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Der Oelprinz

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Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

»Was diese Kerls sagen und behaupten, kann uns höchst gleichgültig sein. Ich habe mein Tomahawk-Improvement, welches ich Euch abtrete. Das Dokument darüber steckt hier in meiner Tasche. Ihr habt es in Brownsville prüfen lassen; es ist für gut, für echt befunden worden und wird Euch gehören, sobald Ihr mir die Anweisung auf San Francisco aushändigt. Ist dies geschehen, so seid Ihr nach den Vereinigten-Staatengesetzen rechtmäßige Besitzer des Gloomy-waters und kein Roter kann Euch von dort vertreiben.«

»Sehr richtig, Sir. Aber wenn die Roten sich nicht nach diesem Vereinigten-Staatengesetze richten?«

»So werden sie dazu gezwungen. Ihr engagiert natürlich nur Leute, die mit der Büchse und dem Messer umzugehen verstehen; das wird den Indsmen Respekt einflößen. Uebrigens könnt Ihr versichert sein, daß Euer Etablissement sehr bald eine weiße Bevölkerung anziehen wird, die zahlreich genug ist, nicht nur jeden Angriff siegreich zurückzuschlagen, sondern die Roten ganz aus der Gegend zu verdrängen. Stellt nur erst eure Maschinen auf! Ihr wißt, daß die Maschine die größte und siegreichste Feindin der Indianer ist.«

Damit hatte er recht. Wo der Weiße sich mit den eisernen Händen und Füßen des Dampfes sehen läßt, muß der Rote weichen: das unerbittliche Schicksal will es so. Die Maschine ist eine unüberwindliche Gegnerin, doch nicht so grausam, wie das Gewehr, das Feuerwasser, oder die Blattern und andre Krankheiten, denen zahllose Indianer zum Opfer gefallen sind und noch fallen werden, wie die Bisons der Savanne, die soweit ausgerottet sind, daß nur noch wenige als Rarität in zoologischen Gärten gehalten werden.

Noch vor Ablauf der angegebenen Frist von anderthalb Stunden befanden die fünf Reiter sich zwischen Höhen, welche von dunklen Nadelbäumen dicht bestanden waren. Nur hier und da ließ sich etwas Laubholz sehen, dessen helles Grün den düsteren Eindruck jener minderte. Als Rollins eine Bemerkung darüber machte, meinte der Oelprinz:

»Kommt nur erst zum Gloomy-water. Dort wird es noch finsterer als hier.«

»Ist’s noch weit bis dort?«

»Nein, Die nächste Schlucht führt ans Ziel.«

Bald war die Schlucht erreicht und man bog in dieselbe ein. Zu beiden Seiten stiegen dunkle Felsen hoch empor, an ihren Lehnen und auf ihren Gipfeln schwarze Hölzer tragend. Auf dem Grunde rieselte ein dünnes, schmales Wässerchen, auf welchem Fettaugen schwammen. Grinley warf, als er das bemerkte, Buttler und Poller einen befriedigten Blick zu. Er hatte nicht heimlich mit ihnen reden können und sich darum bisher im stillen besorgt gefragt, ob sie ihre Aufgabe auch wohl so, wie er es erwartete, gelöst haben würden. Jetzt begann er sich beruhigt zu fühlen, deutete auf das Wasser und sagte zu dem Bankier:

»Seht einmal her, Mr. Rollins! Das ist der Abfluß des Gloomy-water. Was meint Ihr wohl, was auf demselben schwimmt?«

»Petroleum?« antwortete der Gefragte, indem er niederblickte.

»Ja, Petroleum.«

»Wirklich, wirklich! Schade darum, ewig schade, daß es fortfließt!«

»Laßt es laufen; es ist wenig genug. Das beste an meinem Funde ist ja eben der Umstand, daß der See nur diesen einen, so geringen und gar nicht nennenswerten Abfluß hat. Später könnt Ihr ja dafür sorgen, daß Euch selbst dieses kleine Quantum nicht entgeht.«

»Freilich, freilich! Aber Mr. Grinley, merkt Ihr nicht auch den Geruch?«

»Natürlich! Ich als der Entdecker dieses famosen Ortes muß ihn doch viel eher als Ihr bemerkt haben.«

»Er wird um so stärker, je weiter wir vorwärts kommen.«

»Wartet nur, bis wir an den See kommen. Ihr werdet Euch wohl wundern!«

Der Erdölgeruch wurde auch wirklich mit jedem Schritte stärker. Da traten die Wände der Schlucht plötzlich auseinander und vor den erstaunten Augen des Bankiers und seines Buchhalters öffnete sich eine länglich runde Thalmulde, deren Grund der Petroleumsee soweit ausfüllte, daß zwischen dem Ufer desselben und den Felsen, welche den nur schwer zu erklimmenden Rand des Thales bildeten, ein nur schmaler Bodenstreifen übrig blieb, auf welchem aus dichten Sträuchern riesige Schwarztannen emporragten. Eben solche Bäume stiegen an den Felsen ringsum bis zu dem Hochwalde hinauf, welcher da oben als Wächter zu stehen schien, um keinen einzigen Sonnenstrahl herabzulassen.

Hier unten herrschte trotz des hellen Tages Dämmerung. Kein Lüftchen bewegte die Zweige; kein Vogel war zu sehen; kein Schmetterling gaukelte über Blumen. Alles Leben schien erstorben zu sein. Schien? O nein, es schien nicht nur, sondern es war wirklich erstorben, denn auf dem See schwammen zahllose tote Fische, deren mattglänzende Leiber ganz eigenartig von der dunklen, ölig schimmernden Oberfläche abstachen. Dazu der außerordentlich starke Geruch des Oeles. Dieser unbewegte und unbeleuchtete See, welcher wie ein im Tode erstarrtes Auge vor den Beschauern lag, führte seinen Namen Gloomy-water, finsteres Wasser, mit dem vollsten Rechte. Der Eindruck, welchen sein Anblick hervorbrachte, war ein derartiger, daß Rollins und Baumgarten eine ganze Weile an seinem Ufer hielten, ohne ein Wort zu sagen.

»Nun, das ist das Gloomy-water,« unterbrach der Oelprinz die herrschende Stille. »Was meint Ihr dazu, Mr. Rollins? Gefällt es Euch?«

Aus seinem Staunen wie aus einem Traume erwachend holte dieser tief Atem und antwortete:

»Wie er mir gefällt? Welche Frage! Ich glaube, die alten Griechen hatten ein Wasser, über welches die Verstorbenen nach der Unterwelt fuhren. So wie der See hier muß dieses Wasser ausgesehen haben, gewiß so und nicht anders.«

»Weiß nichts von diesem griechischen Gewässer, möchte aber doch behaupten, daß es mit unserm Gloomy-water nicht zu vergleichen ist, denn ich glaube nicht, daß es dort Petroleum wie hier gegeben hat. Steigt ab, Sir, und untersucht das Oel; wir wollen einen Rundgang um den See machen!«

Die Reiter verließen ihre Sättel; sie mußten die Pferde anbinden, denn diese schnaubten und stampften und wollten fort. Der penetrante Petroleumgeruch war ihnen zuwider. Grinley trat hart an das Wasser heran, schöpfte mit der Hand, beroch und betrachtete es und sagte dann in triumphierendem Tone zu dem Bankier:

»Hier habt Ihr die Dollars zu Millionen schwimmen, Sir; überzeugt Euch selbst!«

Rollins schöpfte ebenso, ging weiter und schöpfte wieder; er untersuchte das Wasser an verschiedenen Stellen; er sagte kein Wort; er schüttelte und schüttelte nur immer wieder den Kopf. Er schien sprachlos geworden zu sein; aber seine Augen leuchteten und in seinen Zügen arbeitete die außerordentliche Erregtheit, welche sich seines Innern bemächtigt hatte. Seine Bewegungen waren hastig und dabei unsicher, fast taumelnd; seine Hände zitterten und er schien alle Kraft zusammennehmen zu müssen, um endlich mit beinahe überschnappender Stimme ausrufen zu können:

»Wer hätte das gedacht! Wer hätte das nur denken können! Mr. Grinley, ich finde alles, alles, was Ihr gesagt habt, hier übertroffen!«

»Wirklich? Freut mich, Sir, freut mich ungeheuer!« lachte der Oelprinz. »Seid Ihr nun endlich überzeugt, daß ich ein ehrlicher Mann bin, der es aufrichtig mit Euch gemeint hat?«

Rollins streckte ihm beide Hände entgegen und antwortete:

»Gebt Eure Hände her; ich muß sie Euch schütteln und drücken. Ihr seid ein Ehrenmann, wie ich noch keinen gefunden habe. Verzeiht es uns, daß wir in unserm Vertrauen einigemal unsicher geworden sind! Wir waren nicht schuld daran!«

»Weiß es, weiß es, Sir, « nickte Grinley in biederer Weise. »Diese Fremden machten Euch an mir irre. Hättet nicht auf sie hören sollen; ist jetzt aber alles gut, alles! Untersucht das Oel, Sir!«

»Habe schon, habe es untersucht.«

»Nun, und —«

»Es ist das schönste, das reinste Erdöl, welches zu haben ist. Woher kommt es? Hat der See einen Zufluß?«

»Nein, nur diesen kleinen Abfluß. Es muß eine unterirdische Quelle da sein, eine oder vielleicht zwei: eine für das Wasser und eine für das Erdöl. Ihr seht, man braucht das letztere nur so abzuschöpfen und in die Fässer zu füllen.«

Rollins wußte vor Entzücken weder aus noch ein. Baumgarten war nüchterner und bemerkte auf die letzten Worte: »Ja, man braucht nur abzuschöpfen; aber was dann, wenn abgeschöpft worden ist? Wann und wie stark läuft es nachher wieder zu?«

»Natürlich schnell, so schnell, daß gar keine Unterbrechung der Arbeit eintreten wird.«

»Das möchte ich nicht ohne Kritik annehmen. Es kann doch nur soviel zulaufen, wie abläuft. Nun seht den spärlichen Abfluß hier, welcher unser Wegweiser gewesen ist. Ich glaube, das Wässerchen führt pro Stunde keinen Liter Oel mit sich fort; das ist die Ausbeute, die ganze Ausbeute, die wir zu erwarten haben.«

»Meint Ihr? Nicht mehr? Nicht mehr als bloß einen Liter in der Stunde?« fragte der Bankier im Tone bitterster Enttäuschung.

Der Mund blieb ihm vor Schreck offen stehen; sein Gesicht war leichenblaß geworden.

»Ja, Mr. Rollins, so ist es,« antwortete der Buchhalter. »Ihr müßt doch zugeben, daß der Zufluß nicht größer als der Abfluß sein kann? Und wenn er größer wäre, zehnmal größer, hundertmal! Was sind hundert Liter Oel in der Stunde? Nichts, gar nichts. Rechnet die Höhe des Anlage- und des Betriebskapitals, die Abgelegenheit dieser Gegend, die hier vorhandenen Gefahren, die Schwierigkeit des Absatzes! Und hundert Liter pro Stunde!«

»Kann es denn nicht doch mehr sein? Ist es nicht möglich, daß Ihr Euch irrt?«

»Nein und abermals nein. Wie alt ist dieser See? Die Jahre sind nicht zu zählen. Seit seiner Entstehung sind Jahrhunderte oder Jahrtausende vergangen; es fließt so wenig ab. Wenn mehr Oel zuflösse, wie hoch müßte es dann auf dem Wasser stehen! Nein, es ist nichts, gar nichts hier zu holen!«

»Nichts, gar nichts!« wiederholte der Bankier, indem er mit beiden Händen nach dem Kopfe griff. »Also alle Hoffnung, alle Freude vergeblich! Den weiten, weiten Weg umsonst gemacht! Wer soll das aushalten; wer kann das ertragen!«

 

Auch der Oelprinz war über die Worte des Buchhalters erschrocken. Mit welchen Mühen und unter welchen Gefahren hatte er das Petroleum faßweise und nach und nach hierher geschafft und versteckt! Was hatte es ihm gekostet! Und nun er so nahe am Erfolge stand, sollte das alles vergeblich gewesen sein! Es flimmerte ihm vor den Augen; er fühlte sich ratlos, konnte kein Wort hervorbringen und richtete seine Blicke hilfesuchend auf seinen Stiefbruder Buttler.

Dieser hatte schon wiederholt gezeigt, daß er ihm an Schlauheit überlegen war, und auch jetzt zeigte es sich, daß der frühere Anführer der »Finders« sich nicht so leicht aus der Fassung bringen ließ. Er gab ein kurzes, überlegenes Lachen zu hören und sagte zu dem Bankier:

»Was lamentiert Ihr denn, Mr. Rollins? Ich kann Euch nicht begreifen! Wenn es mit dem, was Ihr jetzt denkt und sagt, seine Richtigkeit hätte, so würde es Grinley nicht eingefallen sein, so große Hoffnungen auf das Gloomy-water zu setzen.«

»Meint Ihr?« fragte Rollins schnell, indem er neuen Mut bekam.

»Ja, das meine ich. Und wenn das Oel hier nur so in Fässern zu schöpfen wäre, so würde er Euch den Platz nicht angeboten, sondern selbst behalten haben. Es ist eben die Sache, daß die Gewinnung des Oeles einige kostspielige Vorbereitungen erfordert, zu denen er nicht die Mittel besitzt.«

»Vorbereitungen? Welche?«

»Hm! Es wundert mich Sehr, daß Ihr das nicht selbst findet. Habt Ihr vielleicht einmal Physik studiert?«

»Nein.«

»Hm! Schade drum! Brauchte Euch dann keine lange Erklärung zu geben. Will aber versuchen, es Euch deutlich zu machen. Ich setze den Fall, Euer Pferd liegt da im Grase und Ihr steigt in den Sattel. Wird es mit Euch aufstehen können?«

»Ja.«

»Ihr denkt also nicht, daß Ihr ihm zu schwer seid?«

»Nein; es steht auf.«

»Well. Setze aber den andern Fall, daß anstatt des Pferdes ein Schoßhündchen hier läge. Würde das Euch auch in die Höhe bringen?«

»Nein.«

»Warum nicht?«

»Weil ich ihm zu schwer wäre.«

»Nun wohl, wendet das doch einmal auf das Petroleum an!«

»Wieso?« fragte Rollins, der das, was Buttler meinte, nicht zu erraten vermochte.

»Mein Beispiel soll sagen, daß ein schwerer Körper, der auf einem leichteren lastet, diesen niederhält. Das begreift Ihr wohl?«

»Jetzt allerdings.«

»Und auch Ihr, Mr. Baumgarten?«

»Ja,« nickte der Genannte, welcher den Worten Buttlers mit Aufmerksamkeit gefolgt war. Dieser fuhr fort: »Wißt Ihr nun aber auch, was schwerer ist, das Petroleum oder das Wasser?«

»Das Wasser,« antwortete der Buchhalter.

»Very well! Nun denkt Euch einmal, wie schwer die Wassermenge ist, welche sich hier im See befindet!«

»Tausende von Zentnern.«

»Und auf dem Grunde des Sees gibt es eine Petroleumquelle, das heißt ein kleines Loch, aus welchem das Oel heraus will; aber auf diesem Loche liegen viele tausend Zentner von Wasser. Kann da das Oel heraus?«

»Nein.«

Baumgarten ging in die Falle. Er war Kaufmann; von den physikalischen Gesetzen verstand er wenig; er wußte nicht, daß das Oel, gerade weil es leichter als das Wasser ist, emporsteigen müsse. Grinley begann von neuem aufzuatmen. Auf Buttlers Gesicht ließ sich ein siegesgewisses Lächeln sehen. Er sprach weiter:

»Also das Oel, welches aus der Erde strömen möchte, kann nicht in die Höhe. Wir sehen hier nur das geringe Quantum, welches oben durch irgend eine kleine Ritze aus der Erde sickert. Nun schafft aber einmal eine Pumpe her und pumpt das Wasser aus dem See, oder sorgt auf irgend eine andre Weise für den Abfluß desselben. Dann werdet Ihr sehen, daß ein Oelstrahl hundert Fuß hoch und noch höher in die Luft steigt. Das gibt dann einen Oelspring wie in Pennsylvanien, der an einem Tage mehrere hundert Fässer füllt. Hätte Grinley das Geld zu einem solchen Pumpwerke, so wäre es ihm nicht eingefallen, sich an Euch zu wenden. Da habt Ihr die Sache, wie sie steht. Macht, was Ihr wollt; aber besinnt Euch nicht lange. Wir finden allemal und zu jeder Zeit einen Unternehmer, welcher Geist und Mut genug besitzt, für einen solchen Lumpenpreis Millionen einzuheimsen.«

Das wirkte. Der Bankier jubelte von neuem und Baumgarten ließ alle seine Bedenken fallen. Oel war vorhanden, das sah man ja; man brauchte ihm nur einen Ausweg zu bahnen. Es wurde hin und her gesprochen, natürlich in einer Weise, welche den beiden Käufern die Köpfe verdrehte. Rollins entschloß sich auf den Handel einzugehen, und es geschah nur um der Form willen, daß er meinte, man müsse doch vorher den ganzen Umfang des Sees in Augenschein nehmen.

»Thut das, Mr. Rollins,« sagte Grinley. »Poller mag Euch führen.«

Der Genannte entfernte sich mit Rollins und Baumgarten. Als sie fort waren, stieß der Oelprinz erleichtert hervor:

»Tausend Donner, war das eine fatale Lage! Fast wären die Kerls noch zu guter Letzt zurückgetreten! Dein Einfall war ausgezeichnet.«

»Ja,« lachte Buttler. »Wäre ich nicht gewesen, so hättest du deinen Petroleumsee für dich behalten können. Nun aber bin ich überzeugt, daß sie auf den Leim gehen werden.«

»Man sollte es kaum für möglich halten, daß eine solche physikalische Erklärung so harmlos hingenommen wird!«

»Pshaw! Rollins ist zu dumm und der Deutsche zu ehrlich.«

»Sie werden an der Höhle vorüberkommen. Es ist doch nichts zu sehen?«

»Nein. Die Arbeit hat uns freilich mehr als Schweiß gekostet. Dafür magst du aber auch Sorge tragen, daß der Handel noch heut zu stande kommt. Wir dürfen keine Stunde versäumen, denn es ist den Roten nicht zu trauen. Wir dürfen nicht länger als höchstens bis morgen früh hier bleiben. Wie fertigen wir denn die beiden Dummköpfe ab, mit dem Messer oder mit der Kugel?«

»Hm, ich möchte beides vermeiden.«

»Sie also leben lassen? Was fällt dir ein!«

»Versteh nicht falsch! Ich will sie bloß nicht sterben sehen; die Erinnerung daran ist unbehaglich. Was sagst du dazu, daß wir sie in die Höhle stecken?«

»Kein übler Gedanke. Wir binden sie und sperren sie hinein. Da gehen sie zu Grunde, ohne daß wir es anzusehen brauchen. Ich bin einverstanden. Aber wann?«

»Sobald wir das Geld haben, bekommt jeder einen Kolbenhieb auf den Kopf.«

»Auch Poller?«

»Der noch nicht. Wir haben ihn wahrscheinlich noch nötig. Bis wir diese gefährliche Gegend hinter uns haben, ist es besser, zu dreien, als nur zu zweien zu sein. Dann können wir uns seiner zu jeder Zeit entledigen.«

Ja, diese Gegend war allerdings für sie gefährlich. Sie ahnten nicht, daß sie beobachtet wurden. Gar nicht weit von ihnen, an der Stelle, wo die Schlucht auf den See mündete, lag ein Indianer hinter dem Gesträuch und beobachtete alles, was vor seinen Augen geschah. Es war der Navajo, welcher der Ermordung seiner beiden Gefährten hatte zusehen müssen, ohne sie verhindern zu können, Grinley und Buttler streckten sich jetzt in das Gras nieder. Als der Indianer dies bemerkte, sagte er zu sich selbst:

»Sie bleiben hier; sie werden diese Gegend jetzt noch nicht verlassen. Ich habe Zeit zu unsern Kriegern zu gehen und sie herbeizuholen.«

Er kroch hinter dem Busche hervor und verschwand in der Schlucht, ohne einen Eindruck seiner Füße im Boden zurückzulassen.

Einige Zeit später hatten die drei Weißen den See umgangen und kehrten zu Buttler und Grinley zurück.

»Nun, Mesch’schurs,« fragte der letztere, »Ihr habt alles gesehen. Was gedenkt Ihr zu thun?«

»Kaufen,« antwortete der Bankier.

»Ihr seid also überzeugt, daß Ihr ein Geschäft machen werdet?«

»Ja, wenn auch nicht so groß, wie Ihr Euch vorstellt.«

»Laßt diese Redensart, Sir! Ich gehe keinen Dollar von meiner Forderung herunter, habe überhaupt keine Lust, meine Zeit zu verlieren. Ich halte es nämlich doch für möglich, daß die Roten hinter uns her sind, und möchte ihnen nicht gern meinen Skalp überlassen.«

»So wollen wir schleunigst fort,« sagte Rollins ängstlich.

»Ja, aber nicht eher, als bis der Handel perfekt ist. Es war ausgemacht, ihn hier am See abzuschließen. Sobald wir unterschrieben und die Papiere ausgetauscht haben, brechen wir auf.«

»Soll mir recht sein. Mr. Baumgarten, habt Ihr vielleicht noch ein Bedenken?«

Ehe der Gefragte antworten konnte, fiel Grinley in scharfem Tone ein:

»Wenn Ihr auch jetzt noch von Bedenken redet, Mr. Rollins, so muß ich das nun wirklich als eine Beleidigung ansehen. Sagt kurz, ob Ihr wollt oder nicht!«

Dadurch eingeschüchtert, erklärte der Bankier:

»Ich will; das versteht sich ganz von selbst.«

»Nun wohl; so können wir zum Abschlusse schreiten. Die Dokumente sind längst aufgesetzt und nur noch zu unterschreiben. Sucht Eure Tinte und Feder hervor!«

Rollins holte das Erforderliche aus seiner Satteltasche, erhielt nach geschehener Unterschrift den Besitztitel und den Kaufkontrakt und unterzeichnete dann die bereit gehaltene Anweisung auf San Francisco. Als Grinley dieselbe in die Hand bekam, betrachtete er sie mit gierigem Blicke und sagte, indem er ein ganz eigentümliches, nach innen gehendes Lachen hören ließ:

»So, Mr. Rollins, jetzt seid ihr Herr und Besitzer dieses großartigen Petroleumdistriktes. Ich wünsche Euch viel Glück! Und da Euch nun alles hier gehört und ich keinen Gebrauch mehr davon machen kann, will ich Euch ein Geheimnis entdecken, dessen Kenntnis Euch von großem Nutzen sein wird.«

»Was für ein Geheimnis?«

»Eine verborgene Höhle.«

»Weiter nichts?«

»Oho! Ihr sagt weiter nichts, als ob dies gar nichts wäre! Aber diese Höhle kann Euch oder Euern Leuten in der ersten Zeit als Vorratskammer dienen und als Versteck bei Indianerangriffen. Es ist sogar möglich, daß sie mit dem unterirdischen Petroleumbassin, welches hier unbedingt vorhanden ist, in Verbindung steht.«

»Ach, Petroleumbassin? Ist’s möglich?«

»Sehr sogar. Ich habe sie noch nicht untersucht.«

»So sagt schnell, wo sie ist! Ich muß sie sehen; ich werde sie später erforschen lassen.«

»Kommt; ich werde sie Euch zeigen.«

Sie gingen eine kurze Strecke am Ufer hin, bis da, wo der Felsen näher an das Wasser trat. Am Fuße dieses Felsens lag ein ziemlich hoher Geröllhaufen, dessen Spitze Buttler und Poller abzuräumen begannen. Bald wurde ein Loch sichtbar, welches in den Felsen führte.

»Das ist die Höhle; das ist sie!« rief der Bankier aus. »Machen wir den Zugang weiter; schnell! Helft mit dabei, Mr. Baumgarten!«

Die beiden bückten sich nieder, um sich an der Arbeit zu beteiligen. Buttler stand auf und blickte Grinley fragend an. Dieser nickte. Sie ergriffen ihre Gewehre; jeder von ihnen that einen Kolbenschlag – – der Bankier und Baumgarten stürzten, an ihre Köpfe getroffen, vornüber; sie wurden an Händen und Füßen gefesselt und, als der Eingang weit genug geworden war, in die Höhle geschafft und weit hinten in derselben niedergelegt. Wären sie nicht betäubt gewesen, so hätten sie die vielen Fässer gesehen, mit denen die Höhle fast ganz ausgefüllt war.

Hierauf wurde das Geröll wieder aufgeschichtet, bis das Loch nicht mehr zu sehen war. Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daß die drei Mörder ihren Opfern außer den Kleidern alles, was dieselben besaßen, abgenommen hatten. Dann begaben sie sich zu ihren Pferden zurück.

»Endlich!« sagte der Oelprinz. »Noch kein Geschäft hat mir so viel Mühe und Sorge gemacht, wie dieses. Und noch ist es nicht vollständig gelungen. Es gilt nun erst, die Anweisung nach San Francisco zu schaffen. Hoffentlich kommen wir glücklich dort an! Wir brechen natürlich doch gleich auf?«

»Ja,« antwortete Poller. »Vorher aber müssen wir uns doch teilen.«

»Worin?«

»In die Gegenstände, die wir den beiden abgenommen haben.«

»Ist das denn sofort nötig?«

»So sehr nicht; aber es ist jedenfalls besser, es weiß ein jeder, was ihm gehört.«

Grinley hätte ihn am liebsten sogleich niedergeschlagen, aber er sagte sich, daß ihm das, was er jetzt bekam, später doch wieder abgenommen würde. Darum entschied er im Tone der Gutwilligkeit:

»Meinetwegen, die Pferde bleiben natürlich ungeteilt, und über die andern Gegenstände werden wir uns nicht zanken. Wir sind Freunde und Brüder, die sich wegen Kleinigkeiten nicht veruneinigen werden.«

Sie setzten sich nieder und breiteten die geraubten Waffen, Uhren, Ringe, Börsen und andren Gegenstände vor sich aus, um ihren Wert zu taxieren und sie nach demselben unter sich zu verteilen.

Während dies geschah, kamen durch die Schlucht, die nach dem See führte, acht Indianer geschlichen. Es waren Navajos; an ihrer Spitze huschte der Kundschafter, welcher schon vorhin hier gewesen war. Am Eingange zum Thale angekommen, blieben sie halten und lauschten hinter den Büschen hervor, Sie sahen die drei Weißen sitzen.

 

»Uff!« flüsterte der Aelteste von ihnen, indem er sich an den Kundschafter wandte, »es ist wirklich so, wie mein Bruder berichtet hat: der See ist voll Petroleum. Wo ist dasselbe hergekommen?«

»Die Bleichgesichter werden es wissen,« antwortete der andre.

»Hat mein Bruder nicht fünf Weiße gezählt? Ich sehe nur drei.«

»Vorhin gab es fünf; es fehlen zwei. Diese drei sind diejenigen, welche ich bei Mokaschi, dem Häuptling der Nijoras sah.«

»Welcher von ihnen hat unsern Bruder Khasti-tine ermordet?«

»Der, welcher jetzt zwei Flinten in den Händen hat.«

Er meinte damit den Oelprinzen.

»Er wird eines bösen Todes sterben; aber auch die beiden andern kommen an den Marterpfahl. Uff! Sie teilen die Sachen, welche vor ihnen liegen. Bald erhält der eine etwas und bald der andre. Der vierte und der fünfte sind verschwunden. Die Sachen haben ihnen gehört. Sollten sie getötet worden sein?«

»Wir werden es erfahren. Wann ergreifen wir sie?«

»Jetzt gleich. Sie achten auf nichts als auf ihren Raub und werden so erschrecken, daß sie sich gar nicht wehren. Meine Brüder mögen mir schnell folgen.«

Er schnellte sich, die sieben andern hinter ihm her, auf die drei Weißen zu. Dieser Ueberfall kam so plötzlich und wurde so rasch ausgeführt, daß sie gebunden waren, ehe sie nur einen Schrei ausgestoßen oder ein Glied zu ihrer Verteidigung gerührt hatten. Vor Angst versagte ihnen die Sprache.

Auch die Roten sprachen zunächst kein Wort. Fünf von ihnen setzten sich zu den Gefangenen nieder; die andern drei entfernten sich, um das Thal abzusuchen. Als sie zurückkehrten, meldete einer von ihnen:

»Die zwei Bleichgesichter bleiben verschwunden. Wir haben keinen von ihnen gesehen.«

»Sind sie nicht am Felsen emporgestiegen?« fragte der Aelteste.

»Nein; dann hätten wir ihre Spuren gesehen.«

»Wir werden sogleich erfahren, wo sie zu suchen sind.«

Er zog sein Messer, setzte es dem Oelprinzen auf die Brust und drohte:

»Du bist der Schurke, welcher Khasti-tine, unsern jungen Bruder, ermordet hat. Sagst du mir nicht augenblicklich, wo die zwei Bleichgesichter hingekommen sind, welche vorhin noch bei euch waren, so stoß’ ich dir dieses Eisen in das Herz!«

Dieser Befehl versetzte Grinley in großen Schrecken. Gehorchte er, so holten die Indianer den Bankier und seinen Buchhalter ganz gewiß aus der Höhle; das aber durfte nicht geschehen. Gehorchte er nicht, so stand zu erwarten, daß der Rote seine Drohung ausführen und ihn erstechen werde. Was thun? Da half ihm wieder der listigere Buttler aus der Not; dieser rief dem Indsman zu:

»Du irrst dich. Der Mann, den du erstechen willst, ist nicht der Mörder von Khasti-tine, Wir sind ganz unschuldig an dem Tode desselben.«

Der Indianer ließ von dem Oelprinzen ab und wendete sich an Buttler:

»Schweig! Wir wissen gar wohl, wer der Mörder ist.«

»Nein, ihr wißt es nicht!«

»Dieser unser Bruder hat es gesehen.«

Er deutete auf den Kundschaften

»Er irrt sich,« behauptete Buttler trotzdem. »Er hat uns bei dem Häuptling der Nijoras gesehen; aber als die beiden Schüsse fielen, standen wir so, daß sein Blick uns gar nicht treffen konnte.«

»So willst du wohl leugnen, bei der Ermordung unsrer beiden Brüder zugegen gewesen zu sein?«

»Nein. Ich habe noch nie eine Lüge gesagt und auch jetzt fällt es mir gar nicht ein, gegen die Wahrheit zu sprechen. Die beiden weißen Männer, nach denen du gefragt hast, sind die Mörder.«

»Uff!« rief der Rote. »Wir sehen sie nicht; sie sind also fort. So suchst du euch zu retten, indem du die Schuld auf sie wirfst!«

»Sie sind fort, sagst du? Wohin sollen sie sein? Ihr seid Kundschafter, also Krieger, welche scharfe Augen besitzen. Habt ihr denn ihre Spuren gesehen, welche gewiß zu finden wären, wenn sie sich wirklich entfernt hätten?«

»Nein. Du willst also sagen, daß sie noch hier sind?«

»Ja.«

»Wo?«

»An einem Orte, wo ihr sie nicht sehen könnt.«

»Welchen Ort meinst du?«

»Diesen.«

Er deutete auf das Wasser.

»Uff! Sie befinden sich in diesem See?«

»Ja.«

»Sie sind also ertrunken?«

»Ja.«

»Lüg nicht! Es gibt keinen Menschen, der in dieses ölige Wasser ginge.«

»Freiwillig nicht; das ist richtig. Sie wollten nicht hinein, aber sie mußten doch.«

»Wer hat sie gezwungen?«

»Wir. Wir haben sie ersäuft.«

»Ihr – habt – sie – – ersäuft?« fragte der Indianer. Er war ein Wilder und fühlte doch einen so großen Abscheu vor einer solchen That, daß er die Worte nur in Absätzen herausbrachte. »Ersäuft? Warum?«

»Zur Strafe. Sie waren unsre Todfeinde.«

»Und doch befanden sie sich bei euch! Niemand pflegt in Gesellschaft seiner Todfeinde zu reiten.«

»Wir haben von ihrer Feindschaft nichts gewußt; wir merkten es erst, als wir hier ankamen.«

»Was hattet Ihr ihnen gethan?«

»Nichts. Sie wollten diesen Oelsee allein besitzen und darum uns ermorden. Als wir dies bemerkten, haben wir sie unschädlich gemacht, indem wir sie in das Wasser warfen.«

»Wehrten sie sich nicht?«

»Nein. Wir schlugen sie ganz plötzlich mit den Kolben nieder.«

»Warum sieht man sie nicht?«

»Weil wir ihnen Steine an die Füße gebunden haben; da sind sie auf den Grund gegangen.«

Der Rote schwieg eine Weile. Er überlegte, ob es geraten sei, die Angaben Buttlers zu glauben. Dann sagte er:

Ach will glauben, daß du die Wahrheit redest. Aber mir graut vor euch. Ihr habt Söhne Eurer eignen Rasse ersäuft, so wie man räudige Hunde in das Wasser wirft. Ihr habt sie heimlich getötet, ohne mit ihnen zu kämpfen. Ihr seid böse Menschen!«

»Konnten wir anders handeln? Sollten wir etwa warten, bis sie ihren Plan ausführten und uns hinterrücks niederschossen? Das wollten sie nämlich thun; wir haben sie belauscht.«

»Wie ihr über diese Sache denkt, das geht mich nichts an; kein roter Mann ersäuft einen andern Indianer und wenn es sein größter Feind wäre. Seid ihr schon einmal an diesem Wasser gewesen?«

»Ja, ich, « antwortete der Oelprinz jetzt.

»Wann?«

»Vor mehreren Monden.«

»War schon damals dieses Oel vorhanden?«

»Ja. Darum ging ich fort, um noch einige Weiße herbeizuholen und es ihnen zu zeigen. Ich wollte mit ihnen eine Gesellschaft zur Gewinnung des Oeles gründen. Diese beiden aber wollten uns ermorden, um die alleinigen Besitzer zu sein.«

»Uff! Vorher hat es hier niemals Oel gegeben. Es muß erst kürzlich aus der Erde hervorgebrochen sein. Aber wie konntet ihr euch als Besitzer des Sees dünken! Er gehört den roten Männern. Die Bleichgesichter sind Räuber, welche zu uns kommen, um uns alles zu nehmen, was uns gehört. Der Tomahawk ist ausgegraben. Wäret ihr daheim geblieben! Indem ihr hierhergekommen seid, seid ihr in den Tod geritten.«

»In den Tod? Seid ihr ehrliche Krieger oder seid ihr Mörder? Wir haben euch doch nichts gethan!«

»Schweig! Ist nicht Khasti-tine mit seinem Gefährten ermordet worden?«

»Leider; aber nicht wir sind es, die sie getötet haben.«

»Ihr waret dabei: Ihr hättet die That verhüten sollen.«

»Das war unmöglich. Die beiden Kerle schossen so schnell, daß wir keine Zeit fanden, auch nur ein einziges Wort dagegen zu sagen.«

»Das rettet euch nicht. Ihr habt euch in der Gesellschaft der Mörder befunden; ihr werdet sterben. Wir werden euch zu unserm Häuptling bringen; da werden die Alten über euch zur Beratung sitzen, welchen Tod ihr zu erleiden habt.«

»Aber wir haben doch die beiden Mörder bestraft; dafür solltet ihr uns dankbar sein.«

»Dankbar?« hohnlachte der Rote. »Meinst du, daß du uns damit einen Dienst erwiesen hast? Es wäre uns lieber, sie lebten noch; da könnten wir uns ihre Skalpe holen und sie am Marterpfahle sterben lassen. Um diese Freude habt ihr uns gebracht. Willst du dich dessen rühmen? Euer Schicksal ist bestimmt; der Tod erwartet euch. Ich habe gesprochen!«

Er wendete sich ab, zum Zeichen, daß er kein Wort mehr sagen werde. Nun wurden ihnen die Taschen geleert. Die Indianer nahmen alles an sich, was sich in denselben befand. Nur als der Anführer die Anweisung sah, faßte er sie vorsichtig mit den Fingerspitzen an, schob sie wieder in die Tasche Grinleys zurück und sagte:

»Das ist Zauberei, ein redendes Papier; kein roter Krieger nimmt ein solches in die Hände, denn es würde später alle seine Gedanken, Worte und Thaten verraten.«