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Die Sklavenkarawane

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Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

»El Fathcha«, stand da geschrieben; auf dem nächsten Stamme las Schwarz das Wort »el Bakara«; am dritten stand »‘l Ajli el Amran«, am vierten »en Niswan« und am fünften »et Tauli«. Das heißt zu deutsch »die Einleitung«, »die Kuh«, »die Familie Amrans«, »die Weiber« und »der Tisch«. Das sind die Überschriften der ersten fünf Kapitel des Korans. Der Imam hatte sie nicht genau nach dem Buche des Propheten, sondern nach seinem eigenen Dialekte eingeschnitten, und es verstand sich ganz von selbst, daß ein so abgeschlossener Ort, dessen hundertvierzehn Bäume die Kapitelüberschriften des Korans trugen, jedem Mohammedaner als Heiligtum gelten mußte. Die Niam-niam waren keine Anhänger des Propheten, hatten sich aber doch im Verkehr mit solchen so viel vom Islam angeeignet, daß auch sie eine Art heiliger Scheu vor der Schlucht empfanden. Die Führer blieben stehen und begnügten sich, dieselbe zu überblicken; die beiden Deutschen schritten weiter. Als auch der König mit den übrigen folgen wollte, bat Schwarz:



»Bleibt zurück! Hier am Eingange gibt es so viel Felsgeröll und Schutt, daß die Eindrücke eurer Füße nicht gesehen werden können; weiterhin im Grase aber würdet ihr eine Fährte machen, welche uns an Abu el Mot verriete. Er soll nicht ahnen, daß sich heute schon jemand hier befunden hat. Wir beide aber verstehen es, einen nur geringen Fußeindruck zu machen und auch dieses wenige zu verwischen.«



Sie gingen nur bis ungefähr in die Mitte der Schlucht. Das genügte, um ihnen die Überzeugung zu geben, daß es selbst dem geübtesten und kühnsten tiroler Gemsjäger nicht gelungen wäre, an irgend einer Stelle der Granitwand emporzuklimmen. Das hatten sie wissen wollen und nun kehrten sie zurück, wobei sie nicht unterließen, die im Grase eingedrückten Spuren sorgfältig zu verwischen.



Wie klug Schwarz und Genossen gehandelt hatten, sollten sie sofort erkennen, denn eben als sie nun die Schlucht wieder verließen, deutete der »Vater der elf Haare« nach der Ebene hinaus und rief in seinem wunderbaren Deutsch:



»Achtung gebte, aufgepaßte! Dort seint erscheinte Punkte, schwarz und sich bewegte. Was mag da kommte für Leute, nicht freundliche, sondern feindliche? Wir wollt uns versteckte, damit sie nicht kann sehente auch Punkte, unsrige!«



Die Männer zogen sich schnell in das Gebüsch und dann unter die Bäume zurück. Da, am Rande des Waldes und von den Sträuchern verdeckt, konnten sie sehen, ohne selbst gesehen zu werden.



Es waren erst nur vier oder fünf Punkte gewesen; ihnen folgten aber mehr und immer mehrere, und nach kurzer Zeit sah man eine sehr lange und schmale Linie, welche sich schnurgerade, wie mit dem Lineal gezogen, auf die Schlucht zubewegte. Die Punkte wurden größer. Schon nach zehn Minuten konnte man erkennen, daß voran fünf Reiter waren, denen mehrere Fußgänger folgten. Nach abermals fünf Minuten überblickte man bereits den ganzen Zug, welcher sich in der Ordnung fortbewegte, daß hinter zehn oder noch mehr einzeln einander folgenden Fußgängern immer einige Reiter kamen.



»Das ist Abu el Mot mit seinen Menschenjägern und den geraubten Negern,« sagte Pfotenhauer. »Sie kommen, wie gut, daß wir nicht lange auf sie zu warten brauchen! Nun wird der Tanz ja bald beginnen!«



»Ein trauriger Tanz, wenn auch nicht für uns, so doch für unsre Gegner,« antwortete Schwarz. Und sich zu dem Könige wendend, fügte er hinzu:



»Ich bleibe mit meinem Freunde hier, um die Karawane zu beobachten; ihr aber kehrt zu unsern Leuten zurück, um sie von der Ankunft der Erwarteten zu benachrichtigen. Sie sollen bleiben, wo sie sind, und den Platz ja nicht eher verlassen, als bis wir kommen. Den beiden Homr und Dauwari steckt ihr Knebel in den Mund, damit sie nicht etwa durch Geschrei ihre und unsre Anwesenheit vorzeitig verraten können.«



Der König folgte mit den andern dieser Aufforderung und entfernte sich, und die beiden Zurückbleibenden richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf den nahenden Zug. Sie sahen einen Reiter, welcher vom Ende desselben nach der Spitze galoppierte, jedenfalls um den dort Befindlichen einen Befehl zu erteilen.



»Das ist Abu oder Abd el Mot,« sagte Pfotenhauer. »Er wird halt jemand voraussenden, um nachschauen zu lassen, ob hier in dera Schlucht alles in Ordnung ist.«



Er hatte sich nicht geirrt, denn zwei von den fünf Reitern trennten sich von dem Zuge und kamen im Galoppe herbei; es waren bärtige Kerls mit sonnverbrannten Gesichtern. Sie schienen die Anwesenheit eines Menschen für unwahrscheinlich zu halten, denn sie beobachteten nicht die geringste Vorsicht, sondern sprengten ganz offen heran und in die Schlucht hinein. Nach kurzer Zeit kamen sie wieder heraus und ritten zurück, um ihrem Anführer Meldung zu machen.



Der Zug war inzwischen so nahe herangekommen, daß man jede einzelne Gestalt, wenn auch nicht die Gesichtszüge, erkennen konnte. Schwarz atmete tief und hörbar; er ballte die Hände und sagte:



»In zehn Minuten werde ich wissen, ob mein Bruder dabei ist, also ob er noch lebt oder nicht. Wehe diesem Gesindel, wenn ich ihn nicht erblicke! In diesem Falle gibt es keine Gnade und Barmherzigkeit!«



Nun bot sich den beiden ein Anblick, welcher ihre Herzen erzittern machte. Sie hatten eine Ghasuah, eine Sklavenkarawane vor sich.



Von dem Pferde eines der vorderen Reiter ging ein Seil aus, welches um die Hälse von fünfzehn hintereinander schreitenden männlichen Negern, deren Hände man auf den Rücken gebunden hatte, geschlungen war. Die Schwarzen waren vollständig unbekleidet und ihre Körper mit aufgesprungenen Schwielen bedeckt. Sie hatten wohl nicht die verlangte Fügsamkeit gezeigt und infolgedessen die Peitsche bekommen.



Nun folgten drei Reiter und hinter denselben zwölf Neger, welche ebenso gefesselt waren. Außerdem trug oder vielmehr schleppte jeder einen schweren Holzklotz je an einem Fuße. Auch sie waren mit Schwielen bedeckt und konnten sich kaum mehr fortbewegen.



Hinter diesen und wieder andern Reitern kam eine Reihe von Sklaven, welche die gefürchtete Schebah trugen, eine schwere Holzgabel, in welcher der Hals des Gefangenen steckt.



Dann kamen schwache Frauen und Mädchen, welche Lasten schleppten, unter denen sie fast zusammenbrachen. Dabei waren ihnen kurze Stricke an die Fußknöcheln gebunden, so daß sie nur kleine Schritte machen und an Flucht nicht denken konnten. Ihnen folgten eng gefesselte Knaben, deren Gesichter zum Erschrecken unförmlich geschwollen waren. Man hatte ihnen die Guluf geschnitten, das sind drei Messerschnitte in jede Wange gemacht, als ewiges, sichtbares Zeichen der Sklaverei. Die Wunden eiterten und wurden von Insekten durchwühlt.



Ein weiteres Glied des Zuges bildete eine Anzahl von Negern, denen die Hände an die Kniee festgebunden waren, so daß sie in gebückter Stellung, mit wagerechtem Oberkörper gehen mußten. Kurz, die Feder sträubt sich, die Qualen zu schildern, welche man angewendet hatte, um die Gefangenen gefügig zu machen und sie an der Flucht zu verhindern. Einer Mutter war sogar der verwesende Leichnam eines wohl achtjährigen Knaben, jedenfalls ihres Kindes, auf den Rücken gebunden worden. Sie hatte unter stetem Weinen nach ihm verlangt und da war er erschossen und in dieser schrecklichen Weise mit ihr vereinigt worden.



Man sah es allen an, daß sie ermüdet waren und vor Hunger und Durst fast verschmachteten. Sie hatten während der ganzen Nacht marschieren müssen.



Das alles bemerkte Schwarz zunächst noch nicht; er suchte nach seinem Bruder und hatte kein Auge für etwas andres. Der Zug verschwand mehr und mehr im Eingange der Schlucht, und noch hatte er ihn nicht entdeckt. Sein Puls begann zu fiebern und sein Atem zu fliegen. Er knirschte mit den Zähnen, daß Pfotenhauer es hörte. Dieser versuchte ihn zu beruhigen:



»Verlieren‘s nur die Hoffnung nit. Noch sind die Anführer nit vorüber, und grad bei diesen, denk‘ ich, müssen sich solche Gefangene befinden, wie Ihr Bruder und der Elefantenjäger sind.«



Jetzt näherten sich zwei Reiter, welche weiße Haïks trugen und nebeneinander ritten. Kaum hatte Schwarz das Gesicht des einen, wenn auch nur erst von weitem, erblickt, so stieß er hervor:



»Abu el Mot! Da ist er endlich!«



»Ja, das ist er,« nickte Pfotenhauer, »und der andre ist Abd el Mot. Und schauen‘s, wer kommt da gleich hinter ihnen! Er lebt, er lebt! Sehen‘s ihn neben dem Sejad ifjal?«



Sie waren es, Joseph Schwarz und der Elefantenjäger. Sie sahen verhältnismäßig wohl aus, trugen ihre Anzüge noch und schauten ziemlich trotzig drein. Von Ergebung in ihr Schicksal fand sich in ihren Zügen keine Spur.



»Gott sei Dank!« hauchte Schwarz. »Ich möchte hinspringen und ihn herausreißen!«



»Da verderben‘s alles!«



»Das weiß ich wohl. Ich muß mich beherrschen. Aber sagen will ich es ihm, daß ich da bin.«



»Um des Himmels willen, verraten Sie uns nit!« raunte ihm der Gefährte ängstlich zu.



»Haben Sie keine Sorge! Ich gebe ein Zeichen, welches Joseph genau kennt.«



Der Elefantenjäger und sein Leidensgenosse waren Seite an Seite so aneinander gefesselt, daß sie nicht auseinander und auch die Arme und Hände nicht bewegen konnten. Außerdem hatte man jedem einen Strick um den Leib geschlungen und an die Steigbügel Abd el Mots befestigt. Schon waren sie der Schlucht nahe, da ließ sich das eigentümliche Gekrächze eines Geiers hören. Niemand achtete auf dasselbe, denn Geier gibt‘s im Sudan massenhaft; Joseph Schwarz aber warf sofort den Kopf empor; seine Wangen röteten sich, und seine Augen leuchteten auf. Er sah rechts über die Büsche hinüber, woher der Laut gekommen war, und erblickte zwischen den vordersten Bäumen einen Arm, welcher ein Gewehr schwang. Er hatte seinen Schritt nicht für einen Augenblick inne gehalten und senkte nun den Kopf wieder nieder. Er besaß Selbstbeherrschung genug, sein Entzücken zu bemeistern. Ganz, ganz leise aber flüsterte er seinem Gefährten, mit dem er eben durch den Eingang schritt, zu:

 



»Welch ein Glück, daß Abu el Mot nicht auf den Schrei dieses Geiers achtete!«



»Warum?« fragte der andre ebenso leise.



»Es war kein Vogel, sondern mein Bruder.«



»Allah ja Allah! Wer soll – – —«



»Still, nicht so laut! Man hört es ja! Ich kenne dieses Krächzen ganz genau; es hat uns auf unsren Reisen in fernen, gefährlichen Ländern oft als Mittel gedient, uns zusammenzufinden, ohne uns rufen zu müssen, wenn wir uns für kurze Zeit getrennt hatten. Ist er allein, oder hat er noch andre mit, das ist ganz gleich: er holt uns heraus, mitten aus dem Lager, und zwar ganz gewiß noch heute abend oder spätestens in der Nacht. Lassen wir aber nichts von unsrer Hoffnung merken!«



Emil Schwarz hatte gesehen, daß sein Zeichen gehört und erkannt worden war; damit gab er sich zunächst zufrieden. Er wußte nun, daß sein Bruder morgen frei sein werde. Er wartete, bis die letzten Sklaven und ihre Peiniger in der Schlucht verschwunden waren, und kehrte dann mit Pfotenhauer nach der Höhe zurück.



»Was thun wir nun zunächst?« fragte dieser, als sie nebeneinander eiligst emporstiegen. »Fallen wir gleich über sie her?«



»Nein, denn da würden sie meinen Bruder sofort töten. Ich werde, wenn wir oben angekommen sind, sagen, wie wir uns meiner Ansicht nach zu verhalten haben. Ich begreife wirklich nicht, wie dieser sonst so kluge Abu el Mot es wagen kann, in der Schlucht zu lagern, in welcher wir ihn so prächtig einzusperren vermögen. Es genügen wenige Leute, den Eingang zu verschließen, so daß er nicht heraus kann. Überdies sind wir ihm beziehentlich der Anzahl weit überlegen und können seine Leute von oben herab mit unsern Kugeln gemütlich wegputzen, ohne selbst in die geringste Gefahr zu kommen. Es ist gar kein Zweifel daran, daß er verloren ist; aber wir dürfen dennoch nicht mit Gewalt vorgehen, da wir sonst meinen Bruder und den Elefantenjäger, vielleicht auch die geraubten Sklaven in die Gefahr bringen, getötet zu werden. Ein Mensch, welcher seinen sichern Untergang vor Augen sieht, ist bei den Gesinnungen dieses Abu el Mot zu allen Schandthaten fähig.«



Der König hatte die ihm erteilte Weisung gut ausgeführt. Als die beiden oben ankamen, waren alle Leute zur Stelle, und keiner hatte den Platz verlassen. Der »Sohn des Geheimnisses« trat auf Schwarz zu und fragte:



»Herr, ich habe mich über meinen Vater sehr geängstigt. Die Sklavenkarawane ist angekommen. Ist der Elefantenjäger dabei ?«



»Ja; wir haben ihn gesehen.«



»Und wie ging es ihm? Wie sah er aus?«



»Sehr gut, unter den gegebenen Verhältnissen.«



»Allah sei Dank! Wehe den Sklavenjägern, wenn es uns nicht gelingt, ihn unverletzt zu befreien!«



»Es wird uns gelingen; du darfst dich darauf verlassen. Übrigens weiß er schon, daß die Rettung nahe ist. Mein Bruder war bei ihm, und diesem gab ich ein Zeichen, aus welchem er ersehen hat, daß ich mich hier befinde.«



»So wollen wir ja nicht säumen, sondern sofort angreifen!«



»Nein; wir werden vorher in Unterhandlung mit Abu el Mot treten.«



»Warum das? Sie haben keine Ahnung von unsrer Anwesenheit. Wenn wir plötzlich über sie herfallen, so wird der Schreck sie so lähmen, daß wir Sieger sind, ehe sie an Widerstand gedacht haben.«



»Selbst wenn diese deine Voraussetzung sich bewahrheitete, würde Menschenblut fließen, und das möchte ich vermeiden. Ich denke aber, daß die beiden Anführer der Karawane zwar überrascht sein, aber ihre Besinnung keineswegs verlieren würden. Das erste, was sie thun würden, wäre, daß sie deinen Vater und meinen Bruder töteten. Sollen wir diese beiden einer solchen Gefahr aussetzen?«



»Nein, Herr, nein,« antwortete der Jüngling schnell. »Aber wie willst du es denn anfangen, sie zu retten?«



»Das werdet ihr jetzt hören.«



Er teilte seinen Plan mit, und nach kurzer Beratung wurde derselbe angenommen, denn man sah ein, daß man nichts Besseres thun könne.



Nun setzten sich die Krieger in Bewegung, um die Schlucht zu umzingeln. Das geschah so leise und vorsichtig, daß die in derselben Befindlichen nichts davon bemerkten. Nach zehn Minuten war der Rand der Felsen rundum mit Leuten besetzt, welche für alles, was geschehen konnte, ihre bestimmten Weisungen erhalten hatten.



Von allen Untergebenen waren die Soldaten aus Faschodah jedenfalls die zuverlässigsten, und darum hatte Schwarz die Bestimmung getroffen, daß diese den Eingang zur Schlucht besetzen sollten. Der König, Hasab Murat und der »Vater der Hälfte« erhielten den Befehl über die Truppen, welche hier oben standen. Schwarz marschierte mit den Soldaten hinunter. Bei ihm befanden sich Pfotenhauer, der Slowak, der Hadschi und der »Sohn des Geheimnisses«. Der »Sohn der Treue« hatte bei seinem Vater oben bleiben wollen.



Dauwari und die beiden Homr wurden mitgenommen. Sie konnten infolge der Bastonnade den Berg nicht hinabsteigen und mußten getragen werden. Sie hatten die getroffenen Vorbereitungen beobachtet und wußten also, daß es für Abu el Mot keine Hoffnung auf Entkommen gab.



Die Sorglosigkeit, mit welcher dieser Mann heute verfuhr, war wirklich erstaunlich. Als Schwarz mit seinen Leuten unten ankam, sah er, daß nicht einmal der Eingang besetzt worden war. Er näherte sich demselben noch nicht, sondern blieb zunächst unter den Bäumen halten, um den genannten drei Gefangenen die notwendigen Weisungen zu erteilen.



»Ich gebe euch Gelegenheit, eure Sünden wenigstens so weit gut zu machen, daß ich euch später eure Freiheit zurückgeben kann,« sagte er zu ihnen. »Ich werde jetzt eure Fesseln lösen lassen, damit ihr zu Abu el Mot in die Schlucht gehen könnt. Eure Füße werden euch wohl für diese kurze Strecke tragen. Sagt ihm, daß er vollständig eingeschlossen ist; sagt ihm auch, welche Waffen wir tragen und wieviel Köpfe wir zählen. Das wird ihn veranlassen, klug und nachgiebig zu sein. Ich stelle ihm folgende Bedingungen: Er hat den Elefantenjäger und meinen Bruder sofort auszuliefern, und zwar nebst allem ihrem Eigentum, welches er ihnen abgenommen hat; ferner soll er sich selbst und Abd el Mot gefangen geben; thut er das, so soll beider Leben von uns geschont werden. Geht er auf diese Bedingungen ein, so werden wir alle seine Leute entlassen, ohne daß ihnen etwas Übles geschieht. Weist er aber meine Forderungen von sich, so werden wir keine Gnade walten lassen. Ihr selbst wißt sehr genau, daß die ganze Karawane sich in unsrer Gewalt befindet. Es ist zu eurem eigenen Vorteile, ihn zur Annahme meiner Bedingungen zu bewegen, da sein Schicksal auch das eurige sein wird. Fügt er sich, so werdet ihr frei; zwingt er uns aber zum Kampfe, so werdet ihr mit erschossen.«



Die drei blickten finster vor sich hin; sie waren überzeugt, daß Abu el Mot nicht auf diese Bedingungen eingehen werde. Darum meinte der eine Homr:



»Kannst du nicht andre Forderungen stellen, welche milder sind?«



»Welche denn? Es gibt keine milderen. Ich schenke euch allen das Leben, welches ihr verwirkt habt. Was wollt ihr mehr verlangen!«



»Ich bin überzeugt, daß er sich weigern wird.«



»So rennt er ins Verderben.«



»Dürfen seine Krieger erfahren, was du von ihm verlangst?«



»Ja. Es ist mir sogar sehr lieb, wenn ihr es ihnen mitteilt. Vielleicht besitzen einige von ihnen so viel Verstand, ihm zuzureden und zur Ergebung zu bewegen. Besonders von euch erwarte ich das ganz bestimmt. Euer Leben ist in eure eigene Hand gegeben.«



»Und auf welche Weise soll dir mitgeteilt werden, was er beschlossen hat?«



»Er mag mir einen Mann senden, welcher Vollmacht zur Unterhandlung hat.«



»Werdet ihr diesen nicht zurückbehalten?«



»Nein. Ich gebe dir die Versicherung, daß er, sobald es ihm beliebt, zurückkehren kann.«



»Er mag sein, wer er will?«



»Ja.«



»Wie aber, wenn Abu el Mot sich entschlösse, selbst zu kommen?«



»Ich würde selbst in diesem Falle mein Wort halten. Wir würden ihn als Parlamentär betrachten, dessen Person, Freiheit und Eigentum unverletzlich sind. Wir würden also seiner Rückkehr nicht das Geringste in den Weg legen. Ja, ich wäre sogar bereit, ihn umherzuführen und ihm unsre Stellung zu zeigen, damit er erkenne, daß Hartköpfigkeit ihn ins Verderben führen muß. Nun wißt ihr alles und könnt gehen.«



Er nahm ihnen die Fesseln ab und sie hinkten auf ihren verletzten Füßen davon. Sobald sie in dem Eingange verschwunden waren, wurde derselbe von den Soldaten besetzt. Eine Anzahl derselben mußten schleunigst Büsche fällen, mit denen er verbarrikadiert werden sollte. Auf diese Weise erhielt man Deckung gegen die feindlichen Kugeln, falls, was allerdings kaum zu erwarten war, Abu el Mot auf den Gedanken kommen sollte, eine sofortigen Angriff vorzunehmen.



Schwarz stellte sich mit Pfotenhauer so auf, daß er einen freien Blick in die Schlucht hatte. Er sah, daß die geraubten Neger nach dem hintern Teile derselben geschafft worden waren. Vorn waren die Sklavenjäger fleißig beschäftigt, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, welche bei der Errichtung eines Lagers gebräuchlich sind. Rechts oben auf dem Damme spannte man ein Zelt auf, welches jedenfalls für die beiden Anführer bestimmt war. Die Leute schwärmten wirr durcheinander, und jeder war so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß man zunächst das Nahen der drei Abgesandten gar nicht bemerkte und ebensowenig es beachtete, daß fremde Krieger sich vorn am Eingange festgesetzt hatten.



Nun aber waren die drei nahe hinzugekommen und sprachen einen der Jäger an. Schwarz sah, daß sie nach rückwärts zeigten. Der Blick des Mannes folgte dieser Richtung – – ein lauter Ruf des Schreckes und der Warnung, und aller Augen richteten sich nach dem Eingange, wo Schwarz seinen Soldaten befahl, die Gewehre anzulegen, als ob sie zu schießen beabsichtigten.



Jetzt gab es einen unbeschreiblichen Wirrwarr in der Schlucht. Man schrie; man eilte zu den Waffen, man rannte ratlos hin und her; jeder wollte etwas zu seiner Verteidigung, zu seinem Schutze thun, und wußte doch nicht was. Die drei Boten waren nicht mehr zu sehen; sie waren in dem Menschenknäuel verschwunden.



Da ertönte eine laute Stimme; sie klang dumpf und hohl, war aber durch die ganze Schlucht zu hören.



»Das ist Abu el Mot,« sagte Schwarz. »Er gebietet Ruhe.«



Das angstvolle Rufen und Laufen hörte auf; jeder blieb da stehen, wo er sich gerade befand. Schwarz gebot seinen Leuten, die Gewehre in Ruhe zu setzen. In der Schlucht herrschte jetzt die tiefste Stille, wohl eine ganze Viertelstunde lang; aber es schien das die Stille vor dem Sturme zu sein, denn jeder hatte seine Waffen ergriffen, und alle warfen den am Eingange Stehenden drohende Blicke zu.



Da gab sich eine kleine Bewegung zu erkennen. Die Leute wichen an einer Stelle zurück, und es trat ein Mann hervor, welcher sich langsam und zögernd den Belagerern näherte. Er hatte keine Waffen bei sich und trug als Zeichen des Friedens einen Palmenwedel in der Hand. Als er bis auf ungefähr zwanzig Schritte herangekommen war, blieb er stehen, schwenkte den Wedel und grüßte:



»Sallam! Darf ich zu euch kommen und frei wieder gehen?«



»Ja, denn ich habe es versprochen,« antwortete Schwarz. »Komm also getrost!«



Der Mann trat vollends herbei. Er war ein gewöhnlicher Askari, den Abu el Mot jedenfalls nur zur Probe abgesandt hatte, um zu erfahren, ob seine Gegner nicht vielleicht hinterlistig handeln würden.



»Mich sendet Abu el Mot,« sagte er. »Er möchte selbst mit euch sprechen und läßt fragen, ob er wirklich ohne Hindernis zurückkehren darf, falls er nicht einig mit euch wird.«



»Sage ihm, daß ich es versprochen habe und mein Wort halten werde.«



»Er soll also kommen?«



»Ja. Aber er darf keine Waffe bei sich haben, wie sich das ja ganz von selbst versteht.«



»So kehre ich zu ihm zurück, um ihm diese Botschaft auszurichten. Sallam!«



Er drehte sich um und schritt von dannen, zögernd und langsam; dann drehte er sich um, warf einen froherstaunten Blick zurück und rannte nun fort, als ob er einer ganz entsetzlichen Gefahr entgangen sei. Er hatte also doch nicht getraut, sondern vielmehr geglaubt, daß man ihn festhalten und nicht wieder fortlassen werde.



»Lieber Himmel, wirft dieser Kerl seine Beine, als ob er‘s extra bezahlt bekäm‘!« lachte Pfotenhauer. »Der ist höllisch froh, daß wir ihn nit aufg‘fressen haben.«



»Wer freßte Schlingel, solchen, der seinte nicht bei Sinnen, gesundheitlichen,« antwortete der »Vater der elf Haare«. »Da seinte viel besser ein Stück Braten, schweiniger, oder ein Schnitzel mit Paprika, kalbfleischiges. Schaunte Sie, schaunte! Da kommte Abu el Mot in Person, eigener.«



Er hatte recht. Die Schar der Sklavenjäger öffnete sich wieder, und der Genannte trat hervor. Seine lange, schmale Gestalt stolz und aufrecht haltend, kam er langsam und würdevoll näher. Er trug keine Waffe in seinen Händen und hielt den Blick zum Boden gerichtet. Erst als er fast unmittelbar vor Schwarz stand, blickte er auf.

 



»Sallam!« grüßte er ebenso kurz, wie vorhin sein Bote. »Ich hoffe, daß du dein Wort wahr machen und mich nicht zurückhalten wirst!«



»Wenn du meine Bedingungen erfüllt hast, ja.«



»Welche ?«



»Unbewaffnet zu kommen.«



»Schau her! Oder laß mich untersuchen, ob auch nur eine Nadel zu finden ist!«



Er schlug seinen Haïk auseinander. Schwarz winkte ab und antwortete:



»Ich glaube dir. Du kannst also, sobald unser Gespräch zu Ende ist, zu den Deinen zurückkehren.«



»Auch wenn ich nicht auf deine Wünsche eingehe?«



»Auch dann.«



»So wollen wir hinausgehen und draußen beraten!«



Er wollte sich zwischen dem Felsen und dem Buschwerke, mit welchem der Eingang schon hoch angefüllt war, vorüberdrängen; Schwarz aber wies ihn zurück und sagte:



»Halt! So schnell geht das nicht. Wenn du heraus willst, so sind besondere Vorsichtsmaßregeln nötig.«



»Welche denn?« fragte Abu el Mot im Tone beleidigten Erstaunens.



»Ich müßte dir die Hände auf den Rücken binden.«



»Warum?«



»Damit du nicht entfliehen kannst.«



Der Sklavenjäger lachte höhnisch auf.



»Entfliehen? Was fällt dir ein! Ich werde fliehen, wo ich überzeugt bin, daß ihr in meine Hände gegeben seid und ich endlich Rache nehmen kann! Du hast ja gehört, daß ich die Bedingung gestellt habe, zurückkehren zu können!«



»Das überzeugt mich noch nicht.«



»Aber, wie könnte ich euch denn entkommen? Selbst wenn es mir dadurch gelänge, daß ich schnell in die Büsche spränge, so hätte ich damit allem meinem Eigentume entsagt und müßte, da ich weder Waffen noch sonstiges bei mir trage, in dieser Wildnis elend umkommen.«



»Pah! Du würdest dich einige Tage lang von Früchten nähren und irgend eine Seribah aufsuchen. Übrigens aber bist du nicht so arm und so waffenlos, wie du es scheinen lassen willst.«



»Wieso ?«



»Du hast nur die Sklaven bei dir. Wo aber sind die geraubten Herden?«



Über das todeshagere Gesicht des Alten ging ein ärgerliches Zucken, dann antwortete er, abermals lachend:



»Herden? Ich begreife dich nicht!«



»Könnte einer von uns beiden den andern nicht begreifen, so müßte ich es sein. Ich verstehe nämlich nicht, mich nach allem, was du erlebt und erfahren hast, noch immer für einen dummen Menschen zu halten. Wenn ihr euch auf der Sklavenjagd befindet, so nehmt ihr nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere und alles, was irgend einen Wert für euch hat. Ich bin überzeugt, daß ihr euch die Herden von Ombula angeeignet habt. Abd el Mot ist von dort aus sogar noch weiter gezogen und wird auch dort noch reiche Beute gemacht haben.«



»Du irrst. Wir haben nur Sklaven gemacht. Hätten wir auch Pferde, Rinder, Schafe und Kamele, so würdest du dieselben doch bei uns sehen.«



»Glaube nicht, mich irre machen zu können. Du wolltest uns hierher locken, um uns zu vernichten. Dabei wären dir die Herden im Wege gewesen. Darum und weil sie dich außerdem am schnellen Fortkommen hinderten, hast du sie zurückgelassen.«



»Welche Klugheit, welche großartige Klugheit du da entwickelst!« höhnte Abu el Mot. Aber es war ihm anzusehen, daß dieser Hohn ihm nur als Maske diente, seinen Ärger und seine Enttäuschung zu verbergen.



»Wenn es dir also gelänge, uns jetzt zu entkommen,« fuhr Schwarz fort, »so würdest du zu diesen Herden eilen. Die Leute, welche du zur Bewachung derselben zurückgelassen hast, könnten dich mit Waffen versehen. Es würde dir dann leicht sein, den heutigen Verlust zu verschmerzen und dein altes, verbrecherisches Leben von neuem zu beginnen .«



»Und das willst du wohl nicht dulden?«



»Allerdings nicht.«



»So! Wer hat dich zum Richter über mich gesetzt?«



»Das Gesetz, welches in diesen Gegenden das herrschende ist.«



»Ich lache deiner! Mir wurde gesagt, du habest so viele Krieger bei dir, daß es dir leicht sei, uns hier in der Schlucht zu erdrücken. Kannst du das beweisen?«



»Sehr leicht.«



»Womit?«



»Dadurch, daß ich dich rund um die Schlucht führe, um dir zu zeigen, daß du vollständig eingeschlossen bist.«



»So thue es!«



»Gern, doch nur unter der Bedingung, daß du dir die Hände binden lässest.«



»Was fällt dir ein! Ich, Abu el Mot, soll mir die Hände binden lassen! Bist du toll!« brauste der Alte auf.



»Mäßige dich!« warnte Schwarz. »Wenn du grob wirst, so s