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Kunstprojekt (Mumin-)Buch

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5.1. Muminbücher: Kometen kommer – zur Editionsgeschichte

Die Originalversion mit dem Titel Kometjakten „die Kometjagd“ erschien 1946 und ist deutlich geprägt von der Zeit des 2. Weltkriegs. Das Gefühl der Bedrohung und der Angst war lange omnipräsent und wurde in diesem Buch verarbeitet. Die Erzählung schildert ein Endzeitszenario: Ein gefährlicher Komet droht die heile Welt des Mumintals zu zerstören. Mumintrollet und seine Freunde machen sich mutig auf den Weg, um die Gefahr abzuwenden und die Welt respektive das Mumintal zu retten. Diese aussergewöhnliche Themenwahl macht Kometjakten zu einem äusserst originellen Kinderbuch, wie Tuula Karjalainen festhält.1 Wie Janssons Debut Småtrollen och den stora översvämningen (1945) entpuppte es sich jedoch als Ladenhüter, obwohl die finnische Presse positiv auf dieses Buch reagierte, wie Boel Westin weiss.2 Das Buch erschien in Finnland beim Verlag Söderströms und in Schweden bei Sörlins.

1956, also zehn Jahre nach Erscheinen von Kometjakten, erschien eine überarbeitete Version unter dem Titel Mumintrollet på kometjakt „Mumintrollet auf Kometjagd“. Tove Jansson war in der Zwischenzeit zum internationalen Megastar geworden und auf dem Zenit ihrer Popularität. Der schwedische Verlag Sörlins hatte bereits Kometjakten herausgegeben und plante eine Neuausgabe, die zusammen mit einer Neuausgabe von Småtrollen och den stora översvämningen erscheinen sollte. Letzteres erschien in Schweden aber im Verlag Hasselgrens. Jansson ihrerseits hatte mittlerweile sowohl ihren finnischen als auch ihren schwedischen Verlag gewechselt. In Finnland war sie nun bei Schildts, dem Verlag, dem sie danach während ihrer ganzen Karriere treu blieb, und in Schweden bei Gebers. Wer nun das Recht hatte, die neue Version von Kometjakten zu publizieren, musste unweigerlich zum Streitgegenstand werden. Die Arbeiten an Småtrollen och den stora översvämningen wurden von Janssons Seite her nicht beendet, das Buch wurde nicht neu aufgelegt. Schliesslich gab jedoch Sörlins die umgearbeitete Version von Kometjakten mit dem Titel Mumintrollet på kometjakt heraus, in Finnland war es Söderströms.3

Für Jansson bedingte eine Neuausgabe eine Überarbeitung. Diese erste Umarbeitung hatte laut Agneta Rehal-Johansson verschiedene Ziele. Allgemein formuliert, wurde vor allem versucht, Inkonsequenzen auszumerzen. Rehal-Johansson weist ausserdem auf die sprachlichen Änderungen hin, welche die Texte für die jungen Leser leichter zugänglich machen sollten. Ferner wurde durch die Umarbeitung die Seitenanzahl frappant reduziert.4 Was die Zusammenarbeit mit dem Verlag betrifft, betont Westin auch hier, in welch hohem Masse Jansson sich einbrachte, zum Beispiel in Bezug auf die Positionierung der Bilder oder auf das Format. Für den Titel schlägt Jansson Kometen kommer oder Mumintrollet på kometjakt vor. Der Verlag entscheidet sich für letztere Variante. Das Buch war schliesslich ein enormer Erfolg und gehörte in den 1950er-Jahren zum meistverbreiteten Muminbuch.5

1967 folgte eine weitere Phase der Überarbeitung. Neben den bereits überarbeiteten Büchern schloss diese Revision Farlig midsommar mit ein. Grund für diese zweite Überarbeitung war eine geplante Neuausgabe aller Muminbücher des schwedischen Verlags Gebers.6 Sie bilden schliesslich die Versionen, welche in der vorliegenden Arbeit in Anlehnung an Rehal-Johansson als Muminreihe bezeichnet werden. Die Änderungen waren diesmal dermassen umfassend, dass laut Rehal-Johansson von einem neuen Buch gesprochen werden kann.7 Die neue Version erschien schliesslich 1968 unter dem Namen Kometen kommer „Der Komet kommt.“ „Författaren av år 1967 är en annan än 1940-talsförfattaren […]“ „Die Schriftstellerin des Jahres 1967 ist eine andere als die der 1940er Jahre“, kommentiert Westin die Umarbeitungen.8 Sie zeugen von einer ständigen Metamorphose Janssons in ihrer Identität als Künstlerin, die sich in ihrem Schaffen niederschlägt, ja dieses erst ermöglicht, wie Boel Westin schreibt: „Utrensningarna ger utrymme för en ny författare och nya uttryck.“9 „Die Bereinigungen schaffen Raum für eine neue Schriftstellerin und neue Ausdrücke.“ Soweit eine kurze Herausgebergeschichte dieses Buchs.

5.2. „Gewand und Körper des Textes“1: Makrotypografie

„Die Frage ist: Was ist jetzt zu sehen, wird aber nie wieder zu sehen sein?“2

In der Schrift- und Textgestaltungsebene ist die Unterscheidung zwischen Mikrotypografie und Makrotypografie grundlegend. Nachfolgend steht, wie erwähnt, Letzteres im Mittelpunkt. Jürgen Spitzmüller definiert Makrotypografie wie folgt:

Makrotypographie umfasst den Gesamtentwurf einer Drucksache und die Anordnung der Zeichen auf der Fläche, also die Auswahl des Trägermaterials und der Schriften, die visuelle Konzeption der Seite […], die Festlegung von Schriftgrössen und Abständen bestimmter Textelemente […], Seitenumbruch und die visuelle Konzeption des Gesamtdokuments.3

a) Umschlagsgestaltung

Mit einer Neuedierung ging nicht nur ein neuer Titel einher, auch das Cover wurde jeweils umgestaltet. Bereits diese Tatsache weist auf dessen Bedeutung hin. Im Gegensatz zu den Illustrationen, die in allen Muminbüchern schwarz-weiss gehalten sind, sind die Buchcover durchgehend bunt gestaltet. Das Cover von Kometjakten zeigt eine Gruppe von Figuren, die aus dem Mumintal flieht (Abb. 29). Ein weisser Komet stürzt vor einem rosa Hintergrund erbarmungslos auf sie zu. Die Farben sind sehr dezent gesetzt. Hinter einem Felsen in Deckung sind Mumintrollet, Snorkfröken und Snusmumriken zu sehen. Letzterer hält eine Blume in der Hand, die durch ihre rote Farbe deutlich hervorsticht. In der oberen linken Ecke ist der Autorname gesetzt. Unter dem Bild ist in grossen, blauen Buchstaben der Titel zu lesen. Die Illustration zeigt eine Flucht und keine Jagd und stellt sich so konträr zum Titel.

Abb. 29:

Cover Kometjakten.

In der Version von 1956, Mumintrollet på kometjakt, hat sich das Cover markant verändert (Abb. 30). Zu sehen ist ein grosser, knallig gelber Komet vor einem roten Hintergrund. Er scheint jäh ein Loch in den Buchdeckel zu reissen. Ein Element, welches an die Perforationen in Hur gick det sen? erinnert. Während im Titel eine Figur hervorgehoben wird, ist auf dem Cover eine ganze Gruppe abgebildet: Sniff, Snusmumriken, Mumintrollet, Snorkfröken und Muminmamman. Sie alle fliehen vor dem Kometen, dabei rennen sie in unterschiedliche Richtungen. Alle scheinen sie dem Leser so aus dem Buch entgegenzulaufen beziehungsweise auch dem Buch entfliehen zu wollen. Der Titel ist in einer dramatisch wirkenden Schreibschrift in Schwarz darunter gesetzt. Das Cover wirkt durch die auffällige Farbkombination weitaus gefährlicher und spannungsgeladener als das von Kometjakten. Während die erste und die dritte Ausgabe in Bezug auf das Format beinahe identisch sind, ist die zweite Ausgabe deutlich kleiner.

Abb. 30:

Cover Mumintrollet på kometjakt.

Für die jüngste Version, Kometen kommer, wurde ein Motiv gewählt, welches die Dramatik der Erzählung auf eine ganz andere Weise transportiert (Abb. 31). Das Coverbild ist stark an eine Illustration im Buch angelehnt. Die Illustration zeigt eine Szene, in der Mumintrollet und seine Freunde die Auswirkungen der drohenden Gefahr durch den Kometen zu spüren bekommen, denn das Meer ist plötzlich weg. Daher sind sie gezwungen, auf Stelzen über den ausgetrockneten Meeresboden zu wandern. Der Verlust des Meeres ist eine verstörende Entdeckung für die Gruppe, es handelt sich insofern also um eine ganz zentrale Stelle in der Erzählung. Die Illustration im Buch zeigt fünf Charaktere auf Stelzen, die eine befremdlich wirkende Landschaft durchqueren. Im Hintergrund ist der Komet am Himmel zu sehen. Das Coverbild zeigt dieselbe Landschaft mit dem Schiffswrack, jedoch nur drei Figuren auf Stelzen. Auf der linken Seite sind Mumintrollet und Snorkfröken zu sehen, die auf einem Felsvorsprung stehen und sie beobachten. Auf den Kometen deutet lediglich der rote Himmel hin, als latente Gefahr in der Ferne. So deutet es auch der Titel an. Damit ist es das einzige Cover, das die im Titel beschriebene Bedrohung nicht explizit darstellt. Dieser steht in schwarzen Majuskeln auf zwei Zeilen unter dem Bild. Der Autorname ist in einer Schreibschrift gesetzt.

Abb. 31:

Cover Kometen kommer.

Auf allen Covern bilden der Autornamen und der Titel eine Art obere beziehungsweise untere Grenze des Bildes. In den ersten beiden Versionen wird dadurch der Komet eingefangen respektive eingerahmt. Der Autorname steht immer oben, tritt jedoch, was die Grösse betrifft, jeweils deutlich hinter den Titel zurück. Die Typografie des Autornamens und des Titels unterscheiden sich immer. Die Analyse der Cover offenbarte ausserdem in den ersten beiden Ausgaben eine Dichotomie, welche durch die Kombination von Titel und Abbildung herbeigeführt wird. Beide Titel suggerieren eine aktive Suche nach dem Kometen. Dies stimmt mit dem Inhalt der Erzählung überein. Die Abbildungen zeigen jedoch in beiden Versionen die Protagonisten, wie sie in Panik vor dem Kometen fliehen. Erst das Cover der neusten Ausgabe führt einen Titel, der dies umkehrt: Der Komet kommt. Diese Tatsache scheint absolut unwiderruflich. Entsprechend zeigt das Coverbild bereits eine direkte Folge davon. Gemeinsam betrachtet widerspiegeln die Cover also die inhaltlichen Veränderungen.

 

Der Klappentext von Kometjakten beginnt mit einer kurzen Beschreibung des Settings und des Figurenpersonals. Schliesslich wird die Motivation für den Aufbruch Mumintrollets und Sniffs genannt: das Gerücht über einen Kometen, der Richtung Erde fliegt. Anschliessend sind zahlreiche Abenteuer angedeutet, welche sie erleben. Der Klappentext betont, dass diese nicht nur schrecklich beziehungsweise gefährlich sind, sondern auch lustig. Zu lesen sind ferner lobende Worte betreffend Janssons Erzähltalent, ihr Gespür für die Interessen der (kindlichen) Rezipienten wie auch die Fähigkeit, nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene zu berühren:

Detta är sagan om muminfamiljen i mumindalen, som har installerat sig i ett hemtrevligt blått hus med tre små rum: ett himmelsblått, ett solskensgult och ett prickigt – och det lilla djuret Sniff är förstås också med.

De få höra talas om den hemska kometen, som med rasande fart närmar sej jorden. Nu gäller det att ta reda på när den ska slå ner – och så beger sej mumintrollet och Sniff iväg på en hiskligt spännande färd och upplever alla möjliga äventyr det ena mer hisnande än det andra. Men också allt möjligt trevligt händer dem på vägen, så det hela blir en enda bråkig härva av hemska och glada upplevelser.

Tove Jansson är en talangfull och fantasirik författarinna som precis på prick vet vad barn tycker om att höra. Och hon berättar samtidigt så ledigt att hon också kan roa fulvuxna barn. (KJ, Klappentext)

Das ist die Erzählung über die Muminfamilie im Mumintal, die sich in einem gemütlichen blauen Haus mit drei kleinen Räumen eingerichtet hat: einer himmelblau, einer sonnenscheingelb und einer gepunktet – und das kleine Tier Sniff ist natürlich auch mit dabei.

Sie hören von dem schlimmen Kometen, der sich mit rasender Fahrt der Erde nähert. Nun gilt es herauszufinden, wann er einschlägt – und so begeben sich Mumintrollet und Sniff auf eine furchtbar spannende Reise und erleben alle möglichen Abenteuer, das eine atemberaubender als das andere. Aber auch viele angenehme Dinge passieren ihnen auf dem Weg, sodass das Ganze zu einer wilden Geschichte schlimmer und fröhlicher Ereignisse wird.

Tove Jansson ist eine talentierte und fantasiereiche Autorin, die auf den Punkt genau weiss, was Kinder hören mögen. Und gleichzeitig erzählt sie so frei, dass sie auch erwachsene Kinder bewegen kann.

Mumintrollet på kometjakt verfügt über einen Klappentext, der sich auf den ersten Blick durch seine Länge von dem von Kometjakten unterscheidet. Zu Beginn schildert er die Spannung, die in der Luft liegt und die Gefahr andeutet. Bisamråttan kennt den Grund dafür und berichtet vom Kometen. Darauf ist beschrieben, wie sich die Gruppe auf den Weg macht und vielerlei Abenteuer erlebt. Das Happy End der Erzählung nimmt der Klappentext bereits vorweg, was einen Spannungsaufbau verunmöglicht. Zum Schluss wird abermals Tove Jansson als Autorin gelobt:

De stora äventyren började egentligen samma morgon, som Sniff hittade sin hemliga grotta. Mystiska och svårtydbara tecken började visa sig överallt. Tecken, som såg ut som en stjärna med svans efter sig. Varken Mumintrollet eller Sniff visste riktigt vad de skulle tro, men som vanligt hade Mumintrollet sina aningar. För säkerhets skull frågade han Bisamråttan, och han visste på råd; en ondskefull komet var på väg mot Mumintrollens [sic] fridfulla lilla dal.

För att få reda på mera begav sig Mumintrollet och Sniff på väg mot Observatoriet i Ensliga Bergen. Efter en tid slog de följe med Snusmumriken och de tre vännerna fick uppleva både hemska och roliga äventyr. Och under tiden var kometen på väg… allt närmare, och närmare kom den som ett ondskefullt öga.

På hemväg träffade de på Snorkfröken och hennes broder, som Mumintrollet med sin rådighet räddade från en hemsk köttätande Angostura. Så efter många äventyr kom de slutligen hem igen till det lilla blå Muminhuset i dalen, lagom för att rädda sig och Mumintrollets mamma och pappa från den stora kometen som kom svepande med sin långa glödheta svans…

Tove Jansson är en talangfull och fantasirik författarina, som precis på pricken vet vad barn tycker om att höra. Hon berättar samtidigt så ledigt att hon också roar fullvuxna barn. (MK, Klappentext)

Das grosse Abenteuer begann eigentlich am selben Morgen, an dem Sniff seine geheime Grotte entdeckte. Mystische und schwer zu deutende Zeichen begannen sich überall zu zeigen. Zeichen, die aussahen wie ein Stern mit Schwanz dahinter. Weder Mumintrollet noch Sniff wussten so richtig, was sie davon halten sollten, aber wie gewöhnlich hatte Mumintrollet seine Ahnungen. Zur Sicherheit fragte er die Bisamratte, und die wusste Rat: Ein boshafter Komet war auf dem Weg in Mumintrollets friedliches, kleines Tal.

Um mehr zu erfahren, begaben sich Mumintrollet und Sniff auf den Weg Richtung Observatorium in den Einsamen Bergen. Nach einer Weile begleitete sie Snusmumriken und die drei Freunde erlebten schlimme und lustige Abenteuer. Währenddessen war der Komet auf dem Weg… immer näher und näher kam er, wie ein böses Auge.

Auf dem Heimweg trafen sie Snorkfröken und ihren Bruder, die Mumintrollet in seiner Geistesgegenwart von einer schlimmen, fleischfressenden Angostura rettete. Nach vielen Abenteuern kamen sie schliesslich nach Hause ins kleine blaue Muminhaus im Tal, genau richtig, um sich und Mumintrollets Mama und Papa vor dem grossen Kometen zu retten, der mit seinem langen, glühend heissen Schwanz angebraust kam.

Tove Jansson ist eine talentierte und fantasiereiche Autorin, die auf den Punkt genau weiss, was Kinder hören mögen. Gleichzeitig erzählt sie so frei, dass sie auch erwachsene Kinder bewegen kann.

In Kometen kommer schildert der Klappentext zuerst das idyllische Mumintal. Mit diesem harmonischen Bild wird jedoch anschliessend gleich wieder gebrochen, wenn von der Ankunft des Kometen berichtet wird, die alle in Angst und Schrecken versetzt. Man erhält weiter die Information, dass sich die Freunde dieser Gefahr zu stellen gedenken. Der Klappentext verspicht einen Thriller höchster Spannung, in dem die Charaktere gegen die Zeit und den Kometen kämpfen, um die Welt zu retten. Der Leser wird zudem gar explizit eingeladen, den Figuren in dieses Abenteuer zu folgen:

Sommaren är som den brukar i Mumintrollets dal, varm och full av trevliga möjligheter. Det lilla djuret Sniff har hittat en egen grotta – en mycket stor händelse. Men sent på natten kommer stormen…

Om man är mycket liten är det svårt att fatta att världsrymden är kolsvart och aldrig slutar, och att jorden är en förvinnande[sic] liten gnista av liv.

Plötsligt – långt ute i mörkret – lyser ett rött öga, som blir större för varje dag. Det är kometen som kommer närmare och närmare Mumindalen! Himlen är röd och havet kryper längst ner i sina hålor. Vartenda litet knytt packar ihop sina saker och flyr. Men Snusmumriken tar sin munharmonika och spelar visan om äventyr som inte är lagom stora utan alldeles kolossala, och så ger de sig rakt ut i farligheten. Följ med! (KK, Klappentext)

Der Sommer ist wie immer in Mumintrollets Tal, warm und voller angenehmer Möglichkeiten. Das kleine Tierchen Sniff hat eine eigene Grotte gefunden – ein sehr grosses Ereignis. Aber spät in der Nacht kommt der Sturm…

Wenn man sehr klein ist, ist es schwer zu begreifen, dass der Weltraum kohlschwarz ist und nie endet, und dass die Erde ein verschwindend kleiner Funke Leben ist.

Plötzlich – weit draussen im Dunkeln – leuchtet ein rotes Auge, das jeden Tag grösser wird. Das ist der Komet, der immer näher und näher ans Mumintal kommt! Der Himmel ist rot und das Meer verkriecht sich ganz tief in seine Löcher. Jedes kleine Knytt packt seine Sachen zusammen und flieht. Aber Snusmumriken nimmt seine Mundharmonika und spielt das Lied über Abenteuer, die nicht nur gerade gross genug sind, sondern gar kolossal, und so begeben sie sich hinaus in die Gefahr. Komm mit!

Die Klappentexte sind insofern zentraler Teil der Buchkomposition, als dass sie zusammen mit dem Cover das Erste sind, was der potenzielle Leser erblickt, beziehungsweise liest. Die Analyse machte die enge Verbindung der Cover und Klappentexte evident, sodass gar dafür plädiert werden kann, die Vorder- und die Rückseite des Buchs als Ganzes zu betrachten. So ist der Buchumschlag etwa ein weiteres Beispiel für das Zusammenspiel von Bild und Schrift. In den ersten beiden Versionen berichtet der Klappentext vom Aufbruch der furchtlosen Protagonisten und liefert eine zum Coverbild diametrale Information. Dort ist in den ersten beiden Versionen, wie erwähnt, eine Flucht abgebildet. Im Falle von Mumintrollet på kometjakten wird der Schrecken, den der Komet verbreitet und auf einem dramatischen Cover dargestellt ist, durch den Klappentext relativiert, indem das Happy End verkündet wird. Auch hier vermitteln das Cover und der Klappentext gegensätzliche Informationen, sodass letztlich ein angemessenes Mass an „sich fürchten“ gewährleistet ist. In Kometen kommer hingegen löst der Klappentext auf, dass es sich beim Coverbild um den Meeresboden handelt, ist also eine schriftliche Ergänzung zur bildlichen Ouvertüre. So wird ebenfalls klar, dass sich die Dramatik der Erzählung metaphorisch gesprochen vom Weltall bis in die Tiefen des Meeres erstreckt.

b) Titelseiten

Der Begriff „Titelseiten“ umfasst hier den Schmutztitel und die Titelseite mit den jeweiligen Rückseiten. Kometjakten erscheint mit einem schmucklosen Schmutztitel, ohne Verzierung jeglicher Art. Er enthält lediglich den Titel in der Mitte der ansonsten leeren Buchseite. Die Titelseite wird gestaltet durch Titel, Autornamen und Angaben zum Verlag (Abb. 32). Diese drei schriftlichen Komponenten unterscheiden sich nicht nur in Schriftart, sondern auch in Schriftgrösse, wodurch eine klare Hierarchie geschaffen wird. Oben auf der Seite steht der Titel in Grossbuchstaben. Darunter allein auf einer Zeile steht „av“ „von“, auf der nächsten Zeile dann der Name der Autorin kursiv gesetzt. Ganz unten auf der Seite, unterhalb einer Linie entlanglaufend, sind schliesslich noch die Angaben zum Verlag zu lesen. Die Illustration, die zwischen dem Autornamen und den Verlagsangaben eingefügt ist, zeigt besagten Kometen an einem nächtlichen Sternenhimmel. Die Rückseite der Titelseite ist weiss, bis auf eine Widmung, „Till Peter“ „Für Peter“.

Abb. 32:

Titelseite Kometjakten.

Mumintrollet på kometjakt beinhaltet einen Schmutztitel mit einer Illustration, die Mumintrollet in der Denkerpose zeigt, die Stirn in tiefe Falten gelegt. Über ihm ein Stern mit einem langen Schweif. Die Illustration des Sterns ist auch im Buch abgebildet. Über der Illustration ist auf zwei Zeilen der Titel gesetzt. Die Titelseite enthält neben dem Titel den Autornamen, nun jedoch mit dem Hinweis „Ritad och berättad av“ „gezeichnet und erzählt von“ (Abb. 33). Janssons Doppelfunktion als Autorin und Illustratorin wird hier hervorgehoben. Darunter die Illustration des Kometen, die sich bereits in der ersten Version findet. Weiter stehen unten an der Seite die Verlagsangaben auf zwei Zeilen. Auf der Rückseite der Titelseite ist in dieser Ausgabe keine Widmung angebracht. Während die Gestaltungselemente auf der Titelseite von Kometjakten durch unterschiedliche Grösse eine hierarchisch gegliederte Buchseite zeigen, ist das Verhältnis in Mumintrollet på kometjakt ausgeglichener. Das Erscheinungsbild des Texts ist insofern harmonisiert, als dass es aus drei zweizeiligen Blöcken besteht. Kometen kommer enthält einen Schmutztitel, gänzlich ungeschmückt. Der Titel steht in relativ kleiner Schriftgrösse im oberen Drittel der Seite. Die Titelseite enthält Autornamen und Titel, Name des Verlags sowie dieselbe Illustration des Kometen. Erstmals steht hier der Autorname über dem Titel, wenn auch in kleinerer Schriftgrösse. Daher ist der Titel auch durch seine kursive Schrift dominantes Gestaltungselement der Seite (Abb. 34). Auch diese Version verfügt über keine Widmung.

Abb. 33:

Titelseite Mumintrollet på kometjakt.

Abb. 34:

 

Titelseite Kometen kommer.

Die Titelseiten offenbaren ein Spiel mit unterschiedlichen Schriftarten und -grössen sowie unterschiedlichen Kompositionsstrategien. Dies unterstreicht auch Bonnie Mak: „[…] the structures for arranging these letter forms in manuscripts and printed books are graphic indications of how designers visualized ideas and organized them for themselves and other readers.”1 Die Titelseiten sind also ebenfalls Bestandteil des künstlerischen Ausdrucks Tove Janssons. Auffallend dabei ist die im wörtlichen Sinne immer wieder unterschiedliche Positionierung der Künstlerin in Form ihres Namens auf der Buchseite. Somit wird die Titelseite zu einer Art Exlibris, einer Kennzeichnung des Kunstwerks.