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Satan und Ischariot II

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Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

»Denkst du, daß sie sich wehren werden?«

»Nein. Ich habe mit ihrem Häuptling gesprochen.«

»So ergeben sie sich?«

»Ich denke es. «

»So sterben sie nun doch am Marterpfahle!«

»Das glaube ich nicht. Denn bietest du ihnen nichts als den Marterpfahl, so werden sie sich nicht ergeben, sondern wehren bis auf den letzten Mann.«

»Das mögen sie thun!«

»So kostet es viel, sehr viel Blut.«

»Sprich doch nicht immer vom Blut! Mögen sie erschossen werden!«

»Und viele deiner Krieger auch!«

»Schwerlich! Der Kampf wird nur einige Augen- Augenblicke währen. Bedenke, welche Macht wir gegen sie haben. Ich mit meinen Mimbrenjos, Winnetou und du mit deinen Bleichgesichtern, und die »listige Schlange« mit dreihundert Kriegern, die zu dir halten!«

»Ja, sie werden zu mir halten, aber gegen dich.«

»Was soll das heißen?«

»Das soll heißen, daß ich dem »großen Munde« sowie allen seinen Leuten Gnade versprochen habe.«

»Gnade? Wie durftest du das! Befanden sie sich in meiner Hand oder in der deinigen?«

»Zunächst in der meinigen. Willst du sie etwa wieder zum Marterpfahle führen und unterwegs entfliehen lassen? Oeffne deine Augen, um zu sehen, wie es steht! Ich helfe nicht, sie niederzumetzeln, und Winnetou auch nicht; da kennst du uns. Der Häuptling »listige Schlange« wird, wenn er deine Absicht erkennt, augenblicklich dem »großen Munde« helfen. Denke ja nicht, daß er eines Zerwürfnisses wegen seinen bisherigen Feinden, den Mimbrenjos, hilft, seine Brüder, die Yumas abzuschlachten! Ein Friedensschluß aber bringt allen Segen, euch und ihnen, und du machst gute Beute dabei.«

»Beute? Hast du ihnen denn nicht auch versprochen, daß keine Beute gemacht werden solle? Das sollte mich sehr wundern!«

»Nur Gnade, also das Leben, habe ich ihnen versprochen, weiter nichts. Gegen das Beutemachen habe ich nichts einzuwenden, ja ich rate dir sogar dazu. Nimm ihnen ihre Waffen und Pferde, so sind sie geschwächt für lange Zeit. Was der »große Mund« in der letzten Zeit gesündigt hat, darf nicht ohne Strafe bleiben.«

»So sprich mit der »listigen Schlange«, was sie dazu sagt!«

Das that ich denn auch und fand den Boden dazu sehr gut vorbereitet. Ich hatte schon längst bemerkt, daß der junge und ehrliebende Häuptling eifersüchtig auf den alten war. Dazu kam die Kränkung, welche er während der vergangenen Nacht von ihm erfahren hatte, und die Trennung der Krieger des einen Stammes von denen des andern. Wenn die Mimbrenjos Beute nahmen, so wurde der »große Mund« in seinem Vermögen und Ansehen schwer geschädigt; das sah »listige Schlange« sehr wohl ein. Diejenigen, welche sich von dem Alten getrennt hatten, mußten dann ihm zufallen; sein Anhang wuchs, und es konnte leicht kommen, daß er bald an Stelle des »großen Mundes« zum Kriegshäuptling ernannt wurde, was ihn, wie er wohl hoffte, auch in den Augen der Jüdin einige Stufen höher hob. Darum antwortete er, als ich ihn fragte, was er wohl meine, was mit dem »großen Munde« und seinen Leuten geschehen werde:

»Thut, was ihr wollt, nur tötet sie nicht. Auch ihrer Gefangennahme würde ich mich widersetzen, denn sie sind meine Brüder.«

»Du weißt, was der »große Mund« begangen hat, und giebst wohl zu, daß er Strafe verdient hat?«

»Das geht mich nichts an, denn ich habe ihm bei dem, was du bestrafen willst, beistehen müssen. Nehmt ihm alles ab, und laßt ihn dann mit seinen Leuten laufen!«

Diesen Bescheid brachte ich dem »starken Büffel«, welcher mir die fatale Bitte vorlegte, zu dem Alten zu gehen und die Kapitulation abzuschließen. Es war mir aber interessant, ihn zu beobachten, wenn er jetzt sein Schicksal aus meiner Hand nehmen mußte, der ich von ihm auch schon für den Marterpfahl bestimmt gewesen war.

Als ich zu ihm kam, befand er sich inmitten seiner Krieger, welche mich mit nicht sehr freundlichen Blicken betrachteten. Sie hatten ihre Waffen noch; darum war es beinahe ein Wagnis, daß ich den »großen Mund« nicht hatte zu mir kommen lassen, sondern zu ihm gegangen war.

»Du willst mir sagen, was beschlossen worden ist?« fragte er.

»Zunächst will ich dir sagen, daß ich für euch gesprochen habe, obgleich du es nicht um mich verdient hast. Du stehst allein, denn »listige Schlange« hat sich von dir gewendet, weil du ihn einen Feigling nanntest. Der »starke Büffel« bestand darauf, euch an den Marterpfahl zu führen; ich redete es ihm aus. Dann wollte er euch wenigstens als Gefangene mit sich führen, um euch den Weibern der Mimbrenjos zu zeigen; auch darauf hat er verzichtet. Weiter aber darfst du nichts verlangen.«

»Die Freiheit aber bekommen wir?«

»Ja. Ihr könnt gehen, wann ihr wollt und wohin ihr wollt.«

»So werden wir augenblicklich fortreiten!«

»Reiten? Eure Pferde gehören den Siegern.«

»Sie wollen also Beute haben?«

»Natürlich! Oder meinst du, daß dir alles geschenkt werden muß, was du auf dem Gewissen hast? Die Yumas sind gute Menschen und wackere Krieger; das habe ich an der »Listigen Schlange« erfahren; aber wenn sie von ihrem obersten Häuptlinge auf falsche Wege geführt werden, so dürfen sie sich nicht wundern, daß mit seinem Zelte auch die ihrigen eingerissen werden. Raub, Mord, Brandstiftung, Verwüstung von Ländereien, gewaltsame Vergrabung vieler Menschen tief unter die Erde, das sind Dinge, die du dir gewiß nicht ungestraft gefallen lassen würdest. Da aber du sie begangen hast, sollen sie wohl belohnt werden? Du hörst, daß ich nicht im Hasse, im Zorne mit dir rede, sondern mit Freundlichkeit. Du bist alt; es thut mir wehe, zu sehen, daß deine letzten Tage keine schönen sein werden. Führe deine tapfern Krieger auf besseren Wegen, wie sie die »listige Schlange« geht; dann kannst du, wenn Manitou dich ruft, fröhlich nach den ewigen Jagdgründen gehen, und dann können deine Männer mit mehr Stolz und mit größerer Freude als jetzt auf ihr Leben und ihre Thaten blicken. Old Shatterhand meint es gut mit dir und ebenso gut mit ihnen. Der erste Schritt, den ihr vorwärts thut, wird euch freilich schwer werden, denn er besteht darin, daß ihr euch jetzt in das Unvermeidliche fügt. Der »starke Büffel« hat euch die Freiheit und das Leben geschenkt; soll er auch noch auf die Beute verzichten? Das könnt ihr nicht verlangen!«

»Er hat sie schon groß genug gemacht!« murrte er.

»Wo denn und wie?«

»Du nahmst uns die Herden des Haziendero ab. Es gelang uns, zu entkommen, und wir holten sie uns wieder. Da wir hier herauf mußten, haben wir sie mit einigen Leuten zurückgelassen. Jetzt sehen wir, daß die Mimbrenjos uns gefolgt sind, und da ist es sicher, daß sie die Herden wieder haben. «

»Ich habe mit dem »starken Büffel« noch nicht darüber gesprochen; aber wenn es so ist, dann darfst du doch nicht von Beute sprechen, denn die Tiere gehören nicht den Mimbrenjos, sondern dem Haziendero und werden demselben zurückgegeben werden. Frage dich selbst, und gieb eine ehrliche Antwort, was du an Stelle des »starken Büffels« thun würdest. Du würdest nicht von der Beute lassen. Ja, du würdest keine Gnade geben, sondern die Gefangenen nach deinen Weideplätzen schleppen. Du verlangst also von ihm noch viel, viel mehr, als du selbst thun würdest, wenn du dich an seiner Stelle befändest.

Seid also klug, denn wenn ihr euch weigert, nimmt er wohl gar das Wort zurück, welches er mir gegeben hat, und führt euch als Gefangene fort! Und noch eins: Ihr befindet euch auf streitigem Lande. Wie nun, wenn er jetzt von euch verlangt, daß es von jetzt an nur den Mimbrenjos gehören soll? Ihr müßtet euch fügen, denn ihr seid in seiner Gewalt. Laßt es also nicht noch zu solchen Forderungen kommen, sondern bringt lieber das kleine Opfer, um größern Schaden zu vermeiden.«

Eine so freundlich eindringliche Redeweise waren die rohen Menschen nicht gewöhnt; darum machte dieselbe einen desto tiefern Eindruck auf sie. Es war ein kleiner diplomatischer Zug von mir gewesen, den Zorn der Krieger auf ihren Häuptling zu lenken als auf denjenigen, der sie verführt hatte; das war eine gerechte Strafe für ihn und konnte meinem Freunde »listige Schlange«, der sich so treu erwiesen hatte, von Vorteil sein. Kurz und gut, ich brachte es dahin, daß sie sich wenigstens ohne äußern Widerstand darein fügten, ihr Eigentum in die Hände der Mimbrenjos übergehen zu lassen, und freute mich darüber, dem »starken Büffel« dieses Resultat melden zu können. Sie gaben ihre Waffen ab und mußten dann zusehen, wie ihre Pferde zusammengetrieben wurden. Eine Milderung, welche der »starke Büffel« auf meine Befürwortung hin noch eintreten ließ, lag darin, daß sie alles behalten konnten, was sie in den Taschen bei sich trugen. Dann hielten sie es für geraten, abzuziehen, wobei sich gleich zeigte, daß meine lobende Erwähnung der »listigen Schlange« auf einen guten Boden gefallen war, denn viele von den Kriegern des Alten gingen nicht mit ihm, sondern traten zu der Schlange über und baten, von jetzt an zu seinem Stamme gezählt zu werden. Er sagte ihnen das zu, und ich brachte es soweit, daß sie ihre Waffen und Pferde wieder erhielten, worüber sie sich selbstverständlich außerordentlich freuten.

Der »große Mund« war darüber sehr erbost; er sah seinen Einfluß schon jetzt schwinden und konnte sich sagen, daß derselbe in Zukunft wohl noch mehr abnehmen werde. Darum ging er nicht, wie ich erwartet hatte, ohne Abschied von dannen, sondern kam vor dem Abmarsche noch zu uns, um uns eine Rede zu halten, welche besonders an meine Adresse gerichtet war. Er brachte dabei seine Aeltesten mit, um ihnen zu zeigen, daß er, wenn auch nicht mehr die materielle, so doch noch die innere Kraft besitze, sich als unsern Feind zu betrachten.

Als er mit seinen sechs oder sieben hervorragendsten Kriegern kam, saßen wir gerade bei der Beratung über die weitere Richtung unsers Zuges; es waren also die angesehensten Personen, die sich bei uns befanden, beisammen. Ich sah ihn kommen, dachte mir sogleich, was er wolle, und gab den Befehl, die beiden Söhne des »starken Büffels« herbeizuholen und den Platz, sobald der Alte mit seinen Begleitern bei uns stehe, durch Mimbrenjos einzuschließen. Als er bei uns anlangte, lud ich ihn ein, sich zu uns zu setzen; er lehnte das aber durch eine abwehrende Bewegung seiner Hand ab, nahm die Haltung eines Redners an und sprach, während die Mimbrenjos den anbefohlenen Kreis um uns zu bilden begannen, in sehr erhobenem Tone:

 

»Das Glück des Krieges ist ein Weib, welches heute lacht, morgen weint und übermorgen wieder lacht. Das Weib ist dem »großen Munde« stets hold gewesen, so lange er es mit Feinden zu thun hatte, welche Söhne unsers Landes waren, die ich also kannte und von denen ich wußte, welche Waffen sie führten, wie sie sich verteidigen würden und wie ich also meine Angriffspläne zu entwerfen und auszuführen hatte. Ich wurde als großer Krieger bekannt; mein Ruhm wuchs von Tag zu Tag; meine roten und weißen Feinde fürchteten mich, und meine Freunde fühlten sich sicher und geborgen unter meinem Schutze. Da aber kamen fremde Männer, die nicht in dies Land gehören. Sie hatten kein Recht, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen; aber sie thaten es doch, Old Shatterhand und Winnetou. Man hätte die Eindringlinge sofort töten oder wenigstens über die Grenze treiben sollen. Sie führten Waffen bei sich, mit denen die unserigen nicht zu vergleichen sind. Wer kann gegen die Silberbüchse des Apatschen und den Bärentöter Old Shatterhands aufkommen! Und der letztere besitzt dazu gar noch ein Zaubergewehr, mit welchem er immerfort schießen kann, ohne laden zu müssen. Was sind dagegen unsere Pfeile und Lanzen, unsere Messer und die wenigen Flinten, welche die Yumas besitzen! Auch führen die Leute den Krieg in einer Weise, welche wir nicht kennen. Sie sind voller Heimtücke und List und treten immer gerade da auf, wo man sie am wenigsten erwartet. Sie stehen noch dazu mit bösen Geistern im Bunde, welche sich gegen die roten Männer feindselig verhalten, weil dieselben ehrliche und gute Menschen sind. Darum sind alle meine Pläne, seit diese beiden Menschen in das Land kamen, zunichte geworden; ich habe mich besiegen lassen müssen und muß jetzt die Füße nehmen, um ohne Pferde und Waffen heimzukehren. Aber Winnetou und Old Shatterhand werden nicht hier bleiben, und dann wird das Glück sich mir wieder zuwenden. Diejenigen, welche jetzt Sieger sind, werden dann die Besiegten sein und unter unsern Fäusten heulen wie die Hunde, welche sehen, daß sie geschlachtet werden sollen. Denn ich sage es, ich, der »große Mund«, der oberste Häuptling der Yumakrieger: Ich werde das, was jetzt geschehen ist, nicht vergessen und diejenigen, welche heute über mich triumphieren, unter meine Füße treten und vernichten. Und dann wird es keine Gnade und Barmherzigkeit geben, und diejenigen, welche mir heute abtrünnig geworden sind, werden die ersten sein, welche unter unsern Messern sterben. Old Shatterhand und Winnetou aber mögen sich hüten, jemals in meine Nähe zu kommen, denn ich würde sie ergreifen und bei lebendigem Leibe schinden lassen, so daß ihr Jammer und Wehklagen durch alle Thäler und über alle Berge tönen müßte. Die ältesten meines Stammes werden mir das bezeugen, denn sie sind mit mir einverstanden. Ich habe gesprochen, Howgh!«

»Howgh!« riefen auch die Aeltesten, um zu zeigen, daß sie wirklich seiner Ansicht seien.

Sie drehten sich um, um sich zu entfernen, sahen aber, daß sie eingeschlossen waren. Darum fragte der Alte in zornigem Tone:

»Warum hat man uns mit bewaffneten Kriegern umzingelt? Will man etwa Verrat gegen uns üben und den Vertrag nicht halten, den man mit uns abgeschlossen hat?«

»Wir sind keine Verräter,« antwortete Winnetou. »Die Krieger, welche euch umgeben, sollen nur eine Aufforderung an euch sein, noch ein wenig zu verweilen, um das zu hören, was wir auf deine Worte zu erwidern haben. Mein Bruder Old Shatterhand mag sprechen, denn der Häuptling der Apatschen ist ein Freund der Thaten, aber nicht der Worte!«

Ich folgte der Aufforderung, indem ich aufstand und, zu dem Alten gewendet, sprach:

»Der »große Mund« hat uns eine Rede zu hören gegeben, welche voller Unvorsichtigkeit und Irrtum ist.

Unvorsichtig ist er gewesen, indem er mißachtet hat, daß wir mit großer Schonung gegen ihn und seine Leute verfahren sind. Wir haben ihnen das Leben und die Freiheit geschenkt; aber er sagt uns in das Gesicht, daß er uns schinden werde. Ich habe vorhin sehr gute Worte zu ihm gesprochen und ihn ermahnt, bessere und freundlichere Wege einzuschlagen, und höre jetzt, daß die Mahnung keine Frucht tragen werde, denn er, der Besiegte, droht den Siegern damit, daß er nichts vergessen werde und sie unter seine Füße treten und vernichten wolle. Sieht er denn nicht, daß er sich noch in unserer Hand befindet, er und seine Aeltesten, welche seiner Drohung beigetreten sind? Was hindert uns, unser Wort zurückzunehmen, da auch er sich wortbrüchig zeigt und den versprochenen Frieden nicht halten will? Er hat ein großes Lob über sich losgelassen, aber welches Lob sollen wir und sollen auch seine Leute ihm dafür zollen, daß er sein und ihr Leben durch seine unvorsichtigen Drohungen wieder in die größte Gefahr bringt?«

»Ihr müßt Wort halten!« rief er mir dazwischen.

»Nein, wir müssen nicht! Old Shatterhand und Winnetou müssen überhaupt niemals müssen; das merke dir! Wir hätten das vollste Recht, dich infolge deiner Drohung sofort niederzuschießen, dich, deine Aeltesten und alle deine Leute. Wir thun dies aber nicht, weil wir deiner lachen. Deine Drohungen sind wie das Quaken eines Wasserfrosches, welcher nur im Sumpfe leben kann und, wenn die Sonne diesen austrocknet, sterben muß. Du bist alt und schwach geworden, und die Wut über deine Ohnmacht läßt dich Worte reden, welche ein Mann nur deshalb nicht bestraft, weil sie kindisch sind und keine Thaten hervorbringen können. Wir werden euch also trotz eurer Drohungen laufen lassen, weil die Lächer- Lächerlichkeit derselben uns nicht zu erzürnen vermag, wohl aber unser Mitleid erregt. – Und voller Irrtümer ist deine Rede gewesen, sagte ich. Du hast behauptet, Winnetou und ich gehörten nicht in dies Land. Weißt du denn nicht, daß er der berühmteste Häuptling der Apatschen ist, welche von Arizona oben bis hinauf zur großen Mapimi und dann hinunter bis über den Rio Pecos wohnen? Gehören die Mimbrenjos, welche du als deine Sieger hier siehst, nicht auch zu den Stämmen der Apatschen? Ist Winnetou nicht der vornehmste aller Apatschen, und du sagst, er sei ein Fremder im Lande! Ich sage dir, daß er ein größeres Recht besitzt als du, sich hier zu befinden. Und ebenso groß ist auch sein Recht, sich den Mimbrenjos vom großen Stamme der Apatschen, welche du befeindest, gegen dich anzuschließen. Wie kannst du verlangen, daß er über die Grenze getrieben werden soll! Wahr ist es, daß ihr gegen unsere Gewehre nicht aufkommen könnet; aber es sind das nur drei Stück. Wenn sich ein ganzer Stamm der Yumas vor drei Flinten fürchtet, so giebst du deinen Kriegern ein Zeugnis, dessen sie sich schämen müssen. Wie oft haben wir überhaupt die Gewehre gegen euch gebraucht? Haben wir euch mit ihnen besiegt? Nein, sondern mit ganz anderen Waffen. Auch das ist Lüge, daß wir mit bösen Geistern im Bunde stehen, und daß ihr ehrliche und gute Menschen seid. Das Gegenteil ist richtig. Ihr thut nichts als Böses; wir aber verteidigen das Gute, und darum stehen wir unter dem Schutze des großen, guten Manitou. Und letzteres ist die Ursache unseres Sieges, denn das Gute siegt stets, und das Böse muß untergehen. Daß wir stets das Gute gethan haben und nicht wie du zum Bösen hielten, hältst du für Hinterlist. Ja, wie haben euch überlistet, vielfach überlistet, aber das ist ein Beweis dafür, daß der Gute klug und der Böse dumm und unklug handelt. Wir zeigen uns auch jetzt wieder gut, indem wir euch trotz eurer Drohung laufen lassen, aber so ganz und gar straflos soll dieselbe denn doch nicht bleiben, denn eine Antwort muß auf deine Prahlereien folgen, sonst glaubst du am Ende gar, daß wir durch dieselben eingeschüchtert worden sind. Mein junger, roter Bruder mag zu mir kommen.«

Die Aufforderung war an den jüngeren Sohn des »starken Büffels« gerichtet. Er folgte derselben; ich nahm ihn bei der Hand und fuhr fort:

»Der »große Mund« hat es uns zum Vorwurfe gemacht, daß wir einem Sohne des Häuptlings der Mimbrenjos den Namen Yumatöter gegeben haben; er hat dafür sogar den Tod von dessen Bruder verlangt und diesen mit dem »schwarzen Biber« kämpfen lassen. Der Jüngling, den ich hier an meiner Hand halte, hat mir große Dienste erwiesen; er ist treu, klug und auch kühn gewesen, und ich habe ihm viel von meinem Erfolge zu verdanken. Darum soll ihm jetzt der verdiente Lohn werden. Er soll einen Namen erhalten, der an seine Thaten erinnert, und damit in die Reihen der erwachsenen Krieger treten. Er hat den »schwarzen Biber« getötet und ihm den Skalp genommen; darum, und auch als Antwort darauf, daß der »große Mund«, uns den Namen Yumatöter so übelgenommen hat, erteile ich hiermit diesem meinem jungen, roten Bruder und Freunde den Namen Yuma-Tsil[1] und bitte Winnetou und alle Krieger der Mimbrenjos, demselben ihre Beistimmung zu geben!«

Laute freudige Zurufe ertönten ringsum. Winnetou erhob sich, nahm die andere Hand des Knaben in die seinige und erklärte:

»Old Shatterhand hat mir aus dem Herzen gesprochen. Der junge, tapfere Krieger soll Yuma-Tsil heißen; er ist mein Bruder, und seine Freunde oder Feinde werden auch meine Freunde oder Feinde sein. Ich habe gesprochen.«

»So sind also die Wünsche der beiden Söhne unseres Freundes, des »starken Büffels«, erfüllt,« fuhr ich fort. »Sie wünschten, Namen zu haben, und sind deshalb mit Winnetou und mir gegangen; sie haben gute, vortreffliche Namen bekommen, welche in Zukunft bekannt und berühmt sein werden bei allen Freunden und Feinden. Der alte »große Mund« aber mag jetzt mit seinen Aeltesten fortgehen. Ob wir ihn und seine Leute fürchten, haben wir ihm dadurch gesagt, daß wir die beiden Söhne des Mimbrenjohäuptlings Yumatöter und Yumaskalp genannt haben. Ich habe gesprochen. Howgh!«

Ich winkte; der Kreis öffnete sich, und die Yumas entfernten sich, jedenfalls wütend darüber, daß sie auf ihre Verabschiedung eine solche Antwort erhalten hatten.

Es versteht sich von selbst, daß dann die Namengebung durch ein allgemeines Rauchen des Kalumets und die sonstigen Gebräuche gefeiert und bekräftigt wurde. Die Knaben, welche nun zu den erwachsenen Kriegern zählten, waren unendlich glücklich und auch ganz besonders stolz darauf, daß sie ihre Namen Winnetou und mir zu verdanken hatten.

Ihr Vater fühlte sich ebenso stolz und glücklich wie sie, floß von Dankesworten über und bat um Verzeihung dafür, daß er zuweilen nicht nur grob, sondern sogar mißtrauisch gegen mich gewesen war. Um mir einen Beweis seiner Dankbarkeit zu geben, bat er mich, daß ich mich nicht mehr von der »listigen Schlange« und deren Yumakriegern begleiten lassen möge, denn er selbst wolle mir für meine weißen Kameraden genug gute Reit- und Packpferde zur Verfügung stellen und uns mit einer Kriegerschar bis über die Grenze und dann noch soweit führen, wie ich nur immer wünschen möge.

Ich ging natürlich sehr gern auf diesen Vorschlag ein und traf noch heute die Vorbereitungen zum Aufbruche, welcher am nächsten Morgen erfolgte.

Von der »listigen Schlange« gab es einen herzlichen Abschied; seine Braut, die Jüdin, bekam ich dabei nicht zu sehen; sie blieb vor mir verborgen.

Nach einem langen und beschwerlichen Ritte erreichten wir die Grenze von Texas, und ich verteilte das Geld. Auch der Player bekam die Summe, welche ich ihm versprochen hatte. Damit war die traurige Vergangenheit für sie alle verschwunden, und sie konnten einer zwar einfachen, aber doch bessern und früchtereichen Zukunft entgegenblicken.

1Yuma-Skalp.