Corona zwischen Mythos und Wissenschaft

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Vorsicht UV-Strahlung!





Für einige Experimente benötigst Du eine UV-Taschenlampe. Um auf die Gefahren von UV-Lampen hinzuweisen, findest Du an den entsprechenden Stellen diesen Hinweis. Schaue bitte nicht direkt in das Licht von UV-Lampen und strahle auch niemand anderem damit ins Gesicht.





Experimente:



Durch dieses Buch erhältst Du die Chance, verschiedene Aspekte zur Corona-Pandemie und zum Virus mithilfe von Experimenten besser zu verstehen. Jedes der Experimente kannst Du mit Gegenständen und »Chemikalien« durchführen, die Du im Haushalt hast oder die Du problemlos aus dem Supermarkt, der Drogerie oder der Apotheke besorgen kannst. Um die Experimente durchführen zu können, erhältst Du im Buch auf den entsprechenden Seiten eine Anleitung. Du wirst hier zunächst immer erfahren, was Du für das Experiment brauchst. Anschließend wird die Durchführung beschrieben. Damit Du Deine Ergebnisse kontrollieren und vergleichen kannst, folgen daraufhin die Beobachtungen, die bei dem Experiment zu erwarten sind. Selbstverständlich wird im Anschluss auch erklärt, was es mit dem Experiment auf sich hat!





Bevor es losgeht:



Fast alle Dinge, die Du für die Experimente brauchst, sollten in Deinem Haushalt vorhanden oder leicht zu besorgen sein. Für einige Experimente benötigst Du eine UV-Lampe und eine Taschenlampe mit grünem Licht. Taschenlampen kannst Du in Outdoor-Geschäften, Spezialhandelsgeschäften oder dem Internet erwerben. Du benötigst keine Hochleistungstaschenlampen für die Versuche. Die UV-Lampe sollte zwischen 10 und 20 Euro kosten. Achte aber unbedingt darauf, dass die Lampe ein sogenanntes CE-Qualitätssiegel besitzt. Das ist besonders wichtig, da von UV-Lampen ohne CE-Siegel eine Gefahr für Deine oder die Augen anderer ausgehen kann!



Viel Spaß beim Lesen und Experimentieren!






Kapitel 3:

Das Coronavirus in der Übersicht
















Kapitel 4:

Viren, wo man nur hinfasst?








Noch bevor der Supermarkt betreten wird, startet die Konfrontation mit dem Coronavirus. Zunächst ist der Einkaufswagen an einer Desinfektionsstation gründlich zu reinigen, dann kommt die Maske hinzu. Auch die Hände selbst können zumeist vor dem Eingang noch einmal desinfiziert werden und beim Greifen der Lebensmittel wird sich der ein oder andere vielleicht schon gefragt haben, ob nicht auch diese mit dem Coronavirus behaftet sein können. Schließlich erfolgt an der Kasse zumeist die kontaktlose Zahlung, da das Bargeld‌ als Risikofaktor gilt. Zum Schutz vor kontaminierten Oberflächen tragen einige sogar Handschuhe‌.



Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung der ‌Verbreitung des Coronavirus ist eine gründliche Hygiene. Aber muss beim Anfassen eines Einkaufswagens, von Türklinken oder Kleingeld wirklich befürchtet werden, dass das Virus überall verteilt wurde? Kann das Coronavirus hier länger existent und infektiös sein?



Es gibt im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten zur Übertragung der Coronaviren, wie auch für die meisten anderen Viren: Als Erstes über die Luft durch Tröpfchen‌ und Aerosole‌ (siehe

Kapitel 6

) und als Zweites durch die Kontaktinfektion‌, auch bekannt als Schmierinfektion‌. Damit ist jede Übertragung von Viren durch Berührungen gemeint. Diese werden zum Beispiel über Nasensekret oder Schleim verteilt, in welchen sich viele Viren ansammeln, da der Körper über diese Flüssigkeiten versucht, Viren und andere Krankheitserreger loszuwerden. Hier kann die Virenverbreitung in zwei Varianten eingeteilt werden.








TRÖPFCHEN UND AEROSOLE:



Tröpfchen sind »größere« Teilchen in der Luft mit einem Durchmesser von mehr als 5 Mikrometern, die relativ schnell zu Boden sinken. Die Größe kleinster Tröpfchen ist vergleichbar mit weniger als einem Zehntel der Dicke eines handelsüblichen Blattes Papier. Aerosole sind sehr fein verteilte Teilchen, die einen Durchmesser von 0,1 bis 5 Mikrometern haben und in Gasen und auch in der Luft schweben bleiben. 0,1 Mikrometer entsprechen ungefähr einem Tausendstel der Dicke eines menschlichen Haares. Beide bestehen aus viruslastigem Sekret, das beim Husten oder Niesen in die Umgebung gelangt.








Abbildung 4.1:

Viren auf der Handoberfläche



Das Händeschütteln ist während der Corona-Pandemie zu einem Tabu geworden, und das aus gutem Grund, da auf diesem Weg eine direkte Kontaktinfektion verhindert werden soll. Dieser Übertragungsweg läuft wie folgt ab: Eine Person, die mit dem Coronavirus infiziert ist, niest oder hustet den mit Coronaviren belasteten Speichel oder das Nasensekret in seine oder ihre Hand. Durch das Händeschütteln mit einer zweiten Person, der Kontaktperson‌, werden Rückstande der mit den Viren belasteten Flüssigkeiten übertragen, sodass sich die Viren nun auch auf der Hand der Kontaktperson befinden. Dadurch ist die Kontaktperson aber nicht sofort infiziert, denn dazu kommt es erst, wenn die Coronaviren bis an die Schleimhäute‌ im Gesicht gelangen, zu denen die Nasen- und Mundschleimhaut sowie die Augenbindehaut zählen. Und das funktioniert schneller als gedacht. Wenn jemand sich ins Gesicht fasst, werden die Coronaviren in die Nähe der Schleimhäute gebracht und das geschieht beim Menschen etwa 20 Mal pro Stunde. Alles in allem kann gesagt werden: Wer einer infizierten Person die Hand gibt, riskiert eine direkte Kontaktinfektion.








Abbildung 4.2:

Eintrittspforten für Viren sind die Schleimhäute im Gesicht.



Bei der Kontaktinfektion können die Coronaviren auch eine kurze Umleitung nehmen, denn viele Wege führen zum Ziel. Bei der indirekten Kontaktinfektion niest oder hustet die infizierte Person direkt auf eine Oberfläche, wie beispielsweise einen Türgriff, auf den Griff eines Einkaufswagens oder sogar auf Lebensmittel im Supermarkt. Benutzt eine weitere Person dann diesen Gegenstand, fasst sie ihn mit den Händen an. Nun befinden sich die Viren an den Händen der Kontaktperson, sodass sich das Risiko einer Infektion erhöht, weil der Weg zu den Schleimhäuten nicht mehr weit ist. Für den Fall, dass die infizierte Person nicht direkt auf einen Gegenstand hustet, sondern in die Hand, gibt es einen zusätzlichen Zwischenstopp der Viren auf dem Weg zur nächsten Kontaktperson. Dass die Viren bei diesem Umweg noch unbeschadet zum Ziel kommen, ist eher unwahrscheinlich, aber auch möglich.








Abbildung 4.3:

Übertragungsweg durch Kontaktinfektionen



Zum Schutz vor Kontaktinfektionen kommen zum Beispiel beim Lebensmitteleinkauf oftmals Handschuhe zum Einsatz, die ihren Trägern das Gefühl von Sauberkeit und Sicherheit geben. Das ist aber nur der Fall, wenn sie korrekt angewendet werden, denn Erreger wie die Coronaviren haften auch an den Handschuhen. Die Wahrscheinlichkeit einer Kontaktinfektion ist daher unabhängig vom Tragen von Handschuhen gleich groß. Dies liegt vorrangig daran, dass auch mit Handschuhen ein Griff ins Gesicht möglich ist und so Viren in die Schleimhäute gelangen können. Vielmehr können Handschuhe dazu verleiten, unvorsichtig zu agieren, da sie ein vermeintliches Hygiene- und Sicherheitsgefühl vortäuschen. Die WHO‌ empfiehlt daher auch, anstelle des Tragens von Handschuhen auf eine gute ‌Handhygiene zu achten. Handschuhe bieten sich nur dann an, wenn sie im Sinne von Einmalhandschuhen unmittelbar nach dem Gebrauch sicher entsorgt werden.








WHO:



Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) ist die weltgrößte internationale Behörde, die sich um das öffentliche Gesundheitswesen kümmert. Sie ist den Vereinten Nationen (UN) unterstellt und hat ihren Sitz in Genf in der Schweiz.



Ziel der WHO ist es, allen Menschen der Welt ein gesundes Leben zu ermöglichen, sodass jeder ein soziales und wirtschaftlich produktives Leben führen kann.








Unter anderem koordiniert die Weltgesundheitsorganisation nationale und internationale Aktivitäten beim Kampf gegen Infektionskrankheiten, erhebt und analysiert Gesundheits- und Infektionsdaten, hilft beim Aufbau kostengünstiger und effektiver Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern und verfasst den jährlichen Weltgesundheitsbericht, in dem über die weltweite Gesundheitsversorgung berichtet wird. In diesem Zusammenhang überwacht die WHO auch das globale Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie und gibt Empfehlungen zur Krisenbewältigung für verschiedene Staaten heraus. Die WHO stufte die Corona-Pandemie am 11. März 2020 als Pandemie ein, nachdem sie sich bereits in Asien (vor allem China) und Teilen Europas, vorrangig Italien, ausgebreitet hatte. Dies wurde von verschiedenen Staaten, beispielsweise den USA, als zu spät kritisiert.

 



Beim längeren Tragen von Handschuhen kann es darüber hinaus passieren, dass das Material porös wird und die Erreger nicht mehr vollständig von den Händen abgehalten werden können. Beim Einkauf im Supermarkt bleibt dies aber unbemerkt. Durch die unter den Handschuhen entstehende Feuchtigkeit auf der Hand kann darüber hinaus die Hautbarriere angegriffen werden, wodurch sich Erreger leichter auf den Händen ansiedeln.



Für ÄrztInnen und PflegerInnen im klinischen Bereich ist das Tragen von Einmalhandschuhen hingegen sinnvoll, da dort ein hohes Infektionsrisiko zu erwarten ist. Im Gegensatz zu Laien sind die medizinischen Fachkräfte in der Benutzung von Handschuhen geschult und wissen genau, was zu beachten ist.



Falls die Erfahrung gemacht wurde, sich beim Tragen von Handschuhen seltener ins Gesicht zu fassen, dürfen natürlich auch weiterhin Handschuhe zum Schutz vor einer Infektion getragen werden. Dabei sind aber keine medizinischen Handschuhe notwendig, sondern es genügen bereits normale Handschuhe, beispielsweise aus Baumwolle, um diesen Effekt zu erzielen. Dies entbindet aber keinesfalls vom Händewaschen oder einer Händedesinfektion vor und nach dem Einkaufen.










Experiment: Die Virenverbreitung



Es steht also fest, dass Viren über die Hände und Berührungen verteilt werden können. Aber wie großflächig dies sein kann, muss erst untersucht werden. Verteilen sich die Coronaviren vielleicht bis an Orte, die bisher gar nicht vermutet wurden? Um dieser Frage nachzugehen, werden die Spuren der Viren in einem Modellexperiment verfolgt. Da nicht ein ganzer Supermarkt untersucht werden kann, müssen die Experimente auf die eigenen vier Wände beschränkt werden.



Was Du benötigst:





 Diät-Tonic Water ohne Zucker



 Vaseline



 Schneebesen



 Einen Kochtopf



 Ein Glas oder eine Schüssel



 UV-Lampe







Durchführung:







Herstellen einer Fluoreszenzcreme:



Als erster Schritt des Experiments wird eine fluoreszierende Creme mit Hilfe von Tonic Water hergestellt. Dazu nimmst Du den Kochtopf und füllst mindestens einen halben Liter Diät-Tonic Water hinein, welches dann auf dem Herd bei höchster Stufe gekocht wird. Hierzu muss Diät-Tonic Water verwendet werden, welches keinen Zucker enthält, da sonst beim Erhitzen keine Flüssigkeit, sondern eine klebrige Zuckermasse zurückbleiben würde.








Abbildung 4.4:

Herstellen der Fluoreszenzcreme



Das Wasser verdampft durch das Einkochen auf dem Herd und der fluoreszierende Inhaltsstoff Chinin (siehe Infobox) wird in einer kleineren Menge Wasser stärker konzentriert. Du solltest das Tonic Water so lange kochen, bis nur noch eine minimale Menge an Flüssigkeit (etwa ein bis zwei Esslöffel) vorliegt, was etwa 20 Minuten dauern kann. In den noch heißen Topf gibst Du dann etwa einen halben Esslöffel Vaseline, die Du mit einem Schneebesen unter das Tonic Water rührst. Wenn eine einheitliche Flüssigkeit entstanden ist, kannst Du sie in ein Glas oder eine Schüssel füllen, wo sie abkühlen kann. Es ist möglich, dass nach dem Umfüllen die Flüssigkeit noch ein weiteres Mal umgerührt werden muss, damit sich die beiden Komponenten verbinden und wieder die cremige Konsistenz der Vaseline entsteht.



Wenn Du damit fertig bist, hast Du eine Fluoreszenzcreme, die im Dunkeln leuchtet, wenn sie mit ‌UV-Licht bestrahlt wird. Das Phänomen der Fluoreszenz wird im Kapitel zum Thema Aerosole noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Mit Deiner Creme kann die Verbreitung der Coronaviren modellhaft dargestellt werden. Alternativ gibt es solche Cremes auch online ab etwa 10 Euro zu kaufen, da diese regulär für Hygiene- und Hautschutzschulungen im Pflegebereich verwendet werden.








CHININ:



Chinin kommt in der Natur im Chinarindenbaum vor und wird durch Extraktion aus der Rinde kultivierter Pflanzen gewonnen. Chinin ist ein schlecht wasserlösliches, weißes Pulver. Es wird vor allem im medizinischen Bereich genutzt, unter anderem als Medikament gegen Malaria oder grippale Infekte. Auch in der Lebensmittelindustrie findet Chinin aufgrund seines stark bitteren Geschmacks Verwendung, so wird es zum Beispiel in Bitterspirituosen und alkoholfreien Erfrischungsgetränken wie Tonic Water oder Bitter Lemon als Aromakomponente hinzugegeben. Hier ist es für den bitteren Geschmack verantwortlich. In großen Dosierungen kann Chinin aber gesundheitsschädlich sein. Deshalb dürfen bei der Verwendung bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden. Es dürfen beispielsweise in Getränken nur kleine Mengen von maximal 250 Milligramm pro Liter zugesetzt werden. Chinin fluoresziert‌ in saurer Lösung. So zum Beispiel auch in Tonic Water, welches durch die enthaltene Zitronen- und Kohlensäure leicht sauer ist. Unter UV-Licht leuchten daher chininhaltige Getränke blau.





Variante 1: Patient null



Mal angenommen, Dein Haushalt war bis jetzt frei von Viren. In der Simulation bist Du nun der erste Infizierte der Pandemie, also Patient null. Dazu cremst Du Deine Hände mit der hergestellten Fluoreszenzcreme ein und beginnst Deinen Alltag. Wenn Du bemerkst, dass sich nicht mehr viel Creme an Deinen Händen befindet, kannst Du die Hände gerne noch einmal eincremen. So stellst Du sicher, dass Deine Versuchsergebnisse deutlich werden.



Nach etwa einer Stunde endet der Versuch. Mit der UV-Lampe werden die Stellen sichtbar gemacht, an denen die Creme verteilt wurde. Das heißt, die Räume müssen verdunkelt und alles gründlich mit der UV-Lampe beleuchtet werden. Du kannst auch Dein Gesicht, sowie auch die Hände und Gesichter Deiner Mitbewohner oder Familie untersuchen. Für die Augen kann das UV-Licht aber gefährlich sein, deshalb müsst Ihr bei der Untersuchung der Gesichter vorsichtig sein. An welchen Stellen sind Spuren der Creme zu sehen? War das Ergebnis zu erwarten oder sind auch Überraschungen aufgetreten? Hätte die Creme, also die Modellviren, es auch bis zu den Schleimhäuten geschafft? Du kannst die Stellen notieren, an denen leuchtende Flecken gefunden wurden oder Fotos aufnehmen, um die Ergebnisse später mit der zweiten Variante des Versuchs zu vergleichen.





Variante 2: Ansteckende Höflichkeit



Zuvor hast Du wahrscheinlich nur Oberflächen von verschiedenen Gegenständen berührt. Als Nächstes kannst Du das Ganze etwas ausweiten. Creme Dir wie zuvor die Hände mit der Fluoreszenzcreme ein, dies darf auch häufiger geschehen. Dann verhältst Du Dich eine Stunde lang nach aller Höflichkeit, indem Du Personen, die Du im Haushalt triffst, die Hand schüttelst. Bei diesem Versuch kannst Du zum Beispiel Deine Familie oder MitbewohnerInnen informieren und gemeinsam die Abmachung treffen, Euch jedes Mal, wenn Ihr Euch über den Weg lauft, die Hand zu geben. Dabei könnt Ihr auch kreativ sein und andere Situationen bestimmen, in denen Ihr Euch die Hand schüttelt. Wichtig dabei ist es, den Versuch nur mit Personen durchzuführen, die mit zum Haushalt gehören und zu denen auch sonst regelmäßiger Körperkontakt besteht. Hier schaust Du nach einiger Zeit, an welchen Stellen im Haushalt Spuren der fluoreszierenden Creme zu finden sind. Vergleiche diese Ergebnisse mit denen des ersten Versuchsteils. Kannst Du Unterschiede feststellen?





Beobachtungen:



Du dürftest jetzt an vielen verschiedenen Stellen, wie zum Beispiel an Türgriffen, Fernbedienungen, Zahnbürsten, Besteck, Lichtschaltern oder Wasserhähnen Spuren der Fluoreszenzcreme gefunden haben. Besonders auffällig dürfte sein, dass auch bei den verschiedenen Personen im Haushalt leuchtende Hände oder auch leuchtende Stellen im Gesicht gefunden werden können.





Erklärung:



Durch das Experiment konnte die Verbreitung von Viren durch die Kontaktinfektion gezeigt werden. In der ersten Variante wurde ausschließlich die indirekte Übertragung dargestellt, in der zweiten Variante hingegen eine Mischform aus direkter und indirekter Übertragung. Werden beide Varianten verglichen, lässt sich feststellen, dass bei der zweiten Variante deutlich mehr Spuren als bei der ersten gefunden werden können. Du kanntest zwar das Prinzip der Kontaktinfektion, aber hättest Du Dir auch dieses Ausmaß der Virenverbreitung vorgestellt?








Abbildung 4.5:

Fluoreszierende Spuren auf der Hand








Abbildung 4.6:

Fluoreszierende Spuren auf Gegenständen



Bevor aber voreilige Schlussfolgerungen getroffen werden, sind weitere Informationen nötig. Denn, wie der Name schon verrät, handelt es sich bei diesem Experiment um ein Modell. Es wird nur ein Bruchstück der Realität abgebildet und zwar die Verbreitung der Viren. Das heißt noch lange nicht, dass jeder mit leuchtendem Gesicht jetzt infiziert wäre!





Einen ähnlichen Versuch haben auch die Mikrobiologin Ricarda Maria Schmitthausen, der Virologe Hendrik Streeck und deren Team durchgeführt, indem sie unter Quarantäne stehende Haushalte mit mindestens einer Person, die mit dem Coronavirus infiziert war, untersucht haben. Es wurden dabei an verschiedenen Stellen im Haushalt Proben genommen, um die Verbreitung der Coronaviren durch die Kontaktinfektion zu erforschen.



Nach der Analyse von Proben aus 21 zufällig ausgewählten Haushalten konnten Viren an verschiedenen Orten nachgewiesen werden. Beispielsweise wurden in 15 % der Abwasserproben aus Duschen, Spülbecken oder Toiletten Coronaviren nachgewiesen. Es wurden auch Fernbedienungen, Türgriffe und andere Gegenstände untersucht, von denen aber nur 3 % der Proben positiv getestet wurden. Auf Lebensmitteln oder Pflanzen konnten keine Erreger entdeckt werden. So konnten 48 Stunden, nachdem das Team die Proben gesammelt hat, im Labor aus diesen keine weiteren infektiösen Viren herangezüchtet werden. Das heißt, bei den sichergestellten Viren aus den Proben handelt es sich nach spätestens 48 Stunden nicht mehr um intakte Viren und diese können somit keine weiteren Menschen infizieren. Zu ähnlichen Ergebnissen sind auch andere Studien gekommen. Zum Beispiel konnten in Krankenhäusern Coronaviren auf Oberflächen im Umfeld von Corona-Patienten sichergestellt werden. Dort waren Drucker, Tastaturen, Türgriffe, Desinfektionsmittelspender, Fahrstuhlknöpfe, Telefone und Handschuhe besonders stark von der Kontamination betroffen. Dennoch war es bisher in noch keiner Studie möglich, Coronaviren von Oberflächen aus dem Alltag oder aus den Krankenhäusern heranzuzüchten.



Jetzt könnte schnell die Annahme getroffen werden: Wenn keine intakten Viren sichergestellt worden sind, dann sind Schmierinfektionen ungefährlich. Die WissenschaftlerInnen machen deutlich, dass die Ergebnisse eine nur relativ kurze Stabilität‌ der Coronaviren im Haushalt zeigen, aber immer noch die Möglichkeit besteht, dass die Viren auf dem Weg ins Labor zu Schaden gekommen sind. Deshalb sollten die Hygienemaßnahmen und regelmäßiges Händewaschen ernst genommen werden.

 








INTAKTE VIREN VERMEHREN SICH:



Viren können sich nur in ‌Wirtszellen vermehren. Für das Coronavirus sind das die Zellen der menschlichen Schleimhäute. Intakte Viren können sich vermehren, sobald sie eine Wirtszelle besetzt haben. Die Gefahr für Körperzellen geht dabei nicht von der Infektion mit dem Virus selbst aus, sondern von der Vermehrung im Körper, da die betroffenen Körperzellen durch die Produktion neuer Viren zerstört werden können. Nicht mehr intakte Viren sind nicht in der Lage, die Körperzellen zu befallen, sodass sie sich auch nicht reproduzieren können. Von ihnen geht für den menschlichen Körper keine Gefahr aus.



Wie bei vielen Dingen gibt es auch hier eine Kehrseite. Das, was im Haushalt so »harmlos« wirkt, wurde im Labor in ganz anderem Maße nachgewiesen. In einer amerikanischen Studie haben WissenschaftlerInnen festgestellt, dass Oberflächen im Labor nach einer starken Kontamination mit den Coronaviren noch eine ganze Weile infektiös bleiben können. Es wurde untersucht, wie lange die Erreger auf verschiedenen Oberflächen unbeschadet bleiben und wie viel Zeit vergehen muss, bis die Viren nicht mehr infektiös sind:





Tabelle 4.1: Stabilitätsdauer der Coronaviren auf unterschiedlichen Oberflächen






            Material der Oberfläche





            Dauer der Stabilität









            ‌Kupfer





            3 Stunden









            Karton





            24 Stunden









            Edelstahl





            2-3 Tage









            Plastik





            2-3 Tage









            Baumwollkleidung





            4 Tage









            Papier





            4 Tage








Dies sind zwar teils längere Zeiten als bei den unter Quarantäne stehenden Haushalten, aber auch im Labor ist die Stabilität der Coronaviren trotzdem viel geringer als von manch anderen Krankheitserregern.



Jetzt gilt es, der Sache auf den Grund zu gehen. Denn wieso gibt es Unterschiede zwischen den Versuchsergebnissen im Haushalt und im Labor? Und wieso ist die Stabilität der Viren so unterschiedlich?



Prinzipiell befinden sich die Viren so lange in einer vorteilhaften Umgebung, wie sie von Feuchtigkeit bedeckt sind, so wie es beim Niesen oder Husten im Schleim oder Sekret der Fall ist. Diese Flüssigkeiten trocknen aber nach kurzer Zeit und lassen die Viren »ungeschützt« zurück, sodass sich auf den langsam trocknenden Oberflächen das Risiko des Stabilitätsverlustes der Viren immer weiter erhöht. Durch die Abnahme der Stabilität kommt es zur Zerstörung der‌ Virushülle, sodass auch ihre infektiösen und biologischen Eigenschaften eingeschränkt sind. Im Labor liegen ideale Bedingungen für die Viren vor, wie eine gleichbleibende ‌Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder gleichbleibendes Licht. Hingegen sind die Viren im Alltag einigen Stressfaktoren wie Temperaturschwankungen, dem Tageslichteinfall, der Luftfeuchtigkeit‌ oder der Oberflächenbeschaffenheit, die die Stabilität der Viren angreifen und ihre Hülle beschädigen können, ausgesetzt.








Abbildung 4.7:

Viren verlieren durch Umwelteinflüsse an Stabilität.



So bleiben sie im Labor länger stabil und infektiös und sind gleichzeitig in einer viel höheren Anzahl vorhanden, sodass die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass einige der Viren auf den Oberflächen stabil bleiben. Im Vergleich ist die Menge der Viren im Haushalt, die sich im Schleim oder Nasensekret befinden, sehr viel geringer und wird bei jeder neuen Berührung und Verteilung weiter ausgedünnt. Auch die WissenschaftlerInnen der Laborstudie gehen davon aus, dass die Übertragung durch Kontaktinfektion theoretisch möglich, aber durch die kleinen Virenmengen im Alltag eher unwahrscheinlich ist. Die Abhängigkeit der Stabilität und Virusmengen konnte auch experimentell bestätigt werden. Dabei waren kleinere Virusmengen schon nach 5 Minuten nicht mehr infektiös, die 100-fache Menge aber noch bis zu 24 Stunden.



Insgesamt kann also gesagt werden: Ob die Viren auf Oberflächen noch infektiös sind, ist situationsabhängig. Coronaviren leuchten nicht wie das Tonic Water im Experiment. Sie sind nicht stabil und bleiben nicht besonders lange infektiös auf O