Nahrungsergänzung im Selbstversuch

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Weihnachtsfeiern

Vor Weihnachten häufen sich die Feiern, mal sehen, was passiert. Dienstags Skat, das Übliche, kennen wir ja schon. Mit dem Unterschied: Am nächsten Abend geht es weiter, diesmal starten wir im lauschigen Baden-Baden mit Glühwein an der Eisbahn, dann geht es mit Bier und Topinambur zu Brot, Speck und einer Schmankerlplatte weiter, und am Ende folgt ein Rum-Tasting. Vier verschiedene Sorten müssen wir probieren, zum Vergleich einen Calvados und dann den Gewinner-Rum noch einmal. Und immer flott geraucht. Am nächsten Tag leidet mein 20 Jahre jüngerer Kollege ganz ordentlich. Ich nicht.

Tags drauf unsere eigene Weihnachtsfeier, die nachts um drei in der Altstadt ihr würdiges Ende findet. Die ganze Woche war ein einziger Leber-Belastungstest, den ich auch nicht so bald wiederholen will. Aber gut zu wissen, dass dieser ungeplante Test abgesehen von etwas Müdigkeit keinerlei unangenehme Folgen für mich hatte. Anderen, weit Jüngeren, ist es deutlich anders, deutlich übler ergangen …

Sodbrennen

Und dann wäre noch von einer dritten Überraschung zu berichten. Kein Belastungstest im engeren Sinne, nur eine Beobachtung: wie gesagt, Weihnachtszeit. Ein längeres, lustiges Mensch-ärgere-Dichnicht-Spiel mit den Töchtern. Trotz meiner Versuche, Zucker zu meiden, bin ich nicht gegen Ausnahmen gefeit. Und ich meide Zucker ja nicht nur aus erkenntnistheoretischen Gründen, die ich des Langen und Breiten mal aufgeschrieben habe, sondern auch wegen der Gefahr des Sodbrennens. Kennen junge Leute kaum bis gar nicht, ältere schon. Sodbrennen kann viele Ursachen haben, zu viel Zuckerkonsum ist eine davon. Ich kenne Leckereien, die mir umgehend und schon in kleinen Mengen garantiert Sodbrennen bescheren, Blätterteigteilchen mit dieser schmatzigen, dunkelroten Paste aus getrockneten Tomaten ist eine davon, da reicht schon ein halbes Teilchen.

Frisch gebacken standen auf dem Ess-Spieltisch Dattelhäufchen und Kokosmakronen, dazu noch Dominosteine und Aachener Printen. Ich habe fünf von den Plätzchen gegessen, drei Dominos und drei Printen. Und danach mit richtig schlechtem Gewissen aufs unvermeidliche Sodbrennen gewartet. Umsonst gewartet, kein Sodbrennen mehr in diesem Theater. Kaiser-Natron und Bullrich-Salz, die gegen Sodbrennen probaten Hausmittel – beide sind einfach nur Natriumhydrogencarbonat –, gibt’s bei mir immer noch in der Medikamentenkiste. Aber ich verwende sie nur noch zum Nasespülen mit der Nasendusche. Eine Prise Salz dazu, fertig ist die Laube (kommerzielles Nasenspülsalz besteht gerne mal aus einem Drittel Kochsalz, zwei Dritteln Natriumhydrogencarbonat und ein paar anderen Mineralstoffen im Promillebereich. Mischt man die zwei Hauptzutaten selbst zusammen, ist das deutlich billiger – und bei Schnupfen trotzdem sehr effizient).

Und noch mal Wandern

Irgendwann im Frühjahr 2019 wollte ich es richtig wissen, bin morgens mit meinen Stöcken los und hatte mir vorgenommen, nicht heimzukehren, bevor es Abend wird. Das habe ich auch gemacht und am Schluss natürlich den obligaten Test: die Treppen hochspringen zur Wohnung – hat auch geklappt. Und dann genau aufpassen, ob sich in den Tagen danach ein Muskelkater meldet. Hat er nicht. Ich konnte, wie oben schon beschrieben, natürlich in den Füßen spüren, dass ich sehr weit gelaufen war, und am nächsten Abend waren die ersten Schritte nach zwei bis drei Stunden Stillsitzen vor dem Fernseher etwas steif. Muskelkater kann man das nicht nennen. Und ich hatte immerhin 52 000 Schritte getan, war in siebeneinhalb Stunden über 32 Kilometer gewandert.

1 t1p.de/l78c

Experimente

Schon als ganz kleiner Junge war ich neugierig, wissbegierig und immer bereit, irgendetwas auszuprobieren – des höheren Erkenntnisgewinns wegen? Oder doch eher wegen der Lust am teilweise drastischen Ausgang der Experimente? „Addu wimmt“, soll ich fröhlich gekräht haben, als ich beim Baden das kleine rote Spielzeugauto ins Wasser geschmissen hatte. Einige Jahre später im Sandkasten habe ich den hiesig ubiquitären roten Sandstein mit größter Mühe stundenlang zu Pulver zerrieben, mit Wasser vermengt, in Förmchen gefüllt und gehofft, er würde wieder zusammenbacken und dabei so fest werden wie vorher. So müssen die Römer irgendwann den Zement erfunden haben …

Dann hat mich das normale Leben erwischt, Abitur, Studium, Beruf, Selbstständigkeit, Familie. Für seltsame Experimente blieb da nicht mehr so viel Neugier oder Kraft oder Zeit, das Leben selbst ist ja ein dauerhaftes Experiment an und für sich. Bei den teils heftigen Erkältungen, die mich früher geplagt haben, habe ich natürlich alles Mögliche ausprobiert auf der Suche nach einer endgültigen Erlösung von dieser wiederkehrenden Pein, aber selbst Luftbefeuchter mit China-Öl-Beduftung hatten leider keinen durchschlagenden Erfolg, von Immunabwehr-Verstärkern wie Esberitox und Ähnlichem oder Kamillendampfinhalatoren mal ganz zu schweigen. Nun ja, ein Wehwehchen hat ja jeder irgendwie. Bei mir ist es eben eine Anfälligkeit für Erkältungen, die früher auch gerne in die Nasennebenhöhlen gezogen sind. Regelmäßig sind mir dann auch die Tuben, die Verbindung zwischen Nasenrachen und Ohr, zugefallen. Und wenn sich die Tuben bei dauerhaftem Unterdruck nicht von selbst ab und an öffnen, tritt Lymphe aus den Blutgefäßen aus und schwappt dann vor dem Trommelfell herum. Bakterien lieben Lymphe, die baden darin und vermehren sich fröhlich. Es folgt: die Mittelohrentzündung. Not very nice, aber ich will mich auch nicht beschweren. Gegen Asthma, Rheuma, Hexenschuss, Reizdarm und was es noch alles an Unannehmlichkeiten auch schon im jungen Alter gibt, war das alles überstehbar. Leider aber immer auch mit einer zeitweisen Schwerhörigkeit verbunden, die natürlich nicht besser werden würde – ich war sicher, irgendwann ein Hörgerät tragen zu müssen. So gingen die Jahre dahin, und das einzige größere Experiment blieb die Umstellung auf Low Carb, also kohlenhydratarme Ernährung.

Jede*r hat bessere und schlechtere Tage. Tage, an denen man energiegeladen aus dem Bett springt und Bäume ausreißen will, und Tage, an denen man sich aus den Federn quält und drei Eimer Kaffee austrinken möchte, damit mal irgendetwas vorangeht. An Möglichkeiten, sich natürlich zu dopen, fehlt es ja angeblich nicht, alle Nas’ lang gibt es einen neuen Hype. Quinoa („Inka-Reis“), Goji-Beeren, Chia-Samen, Gemüse-Smoothies und „bulletproof coffee“ (Kaffee mit Butter oder gar MCT-Öl), um nur mal ein paar der in den letzten Jahren aktuellen Modetorheiten zu nennen, neben all den Nahrungsergänzungswundermittelchen. Und von Letzteren habe ich tatsächlich ganz, ganz viele ausprobiert. Fast alle davon hätte ich längst vergessen, aber die unverbrauchten Vorräte in Dosen und Tüten in der Speisekammer sprechen eine deutliche Sprache. Ich zähle mal ein paar Sachen auf, die ich noch nicht entsorgt habe: Da gab es dicke Taurin-Kapseln (Taurin ist angeblich der energetisierende Bestandteil von Energy-Drinks, dabei ist für die Wirkung vielmehr das Dreigestirn aus einer hohen Dosis Coffein, sehr viel Zucker und dem unvermeidlichen Wodka verantwortlich), L-Citrulin und L-Arginin, zwei Aminosäuren, die von Sportler*innen für besseren Muskelaufbau genommen werden, 5-HTP (5-Hydroxytryptophan), aus dem der Körper Serotonin und Melatonin synthetisiert, das soll allgemein für Wohlbefinden sorgen, Hordenin, ein Alkaloid, das in Pflanzen, unter anderem auch im Hopfen, vorkommt und an den Rezeptoren für das Glückshormon Dopamin andockt, deswegen also angeblich für das durchs Bier erzeugte Glücksgefühl verantwortlich sein soll, L-Tyrosin, Baustein eines Neurotransmitters, der angeblich bei Stress helfen und überhaupt gut sein soll, Traubenkernextrakt OPC mit Resveratrol, dem Wunderwirkstoff und Antioxidans aus dem Rotwein (Mittelmeerdiät!), DHEA (Dehydroepiandrosteronacetat), das vor dem Altern schützen und bei Depressionen, Fettleibigkeit und bei CFS (Chronic Fatigue Syndrome), dem chronischen Müdigkeitssyndrom, helfen soll. Ich habe „aktiviertes Hydrogenium“ (Wasserstoff) aus Himalaya-Gesteinsmehl für ein Schweinegeld geschluckt, weil dieses Gesteinsmehl, das im Bachwasser eines bestimmten Tales im Himalaya schwebt und es milchig färbt, eines Tales, in dem die Bewohner mehrheitlich 90 und 100 Jahre alt werden, eines Tales, das zu den weltweit vier blauen Zonen zählt, wo die Menschen im Durchschnitt drei bis sechs Jahre älter werden und gesünder bleiben, weil also dieses Gesteinsmehl respektive der darin enthaltene „aktive Wasserstoff“ (was immer das sein soll) diesen Effekt und überhaupt eine tolle Aktivität und Körperenergie bewirken soll. Guter Witz – leider auch teuer. Wenn der Winter wieder mal sehr lange sehr trübe war und die Stimmung dementsprechend, dann auch gerne Johanniskraut. Das war das Einzige, von dem ich den Eindruck hatte, es hilft wenigstens ein bisschen, aber so etwas ist schwer zu beurteilen: Wäre die kleine Winterdepression schlimmer geworden ohne Johanniskraut? Und das Zeug ist auch nicht unproblematisch. Es mixt sich schlecht mit Sonnenschein, wer also keinen Sonnenbrand riskieren will, muss es rechtzeitig im Frühjahr absetzen. Außerdem gibt es Kreuzreaktionen mit anderen Medikamenten, zum Beispiel hormonellen Kontrazeptiva, der Pille also – das wissen auch nicht alle Frauen. Teuer ist es auch, denn die empfohlene Tagesdosis (425 mg) ist recht wenig. Ich musste immer das Doppelte einsetzen oder mit Passionsblume verstärken. Ich habe sicher noch viel mehr ausprobiert und wegen gefühlter Wirkungslosigkeit längst ad acta gelegt.

Unter der Überschrift „Es gibt im Leben zwei kreative Hochphasen“, schreibt die WELT in einem Artikel: „Die zweite Kreativphase zeigt sich erst in unserer zweiten Lebenshälfte, ab Mitte 50. Und hier kommt der essenzielle Unterschied. Kreatives Denken zeigt sich zu dem Zeitpunkt nämlich in einem ganz anderen Gewand. Es sei eher experimenteller Natur. Sprich: Wir sammeln jede Menge Erfahrungen und kreieren daraus neue Zusammenhänge. Gemäß dem Prinzip ‚Versuch und Irrtum‘.“ (t1p.de/999e)1 Na, wenn das so ist. Dann will ich mal meine entscheidenden Versuche schildern und auch, mit welchen Irrtümern sie geendet, besser gesagt welche Folgen sie gezeitigt haben: Sehr überraschende, das kann ich schon verraten. Die eine Überraschung war das Mittwochmorgen-Wunder, die Aufklärung folgt später, first things first.

 

Und es gibt unter meinen Versuchen sogar ein Anti-Experiment, so nach dem Motto: „Haha, das kann ja gar nicht funktionieren!“ Das habe ich mir auch nicht selbst ausgedacht, in das wurde ich hineingetrieben, und ich habe es eigentlich nur durchgeführt, um zu beweisen, dass es schiefgeht. Aber auch hier ein überraschendes Ergebnis. Und weil es so wunderlich ist, habe ich mir größte Mühe gegeben, alles dazu zusammenzutragen, was es zu wissen gibt; denn ich ahne die Kontroverse darum voraus.

Und dann ist da noch ein Kapitel. Das war eigentlich gar nicht geplant, als ich begonnen habe, an diesem Buch zu schreiben. Aber dann ist mitten in meinem Schreibprozess die Corona-Pandemie über uns hereingebrochen, und weil das, wovon ich in diesem Buch schreibe, auch in Hinblick auf Corona wichtig sein kann, habe ich dazu in „Aus aktuellem Anlass: Hätte der zweite Lockdown verhindert werden können?“ viele Informationen zusammengetragen.

Also, jetzt aber auf zu den Experimenten und ihren teils unvorhergesehen Folgen.

Eupat macht den Husten weg

Gelegentlich gab’s zu meiner Erkältung auch mal einen bellenden Husten gratis dazu, und den loszuwerden, war immer schwer. Eines Tages las ich im FOCUS von einer Wunderpflanze gegen Erkältungen, Husten, Schnupfen, Heiserkeit, den gemeinen Wasserdost. Ja, Wasserdost. Nie gehört. Im Internet recherchiert, und siehe, das gibt es auch als Arzneimittel. Hat dann den klangvollen Namen „Eupatorium perfoliatum“ und ist in allen möglichen homöopathischen Verdünnungen von D6 bis C30 erhältlich. Ich bin, was die Homöopathie angeht, skeptisch. Mir will nicht einleuchten, dass der Kamillensud, den ich mir gerade gebraut habe, stärker wirken soll, wenn ich ihn millionenfach verdünne. Wenn der Wasserdost heilsame Inhaltsstoffe hat, dann wollte ich davon keine millionenfache Verdünnung, sondern das Richtige, Echte. Ich wollte die sogenannte Urtinktur, den reinen Pflanzenauszug. Und ja, auch den gab es damals noch von derselben Firma, von der man auch heute noch die D6- bis C30-Verdünnungen kaufen kann. Eupatorium perfoliatum, 20 Milliliter Urtinktur, circa 13 Euro. Ganz schön teuer, das Zeug. Aber ausprobieren wollte ich das, ich war einfach neugierig.

Das Fläschchen war anderntags in der Apotheke abholbar, der Husten hatte sich brav geduldet und war bei mir geblieben. Nun aber wie einnehmen? Im Beipackzettel stand, man solle 10-15 Tropfen in etwas Wasser tropfen und dann trinken. Aber ich hatte – mal wieder – eine Idee. Die Wirkstoffe sollten nicht über den Magen laufen müssen, sondern direkt ins Blut … und das geht doch am besten über die Mundschleimhaut? Also Zunge hoch und rein getropft – autsch, das Zeug brennt ganz ordentlich, und ein bisschen bitter schmeckt es auch, egal … 17, 18, 19, 20, Schluss, das muss reichen. Aber was jetzt? Die Lippen halb geöffnet, die Zunge hochgerollt, fange ich vorsichtig an, durch die Zähne zu atmen. Ganz vorsichtig ziehe ich die Wasserdost-Alkohol-Dämpfe in die Lunge. Jetzt bloß nicht husten. Muss ich nicht. Weiter ganz sanft „drüberatmen“. Mittlerweile läuft mir buchstäblich die Spucke im Mund zusammen. Spätestens nach einem oder zwei Dutzend Atemzügen muss ich schlucken, es wird zu viel Flüssigkeit. Na gut, jetzt ist es weg. Der Hustenreiz auch, das ist ja schon mal gut. Und er blieb weg. Keine Bellerei in der Nacht und auch nicht am nächsten Tag, gar nicht mehr. Eupat macht den Husten weg, hurra!

Kindern kann man die Urtinktur, wenn überhaupt, natürlich nur mit Wasser verdünnt verabreichen, aber zumindest einer erwachsenen Besucherin habe ich mit meiner Radikalkur geholfen. Sie hatte gebeten, in unserem Souterrain-Gästezimmer übernachten zu dürfen, damit sie uns nachts nicht alle mit ihrer Bronchitis zusammenbelle, die sie nun schon viele Wochen schrecklich und für alle hörbar quälte. Sie bekam die 20 Tropfen unter die Zunge, hat von Stund’ an keinen einzigen Beller mehr getan und war beim Frühstück ganz glückselig, weil sie endlich mal wieder hatte durchschlafen können.

Seitdem habe ich immer ein Fläschchen Eupat-Urtinktur im Haus. Mittlerweile schwer zu besorgen, der industrielle Hersteller, der die homöopathischen Verdünnungen herstellt, verkauft die Urtinktur nicht mehr, es gibt nur noch die Kurapotheke in Bad Aibling, die sie – neben vielen anderen Heilpflanzenauszügen – herstellt und vertreibt. 20 Milliliter kosten immer noch ungefähr 13 Euro, 100 Milliliter sind günstiger (t1p.de/odfo)1.

Was aber, wenn Eupat nur ein Placebo, ein Scheinmedikament ohne jede physiologisch beweisbare Wirkung sein sollte? Das nur wirkt, weil ich dran glaube? Nun, dann wäre es nicht schlechter als andere Hustenmittel: „Die meisten Hustensäfte wirken nicht“, titelt der SPIEGEL ganz aktuell über eine Studie an der Basler Universität. Da hatte man nach den beliebtesten Substanzen der Hausärzte gefragt: „Montelukast, Salbutamol mit Ipratropiumbromid, Gelatine, Fluticason, Budesonid, Nozizeptin-Rezeptor-Agonist und Codein.“ Nach eingehender Analyse der Fachliteratur zu diesen Stoffen resümieren die Basler*innen: „Es gibt keine Behandlung, die in klinischen Studien einen klaren Nutzen für den Patienten gezeigt hat.“ Und so schließt der Artikel mit: „Tatsächlich geht der Husten nach einem grippalen Infekt in der Regel von allein weg, sobald das Immunsystem seine Arbeit erledigt hat. Ein akuter Husten etwa ist mit Saft oder Tabletten spätestens nach drei Wochen überwunden. Ohne Hustenmittel ebenfalls.“ (t1p. de/1cw1)1 Mag alles richtig sein, aber für drei Wochen Rumhusten habe ich echt keinen Nerv. Eupat beseitigt bei mir binnen 24 bis 48 Stunden alle Symptome, und mir ist echt egal, ob das nur Psychologie, Voodoo-Zauber oder echte Pharmakologie ist. Hauptsache, es hilft.

Und wenn es schädlich sein sollte? Wie gesagt, den Hinweis auf dieses bei mir sofort wirksame Anti-Hustenmittel verdanke ich einem Artikel im FOCUS von vor einem Dutzend Jahren. Wie groß war da mein Erstaunen, als ich dort vor einigen Wochen diese Schlagzeile lesen musste: „Pflanzenpillen aus der Drogerie können Sie vergiften“. Im Artikel heißt es dann: „Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt vor Nahrungsergänzungsmitteln aus Wasserdost, Borretsch oder Huflattich. Denn diese können sogenannte Pyrrolizidinalkaloide (PA) enthalten. Das ist ein natürlicher Verteidigungsstoff der Pflanzen gegen Fressfeinde. Der Stoff kann die menschliche Leber schädigen. Tierversuche habe [sic] gezeigt, dass er zudem das Erbgut verändern und krebsauslösend wirken kann. In der Pressemitteilung des Präsidenten des BfR heißt es: ‚In einigen Nahrungsergänzungsmitteln ist der Gehalt sogar so hoch, dass bereits nach kurzfristigem Verzehr toxische Wirkungen möglich sind.‘ Vor allem in Präparaten aus Wasserdost zeigte sich der giftige Verteidigungsstoff in bedenklichen Mengen. Wasserdost findet sich zunehmend in Mitteln zur Unterstützung des Immunsystems und zur Bekämpfung von Erkältungskrankheiten.“ (t1p.de/o2sc)1

Ach herrje. Mein supa-dupa Husten-Killer!? Und ein hochoffizielles Bundesamt sagt, der sei lebertoxisch und krebserregend? Tja, mal wieder ein Beispiel dafür, wie falsch richtige Fakten sein können. Ich würde dem BfR diese Pressemeldung gerne um die Ohren hauen. Oder eventuell auch dem FOCUS, falls er sie unvollständig zitiert haben sollte – aber das hat er nicht. Denn weiter unten im Artikel hieß es: „Oft geben Hersteller die Stoffe auch unter ihrem lateinischen Namen an: Eupatorium Cannabinum für Wasserdost […].“ Hm. Ich google mein Eupatorium perfoliatum. Dazu steht in der Wikipedia: „Hauptsächlich verbreitet ist diese im mittleren Nordamerika beheimatete Pflanzenart von Kanada bis Florida und nach Westen bis Texas und Nebraska, wird aber heute auch in Europa kultiviert. […] Die nordamerikanischen Indianer verwendeten ebenso wie später auch die Siedler die Blätter sowie die blühenden Zweigspitzen des Knochenheil als schweißtreibendes Mittel bei Fieberzuständen oder einer Erkältung. Die Pflanze war früher eine der meistbenutzten Heilpflanzen Amerikas.“ Von cannabinum keine Rede. Ich google mit cannabinum, stoße auf einen Blogbeitrag des Apothekers Gerhard Gensthaler im PTA-Forum (t1p.de/17cz)2 – und finde Erlösung: Pyrrolizidinalkaloide (PAs) können tatsächlich Bestandteile des Wasserdost sein. Aber es gibt circa 40 Sorten von Wasserdost, und die unterscheiden sich stark: „Wegen ihres Gehalts an Pyrrolizidinalkaloiden (PAs) raten Experten sowohl bei Eupatorium cannabinum als auch bei Eupatorium purpureum von der innerlichen Anwendung über längere Zeit dringend ab, was vor allem für Kinder und Schwangere gilt. PAs wirken lebertoxisch und karzinogen. Sie alkylieren die DNA und sind daher mutagen.“ Aber mein Eupatorium perfoliatum ist davon frei: „Eupatorium perfoliatum enthält überwiegend Sesquiterpenlactone, zusätzlich auch Diterpene, Triterpene, Phytosterole (Sitosterol, Stigmasterol), Polysaccharide, Flavonoide und geringe Mengen ätherisches Öl. Hepatoxische und karzinogene Pyrrolizidinalkaloide sind im Durchwachsenen Wasserdost nicht zu finden.“ Keine Ahnung, wo der schädliche Wasserdost (sowohl cannabinum als auch purpureum) drin ist, aber sicher nicht in meiner Urtinktur.

Dem Apotheker, der den obigen Blog-Beitrag verfasst hat, möchte ich an dieser Stelle für die Aufklärung ganz herzlich Danke sagen – ich kann meinen Husten-Killer behalten.

Update Anfang Januar 2020. Mein Lieblings-Tischtennis-Doppelpartner kam erst zum dritten Training nach der Weihnachtspause – und brachte dafür die Überreste einer fetten Erkältung mit: einen gurgelnden, bellenden Husten mit ansehnlicher Sprühreichweite. Mir war schon klar, dass er mich anstecken würde. So war es dann auch keine Überraschung, als es bei mir am Freitagabend zum ersten Mal rasselte. Wasserdost marsch! Samstagmorgen dann bei jedem Atemzug eine Art Mentholgefühl in der Lunge, nachmittags wieder hüsteln, husten, Stimmbänder freiräuspern. Also noch mal Wasserdost. Sonntagmorgen war alles weg. Natürlich nur anekdotisch. Und natürlich kann ich nicht beweisen, dass ein langer Vollhusten daraus geworden wäre. Aber ich bin sehr froh, dass es nicht so gekommen ist.

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