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Das Vermaechtnis des Inka

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»Besinnen Sie Ihnen l Nehmen Sie Ihnen zusammen! Wegen so eines Riesentheriums braucht man den Verstand noch nicht zu verlieren!«

Da schlug der Doktor die Arme um ihn, drückte ihn an sich und antwortete:

»Mein lieber, lieber Fritze, ich bin wahrhaftig nicht verrückt, sondern glücklich, und endlich glücklich. Du hast keine Ahnung, was so ein Faultier zu bedeuten hat!«

»Na, wat dat betrifft, so kann es mich grad als Faultier nicht sehr imponieren, weil ik mein Lebtag für Faulheit nicht sehr einjenommen jewesen bin.«

»Sieh nur diesen schönen, runden Schädel!« rief der Doktor entzückt, ohne auf das unfreundliche Urteil seines Untergebenen zu achten.

»Ja, rund und dick ist er, aber viel zu klein für die andre Jestalt. Dat ist ein Kindskopf auf dem Leibe eines Riesen.«

»Die schönen, zylindrischen Backzähne!«

»Es sind ihrer zu wenig. Da habe ik ja mehr!«

»Ein Megatherium darf nur so wenige haben. Es hat auch keine Eck- und Schneidezähne.«

»Da hat man zu jener Zeit wohl janz anders jekocht als heutzutage? Bei unsrer Küche könnte dat riesigste Faultier ohne diese Zähne nicht bestehen.«

»Die kurzen, breiten Füße!«

»Dat sollen Füße sind? Ziehen Sie ihm doch seidene Strümpfe an!«

»Die herrlichen, langen Sichelkrallen!«

»Ja, wenn ik mich solche wachsen ließ, würde man mir auch sehr bald als Riesenfaultier betrachten.«

»Diese Länge! Sie beträgt wenigstens vier und einen halben Meter bei einer Höhe von dritthalb Meter. Ist das nicht erstaunlich?«

»Erstaunlich ist bloß, daß Sie es bei diese Höhe und Länge dennoch ein Riesenfaultier nennen. Ein Faultier ist viel zu träge, um so lang zu wachsen.«

Diese drastischen Bemerkungen erreichten ihren Zweck: Sie ernüchterten den Paläontologen so, daß er jetzt zornig ausrief:

»Du hast nicht das mindeste Verständnis für solche Verhältnisse und Schönheiten!«

»Nein, dat besitze ik wirklich nicht. Unter Schönheit verstehe ik einen janz andern Jedanken oder Begriff. Die Schönheit hat für mir eine andre Form und Jestalt. Ik kann eine Rose für schön halten, aber ein Riesenfaultier, wenn es noch dazu bloß aus seinem eijenen Jerippe besteht, dat kann ik niemals schön nennen.«

»Vor der Sündflut war es schön, verstanden! Und denke dir, daß nicht das kleinste Knöchelchen fehlt, während kein einziges Museum bis jetzt ein vollständiges Megatherium besessen hat!«

»Auch diese Vollständigkeit kann mir nicht bejeistern, denn sie kommt auch bei andern Jeschöpfen vor. Da sehen Sie doch einmal mir jenauer an! Bei mich fehlt auch nichts; selbst dat kleinste Knöchelchen ist da, und noch dazu mit Fleisch und schöner Haut überzogen!«

»Fritze, du bist ein Idiot. Dir kann man das Herrlichste bieten, ohne daß du Geschmack daran findest. Du bist für die Wissenschaft verloren.«

»Wenn sie von weiter nichts als von Riesenfaultieren handelt, so kann sie mich allerdings oft und manchmal jestohlen werden. Wat werden Sie denn nun mit diesem toten Monstrum anfangen?«

»Welche Frage! Ich schaffe es fort.«

»Wohin?«

»Heim, nach Hause.«

»Auch jut. Wenn dat die Sündflut jewußt hätte, so konnte sie dat Jerippe gleich dazumal nach Jüterbogk schwemmen.

Damit hätte sie uns viele Mühen und Kosten erspart. Wollen Sie es vor Jeld sehen lassen?«

»Nein. Ich werde es einer Universität, einem berühmten Museum schenken, wo man seinem Namen dann den meinigen hinzufügen wird.«

»Da haben Sie aber ja die Jüte, zu bitten, daß nicht etwa auch der meinige mit anjehängt wird. Mit so’nen Riesenfaultier will Fritze Kiesewetter auf keinen Fall verewigt werden. Wenn Sie dat Vieh mit heim nehmen wollen, muß dies per Schiff jeschehen. Wie aber wollen Sie es bis an die See bringen? Ja, wenn es noch laufen könnte!«

»Es wird auseinander genommen und jeder Knochen sorgfältig einzeln verpackt. Dabei mußt du natürlich helfen.«

»Sehr jern. Nur wenn Sie mir auseinandernehmen wollten, würde ik mir weigern, behilflich zu sind. Wann soll diese Arbeit losjehen?«

»Am liebsten sofort, aber das ist leider unmöglich, da es vorher sehr vieles zu beschaffen gilt. Man muß das aus der nächsten Stadt besorgen.«

»Das würde Tucuman sein,« sagte der Vater Jaguar, indem er herbeitrat. »Ich stelle mich Ihnen dabei zur Verfügung, Herr Doktor.«

»Wieso, Herr Hammer?« fragte der Kleine.

»Wir reiten übermorgen nach Tucuman. Dort kann ich Ihnen alles Nötige besorgen. Einige Cambas, welche wir mitnehmen, können Ihnen dann die Sachen bringen.«

»Verstehen Sie sich denn auf solche Einkäufe?«

»Ich denke wohl,« lächelte der Vater Jaguar. »Sehen Sie sich dieses Megatherium genau an! Besitzt irgend ein Teil oder auch das kleinste Teilchen eine falsche, unrichtige Lage?«

»Nein. Es ist alles so genau am Platze, als ob die Sündflut erst gestern gewesen wäre.«

»So sage ich Ihnen, daß dieses Gerippe, als wir es ausgruben, einen wirren Haufen von Knochen bildete.«

»Wie? Sie haben es ausgegraben?«

»Ausgegraben und zusammengestellt. Sie meinen doch nicht etwa, daß es seit der Sündflut hier zwischen den Büschen gestanden hat?«

»Dann – sind – Sie ja – ein ganz ausgezeichneter Geolog und Paläontolog!« rief der Kleine aus, indem er zwischen den Wörtern Pausen des Erstaunens machte.

»Wenn auch das nicht; aber wenn ich ein Megatherium fehlerlos zusammenzusetzen verstehe, bin ich wahrscheinlich auch im stande, Ihnen in Tucuman alles einzukaufen und zu senden, was zum Präservieren und Verpacken dieser Knochen gehört.«

»Davon bin ich vollständig überzeugt. Also Sie reisen von hier ab? Schon übermorgen?«

»Ja.«

»Wohin?«

»Hinauf nach der Barranca del Homicidio.«

»Wie gern möchte ich mit! Aber Sie sehen ein, daß mir dies nun vollständig unmöglich ist. Meine Anwesenheit ist hier ungeheuer notwendig, und auch Fritze muß hier bleiben.«

»Ich begreife es und werde Sie den Cambas empfehlen, auf deren Freundschaft Sie sich verlassen können.«

Nach diesen Worten entfernte er sich und gab auch den andern einen Wink, den Gelehrten und seinen Diener jetzt bei dem Skelette allein zu lassen.

Es fiel Morgenstern gar nicht ein, sich zu bedanken oder auch nur zu fragen, wie der Vater Jaguar denn eigentlich auf den Gedanken gekommen sei, das Megatherium für ihn auszugraben. Er war so sehr mit seinem wertvollen Funde und dessen Einzelheiten beschäftigt, daß er zunächst für etwas andres gar keine Gedanken hatte. Er betrachtete und betastete die einzelnen Knochen zum zehnten- und zum hundertstenmal und sprach dabei unaufhörlich erklärend auf Fritze ein, welcher die Feuer immerfort schüren mußte, damit das Faultier ja im hellsten Lichte strahle.

Der Vater Jaguar aber sagte zu Geronimo, als sie mit den andern nach dem Lagerplatz zurückgekehrt waren und sich dort niederließen:

»Ich habe meinen Zweck erreicht. Dieser Gelehrte wird uns mit seinem Diener keinen Schaden mehr machen. Die beiden bleiben hier fest kleben. Ich glaube, sie ließen sich von zehn Pferden nicht fortziehen. Wir können also ruhig hinauf in die Berge, ohne befürchten zu müssen, daß sie uns wieder einen ihrer Eulenspiegelstreiche spielen.«

»Und du willst nicht direkt nach Salta, sondern über Tucuman?«

»Ja. Ueber Salta müßten wir reiten; der weite Weg würde die Pferde ermüden, wodurch wir nur langsam vorwärts kämen. In Tucuman aber verkaufen wir die Pferde und fahren mit der Diligence weiter. Das geht wie ein Wetter, weil die Pferde oft gewechselt werden. In Salta aber nehmen wir Maultiere, welche in den Bergen unvermeidlich sind.«

»Von wem?«

»Von Rodrigo Sereno, welcher stets die gutgepflegtesten Tiere hat. Auf diese Weise kommen wir mit einem solchen Vorsprunge vor dem Gambusino in die Berge, daß wir genug Zeit finden, alle unsre Vorbereitungen so zu treffen, daß weder er noch Antonio Perillo uns entgehen kann.«

»Nimmst du auch Cambas mit?«

»Fällt mir nicht ein. Aber der alte Anciano und Hauka werden dabei sein.«

»Eigentlich sollte doch die Hälfte von uns im Chaco bleiben, um da Thee zu sammeln!«

»Das können diese Leute später nachholen. Jetzt brauche ich sie, um die beiden größten Halunken, welche die Erde trägt, zu fangen.«

»Und Don Parmesan, der Chirurg?«

»Diesen Menschen können wir nicht gebrauchen. Ich werde es so einzurichten wissen, daß er hier bei Morgenstern und Fritze bleibt.«

So waren also die Rollen verteilt, und man legte sich nieder, um zu schlafen, da frühzeitig nach dem Dorfe zurückgekehrt werden sollte. Morgenstern hätte gewiß vor freudiger Aufregung nicht geschlafen; aber da er schon gestern kein Auge zugethan hatte, fand er heute doch für einige Stunden Ruhe. Die Sonne war jedoch noch nicht aufgegangen, so stand er schon wieder bei seinem Megatherium, um die einzelnen Dimensionen desselben auszumessen und sorgfältig in sein Notizbuch einzutragen.

Er erschrak förmlich, als er hörte, daß aufgebrochen werden sollte. Am liebsten wäre er hier geblieben, aber da dies denn doch nicht möglich war, mußte er sich von *seinem Schatze trennen. Aber er brachte es doch so weit, daß vorher über dem Skelette ein Schutzdach aus Bambus und Schilf errichtet wurde, damit es nicht durch Wind und Regen leiden möge. Dann begann man den Rückweg nach dem Dorfe am klaren Bache, welches am Abende erreicht wurde.

Jetzt, da Morgenstern das Megatherium nicht mehr vor sich sah, war er im stande, sich auch mit andern Dingen zu beschäftigen. Er konnte nun auch daran denken, daß es ein sehr reiches Geschenk seitens der Cambas an ihn sei, und daß er dem Vater Jaguar eine sehr schöne und freudige Ueberraschung zu verdanken habe. Er holte also das Versäumte ein, indem er sich bei diesem und dem Häuptlinge auf das herzlichste bedankte, und erhielt von dem letzteren die Versicherung, daß die Cambas gern nach Kräften bereit sein würden, das Riesenfaultier nach einem Orte zu bringen, von welchem aus der Transport desselben nach einem Hafenorte leicht zu ermöglichen sei. Als davon gesprochen wurde, daß der Vater Jaguar mit seiner Gesellschaft morgen früh nach den Cordilleras aufbrechen werde, hatte derselbe gar nicht nötig, Don Parmesan einen Wink zu geben, daß er ihn nicht gern bei sich sehe, denn der Chirurg kam zu Morgenstern und fragte:

 

»Señor, Sie reiten morgen nicht mit den andern?«

»Nein.«

»Sie bleiben also hier, um mit Ihrem vorweltlichen Tiere nach gebildeten Gegenden aufzubrechen?«

»Ja.«

»Ich habe eingesehen, daß meine Kunst im Chaco und in den Bergen weit weniger geachtet wird als in den Städten und in der Pampa. Sie wissen, ich bin ein berühmter Chirurg und verstehe jeden Bruch und jede Verletzung zu heilen; ich säble alles herunter; aber wenn man sich meiner Hilfe nicht bedient, so ist alle meine Wissenschaft und Fertigkeit ohne Nutzen. Darum habe ich mich entschlossen, dem Vater Jaguar für diesmal meine Gesellschaft zu entziehen. Ich bleibe auch hier, um dann mit Ihnen nach Gegenden zurückzukehren, in denen Menschen wohnen, welche die Wissenschaft und ihre Jünger zu würdigen verstehen. Sind Sie damit einverstanden?«

»Jawohl. Ihre Gesellschaft ist mir sehr angenehm, peramoenus oder pergratus, wie der Lateiner sagt.«

Don Parmesan meldete seinen Entschluß dem Vater Jaguar. Dieser sprach einige Worte des Bedauerns aus, daß er auf einen solchen Gefährten verzichten müsse, war aber innerlich froh, daß es ganz ohne sein Zuthun so gekommen war.

Als die Gesellschaft am andern Morgen aufbrach, waren alle Bewohner des Dorfes versammelt, um sich nochmals für die Rettung zu bedanken und von den Scheidenden Abschied zu nehmen. Eine Abteilung von Kriegern gab ihnen unter der Führung des Häuptlings eine Strecke weit das Ehrengeleit, und zwei Cambas ritten ganz mit bis Tucuman, um die Gegenstände zu bringen, welche der Vater Jaguar dort für Morgenstern kaufen sollte. Der letztere hatte dem ersteren alles auf einem Zettel bezeichnet und ihm auch das Geld dafür eingehändigt.

Gegen Mittag kam das Ehrengeleit zurück, und dann ritt der Häuptling nach dem Thale des ausgetrockneten Sees, um dort die verwundeten Abipones und deren Pfleger zu besuchen. Er nahm einige seiner Leute mit, und da Morgenstern nichts zu thun und also Langeweile hatte, bat er, sich mit Fritze anschließen zu dürfen, was ihnen auch sehr gern gewährt wurde. Sie fanden alles im besten Zustande; seit ihrer Abwesenheit war nichts geschehen, was die am See Zurückgebliebenen hätte beunruhigen können. Nur einen Umstand gab es, welcher das Bedenken des Cambas erregte, der den Befehl über die andern führte. Er erkundigte sich nämlich bei dem Häuptlinge, wieviel Pferde von den Abipones und den Weißen erbeutet worden seien, und sagte, als er die Zahl erfuhr:

»Da fehlen zwei. Es sind nur fünfzig Reiter gewesen, welche fünfundfünfzig Pferde gehabt haben. Diejenigen des Gambusino und von Perillo sind erschossen worden, also müßten wir dreiundfünfzig erbeutete Pferde haben; du sagst aber, daß es nur einundfünfzig seien. Wo sind die beiden fehlenden?«

»Es wird auf einem einfachen Irrtum beruhen,« meinte der Häuptling.

»Nein, denn es sind dreiundfünfzig Sättel dagewesen. Es fehlen zwei Pferde, welche des Abends oder des Nachts abhanden gekommen sind.«

»Wohin sollten sie sein!«

»Der Gambusino hat sie geholt.«

»Sage nicht das!« rief der “harte Schädel” erschrocken aus.

»Wie wäre er in das Thal gekommen, da am Eingange desselben stets ein Doppelposten gestanden hat?«

»Frage diese Posten, ob sie ihre Pflicht gethan oder etwa mit bei den Feuern gesessen haben! Mir fällt etwas auf, was ich mir nur dadurch erklären kann, daß der Gambusino die beiden Pferde heimlich entführt hat.«

»Was?«

»Da ich wußte, daß die Leiche des erschossenen Hauptmanns Pellejo draußen auf dem Campo lag, so ritt ich, als ihr fort wart, hinaus, um zu überlegen, ob ich sie unter die Erde bringen oder nur mit Zweigen überdecken solle. Ich fand sie und scharrte sie im Sande ein. Eine Strecke weiter lagen die Pferde des Gambusino und Perillos, welche der Vater Jaguar erschossen hatte. Ich sah, daß ihnen die Sättel fehlten. Ist das nicht auffällig zu nennen?«

»Nein, denn Perillo und der Gambusino haben sie ihnen jedenfalls abgeschnallt und dann mitgenommen, um sie zu brauchen, sobald sie zu neuen Pferden kommen werden.«

»Dann hätten sie doch auch das Zaumzeug mitgenommen!«

»War dies denn noch da?«

»Ja, und zwar bei beiden Pferden.«

»Das ist freilich unbegreiflich, denn wer den Sattel braucht, der braucht den Zaum noch notwendiger; ja, man kann ohne Sattel eher reiten als ohne Zügel.«

»Ich finde es nicht unbegreiflich, sondern leicht erklärlich. Die Pferde, welche wir erbeuteten, trugen die Zäume und Zügel noch. Es fehlen zwei von ihnen. Der Gambusino hat sie geholt, und weil sie Zäume hatten, so brauchte er dann den erschossenen Pferden nur die Sättel abzunehmen.«

»Wie aber kann er in das Thal gekommen sein, da der Eingang desselben von zweien unsrer Krieger besetzt war!«

»Diese Wächter haben ihren Posten verlassen gehabt. Erkundige dich nur, denn ich habe dir etwas noch wichtigeres zu sagen. Als ich nach der Leiche ritt, sah ich verschiedene Spuren im Grase. Ich fand die Fährte, welche die beiden Flüchtlinge und ihre Verfolger zurückgelassen hatten. Ich fand auch die Spur des Vater Jaguar und des alten Anciano, welche sie bei ihrer Rückkehr gemacht hatten; sie führte nahe am Walde hin. Dann aber sah ich die Fährte zweier Fußgänger, welche da begann, wo sich die Flüchtlinge versteckt hatten, eine Strecke hinaus in den Campo führte und dann nach dem Thale zeigte. Hierauf gab es noch zwei Pferdespuren, welche aus dem Thale kamen und, von den andern Fährten etwas entfernt, nach der Stelle führten, wo die toten Pferde lagen. Dort war angehalten worden und abgestiegen, worauf diese Doppelspur dann immer am Walde entlang nach Norden weiter lief. Diese Reiter haben den Wald umreiten wollen. Was sagst du dazu?«

Jetzt machte der Häuptling ein sehr bedenkliches Gesicht. Er schüttelte den Kopf, sann eine Weile nach und meinte dann:

»Wenn das so ist, dann ist der Gambusino mit Antonio Perillo Im Thale gewesen, um dort die beiden Pferde zu holen.«

»Das sage ich auch. Und noch eins behaupte ich, nämlich daß der Vater Jaguar in großer Gefahr schwebt, denn der Gambusino wird ihm nun zuvorkommen. Wann ist der Jaguar fort?«

»Heute früh.«

»So hat der Gambusino einen Vorsprung von drei Tagen, ein Vorsprung, welcher gar nicht eingeholt werden kann.«

»Vielleicht doch, denn der Vater Jaguar ist nach Tucuman, um von dort aus mit der Diligence zu fahren, während der Gambusino jedenfalls durch die Wälder und Wüsten nach Salta ist.«

»O, auch er ist klug. Wie nun, wenn er auch nach Tucuman geritten ist?«

An diesem Falle schwebt der Jaguar freilich in größter Gefahr. Ich muß ihm einen Boten nachsenden. Vorher aber will ich mich erkundigen, wer die Posten gewesen sind, welche am Thaleingange Wache gestanden haben.«

Er stieg auf sein Pferd, um schnell davonzureiten; seine roten Begleiter thaten dasselbe, und Morgenstern folgte mit Fritze diesem Beispiele. Man mußte durch den Wald langsam reiten; aber dann, als er zu Ende war, wurden die Pferde angetrieben, daß sie wie Pfeile über die Ebene flogen. Wenn dem Vater Jaguar ein Bote nachgeschickt werden sollte, so hatte man keine Zeit zu verlieren.

Der Häuptling sprengte mit seinen Indianern voran; die beiden Deutschen folgten hinterdrein. Das, was sie gehört hatten, ging ihnen im Kopfe herum. Während sie eng nebeneinander dahinritten, sagte Morgenstern:

»Fritze, wie lange meinst du wohl, daß mein Megatherium unter dem Schutzdache stehen kann, bevor es Schaden leidet?«

»Jedenfalls monate, – vielleicht auch sogar jahrelang.«

»Wirklich?«

»Janz jewiß! Warum fragen Sie?«

»Weil ich einen Gedanken habe, den ich nicht wieder loswerden kann.«

»Welchen?«

»Den Gedanken an die Gelegenheit zu einer tapfern That. Weißt du, wir sprachen davon!«

»Ik entsinne mir. Sobald sich die Jelejenheit zu eine solche That zeigt, wollten wir sie ausführen, um unsre Ehre wiederherzustellen.«

»Nun, die Gelegenheit ist da.«

»Welche?«

»Der Vater Jaguar befindet sich in einer großen Gefahr, lateinisch Periculum genannt.«

»Dat habe ik jehört, aber wat haben wir damit zu thun?«

Der schlaue Fritze zeigte sich jetzt so schwerhörig, weil er sich nicht wieder sagen lassen wollte, daß er seinen Herrn verleitet habe.

»Das kannst du mich fragen!« wunderte sich Morgenstern. »Wir haben ihm viel, sehr viel, sogar unser Leben zu verdanken, und jetzt fragst du, was wir mit der Gefahr zu thun haben, in welche er geraten wird? Ich kenne dich nicht mehr!«

»Dafür aber kenne ik mir. Meinen Sie etwa, daß wir ihn befreien?«

»Ja.«

»Da müßten wir ihm nachreiten?«

»Allerdings.«

»Aber der Häuptling will ihm doch einen Boten nachsenden. Da sind wir doch überflüssig.«

»Nein. Wie nun, wenn der Bote ihn nicht mehr in Tucuman antrifft? Er wird umkehren, weil er meint, seine Pflicht gethan zu haben.«

»Wir aber würden dem Vater Jaguar nachreisen?«

»Ganz selbstverständlich. Wir würden nicht ruhen, bis wir ihn gefunden und aus den Händen des Gambusino befreit hätten. Meinst du nicht auch?«

»Ja. Wenigstens ik würde nicht eher ruhen.«

»Ich auch nicht. Oder denkst du, daß du tapfrer und aushaltender bist als ich?«

»Nein, dat habe ik noch nie jedacht und denke es auch in diesem Momente nicht.«

»So sag, ob du einverstanden bist!«

»Hm! Ik möchte wohl, wenn nur eins nicht wäre.«

»Was?«

»Dat Megatherium.«

»Das geht dich nichts an; das ist meine Sache. Wenn ich es einstweilen stehen lasse, brauchst du dich nicht zu grämen; es bleibt uns ja gewiß.«

»Ja, fortlaufen wird es nicht. Thun Sie, wat Sie wollen. Ik richte mir janz nach Sie.«

»So ist es ausgemacht: Wir reiten nach Tucuman.«

»Wird der Häuptling uns fortlassen?«

»Kann er uns halten? Hat er uns etwas zu befehlen?«

»Nein, aber er kann leicht einen Grund haben, uns festzuhalten.«

»Das dulde ich nicht.«

»Ik auch nicht. Aber es ist jar nicht nötig, widerspenstig zu sein und Jewalt zu jebrauchen. Wir erreichen unsern Zweck mit List viel eher und leichter.«

»Wieso?«

»Wir brauchen nur zu sagen, daß Sie verjessen haben, dem Vater Jaguar verschiedenes zu sagen, wat Sie noch für dat Megatherium brauchen. Darum wollen wir mit dem Boten jern nach Tucuman reiten, um es zu holen. Dajejen kann ja kein Mensch wat haben.«

»Das ist wahr. Du bist ein Schlaukopf. Also es ist sicher: wir reiten nach Tucuman.«

»Ja, wenn es sich herausstellt, daß die Jeschichte von der Jefahr, in welcher der Jaguar schwebt, wirklich wahr ist.«

Leider stellte es sich heraus, daß der Indianer im Thale des ausgetrockneten Sees sich nicht geirrt oder verrechnet hatte. Die beiden Posten wurden ermittelt und gaben zu, daß sie den Eingang verlassen und ihre zwei Stunden am Feuer in der Gesellschaft der andern zugebracht hatten. Der Häuptling hatte keinen Grund, die beiden Deutschen von dem Ritte abzuhalten, und so jagten die drei Reiter noch vor Mitternacht zum Dorfe hinaus, der Richtung nach Tucuman zu. – — —