Fördegeheimnisse

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Fördegeheimnisse
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Karl-Heinz Biermann

Fördegeheimnisse

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Nicht weit entfernt vom U-Boot-Ehrenmal am Ufer der Förde bei Kiel-Heikendorf näherte sich ein dunkelblauer Ford, bis ein Verbotsschild die Weiterfahrt verhinderte. Der Wagen bog ab und fuhr auf den Parkplatz eines Strandcafés. Sein Fahrer stieg aus, langte zurück in das Innere des Autos und seine Hand kam mit einer Fotokamera wieder hervor. Der Mann spannte sich den Trageriemen der Kamera so über die Schulter, dass sie ihm nach hinten hängend nicht im Gehen behinderte; dann schickte er sich an, den Weg zu Fuß zurückzu-legen, den er mit dem Auto nicht befahren durfte.

Er sah nach der linken Seite zum Wasser, er hatte wenige Meter Strand zwischen sich und dorthin, aber er war nicht gekommen, um die schöne Aussicht auf die Förde zu fotografieren, er wollte im Restlicht des Tages etwas anderes im Bild festhalten.

Etwa dreihundert Meter ging der Mann auf dem Uferweg, ohne dass ihm jemand begegnet war, dann trennte ihn ein Waldstück vom Wasser der Förde. Nicht mal einer von den reichen Pinkeln, die hier in der Nähe ihre Villen besaßen, führte seinen Hund aus, dachte er.

Prüfend spähte der Mann in die Umgebung, dann verließ er den Weg, schlich seitwärts in das Unterholz. Er schien sich auszukennen, schon mehrere Male war er hierhergekommen, noch vor einigen Wochen im Sommer – aber nicht angelockt durch das schöne Wetter, das nun ins Grau des Herbstes übergegangen war. Jetzt fielen bereits die ersten Blätter von den Bäumen, und um diese Jahreszeit wurde es schon früher dunkel. Daher hatte er seiner Kamera ein lichtstarkes Teleobjektiv aufgesetzt.

Immer wieder gingen seine Blicke in alle Richtungen, dabei trat er über Laub und Strauchwerk, dichtgewachsene Büsche und hohe Bäume säumten seinen Weg. Zielstrebig schritt der Mann weiter, bis er an ein umzäuntes Grundstück kam, die rückwärtige Seite eines großen Anwesens.

Inzwischen war es gänzlich dunkel geworden, doch der Mann wusste genau diese eine Lücke im Zaun, an der es möglich war, mit dem Teleobjektiv ein Teil des Hauses auf dem Grundstück heranzuzoomen. Eine nicht zugewachsene Stelle reichte ihm, um einen Ausschnitt der Terrasse und einige Fenster, hinter denen Licht brannte, vor seine Linse zu holen. Fotos, die hinter den Fenstern ein Paar in leidenschaftlicher Umarmung zeigten, hatte er bereits vor einiger Zeit schießen können. Er gedachte, noch ein paar mehr machen zu können, lauerte darauf, das Paar bei mehr als nur einem Kuss abzulichten, um die Fotos seiner Sammlung hinzuzufügen, die er sicher bei sich zu Hause unter Verwahrung hielt.

Dass auch er fotografisch fixiert werden konnte und dazu noch in beweglichen Bildern – davon hatte der Mann bisher nichts mitbekommen; eine Überwachungskamera hielt zwar den Zaun im Auge, doch war sie so angebracht, dass er sie nie entdeckt hatte.

Eine halbe Stunde stand er auf der Lauer, bis er sein Ansinnen aufgab, nichts hatte sich in dem Haus bewegt. Er schlich den Weg zurück, den er gekommen war, stieg in seinen Wagen und startete den Motor. Im Licht des wegfahrenden Fahrzeugs, das auch das Nummernschild beleuchtete, zeigten sich neben der Kieler Kennung die Buchstaben PE. Diese Buchstabenfolge hatte der Mann sich bei der Zulassungsstelle erbeten, so wie sich andere manchmal die Anfangsbuchstaben ihrer Namen oder den ihrer Frauen auf den Nummernschildern ihrer Autos zu lesen wünschten. Dem Anliegen des Mannes war ebenso entsprochen worden, nur waren es keine Initialen irgendwelcher Namen: Sie standen für Privat-Ermittler, die beiden Anfangsbuchstaben dieses Begriffs; der Mann war nämlich Privatdetektiv, nur fand er die Bezeichnung Ermittler irgendwie seriöser.

2

„Sehe ich dich morgen wieder?“

Der junge Mann nickte stumm.

„Bestimmt?“, wollte die Frau wissen.

„Ja, bestimmt“, sagte der junge Mann. „Ganz sicher.“

„Sei vorsichtig“, sagte die Frau. Sie sprach es leise, flüsterte fast, in ihren Augen lag Glanz. Sie legte zärtlich ihre Arme auf seine Schultern, aber dann umschlang sie stürmisch seinen Hals, drängte sich an ihn und sie küssten sich heftig.

„Ich muss los, Hanna“, sagte er, sich von der Frau lösend.

„Sei vorsichtig“, wiederholte sie besorgt.

„Wie immer, ich pass schon auf. Ich gehe den Uferweg zurück, dort läuft mir um diese Zeit keiner über den Weg.“ Der junge Mann ging zur Terrassentür, die Frau folgte ihm zögernd, stellte sich vor ihn, als wollte sie ihn nicht fortlassen, doch dann schob sie die schwere Glastür auf, einen Spalt nur, und schlang sich wieder um seinen Hals, zog seinen Kopf zu sich heran und küsste ihn lange, bis sie erneut voneinander ließen. Der Mann drückte sich durch die Enge der Türöffnung, winkte zum Abschied kurz mit der Hand, dann verschwand er in der Nacht.

Die Frau schob die Tür zu, verriegelte sie und stand noch eine Weile, als sei sie in Gedanken versunken, bis sie sich abwandte und die Treppe zum oberen Stockwerk hochstieg.

Derweilen erreichte der junge Mann in der absoluten Dunkelheit den Zaun, der das große Gelände des Gartens säumte, seine Orientierung führte ihn ohne Mühe dorthin, auf den abgeschiedenen Weg hinaus, den er so oft gegangen war. Bald hatte er die Stelle gefunden, an der das Gitter zu überwinden war, am immer selben Ort, und auch die Überwachungskamera wusste er in der Nähe installiert, doch er wusste auch, dass sie für ihn keine Relevanz hatte. Hanna würde sie für diesen Moment deaktiviert haben, wenn er das Gitter erklomm, was er auch gleich tat, leise, ohne Hektik. Auf der anderen Seite des Zauns ließ er sich herab; in der Schwärze der Nacht spürte er seine Füße den Boden berühren und wandte sich dann um, auf den ihm nur allzu gut bekannten Pfad zum Uferweg hinunter.

Der Schlag aus dem Nichts traf ihn frontal. Erstaunt nahm der junge Mann wahr, dass die Dunkelheit vor ihm den Weg versperrte, ihn nicht weitergehen lassen wollte, als sei er vor eine unsichtbare Wand gelaufen. Aber dann spürte er Schmerz, und als Nächstes bemerkte er feuchtes Laub in seinem Gesicht und die Dunkelheit der Nacht wurde noch schwärzer, und dann spürte er gar nichts mehr.

3

„Wo, sagten Sie, hat man ihn gefunden?“ Kommissar Brandts Frage ging an den dabeistehenden Rechtsmediziner, ohne dass sein Blick von der Leiche eines jungen Mannes auf dem Obduktionstisch ließ.

„Am Strand von Friedrichsort, am gestrigen Abend“, kam die Antwort. „Die Beamten der Dienststelle Holtenau haben sich darum gekümmert.“

„Die Wasserschutzpolizei?“

„Es war schon spät, man wollte wohl die Kripo um diese Zeit nicht mehr heranziehen“, bemühte sich der Rechtsmediziner um eine Erklärung. „Außerdem haben die im Fall einer Wasserleiche das gleiche Recht, sich darum zu kümmern …“

„Ja, ja, schon gut“, wiegelte der Kommissar ab, „ich hoffe nur, die haben sich auch um die Spuren gekümmert.“

„Haben die, das Protokoll der Kollegen von der

Spurensicherung ist bereits fertig, ich muss nur noch meinen Bericht hinzufügen.“ Die Gestik des Rechts-mediziners sollte dem Kommissar mitteilen, dass er die Obduktion beenden wollte.

 

„Wer sagt denn überhaupt, dass der da übers Wasser gekommen ist?“

„Wasser in der Lunge.“

„Also ertrunken.“

„Ich würde eher sagen, er ist erschlagen worden. Von einem Gegenstand getroffen, hier, sehen Sie.“ Der Rechtsmediziner wies auf das Gesicht des Toten.

Kommissar Brandt zog seinen Mund breit, für den Obduzierenden ein bekanntes Merkmal seines Unmuts, da er es mit dem Beamten von der Kieler Kripo nicht zum ersten Mal zu tun hatte.

„Das heißt noch nicht, dass er sofort tot war“, fügte er gleich an.

Der Kommissar schickte sich an, aus dem Raum hinauszugehen, der ihm jedes Mal ein Gefühl eisiger Kälte bereitete. „Dann kann er genauso gut durch einen Unfall umgekommen sein, meinetwegen auf einem Segelboot, vom Baum getroffen und dann ab über Bord. Passiert diesen Freizeitkapitänen oft“, sagte er mit einem geringschätzigen Blick zur Leiche hin.

„Also war es richtig, dass sich die Wasserschutz-polizei eingeschaltet hat!“

Kommissar Brandt hörte den Ruf des Rechtsmediziners, da war er schon draußen auf dem Flur. „Von mir aus“, grantelte er.

Am nächsten Morgen durchsuchte er gleich als Erstes in seinem Büro den Computer nach der Aktendatei der Rechtsmedizin, und wider Erwarten sah er sich ab sofort mit dem Fall des am Strand von Friedrichsort aufgefundenen Toten befasst; der Bericht wies eindeutig auf eine Fremdeinwirkung hin, die zum Tod des jungen Mannes geführt habe.

Also doch Mord, dachte der Kommissar, oder zumindest Totschlag. Er musste es herausfinden, das war seine Arbeit hier im Kieler Polizeipräsidium, Abteilung Kapitaldelikte. Eigentlich war er Erster Kriminalhauptkommissar, reich an Dienstjahren und zur Zeit der einzige mit diesem Rang, nur der Dezernatsleiter stand über ihn. Er fand es nicht brüskierend, wenn man ihn, wahrscheinlich wegen der Kürze, nur mit Kommissar ansprach, auch von den rangniedrigeren Kollegen war es gewohnt, dass sie es so sagten. Nur von diesen

Kriminalmeistern und Ober- und Hauptmeistern konnte ihm in der nächsten Zeit keiner zur Seite gestellt werden, sie alle steckten selbst in Fällen fest; er würde sich also allein dieser Akte annehmen müssen.

Er entnahm ihr, dass dem Opfer mit einem stumpfen Gegenstand der Schädel eingeschlagen worden war, von vorn und mit großer Wucht, aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Baseballschläger. Dann suchte der Kommissar nach der Datei der Spurensicherung, die nach Angabe des Rechtsmediziners bereits vorliegen sollte, und er bemängelte wieder einmal die nicht zeitgleiche Zusammenarbeit der beiden Institutionen.

Warum gab es nicht eine einzige Akte, in der alles zusammengefasst war, warum musste er mit der Maus im Computerprogramm rauf und runter scrollen und umständlich danach suchen? Er schüttelte mit dem Kopf.

Doch dann merkte er auf, als die Datei der Spuren-sicherung endlich vor seine Augen kam, und er las interessiert, dass die Kollegen zu der Erkenntnis gekommen waren, dass die Wasserströmung das Opfer zum Zeitpunkt seines Todes von woanders her an die schmalste Stelle der Kieler Förde, den Fundort in Friedrichsort, getrieben haben musste; es seien einige Blätter unter seiner Kleidung gefunden worden, Laub von Bäumen und zwar von einer exotischen Art, die in Norddeutschland nicht heimisch sind.

Kommissar Brandt schaute von seinem Computer auf. Der Fundort der Leiche war nicht gleich Tatort, soviel war schon mal sicher, dachte er. Wer der Tote allerdings war, konnte ihm bisher niemand sagen. Also auf zum Staatsanwalt, die Genehmigung für die Veröffentlichung eines Fotos des Toten besorgen. Ein Foto in den einschlägigen Kieler Zeitungen und Nachrichtensendungen und die Öffentlichkeit bemühen, so etwas hatte bisher immer Erfolg gebracht.

4

Es hatte ungefähr eine Woche gebraucht, bis das

Foto des toten Mannes vom Friedrichsorter Strand in die Zeitungen gelangt war, die Mühlen der Justiz mahlten mitunter langsam. Obwohl der Aufruf „Wer kennt diesen Mann?“ in verschiedenen, auch überregionalen Presseerzeugnissen zu lesen war, wurden daraufhin nur zwei Anrufe zu Kommissar Brandt durchgestellt. Der erste war der einer Frau. Sie sei die Nachbarin des Mannes, den sie da in der Zeitung abgebildet gesehen hatte. Furchtbar, ließ sie sich am Telefon vernehmen, und ob das Foto von ihrem Nachbarn gemacht wurde, als er schon tot war?, wollte sie wissen.

Der Kommissar ging darauf nicht ein, stattdessen bat er um ihre Adresse und ersuchte sie zu Hause zu bleiben, er würde bald bei ihr sein und ein paar Auskünfte haben wollen.

Der zweite und damit verbliebene Anruf kam ebenfalls von einer Frau. Ihr Name sei Franzi Harms, und ihre Stimme am anderen Ende der Leitung klang die einer jungen Frau. Der Kommissar folgerte daraus, dass sie im selben Alter wie das Mordopfer sein konnte, und auf seine weiteren Nachfragen hin erwies sie sich als eine Bekannte des Toten. Auch ihre Adresse gab sie bereitwillig an, nur den daraufhin von ihm angekündigten Besuch bei ihr lehnte sie ab. Im Präsidium wolle sie auch nicht erscheinen, bat sie mit zarter Stimme, und sie nannte ihm stattdessen ein Café in der Kieler Innenstadt, dort würde sie sich gern mit ihm treffen wollen.

Darauf ging Kommissar Brandt ein, obwohl er an seinen Feierabend dachte, verlegte aber seinen Dienstschluss in Gedanken einfach auf später, tröstete sich damit, dass die Anrufe – auch wenn es nur zwei waren – vielleicht Aussicht auf Ermittlungserfolge versprachen und fuhr sogleich zur Adresse dieser Nachbarin des Toten.

„Ich nehme an, dass er dort wohnte?“, fragte er sie wenige Zeit später, er wies zur Tür der Wohnung

gegenüber.

Die Nachbarin nickte und ließ ihn in ihre Wohnung eintreten.

„Lebte Ihr Nachbar allein?“

„So genau kann ich das nicht sagen, auf jeden Fall war er nicht verheiratet“, antwortete die Frau.

„Das wissen Sie sicher?“ Die Stimme des Kommissars klang etwas bitter, aber dann nahm er sich vor, der Frau höflich zu begegnen, schließlich sollte sie ihm ja etwas sagen können. „Aber es kam schon jemand manchmal zu Besuch, oder nicht?“

„Schon“, sagte die Nachbarin, „Damen.“

„Damen?“ Der Kommissar zog seinen Mund breit.

„Sie wissen ja, wie es bei diesen alleinstehenden Männern zugeht.“

„So? Wie geht es denn da zu?“ Der Kommissar unterdrückte ein aufkommendes Grinsen.

„Na ja, Sie wissen schon“, sagte sie.

„Es waren also immer wieder andere Frauen. Können Sie mir sagen, wer sie waren? Vielleicht ein paar Namen?“

Die Nachbarin schüttelte mit dem Kopf. „Da fällt mir gerade ein“, sagte sie dann doch, „eine war häufiger bei ihm.“

„Wer diese Frau ist, wissen Sie aber bestimmt.“

„Nein, nicht“, sagte sie. „Aber sie fiel mir auf, weil sie entschieden älter war als er.“

„Entschieden älter? Was meinen Sie damit?“, hakte der Kommissar nach.

„Dass sie eben gar nicht zu ihm passte. Die war mindestens zwanzig Jahre älter als er. Und teure Kleidung hatte sie an.“

„So, so“, brummelte Kommissar Brandt. „Hatte er sonst noch Besuch, von Verwandten vielleicht?“

„Ich weiß gar nicht, ob er Verwandte hat.“

„Aber vielleicht wissen Sie, wo er gearbeitet hat.“

Die Frau schüttelte wieder mit dem Kopf. „Nein, da kann ich Ihnen auch nichts zu sagen.“

Als Kommissar Brandt sich draußen vor der Wohnungstür von der Nachbarin des Mordopfers verabschiedete, sah er noch einmal kurz zur Tür gegenüber. Für einen Augenblick dachte er daran, sie zu fragen, ob sie vielleicht Zugang zu dieser Wohnung hätte, die Möglichkeit dazu traute er ihr zu. Es schien ihm überhaupt nicht skrupellos, ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss die Wohnung zu betreten. Er nahm sich vor wiederzukommen.

Spät am Nachmittag suchte er dieses Café auf, wollte dort schon Platz genommen haben, bevor die Bekannte des Mordopfers eintraf. Er wollte sie vorher in Augenschein nehmen, so etwas konnte Aufschlüsse bringen.

Bald bemerkte er eine junge Frau, die mit einer

Zeitung in der Hand das Café betrat. Nach einer Weile, in der er sie beobachtet hatte, kam er dahin, dass sie die Bekannte des Toten sein konnte, die sich am Telefon mit Franzi Harms vorgestellt hatte. Die junge Frau hatte ihm gesagt, dass sie eine aufgeschlagene Zeitung mit dem Foto des Ermordeten vor sich auf dem Tisch liegen haben würde. Ihr Vorschlag war ihm überaus konspirativ erschienen. Er trat an ihren Tisch.

„In welcher Beziehung standen Sie zu ihm“, fragte er sie, nachdem sich seine Vermutung bestätigte, er sich vorgestellt und sich zu ihr gesetzt hatte.

„Wir waren bis vor Kurzem noch befreundet“,.

„Heißt das, bis zu seiner Ermordung?“ Der Kommissar fand es etwas zu schroff ausgedrückt. „Es tut mir leid.“

„Schon in Ordnung“, sagte die junge Frau. „Es war sowieso nicht die große Liebe.“

Ihre Offenheit überraschte ihn.

„Vor ungefähr zwei Monaten haben wir uns aus den Augen verloren“, sagte sie.

„Dann waren Sie also schon lange nicht mehr mit ihm zusammen.“ Sein Fauxpas war also egal gewesen, dachte der Kommissar etwas ärgerlich. „Sie können mir trotzdem etwas über ihn erzählen.“

„Was wollen Sie wissen?“ Franzi Harms sah ihn auffordernd an.

„Nun, Name, Alter, vor allem was er so gemacht hat, auch beruflich.“

„Bernd“, sagte die junge Frau, „Bernd Mosbacher, mit einem o. Er war im Schiffbau bei einer Firma angestellt, ich glaube in Friedrichsort.“

„Name der Firma? Adresse?“

Franzi Harms beantwortete die Fragen, ohne lange nachzudenken.

„Können Sie sich vorstellen, warum er umgebracht worden ist?“

„Nein“, sagte sie.

„Kennen Sie andere Personen aus seinem Umfeld?“

Die junge Frau schüttelte ihren Kopf, jetzt schien sie länger zu überlegen. „Da gab es niemanden“, sagte sie dann.

„Vater, Mutter, Geschwister“, forschte der Kommissar weiter, „irgendjemanden muss es doch geben.“

Wieder schüttelte sie mit dem Kopf.

„Vielleicht kennen Sie seine Arbeitskollegen?“

„Er hat nie über seinen Beruf gesprochen.“

„Aber Sie wissen doch, wo er gearbeitet hat. Sie haben es mir vorhin gesagt“, beharrte der Kommissar.

„Er hat mir nur einmal zu verstehen gegeben, dass es sehr merkwürdig in seiner Firma zuginge.“

„Was meinte er denn damit?“

Franzi Harms zog ihre Schultern hoch. „Vielleicht stand er sehr unter Druck?“

„Ist das eine Spekulation von Ihnen, oder wissen Sie das genau?“ Der Kommissar rief sich in Gedanken zu, nicht schroff zu reagieren, bis jetzt war die Frau außerordentlich gesprächsbereit.

„Ich hatte den Eindruck, dass er Schwierigkeiten mit Kollegen hatte“, antwortete sie.

„Das war Ihr Eindruck. Genau wissen Sie es aber nicht.“ Seiner Vermutung fügte der Kommissar seine Verabschiedung von der jungen Frau an. „Vielen Dank, dass Sie Zeit für mich hatten, für heute reicht es erst einmal. Das heißt, eins habe ich noch: Sie haben sich doch bestimmt oft in seiner Wohnung getroffen, ich meine, als Sie noch mit ihm zusammen waren.“

„Ja, auch“, sagte Franzi Harms.

Auf der Fahrt nach Hause dachte er noch einmal über das ungezwungene Auftreten der Frau nach und dann fiel ihm etwas – wie er glaubte – Entscheidendes ein: die Kollegen des Mordopfers! Warum hatten sich seine Kollegen nicht auf den Aufruf in den Zeitungen hin bei der Kripo gemeldet? Sie müssten doch zumindest über das lange Fernbleiben ihres Mitarbeiters verwundert sein. Irgendetwas stimmte da nicht. Aber immerhin kannte er jetzt die Adresse der Arbeitsstätte des Toten.

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