Tasuta

Winnetou 3

Tekst
Autor:
iOSAndroidWindows Phone
Kuhu peaksime rakenduse lingi saatma?
Ärge sulgege akent, kuni olete sisestanud mobiilseadmesse saadetud koodi
Proovi uuestiLink saadetud

Autoriõiguse omaniku taotlusel ei saa seda raamatut failina alla laadida.

Sellegipoolest saate seda raamatut lugeda meie mobiilirakendusest (isegi ilma internetiühenduseta) ja LitResi veebielehel.

Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

»Sehr genau, und nun weiß ich auch, warum er mir so bekannt vorkam; er sieht seinem Vater ähnlich.«

»All right, jetzt gehen mir tausend Lichter auf! Aus ganz demselben Grund dachte auch ich, daß ich ihn schon gesehen hatte. Wo ist er? Ich hoffe nicht, daß er uns entgehen wird!«

»Er massakriert die Kaufleute und geht dann mit nur einem einzigen Begleiter nach dem Skettel- und Head-Pik, um seinen Vater zu finden.«

»Dann auf, ihr Leute, vorwärts! Wir müssen ihm nach!«

»Stopp, Sam! jetzt bricht der Abend herein, wo wir seine Spur nicht sehen können, und außerdem haben wir uns auf einen sehr ehrenvollen Besuch vorzubereiten.«

»Besuch? Wer wird kommen?«

»Dieser Patrik ist Mitglied einer Bande Stakemen, welche da drüben ihr Lager haben. Ihr Anführer ist ein Mexikaner, den sie Kapitän nennen und der beim alten Florimont eine gar nicht üble Schule durchgemacht hat. Ich habe die Räuber belauscht, als ihnen Williams unser Abenteuer erzählte. Sie wollen Punkt Mitternacht über uns her.«

»Sie nehmen also an, daß wir hier liegen bleiben?«

»Allerdings.«

»Well, so sollen sie ihren Willen haben, denn nun bleiben wir erst recht hier und sagen ihnen good evening! Wie viel Köpfe sind es?«

»Einundzwanzig.«

»Das ist ein wenig viel für unser vier! Was meinst du, Charley? Wir zünden ein Feuer an und legen unsere Röcke so um dasselbe, daß sie dieselben für uns halten; wir selbst aber nehmen weiter draußen Posto, so daß sie zwischen uns und die Flamme kommen. Auf diese Weise erhalten wir ein sicheres Ziel.«

»Der Plan ist gut,« stimmte Bernard Marshal bei, »und wohl auch der einzige, dessen Ausführung in unserer Lage möglich ist.«

»Schön! So laßt uns gleich nach Material für das Feuer suchen, ehe es vollständig dunkel wird,« sagte Sam, indem er sich erhob.

»Bleib‘ sitzen,« entgegnete ich. »Glaubst du wirklich, daß wir es auf diese Weise mit einundzwanzig Männern aufnehmen können?«

»Warum nicht? Sie werden gleich bei den ersten Schüssen davonlaufen, weil sie nicht wissen können, wen sie hinter sich haben.«

»Und wenn nun dieser Capitano klug genug ist, den Sachverhalt zu ahnen? Dann bekommen wir einen harten Stand und werden ausgelöscht trotz unserer Gegenwehr.«

»So etwas muß der Jäger zum Beispiel immer gewärtig sein!«

»Dann wirst du auch die beiden Morgans fahren lassen müssen!«

»Behold, das ist sehr richtig! So meinst du also, daß wir uns leise von dannen machen, ohne diesen Raubmördern das Handwerk zu legen? Das können wir vor Gott und allen braven Männern, welche durch den Estaccado ziehen, nicht verantworten!«

»Was du hier sagst, fällt mir gar nicht ein! Ich habe einen andern und, wie mir scheint, auch bessern Plan.«

»Heraus damit!«

»Während sie uns hier suchen, machen wir uns über ihr Hide-spot und bemächtigen uns all ihrer Pferde und Vorräte.«

»Good-lack, das ist wahr! Aber, du sagst, ihrer Pferde -wollen sie uns denn zu Fuß angreifen?«

»Ja. Und das läßt mich schließen, daß sie ihr Versteck bereits zwei Stunden vor Mitternacht verlassen werden, weil sie so lange gehen müssen, um hierher zu kommen.«

»Hast du es gut gemerkt?«

»Das versteht sich! Wenn wir sie hier erwarten, setzen wir unser Leben auf das Spiel; nehmen wir ihnen aber ihren Proviant, ihre Munition, ihre Pferde, so ist es ihnen, wenigstens für lange Zeit hinaus, unmöglich, ihr Handwerk fortzusetzen, und wir brauchen wohl kaum einen Schuß zu tun.«

»Sie werden aber jedenfalls Wachen zurücklassen!«

»Ich kenne den Ort, an welchem der Posten sich befindet.«

»Sie werden uns verfolgen!«

»Das werden sie auch tun, wenn wir hier auf sie warten und dann doch noch fliehen müssen.«

»Nun gut, so sollst du recht haben. Wann brechen wir auf?«

»Wir können es schon in einer Viertelstunde tun; da ist es bereits vollständig finster.«

»Oh, das werden schön!« meinte der Neger. »Bob reiten mit und nehmen all die Sachen, die liegen bei Räuber. Das besser sein, als bleiben hier und schießen tot Bob!«

Es wurde so dunkel, daß man kaum zehn Schritte weit zu sehen vermochte. Wir brachen auf; ich ritt voran, und die Anderen folgten mir, nach Indianerart einer hinter dem Anderen.

Natürlich schlug ich nicht die gerade zum Versteck führende Richtung ein, sondern machte einen möglichst großen Bogen, welcher uns an eine Stelle des Buschsaumes führte, die wohl eine englische Meile von dem Hide-spot entfernt lag. Hier hobbelten wir unsere Pferde an und schritten dann zu Fuß auf das Versteck zu. Trotzdem sowohl Marshal als auch der Neger keine große Gewandtheit im Anschleichen besaßen, gelangten wir doch unbemerkt an den Rand der Lichtung, genau dem Pfade gegenüber, in dessen Buscheinfassung vorhin die Wache gelegen hatte.

Ein lichter Schein über dem Verstecke bewies, daß ein Feuer oder wenigstens eine Fackel brannte; um uns her aber war es so dunkel, daß ich ohne Sorge aufrecht über die Lichtung gehen konnte. Ich fand die Stelle wieder, an welcher ich das Gespräch belauscht hatte, und hörte, noch ehe ich mich niedergebückt hatte, von innen die Stimme des Anführers. Ich drängte mich zwischen dem Wurzelwerke hindurch und sah nun, daß alle in der Mitte des Platzes standen, wohl bewaffnet und zum Aufbruche bereit. Der Capitano war noch im Sprechen begriffen:

»Wenn wir nur die geringste Spur gefunden hätten, so dächte ich, es wäre einer von den Jägern hier gewesen und hätte uns belauscht. Wo ist die Pistole hingekommen? Vielleicht ging sie heute am Morgen auf meinem Ritte verloren, und ich habe es nicht bemerkt, als ich den Gürtel ablegte. Also, Hoblyn, du hast sie wirklich alle Vier beisammen sitzen sehen?«

»Alle Viere. Es waren drei Weiße und ein Schwarzer, und ihre Pferde weideten hart daneben. Eines der Tiere hatte keinen Schwanz und sah aus wie ein Ziegenbock ohne Hörner.«

»Das ist die alte Stute von Sans-ear, die ebenso berühmt ist wie er selber. Sie haben dich doch nicht bemerkt?«

»Nein. Ich ritt mit Williams nur so weit hinan, als es keine Gefahr brachte, und kroch dann an der Erde weiter, bis ich alles deutlich sehen konnte.«

Der Schüler des alten Florimont war also doch so klug und vorsichtig gewesen, eine Patrouille gegen uns auszuschicken; ein Glück für uns, daß dies zu der Zeit geschehen war, in welcher ich bereits wieder bei den Freunden gesessen hatte.

»Dann wird alles gut gehen! Du, Williams, bist ermüdet; du bleibst hier zurück, und du, Hoblyn, nimmst den Posten am Wege. Ihr Anderen aber vorwärts!«

Bei dem Scheine des nicht sehr hell brennenden Feuers sah ich, daß der Eingang geöffnet wurde. Neunzehn Männer verließen das Versteck, und nur die beiden Anderen blieben zurück. Noch waren nicht alle in dem Pfade verschwunden, so stand ich bereits wieder neben Sam.

»Wie steht‘s, Charley? Mir scheint, sie brechen jetzt auf!«

»Ja. Zwei bleiben daheim, nämlich einer als Posten dort am Wege und Williams drin im Verstecke. Williams ist nicht bewaffnet, der Posten aber hat bereits das Gewehr in der Hand. Wir dürfen jetzt noch nichts tun, denn man könnte etwas vergessen haben und wiederkommen; aber machen wir uns bereit. Komm, Sam; ihr Beiden bleibt hier, bis wir euch rufen oder abholen!«

Wir schlichen uns bis zum Pfade hin und hatten wohl zehn Minuten zu warten, bis der Posten heraustrat. Er schlenderte in einer Weise auf der Blöße hin und her, daß wir überzeugt sein mußten, er hege nicht die mindeste Befürchtung wegen seiner Sicherheit. So mochte im ganzen wohl eine Viertelstunde vergangen sein, als er sich uns näherte. Jetzt war nicht mehr zu befürchten, daß jemand zurückkehren werde, und wir brauchten also nicht länger zu zögern.

Ich drückte mich hüben und Sam sich drüben eng an den Busch; in dem Augenblick, in welchem er zwischen uns vorüber wollte, hatte ihn Sam bei der Kehle gefaßt. Ich riß ihm von seinem alten Tuchwamse einen tüchtigen Fetzen herunter, drehte denselben zu einem Knebel zusammen und steckte ihm diesen zwischen die Zähne. Dann wurde er mittels seines eigenen Lassos, den er um die Hüften trug, an Händen und Füßen gefesselt und an den Busch gebunden.

»Jetzt weiter!«

Wir traten zum Eingange, wo ich die wilden Hopfenranken ein wenig zur Seite schob. Williams saß am Feuer, über welchem er sich ein Stück Fleisch briet. Er hatte mir den Rücken zugewandt; ich konnte mich ihm nähern, ohne daß er es bemerkte.

»Haltet das Stück höher, Master Williams, sonst verbrennt es!« sagte ich.

Er fuhr herum und blieb, als er mich erkannte, vor Schreck starr und bewegungslos sitzen.

»Guten Abend! Fast hätte ich das Grüßen vergessen, und mit Gentlemen Eures Schlages kann man doch nie zu höflich sein.«

»O – O – Old Shat – Shatterhand!« stammelte er, mich mit weit geöffneten Augen anstarrend. »Was wollt Ihr hier?«

»Ich muß doch dem Capitano die Pistole hier wiederbringen, welche ich heute mitnahm, als Ihr ihm Euer Abenteuer erzähltet.«

Er zog das eine Bein an, als wolle er sich zum Aufschwingen vorbereiten, und blickte sich um, ob er eine Büchse zu erlangen vermöge. Aber nur sein Bowiemesser lag neben ihm.

»Bleibt ruhig sitzen, Master Stakeman, denn die geringste Bewegung kostet Euch das Leben. Erstens ist die Pistole Eures Hauptmannes geladen, und zweitens dürft Ihr nur nach dem Eingange blicken, um zu sehen, daß es hier noch mehr Kugeln gibt!«

Er sah sich um und erblickte Sam, welcher mit angeschlagener Büchse nach ihm zielte.

»Thunder-storm – ich bin verloren!«

»Vielleicht noch nicht, wenn Ihr Euch ruhig fügt. – Bernard, Bob, herbei!«

Dieser laute Ruf hatte zur Folge, daß die beiden Draußenstehenden unter dem Eingange erschienen.

»Dort an den Sätteln hängen Lassos, Bob. Nimm einen und binde diesen Mann!«

»Tod und Hölle! Lebendig sollt ihr mich nicht nochmals fangen!

Mit diesen Worten stieß sich der Pfahlmann sein eigenes Bowiemesser ins Herz und brach zusammen.

 

»Gott sei seiner Seele gnädig!« sagte ich.

»Dieser Schurke hat vielleicht mehr als hundert Menschenleben auf dem Gewissen,« meinte Sam in dumpfem Tone. »Nie war ein Messerstich besser angebracht.«

»Er hat sich selbst gerichtet,« erwiderte ich; »wohl uns, daß wir es nicht zu tun brauchten!«

Dann schickte ich Bob hinaus, um Hoblyn zu holen. Bald lag dieser vor uns am Boden. Der Knebel wurde entfernt, und der Gefangene holte tief Atem. Voll Entsetzen haftete nun sein Blick auf der Leiche seines Raubgenossen.

»Du bist ein Mann des Todes, wie dieser da, wenn du dich weigerst, uns Auskunft zu geben.«

»Ich werde alles sagen!« versprach der Geängstigte.

»Nun also, wo ist das Gold versteckt?«

»Dort hinten unter den Mehlsäcken ist es vergraben.«

Jetzt wurden die Häute entfernt, und es ging an ein Untersuchen der vorhandenen Vorräte. Da gab es nun einen förmlichen Reichtum von allem, was jemals durch den Estaccado transportiert worden war: Waffen von allen Sorten und Arten, Pulver, Blei, Patronen, Lassos, Sättel, Beutel, Decken, vollständige Reise- und Jagdgewänder, Tuch und Callico, unechte Korallenketten und Schmucksachen nebst Perlenschnüren, wie sie von den Indianerinnen so außerordentlich geliebt werden, allerhand Kurzwaren, Instrumente und Werkzeuge, eine Menge Büchsen voll Pemmican, große Vorräte von andern Nahrungsmitteln, und bei allem war es nicht schwer, die Spur zu entdecken, daß es geraubt worden sei.

Bob warf die Säcke um sich, als habe er es mit leichten Tabaksbeuteln zu tun. Marshal suchte unter den Werkzeugen Hacke und Schaufel; es wurde nachgegraben, und nach kurzer Zeit waren wir im Besitze von so viel Goldstaub und Goldkörnern, daß wir ein Pferd damit beladen konnten.

Es schauderte mir, wenn ich dachte, wie viele arme Goldsucher den Tod hatten erleiden müssen, um diese Menge deadly dust zusammenzubringen, der diesen Namen mit vollem Rechte verdient. Die zurückkehrenden Diggers nehmen nur wenig davon mit in die Heimat und wechseln den Ertrag ihrer Arbeit meist in Papiergeld oder Depositenscheine und Anweisungen um. Die Ermordeten hatten diese Papiere ganz sicher bei sich getragen. Wo waren sie hingekommen?.

»Wo ist das Geld, und wo sind die Papiere, die ihr hier den Beraubten abgenommen habt?« fragte ich Hoblyn.

»In einem Verstecke weit von hier. Der Capitano wollte sie nicht hier aufbewahren, weil es Mitglieder gab, denen er nicht traute.«

»So weiß er diesen Versteck ganz allein?«

»Nur er und der Leutnant kennen ihn.«

»Wer ist euer Leutnant?«

»Patrik Morgan.«

Es blitzte in mir auf. »Reich werden wir auf alle Fälle,« hatte dieser Mensch an seinen Vater geschrieben. Sollte er einen Verrat an seinen Kameraden vorhaben?

»Hast du keine Ahnung, wo dieser Versteck ungefähr sein kann?«

»Ich weiß es nicht sicher; aber der Capitano scheint dem Leutnant nicht zu trauen. Dieser ist mit noch Einem heut nach dem Head-Pik am Rio Pecos, und morgen sollte ich mit Zweien ihm nach, um ihn zu beobachten.«

»Ah! Der Hauptmann hat dir einen Ort beschrieben, ganz bestimmt und deutlich beschrieben?«

Der Gefragte schwieg verlegen.

»Antworte wahr! Schweigst du, so bist du ein toter Mann; redest du aufrichtig, so sollst du Gnade finden, trotzdem ihr alle den Strang verdient habt.«

»Ihr ratet richtig, Sir!«

»Welches ist dieser Ort?«

»Ich soll ihn sofort von hier weg aufsuchen und den Leutnant niederschießen, wenn er sich ihm naht. Es ist ein kleines Tal, welches ich sehr genau kenne, weil ich bereits einmal dort gewesen bin; Euch aber kann die Beschreibung desselben wenig nützen, denn Ihr würdet es dennoch nicht finden.«

»Hat er dir nur das Tal bezeichnet, oder wurde dir ein gewisser Punkt genau genannt?«

»Der Capitano wird sich hüten, mir diesen Punkt zu nennen. Sein Befehl lautet, mich zu verbergen und dem Leutnant eine Kugel zu geben, wenn er das Tal betreten sollte.«

»Gut! Ich schenke dir das Leben, natürlich nur unter der Bedingung, daß du uns zu diesem Tale führst.«

»Ich werde es tun.«

»Doch merke dir, daß du verloren bist, wenn du uns zu täuschen suchst. Du wirst nicht frei, sondern als Gefangener mitreiten.«

»Well,« meinte Sam, »so wären wir hier mit unserm Forschen zu Ende. Was nun?«

»Wir nehmen nur das Gold mit und was wir von dem Übrigen brauchen: Waffen, Munition, Tabak und Proviant, auch einige Kleinigkeiten zu Geschenken für die Indianer, wenn wir mit solchen zusammentreffen sollten. Macht euch an die Auswahl; ich will mir unterdessen die Pferde betrachten.«

Ich fand vier stammhafte Michigantraber, welche sich sehr gut zum Lasttragen eigneten, außerdem verdienten nur noch drei Mustangs das Mitnehmen. Sie waren besser als die Tiere, welche Bernard und Bob ritten; zwei konnten also mit den letzteren vertauscht werden, während ich das dritte für Hoblyn bestimmte.

Packsättel, wie sie die Maultiere tragen, gab es. Ich schnallte jedem der Traber einen auf. Nun wurde alles, was wir mitzunehmen gedachten, in die vorhandenen Decken gebunden, so daß acht Pakete entstanden, von denen ein Pferd je zwei zu tragen bekam. Von allen übrigen Gegenständen bildeten wir einen großen Haufen, an dessen Basis wir das Pulver, welches nicht mitgenommen werden konnte, und alle leicht entzündlichen Gegenstände plazierten.

»Was tun wir mit den übrigen Pferden?« fragte Sam.

»Bob bindet sie los und jagt sie hinaus in die Prairie; es ist zwar unklug, aber es widerstrebt mir, sie zu töten. Führe du den Zug fort; ich werde zurückbleiben, um den Scheiterhaufen anzubrennen.«

»Warum kann denn dies nicht gleich geschehen?« fragte mich Marshal.

»Das Feuer wird weit hinaus gesehen; die Stakemen werden, wenn sie uns nicht auf unserm Lagerplatze finden, natürlich schleunigst zurückkehren und können uns trotz der Dunkelheit dann möglichenfalls erreichen. Es ist also besser, ich lasse euch erst weit genug fort und komme dann auf einem Pferde schnell nachgeritten.«

»Well, du hast recht, Charley; fort also, Boys!« befahl Sam.

Er schritt voran, eines der Packpferde am Zügel führend; die andern Drei folgten, und Marshal beschloß mit Bob und dem hoch zu Roß gefesselten Hoblyn den kleinen Zug. Ich blieb mit meinem Pferde halten und wartete. Die sich entfernenden Schritte verklangen. So verging über eine Viertelstunde, und ich durfte nicht länger zögern, da die Stakemen sonst zurückkehren und mich überraschen konnten. Ich trat wieder hinein in das Versteck, um den Haufen anzuzünden.

Wir hatten mit Hilfe einer zerrissenen Decke eine Art von Lunte gemacht, welche mir Zeit gab, mich, ehe das Pulver in Brand geriet, gehörig weit zu entfernen; es war ja, da wir auch eine Menge Patronen mit hinzugelegt hatten, eine Explosion möglich. Ich zündete also an, nahm dann mein Pferd am Zügel und folgte dem Pfad hinaus nach der Prairie. Vor den letzten Büschen schwang ich mich in den Sattel. Da erhob sich im Hide-spot ein Prasseln und Knattern: das Feuer hatte die Decke ergriffen, in welche die Patronen eingewickelt worden waren. Ich gab meinem Pferde die Sporen und ritt, so schnell es die Dunkelheit gestattete, von dannen, um aus dem Bereiche des hellen Scheines zu kommen, den die hochlodernden Flammen des brennenden Versteckes warfen. Das Feuer verzehrte das ganze zusammengeraubte Gut der Stakemen.

Unter den Comanchen

Da, wo die Gebiete von Texas, Arizona und Neu-Mexiko zusammenstoßen, also an den Zuflüssen des Rio Grande del Norte, erheben sich die Berge der Sierren de los Organos, Rianca und Guadelupe und bilden ein Gebiet von wilden, wirr durcheinander laufenden Höhenzügen. Diese zeigen sich bald als riesige, nackte Bastionen, bald sind sie von dichtem, dunklem Urwalde bestanden und werden hier durch tiefe, fast senkrecht abfallende Cannons und dort durch sanft absteigende Talrinnen getrennt, welche seit ihrer Entstehung von der Außenwelt abgesondert zu sein scheinen. Und dennoch trägt der Wind Blütenstaub und Samen über die hohen Zinnen und Grate, daß sich eine Vegetation entwickeln kann; dennoch klimmt der schwarze und der graue Bär an den Felsen empor, um in die dort herrschende Einsamkeit hinabzusteigen; dennoch fand der wilde Bison hier einige Pässe, durch und über welche er auf seinen Herbst- und Frühjahrswanderungen in Herden zu Tausenden von Exemplaren zu drängen vermochte; dennoch tauchen hier bald weiße, bald kupferfarbige Gestalten auf, so wild wie die Gegend selbst, und wenn sie wieder abgezogen und verschwunden sind, weiß niemand, was geschehen ist, denn die schroffen Steinriesen sind stumm, der Urwald schweigt, und noch kein Mensch hat die Sprache der Tiere zu verstehen gelernt.

Hier herauf kommt der kühne Jäger, nur allein auf sich und seine Büchse angewiesen; hier herauf steigt der Flüchtling, welcher mit der Zivilisation zerfallen ist; hier herauf schleicht sich der Indsman, der aller Welt den Krieg erklärt, weil alle Welt ihn vernichten will. Da taucht bald die Pelzmütze eines kräftigen Trappers, bald der breitrandige Sombrero eines Mexikaners, bald der Haarschopf eines Wilden zwischen den Zweigen auf. Was wollen sie hier? Was treibt sie herauf in diese abgeschlossenen Höhen? Es gibt nur eine Antwort. die Feindschaft gegen Mensch und Tier, der Kampf. uni ein Dasein, welches dieses Kampfes nicht immer wert zu nennen ist.

Drunten auf der Ebene stoßen die Jagdgründe und Gebiete der Apachen mit denen der Comanchen zusammen; an diesen Grenzen geschehen Heldentaten, von denen keine Geschichte etwas meldet. Durch die Zusammenstöße dieser reckenhaften Völkerschaften wird mancher Einzelne oder mancher versprengte Trupp heraufgedrängt in die Berge und hat hier von Fuß zu Fuß mit dem Tode oder mit Gewalten zu kämpfen, die zu besiegen eine Unmöglichkeit zu sein scheint.

Der Rio Pecos entspringt auf der Sierra Jumanes, hält erst eine südöstliche Richtung ein und wendet sich dann, in die Sierra Rianca tretend, grad nach Süden. Nahe am Austritte aus derselben schlägt er nach Westen einen gewaltigen Bogen, den rechts und links Berge einfassen; diese weichen zu beiden Seiten seiner Ufer doch so weit zurück, daß hüben und drüben ein bald schmaler, bald breiterer Prairiestreifen Platz findet, der eine üppig grüne Grasvegetation zeigt, die sich in dem von den Höhen bis zum Fuße des Gebirges niedersteigenden Urwalde verliert.

Das ist ein höchst gefährliches Terrain. Die Berge sind langgestreckt, so daß es nur selten einen Spalt, eine Schlucht gibt, die zur Seite führt, und wer hier einem Feinde begegnet, vermag nicht auszuweichen, wenn er nicht sein Pferd im Stiche lassen will, ohne welches er vielleicht auch verloren ist.

Wir hatten dieses Flußtal erreicht, welches ich bereits früher, allerdings in zahlreicher und sicherer Gesellschaft, durchritten hatte. Jetzt waren wir nur zu Vieren und sahen unsere Kräfte noch dadurch geschwächt, daß wir einen Gefangenen zu überwachen hatten, der sich zwar außerordentlich gehorsam zeigte, aber doch sehr leicht den Verrat im Herzen tragen konnte.

Er ritt in der Mitte neben Bob; Sam war voran, und ich folgte mit Bernard Marshal, der während der Zeit unseres weiten Marsches sich als ein tüchtiger Reiter erwiesen hatte.

Es war am Vormittag, und die Sonne hatte eben die Spitze der jenseits des Flusses liegenden Berge erreicht. Obgleich es Mitte August war, berührten uns ihre Strahlen doch außerordentlich wohltuend, denn hier zwischen den dunklen Höhen verschwand sie bereits am Nachmittag; die Nächte waren ziemlich kalt und die Morgen so feucht und frisch, daß wir unsere Decken so lange wie möglich um die Schultern trugen.

Hoblyn war bisher am Tage stets frei in unserer Mitte geritten, nachts aber hatten wir ihn gebunden; er bürgte mit dem Leben für die Wahrheit seiner Mitteilungen.

»Haben wir noch weit bis zum Skettel- und Head-Pik?« fragte mich Marshal.

»Morgen vielleicht erreichten wir die Berge, wenn wir, nach der Beschreibung von Hoblyn, nicht vorher rechts abgehen müßten.«

»Wäre es nicht besser, erst nach den Bergen zu gehen, da wir Fred Morgan dort treffen werden?«

»Selbst in diesem Falle dürften wir nicht direkt auf sie zuhalten, da er uns dann bemerken würde; er ist sicher bereits da, denn wir haben heute den vierzehnten August. Aber ich denke, Patrik ritt nach dem Tale, und wo der Sohn ist, wird wohl auch der Vater zu treffen sein. Übrigens kann Patrik höchstens einige Stunden Vorsprung haben, da wir ihm stets hart auf der Ferse geblieben sind. Heute nacht hat er sechs Meilen von hier gelagert, und wenn er zu gleicher Zeit, das heißt mit Tagesanbruch, mit uns aufgebrochen ist, so ist er höchstens drei Stunden vor uns her.«

»Have care!« rief in diesem Augenblick Sam Hawerfield vorn. »Dort liegt am Waldesrande auf dem Boden ein Zweig, der noch grün ist; er kann also noch nicht sehr lange abgebrochen worden sein, und folglich ist jemand vor kurzem hier gewesen.«

 

Wir ritten näher und stiegen ab. Sam hob den Zweig empor, besah ihn und reichte ihn dann mir hin.

»Schau dir doch das Ding zum Beispiel einmal an, Charley.«

»Hm, ich wollte wetten, daß dieser Zweig vor kaum einer Stunde abgebrochen wurde!«

»Meine es auch. Siehst du hier die Stapfen?«

Ich bückte mich zur Erde.

»Zwei Männer. Laß sehen!«

Ich zog zwei Stäbchen aus der Tasche, die ich mir nach den Fußspuren geschnitten hatte, welche am ersten Lagerplatze Patriks und seines Gefährten von uns beobachtet worden waren.

»Sie sind‘s; das Maß stimmt ganz genau! Wir dürfen nicht weiter, Sam.«

»Hast recht! Er darf nicht bemerken, daß jemand hinter ihm ist. Doch, wenn die Strolche hier vom Pferde gestiegen sind, so müssen sie eine Absicht dabei gehabt haben. Dort ließen sie die Pferde stehen, die mit den Hufen gescharrt haben, und hier gehen die Fußspuren in das Holz. Wollen sehen!«

Wir ließen die drei Andern warten und drangen, die Spuren verfolgend, in den Wald ein. Wir hatten eine ziemliche Strecke zu gehen, bis Sam, welcher voran war, stehen blieb. Grad vor ihm war der Boden zerstampft und die Moosdecke aufgelockert; es hatte das Ansehen, als habe man unter derselben gegraben und sie dann wieder an ihre frühere Stelle gelegt. Ich bückte mich nieder und entfernte das Moos.

»Eine Hacke!« rief Sam.

»Richtig!« antwortete ich überrascht, »hier hat eine Hacke gelegen.«

Unter dem Moose zeigte der lockere, moderige Bottomgrund ganz genau den Abdruck einer Hacke, welche hier gelegen hatte.

»Die haben sie sich geholt. Aber wer hat sie hier versteckt?« fragte Sam.

»Diese Frage ist sehr leicht zu beantworten. Als der Capitano mit dem Leutnant ihren Schatz vergraben und das Tal verlassen hatten, ist ihnen nach einiger Zeit dieses Werkzeug beschwerlich gefallen, und sie haben sich hier desselben entledigt. Jedenfalls werden wir draußen an den Saumbäumen ein Zeichen finden, welches sie sich für den Fall ihrer Rückkehr machten; denn die Hacke wird ja bei der Befreiung des Schatzes wieder gebraucht.«

Ich deckte das Moos wieder auf die Spur und ging zurück, um die Bäume draußen zu betrachten. Richtig! An zweien, nämlich an denen, welche rechts und links an der Fährte standen, waren noch die Spuren von drei Kerben zu sehen, die übereinander eingeschnitten waren, und außerdem hatte man bei beiden Bäumen die untersten drei Äste abgebrochen.

»Was folgt daraus, Charley? Kannst du es dir denken?« fragte mich Sans-ear.

»Ebenso gut wie du und jeder Andere, denn dies zu erraten ist ja leicht genug: er hat wirklich die Absicht, nach dem Tale zu gehen.«

»Es ist notwendig, daß wir ihm dort zuvorkommen, und es fragt sich also, ob er direkt hingeht oder erst seinen Vater sucht.«

»Das werden wir erfahren und zwar sofort.«

Ich wandte mich zu Hoblyn:

»Haben wir noch weit bis dahin, wo der Weg nach diesem Tale hier vom Flusse abgeht?«

»Nein; höchstens noch zwei Stunden, wenn ich mich recht entsinne.«

»So reiten wir bis dorthin. Folgt er diesem Wege, so geht er direkt zu dem Verstecke; behält er aber die gegenwärtige Richtung bei, so will er erst seinen Vater holen, und nach seinem Verhalten haben dann auch wir uns zu richten! Übrigens müssen sie sehr lange hier verweilt haben, da er kaum eine Stunde vor uns ist. Aus diesem Grunde ist es ratsam, ein wenig zu rasten; er könnte um irgend einer Ursache willen vor uns halten bleiben und würde uns dann sicherlich bemerken.«

»All right, Charley; so bleiben wir hier. Aber wir wollen nicht so unvorsichtig sein, wie er, und die Pferde im Freien lassen. Zieht sie herein zwischen die Bäume und nehmt ein weniges zu essen aus den Taschen, denn ich habe zum Beispiel seit Sonnenaufgang noch keinen Bissen zwischen die Zähne bekommen!«

Wir taten nach seinem Geheiße und ließen uns auf das weiche Moos nieder. Kaum war dies geschehen, so stieß Hoblyn einen schwachen Ruf aus und deutete mit der Hand zwischen die Bäume hinaus.

»Seht einmal die Schlucht da drüben, Mesch‘schurs! Es war mir just so, als hätte ich ganz oben auf ihrem höchsten Punkt etwas schimmern sehen, gleich einer stählernen Lanzenspitze.«

»Unmöglich!« meinte Sam. »Wie kann man auf so weithin eine Lanzenspitze bemerken?«

»Und doch, Sam,« entgegnete ich ihm. »Wenn das Auge zufälligerweise grad auf den kleinen Punkt fällt, an dem sie sich befindet, so ist es recht gut möglich. Aber solche Lanzen tragen nur die Indsmen, und es müßten also – – —« Wahrhaftig, jetzt sah auch ich es blinken, einmal ganz oben und dann ein Stück weiter herab. »Hört, ihr Leute, das können nur Indianer sein, und es ist ein unendliches Glück, daß wir auf den Gedanken gekommen sind, hier unterzukriechen. Wären wir weiter geritten, so hätten sie uns unbedingt bemerkt, da wir die Sonne grad gegenüber haben.«

Ich nahm mein Fernrohr heraus und richtete es gegen die Schlucht. Was ich sah, war ganz geeignet, mich höchst besorgt zu machen.

»Hier, Sam, sieh dir die Kerls einmal genauer an! Es sind ihrer wenigstens hundertundfünfzig.«

Er nahm das Glas an das Auge und gab es dann Bernard.

»Guckt Euch einmal die Rothäute an, Master Marshall! Habt Ihr vielleicht bereits einmal mit diesen Comanchen zu tun gehabt?«

»Noch nicht. Es sind also Comanchen?«

»Ja. Der Gegend nach könnten es wohl auch Apachen sein; aber diese tragen den Schopf anders als die Kerls, die dort herabkommen. Seht Ihr die roten und blauen Farben, mit denen sie ihre Visagen bemalt haben? Das ist das sicherste Zeichen, daß sie sich auf dem Kriegspfade befinden. Darum haben sie die Lanzenspitzen so blank geschliffen, und in jedem Köcher stecken einige vergiftete Pfeile, mit denen ich heut zum Beispiel noch gar nicht gern zu tun haben mag. Was meinst du, Charley, wenn sie hier vorüberkämen?«

»Sie würden uns unbedingt bemerken.«

»Wenn man nur hinaus könnte, um den Zweig zu entfernen und unsere Spuren zu verwischen; das geht aber nicht!«

»Würde auch nichts helfen, Sam, denn sie würden weiter oben unsere Fährte doch bemerken und diese sicherlich bis hierher verfolgen.«

»Das weiß ich; aber wir könnten dann Zeit gewinnen, hier auszubrechen und uns zu salvieren, ehe sie zurückkämen.«

»Das ist richtig. Die Hufspuren sind gleich hier am Rande. Vielleicht geht es, auch ohne daß man hinaustritt.«

Hinter mir stand ein dürres, dünnes Fichtenstämmchen. Ich schnitt es ab und angelte mit ihm den Zweig herein; dann suchte ich mir eine Stelle, an welcher dürre Nadeln auf dein Boden lagen, sammelte einige Handvoll davon und säte sie über die Spur hinweg, welche allerdings so schwach war, daß sie nur von dem scharfen Auge eines Indianers bemerkt werden konnte.

»Wollen sehen, ob es hilft, Charley! Mich würdest du damit nicht täuschen.«

»Inwiefern?«

»Hat ein Ahorn Kiefernadeln?«

Allerdings stand gerad über den Hufspuren ein Ahorn, aber die Sache war nun einmal nicht zu ändern. Übrigens nahmen nun die Indsmen unsere vollständige Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie hatten eben den unteren Teil der Schlucht erreicht, blieben dort halten und schickten einige Krieger auf Spähe aus.

»Heigh-day, sie kommen nicht hierher!« rief Sam erfreut.

»Woraus seht Ihr das?« fragte Bernard.

»Erkläre es ihm, Charley, da du dich einmal seiner als Lehrmeister angenommen hast!«

»Sehr einfach. Von den drei Männern, welche rekognoszieren, reiten zwei längs der Höhe stromab und einer auf das Wasser zu. Sie wollen also übersetzen, werden aber nicht aufwärts kommen, da sie in diesem Falle das Terrain nicht ab-, sondern aufwärts untersuchen würden. Die zwei sollen das Terrain nach Spuren, also nach seiner Sicherheit untersuchen, während der dritte sehen soll, ob der Pecos hier zum Durchschwimmen geeignet ist.«

Bald kehrten alle drei zu den Wartenden zurück; sie schienen befriedigende Kunde zu bringen, denn die Truppe setzte sich direkt auf das Wasser zu in Bewegung. Wir konnten sie jetzt mit bloßem Auge zählen, und es ergab sich, daß ich sie eher etwas zu niedrig als zu hoch geschätzt hatte. Es waren lauter junge, kräftige Leute, die zu zwei Stämmen oder Dörfern gehören mußten, da zwei Häuptlinge an ihrer Spitze ritten.