaten, der Hinterste sie aber um den schlanken Leib ergriff, sie vor sich auf das Pferd hob, und so mit der Beute davon eilte.

Wie die tödtlich Erschrockene flehte, es war umsonst; auch die Hoffnung, Franzosen würden dem Zuge begegnen, und sie befreien, blieb eitel. Immer im vollen Sprunge eilten die Reuter durch abgelegene Gegenden, und durch Lücken der verfallnen Stadtmauer ins Freie.

Man kann sich den Zustand der Armen denken. Der Sitz auf dem Halse des Gaules höchst unsanft, und am wenigsten freundlich, die Erwartung der Dinge, die da kommen sollten.

Sie verstand so viel von der Sprache, um ihre wiederholten Bitten um Freiheit vorzutragen, und auch die Reden der wilden Muselmänner deuten zu können; auf jene wurde aber nicht gemerkt, und diese weissagten nichts Gutes.

Eine Strecke von etwa dreitausend Schritten von den letzten Häusern der Vorstadt hielten die Reuter an, und beratheten hinter Buschwerk, das sie versteckte. Sie wollten Nachricht abwarten, ob der Versuch, die Franken umzubringen, nicht etwa noch eine günstige Wendung genommen habe, in diesem Fall waren sie entschlossen, wieder nach Cairo zurückzukehren. Sonst hielten sie eine Flucht ins innere Land nöthig, um der Rache zu entweichen.

Gleich fragten aber die Uebrigen den Ali (so hieß der Entführer Florens) was er doch mit dem Franken beginnen wolle? Zwei oder drei alte Männer wollten ihn niedergestoßen wissen, zuckten auch schon die Lanzen, einige jüngere traten aber mit lüsternem Blick näher, wehrten ab, und liebkoseten Floren.

Das letzte wollte Ali nicht dulden, und man gerieth in einen hitzigen Streit. Da aber eben wieder zwei Araber daher sprengten, mit der Verkündigung, alles sei für die Aufrührer verloren, und die Franken Sieger, dachte man nur an eine weitere Flucht; die Arme wurde abermals auf das Pferd geschwungen, und es ging im schnellsten Galopp querfeldein.

Nur am späten Abend, wie die Thiere vor Ermüdung nicht weiter konnten, wurde Halt gemacht, und der alte Streit erneuete sich augenblicklich, und mit größerer Frechheit, da weniger Furcht die Unholde plagte. Flore wurde dem Ali streitig gemacht, der ihren Besitz lebhaft vertheidigte, die Alten schrien: was sie vorhätten, sey gegen den Koran, und bald fiel man mit Säbeln und Dolchen übereinander her.

Während dieses Getümmels benutzte Flore einen günstigen Augenblick, und sprang davon. Die Dunkelheit unterstützte ihr Beginnen, sie erreichte ein Gebüsch voller felsigten Schlüfte, wo sie hoffen durfte, nicht so leicht entdeckt zu werden. Zwar hörte sie bald, daß die Araber wieder aufgesessen waren, und sie mit vielem Geschrei nach allen Richtungen aufsuchten, allein in ihre Nähe kamen sie nicht, und bald vernahm sie kein Geräusch mehr.

Tiefe Nacht brach herein, und schien die Furcht vor den Arabern verschwunden, so kam bald eine andere über sie, die vor den Thieren der Wildniß. Sie kroch also, so tief es immer möglich war, in eine Höhle, und erwartete dort schlaflos den Morgen.

Die einzige Hoffnung, welche ihr aufging, war, vielleicht auf Franzosen oder gutsinnige Griechen zu treffen, die sie wieder nach Cairo bringen konnten, und dadurch einigermaßen beseelt, wagte sie sich aus ihrem Schlupfwinkel hervor.

Siebentes Kapitel.
Eitle Wünsche

Wie sie aus dem Dattelhölzchen trat, erblickte sie auf einer Seite grauenvolle unabsehliche Wüste, auf der anderen zwar angebauet Land, doch kein Dorf, noch weniger Menschen, an welche sie es hätte unternehmen mögen, sich zu wenden. Indessen konnte sie nicht bleiben wo sie war, schon überaus entkräftet, würde sie bald dem Hunger erlegen haben. Sie schritt also in das angebaute Land, traf auch bald eine Quelle, ihren Durst zu löschen, und fand Früchte mancher Art, um den Hunger zu sättigen.

Bald sah sie die Moschee eines geringen Städtchens, und weiterhin mehrere Dörfer. Unschlüssig, ob sie sich hier oder dorthin wenden sollte, bestieg sie eben einen Hügel, der eine weitere Aussicht darbot, und entdeckte, daß der Nil etwa eine Meile davon, seine majestätischen Fluthen vorüberwälzte. Gleich war nun der Entschluß genommen, so unbemerkt als möglich seinen Ufern zu nahn, weil es bei weitem nicht so glaublich war, in jenen geringen Ortschaften Truppen zu finden, wie dort.

Nicht ohne Gefahr setzte sie ihren Weg fort, und stieß auf manche Arbeiter im Felde, deren Ansehen bösartig genug war. Doch ihre freundliche Natur, die mit zutraulichem Gruß an ihnen hinging, machte, daß jene nicht zu der Besonnenheit gelangten, ihr Leid zuzufügen. Eine köstliche Himmelsgabe, die freundliche Natur. Sie entwindet ohne Mühe Verlegenheiten, ist eine der ersten Lebensadressen an das Glück. Unter den Emporkömmlingen sieht man wenig herbe Gesichter, und ein lebensmüder Soldat, der einstmals ein Verbrechen beschloß, um den Tod zu leiden, setzte den schon gespannten Hahn wieder in Ruh, weil der erste Vorübergehende ihm einen heitern guten Tag bot, und tödtete dagegen den zweiten.

Endlich kam Flore an dem Nil an. Aus den umherliegenden Hütten hatten sich viele Mädchen versammelt, hier Linnen zu reinigen. Nach Landessitte war ihr leichtes Gewand bis zum Gürtel aufgeschürzt, dagegen das Gesicht schamhaft verdeckt. Ein seltsamer Kontrast gegen europäische Meinungen. Flore nahte lachend, und erkundigte sich, ob keine französische Soldaten hier herum gesehn worden. Die Mädchen sagten aus: eben wären deren wohl Hundert des Weges gezogen, die Getreide eintrieben. Flore sah noch in der Entfernung den Staub, und eilte, alle Kräfte anzustrengen, um das Kommando zu erreichen.

Es war aber ziemlich weit voraus, Flore sehr ermüdet. Sie keuchte athemlos, doch spornte sie die Hoffnung der Sicherheit, der Gelegenheit wieder nach Cairo zu ihrem Gatten zu kehren. Denn wenn gleich das Commando von der Hauptstadt gekommen schien, da es seinen Weg in der Richtung nach Oberegypten südlich fortsetzte, so ließ sich doch erwarten, es würde nach vollzogenem Auftrag wieder dahingehn. Hätte sie nun keinen Abweg eingeschlagen, so würde der erste sie gewiß an ihr Ziel geleitet haben. Und vielleicht rasteten auch die Soldaten bald einmal, desto eher wurden sie eingeholt.

Doch die Abwege! Wären sie nicht auf dem Erdboden! Und die falschen Lockungen! Wohnte uns nicht eine so leichte Neigung bei, ihnen zu folgen! Flore blickte von Ungefähr – ein Ungefähr, an welchem ach! so Viel hing, nach dem Strome. Sie gewahrte ein Fahrzeug, das ihn hinaufsegelte. An der Spitze saß ein Mann in französischer Soldatenuniform, die Kokarde am Hut. Sehr natürlich war der Gedanke, daß sie vielleicht auf dieser Barke auch Sicherheit finden könne, und die Sehnsucht, ein wenig Schutz gegen die Sonnenhitze, die in Egyptenland auch im Oktober drückend genug ist, zu finden, gab jenem Gedanken destomehr Lebhaftigkeit. Ich will den Landsleuten winken, dachte sie, daß sie ans Ufer steuern, um mich aufzunehmen. Vielleicht gehören sie selbst zu dem Commando, bringen etwa Lebensmittel nach. Desto eher wird mein Wunsch erreicht.

Sie nahm ein weisses Tuch heraus, und gab Zeichen. Bald wurden sie verstanden, das Fahrzeug nahte, und legte an. Froh saß die Wartende am Strande. Der Mann in der Uniform steigt aus. Mit Schrecken sieht Flore ein schwarzbraunes Gesicht, und morgenländische Unterkleider. Der Hut ist auf einen häßlichen geschornen Kopf gedrückt. Nun will sie fliehn, der Schwarzbraune hat sie aber bereits mit starkem Arm ergriffen, und sie wird in die Barke getragen, wo einige Ruderknechte, und lumpigte bewaffnete Kerle sie mit wildem Lachen empfangen.

 

Die Eigenthümer waren Flußräuber, deren es auf dem Nil viele giebt, und welche die neue Polizei bei aller Wachsamkeit noch nicht hatte vertilgen können. Von einem ermordeten Europäer waren jene Kleider genommen, und das Oberhaupt der Bösewichter hatte sie angelegt, um Fremde, die man etwa plündern konnte, sicher zu machen.

Man durchsuchte ihre Taschen nach Geld. Es fand sich wenig. Nun ward sie entkleidet, um zu untersuchen, ob irgendwo Goldstücke eingenäht wären. Man fand deren nicht, aber entdeckte mit großer Befremdung und üppigem Jubel ihr Geschlecht. Flore stockt, wenn sie hier weiter zu erzählen pflegt, und es ist daher billig, daß auch manches übergangen werde. Die Hauptsache ist, daß sie mit fort mußte, und die bittere Kränkung erfuhr, den Truppenhaufen bald darauf am Ufer gelagert zu sehn, während die Räuber auf der Mitte des Stromes vorübersegelten. Man hatte ihr die Hände gebunden und den Mund verstopft, so lange die Soldaten sichtbar waren, damit sie auf keine Art ihre Gegenwart ankündigen konnte.

Dann wurde sie aber von dieser Unbequemlichkeit befreit, und die Räuber wiesen sie an, ihnen das Essen zu bereiten. Die Nothwendigkeit gebot, sie mußte aus dem Mehlvorrath egyptische Polenta fertigen, und die gefangenen Nilfische auf dem kleinen Heerd der Barke rösten.

Achtes Kapitel.
Fernere Abentheuer mit den Flußräubern

Daß Flehen und Weinen umsonst war, ergiebt sich von selbst. Auch blieb es ohne Wirkung, daß Flore dem Gesindel eine Loskaufungssumme verhieß, wenn man sie nach Cairo bringen wollte. Sie fand keinen Glauben, und die Räuber, denen ihre Kost schmeckte, gewöhnten sich nur mehr an sie.

So mußte Flore sie auf ihren ruchlosen Zügen begleiten, und Zeugin mancher Unthat sein. Schlau wußten sie drohenden Gefahren zu begegnen, denn erblickten sie etwa von Weitem ein Fahrzeug, worauf bewaffnete Mannschaft seyn konnte, so gab es entweder eine Bucht, oder einen Kanal, wo sie sich verbargen, oder sie fischten ruhig in einiger Entfernung und wurden dann nicht gestört. Schiffe aber, die ihnen nur geringen Widerstand leisten konnten, griffen sie mit schneller Gewalt an, oder überlisteten. In aller Hast wurde dann das Eigenthum geraubt, und nicht selten die Besitzer ermordet. Bis ein guter Vorrath von Beute gesammelt war, blieben sie immer auf der Mitte des Stroms. Hatten sie aber Raub genug erlangt, begaben sie sich nach Scheik Abade, ihren Schlupfwinkel, wo sie die Gegenstände bis auf thunliche Veräußerungen einscharrten.

Nachdem Flore etwa acht Tage bei ihnen gewesen war, geschah eine solche Landung. In den Hütten des Oertleins hauseten ihre Gefährten und Weiber. Zwischen den weitläuftigen Ruinen umher, den Ueberbleibseln der alten Stadt Antinoe, wurden die Gruben ausgehöhlt. Flore sah es mit an, daß unter andern hier reicher Schmuck, und eine gute Zahl von Goldstücken, verborgen wurden. Sie hatte, da sonst sich keine Hülfe darbot, gute Miene zum bösen Spiel gemacht, und sich mit verstelltem Wohlbehagen, in den Willen des Taugenichtse gefügt, auch erklärt: sie wünsche für ihr ganzes Leben kein glücklicher Loos. Das hatte ihr den besondern Schutz des Oberhauptes erworben, doch gab man nichtsdestoweniger genaue Acht auf sie, und benahm ihr jede Möglichkeit der Flucht. Bei Tage mußte sie unter strenger Aufsicht arbeiten, bei Nacht wurde sie zu den Weibern gesperrt.

Bald schifften sich die Räuber wieder ein, und Flore war ihre Begleiterin. Man schwamm mehrere Wochen auf dem Nil herum, war aber diesmal nicht so glücklich wie vorher, und es herrschte dieserhalb großer Unwille auf dem Fahrzeuge. Flore suchte ihn möglichst zu bekämpfen, indem sie sich die Bereitung der Polenta, und das Braten der Fische noch sorgsamer angelegen seyn ließ. Desto mehr gewann sie die Herzen. Jeder Sterbliche, wäre es der roheste, entartetste, ist auf irgend eine Weise einzunehmen.

Die Mehlkiste war aber ziemlich aufgezehrt, es mangelte an Hanfgetränk, womit der Pöbel in jenen Gegenden sich zu berauschen pflegt, man beschloß also, nach dem Raubneste zurückzukehren, um neue Vorräthe zu holen.

Etwa eine Meile war die Barke noch davon entfernt, als die Nacht hereinbrach. Der Wind blies zudem nicht günstig, der Morgen sollte daher erwartet werden, die Reise zu vollenden. Wie gewöhnlich wurde der Anker mitten im Strome geworfen, die Unholde legten sich bis auf Einen schlafen, der Wache hielt.

Flore hatte sich auch unter dem Mattenbaldachin hingestreckt, aber kein Schlummer wollte sie erquicken. Sie dachte ernsthafter als je dem traurigen Geschicke nach, das sie in eine so verwünschte Innung geführt hatte, und die entsetzliche Aussicht, vielleicht nimmer von hinnen zu kommen, brachte sie der Verzweiflung nahe. Denn wie man denken mag, hatte sich ihre Einbildungskraft fast mit nichts, als den Mitteln in Freiheit zu kommen, beschäftigt. Doch unüberwindlich erschienen ihr die Hindernisse, da die Räuber verschlagen genug waren, sich vor jeder obrigkeitlichen Hand verborgen zu halten.

Die Liebe zu Ring erwachte unter diesen Umständen desto lebhafter. Was mag er thun, der Gute? Wie bestürzt wird er gewesen sein, da er seine Flore bei der Rückkehr von jener Reise nicht mehr gefunden hat! Ich seh ihn erbleichen, wüthen, suchend umher irren, den Freunden klagen, sich abhärmen. Aber wenn der erste Sturm des Grams vorüber ist, wird er mich nicht todt, wenigstens verloren achten? Ach, und dann giebts andere Mädchen. Er liebt das Sonderbare. Schon um deswillen kann eine Coptin, eine Griechin, eine Araberin – o ich mögte in Wahnsinn sinken, bei der Reihe von Vorstellungen, die dieser folgt! Nein es gelte das Leben, die nächste Gelegenheit, und wäre sie noch so dornenvoll, werde muthig ergriffen! Schon manches führt ich Unternehmende aus, wovor das Alltagsweib schaudern würde, sollte mir denn keine glückliche Flucht aus Diebeshänden gelingen?

Indem sie sich auf diese Weise mit düsteren Vorstellungen quälte, und so gern die Gewölke, die das Innere ihrer Seele trübten, durch einen freudigen Hoffnungsstrahl erhellen wollte, blickte sie unter dem Ueberhang nach dem Wächter hin, der zu ihrer Befremdung fest eingeschlafen schien. Auch die übrigen Räuber schnarchten.

Es war grade in der Regenzeit, und das Getöse, indem das Wasser auf die Decke, auf die Bretter und in die Wogen niederschlug, vermehrte sich eben, da sich dichtere Ströme niedergossen.

Hinter der Barke war ein kleiner leichter Floß angebunden, der nur aus einer Bohle bestand, welche durch zwei Reihen ausgehöhlter Kürbisse gehalten wurde, eine Erfindung, auf welche der Occident noch nicht fiel.

Dem Wetterleuchten in der Ferne gleich, stieg Floren ein rascher heller Gedanke auf, dem sie aber aus heftiger Furcht kaum Raum zu geben wagte. Diese Furcht kämpfte mit jenem Gedanken ziemlich lange, endlich aber verlor sie ihr Spiel, und Flore ermannte sich zu seiner Verfolgung.

„Wie wenn ich beim Geräusch des Regens, mich aufmachte, mich auf das Floß niederließ; schwerlich würde der Araber erwachen. Unbemerkt knüpfte ich den leichten Kahn los, und ruderte mich zum Strande.“

„Aber wenn er nun erwachte, dann fiel ich ohne Zweifel ein Todesopfer des Jähzorns!“

„Das Erwachen steht dahin, mein jetziges Leben ist nicht viel besser, wie Tod, an die Freiheit muß man es kühn setzen.“

„Gleichwohl, wenn ich nun das Land erreicht habe, was wird dann aus mir werden? Ich bin ohne Geld, ohne Freund, nach dieser entlegenen Gegend kommen meine Landsleute selten, was hier herum wohnt, haßt alles, was nicht an Mahomed glaubt, tödlich. Ich werde immer dem Verderben nicht entrinnen.“

„Geld wirkt viel, ich wüßte wohl Geld zu finden, und ein Raub an Räubern verübt, die mir Freiheit und Wohlfahrt entrissen, kann kein Verbrechen sein. Aber man wird mir folgen, dort mich vielleicht am ersten aufsuchen, da den Buben ihr Schatz am Herzen liegt, und sie bald argwöhnen könnten – — aber ists am Ende Frevel, Mörder zu morden? Zur Rettung des eigenen Lebens sie zu morden? Wie manchen Schuldlosen sah ich nicht schon von ihren Dolchen getroffen, sinken? – Aber ohnmächtige Thörin, was sinnst du über das Unmögliche?“

Sie sann gleichwohl länger und länger. Endlich stand der Entschluß fest vor ihr da, zu ihrer Rettung das Ungeheure zu wagen, führe es auch wohin es wolle.

Sie empfahl sich den freundlichen Gestirnen, und stand auf. Leise tappte sie nach dem Steuer zu, hob eine Flinte, einen Mannsanzug, und einen Bohrer von beträchtlicher Größe, deren Plätze sie in der Dunkelheit zu finden wußte, so behutsam als es thunlich war, auf, und ließ sie auf das Floß nieder. Nun folgte sie selbst nach, mit einem Ruder versehn.

Wie gewaltig pochte ihr Herz da draußen, und da beim ersten Schritt in die Gefahr, oft eine Anwandlung von Kleinmuth und Reue über das Herz kömmt, so fehlte nicht viel, sie wäre wieder in die Barke zurückgestiegen.

Doch wurde die Bangigkeit niedergekämpft, und verwegen setzte die Französin den Bohrer an, das Räuberschiff leck zu machen. Auf diese Art nur konnte sie sich bei ihrem Vorhaben der nächsten Verfolgung entziehen.

Sie setzte das Instrument unter dem Wasser an, und arbeitete frisch. Nach einer Viertelstunde fühlte sie, daß die Bohle durchdrungen sei, und ging an eine zweite Oeffnung. Diese wurde aber nicht vollendet, da das Sinken des Fahrzeuges den Fleck, wo sie angefangen hatte, schon zu tief niederdrückte. O bange Augenblicke! Sie mußte immer erwarten, daß die einlaufende Nässe die Schlafenden wecken würde. Dennoch bohrte sie noch an einer höheren Stelle mit aller Macht, und konnte bald das ganze Werkzeug durchschieben. Jetzt erst schnitt sie den Strang ihres Bootes los, entfernte sich aber aus guten Gründen nicht von der Barke.

Was sie befürchtet hatte, geschah gleich darauf. Mehrere der Buben schrien zugleich auf, und mahnten den Wächter, das Regenwasser auszuschöpfen. Denn nur daran dachten sie. Dieser taumelte schlaftrunken umher, die Schaufel zu suchen, plätscherte aber schon sehr tief. Nun mehrte sich aber die Kraft des Sinkens jähling, und nur zwei waren im Stande, sich noch unter der Decke hervorzuarbeiten. Die andern erhuben ein gräßliches Geschrei, das aber schon nach einigen Augenblicken verstummte, denn sie waren mit dem Fahrzeuge schon unter dem Wasser. Jene zwei, gute Schwimmer, wollten sich ans Ufer retten, aber Flore ruderte behende hinzu, gewahrte im ersten Grauen des Morgenscheins ihre Köpfe, und schlug mit desto geringerer Schonung mit der Flintenkolbe auf sie zu, als sie diese Bösewichter vorzüglich unter der Menge haßte. Denn sie hatten noch einige Tage zuvor einen coptischen Christen, blos aus Grimm, weil sie nichts zu rauben bei ihm fanden, mit Marterstreichen umgebracht.

Sie riefen kaum noch ein Allah Kerim, da gingen sie unter in ihr feuchtes Grab, und über Floren kam ein Gefühl, wie es Ulysses gehabt haben mag, da keiner seiner übermüthigen Nebenbuhler mehr athmete.

Noch blieb sie eine Weile an der Stelle, durch den ein wenig hervorragenden Mast der Barke bezeichnet, aus Sorge, es mögte einer noch aus der Tiefe hervortauchen. Sie nahm aber nichts wahr, und begriff auch, daß jeder, der nicht bei Zeiten sich unter der Matte hervor hatte machen können, nothwendig umgekommen sein müsse.

Jetzt fuhr sie dem Strande zu, küßte ihn unter frommen Empfindungen, und dachte nun erst schaudernd zurück, an die grausenhaft kekke That.