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Die Sklavenkarawane

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»Gehen‘s nit hin, sondern bleiben‘s da, und rufen‘s ihn her! Wann ich nit mit ihm zusammentreff‘, kann ich den Fehler, den ich begangen hab‘, nit gutmachen.«

Schwarz winkte dem Slowaken, und so sah dieser sich gezwungen, zu ihm zu kommen. Auf die Frage, ob er vielleicht ein Anliegen habe, antwortete er:

»Ich hatt wirklich eine Bitte, ergebenste. Wir hatt gesprochte von Wind, entschlummertem, und von Fahrt, langsamiger. Wenn wir gewollte kommen an Abu el Mot, vorausigem, so muß fahrte Schiff mit Schnelligkeit, größerer. Darum wir hatt beschließte, daß wir aussetzte Boote, alle vorhandene, sie spannte vor Schiff, müßiggängerisches, und ruderte es vorwärts mit Eile, zufriedenstellen der.«

»Ach so! Du machst den Vorschlag, die Boote vorzuspannen?«

»Ja, alle!«

»Ich habe schon daran gedacht. Boote wären ja da. Die Dahabiëh hat außer der Feluka noch ein kleineres Boot; jeder Noqer hat zwei Kähne und außerdem ist das große Boot der Niam-niam vorhanden. Aber ich habe den Befehl nicht geben wollen, weil ich nicht glaube, die Leute so anstrengen zu dürfen.«

»Leute haben gesprochte davon. Sie wollte stellen Freiwillige, hinreichende. Hatt mich gebeten, zu meldente es Effendi, kommandieren dem.«

»Also hat man sich freiwillig zum Rudern erboten? Das ist mir sehr lieb. Zwingen wollte ich niemand. Da du der Beauftragte dieser Freiwilligen bist, so sage ihnen, daß ich ihren Wunsch erfüllen werde. Ich ernenne dich zu ihrem Chef. Rufe sie zusammen!«

Über das pockennarbige Gesicht des Kleinen glitt der Ausdruck freudiger Genugthuung. Er warf einen stolzen Seitenblick auf den Grauen und sagte:

»Wenn ich seinte Chef, installierter, so hatt ich zu kommandierte Compagnie, freiwillige?«

»Ja,« nickte Schwarz. »Du bist ihr Oberst, doch unter meinem Befehle.«

»Ich wernte machte ein Oberst, tüchtiger. Ich hatt schon stets besitzte Eigenschaft, geeignete, zu kommandierte Compagnie und Bataillon mit Leichtigkeit, militärischer. Und da ich hatt Frack, schönen und roten, so werd‘ ich erfüllte Pflicht, meinige, mit Aplomp, ausgezeichnetem. Zu Befehl, Effendi!«

Er legte die zwei Finger salutierend an seinen Federturban und stolzierte steif wie ein Storch und erhobenen Hauptes von dannen.

»Nun ist er zufriedeng‘stellt,« lachte Pfoten Hauer. »Auch eine Ansicht! Weil er einen roten, schönen Frack hat, hält er sich für geeignet, ein Bataillon zu kommandieren!«

»O, tragen Sie keine Sorge um ihn! Ich bin überzeugt, daß er die Ruderer zusammennehmen und anfeuern wird, daß es eine Lust ist. Passen Sie auf!«

Der Kleine brachte nach wenigen Minuten gegen dreißig Soldaten herbei, welche gelernt hatten, ein Ruder zu führen; diesen schlossen sich die Niam-niam an, und der »Sohn des Geheimnisses« und der »Sohn der Treue« meldeten sich zum Steuern. Die Feluka und das zweite Boot wurden hinabgelassen und bemannt; man hing sie ebenso wie das Boot der Niamniam an ein Tau, welches an das Vorderteil der Dahabiëh befestigt wurde, und dann setzten sich fünfzig Arme in Bewegung, das Schiff, welches nun nur noch mit Hilfe der Stoßstangen bewegt worden war, in schnellern Lauf zu bringen.

Kaum wurde das von den Noqers bemerkt, so ertönte die Stimme des Schnarchers durch die Nacht:

»Ja radschal, flajik linahr – auf, Ihr Männer, die Boote ins Wasser! Arbeitet, macht, macht! Soll die Dahabiëh uns zum Gelächter machen? Schnell eilt, ihr Söhne, ihr Gelobten, Ihr Fleißigen! Oder wollt ihr schlafen, ihr Söhne von Hunden, ihr Taugenichtse!«

Bald hatten sich die Boote auch vor die beiden Noqer gespannt, und nun gingen die Schiffe schneller vorwärts, wenn auch nicht so, als wenn sie von einem guten und günstigen Wind getrieben worden wären. Die Ruderer, deren Arbeit eine sehr anstrengende war, wurden in zwei Wachen geteilt, welche einander stündlich ablösten.

Im vordern Boote saß der Ungar, dessen hochroter Frack im Scheine des Bugfeiers leuchtete. Seine Stimme war stets zu hören; seine bewegliche Zunge ruhte keinen Augenblick, und es klang gar sonderbar, wenn er wieder und immer wieder kommandierte:

»Tabor, lakuddam, lakuddam! Kull el ordi, biladschel, mudschtahid, mudschtahid – Bataillon vorwärts, vorwärts! Ganzes Armeekorps, schnell, fleißig, fleißig!«

So ging es durch die ganze Nacht. Als Schwarz nach kurzem Schlafe früh aufstand, meldete ihm der Reïs, daß man mit den Ruderern zufrieden sein könne. Sie befanden sich jetzt wieder an Bord, denn mit der Sonne hatte sich ein neuer Wind erhoben, welcher die Segel prächtig schwellte und die bisherige Nachhilfe unnötig machte. Die Leute, welche sich während der Nacht so sehr angestrengt hatten, lagen jetzt unter ihren Decken, um die versäumte Ruhe nachzuholen.

Während Schwarz mit dem »Vater des Storches« beim Kaffee saß, kam der »Sohn des Geheimnisses« zu ihnen und bat in bescheidenem Tone:

»Effendi, erlaube mir, dich auf etwas, was du vielleicht vergessen könntest, aufmerksam zu machen!«

»Nun?« fragte Schwarz.

»Du hast in den letzten Stunden geschlafen und weißt also nicht, wie weit wir vorwärts gekommen sind. Auch kennst du den Fluß noch nicht, und so muß ich dir sagen, daß wir gleich die Schilffelder erreichen werden, von denen gestern abend der Schech der Dschur sprach. Vor diesem Omm Sufah hat Abu el Mot ganz sicher liegen bleiben müssen. Er konnte erst mit Aufgang der Sonne weiter, und auch das nur sehr langsam, da er seinen Schiffen das Schilf aus dem Wege räumen muß; darum ist es gewiß, daß wir ihm nahe sind.«

»Soll da nicht vielleicht ein kleines Boot vorangehen, um nach ihm auszuschauen?«

»Ja. Dieser Vorschlag ist gut. Willst du das übernehmen?«

»Ich und mein Freund sind bereit dazu.«

»So nehmt das kleinste Boot, welches nicht leicht bemerkt werden kann!«

Wenige Minuten später schoß der leichte Kahn vom Schiffe ab, um die ihm gestellte Aufgabe zu erfüllen. Dann kam der Beweis, daß der »Sohn des Geheimnisses« den Nil genau kannte. Mächtige Omm Sufahfelder bedeckten seine ganze Breite, ursprünglich kaum so viel Raum lassend, daß ein kleines Boot sich hindurchwinden konnte; jetzt aber war eine breitere Bahn frei geworden, auf welcher man den Kahn der beiden Freunde um die nächste Krümmung verschwinden sah. Der Reïs deutete auf diese offene Bahn und sagte:

»Gestern noch ist sie zugewesen. Abu el Mot hat sie brechen müssen. Wir folgen ohne Arbeit hinterdrein, und ich denke, daß wir ihn bald zu sehen bekommen werden.«

Seine Voraussetzung bewahrheitete sich schneller als er vielleicht selbst gedacht hatte, denn als kaum eine Viertelstunde vergangen und man aus der Omm Sufah herausgekommen war, kehrte der Kahn zurück, und der »Sohn des Geheimnisses« rief herauf:

»Laß die Segel fallen, Effendi! Wir haben die Schiffe gesehen. Wenn du weiterfährst, wirst du von ihnen bemerkt.«

»Sind sie im freien Wasser?« fragte Schwarz.

»Nein. Sie befinden sich abermals an einem Rohrfelde, durch welches sie müssen. Es können drei Stunden vergehen, bevor sie sich Bahn gebrochen haben.«

»Gut! So lassen wir die Segel und Anker fallen und sehen uns die Schiffe einmal an.«

Die drei Fahrzeuge manövrierten so, daß sie dicht nebeneinander zu liegen kamen, was den Verkehr und die Verständigung bedeutend erleichterte. Dann bestiegen Schwarz, Pfotenhauer, Hasab Murat, Abd es Sirr und Ben Wafa ein Boot, um zu rekognoscieren.

Sie ruderten zwischen so hohem Schilf dahin, daß sie in demselben vollständige Deckung fanden; die offene Mitte des Flusses aber mußten sie vermeiden, wenn sie nicht bemerkt sein wollten. Eine scharfe Krümmung des Flusses lag vor ihnen. Als sie dieselbe passiert hatten, sahen sie die Schiffe liegen, und zwar in einer so geringen Entfernung, daß man sie mit dem Boote binnen zehn Minuten hätte erreichen können.

Schwarz und Pfotenhauer nahmen ihre Fernrohre zur Hand, um die Situation, in welcher Abu el Mot sich befand, zu betrachten. Es gab dort ein Schilffeld, welches von einem bis zum andern Ufer des gerade hier sehr breiten Flusses reichte, und in welchem die Schiffe sich festgefahren hatten. Um nicht noch tiefer hineinzukommen, waren die Segel niedergelassen worden. Neben und vor den Fahrzeugen waren die Boote beschäftigt, mit allerlei Werkzeugen, deren jedes Nilschiff welche besitzt, die Hindernisse aus dem Wege zu räumen.

»Kennst du dieses Feld?« fragte Schwarz den »Sohn des Geheimnisses«.

»Ja. Wir haben Mühe gehabt, es mit unserm Boote zu durchbrechen,« antwortete dieser.

»Ist das Feld lang?«

»So lang, daß, wie ich dir bereits sagte, wohl drei Stunden erforderlich sind, ehe Abu el Mot hindurchkommt.«

»Und wie ist dann die Strecke?«

»Sie ist nur einige hundert Bootslängen frei. Dann kommt wieder ein Feld, welches den ganzen Fluß bedeckt, aber auch das letzte in dieser Gegend ist.«

»So gibt es keine bessere Stelle zum Angriff als eben diese. Zwischen diesen beiden Feldern nehmen wir ihn fest. Er kann weder vorwärts noch zurück, wenn wir es recht beginnen.«

»Aber an die Ufer kann er,« warf Hasab Murat ein.

»Das müssen wir ihm unmöglich machen. Mein Plan ist fertig und ich hoffe, daß er eure Zustimmung finden werde.«

»Laß ihn hören!«

»Die beiden Schiffe müssen von allen vier Seiten eingeschlossen werden, so daß weder ein Schiff noch ein Mann entkommen kann. Lassen wir sie erst durch das Feld. an welchem sie jetzt arbeiten. Auf der dahinter liegenden kurzen, freien Strecke wird Abu el Mot angefallen. Vor sich hat er das zweite Feld, durch welches er nicht entkommen kann. Links von ihm gehe ich mit meiner Dahabiëh vor Anker. Hinter ihm, so daß er nicht zurück kann, legen sich ihm unsere beiden Noqer in den Weg – – —«

»So kann er aber doch rechts an das Ufer!« warf Hasab Murat ein. »Dort muß einer meiner Noqer liegen!«

»Nein! Wenn ich auf ihn schieße, würde ich dein Schiff mit treffen und beschädigen. Du nimmst hundert deiner Leute und gehst mit ihnen an das Ufer, wo du dich so festsetzest und verbirgst, daß du nicht gesehen werden kannst.«

 

»O, ich verstehe! Das ist gut; das ist eine schlaue Falle!«

»Das thust du bald, noch ehe Abu el Mot jetzt durch das erste Feld gekommen ist. Du bist also vor ihm dort und hast die Aufgabe, weder ein Boot noch einen Menschen an das Land zu lassen. Deine übrigen Leute werden auf die Noqers verteilt, also je hundert Mann auf einen. Auf diese Weise haben wir ihn zwischen uns, und es müßte ein wahres Wunder geschehen, wenn wir ihn nicht mit seiner ganzen Mannschaft in die Hand bekämen. Seid ihr einverstanden?«

Der Plan war vorzüglich; es konnte keinen bessern geben; darum erklärte Hasab Murat sich einverstanden mit demselben, und man kehrte zurück.

Nun wurde sofort ans Werk gegangen, die hundert Mann, welche mit Gewehren versehen waren, auszuschiffen. Da alle Kähne dabei thätig waren, so hatte man sie binnen einer Viertelstunde an das linke Ufer gebracht. Diese Leute standen also unter Hasab Murats eigenem Kommando. Dennoch glaubte Schwarz, sich nicht allzu sehr auf ihn verlassen zu dürfen, und darum erklärte er, einstweilen mit ihnen gehen zu wollen, um den Kampfplatz aus größerer Nähe in Augenschein zu nehmen.

Der hart an das Ufer tretende Wald hatte zwar Unterholz, aber es war nicht so dicht, daß es ein großes Hindernis geboten hätte. Die Leute marschierten flußaufwärts, möglichst nahe am Ufer hin, Schwarz und Hasab Murat an der Spitze.

Nach zehn Minuten sahen sie zu ihrer Linken die Masten des Sandal und des Noqer hoch aus dem Schilfe ragen. Sie befanden sich also parallel mit Abu el Mot. Weiter ging‘s, an dem Schilffelde hin, bis dieses zu Ende war. Da gab es zu Schwarzens Freude an dieser Seite freies Wasser, welches bis an das Ufer reichte. An demselben standen Büsche genug, hinter denen sich die Leute aus der Seribah Madunga vollständig verbergen konnten.

»Hier bleibt ihr also, bis der Sandal und der Noqer kommt,« sagte Schwarz. »Ich werde ihnen sofort folgen, denn ich darf ihnen keine Zeit lassen, wegen des neuen Schilffeldes wieder in die Kähne zu steigen. Sobald ihr seht, daß die Boote bemannt werden sollen, schießt ihr jeden weg, der hineinsteigen will.«

»Werden unsre Kugeln die Schiffe erreichen?« fragte Hasab Murat.

»Ja, denn sie werden sich in die Nähe dieses Ufers halten, weil das jenseitige nicht so schilffrei ist, wie ihr seht. Ich habe euch einen wichtigen Posten anvertraut; ich hoffe, daß ihr eure Pflicht thun werdet!«

Jetzt kehrte er nach der Stelle zurück, wo das Boot auf ihn wartete, welches ihn nach der Dahabiëh bringen sollte. Auf derselben angekommen, ließ er sogleich die Anker heben, um mit den drei Schiffen möglichst weit vorzurücken und sich dort wieder festzulegen. Ein Posten wurde im kleinsten Boote vor ins Uferschilf gesandt. Er erhielt das Fernrohr mit und hatte den Auftrag, den Sandal und Noqer unausgesetzt zu beobachten und sofort zurückzukehren, wenn er sehe, daß diese beiden Fahrzeuge die Segel wieder hissen würden. In diesem Falle waren sie durch das erste Schilffeld gedrungen, und man mußte ihnen schleunigst folgen.

Jetzt machte Schwarz die beiden Kanonen bereit. Er ließ Munition zur Drehbasse bringen und lud sie mit einer Vollkugel. Dann wurde auch die Maximkanone so befestigt, daß man Schüsse aus ihr abgeben konnte. Der Lauf wurde nach Backbord gerichtet und dann wieder mit den Decken belegt. Einige der Asaker waren Artilleristen in Ägypten gewesen. Diesen vertraute er die Drehbasse an und erklärte ihnen den Gebrauch derselben; er selbst wollte die Maximkanone bedienen und beorderte einige Mann zu leichter Handreichung dabei.

Dann erhielt der Reïs und der Mustamel genaue Anweisung, wie sie zu manövrieren hätten. Ben Wafa mußte die Reïsahn der beiden Noqers holen, damit auch diese erfuhren, wie sie und ihre Leute sich zu verhalten hätten.

Über diesen Vorbereitungen waren fast zwei Stunden vergangen, und man konnte nun für jeden Augenblick den ausgesandten Posten zurückerwarten. Jeder Soldat stand an seinem Platze, möglichst gedeckt vor den Kugeln der Feinde. Da man wußte, aus welcher Richtung diese Kugeln kommen würden, so war es nicht schwer, für genügenden Schutz zu sorgen.

Pfotenhauer hatte sich fleißig aber wortkarg an den bisherigen Arbeiten beteiligt. Jetzt stand er, sein Gewehr in der Hand, neben Schwarz und sagte:

»Nun wollen wir mal schau‘n, ob ich wirklich zum Soldat nix taugen thu‘ und ob meine Nas‘ wirklich mir und andern im Weg‘ ist. Vielleicht wird mir a Stück davon wegg‘schossen, womit ich auch zufrieden sein müßt. Ich freu‘ mich nur auf die Gesichter, welche sie machen werden, wann‘s uns sehen. Schön wär‘s, wenn wir an sie kommen könnten, ohne daß sie uns vorher bemerkten!«

»Das ist sehr leicht möglich,« antwortete Schwarz.

»Wirklich? Sie werden doch nit bloß nach vorn schauen!«

»Nein; aber es gibt Sandals und Noqers, welche Hecksegel führen, die so weit hinten herabgehen, daß sie die Aussicht nach rückwärts verdecken.«

Und sich zu dem in der Nähe befindlichen »Sohn des Geheimnisses« wendend, fragte er diesen, ob die Schiffe Abu el Mots nur die gewöhnlichen Segel führten. Der junge Mann hatte sich das Gewehr und die Munition eines der nun als Kanoniere verwendeten Asaker geben lassen. Er antwortete:

»Diese Schiffe sind plumpe Fahrzeuge; darum hat man ihnen, damit sie viel Wind fassen, noch ein Kalakafal gegeben.«

»Es ist so, wie ich dachte,« erklärte Schwarz dem Grauen. »Vielleicht gelingt es uns, so nahe an sie zu kommen, daß sie uns nicht eher bemerken, als bis wir uns an ihrer Seite befinden.«

»Dann wären‘s Ohrfeigen wert!«

»Warum? Ihr Augenmerk ist nur nach vorn gerichtet, und da sie nicht ahnen können, daß wir sie verfolgen, und ihnen das Segel den Ausblick verwehrt, so würde es gar kein Wunder sein, wenn sie uns nicht sähen. Da! Es geht los! Dort kommt der Posten in seinem Boote. Mag‘s gut von statten gehen! Reïs, die Segel in die Höhe, und die Anker auf!«

Die Ankerketten rasselten; die Leinwand stieg empor, der Wind legte sich hinein, und die Fahrzeuge setzten sich in Bewegung, die Dahabiëh voran, die Noqer hinterdrein, nachdem der zurückgekehrte Posten an Bord genommen worden war.

Schwarz stieg hinauf zum Steuermann, bei dem der Kapitän stand. Die Dahabiëh bog in die Krümmung des Flusses ein, und nun sah man jenseits derselben das durchbrochene Omm Sufahfeld. Die Leute Abu el Mots hatten durch dasselbe einen Kanal gebahnt, durch welchen jetzt die beiden Schiffe segelten. Man konnte die Decks nicht sehen, da dieselben durch die tief herabgehenden Hintersegel verborgen wurden.

»Wir sehen sie nit und sie uns nit,« sagte der »Vater des Storches«, der mit heraufgekommen war. »Nun glaub‘ ich auch, daß wir ihnen zum Handreichen nahe sein werden, bevor sie uns bemerken. Das wird aan Schreck‘ für sie, den ich nit haben möcht‘!«

Auf den drei Fahrzeugen herrschte lautlose Stille. Wenn je zwei miteinander sprachen, so thaten sie das flüsternd. Es geht jedem Kampfe eine solche bange Stille voran. Desto lauter wird es dann, wenn die Feindseligkeiten begonnen haben.

Schwarz hatte den Befehl gegeben, Abu el Mot womöglich nicht zu töten, und demjenigen, der ihn lebendig fangen und ihm überbringen werde, eine entsprechende Belohnung versprochen. Nun war das Augenmerk jedes darauf gerichtet, sich womöglich diese Prämie zu verdienen.

Jetzt hatten der Sandal und der Noqer den offenen Kanal passiert, und die Dahabiëh fuhr in denselben ein. Sie kam den beiden Fahrzeugen schnell näher. Abu el Mot sah erst jetzt, daß sich ihm nach kurzer, offener Strecke wieder ein neues Schilffeld in den Weg legte. Er befahl infolge dessen, die Segel abermals einzuziehen und die Anker zu werfen. Er saß rauchend bei seinen fünf Homr-Arabern, den Gefährten seiner Unthaten, die damals nach dem verunglückten Überfalle an der Quelle des Löwen glücklich mit ihm entkommen waren. Sie hatten von ihrem Vorhaben, den Feldwebel zu überfallen und zu züchtigen, gesprochen; es war ihnen jede Minute kostbar, und nun wurde der Lauf ihrer Schiffe schon wieder von dem dichten Schilfe aufgehalten! Es gab zwar eine Bahn durch dasselbe, aber diese war nur für einen Kahn, nicht aber für größere Fahrzeuge breit genug. Der Schnabel seines Sandal war gerade auf dieselbe gerichtet gewesen und fuhr, ehe der Anker Grund faßte, ein Stück hinein, rechts und links das Rohr auseinanderdrängend. Der Noqer kam hinterdrein und legte rechts von dem Sandal bei, während die Segel aus dem Winde fielen.

Dadurch wurde der Blick nach hinten wieder frei, und nun hörte Abu el Mot zu seinem Erstaunen den Ruf des Reïs:

»Ein Schiff hinter uns! Eine Dahabiëh! Allah ‚l Allah, wer kann sich das denken!«

Er sprang auf und seine Homr mit ihm, um das so unerwartet erschienene Schiff zu sehen. Daß hinter demselben zwei Noqers kamen, konnte man nicht bemerken, da die Dahabiëh sie vollständig deckte.

Kaum hatte Abu el Mot sein Auge auf das Fahrzeug geworfen, so entfärbte er sich.

»Kull mlajiki wa schejatin – alle Engel und Teufel!« rief er erschrocken, »das ist eine Dahabiëh des Vicekönigs!«

»Unmöglich!« antwortete einer der Homr. »Wie kannst du das behaupten?«

»Bist du blind? Siehst du nicht das Wappen vorn am Bug, die Pyramide mit der Sphinx? Und, bei Allah, es sind Soldaten auf derselben!«

»Was wollen sie?«

»Weiß ich es denn? Uns gilt diese Fahrt der Dahabiëh jedenfalls nicht. Wir haben nichts zu befürchten, so lange der Offizier nicht weiß, daß ich Abu el Mot bin.«

»Wenn man es ihm nun verrät!«

»Wer sollte das thun? Ihr nicht, die Nuehr nicht, weil sie sonst als Leute von mir ergriffen würden, und die Schiffer, die ich gut bezahle, auch nicht. Und so denke ich, daß – – – Allah akbar! Es kommt noch ein Schiff hinterher und dann gar ein drittes! Zwei Noqer! Das ist ja eine wirkliche Amara!«

»Laß sie! Du sagst ja selbst, daß es nicht uns gilt.«

»Das sagte ich, doch – doch – – Himmel und Hölle! Ich müßte mich sehr irren, wenn es nicht doch mir gälte! Diese beiden Noqer kenne ich genau. Sie gehören meinem Todfeinde Hasab Murat auf der Seribah Madunga. Wie kommt er, der Sklavenjäger, mit einem Regierungsschiffe zusammen? Sollten sie ihn auf einer Ghasuah ertappt und ihm die Noqer weggenommen haben! Seine Leute kennen mich; sie werden mich verraten.«

»So verstecke dich!«

»Das bringt keinen Nutzen, denn der Offizier wird zu uns kommen und alles untersuchen. Ich leugne, so lange es geht, und dann wehren wir uns. Macht euch zum Kampfe fertig! Seht, da ist die Dahabiëh. Sie will sich links neben uns legen, und hinter uns werfen die Noqer die Anker. So bleibt im Notfalle immer noch Rettung an das linke Ufer, dem wir nahe genug liegen. Ich werde antworten, wenn er fragt. Sagt den Nuehrs, daß sie sich bereit halten sollen! Zum Teufel, daß wir so wenig Feuergewehre und fast gar kein Pulver bei uns haben!«

Die Dahabiëh war da, zur linken Seite des Sandal; sie ließ ungefähr vierzig Schritte von ihm entfernt den Anker fallen und trieb dann an der Kette desselben wieder ein Stück zurück, so daß sie nicht Bug gleich Bug, sondern mehr rückwärts zu liegen kam. So war es ihr möglich, das Deck des Sandals und auch des Noqer mit ihren Kugeln zu bestreichen. Die Situation war also folgende:

Vorn, mit dem Buge ein Stück in dem Rohrdickicht, lag der Sandal, neben ihm der kleinere Noqer. Rechts von beiden, und zwar eine halbe Schiffslänge rückwärts, die Dahabiëh. Hinter diesen drei Fahrzeugen die beiden Noqer aus Madunga, ihnen so nahe, daß von dorther die Flintenkugeln ihr Ziel noch trafen.

Schwarz hatte sich hinter die Maximkanone gesetzt, so daß er von dem Deck des Sandal aus nicht gesehen werden konnte. Beim Reïs stand der Hauptmann aus Faschodah, welcher zuerst sprechen sollte. Er that dies, indem er hinüberfragte:

»Was ist das für ein Sandal und für ein Noqer? Wem gehören diese Schiffe?«

»Mir,« antwortete Abu el Mot, welcher am Rande seines Fahrzeugs stand und mit Befriedigung die kriegerische Haltung seiner Nuehr bemerkte.

»Wer bist du?« erkundigte sich der Hauptmann weiter.

»Ich heiße Jussuf Helam und bin Händler.«

»Womit?«

»Mit allerlei Waren.«

»Wo bist du her?«

»Aus Wau.«

»Und wohin willst du?«

»Stromaufwärts, um zu handeln und zu tauschen.«

»Mann, ich glaube, du lügst!«

»Allah erleuchte dein Gehör! Ich habe die Wahrheit gesagt; hast du sie nicht gehört, so sind deine Ohren schuld; du hörst anders als man spricht!«

»Spotte nicht; ich kenne dich!«

»Und ich habe dich noch nicht gesehen!«

»Du bist Abu el Mot, der Sklavenräuber.«

»So erleuchte Allah auch deine Augen; denn du siehst Dinge und Menschen, welche gar nicht vorhanden sind!«

 

»Ich sehe sehr richtig. Ich sehe sogar die fünf Männer, welche hinter dir stehen. Gehören sie nicht zu den Homr, von denen auch Abu el Mot stammt?«

»Nein. Sie sind auch Handelsleute aus Wau, welche ihre Waren auf meinen Schiffen transportieren.«

»Das ist nicht wahr. Ich kenne dich und sie. Der Mudir Ali Effendi Abu Hamsah miah in Faschodah läßt euch grüßen. Er sucht nach euch und hat mich beauftragt, euch nach Faschodah zu bringen.«

»Suche die, welche er haben will! Wir sind es nicht.«

»Ihr seid es. Oder wäret ihr wirklich nicht diejenigen, welche an der Quelle des Löwen, westlich von Faschodah, einen fremden Effendi überfielen, um ihn zu töten?«

»W‘allah! Das wird schlimm!« raunte Abu el Mot seinen Homr zu. »Es kommt zum Kampfe. Wehrt euch gut!« Und laut antwortete er:

»Wir sind niemals in jene Gegend gekommen und haben nichts mit einem Effendi zu thun gehabt!«

»Auch nicht mit mir?« fragte jetzt Schwarz, indem er aufstand und sich sehen ließ.

Ein grimmiger Fluch entfuhr den Lippen Abu el Mots. Man sah deutlich, daß er erbleichte. Diesen Fremden hier, so weit von der Quelle des Löwen entfernt, zu sehen, das hätte er für unbedingt unmöglich gehalten. Und zudem mit drei Fahrzeugen und Soldaten! Er wußte wirklich nicht, was er antworten, ob er gestehen oder leugnen solle.

»Er ist‘s,« sagte einer der Homr hinter ihm. »Aber wir fürchten uns nicht. Die beiden Noqers thun uns nichts. Es sind ja die gefangenen Leute Hasab Murats darauf, und mit der Dahabiëh werden wir wohl fertig!«

Diese Worte gaben Abu el Mot seine Fassung und sein Selbstvertrauen zurück, und als jetzt Schwarz seine Frage wiederholte, rief er ihm zornig zu:

»Ja, mit dir habe ich zu thun gehabt, du Hund, du Enkel eines Hundes. Und nun sollst du mit mir zu thun bekommen! Gehe zur Dschehennah!«

Er riß sein Gewehr an die Wange und drückte ab. Schwarz bückte sich blitzschnell hinter die Kanone nieder, und die Kugel flog über ihn hinweg.

»Gebt Feuer! Schießt!« rief Abu el Mot seinen Leuten zu. »Schießt den Offizier weg!«

Seinem Befehle wurde augenblicklich Folge geleistet. Auf dem Sandal standen zweihundert und auf dem Noqer einhundert Nuehr. Sie sahen auf der Dahabiëh nur halb so viel Soldaten und waren überzeugt, daß sie mit diesen bald fertig sein würden. Ihre Gewehre knallten und eine Wolke von Pfeilen und Wurflanzen flogen von ihnen herüber. Aber die Soldaten hatten für Deckung gesorgt. Sie bückten sich hinter die Deckschanze, hinter die Masten, hinter Kisten, Körbe und andre Gegenstände, welche zu diesem Zwecke vorher auf das Deck geschafft worden waren. Es wurden ihrer nur einige leicht verwundet.

Schwarz hatte den Kopf und die Arme unter die Decken gesteckt, welche auf der Kanone lagen, um sie zu maskieren. Er zog die oberste derselben ein wenig zur Seite, so daß er zielen konnte. Er richtete den Lauf. Dabei sah er, daß Abu el Mot, die doppelläufige Flinte, von der nur ein Lauf abgeschossen war, in der Hand, nach ihm suchte. Die zweite Kugel sollte ihn besser treffen als die erste.

Da ertönte als Antwort auf den Angriff Abu el Mots und der Nuehr das Kommando des Hauptmannes. Seine Leute richteten sich auf und schossen. Der Erfolg war bedeutend, wie man sehen und auch hören konnte. Viele der Feinde stürzten nieder; alle aber schrieen auf vor Wut und Kampfbegier.

Jetzt richtete auch Schwarz sich wieder auf. Sobald Abu el Mot ihn erblickte, legte er das Gewehr an, zielte, drückte ab und rief zugleich:

»Hier hast du den Tod! Diesesmal sicher!«

Aber Schwarz‘ scharfem und geübtem Auge war die kleine Bewegung des drückenden Fingers nicht entgangen. Er machte eine schnelle Drehung zur Seite, wurde abermals nicht getroffen, riß dann die Decken weg und rief antwortend:

»Desto sicherer treffe ich, aber nicht dich, denn dich muß ich lebendig haben!«

Er ließ den Mechanismus spielen, und die Folgen waren derart, daß Abu el Mot vor Schreck kein Glied zu rühren vermochte. Die Toten und Verwundeten brachen zusammen; alles, was eine Stimme hatte, heulte, schrie und brüllte. Die Projektile hatten nicht nur das Deck des Sandals, sondern auch dasjenige des Noqer bestrichen. Dazu kam, daß nun die Kanoniere auch die Drehbasse ertönen ließen und auf den beiden hinten liegenden Noqers aus Madunga die Schüsse krachten.

Jetzt erkannte Abu el Mot, daß sich auf diesen beiden Fahrzeugen keine Gefangenen befanden. Und wenn er diese Ansicht noch hätte festhalten wollen, so wäre ihm das unmöglich gewesen, denn es ertönte von dahinten eine laute, schnarrende Stimme, welche er sehr genau kannte:

»Das war gut getroffen; das war herrlich! So ist es recht. Ihr Männer, ihr Helden, ihr Tapfern! Ladet schnell wieder, schnell, und gebt es ihm! Möge Allah diesen Abu el Mot verdammen. Schießt, schießt, ihr Feigen, ihr Faulen, ihr Halunken!«

»El Schachr, ‚der Schnarcher‘!« rief Abu el Mot seinen Homr zu, welche sich um ihn versammelt hatten. »Hasab Murat, der Sohn einer räudigen Hündin, hat sich mit dem Fremden und den Soldaten verbunden. Schießt, schießt! Zielt auf den Offizier und diesen Christenhund!«

Aber sie trafen die beiden nicht, denn der Hauptmann stand hinter dem Maste sicher, und Schwarz hatte sich wieder gebückt, um die Kanone zu laden. Auch die Kanoniere hinter der Drehbasse, welche Kugel um Kugel abgaben, hatten sich durch das vorgeschobene Häuschen gedeckt, welches mit starkem Eisenblech gefüttert war und wie eine Panzerplatte die Kugeln auffing.

Die zweite Salve der Maximkanone wirkte noch vernichtender als die erste. Die Nuehr, welche erst so kampfesmutig gewesen waren, warfen ihre Waffen weg und verbargen sich im Innern der Fahrzeuge. Abu el Mot sah ein, daß er sich unmöglich halten könne. Er durfte nicht einmal mehr schießen. Er mußte den kleinen Rest seiner Munition nicht zu seiner Verteidigung, welche ja erfolglos war, sondern zu seiner Rettung verwenden. Er rief seinen Nuehrs zu:

»Schnell in die Boote und an das Ufer! Dorthin ist der Weg noch frei!«

Abu el Mot‘s Befehl sollte augenblicklich Folge geleistet werden. Aber kaum erschienen die dunkeln Gestalten der Nuehr an den Rändern der Fahrzeuge, um hinabzusteigen, so knallten von dem Ufer her, welches Abu el Mot für unbesetzt gehalten hatte, die Schüsse der hundert Soldaten Hasab Murats.

Diese waren bisher hinter den Büschen versteckt gewesen. Jetzt kamen sie hervor, um sich zu zeigen. Hasab Murat schwang seine Flinte und rief:

»Komm herüber, Abu el Mot, komm doch her! Wir werden dich festlich empfangen, denn wir lieben dich. Kennst du mich, du stinkende Hyäne? Komm nur, komm, damit ich dir das Fell über den Kopf ziehe!«

Abu el Mot sah diesen Ausweg abgesperrt. Links hatte er die Dahabiëh, rechts das besetzte Ufer, hinter sich die Noqer und vor sich das undurchdringliche Schilf – undurchdringlich für seinen Sandal, aber nicht für einen Kahn. Dieser letztere Umstand bot ihm den einzigen Rettungsweg.

»Ihr seht, daß wir umzingelt sind und eine Übermacht gegen uns haben, der wir unterliegen müssen,« sagte er zu den fünf Homr, welche ebenso wie er noch unverletzt waren, weil sie bei ihm gestanden hatten, wohin niemand die Kugel gerichtet hatte, da man ihn lebend haben wollte. »Kommt mit mir in die Kajüte!«

Das Gefecht war keineswegs zu Ende. Zwar schwiegen die beiden Kanonen, weil sie keinen Erfolg mehr haben konnten, da die Nuehr sich versteckt hatten; aber diese sandten ihre Pfeile noch immer aus dem Verborgenen hervor, und wenn einer von ihnen einmal seinen Kopf oder einen sonstigen Körperteil sehen ließ, so flogen gleich von allen Seiten die Kugeln der Asaker nach der betreffenden Stelle.

Vor allen Dingen kam es darauf an, die Nuehrs nicht in die Boote zu lassen, eine Aufgabe, welche gar keine Schwierigkeit bot. Sie mußten die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage einsehen und sich baldigst mit den beiden Schiffen und Abu el Mot ergeben.

Dieser wußte nur zu gut, was seiner wartete. Er mußte fliehen, und zwar so schnell wie möglich, denn er sah, daß ihm nur noch Minuten dazu vergönnt seien.