Silvia - Folge 2

Текст
Из серии: Silvia #2
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Er war erfreut. „Ja, gerne.“

Sein rotes kleines Auto stand nicht weit entfernt vom Bistro im Parkverbot, am Scheibenwischer hing ein Strafzettel, den er grummelnd in die Jackentasche stopfte. Ächzend quetschte er sich sodann hinters Steuer, passte kaum hinein. Schon lange war Silvia nicht mehr in einer solchen Klapperkiste gesessen, hatte gleich nach der Führerscheinprüfung einen ähnlichen Schrotthaufen gefahren, dann aber, durch Wolfgang bedingt, nur noch komfortable Limousinen. Mitleiderregend heulte das bisschen Motor und wie eine alte Dame hielt sich Silvia am Griff über dem Fenster fest, fühlte sich alles andere als sicher.

Sie fragte Helmut, was er so verdiene mit seinem seltsamen Job.

Er zuckte mit den Achseln. „Nicht sehr viel. Doch komme ich zurecht. Ich kann nicht klagen.“

„Wie bist denn dazu gekommen?“

Er winkte ab, als sei ihm dieses Thema peinlich. „Durch einen komischen Zufall.“

„Schon wieder ein Zufall?“

„Na ja, das war wirklich einer. Ich hatte mal ein Modell, das eine Freundin hatte, die im Schloss arbeitete. Als ich ihr meine finanziellen Nöte klagte, damals hatte ich Grund zur Klage, sagte sie, dass ihre Freundin von den Klagen ihrer Chefin berichtet habe, die dringend einen stattlichen und halbwegs kultivierten Mann für eine etwas delikate Aufgabe suchte, wie sie sich ausdrückte. Tja, und so trat ich denn mit der Herrin in Kontakt, bekam den Job und mache das nun schon seit über drei Jahren.“

„Was für ein Modell hattest du denn?“

„Ein sehr hübsches, sie hieß Klarissa, war noch sehr jung …“

„Und wozu brauchtest du ein Modell?“ Das war die Frage, die sie eigentlich hatte stellen wollen.

„Na ja, für meine Bilder halt.“

„Für was für Bilder? Fotografien?“

„Nein, ich bin Maler.“

Ach. – Um ihm diese Auskunft zu entlocken, hatte es fast den ganzen Weg bis zum Schloss gebraucht. Nun ja, zwischen einem Maler und einem Alleinunterhalter lagen doch offenbar Welten. „Und was für Bilder malst du?“

„Kubistische und abstrakte“, erklärte er unerwartet konkret, während er das Auto in die Einfahrt des Schlosses lenkte. Das Tor hinter dem Turm schwang vor ihnen auf und sie rollten zum Personalparkplatz. „Aber schau sie dir doch einfach mal an nächste Woche.“

„Ja, das würde mich interessieren.“

Er parkte zwischen Corinnas Luxuslimousine und einem dunklen Mittelklassewagen. Sie stiegen aus und ihre Wege trennten sich. „Ich gehe außen rum.“ Seine Hand beschrieb einen halben Kreis und er lächelte schüchtern. „Ich rufe dich an … ich freue mich auf dich.“ Silvias Lächeln geriet verhalten. Nur keine Hoffnungen nähren, keine Träume schüren. Mit einem Winken stapfte er los, hinüber zum Mädchentrakt, um seine Sklavinnen zu beaufsichtigen. Wenn die wüssten, dass er nur ein einsamer Mann war, der vergebens nach der Liebe einer Prostituierten lechzte, vielleicht würde ihr Respekt vor ihm schrumpfen oder (bei genauerer Überlegung) ihre Angst noch wachsen.

Vom Reiz der Zöpfe

Es gab kein ernstliches Grübeln darüber, ob sie den Abend im Zimmer oder unten verbringen sollte. Hier oben herrschte Einsamkeit, dort unten Leben. Beim Betreten des Foyers war sie weniger nervös als gestern, es war kein fremdes Land mehr, das sich vor ihr auftat, allerdings auch kein vertrautes Terrain, noch lange nicht. Immerhin aber kannte sie schon einige Orientierungspunkte. Einer der wichtigsten war Immanuel, der Barmann, Kassenwart, Organisator. Doch war er noch mehr als das, nämlich Wächter über die Liebeszimmer und Beschützer der Mädchen. Über seiner Flaschenbatterie, verborgen von der hohen Blende und nur von seinem Platz hinter dem Tresen einsehbar, gab es eine Reihe von Monitoren, für jedes Zimmer einen, so erfuhr Silvia von Monika, die heute Dienst hatte. Er wusste also über das Geschehen in den Zimmern stets Bescheid und konnte bei Bedarf den Mädchen zu Hilfe eilen, was aber, so lautete der beschwichtigende Zusatz, so gut wie nie nötig sei.

Ihr Wort in Gottes Ohr. Auf jeden Fall aber wurde man ständig von Immanuel beobachtet wie bei „Big Brother“, nur bei viel verfänglicheren Szenen, ein höchst befremdliches Gefühl. Aber wozu das überhaupt, denn gab es nicht unter jeder Ecke der Betten einen Alarmschalter für alle Fälle? Das hatte Annemarie gestern behauptet.

Monika nickte. „Ja, die gibt es. Aber nicht immer kann man sie erreichen, manchmal ist man gefesselt oder wird festgehalten.“ Wie abwesend zupfte sie den Hauch von Stoff ihres roten Negligés über dem üppigen Busen zurecht.

Tja, so war es wohl. Manchmal war man gefesselt … „Dann wird Immanuel also Tag für Tag ein aufregendes Programm geboten. Macht es ihm nichts aus, immer nur zuzugucken, staut sich da nicht etwas an?“

„Manche vermuten, dass er ein Heiliger sei. Andere halten das für unmöglich, da er ein Mann ist und Mann und heilig sich ausschließen. Auf jeden Fall aber ist er nie anzüglich, lässt nie etwas verlauten von dem, was er sieht, ist immer höflich und hilfsbereit. Woher er seine Seelenruhe nimmt, ist sein Geheimnis.“

„Also doch ein Heiliger, wenn auch ein seltsamer.“

An diesem Abend blieb mehr Zeit zum Plaudern als gestern, da es weniger Gäste, dafür mehr Mädchen gab. Auch Annemarie und Danielle waren hier, freiwillig heute wie Silvia, dazu kamen die vier, die eingeteilt waren: Monika, Laura und zwei, die Silvia noch nicht kannte. Nicole hieß die eine, sie war eine unkomplizierte stupsnäsige Jurastudentin mit langem blondem Haar, die hier im Hause ihre Ausbildung finanzierte und niemals außerhalb der festgesetzten Tage erschien. Auch die andere, Juliane, war blond, ein keckes Mädchen mit glockenheller Stimme, ein Teenager fast noch. Suchte ein Gast nach einer Lolita, wandte er sich an sie, ließ sie das Haar zu Zöpfen flechten oder zu einem Pferdeschwanz binden und entzückte sich an ihrer kindlich süßen Sprache, die sie perfekt beherrschte. Sie musste über Mangel an Zuspruch nicht klagen.

Auch heute war sie gefragt, allerdings sah sie wenig glücklich aus, als ein korpulenter Herr im dunklen Anzug das Foyer betrat und ihr väterlich zuwinkte. Ohne dass er ein Wort zu ihr sagen musste, ging sie in die Garderobe und kam wenig später in einem weißen Hemdchen und mit einer rosa Schleife im Haar zurück. Er schaute sie wohlwollend an, reichte Immanuel das Geld, nahm sie bei der Hand und ging mit ihr in eines der Zimmer.

„Einer ihrer Stammkunden“, sagte Laura. „Er kommt jeden zweiten Mittwoch. Sie muss sich auf seinen Schoß setzen und er liest ihr Geschichten vor, befummelt sie dabei und will sonst nichts von ihr. Sie sagt, dass sie bei ihm irgendwann noch umkomme vor Langeweile.“

„Man darf sich über die Psyche der Kunden keine Gedanken machen, nicht wahr?“, fragte Silvia.

„Nein, auf keinen Fall.“

Die Psyche der Kunden … Kaum sichtbar schimmerten auf Lauras Po die rötlich blassen Linien unter dem transparenten Schwarz des Gewandes hervor. Auch Silvias Peitschenspuren waren unter dem Schleier ihres blauen langen Negligés leicht zu erkennen, teilten ihr Schicksal jedem Betrachter freimütig mit. Warum verblassten sie nur so zögernd? – Aber sie waren ja noch frisch, fiel ihr ein, erst wenige Tage alt, obgleich sie doch aus einer versunkenen Welt und einer längst vergangenen Zeit stammten. Wie weit dieses Wochenende zurücklag, fast konnte sie sich nicht mehr daran erinnern. Wolfgang, ihr Gebieter, war Vergangenheit, eine Gestalt aus dem persönlichen Geschichtsbuch, als das ihr Tagebuch fungierte. Seine Verächtlichkeit und seine Wut waren nur noch nachzulesen, nicht mehr zu erleiden, welch ein Segen.

Was hatte Laura eigentlich hierher ins Haus geführt, etwa auch ein Gebieter, der zum Tyrannen geworden war? Vorsichtig fragte Silvia an.

Laura zuckte mit den Achseln. „Als ich nach der Zeit im Mädchenhaus wieder heimkam, begann mich mein Freund als Einnahmequelle zu entdecken und arrangierte Treffen mit Bekannten von ihm. Es war schrecklich, ich kannte sie doch alle, und plötzlich konnten sie mich haben, sie mussten nur bezahlen. Ich wollte eigentlich nicht …“

Sie unterbrach sich, überlegte anscheinend, ob sie weitersprechen könne oder ob ihre Offenbarung fehl am Platze sei. Aber sie befanden sich hier im Foyer und es gab die Striemen auf Silvias Haut, die sie mit ihr verknüpften.

„Na ja, so ganz ohne Reiz war es nicht … Jedenfalls ließ ich es zu, dass er mich mit der Peitsche dazu zwang, war vielleicht sogar froh darum, denn wie anders hätte ich diese seltsam erregenden Gefühle erleben können? Auch seine Freunde durften mich peitschten, gegen Aufpreis natürlich, und auch sonst alles mit mir machen. Schließlich bot er mich sogar seinem Bruder an, der aber erklärte ihn für verrückt und mich für verachtenswert. Auch Siegfried, so hieß mein Freund, begann mich zu verachten, weil ich das tat, was er von mir verlangte, und gleichzeitig gab er seinen Job auf, um nur noch von mir zu leben. Da soll noch jemand behaupten, dass Männer logischer denken als Frauen. Die Zahl der Interessierten nahm zu, da seine Freunde wiederum ihre Freunde einweihten, ich musste jetzt jeden Tag mehrere Freier bedienen und Siegfried behandelte mich immer rücksichtsloser, schlug mich beim geringsten Anlass und gebrauchte mir gegenüber nur noch gemeine Worte. Ich wollte ihm klarmachen, dass es so nicht weitergehen könne, doch war seine Antwort die Peitsche. Ich hielt es nicht mehr aus, es war einfach zu viel, war kein Spiel mehr, sondern bitterer Ernst. Ich wusste, dass ich ihn nicht einfach verlassen konnte, dass er mich suchen würde, ich hätte zur Polizei gehen müssen. – Aber dort meine Geschichte erzählen? Nein, unmöglich. Also wandte ich mich an die Herrin, an Corinna, und sie bot mir Schutz an. Tja, das war vor einem Dreivierteljahr, seither bin ich hier und fühle mich recht wohl.“

 

Silvia lächelte. „Ein Glück für Frauen wie uns, dass es Corinna gibt.“

„Und ein Glück für Corinna, dass es Frauen wie uns gibt … aber wesentlich besser als ein Siegfried. Es ergänzt sich gut.“

Ein neuer Gast betrat das Foyer und sie umgarnten ihn lächelnd.

Drei Kunden musste Silvia an diesem Abend bedienen und keiner verlangte etwas Außergewöhnliches von ihr, jedem genügte ihr Mund und ihr Schoß. Alle drei waren freundlich zu ihr, behandelten sie zuvorkommend, ließen sie kein schmähliches Wort hören, es schien der Tag der Liebenswürdigkeit angebrochen. Heute war das Geld noch leichter verdient als gestern.

Danielle und Annemarie brachen bald nach Mitternacht auf, denn es war ja nichts los, gab keinen Grund, noch länger hier herumzusitzen. Silvia blieb noch ein bisschen, denn sie mochte die Stimmung des Raums, seinen altmodischen Charakter, die Musik, die sich dezent im Hintergrund hielt, hörbar, wenn man sie hören mochte, ohne dass sie aufdringlich wurde. Jazz wurde überwiegend gespielt, ruhige, bluesige Stücke, in die sich das Klingen der Gläser, gurrendes Lachen und das Gewisper der Stimmen mischten. Sie mochte den Duft nach Parfüm und nach Tabak, die täglich frischen Blumen, die kleinen Sofas, auf denen immer wieder neue Pärchen saßen für kurze Zeit, den steten Wechsel der Konstellationen, den unaufhörlichen Fluss der Dinge. Nie konnte man wissen, was als Nächstes geschah, welchem Gast es die Gunst zu schenken galt, was er sich wünschte oder was er befahl. Auch mochte sie die dünnen Gewänder, die reizvollen Dessous, sah sie gerne an den Mädchen und fühlte sie ebenso gern auf der eigenen Haut, genoss die leise Erregung unter den Blicken der Männer …

Trotzdem wurde es allmählich Zeit, nach oben zu gehen, denn gebraucht wurde sie heute nicht mehr. Laura befand sich mit dem letzten Kunden in einem der Liebeszimmer, Monika, Juliane und Nicole saßen mit Silvia an der Bar, Immanuel wienerte mit einem weißen Tuch seine Gläser, Iris verteilte saubere Aschenbecher auf den Tischen. Wie es aussah, würde man um zwei Uhr schließen können, zum frühestmöglichen Zeitpunkt also, denn so lange blieb immer offen, mit oder ohne Kunden. Silvia trank das vorletzte Schlückchen ihres Bourbons und schaute wie alle anderen zur Eingangstür, denn dort erschien ein großer dicker Mann mit kahlem Schädel und weitem weißem Anzug.

Monika und Juliane rutschten vom Hocker und begrüßten ihn mit einladenden Lächeln. Er rückte die Brille zurecht und plumpste auf das Sofa, das ihm am nächsten stand, kaum noch fanden die beiden Platz neben ihm. Anscheinend kannte man ihn und seine Wünsche, denn ohne dass er es bestellen musste, schenkte Immanuel Campari mit Orangensaft in ein Glas und reichte es Iris, die es ihm brachte.

Ein weiterer Kunde kam herein. Mit dem frühen Feierabend schien es doch nichts zu werden. Er marschierte zielsicher zur Bar, begrüßte Silvia mit einem flüchtigen Lächeln und Nicole mit einem breiten Grinsen, als hätten sie schon manches zusammen erlebt. „Hallo, mein Mädchen, wird höchste Zeit, dass ich ihn dir mal wieder reinstecke.“

Als wäre sie auch dieser Meinung, erwiderte sie sein Lächeln. „Schön, dass Sie mal wieder an mich gedacht haben.“

Der Dicke kam zur Bar gestapft, begleitet von Juliane, die das weizenblonde Haar vom letzten Kunden noch zu Zöpfen geflochten hatte und ein rosafarbenes kurzes Negligé trug. Er legte tausend Euro auf den Tresen. „Für die süße Juliane und für die da.“ Seine Hand wies auf Silvia. Oh. Damit hatte sie nicht gerechnet. Aber stand ihr die Verblüffung etwa ein bisschen zu deutlich ins Gesicht geschrieben?

Amüsiert grinste er Immanuel an. „Süß, wie sie guckt. Als wäre ich ein ganz schlimmer Bursche. Wie heißt sie denn?“

„Ihr Name ist Silvia.“

Warum redete er nicht mit ihr selbst? Sie kannte ihren Namen doch auch.

„Ist das Zimmer sieben frei?“

Immanuel nickte.

„Gut. Dann wollen wir mal.“ Schnaubend wälzte sich der Dicke vor seinen Einkäufen her zu den Liebeszimmern und sie sahen, wie sich die Tür zu Zimmer eins hinter Nicole und ihrem Begleiter schloss. Das Zimmer sieben war das Letzte auf der rechten Seite des Korridors. Es war ganz in Schwarz gehalten. Schwarz waren der Bezug des großen Bettes, der Boden, die Tapeten und die schweren Gardinen. Und dann gab es noch einen Käfig, der den halben Raum einnahm, von soliden Gitterstäben auch oben abgeschlossen, als müsse er ausbruchssicher sein.

Von einer Geste des Mannes hineingescheucht, betraten Juliane und Silvia ihn durch die offen stehende Gittertür. Argwöhnisch beäugte Silvia den Stuhl, der in einer Ecke stand, bestückt mit einem roten Dildo, der leicht nach hinten geneigt ziemlich provozierend von der ungepolsterten Sitzfläche aufragte.

Das alles war auch auf einem großformatigen Ölgemälde an der Wand zu sehen, dazu zwei junge hübsche und (natürlich?) nackte Frauen. Eine der beiden, eine langhaarige Blondine, hatte auf dem Stuhl Platz nehmen müssen, die seitlich ausgestreckten Arme und weit geöffneten Beine an die Gitterstäbe gekettet. Ihr Gesicht war sinnlich verklärt und viel Wert hatte der Maler darauf gelegt, die Wurzel des Dildos deutlich sichtbar zu machen. Die zweite, eine Brünette mit lockigem Haar, kniete an der vorderen Zellenwand, die erhobenen Hände an die Gitter gefesselt und den Körper zwangsweise an sie geschmiegt, da angepresst von einer straff gespannten fingerdicken Kette, die mit massiven Klammern an ihren Knospen angeschlossen war. Wie gebannt schauten beide Frauen mit großen Augen aus dem Bild heraus, als sähen sie dort draußen etwas Unbegreifliches.

Nun ja, dort im Blickfeld stand jetzt der Dicke, und unbegreiflich, ja, das war er wohl, wie so viele der anderen Gäste auch. Wohlwollend starrte er Juliane an, sachte strich seine Hand über ihre Zöpfe und heuchlerisch verständnisvoll klang seine krächzende Stimme, als spräche er zu einem Kind. „Na, meine Kleine, willst du dich nicht setzen? Hast ja bestimmt einen anstrengenden Tag gehabt und freust dich auf deine Belohnung, nicht wahr?“

Sie wusste offenbar genau, was er wollte, war anscheinend nicht zum ersten Mal mit ihm zusammen. Ihre Stimme war voller kindlicher Süße. „Ja, Onkel. Du bist sehr lieb zu mir.“

Oh. Anscheinend war dieses Spiel nicht nur absurd, sondern auch kinderschänderisch. Skeptisch beäugte sich Silvia den Mann etwas genauer, sah die roten Äderchen im Weiß der Augäpfel, das wässrige Grau um die Pupille, die Härchen in den Nasenlöchern, die Bartstoppeln auf der speckigen Haut. Was sie sah, gefiel ihr nicht. Was aber nichts daran änderte, dass sie sich das verdammenswerte Schauspiel weiterhin beschauen musste.

Juliane ließ sich nieder auf den Stuhl in der Ecke, gepfählt vom dicken Dildo. Erregte Seufzer brachen von ihren Lippen, geöffnet waren ihre Schenkel, angeregt hoben und senkten sich unter dem rosafarbenen Negligé die runden festen Brüste, die ihrer kindlichen Aufmachung nicht so recht entsprachen.

Der Blick des Mannes schweifte von ihr zu Silvia. „Na, wie gefällt dir die kleine Juliane?“

Was sollte sie darauf denn antworten und musste auch sie ihn Onkel nennen? Aber vermutlich nicht, da sie ja nicht das Kind zu spielen hatte. Was aber dann? Welche Funktion hatte sie in der Szene? Hilflos hob sie die Achseln. „Gut.“

Zweifelnd schaute er sie an. „Bist du immer so lakonisch?“

Hatte sie sich doch gedacht, dass er mit dieser Antwort nicht einverstanden war. Was aber wollte er hören? „Sie ist sehr schön.“ Sein Blick sagte, dass sie auf der falschen Fährte war. „Sie ist sehr offen.“ Sein Blick verlangte nach mehr. „Sie ist ein reizendes Kind.“ Auch das genügte nicht. „Sie ist sehr erregt.“

Geplagt hob er den Blick zur Decke. „Kannst du dich nicht ein bisschen klarer ausdrücken? Wir sind hier doch nicht im Benimmkurs.“

Nein, das waren sie nicht, da hatte er recht. Was aber meinte er mit klarer? Das vielleicht? „Sie ist ein scharfes kleines Luder.“

Er nickte einverständig. „Ja, das ist sie. Aber ist es nicht deine Aufgabe, für sie zu sorgen und dich darum zu kümmern, dass sie noch schärfer wird?“

War es das? Sollte sie etwa die Mutter sein? Was aber meinte er? Wie sollte sie sich um sie kümmern? Juliane hatte dem Dialog mit großen Augen gelauscht und seufzend in ihrer Erregung, die sie vermutlich nicht spielte, sondern ganz authentisch erlebte. Nun hob sie die Stimme, um Silvia auf die Sprünge zu helfen: „Sei bitte lieb zu mir und lecke dein Kindchen.“ Einer Gebrauchsanweisung gleich senkte sie den Blick zwischen ihre Beine.

Also doch die Mutter! Eine sehr fragwürdige allerdings. Doch war Silvia nicht hier, um moralische Urteile zu fällen, sondern um die Wünsche des Gastes zu befriedigen. Sie ließ sich vor Juliane auf die Knie nieder, küsste sachte die zarte Haut der Schenkel und beleckte zärtlich die rosigen Lippen des Schoßes, die sich leise bebend um den Dildo schmiegten, kümmerte sich wie gewünscht darum, dass sie noch schärfer wurde, obwohl das eigentlich kaum möglich war. Wonnevolles Stöhnen war oben zu vernehmen und eine Hand wuschelte ziemlich unkontrolliert über ihr Haar.

Besorgt eilte der Mann herbei. „Nicht so arg. Es kommt ihr ja gleich.“ Hatte er etwa Angst, zu kurz zu kommen?

Silvia ließ ab vom lustvollen und lustbereitenden Schoß, küsste statt seiner zärtlich den Bauch unter dem dünnen transparenten Stoff und die nackten Schenkel, hörte über sich das schmatzende Geräusch saugender Lippen und das Ächzen des Mannes, dann ein halb ersticktes Röcheln.

Tadelnd erklang die Stimme des Mannes. „Guck mal, wie versaut sie wieder ist. Du musst sie sauber machen.“

Vorsichtig hob sie den Blick. Oh. Er hatte recht. Sie war wirklich versaut. Dicke weißliche Schlieren krochen über Julianes sinnlich verklärtes Gesicht und tropften in zähen Fäden vom Kinn auf den Busen hinab. Wie sie diese beseitigen musste, konnte sie sich denken, und es war auch kein großes Problem, da es nur ein klein bisschen Widerwillen zu überwinden galt. Allerdings schmeckte das warme Sperma nicht wirklich gut, ziemlich bitter, wie zu lang gestandener Kaffee, eklig fast. Was sie nicht davon abhalten durfte, es wegzulecken von Julianes Gesicht und dem Kinn, nicht aber vom Busen, da es dort vom Stoff des Negligés aufgesogen wurde. Verzückt aalte sich Juliane vor ihr auf dem Stuhl, unablässig aufgewühlt vom ausdauernden Dildo, der anders als ein Mann seine Kraft nicht verlor. – Wo war er denn, der Mann, dessen Kraft entschwunden war? Er war nicht mehr da. Verwirrt ließ Silvia von Juliane ab, die sauber gewaschen war von ihrer Zunge und sich behutsam vom Stuhl erhob. Hatte er wirklich tausend Euro bezahlt für dieses Viertelstündchen? Männer waren komplett verrückt, manche jedenfalls.

Juliane lächelte verlegen, als sei sie verantwortlich für seine Wünsche. „Er will immer das Gleiche, ist ein komischer Mann.“ Hell klang ihre Stimme noch immer, aber ohne die kindliche Süße darin, die sie tatsächlich bei Bedarf ein- und ausschalten konnte wie ein Effektgerät im Tonstudio. Müde zuckte sie mit den Achseln. „Ist wohl besser, er vergeht sich an mir als an einem wirklichen Kind.“ Auf dem Weg zur Dusche schaute sie Silvia von der Seite her an. „Wüssten die Männer, welch schöne Gefühle sie uns manchmal zukommen lassen, würden sie wahrscheinlich ihr Geld zurückverlangen … Du warst sehr zärtlich … Obwohl er nicht gut schmeckt, nicht wahr?“

„Nein, wirklich nicht.“

Mit einem bedauernden Achselzucken streifte sich Juliane ihr fleckig gewordenes Negligé ab. „Es ist immer so bei ihm. Ich kann froh sein, dass ich nicht alles schlucken muss.“

So wurden die Unannehmlichkeiten in diesem Fall also schwesterlich geteilt.

Juliane zog den Duschvorhang zu und gedämpft klang ihre Stimme nun. „Trotzdem ist es mit ihm recht einfach verdientes Geld.“ Das Wasser begann zu rauschen.

Und eigentlich schön verdientes Geld, dachte Silvia und gab sich Zahncreme auf die blaue Zahnbürste …