Dein, Sein, Mein

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Kapitel 5

Nacht für Nacht war Sophie in unzähligen Clubs gewesen, hatte Subs und Tops gefragt, die sie persönlich kannte. Aber niemand konnte ihr helfen. Sophie war klar, sie machte sich mit ihrer Fragerei ein wenig lächerlich, auch wenn sie mit allen möglichen rhetorischen Raffinessen versuchte, ihre Suche nach Mister Phantom als reine Neugierde zu tarnen.

Häufig hatte sie sich erschöpft und niedergeschlagen gefühlt. Die Suche nach diesem superdominanten Dom zehrte an ihren Nerven. Jeder sagte ihr, dass sie sich in eine aussichtslose Sache verrenne und allmählich war sie geneigt, es selbst zu glauben.

Ihr Körper war in einer Spannung gefangen, als bestünden ihre Adern und Muskeln aus einer Starkstromleitung. Es knisterte, zwickte, kribbelte ununterbrochen. Kaum lag sie im Bett fanden ihre Finger wie von allein den Weg zu ihren Nippeln und zu ihrer Klitoris. Aber die kurze Befriedigung, der schnelle Orgasmus, das war es nicht, was sie wollte und zufriedenstellte.

Sie war auf der Jagd. Vielleicht hatte sie zu viele männliche Hormone? Man sagte doch nur der Spezies Mann nach, dass sie dem Weib hinterher jage. Herrgott noch mal. Stimmte es etwa, was Nadine behauptete? War sie schlichtweg nymphoman? Ach Quatsch, dann würde sie doch mit jedem vögeln, den sie haben konnte. Aber das war nicht ihr Ziel.

War sie früher nur Freitag- und Samstagabend ausgegangen, so hielt sie es bald an keinem Abend zuhause aus. Wenn sie nicht unterwegs war, könnte sie ihn verpassen. Ihre von Übernächtigung zeugenden Augenringe verlangten sorgfältige Schminke und dank der Espressomaschine in der Firmenküche hatte sie die Zeit der Suche durchgestanden und fast immer ihr Arbeitspensum geschafft. Manchmal allerdings hatte sie das Gefühl gehabt, von den Kollegen kritisch gemustert zu werden. Vielleicht war das aber auch nur Paranoia.

Dann eines Abends, als Sophie sich schon fast auf dem Weg zum Ausgang des Clubs befand, hatte ihr Handy vibriert, das sie sich zwischen ihren Brüsten in die Korsage gesteckt hatte. Sie hielt sich mit der freien Hand ein Ohr zu, um am anderen besser zu verstehen, was gesagt wurde und strebte weiter dem Ausgang entgegen, wo es leiser sein würde.

»Hallo?«

»Sophie – Laurin kennt ihn.«

»Was sagst du? Ich verstehe dich nicht. Es ist so laut hier.« Zur Hölle mit dem Geräuschpegel aus Musik und Gesprächen.

»Laurin kann vielleicht ein Treffen arrangieren«, brüllte Nadine in den Hörer.

»Wovon zur Hölle sprichst du?« Sophie wollte nicht glauben, dass sie richtig verstanden hatte, was Nadine damit sagen wollte.

»Hey Süße, Laurin kennt den Dom, den du suchst. Kapiert?«

Sophie Herz setzte für einen Sekundenschlag aus. Es gab tatsächlich jemanden, der ihren Superdom kannte.

Nadine, ihre herzensgute hilfsbereite Freundin Nadine hatte tatsächlich ihren Mann gefragt und würde ihr ein Date mit Mister Phantom vermitteln.

Kapitel 6

Sie hatte es getan!

Die Tage nach der Unterzeichnung des Vertrages waren voll innerer Unruhe. Sophie überlegte hin und her, ob sie abgedreht genug war, diese Sache durchzuziehen. Noch immer wusste sie nicht, mit wem sie es tun hatte. Ein Diener hatte den Vertrag aus dem Raum geholt und einige Minuten später hatte ihr künftiger Herr ihr erklärt, dass sie fünf Tage Bedenkzeit hätte. In diesem Zeitraum wäre er bereit, den Vertrag ohne weitere Konsequenzen aufzulösen. Niemand würde etwas erfahren. Ansonsten erwarte er sie nach diesen fünf Tagen bei sich und der Vertrag wäre gültig. Ihr Konto würde noch am selben Tag geleert und ihr Gehalt per monatlichem Dauerauftrag auf ein anderes Konto transferiert werden.

Außerdem hatte er ihr noch eine Visitenkarte überreichen lassen, wonach sie sich bei dem darauf genannten Gynäkologen einzufinden habe, um einen HIV-Test durchzuführen. Schließlich könne er ja nicht darauf vertrauen, dass sie bei ihrem Spieltrieb immer auf ihre gesundheitliche Sicherheit geachtet hätte. Der Arzt würde sich darum kümmern, dass ihrem Herrn das Ergebnis schnell und unbürokratisch zugestellt werde.

Sophie war zu überrascht, um Einwände vorzubringen.

Natürlich hatte Nadine von ihrer Freundin wissen wollen, wie das Gespräch verlaufen war. Gleich am nächsten Morgen hatte sie angerufen und sie hatten sich für abends verabredet. Sophie hatte ihr alles erzählt, alles – außer die Sache mit den Vollmachten und dem Arztbesuch. Aber auch ohne dieses Detail hatte Nadine sie gefragt, ob sie den Verstand verloren hätte. Die Tatsache, dass Sophie bislang weder seinen Namen kannte, noch wusste, wo er wohnte, was er arbeitete, wie er aussah, war erschreckend genug. Nadine schimpfte, wie realitätsfremd Sophie eigentlich wäre, ob sie nie die Horrornachrichten von Entführungen, jahrelangem Gefangen- und Versteckhalten, von Missbrauch und Folter mitbekäme.

Sophie nahm Verteidigungshaltung an. Immerhin habe doch Laurin, Nadines Top, den Kontakt hergestellt und müsse ihren künftigen Herrn mehr als flüchtig kennen, sonst hätte er sich doch wohl nicht dafür verwendet, wenn Gefahr im Verzug wäre.

»Ja, das stimmt. Aber ich habe ihn dazu überreden müssen. Gerne hat er es nicht getan. Ich habe keine Ahnung, wie gut sich die beiden kennen. Ich habe deinen Herrn jedenfalls noch nie zu Gesicht bekommen.«

»Trotzdem, Laurin hätte dir doch bestimmt etwas gesagt, warum du mir die Sache ausreden sollst, wenn mein künftiger Dom in irgendeiner Weise gefährlich wäre.«

Nadine verdrehte die Augen. »Natürlich! Ich hoffe nur, du findest, wonach du gesucht hast.«

Der Rest der Woche war eine einzige Qual. Nadines Bedenken waren nicht ohne Wirkung geblieben, schließlich beschäftigte Sophie ja auch immer wieder die Frage, ob sie sich verrannt hatte. Sie wünschte, die Tage vergingen schneller. Das Packen und sich entscheiden, was ihr wichtig war, was sie mitnahm, und die Warterei auf Tag X machten sie unzufrieden, mürrisch und unkonzentriert.

In ihrer Position konnte sie es sich nicht leisten, mit ihren Gedanken abzuschweifen. Zu schnell verfälschte ein Zahlendreher, eine falsche Summe, eine fehlerhafte Berechnungsformel, das Gesamtergebnis.

Selbst ihren Kollegen war aufgefallen, dass sie abgelenkt war und hatten sie gefragt, ob mit ihr alles in Ordnung wäre. Sophie hatte sich herausgeredet, Familienstress zu haben und da sie nur wenig über Privates sprachen, wusste niemand nicht, dass dies ihr kleinstes Problem war. Ihre Eltern waren seit langem geschieden, ihr Vater lebte im Ausland, und ihre Mutter in einer anderen Stadt. Weil sie nur gelegentlich telefonierten und sich selten sahen, würde es vorerst nicht nötig sein, ihre Mutter über ihren Umzug zu informieren.

Nervös und neugierig fragte Sophie sich ohne Unterlass, wie ihr neuer Herr wohl aussehen würde. Groß, muskulös und attraktiv? Das würde zu seiner Stimme passen. Ach, er musste einfach attraktiv sein!

Sie würde keinen Rückzieher machen. In ihren Augen wäre das nicht vernünftig, sondern feige. Und waren nicht sowieso ihre spontanen Entscheidungen immer die besten?

Der Chauffeur, der Sophie auch schon zum ersten Treffen gefahren hatte, holte sie pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt am Samstagmittag ab. Sie hatte ihn gefragt, ob er fest für ihren Herrn arbeite und er hatte erwidert, nur von Zeit zu Zeit, sozusagen auf Abruf. Mehr sei nicht erforderlich.

Als sie die Wohnungstür abschloss, erfasste Sophie ein mulmiges Gefühl. Hinter dieser Tür mit zwei Zimmern, Bad und Küche, lag die Vergangenheit der letzten sechs Jahre. Nun gab es endgültig kein Zurück mehr. Sie gehörte nicht mehr sich selbst.

Der Mann nahm ihren Koffer und ihre Reisetasche und lud beides in den Wagen ein. Die Fahrt war eine Qual. Als hätten sich die roten Ampeln gegen sie verschworen, kamen sie nur langsam voran.

Dann war es soweit. Sophie staunte über ihr Ziel, das sie nun endlich sehen durfte, ein modernes Appartementhaus unweit der Stadtmitte, nicht allzu weit von ihrer Arbeitsstelle entfernt. Ein Aufzug brachte sie schnell hinauf zum Penthouse.

Sophie wartete im selben Zimmer wie beim ersten Mal. Sie hatte vermutet, dass es zu seiner Wohnung gehörte. Aber es war eben nur eine Vermutung gewesen.

Ihre Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. Nach einer Minute sah sie auf die Uhr, nach einer weiteren, und obwohl sie glaubte, sich beherrscht zu haben, waren nur knapp zwei Minuten vergangen, als ihr Blick schon wieder auf die Uhr fiel.

»Guten Tag, Sophie.«

Sie zuckte zusammen. Wie verführerisch diese Stimme war, von angenehmer Tiefe und Volumen. Wenn sie schon so aufregend aus dem Lautsprecher klang, wie erregend musste das erst ohne diese Distanz sein.

»Guten Tag, Herr. Ihre Sklavin meldet sich zum Dienst.«

Ein trockenes Lachen klang. »Langsam, noch bist du nicht meine Sklavin. Erst wenn auch ich den Vertrag unterzeichnet habe.«

»Dann tun Sie das bitte«, sagte Sophie mit Nachdruck. »Ich bin hier, ich bin bereit, Ihnen zu dienen.« Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie musste ihn endlich sehen, sonst würde sie noch durchdrehen.

»Du hast deine Meinung also nicht geändert?«

»Nein. Ich stehe zu meinem Wort.« Sophie atmete tief durch. Ihr Herz klopfte immer schneller. »Ich denke an nichts anderes mehr, obwohl ich nicht weiß, wer Sie sind.«

Er lachte leise. »In Ordnung, dann will ich dieser Qual mal ein Ende bereiten.«

 

»Danke, Herr.«

»Du hast nur deine wesentlichen persönlichen Dinge mitgebracht?«

»Ja, Herr. In zwei Koffern. Obwohl ich darin nicht alles untergebracht habe und vieles, was mir wichtig ist, zurücklassen musste«, erwiderte sie vorwurfsvoll.

Wieder lachte er leise, als nähme er ihren Einwand nicht ernst. »Wenn es dich beruhigt, ich werde deine Sachen in einem kleinen Lager, das ich angemietet habe, ein Jahr lang aufbewahren. Wobei du bald feststellen wirst, Sophie, dass du sie gar nicht vermissen wirst.«

In diesem Punkt war Sophie zwar anderer Meinung, aber sie verkniff sich eine Erwiderung. Es käme bestimmt nicht gut, sich schon jetzt aufmüpfig zu geben. Es war ihr nicht wohl dabei, ihm ihre Sachen zu überlassen.

»Inhalt deiner Handtasche auf den Tisch.« Der plötzliche Befehlston und die Strenge seiner Stimme machte Sophie bewusst, dass er ein Dom war und sie sich danach gesehnt hatte, ihm zu gehorchen. Trotzdem befolgte sie seinen Befehl nur widerwillig. Ihre Handtasche war so etwas wie das Allerheiligste. Geldbörse, Schminktäschchen, Schlüssel für Haus- und Wohnungstür, Keller und Briefkasten in dreifacher Ausfertigung, Ebook-Reader, Haarbürste, Kopfschmerztabletten, Taschentücher …

»Geldbeutel, Schlüssel und Lesegerät bleiben auf dem Tisch, alles andere darfst du wieder einräumen«, befahl er trocken.

Mist, sie hätte den Ebook-Reader irgendwo zwischen den Kleidungsstücken im Koffer verstecken sollen. Sophie biss wütend auf sich selbst die Zähne zusammen, bis sie knirschten. Hunderte für sie wichtiger Dokumente befanden sich auf dem Lesegerät, auch die Romanreihe, die sie noch nicht fertig zuende gelesen hatte.

»Wo ist dein Mobiltelefon? Leg es dazu.«

Sophie hob an zu protestieren, schluckte die Worte dann jedoch herunter und nahm ihr Handy aus der Jackentasche. Verdammter Mist, er beraubte sie all ihrer persönlichen Dinge, ohne die sie nicht leben konnte. Erst wenn sie wieder im Büro wäre, in zwei Wochen, hätte sie wieder Gelegenheit zu telefonieren, denn dass er ihr die Gnade zwischendurch gewähren würde, glaubte sie kaum. Sie war abgeschnitten von der Umwelt. Diese Erkenntnis durchzuckte Sophie kalt wie Eis. Internet schied damit ja wohl auch aus, sofern er überhaupt einen Computer besaß. Vielleicht gehörte er zur selten gewordenen Spezies, die außer einem normalen Telefon und einem Fernseher überhaupt nichts Technisches akzeptierte.

Kein Telefon, kein Skype, keine eMails, kein Facebook, kein Twitter. Konnte man ohne diese Errungenschaften moderner Kommunikation überhaupt existieren?

»Und du bist dir inzwischen ganz sicher, dass du meine Sklavin sein willst, Sophie?«, erklang es nun eher ermunternd und freundlich aus dem Lautsprecher.

… du … meine Sklavin … Sophie fühlte Schwindel aufkommen. Es hörte sich gut an, so persönlich. Und gleichzeitig erniedrigend, solange er ihr nicht erlaubte, ihn ebenfalls zu duzen. Sie hatte ihn bislang ganz bewusst höflich gesiezt und war sich nicht sicher, ob er diese Anrede auch in Zukunft von ihr erwartete. Kommt Zeit, kommt Rat.

»Dies ist deine allerletzte Chance, von unserem Vertrag zurückzutreten. Wenn du jetzt deine Schlüssel und deine Koffer nimmst und gehst, wird niemand davon erfahren. Wenn du bleibst, gehörst du ganz und gar mir.«

Wenn ihr Stolz einen Rückzug erlaubte, hätte sie dieses Angebot möglicherweise angenommen. Sophie holte tief Luft. Es kam auf die korrekte Wortwahl an, ihm ein Signal ihrer Unterwürfigkeit zu geben. »Ich gehöre ab sofort Ihnen, Herr.«

»Gut, dann soll es so sein. Hiermit beschlossen und durchzuführen. Knie dich devot auf den Boden und schließe deine Augen.«

Sophie gehorchte, schob den Stuhl zurück und kniete sich mit tief geneigtem Kopf Richtung Tür nieder, was sich mit ihren extrem hohen Stilettos nur schwer ausführen ließ. Ihr Magen war angesichts der Erwartung, dass sie in wenigen Minuten ihren Herrn von Angesicht zu Angesicht kennenlernen würde, ein wenig flau. Sie schloss ihre Augen, um sich für diesen lang ersehnten Augenblick zu wappnen.

Kapitel 7

Die Tür wurde leise geöffnet und wieder geschlossen. Schritte kamen näher und blieben direkt vor Sophie stehen.

Sofort änderte sich der bis dahin unspezifische Geruch des Raumes. Deutlich trat das Eau de Toilette hervor, das Er mitbrachte. Sophie schnupperte. Es war intensiv, mit markanter Note, aber ohne ihre Nase zum Niesen zu reizen. Sie wusste schon jetzt, dass sie diesen Duft lieben würde, eine feine, wohl abgestimmte Mischung, die auf jeden Fall Lemongras, Sandelholz und einen Hauch von Meeresbrise enthielt. Ihr Herz schlug noch aufgeregter als zuvor.

»Du darfst nun zu mir aufsehen«, forderte die Stimme sie sanft auf, noch tiefer und angenehmer – und aufregender – klingend als aus dem Lautsprecher.

Sophie öffnete ihre Augen ohne den Kopf zu heben, um bewusst jedes Detail vollkommen in sich aufzunehmen und blickte zunächst auf ein Paar moderne, auf Hochglanz polierte Schuhe. Einem drängenden, für sie selbst ungewohnten Impuls folgend, beugte sie sich vor und hauchte auf eine der Schuhspitzen einen Kuss, eine demütige Geste, zu der sie sich niemals bereit erklärt hätte, wenn sie jemand von ihr verlangte.

Ihr Blick schweifte langsam nach oben, zu einer schwarzen, eng an den muskulösen Beinen anliegenden Hose aus feinem Leder, mit einer Wölbung seines Geschlechts, die vielversprechend aussah. Weiter über den flachen Bauch zu einem eng anliegenden Shirt aus schimmerndem schwarzem Stoff. Alles andere als Billigware. Ihr Exkurs stieg über seine Brust hinauf, den Hals und endete auf seinem Gesicht mit den energischen Zügen.

Sophies Atem stockte für einen Moment. Dieser Mann wusste, was er wollte, darüber bestand kein Zweifel. Zugleich war sie über seine Attraktivität ein wenig erleichtert. Ihre schlimmste Befürchtung war nicht eingetroffen. Er war nicht hässlich, ganz im Gegenteil. Er hatte weder Pickel noch Narben, auch keine schiefe Nase oder andere Makel. Wenn dieser Mann ihr neuer Herr war, dann war er eine wahrhaft charismatische Erscheinung und hätte an jeder Hand mehrere Frauen zügeln können. Warum ich?, schoss es ihr durch den Kopf. Durchdringende Augen von einem so hellen Blau, dass es schon fast unnatürlich war, umgeben von kleinen Lachfältchen, die sein Charisma nicht minderten, erwiderten ihren neugierigen Blick und die sinnlich geschwungenen Lippen schenkten ihr ein wohlwollendes, vielleicht ein wenig spöttisches Lächeln.

»Oh mein Gott«, entfuhr es Sophie überwältigt und im selben Moment ärgerte sie sich, dass sie sich dazu hatte hinreißen lassen.

»Belassen wir es dabei, dass du mich Herr nennst«, korrigierte er amüsiert.

Sophies Herz schlug in einem rasanten Trommelwirbel und wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Er war um einiges älter als sie, mindestens zehn Jahre, vielleicht mehr. Im Schätzen war sie noch nie gut. Es war ihr nicht unangenehm. Er wirkte reifer und ruhiger als die Doms, die sie kennengelernt hatte, und gleichzeitig blitzte in seinen Augen ein wissender Schalk, als er von oben auf sie herab sah.

»Na, Sklavin – wie ich merke, bist du zufrieden mit dem, was du siehst?«, fragte er lächelnd, sich seiner Ausstrahlung bewusst.

»Ja, Herr«, hauchte Sophie ergeben. Ein wohliger, sinnlicher Schauer rieselte über ihren Rücken, die Poritze entlang, nach vorne, direkt in ihre Vagina und sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut vor Verlangen aufzuseufzen. Egal was dieser Mann vorhatte, egal wie streng er sie erziehen würde – wenn er sie zwischendurch mit diesem Blick bedachte, würde sie dahin schmachten und gerne alles für ihn tun.

»Nimm Haltung an«, befahl er und das Lächeln verschwand binnen einer Sekunde aus seinem Gesicht und wich einer unnachgiebigen Strenge.

Sophie gehorchte. Sie kniete sich aufrecht hin, Rücken durchgestreckt, Hände auf dem Rücken, Schultern nach hinten, den Kopf zu ihm erhoben. Es war wichtig, seine Wünsche schnell und zu seiner Zufriedenheit auszuführen, die Lage vorsichtig auszuloten, bis sie einen Überblick hatte, welches Verhalten vorteilhaft war.

Fürs Erste schien er zufrieden. Er nahm ein Blatt vom Tisch, das er vermutlich nach dem Eintreten dort abgelegt hatte, und hielt es so vor sie hin, dass sie es lesen konnte. Es war der Vertrag, der seine Pflichten als Herr dokumentierte. In der ersten Zeile war das Wort Herr diesmal um seinen Namen ergänzt: Leopold Maximilian Theodor Uhl.

Seine Namen vermitteln so etwas Klassisches, Solides, fast wie mit einer langen Ahnenreihe gesegnet, dachte Sophie. Fehlt nur ein von. Trotzdem werde ich ihn im Stillen ganz für mich Leo nennen, auch wenn das respektlos klingt. Aber er weiß ja nicht davon. Das klingt weniger förmlich und bestimmt rufen ihn seine Freunde so.

Leo legte das Blatt auf den Tisch zurück und unterschrieb es. Sophie zitterte vor Erwartung. Sie fürchtete sich ein wenig vor dem, was ab sofort geschehen würde.

»Unser Vertrag ist ab sofort gültig. Ich werde dir nun als Erstes ein Halsband umlegen, das dich als meinen Besitz kennzeichnet.«

Sophie hatte oftmals bei den Spielen ein Halsband getragen, meistens aus breitem schwarzem Leder gefertigt, manchmal mit Nieten, einmal sogar mit nach innen gerichteten, kurzen, pieksenden Stacheln versehen, zuweilen auch aus groben Kettengliedern gefertigt. Sie war an der Leine gegangen, hatte sich zu Hündchen-spielen erniedrigen lassen, bei denen sie aus einem Napf essen und trinken musste. Sie hatte Klammern und Nippelklemmen unterschiedlichster Kategorie ertragen. Sie kannte jede Art von Peitschen, Paddeln und anderen Züchtigungsinstrumenten, die man in einschlägigen Shops erwerben konnte. Sie war sich ziemlich sicher, dass es nichts gab, was sie noch nicht ausprobiert hatte. Doch was auch immer sie erlebt hatte, sie hatte aus keiner dieser Maßnahmen den von ihr erhofften Kick erlangt. Ob Leo die Vergangenheit toppen konnte?

Dieses Halsband, das ihr Herr jetzt in seinen Händen hielt, war ganz einzigartig und hatte Nichts mit der üblichen Shopware zu tun. Es war aus mattiertem Gold gefertigt, nicht allzu breit und als er es vor ihren Augen hin und her wendete, las sie innen in einer schönen feinen Schreibschrift ihren Namen graviert, außen dagegen in massiven männlichen Buchstaben mit dem Zusatz Ich gehöre den seinen: Leopold. Also hatte sie richtig geraten, dass dies sein Rufname sein musste.

Jeder würde lesen können, dass sie ihm gehörte, für immer und ewig an ihn gebunden war. Sophie schluckte. Er war sich seiner Sache also sicher gewesen und hatte sich in Unkosten gestürzt. Sie sollte sich geehrt fühlen.

»Es ist wunderschön, Herr«, flüsterte sie beklommen. Ihre Selbstsicherheit war dabei, ins Bodenlose zu sinken.

»Ich erwarte von dir, dass du dieses Zeichen meines Besitzanspruchs immer trägst. Erwische ich dich dabei, dass du es abgenommen hast, werde ich dich sehr hart bestrafen, und glaube mir, du wirst es bitter bereuen«, warnte Leo und Sophie zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass er es genauso meinte. Sein Ruf war diesbezüglich eindeutig und unantastbar, und so wie er auftrat, bestätigte sich dieser schon jetzt, in diesen wenigen Minuten.

»Du darfst tagsüber in der Arbeit einen Schal darüber tragen, wenn dir das lieber ist. In der Szene jedoch wird jeder sofort wissen, dass du mir gehörst und keiner wird es wagen, mein Eigentum anzurühren.«

Er klappte das Halsband an dem kleinen Scharnier auf, legte es ihr um und verschloss es. Es war kühl und schmiegte sich sogleich an ihre Haut.

»Darf ich es anfassen, Herr?«

Er nickte und Sophie fuhr mit den Fingern über das Metall. Es fühlte sich gut an.

»Danke, Herr«, wiederholte sie mit Tränen in den Augen und schämte sich nicht, ihm zu zeigen, wie gerührt sie war. Ihr neuer Meister war in jeder Hinsicht schon jetzt die Erfüllung ihrer feuchten Träume. Dabei hatte sie doch stark sein wollen, auch in ihrer Rolle als Sklavin, aber es fühlte sich auf einmal so gut an, schwach zu sein und sich seiner Führung anzuvertrauen.

Leo streichelte ihr über die Wange, fuhr mit seinem Finger sanft ihre Lippen nach und musterte sie.

»Nun gehörst du ganz und gar mir«, sagte er leise, als müsse auch er sich noch mal über diesen Umstand und die damit verbundenen Konsequenzen vergewissern. Dann verschwand der nachdenkliche Ausdruck von einer Sekunde zur anderen.

 

»Deine Erziehung wird im Vordergrund stehen und das Zuckerbrot nach der sprichwörtlichen Peitsche wirst du dir hart erarbeiten müssen, Sophie. Dein tägliches Brot wird B und D sein, vor allem D.«

Bondage and Discipline? Es erschien Sophie weit weniger schrecklich, als er möglicherweise gemeint hatte. Sie hatte ihn genau aus diesen Gründen gesucht. Vielleicht war ihm noch nicht klar, wie viel Lust sie aus einer harten Erziehung ziehen würde. Schließlich war sie alles andere als eine Romantikerin oder Kuschelmaus. Zuckerbrot sah für sie eben anders aus.

»Steh auf, Sklavin.«

»Ja, Herr.«

Sophie erhob sich hastig und hatte Mühe, die Balance auf ihren Highheels zu finden. Würde er nun damit beginnen, sie durch eine harte Züchtigung zu unterwerfen? Oder würde er sie hier an Ort und Stelle mit seinem Geschlecht in Besitz nehmen? Sophie zitterte. Jede Faser ihres Körpers war auf Hochspannung und lechzte danach, ihm zur Verfügung zu stehen und natürlich für sich selbst das Vergnügen eines Höhepunkts dabei herauszuziehen. Es würde sich zeigen, wer von ihnen wirklich der Stärkere in diesem Spiel war. Im Augenblick fühlte sie sich ein wenig schwach, aber vielleicht verging dieses Gefühl wieder, wenn sie ihn näher kannte. Dennoch war da auch eine mahnende Stimme, nicht zuviel zu erwarten und seine Dominanz nicht zu unterschätzen.

»Zieh deine Schuhe aus und nimm sie in die Hand. Sie ruinieren meinen Fußboden.«

Sophie gehorchte schweigend. Bisher hatte sie sich immer damit beruhigt, dass es ein Codewort gab und sie die Session jederzeit beenden konnte, was sie in dem einen oder anderen Fall auch schon getan hatte. Weniger weil sie es nicht ausgehalten hätte, sondern eher weil der Funke nicht übergesprungen war und sie das Spiel nicht erregte, sondern langweilte.

Was aber würde geschehen, wenn sie Leo anflehen würde, Gnade zu zeigen und er nicht darauf einging? Sie wollte so sehr von ihm unterworfen und erzogen werden, einmal erleben, dass es nicht nach ihrem Kopf ging, dass sie Angst vor ihrer eigenen Courage hatte und fröstelte.