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Old Surehand III

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Man kann sich denken, was der Häuptling für Augen machte, als er wieder zu sich kam und Old Surehand frei, sich aber gebunden sah! ich hatte dafür gesorgt, daß er für unser Interesse gewonnen wurde. Kolma Puschi saß bei ihm und klärte ihn auf. Sie erzählte ihm, was der General alles an ihr verbrochen hatte, denn ich war nun gezwungen gewesen, ihr zu versichern, daß dieser kein anderer als Dan Etters sei. Sie sagte ihm auch, daß sein jetziger Verbündeter damals ihren Bruder erschossen und sie auf dessen Grabe festgebunden habe. Damit gewann sie ihn schon mehr als halb für sich und uns; als sie ihm aber in meinem Auftrage mitteilte, daß wir eigentlich gekommen seien, den schauderhaften Tod Old Wabbles und der Tramps an den Utahs zu rächen, von dieser Rache aber absehen würden, falls sie sich von dem Generale ab- und uns zuwendeten, da erklärte er so laut, daß wir es alle hörten:

»Wenn ihr uns das versprecht, werden wir ihn nicht länger beschützen; aber wir haben ihm versprochen, seine Brüder zu sein, und darauf habe ich das Kalumet mit ihm geraucht; darum ist es uns verboten, seine Feinde zu sein. Es ist uns also nur möglich, das zu thun, was ich euch sagen werde: Wir entfernen uns jetzt gleich von hier und ziehen durch den Wald zurück bis in den Park hinaus; am Morgen reiten wir dann weiter. Ihr seid also Herren dieses Weges, auf welchem er kommen muß, und könnt ihn ergreifen und mit ihm machen, was euch beliebt. Tusahga Saritsch hat gesprochen. Howgh!«

Weder Winnetou noch ich glaubte, ihm ganz trauen zu dürfen, aber Kolma Puschi stand für ihn ein, und so bedachten wir uns nicht lange und nahmen seinen Vorschlag an. Noch war keine halbe Stunde vergangen, so zogen sie, ihre Pferde führend und mit Feuerbränden in den Händen, durch das Dunkel des Waldes ab, und wir gaben ihnen Kolma Puschi mit, welche uns nach ihrer Rückkehr meldete, daß die Utahs wirklich fort seien und keine hinterlistige Absicht gegen uns hegten. Nun löschten wir das Feuer aus und legten uns schlafen; die Wache im Engpasse wurde aber die ganze Nacht unterhalten. Old Surehand schien, ohne gefragt zu werden, uns nicht sagen zu wollen, wie er wieder in die Hände der Utahs geraten war; wir aber wollten ihn nicht durch Fragen kränken, und so wurde die Sache totgeschwiegen.

Wir warteten fast den ganzen Vormittag, ohne daß der General kam; da stieg der Gedanke in uns auf, daß wir von den Utahs belogen worden seien. Es war ja möglich, daß er gar nicht nach dem Devils-head geritten war. Es blieb uns keine andere Wahl: wir mußten hin.

Es war das zu Pferde ein außerordentlich schwieriger Weg. Harbour hatte recht gehabt, als er ihn als solchen beschrieb. Es ging immer zwischen ganz engen Felsenwänden oder an Abgründen hin, Kolma Puschi als Führerin voran. Wir mußten die größten Anforderungen an unsere Pferde stellen. Wir waren schon über zwei Stunden so geritten, als Kolma Puschi sagte, daß es nur noch eine gute halbe Stunde dauern werde. Kaum hatte sie das gesagt, so ertönte vor uns ein Ruf. Wir sahen einen Reiter, welcher um eine Biegung herum uns entgegen kam; es war der General. Sein erster Ruf hatte unserer Führerin gegolten, an welcher sein Auge voll Entsetzen hing. Dann erblickte er mich, der ich hinter ihr ritt.

»Alle tausend Donnerwetter, Old Shatterhand!« schrie er auf.

Er lenkte sein Pferd um, wozu er grad noch Raum hatte, und verschwand.

»Ihm nach! Rasch, schnell! Was das Pferd laufen kann!« rief ich Kolma Puschi zu. »Wenn er uns jetzt entkommt, sehen wir ihn nie wieder!«

Sie spornte ihr Pferd an, und nun begann eine so halsbrecherische Jagd, daß mir noch jetzt graust, wenn ich daran denke. Wir waren hinter ihm; aber er trieb sein Pferd zu rasender Eile. Bald sahen wir ihn und bald nicht, je nachdem der Weg in gerader Richtung ging oder sich krümmte. Winnetou folgte mir. Noch nicht eine Viertelstunde hatte diese Hetze gedauert, so öffnete sich der Engweg auf einen breiten Querpaß. Der General lenkte rechts um. Kolma Puschi folgte ihm, drehte sich aber um und rief mir zu:

»Einige nach links, ihm entgegen!«

Ich lenkte also nach dieser Richtung und bedeutete Winnetou:

»Du wieder rechts! Wir zwei sind genug!.«

Die beiden Wege führten, wie aus Kolma Puschis Verhalten zu schließen war, später jedenfalls wieder zusammen, und so mußten wir den Flüchtling zwischen uns bekommen. ich ritt so schnell, wie der Weg es erlaubte, wieder zwischen Felsen hin, welche höher und immer höher wurden, und nahm, um für alles gerüstet zu sein, den Stutzen in die Hand.

Jetzt erreichte ich eine Stelle, wo links ein tiefer Abgrund gähnte und rechts eine tief eingeschnittene, natürliche‘ Schneuße fast gradlinig in die Höhe führte. Da hörte ich den Galopp eines Pferdes, welches mir entgegenkam. Es erschien um die Rundung, der Reiter war der General. Er sah den Abgrund an der Seite, mich mit dem Gewehre vor sich und stieß einen gräßlichen Fluch aus. Fast noch im Galoppe, warf er sich vom Pferde herunter und sprang in die Schneuße. Ich konnte ihn erschießen, wollte ihn aber lebendig haben. Da erschienen auch zunächst Winnetou und Kolma Puschi, welche, wie ich auch, ihre Pferde parierten.

»Hier hinauf ist er!« rief ich. »Kommt nach, kommt nach!«

»Das ist das Devils-head,« antwortete Kolma Puschi. »Da giebt es keinen andern Weg als diesen. Er ist unser!«

Nun ging ein Klettern los, welches einem Gemsjäger Ehre gemacht hätte. Der General war uns nur wenig voraus. Sein Gewehr hinderte ihn; er warf es fort. Ich hatte nur den Stutzen übergehängt, den Bärentöter aber unten gelassen. So arbeiteten wir uns höher und immer höher. Die Schneuße wurde enger und hörte da auf, wo ein schmaler Steinsims seitwärts führte. Auf diesem klimmte der General weiter; ich folgte ihm. Es war zum Schwindeln. Der Sims hatte eine Unterbrechung; es galt einen Sprung von fast Manneslänge. Der Flüchtling wagte ihn in seiner Angst; er erreichte auch den jenseitigen Stein; aber dieser hing nicht fest mit der Felsenmauer zusammen; er brach los und stürzte, verschiedentlich aufpolternd, mit dem Generale in die Tiefe. Ich wendete mich zurück.

»Kehrt um; er ist abgestürzt!« rief ich nun den beiden zu.

Nun ging es mit ebenso großer Hast den Weg zurück, auf welchem wir heraufgeklettert waren. Unten angekommen, sprangen wir auf die Pferde und jagten zurück. Nach kurzer Zeit schon sahen wir unsere Kameraden. Sie standen bei einem Haufen abgestürzter Felsentrümmer. Der Stein hatte andere, noch viel größere, auch nicht fest eingefugte Stücke, mit herabgerissen, und unter dem größten dieser Stücke, welches sicher vierzig Zentner wog, lag der General. Sein Oberkörper, von den Rippen an, war frei; die untere Hälfte lag unter dem Steine, jedenfalls zu Mus zermalmt. Er fühlte jetzt nichts; er hatte das Bewußtsein verloren.

»Mein Himmel!« rief ich aus. »Genau wie Old Wabble! Der Unterleib eingepreßt! Welch eine Vergeltung!«

»Und hier! Seht her!« sagte Kolma Puschi, indem er auf die Felswand deutete. »Was seht Ihr da? Was steht da zu lesen, von meiner Hand eingegraben?«

Wir sahen Figuren, zwischen ihnen ein Kreuz, und unter diesem stand zu lesen: An dieser Stelle wurde der Padre Diterico von J. B. aus Rache an seinem Bruder E. B. ermordet. Darunter war eine Sonne mit den Buchstaben E. B. zu sehen. Es lief mir kalt über den Rücken. Ich fragte Kolma Puschi:

»Ist das das Felsengrab?«

»Ja. Diese Unterschrift ist mein Name E. B. Emily ist nämlich mein christlicher Name. Dieser Mann liegt grad auf dem Grabe meines Bruders, genau da, wo er mich damals festgebunden hatte, und wo ich im Kampfe mit ihm meinen Trauring verlor.«

»Einen Trauring? Ist es dieser?«

Ich zog den Ring vom Finger und reichte ihn ihr. Sie sah ihn an, las die innere Schrift und rief jubelnd aus:

»E. B. 5. VIII 1842. Er ist‘s; er ist‘s! Meinen Ring habe ich wieder, meinen Ring! Wo habt Ihr ihn her, Mr. Shatterhand?«

»Dem General abgestreift, als er in Helmers Home am Rande des Llano estacado fünfzig Hiebe aufgezählt bekam.«

»Welch ein Zufall, – welch ein Zufall!«

»Das ist kein Zufall,« sagte da Old Surehand. »Wer hier nicht zu der Erkenntnis kommt, daß es einen Gott giebt, und wer hier nicht glauben und nicht beten lernt, der ist ewig verloren! Ich glaubte und betete lange, lange Jahre nicht mehr; jetzt habe ich es aber wieder gelernt.«

»Die Belohnung wird auch gleich folgen,« sagte ich. »Sagt mir nun endlich einmal aufrichtig, seit wann Ihr nicht mehr gebetet habt!«

»Seit mein Pflegevater Wallace mir erzählte, was sich in meiner Familie erreignet hat. Seit jener Zeit suche ich nach meiner Mutter, nach ihrem Bruder und ihrer Schwester.«

»Und warum seid Ihr jetzt hier herauf?«

»Es wurde bei Wallace ein Brief für mich abgegeben, der mich für den sechsundzwanzigsten September nach dem Devils-head bestellte; ich sollte aber keinem einzigen Menschen etwas davon sagen.«

»Dieser Brief war von dem Generale hier. Er hat Euch im Llano erkannt und nach Euch geforscht. Er wollte Euch verderben; er lockte Euch hierher, um Euch wahrscheinlich zu ermorden.«

»Dieser General hier? Was hat denn der mit diesen Angelegenheiten zu thun?«

»Dieser General ist Dan Etters, den Ihr suchtet.«

»Dan Etters – – —?! Herrgott, ist‘s wahr?«

»Ja. Ich kann es Euch sogleich beweisen. Ihr habt doch auch gute Westmannsaugen. Seht doch seinen Mund! Er steht weit offen, und hier— – —!«

Ich griff dem Zermalmten in den Mund und zog die künstliche Gaumenplatte mit zwei Oberzähnen heraus.

»Das sind falsche Zähne,« fuhr ich fort. »Seht Ihr nun die Zahnlücken?«

Welch ein Erstaunen gab das jetzt! Ich ließ sie aber nicht zu Worte kommen und sprach weiter:

»Ich sprach davon, daß der Lohn für Eure Umwandlung schon gegeben sei. Ihr heißet Leo Bender, und hier steht Eure Mutter.«

Die hierauf folgende Scene ist unmöglich zu schildern. Ich wurde umdrängt, gefragt, gedrückt – – – ; ich floh davon und blieb fort, bis ich einen langgezogenen, ganz entsetzlichen Schrei hörte, der mich zurücktrieb. Dan Etters war zur Besinnung gekommen und ließ ein Brüllen hören, gegen welches dasjenige Old Wabbles ein Pianissimo war. Es war mit ihm kein Wort zu reden; er hörte nicht; er brüllte nur, nicht wie ein Löwe, sondern wie eine Schar wilder Tiere, in allen Höhen- und Tiefenlagen. Es war nicht auszuhalten. Wir mußten uns entfernen. Geholfen konnte ihm nicht werden, denn es war vollständig unmöglich, den Fels zu heben, um ihn unter demselben hervorzuziehen. Er mußte an Ort und Stelle sterben, grad so wie er da lag, am Schauplatze seiner Mordthat. Später, als wir ihn nicht mehr hörten, gingen wir wieder hin. Da hatte er die Zähne fest zusammengebissen und starrte uns mit unbeschreiblich tierischen, nein, viehischen Augen an.

 

»Dan Etters, hört Ihr mich?« fragte ich ihn.

»Old Shatterhand! – Sei verdammt!« antwortete er.

»Habt Ihr einen Wunsch?«

»Verdammt in alle Ewigkeit, du Hund!«

»Der Tod hält Euch gepackt. Ich möchte mit Euch beten!«

»Beten? Hahahahaha! Willst du nicht lieber – «

Es war gräßlich, unmenschlich, was er sagte!

Ich fragte trotzdem weiter; andre fragten, baten, ermahnten und warnten ihn. Er hatte nur Flüche und Lästerungen zur Antwort. Um nicht das Allerschlimmste hören zu müssen, gingen wir fort. Da begann er, wieder zu brüllen. Was für Schmerzen mußten das sein, die ihm ein solches Geheul entlockten! Und doch ließ er sich nicht durch sie zur Reue führen; er wurde nur noch verstockter.

Wir nahmen unser Lager so weit von ihm, daß wir sein Geschrei nur wie ein fernes Windsgeheul hörten. Dort wurde nun erzählt, den Rest des Nachmittages, den Abend und die ganze Nacht hindurch; wovon und worüber, das läßt sich ja denken. Es gab noch gar manche Frage und manches Rätsel; aber derjenige, der sie lösen und beantworten konnte, war teuflisch genug, uns alle Auskunft zu verweigern, Dan Etters nämlich. Er wurde des Abends und auch in der Nacht öfters aufgesucht, aber wir erhielten nur Flüche und höhnisches Gelächter zur Antwort. Sogar mit Wasser erquicken ließ er sich nicht; als ich versuchte, dies zu thun, spie er mir in das Gesicht. Dann brüllte und heulte und lästerte er wieder längere Zeit, bis wir am Morgen fanden, daß er gestorben war, gestorben nicht wie ein Mensch, sondern wie – wie —wie, es fehlt mir jeder Vergleich; es kann kein toller Hund, kein Vieh, auch nicht die allerniedrigste Kreatur so verenden wie er. Old Wabble war ein Engel gegen ihn. Wir haben ihn liegen lassen, so wie er lag, und einen Steinhügel darüber gehäuft. Kann Gott seiner armen Seele gnädig sein? Vielleicht doch – doch – – doch – – – doch!

Und nun das Ende, lieber Leser? Ich weiß, du möchtest recht ausführliche Auskunft über jede einzelne Person haben, aber wollte ich sie dir geben, so würde ich mir vorgreifen und mich um die Freude bringen, dir in einem der folgenden Bände noch mehr von ihnen erzählen zu können. Nur über Tokbela muß ich dich beruhigen. Ihr Wahnsinn ist in eine stille Melancholie übergegangen, welche sie nicht hindert, an allem, was ihre Umgebung betrifft und bewegt, innigen Anteil zu nehmen. »Ihr Geist ist wieder bei ihr.«

Auch von Dick Hammerdull und Pitt Holbers wirst du noch hören. Diese beiden lieben Kerle nämlich – – – doch ob sie sind, oder ob sie nicht sind, das ist ja ganz egal, wenn sie nur noch sind!