Im Wirbelsturm der Gefühle

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Im Wirbelsturm der Gefühle
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Inhaltsverzeichnis

Prolog Samiras Suizid

Kapitel 1 Ehebruch mit Folgen

Kapitel 2 Das Haus in Neuschottland

Kapitel 3 Umzug und Neubeginn

Kapitel 4 Begegnung am Strand

Kapitel 5 Bezaubernde Übernachtungsgäste

Kapitel 6 Ein gemütlicher Abend

Kapitel 7 Bittere Wahrheiten

Kapitel 8 Angriff statt Verteidigung

Kapitel 9 Start der Verbrecherjagd

Kapitel 10 Treffen mit Alana Baxter

Kapitel 11 In der RCMP-Zentrale Halifax

Kapitel 12 Jacks heimliche Shoppingtour

Kapitel 13 Shanias Verlobungsfeier

Kapitel 14 Riskante Befreiung

Kapitel 15 Überraschende Erkenntnisse

Kapitel 16 Besuch im Micmaq-Reservat

Kapitel 17 Schreckliche Gesamtbilanz

Kapitel 18 Neue Fahndungsansätze

Kapitel 19 Ein unerwartetes Angebot

Kapitel 20 Schöne Bescherung

Kapitel 21 Die Ruhe vor dem Sturm

Kapitel 22 Ellis Entführung

Kapitel 23 Das Ende des Serienkillers

Nachwort München im März 2017

Namensverzeichnis der handelnden Personen

Impressum

Copyright © 2017 by K. B. Stock, München

Verlag: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de

ISBN 978-3-7450-4222-1

Anmerkung des Verfassers:

Handlung und Personen dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten oder Namensgleichheiten mit tatsächlichen Ereignissen sowie lebenden Personen oder Organisationen sind zufällig und daher in keiner Weise beabsichtigt.

Titelabbildung Einband:

„Kanadische Küstenlandschaft“

Quelle: www.pixabay.com

Im Wirbelsturm der Gefühle

Ein Kriminalroman aus Kanada

von K. B. Stock

Zum Inhalt:

Dr. Jack Bishop ist ein kanadischer Arzt und Psychologe, der früher als Profiler bei der kanadischen Polizei gearbeitet und danach eine Zeitlang als Berater der kanadischen Streitkräfte im Auslandseinsatz verbracht hat. Nach seiner Rückkehr aus dem Irak, hängt er jedoch den Arztberuf wegen seiner schrecklichen Erlebnisse in Afghanistan und im Irak – und insbesondere aufgrund der Untreue seiner zuhause gebliebenen Ehefrau an den Nagel.

Da er schon vor seiner wenig später folgenden Ehescheidung begonnen hatte, als Romanautor zu arbeiten, veranlasst ihn der bisherige Erfolg dazu, sich zukünftig nur noch mit seiner Schriftstellerei und seinem Hobby, der Malerei, zu beschäftigen.

An seinem neuen Wohnort an der Küste Neuschottlands begegnet Jack Bishop eher zufällig der schönen indianisch-stämmigen Shania Baxter sowie ihrer aufgeweckten, nicht minder hübschen achtjährigen Tochter Elli. Zu diesem Zeitpunkt weiß Jack aber noch nicht, dass die junge Mutter ein grausames Geheimnis verbirgt, das den Vater ihres unehelichen Kindes, Peter Maddox, betrifft.

Als erfahrener Psychologe spürt Jack Bishop aber schon bald, dass die junge Frau in der Vergangenheit mental noch sehr viel mehr verletzt wurde, als er selbst. Deshalb nimmt Jack die vor ihrem Ex-Collegefreund geflohene, inzwischen nahezu mittellose Shania in seinem gerade von ihm bezogenen Cottage in Neuschottland auf und stellt sie als Lektorin seiner Romane ein.

Obwohl sich Jack und Shania im Lauf der Zeit langsam näherkommen, dauert es viele Tage, bis Shania ihrem neuen Arbeitgeber im Spätsommer 2016 soweit vertraut, dass sie sich ihm gegenüber allmählich zu öffnen und von ihrer Vergangenheit zu erzählen beginnt. Und die schlimmen Erlebnisse, die sie schildert, entfachen Jacks Zorn in noch nie dagewesener Weise.

Unterdessen sind im Auftrag der Mutter ihres Ex-Freunds zwielichtige Gestalten hinter der attraktiven Indianerin her – vordergründig, weil Cynthia Maddox und ihr Sohn angeblich einen von dieser ‚Halbwilden’ begangenen Schmuckdiebstahl aufklären wollen.

Doch sehr rasch wird Jack und seinem väterlichen Freund und Nachbarn George MacDermott – einem pensionierten Superintendenten der RCMP klar, worum es Mutter und Sohn Maddox dabei in Wirklichkeit geht ...

Prolog Samiras Suizid

Dr. Jack Bishop fühlte sich völlig ausgelaugt, als er an diesem heißen Sommerabend völlig geschafft auf die Pritsche seiner Unterkunft kroch.

Als ehemaliger Profiler der RCMP1 hatte sich der in der Verbrechensaufklärung ziemlich erfolgreiche Psychologe im Alter von 26 Jahren breitschlagen lassen und war nach reiflicher Überlegung 2009 als Berater in den Dienst der Streitkräfte beim Canadian Forces Health Services Centre in Ottawa getreten. Wobei ihm von Anfang an klar war, dass zu diesem Job auch Einsätze in ausländischen Krisengebieten gehören würden.

Bis 2011 war er in Afghanistan gewesen und hatte bei den Verhören gefangengenommener Talibankämpfer – zusammen mit amerikanischen Kollegen – erste Erfahrungen bei der Aufklärung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesammelt.

Und bereits damals hatte er mehr über die verdrehte Psyche dieser angeblichen Religionskrieger gelernt, als er das in allen von ihm sorgfältig studierten Dokumenten über diese Leute bisher für möglich gehalten hatte.

„Diese Kerle sind absolut nicht die unerschrockenen Kämpfer für den Islam, den sie gerne als Rechtfertigung ihrer grausamen Taten vorschieben. Ihre Anführer sind schlicht und einfach nur Schwerkriminelle, denen es nur um Macht und vor allem um Geld geht.

Und ihr Gefolge ist entweder zu dumm oder hat zu wenig Hoffnung, um selber ein vernünftiges Leben zu führen“, hatte er sich nach den Verhören der ziemlich kleinlauten Gefangenen mehr als einmal gesagt.

Nach dem Ende der Afghanistanmission war er zur Freude seiner Ehefrau nach Ottawa und damit zunächst in ein einigermaßen normales Leben zurückgekehrt. Doch im Sommer 2014 musste er im Auftrag seiner Dienststelle in den nächsten Auslandseinsatz.

Seit fast zwei Jahren befand er sich nun in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, wo sich die Kanadier – gemeinsam mit anderen Truppen der Anti-IS2-Koalition – um die Ausbildung der kurdischen Peschmerga, vor allem aber um die Rettung vertriebener und entführter Christen vom Volksstamm der Jesiden bemühten.

Wie schon in den Tagen zuvor, fand Jack Bishop auch in dieser Nacht im Sommer 2016 keinen erholsamen Schlaf. Und es war nicht die Hitze in dem kanadischen Camp des CEFC3 im Nordirak, die ihm zu schaffen machte.

Vor allem die Gespräche mit gehirngewaschenen jesidischen Kindern und Jugendlichen, die der IS zu Selbstmordattentätern hatte ausbilden wollen, hatten ihn an den Rand des mental Erträglichen gebracht.

Und dabei war Jack natürlich rasch klargeworden, dass man nur einen Bruchteil dieser schändlich missbrauchten Kinder rechtzeitig befreit hatte. Wie viele von ihnen noch da draußen waren, um sich als eingeschleuste Flüchtlinge in den Ländern der Anti-IS-Koalition in die Luft zu sprengen, blieb eine Dunkelziffer, die niemand genau benennen konnte.

Doch es gab noch sehr viel Schlimmeres, das Dr. Bishop selbst in Afghanistan in dieser Weise noch niemals begegnet war. Denn die in den letzten Wochen geführten Zeugenbefragungen mit brutal misshandelten und geschändeten Frauen vom kurdischen Volksstamm der Jesiden gingen weit über alles Vorstellbare hinaus.

Die von ihren ‚Besitzern’ wie Tiere behandelten Frauen wirkten auch nach ihrer Befreiung noch immer völlig verstört, weil sie das Erlebte kaum oder gar nicht verdrängen – und noch viel weniger verarbeiten konnten.

Und erst heute Morgen hatte man eines der von ihm am Vortag interviewten Mädchen an einem Bettlaken erhängt in ihrer Unterkunft aufgefunden.

Samira, so hatte die 17-jährige junge Frau geheißen, die von ihren Folterern mehrfach an irakische Geschäftsleute verkauft, auf grausamste Weise immer wieder zusammengeschlagen und vergewaltigt worden war.

 

Nachdem man ihre Eltern ermordet und sie selbst gefangengenommen hatte, war Samira fast ein Jahr lang in den Händen ihrer Peiniger gewesen. Und die hatten ihr beigebracht, dass sie als Christin in einem islamischen Staat noch ungleich weniger als ein geduldetes Haustier zählte.

„Ich bin schwanger“, hatte sie Jack im letzten Interview unter Tränen gestanden und dabei ihre Scham darüber kaum zu verbergen vermocht.

„Und ich weiß noch nicht mal, wer der Vater meines Kindes ist. Es waren in letzter Zeit einfach zu viele Männer, denen ich im Haus meines ehemaligen Besitzers im Irak für Sklavendienste zu Diensten sein musste.“

Obwohl Jack der jungen Jesidin in diesem letzten Gespräch sofort seine ärztliche Hilfe versprochen und sie sofort als selbstmordgefährdet eingestuft hatte, war es dennoch geschehen.

Denn anscheinend hatte die noch immer von ihrem monatelangen Martyrium an Körper und Seele gezeichnete Samira keinen anderen Ausweg in ein normales Leben mehr gesehen.

Samira, die einstmals bildhübsche – jetzt aber nicht nur im Gesicht völlig entstellte Jugendliche, die ihr ganzes Leben noch vor sich gehabt hatte, hatte sich in der vergangenen Nacht umgebracht.

„Wahrscheinlich, weil sie mit der Schande nicht länger leben konnte – und weil sie schon gar nicht das Kind eines ihrer Vergewaltiger auf die Welt bringen wollte“, hatte Jack zu seinem Vorgesetzten gesagt.

„Mann, ich hätte das merken und Samira in den Arm nehmen müssen, so verloren, wie sie da gestern vor mir stand. Aber, was hab’ ich Idiot getan? Nicht das Richtige jedenfalls, soviel steht fest.

Ich, der ach so schlaue Doktor der Psychologie, habe kläglich versagt – und zwar nur, weil ich der alten Regel gefolgt bin, nach der man sich nie zu tief in die Probleme seiner Patienten hineinziehen lassen soll“, warf sich Jack Bishop jetzt vor.

„Ich kann das nicht mehr länger machen, keine Sekunde mehr länger“, sagte Jack Bishop am Abend zu sich selbst, während er sich die auf seinem Nachttisch stehende Flasche Bourbon näher betrachtete.

„Und Alkohol ist auch nicht die Lösung, damit ich das alles wieder vergesse“, dachte er, während er die Flasche gleich nach dem Öffnen wieder zuschraubte.

„Morgen ist Feierabend! Nach zwei Jahren Afghanistan und jetzt fast zwei Jahren im Irak, habe ich meinem Land genug gedient!“, rief er dabei bestimmt.

„Außerdem kann ich nicht mehr. Ein Psychologe, der selber anfängt am Posttraumatischen Belastungssyndrom zu leiden, ist nämlich das Allerletzte, was die Leute hier brauchen.“

Wenn Dr. Jack Bishop einmal eine Entscheidung getroffen hatte, zog er diese auch konsequent durch. Schon zu Dienstbeginn des nächsten Tages stand er erneut beim kommandierenden General des kanadischen Einsatzkommandos auf der Matte und reichte seine fristlose Kündigung ein.

„Sie wissen schon, dass Ihnen das zum Nachteil gereichen wird, wenn Sie hier bereits nach der Hälfte Ihrer vertraglich vereinbarten Zeit aussteigen.

Außerdem, daheim in Ottawa werden sie anschließend ebenfalls nicht mehr für unsere Streitkräfte arbeiten können“, hatte der kanadische Brigadegeneral trocken festgestellt.

„Ich bin mir dessen voll bewusst, Herr General. Die daraus resultierenden Konsequenzen habe ich heute Nacht mehr als einmal durchdacht – und keine Angst, ich habe mir meine Entscheidung reiflich überlegt. Aber ich sehe für mich keinen anderen Weg.

Und weiterzumachen, so als wäre gar nichts geschehen, wäre unehrlich – und deshalb findet das auch auf keinen Fall statt“, hatte Jack Bishop geantwortet.

„Als erfahrener Arzt und Psychologe weiß ich nämlich, wann es genug ist. Und für Sie und ihre Leute – aber noch viel schlimmer – für die hier bei uns untergebrachten Schutzbefohlenen und auch für unser Einsatzkommando wäre ich künftig nur noch eine Last, und keine Hilfe mehr.

Außerdem bin ich hier ja nicht der einzige Psychologe. Meine Assistentin Barbara McClusky ist eine sehr erfahrene Kollegin. Sie kennt alle relevanten Fälle und sie wird für Sie genau da weitermachen, wo ich ab morgen aufhöre.

Daher bitte ich Sie eindringlich, mich ziehen zu lassen und meine Kündigung an unser Hauptquartier weiterzuleiten.

Was das Finanzielle angeht, muss sich um mich niemand Sorgen machen. Ich verdiene mit meinen bereits veröffentlichten Büchern inzwischen jeden Monat weit mehr, als das Salär beträgt, dass ich vom kanadischen Staat für diesen Knochenjob bekomme.

Daher ist es nicht meine Zukunft in den kanadischen Streitkräften, oder gar der Verdienst, weshalb ich aufhöre. Es ist die tote Samira, die sich gestern Nacht da draußen in ihrer Unterkunft umgebracht hat, ohne dass ich das verhindern konnte.

Denn ich, und nur ich – wer denn sonst – hätte die Anzeichen für diesen Suizid erkennen und sehr viel vorausschauender handeln müssen.

Und genau das hab’ ich leider nicht in ausreichendem Maße getan. Zumindest nicht so, wie es am Ende des mit ihr zuletzt geführten Gesprächs nötig gewesen wäre. Mit diesem Versagen, Herr General, damit muss ich jetzt wohl für den Rest meines Lebens klarkommen.“

„Also gut, Jack. Ich verstehe Ihre Beweggründe. Da Sie Zivilist sind, kann ich Ihnen auch nicht befehlen, hierzubleiben und weiterzumachen. Aber einen guten Rat von mir sollten Sie dennoch annehmen.

Sie sind nicht schuld, an dem, was gestern Nacht mit Samira passiert ist. Reden Sie sich das bitte nicht ein. Sie sind nämlich meiner Ansicht nach ein ausgesprochen guter Arzt und noch ein besserer Psychologe, den ich gerne noch eine Weile behalten hätte. Und genau das werde ich auch in meinen Bericht schreiben.

Gönnen Sie sich jetzt erstmal eine Pause im Kreis Ihrer Familie. Wer weiß, vielleicht fangen Sie ja anschließend wieder als Profiler bei der RCMP an.

Wie man mit einer posttraumatischen Belastungsstörung umgehen muss, brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen. Das wissen Sie als Experte auf diesem Gebiet sicher sehr viel besser als ich.

Bleibt mir also nur noch übrig, Ihnen Hals- und Beinbruch für ihr zukünftiges Leben zu wünschen.“

Nach diesen einfühlsamen Worten kam der sonst ziemlich bärbeißige und lebensältere General hinter seinem Schreibtisch hervor und drückte Jack Bishop zum Abschied die Hand.

„Danke Jack. Und zwar für alles, was Sie hier unter meinem Kommando geleistet haben. Das war für Sie hier bei uns ja kein Zuckerschlecken. Kommen Sie also bitte rasch wieder auf die Füße und alles Gute für Sie.“

Kapitel 1 Ehebruch mit Folgen

Schon am Tag nach dieser folgenschweren Entscheidung saß Dr. Jack Bishop in einer kanadischen Herkules CC-130, die ihn zunächst nach Frankfurt brachte, von wo er am Tag darauf mit einem regulären Zivilflug in seine kanadische Heimat zurückkehrte.

„Ich werde wieder ein Buch schreiben, in dem ich alles zum Ausdruck bringe, was ich im Irak erlebt habe.

Und ich mache mit meiner Kerry endlich den Karibikurlaub, den ich ihr schon so lange versprochen habe“, dachte Jack, als er von seinem Fensterplatz kurz nach dem Start auf die seitlich vorbeiziehenden britischen Inseln hinabblickte.

Als die Boeing 787 der Air Canada schließlich in der hereinbrechenden Dämmerung auf den Nordatlantik hinausflog, murmelte er leise vor sich hin: „Außerdem werde ich wieder anfangen zu malen. Das hat mich als Ausgleich schließlich auch damals nach Afghanistan wieder in die Spur gebracht.“

Jack konnte nach dem an Bord servierten Abendessen nur unruhig schlafen, weil er in seinen Träumen viel zu oft das Mitleid erregende Gesicht der jungen Jesidin Samira vor sich sah.

Nach dem siebeneinhalbstündigen Non-Stop-Flug überlegte der davon noch immer übermüdete Jack Bishop nach der Einreisekontrolle auf dem Ottawa International Airport, wie er nun am besten weiter vorgehen sollte.

„Kerry weiß ja nicht, dass ich schon heute Abend heimkomme, deshalb muss ich jetzt zu allererst mal einen Blumenstrauß für sie besorgen.

Mann, oh Mann, wird die sich freuen, wenn sie hört, dass ich endlich ihrem Wunsch gefolgt und aus diesen von ihr so gehassten Job ausgestiegen bin“, sagte er sich, als er die Geschäfte in der Ankunftshalle nach einem Blumenladen durchforstete.

„Wo soll’s hingehen?“, fragte der freundliche Taxifahrer, nachdem er Jacks Gepäck wenig später vor der Ankunftshalle im Kofferraum verstaute.

„In die Camelia Avenue im Manor Park, ich lotse Sie dann in die Straße zu meiner Wohnung“, antwortete Jack, während er den riesigen Strauß roter Rosen neben sich auf dem Rücksitz deponierte.

Als Jack vor seinem Heim aus dem Taxi ausstieg und der Taxifahrer gegen ein großzügiges Trinkgeld die Koffer vor seiner Haustür abgestellt hatte, erwog Jack zunächst, an der Tür Sturm zu läuten.

Da er mit einem Blick auf die bereits dunklen Fenster seines Hauses davon ausging, dass seine Ehefrau Kerry schon zu Bett gegangen war, ging er von diesem Vorhaben aber gleich wieder ab.

„Ist doch sicher viel schöner, wenn ich sie aus dem Schlaf küsse“, dachte er, während er die Haustüre leise aufschloss und sein weniges Gepäck ebenso lautlos im Flur abstellte.

Gleich danach packte Jack den riesigen Rosenstrauß aus der Papierhülle aus und schlich auf leisen Sohlen über die Treppe hinauf in den ersten Stock.

Schon als er die Treppe halb geschafft hatte, meinte er seltsame Geräusche aus der oberen Etage zu hören. Und als er weiterging, wurde ihm langsam klar, was er da hörte.

Das ekstatische Stöhnen seiner Frau Kerry, was er nur allzu gut kannte – wie auch die klatschenden Laute von aufeinanderprallenden Körpern – klangen in seinen Ohren ausgesprochen vertraut. Nur war er bisher nicht Zuhörer, sondern Beteiligter an derartigen Liebesspielen gewesen.

Als er die Tür des ehelichen Schlafzimmers leise öffnete, gefror ihm sein Blut wegen dem, was er da vor sich sehen musste, in den Adern.

Seine über alles geliebte Kerry, die ihm bei der Hochzeit ewige Treue geschworen hatte, bewegte sich enthusiastisch seufzend und völlig nackt unter einem ebenfalls unbekleideten Mann, den er bei näherem Hinsehen als seinen engsten Freund Charly identifizierte.

„Charles MacKenzie, was bist du nur für ein dreckiges Schwein!“, brüllte Jack Bishop jetzt mit überschäumender Wut.

Den offensichtlichen Liebhaber seiner Frau packte er sogleich am Genick und riss ihn von seiner Frau weg, um ihm umgehend ein paar Faustschläge auf seinen Solarplexus zu verpassen.

Wobei er auch nicht vergaß, dem mittlerweile schon schwankenden und noch immer völlig perplexen Ehebrecher den noch in seiner linken Hand befindlichen Rosenstrauß um die Ohren zu schlagen.

„Warst schon mal ein bisschen fitter, du dummes Arschloch“, schrie er seinen Nebenbuhler jetzt an, während er Charly einen abschließenden Hieb in sein teigiges Antlitz verpasste.

„Schatz, das ist doch alles nur ein fürchterliches Missverständnis“, versuchte seine Frau weinerlich das entstandene Chaos zu beruhigen, während sie sich ein Bettlaken über ihre wohlgeformten Brüste zog.

„Ein Missverständnis, so, so! Na dann ist das hier ja wohl alles nicht der Rede wert, oder? Du bist eine dämliche Kuh, Kerry, wenn du glaubst, dass du damit durchkommst“, erwiderte Jack Bishop, während er noch ein letztes Mal befriedigt auf den sich am Boden windenden Charly schaute.

„Und du blödes Arschloch hast nichts Besseres zu tun, als meine Frau zu ficken, wenn ich mal außer Reichweite bin. Aber, mein lieber Freund, ich sag’ dir jetzt eines – du kannst sie haben. Ihr beide habt euch nämlich verdient.“

„Jack, das war doch überhaupt nicht meine Absicht“, stammelte Charles MacKenzie jetzt los.

„Ich bin heut’ Abend nur mal schnell rübergekommen, weil eure alte Waschmaschine repariert werden musste. Und Kerry war so traurig und einsam und dabei ist’s halt einfach passiert.

Bist selber schuld, wenn du eine schöne Frau, wie deine Kerry, mit all ihren häuslichen Problemen solange wegen deines Scheißberufs alleine lässt“, fügte er dann noch hinzu.

„Nun, mein Lieber, wenn das so ist, dann ist’s ja gut, wenn sie dich jetzt hat. Du kannst ja bei dir zuhause ausziehen und ihr künftig auch noch die Funktion aller übrigen Hausgeräte im Bett erklären.

Bin nur mal gespannt, was deine Ehefrau dazu sagt, wenn sie von dem hier erfährt. Und mit dir, meine geliebte Ehefrau Kerry, bin ich fertig – und zwar ein für alle Mal.

Ich nehm’ jetzt meine Koffer und geh’ ins nächste Hotel. Schon morgen bin ich bei meinem Anwalt und schon übermorgen kommt eine Spedition, die meine Sachen abholt.

 

Das von mir bezahlte Haus hier gehört zwar zur Hälfte mir – aber die schenke ich dir nach unserer Scheidung mit der Maßgabe, dass du danach keine weiteren Forderungen an mich stellst. Das Schreiben meines Anwalts wird dir dazu in Kürze zugehen.

Untersteh’ dich deshalb nicht, auf monatlichen Unterhalt zu klagen, sonst wirst du dein blaues Wunder erleben. Denn dein künftiges Liebesleben mit Charly kann er finanzieren – ich werde das jedenfalls nicht tun. Hast du das bis hierhin verstanden?“

„Und wie willst du meine Untreue beweisen, du hinterhältiger Kerl? Du treibst dich monatelang mit irgendwelchen arabischen Weibern rum – aber auch ich habe Bedürfnisse. Dann kommst du hier so einfach mal reingeschneit und meinst, dass ich stets brav auf dich zu warten habe?

Du hast nichts, aber auch gar nichts in der Hand. Denn wir sind zu zweit und Charly wird beschwören, dass da vorhin gar nichts war, was deine Anschuldigungen belegen würde. Du hast das alles nur fürchterlich missverstanden.“

„Was bist du doch nur für eine selbstgerechte und zugleich strohdumme Person. Du meinst also, ich hab’ es nur missverstanden, dass meine Frau mit einem meiner besten Freunde in unserem Ehebett herumpoppt?“, antwortet Jack Bishop jetzt zornig, als er die von Blütenblättern arg dezimierten Rosenstrünke auf Kerrys vorgehaltene Bettdecke schmiss.

„Siehst du dieses kleine Teil hier, dass schon die ganze Zeit über an meiner Jacke befestigt ist, mein ehemals geliebtes Täubchen? Das ist ein Andenken aus dem Einsatz, das mir mein Vorgesetzter zum Abschied geschenkt hat. Nur zu deiner Information – man nennt so etwas Bodycam.

Die Bilder sind vielleicht ein wenig verwackelt, als ich deinem Stecher eins auf die Nase gegeben habe, aber das Wesentliche davor ist als HD-Video sogar mit Uhrzeit dokumentiert und inzwischen über mein Smartphone in meiner Cloud gespeichert.

Ich hatte nämlich eigentlich vor, dein überraschtes Gesicht mit diesem Gerät festzuhalten. Und zwar genau an dem Tag, an dem ich dir erzählen würde, dass ich meinen Job gekündigt habe und wir nächste Woche in die Karibik fliegen.

Nur hat sich Letzteres soeben erübrigt. Ich wünsch’ dir viel Glück mit diesem schmerbäuchigen Idioten hier. Vielleicht hast du ja Glück und er tut dir den Gefallen und lässt sich ebenfalls von seiner trauten Familie scheiden.

Und was die Beweislage angeht, du bescheuerte Ehebrecherin –das nette Filmchen mit euren Bettaktivitäten geht noch heute Abend an meinen Anwalt. Und der wird’s danach dem Familienrichter zeigen, so dass einer Blitzscheidung nichts im Wege stehen dürfte.“

Gleich nach diesen Worten schmiss Jack Bishop die Tür des Schlafzimmers krachend ins Schloss und rannte noch immer völlig wutentbrannt die Treppe hinunter, wo er seine noch im Eingang stehenden Koffer aufsammelte. Draußen vor der Tür schloss er anschließend seine Garage auf.

„Ich nehm’ den Mercedes Geländewagen und meinen alten Jaguar kann mein Anwalt verkaufen. Den brauche ich in Neuschottland nicht.

Und Madame kann zukünftig wieder ihren rostigen Toyota fahren, den sie mit in die Ehe gebracht hat“, dachte er bei sich, als er den vierradgetriebenen Mercedes GLS startete und gleich darauf wütend mit quietschenden Reifen in die Straße vor seinem Haus einbog.