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Die schönsten Märchen

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Zitterinchen

Es war einmal ein armer Taglöhner, der hatte zwei Kinder, einen Sohn mit Namen Abraham und eine Tochter, die hieß Christinchen. Beide Kinder waren noch sehr jung, als der Vater starb, und gute Menschen mußten sich ihrer annehmen, sonst wären sie umgekommen, so arm waren sie. Das Mädchen wurde eine herrlich aufblühende Schönheit, die nicht ihresgleichen hatte weit und breit. Abraham ward ein kräftiger Jüngling und kam durch Vermittelung eines Gönners als Bediener zu einem reichen Grafen. Ehe er aber von seiner Schwester schied, ließ er sich von einem guten Freunde ihr Portrait malen und nahm es mit sich, denn er hatte sie sehr lieb. Der Graf war mit Abraham sehr wohl zufrieden, bemerkte jedoch öfters, daß er ein Portrait aus dem Busen zog und küßte; er verwunderte sich darüber, da Abraham still und sittsam war und kaum aus dem Hause kam; er fragte ihn deshalb, ob das Portrait seine Geliebte vorstelle, und betrachtete sich‘s genauer, als Abraham sagte, es sei seine Schwester. »Ist deine Schwester so schön«, sagte der Graf, »so wäre sie wohl wert, eines Edelmanns Weib zu sein!«

»Sie ist noch weit schöner!« entgegnete Abraham. Der Graf war entzückt und sandte heimlich seine Amme nach dem Orte, wo sich Christinchen befand, um sie nach seinem Schlosse zu holen.

Die Amme fuhr mit einem vierspännigen Wagen vor das Haus von Christinchens Pflegeeltern, grüßte sie von ihrem Bruder und sagte, sie solle mit ihr nach dem gräflichen Schloß fahren. Christinchen sehnte sich sehr, ihren Bruder wiederzusehen, und war bereit zu folgen; sie besaß aber ein Hündchen, das sie einst aus dem Wasser gerettet hatte, das hieß Zitterinchen und hegte große Anhänglichkeit an sie. Das Hündchen sprang mit Christinchen in den Wagen. Die Amme hatte jedoch einen schlimmen Plan gefaßt. Als sie am steilen Ufer eines großen Flusses hinfuhren, machte sie Christinchen auf die Goldfische aufmerksam, die in den blauen Wellen spielten, und da Christinchen unbefangen aus dem Kutschenschlag hinaus sah, stürzte sie sie in den Fluß, während der Wagen weiterfuhr.

Die Amme hatte eine Base, die schon eine alte Jungfer war; mit dieser hatte sie bereits verabredet, an einem gewissen Ort zu warten, und als der Kutscher seine Pferde tränkte, stieg sie heimlich in den Wagen. Sie trug einen dichten Schleier, und die Amme unterwies sie, dem Grafen zu sagen, sie habe ein Gelübde getan, ihren Schleier innerhalb eines halben Jahres nicht zu lüften.

Die verhüllte Dame ward vor den Grafen geführt, der sie inständig bat, den Schleier zurückzuschlagen, sie verweigerte es jedoch standhaft, und der Graf ward um so begieriger. Er vertraute der Redlichkeit seines Abraham, der die Schwester ihm noch viel schöner geschildert hatte, als das Portrait war. Er erbot sich daher, sie zu seiner Gemahlin zu erheben. Der Priester ward gerufen und die Trauung vollzogen. Nach dieser Feierlichkeit weigerte sich die Dame nicht länger, den Schleier zu lüften, doch wie erschrak der Graf, als er statt eines jugendlich frischen ein abgeblühtes Gesicht sah! Er geriet in den höchsten Zorn und ließ Abraham in ein Gefängnis werfen, trotz seiner Beteuerungen, daß diese Dame seine Schwester nicht sei; das betrügerische Bildnis ließ er in den Rauchfang hängen.

Eines Tages hatte der Bediente, der in des Grafen Vorzimmer schlief, eine seltsame Erscheinung. Eine weiße Gestalt stand vor seinem Bette und rasselte mit Ketten und sprach in leisem, wehklagendem Ton: »Zitterinchen, Zitterinchen!«

Darauf kroch das Hündchen, das bisher im Schlosse geduldet worden war, unter dem Bette hervor, wo es geschlafen, und antwortete: »Mein allerliebstes Christinchen!«

»Wo ist mein Bruder Abraham?« fragte die Gestalt weiter.

»Er liegt gar hart gefangen in Ketten und Banden!« versetzte das Hündchen.

»Wo ist mein Bild?«

»Es hängt im Rauch.«

»Wo ist die alte Kammerfrau?«

»Sie liegt in des Grafen Arm.«

»Daß‘s Gott erbarm! Nun komm ich zweimal noch, und werd ich nicht erlöst, so bin ich verloren für dieses Leben.«

Die Gestalt zerfloß darauf wie ein Nebel. Der Bediente glaubte geträumt zu haben und sagte seinem Herrn nichts von der Erscheinung. Aber in der folgenden Nacht ward dieselbe Szene vor seinem Bett aufgeführt, doch rasselte die Gestalt mit ihren Ketten mehr als das vorige Mal und sagte, sie werde nun noch einmal kommen. Diesmal war der Bediente seiner Sache gewiß; er entdeckte den Vorgang seinem Herrn; dieser ward nachdenklich und entschloß sich, die Erscheinung zu belauschen. Er stand um die zwölfte Stunde hinter der angelehnten Türe des Schlafzimmers und lauschte. Endlich sah er die weiße Gestalt plötzlich in dem Dunkel des Vorzimmers auftauchen, hörte sie mit ihren Ketten rasseln und sprechen: »Zitterinchen, Zitterinchen!«

Und das Hündchen antwortete: »Mein allerliebstes Christinchen!«

»Wo ist mein Bruder Abraham?«

»Er ist gar hart gefangen und liegt in Ketten und Banden.«

»Wo ist mein Bild?«

»Es hängt im Rauch.«

»Wo ist die alte Kammerfrau?«

»Sie liegt in des Grafen Armen.«

»Daß‘s Gott erbarm!«

Da öffnete der Graf rasch die Türe, griff nach der Erscheinung und hielt eine schwere Kette in der Hand, die in dem Augenblick sich von der Gestalt abstreifte. Die gespenstische Erscheinung war zu einem holden Frauenbild geworden, das ihn anlächelte und das wohl Ähnlichkeit mit jenem Bilde hatte, aber es an Schönheit noch weit übertraf. Der Graf war entzückt und bat um Enträtselung des Geheimnisses. Nun erzählte Christinchen, wie die alte Amme sie arglistig ins Wasser gestürzt, die Nixen aber hatten sie mit ihren grünen Schleiern aufgefangen und sie in ihren unterirdischen Palast geführt. Sie habe eine der ihrigen werden sollen, habe sich jedoch geweigert, und die Nixen hätten ihr endlich erlaubt, in drei Nächten in des Grafen Vorgemach zu erscheinen. Würden zu diesen dreien Malen ihre Ketten nicht gelöst, so sei sie unwiderruflich verbunden, eine Nixe zu werden.

Der Graf war über diesen Bericht so erfreut als erstaunt. Abraham wurde seiner Haft entlassen und in die Gunst des Grafen erhoben, in denselben Kerker aber ward die böse Amme geworfen und ihre Base aus dem Schlosse gepeitscht; Christinchens Bild wurde aus dem Rauchfang genommen, und der Graf trug es auf seinem Herzen, Christinchen selbst aber ward seine Gemahlin. Zitterinchen leckte schmeichelnd die Hand der Herrin, als sie ihm aber liebkosend versprach, daß es nun gute Tage bei ihr haben sollte, verwandelte sich‘s in eine schöne Prinzessin, die dem verwunderten Christinchen ihr Schicksal erzählte. Sie war von einer bösen Zauberfrau verwünscht gewesen und war durch Christinchens Erlösung selbst erlöst worden.

Die drei Gaben

Es war einmal ein armer Leinweber, zu dem kamen drei reiche Studenten, und da sie sahen, daß der Mann sehr arm war, so schenkten sie ihm in seine Wirtschaft hundert Taler. Der Leinweber freute sich sehr über diese Gabe, gedachte sie gut anzuwenden, wollte aber noch eine Zeitlang seine Augen an den blanken Talern weiden, sagte daher seiner Frau, die nicht zu Hause gewesen war, nichts von seinem Glück und versteckte das Geld dahin, wo niemand Geld sucht, nämlich in die Lumpen.

Als er einmal auswärts war, kam ein Lumpensammler, und verkaufte die Frau ihm den ganzen Vorrat für einige Kreuzer. Da war groß Herzeleid, wie der Leinweber heimkam und seine Frau ihm erfreut das für die Lumpen gelöste wenige Geld zeigte.

Über ein Jahr so kamen die drei Studenten wieder, hofften den Leinweber nun in guten Umständen zu treffen, fanden ihn aber noch ärmer als zuvor, da er ihnen sein Mißgeschick klagte. Mit der Ermahnung, vorsichtiger zu sein, schenkten ihm die Studenten abermals hundert Taler; nun wollte er‘s recht klug machen, sagte seiner Frau wieder nichts und steckte das Geld in den Aschentopf. Und da ging‘s gerade wieder so wie das vorige Mal; die Frau vertauschte die Asche an einen Aschensammler gegen ein paar Stückchen Seife, als gerade ihr Mann wieder abwesend war, irgendeinem Kunden bestellte Leinwand abzuliefern. Als er wiederkam und den Aschenhandel erfuhr, wurde er so böse, daß er seine Frau mit ungebrannter Asche laugte.

Über ein Jahr kamen die Studenten zum dritten Male, fanden den Leinweber fast als Lumpen und sagten ihm, indem sie ihm ein Stück Blei vor die Füße warfen: »Was nutzt der Kuh Muskate? Dir Tropf Geld zu schenken wäre dümmer, als du selbst bist. Zu dir kommen wir auch nicht wieder.« Damit gingen sie ganz ärgerlich fort, und der Leinweber hob das Stück Blei vom Boden auf und legte es aufs Fensterbrett.

Bald darauf kam sein Nachbar herein, der war ein Fischer, bot guten Tag und sprach: »Lieber Nachbar, habt Ihr nicht etwa ein Stückchen Blei oder sonst was Schweres, das ich an mein Netz brauchen könnte? Ich habe nichts mehr von dergleichen.« Da gab ihm der Leinweber das Stückchen Blei, und der Nachbar bedankte sich gar schön und sagte: »Den ersten großen Fisch, den ich fange, den sollt Ihr zum Lohne haben!«

»Schon gut, es ist nicht darum«, sprach der zufriedene Leinweber.

Bald darauf brachte der Nachbar wirklich einen hübschen Fisch von ein Pfunder vier bis fünfe, und der Leinweber mußte ihn annehmen. Dieser schlachtete alsbald den Fisch, da hatte derselbe einen großen Stein im Magen. Den Stein legte der Leinweber auch auf das Fensterbrett. Abends, als es dunkel wurde, fing der Stein an zu glänzen, und je dunkler es wurde, je heller leuchtete der Stein, wie ein Licht. »Das ist eine wohlfeile Lampe«, sagte der Leinweber zu seiner Frau. »Willst du sie nicht vermöbelieren, wie du die zweihundert Taler vermöbeliert hast?« Und legte den Stein so, daß er die ganze Stube erhellte.

Am folgenden Abend ritt ein Herr am Hause vorbei, erblickte den Glanzstein, stieg ab und trat in die Stube, besah den Stein und bot zehn Taler dafür. Der Weber sagte: »Dieser Stein ist mir nicht feil!«

 

»Auch nicht für zwanzig Taler?« fragte der Herr.

»Auch nicht«, antwortete der Leinweber. Jener aber fuhr fort zu bieten und zu bieten, bis er tausend Taler bot, denn der Stein war ein kostbarer Diamant und noch viel mehr wert. Jetzt schlug der Weber ein und war der reichste Mann im Dorfe.

Nun hatte die Frau das letzte Wort und sagte: »Siehst du, Mann! Wenn ich das Geld nicht zweimal mit fortgegeben hätte! Das hast du doch nur mir zu danken!«

Gott Überall

Es waren ein Paar Geschwister, hießen Görgel und Lieschen, seelengute Kinder, die blieben einmal ganz allein zu Hause; ihre Eltern waren über Feld gegangen und trugen Körbe, die sie von Weiden geflochten hatten, zum Verkauf in die Stadt. Zwar hatten die guten Eltern ihren Kindern, Görgeln und Lieschen, jedem ein ziemliches Stück Brot gegeben, davon sie sich diesen Tag über nähren sollten, allein bald hatte Görgel seines aufgezehrt und verspürte noch Eßlust, hatte aber nichts mehr zu brocken und nichts mehr zu beißen. Lieschen gab ihm noch ein wenig von ihrem Brot, doch auch dieses sättigte den Jungen nicht ganz, und er fing an mit schelmischen Schmeichelworten zu seinem jüngern Schwesterchen zu reden: »Komm, lieb Lieschen, wir wollen ein wenig von dem süßen Rübensaft naschen, den die Mutter draußen im Schrank aufbewahrt, sie merkt es gewiß nicht daran, und es sieht ja auch gar niemand.«

Aber Lieschen sprach: »Ei, du bist sehr böse, Görgel, wenn du das tust; siehst du nicht die Sonnenstrahlen dort am Schrank? Die läßt der liebe Gott hinanscheinen, und der sieht‘s auch, wenn wir naschen.«

Da sprach Görgel: »So wollen wir auf den Dachboden gehen, wo die Mutter schöne Birnen liegen hat, davon wollen wir essen, dort ist kein Fenster, kann die Sonne nicht hinein scheinen, und dort sieht uns also der liebe Gott auch nicht.«

Lieschen weigerte sich anfangs, endlich gingen die Kinder doch nach dem Dachboden; aber hier fielen die gebrochenen Sonnenstrahlen reichlich durch die Lücken der Dachziegel und flimmerten ganz eigentümlich über den Birnen, als wenn sie darauf tanzten, und Lieschen sprach wieder: »O Görgel, auch hier sieht uns der liebe Gott, hier dürfen wir nicht naschen.«

Sie gingen wieder herunter, und auf der Treppe fiel dem Görgel etwas bei, was er gleich aussprach: »Ei, im Keller hat die Mutter ein Töpfchen voll Rahm (Sahne) stehen, und drunten ist‘s ganz dunkel, da kann unmöglich der liebe Gott hinsehen; komm, laß uns hinuntergehen, Lieschen, komm geschwind, geschwind!« Görgel faßte sein zögerndes Schwesterchen fest an der Hand und zog es schnell mit sich fort, hinunter in den Keller, wo er sorgfältig die Türe von innen zumachte, daß kein Tag hineinscheine und es der liebe Gott nicht sähe, wenn sie von dem Rahm naschten. Aber nach einigen Minuten wurde es ein wenig licht im Keller, Lieschen sah, daß durch eine Mauerspalte die liebe Sonne hereinschien und gerade auf das Rahmtöpfchen, da erschrak das gute Lieschen und ging eilig wieder hinauf in die Stube. Görgel aber blieb, verstopfte ärgerlich die Spalte mit Moos und fing an, von dem Rahm zu essen. Doch wie er im besten Lecken und Schlecken war, rollte ein mächtiger Donner über ihn, und der Blitz zuckte durch die Mauerspalte, daß es ganz hell und feurig im Keller war, und ein schwarzer Mann stieg aus einer Ecke des Kellers, schritt auf Görgel zu und setzte sich ihm gerade gegenüber; er hatte zwei feurige Augen, mit denen er fort und fort nach dem Rahmtöpfchen hinfunkelte, so daß der Görgel vor Angst keinen Finger regen konnte und daß er ganz still sitzen bleiben mußte.

Indessen war zum Lieschen droben in der Stube ein gar holdes Engelein gekommen, hatte ihm, nebst vielen schönen Spielsachen und Kleidern, auch Zuckerküchlein und süße Milch gebracht und hatte so lange mit Lieschen gespielt, bis dessen Eltern zurückkamen, die mit großer Freude die schönen Sachen betrachteten. Als dieselben nach dem Görgel fragten, erschrak Lieschen, denn sie hatte über den schönen Geschenken von dem Engelskindlein ganz vergessen, daß ihr Bruder im Keller geblieben war, und rief nun: »Ach, du lieber Gott, der ist ja noch im Keller, wir wollen ihn geschwinde holen, vielleicht kann er die Türe nicht wieder aufbringen.« Alle gingen schnell hinunter, machten die Kellertüre auf, und siehe, da saß Görgel noch ganz starr und hielt den Rahmtopf in der Hand.

Und wie er das Geräusch hörte und seine Mutter sahe, erschrak er heftig und fuhr zusammen und weinte. Und die Mutter nahm ihm den halbgeleerten Rahmtopf aus den Händen, führte ihn heraus aus dem Keller und gab ihm seinen wohlverdienten Plätzer.

Der Görgel hat aber in seinem ganzen Leben nicht wieder genascht, und wenn später manchmal andre ihn zu etwas Bösem verleiten wollten und zu Taten, die das Licht scheuten, so sagte er immer: »Ich tu‘s nicht, ich gehe nicht mit, der Gott Überall sieht‘s, Gott behüte mich!« Und ist ein durchaus redlicher und braver Mann geworden.

Die Knaben mit den goldnen Sternlein

Es war einmal ein junger Graf, der kannte, so schön er auch war, die Liebe noch nicht und hatte daher den Vorstellungen seiner Mutter und seiner Freunde, sich zu verehelichen, noch nicht Raum gegeben. Er fand aber Vergnügen daran, bei Nacht im Dorfe herumzuschleichen und die jungen Burschen und Mädchen zu belauschen, was sie in ihren Spinnstuben trieben, sangen und sagten. Einst nun hörte er ein Gespräch, von dem er selbst der Gegenstand war. »O wenn sich unser guter Graf eine Frau nähme«, sagte das eine Mädchen, »so wollte ich, wenn ich‘s würde, ihm die leckersten Speisen kochen.«

»Und ich«, fiel eine zweite ein, »wollte ihm seine Kinder recht gut warten und pflegen.«

»Ich aber«, sprach die dritte, »wollte ihm zwei Knäblein bringen, wenn er mich zur Frau nähme, die sollten goldne Sternlein auf der Brust tragen.« Die andern lachten, der Graf aber hatte allerlei Gedanken und ging auf sein Schloß.

Am andern Tage ließ er die drei Mädchen rufen, und sie mußten ihm alles noch einmal sagen, was sie gestern miteinander über ihn gesprochen, wenn er eine Frau nähme. Die letzte weigerte sich lange, denn sie schämte sich; als sie aber endlich ihren kühnen Wunsch bekannt, nahm sie der Graf freundlich bei der Hand und sprach: »Du sollst meine Frau sein, wenn du mir zwei Knäblein gebierst, so wie du gesagt hast; wo aber nicht, so will ich dich mit Schmach aus meinem Schlosse jagen.« Das Mädchen willigte ein, denn sie war freudigen Mutes und trug eine verborgene Liebe zu dem Grafen in ihrem Herzen. Die Hochzeit ward demnach begangen, obgleich die alte Gräfin sehr sauer dazu sah. Als nun einige Monde vergangen waren und die junge Gräfin sich guter Hoffnung fühlte, begab sich‘s, daß der Graf in ferne Lande ziehen mußte, und er bat seine Mutter, die gegen ihre Schwiegertochter alle Freundlichkeit erheuchelte, ihm alsbald zu schreiben, wenn seine Gemahlin geboren haben würde.

Die schwere Zeit rückte heran, und die junge Frau genas zweier holder Knäblein, die trugen goldne Sternlein auf der Brust, sie war aber so erschöpft, daß sie lange in Ohnmacht lag; als sie nun erwachte und nach den Kindlein fragte, sagte man ihr, sie habe zwei ungestalte Katzen geboren, die man ersäuft habe. Darüber jammerte sie sehr, mehr als über das Unglück, das nun folgte. Schmachvoll ward sie aus dem Hause gewiesen, wie eine Bettlerin, und niemand erbarmte sich ihrer als ein Diener; der vertraute ihr heimlich, daß sie zwei schöne Knäblein mit goldnen Sternlein auf der Brust geboren habe; sie seien ihm in einem Korb mit dem Befehl übergeben worden, sie ins Wasser zu werfen, da es Katzen seien; er habe aber den Korb geöffnet, und da ihn die unschuldigen Würmlein gedauert, habe er sie einer Muhme zur Erziehung übergeben. Darüber freute sich die Verstoßene in ihrem Schmerze sehr, dankte dem mitleidigen Menschen vieltausendmal, eilte zu ihren Kindern und lebte mehrere Jahre in verborgener Einsamkeit mit ihnen.

Die Knäblein wuchsen heran und wurden immer schöner, die arme Frau dachte wieder an ihren Gemahl, wenn er die Knäblein sähe, würde er alles gutmachen, was seine böse Mutter an ihr verschuldet. Da träumte ihr, sie solle unter einen großen Lindenbaum am Kreuzweg gehen, dort werde sie einen Haufen Leinknoten finden, mit denen solle sie sich die Taschen füllen, aber ja nicht mehr nehmen und dann nach Portugal gehen, wo ihr Gemahl in den Liebesnetzen einer Zauberin oder Fee verstrickt sei. Die Frau ging an den Baum, fand die Leinknoten und füllte sich die Taschen damit an. In einem Walde wurde sie von Räubern überfallen und ganz ausgeplündert, so daß sie keinen Pfennig behielt; sie mußte sich durch Betteln weiterhelfen, ihre Füße waren blutig gerissen, und noch war ihres Wegs kein Ende. Da tröstete sie abermals ein Traum in ihrem Elend und verhieß ihr endliches Gelingen. Einst bettelte sie an der Pforte eines schönen Schlosses; die Edelfrau sah ihre Knaben und war von ihrer Schönheit aufs höchste überrascht. Sie bat die arme Frau um einen ihrer Knaben und versprach ihr dafür, jede Bitte zu erfüllen. Der Armen ging es schwer an, eines ihrer Kinder zu missen, aber sie willigte endlich doch ein und bat dagegen um das goldne Spinnrädchen, das die Edelfrau eben vor sich stehen hatte. Diese wunderte sich über das Verlangen, gab jedoch das Rädchen hin, und einer der beiden Knaben blieb bei ihr zurück. Die arme Frau war weiter und weiter gegangen und mußte sich endlich auch noch von ihrem zweiten Knaben trennen, für den sie ein goldnes Weiflein erhielt. Diese beiden Kleinodien verwahrte sie sehr sorgfältig und setzte ihre beschwerliche Wanderschaft fort.

Nach unendlichen Mühseligkeiten kam sie denn doch in Portugal an und kam an das Schloß, wo ihr Gemahl wohnte. Die Diener erzählten ihr, ihr Herr sei verheiratet, aber noch niemand habe das Antlitz seiner Gemahlin gesehen, da sie nur des Nachts im Schlosse sei, und des Tags wisse niemand, wohin sie gekommen. Als nun die Sonne untergegangen war, schlich sie sich in den Schloßgarten, setzte sich unter das Fenster der Gräfin und drehte ihr Spinnrädlein, daß es wie ein Stern durch die Nacht leuchtete. Dies sah aber die Zauberin, welche die Gemahlin des Grafen war, und trat zu der Frau und fragte sie nach dem seltsamen Spielzeug. Die Frau bot es ihr zum Geschenk an, wenn sie ihr dafür eine Bitte gewähre, sie bitte nämlich, eine Nacht bei ihrem Gemahl bleiben zu dürfen. Die Frau wunderte sich darüber sehr, willigte jedoch ein; heimlich aber gab sie dem Grafen einen Schlaftrunk, so daß er die ganze Nacht nicht erwachte und die verzweifelte Frau an seiner Seite den Morgen heranbrechen sah, wo die Zauberin sie abholte. Den nächsten Abend aber saß sie wieder vor dem Schloß und drehte ihr goldnes Weiflein; die Zauberin kam wieder und mußte ihr dieselbe Bitte gewähren. Diesmal hatte sie‘s versehen und ihrem Manne den Schlaftrunk nicht stark genug gemischt; ehe der Morgen anbrach, erwachte er daher, wunderte sich, die abgemagerte, verkümmerte Frau neben sich zu finden, die nun vor ihm ihr ganzes Herz ausschüttete. Da ergriff den Grafen eine namenlose Sehnsucht nach seinen Kindern, und er versprach ihr, sie wieder als seine Gattin anzuerkennen. Dann stellte er sich schlafend, als die Fee kam und die Frau von dannen führte. Der Fee aber erzählte er, er habe einen sonderbaren Traum gehabt. Ein Mann habe irrtümlich seine Gattin verstoßen und eine andere gefreit; die erste aber habe ihn aufgesucht mit Aufopferung ihres Leibes und ihrer Schönheit. Was der Gatte nun tun solle, wenn sie ihn gefunden? »Dann muß er sich von der zweiten scheiden und zu der Treuen zurückkehren!« sprach die Fee.

»Du hast dein Urteil gesprochen«, antwortete der Graf und erzählte ihr alles, was geschehen war. Da trennte die Fee sich schmerzlich von ihm. Der Graf aber kehrte mit der treuen Gattin in die Heimat zurück, nachdem er seine Knäblein ausgelöst. Die böse Mutter durfte ihm nicht wieder vors Antlitz kommen; die Gattin dagegen hielt er lieb und wert; den mitleidigen Bedienten belohnte er reich. Die Knaben mit den goldnen Sternlein wuchsen heran zu der Eltern Freude und wurden später wackere Kriegshelden, die viele Schlachten schlugen und gewannen.