Internationales Management

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Im Rahmen des Konsultationsprozesses in Kapitel 4 des Grünbuchs wurden die betroffenen Akteure (Unternehmen, NGOs, Behörden, aber auch interessierte Einzelpersonen) aufgerufen, schriftliche Stellungnahmen bzw. Vorschläge hinsichtlich des Aufbaus und der Entwicklung von Rahmenbedingungen zur Förderung von CSR-Aktivitäten in Europa einzureichen (Thielemann, U./Ulrich, P., 2009).

Diese Vorschläge der Akteure wurden 2002 als eine „Mitteilung der Kommission betreffend der sozialen Verantwortung der Unternehmen – ein Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen Entwicklung“ (Europäische Kommission, 2002) veröffentlicht. Darin wurde die Errichtung eines CSR-Multistakeholder-Forums angeregt, welches zwischen 2002 und 2004 auch stattfand. Die [153]Ergebnisse wurden in einem Abschlussbericht festgehalten, welcher 2006 zur Bildung einer CSR-Allianz zwischen der Kommission und europäischen Unternehmen führte, bei welcher das vorgenannte Forum integriert wurde. Diese Allianz wurde in 2009 und 2010 fortgesetzt und befasste sich zum Beispiel mit Themen wie Menschenrechte in der Wirtschaft (Beauftragung einer Studie zur Anwendbarkeit der bestehenden Gesetzgebung auf europäische Unternehmen, die international tätig sind) oder der Transparenz in der Berichterstattung in den Bereichen Environment, Social sowie Governance (Econsense, 2011, online). Auch das Grünbuch streicht den unmittelbaren wirtschaftlichen Wert heraus, den die Wahrnehmung der Unternehmensverantwortung haben kann, und positioniert CSR somit durchaus auch im Sinne der strategischen Interpretation von Porter und Kramer. Trotz der relativ allgemeinen Formulierung vieler Ziele hat das Grünbuch durch die Integration in viele Initiativen der europäischen Politik eine erhebliche Nachwirkung entfaltet.

2.3.3 Global Compact der United Nations

Der United Nations Global Compact oder UNGC wurde 1999 von dem damaligen UN-Generalsekretär Annan vorgeschlagen und im Jahr darauf in Kraft gesetzt (Thielemann, U./ Ulrich P., 2009). Die UN-Mitglieder aus mehr als 130 Ländern (United Nations, 2011b, online) sollten auf freiwilliger Basis den Aufbau nachhaltig und verantwortlich arbeitender Unternehmen sowie Märkte unterstützen.

Der UNGC ist in erster Linie ein Netzwerk zur Information und zum Austausch, welches ergänzend zur nationalen Gesetzgebung zu sehen ist. Es ist nicht als eine überwachende Instanz oder regulierende Behörde zu verstehen. Durch eine Mitgliedschaft gehen die Unternehmen und andere Organisationen eine rein ethische, aber keine legal durchsetzbare Verpflichtung ein, wodurch ein freiwilliger Ansatz der Unternehmensverantwortung bestärkt werden soll. Mit einer einfachen Mitteilung an die UN können interessierte Unternehmen ihre Mitgliedschaft erklären.

Die Einhaltung der zehn Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung soll die nachhaltige Entwicklung bzw. gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen fördern.

Wann und in welchem Umfang allerdings Maßnahmen zur Befolgung der Regeln eingeleitet werden, liegt im Ermessen der Mitglieder selbst. Mitgliedsunternehmen erstellen einen jährlichen Bericht, den COP (Communication on Progress) über den Status der CSR-Implementierung. Wird es versäumt, den COP-Bericht einzureichen, wird zur Wahrung der Integrität die entsprechende Firma auf der Website der UNGC als „non communicating“ oder „inactive“ deklariert oder sogar von der Mitgliedschaft ausgeschlossen (Thielemann, U./Ulrich, P., 2009).

Die zehn Prinzipien der UNGC sind (United Nations, 2011c, online):

 Menschenrechte

 [154](1) Unternehmen sollen den Schutz der internationalen Menschenrechte unterstützen und achten und(2) sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.

 Arbeitsnormen(3) Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen wahren.(4) Unternehmen sollen sich für die Beseitigung aller Formen der Zwangsarbeit einsetzen.(5) Unternehmen sollen sich für die Abschaffung von Kinderarbeit einsetzen.(6) Unternehmen sollen sich für die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung und Erwerbstätigkeit einsetzen.

 Umweltschutz(7) Unternehmen sollen im Umgang mit Umweltproblemen dem Vorsorgeprinzip folgen.(8) Unternehmen sollen Initiativen ergreifen, um größeres Umweltbewusstsein zu fördern.(9) Unternehmen sollen die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien beschleunigen.

 Korruptionsbekämpfung(10) Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.

2.3.4 Die OECD-Leitsätze

Die Leitsätze der OECD wurden als Reaktion auf die sich beschleunigende Globalisierung in den 1970er Jahren entwickelt. Die Erstfassung wurde bereits 1976 verfasst und seitdem mehrfach überarbeitet. Die aktuellen OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen wurden 2011 anlässlich des 50-jährigen Bestehens der OECD neu überarbeitet und von den Mitgliedstaaten unterzeichnet.

An der Neufassung wirkten Regierungsvertreter verschiedener Nationen, der beratende Ausschuss der Wirtschaft und der gewerkschaftlich beratende Ausschuss der OECD sowie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit.

In der Folge haben die Regierungen von 36 Industrieländern mittlerweile „Nationale Kontaktstellen“ eingerichtet, welche Anfragen beantworten, für die Lösung von Problemen zuständig sind und Beschwerden über die Nichteinhaltung der Leitsätze nachgehen. Die [155]„Nationale Kontaktstelle“ ist beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Referat Auslandsinvestitionen angesiedelt.

Wie bei den zuvor genannten Initiativen sind auch hier die Leitsätze nicht rechtlich bindend, sondern bauen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit auf. Sie stellen eine Ergänzung nationaler Rechtssysteme dar. Die G8-Staaten haben sich 2007 dazu verpflichtet, die Leitsätze gezielt zu fördern. Dies unterstreicht die weitgehende internationale Anerkennung der OECD-Prinzipien (Thielemann, U./Ulrich, P., 2009).

Abbildung 74 gibt einen Überblick über die Dimensionen der OECD-Leitsätze sowie deren Inhalt.


[156]

Abbildung 74: Dimensionen und Inhalt der OECD-Leitsätze

Quelle: BDA: Internationale Aspekte von Corporate Social Responsibility, 2011; OECD, 2011

2.3.5 Standard ISO 26000

Die ISO (International Standards Organisation) wurde 1947 gegründet. Sie umfasst 156 nationale Standardisierungsbehörden, deren Ziel es ist, weltweit gültige Industriestandards zu schaffen. Damit soll eine Vergleichbarkeit von Produkten und Verfahren auf den unterschiedlichen Märkten ermöglicht werden (Thielemann, U./Ulrich, P., 2009).

Nach einem langjährigen Entwicklungsprozess wurde der Standard ISO 26000 im Jahre 2010 in der Schweiz vorgestellt. 450 Experten und 210 Beobachter aus rund 100 Ländern gehörten zu der Expertengruppe, welche an der Erarbeitung von ISO 26000 teilnahm.

Die genannte Norm soll lediglich als Leitfaden dem allgemeingültigen Verständnis und der genauen Definition der Unternehmensverantwortung dienen. Des Weiteren soll sie Organisationen aller Art (sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor) eine Hilfestellung bei der Gestaltung unternehmensspezifischer Prozesse und Maßnahmen zur CSR bieten. Die Norm stellt eher eine Richtlinie dar und ist weder als eine Art Pflicht bzw. Anforderung wie z.B. Zertifizierungen gemäß ISO 9001 und ISO 14001 zu verstehen, noch stellt sie einen Normenkatalog bzw. eine CSR-Checkliste dar.

[157]Unternehmen können sich also nicht nach ISO 26000 zertifizieren lassen (ISO, 2011, online). Den relativ komplexen Aufbau der ISO 26000 verdeutlicht Abbildung 75.


Abbildung 75: Aufbau und Inhalt der ISO 26000

Quelle: In Anlehnung an: Hardtke, A./Kleinfeld, A., 2010

Im Verlauf des Erarbeitungsprozesses von ISO 26000 haben sich sieben Prinzipien der gesellschaftlichen Verantwortung herauskristallisiert (oberer Teil in Abbildung 75), die im Folgenden kurz erläutert werden.

Rechenschaftspflicht spricht die moralisch-ethische Verpflichtung der Unternehmen gegenüber der Gesellschaft an. Es ist ein zusätzlicher Beitrag zum gesetzlichen Rahmen. Die Berichtsinhalte beziehen sich nicht nur auf Anteilseigner und staatliche Institutionen, sondern berücksichtigen auch die Umwelt und Gesellschaft. Die Informationen werden wie bei den meisten Richtlinien freiwillig veröffentlicht. Das Prinzip der „Rechenschaftspflicht“ im Sinne von ISO 26000 ist also weniger eine Verpflichtung als ein Appell an Unternehmen, eine möglichst transparente und offene Informationspolitik zu betreiben (Hardtke, A./Kleinfeld, A., 2010).

Der Grundsatz der Transparenz ist entsprechend im Zusammenhang mit der Rechenschaftspflicht zu betrachten. Die Betriebe sollen zwar die relevanten Informationen in realistischer, objektiver und verständlicher Weise zur Verfügung stellen (in Form von [158]CSR-oder Nachhaltigkeitsberichten etc.), jedoch wird unter keinen Umständen erwartet, dass Wettbewerbsvorteile und Effizienz hierdurch beeinträchtigt werden (Hardtke, A./Kleinfeld, A., 2010).

 

Das Prinzip des ethischen Verhaltens beinhaltet, dass sich Management und Mitarbeiter im Konsens mit den Sitten und kulturellen Normen des Standortes verhalten (Wahrung der Integrität, Ehrlichkeit, Fairness und Verantwortung). Die Achtung der moralischen Wertevorstellungen soll einen positiven Beitrag über die Einhaltung der nationalen und internationalen Gesetzmäßigkeiten hinaus darstellen.

Unter der Achtung der Interessen der Anspruchsgruppen ist z.B. die Bereitstellung umfassender Produktinformationen/Produktdatenblätter zu verstehen. Jeder Kunde oder andere Interessengruppen wie zum Beispiel Verbraucherverbände können Aufklärung über das Produkt des Unternehmens verlangen. Wer letztlich zu den Anspruchsgruppen gehört, muss jedes Unternehmen für sich selbst festlegen.

Die Grundregel der Gesetzestreue ist selbsterklärend. Im Hinblick auf das Compliance-Prinzip sollten sich vor allem Unternehmen, die international vertreten sind, unbedingt rechtzeitig über das nationale Gesetz informieren und sich damit genauestens auseinandersetzen.

Unter der Achtung internationaler Verhaltensstandards sind global anerkannte Richtlinien, Normen und Selbstverpflichtungen eines weltweit agierenden Unternehmens zu verstehen. Beispielsweise sind hier der UN Global Compact, die International Labour Standards der ILO, Leitsätze der OECD zu nennen. Darüber hinaus können interne und/oder externe Audits (z.B. ISO 14000) auch als Instrumente dienen. Mithilfe dieser allgemein anerkannten ethischen Grundsatzregelungen soll versucht werden, die in manchen Ländern nicht gesetzlich kontrollierten Grauzonen (z.B. Umweltschutz, Menschenrechte, Arbeitsrecht) abzudecken. Ziel ist die Vermeidung von Handlungen oder Aktionen, die nicht mit dem Völkerrecht oder den o.g. internationalen Leitsätzen vereinbar sind.

Die Achtung der Menschenrechte bildet ein zentrales Prinzip der ISO 26000. Immer mehr Großunternehmen sind in Gebieten mit äußerst schwierigen Menschenrechtssituationen tätig. Hier sieht man eher die einflussreichen Firmen als die nicht immer ethisch handelnden nationalen Regierungen in der Pflicht, die Menschenrechte aktiv durchzusetzen. Dabei kann die Einhaltung der oben erwähnten Leitsätze und Standards unterstützend wirken (Hardtke, A./Kleinfeld, A., 2010).

Wie Abbildung 75 zeigt, werden aufgrund dieser 7 Prinzipien in den zwei Folgeschritten sogenannte Kernthemen identifiziert, welche im Weiteren in Handlungsfelder überführt werden. Insofern ist ISO 26000 keine bloße Beschreibung der relevanten Grundsätze für eine CSR-Orientierung, sondern bietet im höheren Maße als die von Regierungsorganisationen getragenen Ansätze auch einen Rahmen für ein CSR-orientiertes Managementsystem.

[159]2.3.6 Code of Conduct der Fair Labor Association (FLA)

Die Fair Labor Association (FLA) geht auf eine Initiative der US-Regierung unter Präsident Clinton zurück und wurde 1999 von Unternehmern, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Bildungseinrichtungen gegründet. Im Gegensatz zu den bisher genannten Richtlinien stellt der Code of Conduct der FLA eine von privaten Organisationen getragene Initiative dar. Die FLA wurde aufgrund problematischer Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie, insbesondere in einigen asiatischen Ländern, ins Leben gerufen. Die Zielsetzung ist es, die Arbeitsbedingungen in den sogenannten „Sweatshops“ (Ausbeutungsbetriebe) zu überwachen und zu verbessern. Das Missionstatement der FLA zeigt zudem eine Konzentration auf abhängig Beschäftigte: „The mission of the Fair Labor Association (FLA) is to protect workers’ rights and improve working conditions worldwide by promoting adherence to international labor standards“ (FLA, 2011, online).

Der „Code of Conductder FLA basiert auf den ILO (International Labour Organization)-Standards und erstreckt sich auf Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Missbrauch, Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Sicherheit, Vereinigungsfreiheit, Entlohnung, Arbeitszeiten sowie Überstundenregelungen (FLA, 2011, online).

Die Mitgliedsunternehmen gehen eine freiwillige ethische Verpflichtung ein, indem sie entsprechende Überwachungsprozesse einführen und regelmäßig darüber berichten. Bei der Zielerreichung ist die FLA auf die Mitarbeit der Textilien beschaffenden Haushalte und Unternehmen angewiesen, die wiederum einen Druck auf die großen Markenunternehmen ausüben können, indem sie bei der Beschaffung darauf achten, dass die Produkte in Betrieben hergestellt werden, die entsprechend dem Code of Conduct der FLA arbeiten.

Eine Zertifizierung solcher produzierenden Betriebe durch die FLA erleichtert ihren Eintritt auf dem internationalen Markt. Die hohen Standards der FLA haben aber auch negative Folgen. Wenn ein Betrieb die Bedingungen nicht erfüllen kann, so droht ein Arbeitsplatzverlust, sobald der Zugang zu internationalen Märkten verwehrt wird. Da die Herstellung in der Textilbranche oftmals in Entwicklungsländern erfolgt, bedeutet dies, dass Menschen in diesen Ländern aufgrund ethischer Standards möglicherweise in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden (Thielemann, U./Ulrich, P., 2009). Dies würde den Vertretern der Shareholder-Schule indirekt Recht geben, da sie eine soziale und ökologische Verantwortung erst nach der Sicherstellung ökonomischer Ziele postulieren.

2.4 Herausforderungen der CSR im internationalen Rahmen

Die im vorherigen Abschnitt aufgeführten Richtlinien der Unternehmensverantwortung ließen sich noch in verschiedene Richtungen erweitern, worauf hier aber verzichtet werden soll. Bei einem direkten Vergleich der genannten Richtlinien zeigt sich, dass diese inhaltlich große Überschneidungen aufweisen. Der wesentliche Unterschied in den international akzeptierten Konzepten liegt eher darin begründet,

 [160]von welcher Organisation diese erarbeitet wurden und

 welchen Ansatz zur Umsetzung diese Organisationen vorschlagen oder unterstützend begleiten.

So stellte das Konzept der Brundtland-Kommission zumindest für Europa einen konzeptionellen Meilenstein dar, welcher über das Grünbuch von 2001 und die darauf aufbauenden flankierenden Maßnahmen Eingang in Unternehmenspraxis und Politik gefunden hat. Die OECD-Richtlinien sind sicher im engen Zusammenhang mit diesem Ansatz zu sehen und führten zur Etablierung vielfältiger, von den nationalen Regierungen und der OECD selber getragenen Beratungs- und Förderungsstellen. Der UN Global Compact kann auf die breiteste Basis an teilnehmenden Nationen aufbauen und hat in Kombination mit der hier nicht eingehend besprochenen Global Reporting Initiative (GRI) zu einer hohen Akzeptanz bei wirklich global agierenden Unternehmen geführt. Die GRI wurde 1997 mit dem Ziel gegründet, einen weltweit anerkannten Leitfaden für die freiwillige Berichterstattung über ökonomische, ökologische und soziale Aktivitäten von Organisationen und Unternehmen zu entwickeln. Die Richtlinien der GRI bieten eine umfassende Zusammenstellung von Indikatoren, die die Dimensionen der Unternehmensverantwortung abdecken, wobei eine Kongruenz zum Ansatz der UNGC angestrebt wird. Ein Beispiel für die Berücksichtigung beider Richtlinien bietet der Bericht der BASF SE, welcher parallel zur finanziellen Berichterstattung aufgrund der GRI und des UNGC Rechenschaft ablegt (BASF SE, 2012, online). ISO 26000 bietet einen breiten Ansatz, welcher sich stärker am Einzelunternehmen orientiert, ist aber noch lange nicht so umgesetzt wie die anderen genannten Ansätze.

Eine Richtlinie, welche sicher aus diesem Rahmen fällt und daher nur beispielhaft erwähnt wurde, ist der Code of Conduct der FLA. Dieses Konzept hebt sich durch die privatwirtschaftliche Trägerschaft, den Fokus auf eine Stakeholder-Gruppe (Arbeitnehmer) und den Ausgangspunkt in einer bestimmten Branche (Textil) hervor. Es ist aber insofern zukunftsweisend, als hier die Tendenz zur Spezifizierung der Inhalte, zu deren Anpassung an bestimmte Rahmenbedingungen und zur Konzentration auf bestimmte Anspruchsgruppen und Teilprobleme repräsentiert wird. Die Vielfalt des CSR-Konzeptes macht dies unabdingbar, worauf die internationale CSR-Forschung auch reagiert.

Palazzo identifiziert aufgrund umfassender Analysen der internationalen Literatur die 10 wichtigsten Schwerpunkte der internationalen CSR-Forschung, welche keinesfalls als erschöpfend anzusehen sind (Palazzo, G., 2009).

Die Thematik der internationalen Unternehmensverantwortung nimmt weiterhin an Bedeutung zu. CSR stellt mit Sicherheit ein zentrales Feld der künftigen Forschung zum internationalen Management dar. Viele internationale Konzerne berichten mittlerweile Kennzahlen, welche auf dem Global Compact der UN basieren; in ähnlicher Tiefe wie die finanziellen Informationen. In Abbildung 76 werden die Schwerpunkte der internationalen Forschung dargestellt.

[161]

Abbildung 76: Forschungsschwerpunkte der CSR

Quelle: Palazzo, G., 2009

Fallstudie: Corporate Social Responsibility bei Boehringer Ingelheim


Corporate Social Responsibility (CSR) bei Boehringer Ingelheim
Dr. Michael Siebler, Leiter Firmenarchiv, Boehringer Ingelheim

Boehringer Ingelheim ist ein forschungsorientiertes Pharmaunternehmen, das sich seit seiner Gründung im Jahre 1885 in Familienbesitz befindet. Es erforscht, entwickelt, produziert und vertreibt Humanpharmazeutika und Präparate für die Tiergesundheit. Weltweit beschäftigt das Unternehmen mehr als 44.000 Mitarbeiter in 145 verbundenen Unternehmen, die 2011 rund 13,1 Milliarden Euro erlösten. Boehringer Ingelheim betreibt Forschung und Entwicklung (F&E) an weltweit sieben Standorten und unterhält 20 Produktionsstätten in 13 Ländern. Im Jahr 2011 wurden für F&E 23,5 Prozent oder rund 2,5 Milliarden Euro der mit verschreibungspflichtigen Medikamenten erzielten Gesamterlöse aufgewendet.

Die unternehmerische Verantwortung bei Boehringer Ingelheim ist fest verankert im Leitbild. Dieses ist Grundlage der gemeinsamen Identität, es ist für alle Mitarbeiter verbindlich und gibt Orientierung bei jeglichen Aktivitäten für das Unternehmen.

Zwei Kernaussagen des Leitbildes definieren und charakterisieren dieses Selbstverständnis:

1 [162]„Unser Ziel ist es, der Menschheit durch die Erforschung von Krankheiten und die Entwicklung neuer Arzneimittel und Therapien zu dienen.“

2 „Bei all unseren Aktivitäten schützen wir unsere Mitarbeiter, unsere Einrichtungen und die Umwelt vor schädlichen Einflüssen, erhalten die natürlichen Ressourcen und fördern das Umweltbewusstsein. Mit dem Verfolgen dieser Ziele sind wir zusätzlich bestrebt, in den Ländern und Gemeinschaften, in denen wir geschäftlich aktiv sind, wirtschaftliches und soziales Wohlergehen zu fördern.“

In diesen Aussagen sind grundlegende Aspekte umfassender unternehmerischer Verantwortung enthalten, nämlich: auf Basis einer humanistischen Grundüberzeugung Werte und Verantwortung nach innen und nach außen zu leben sowie soziales Engagement für Mitarbeiter und gleichzeitiges Engagement der Mitarbeiter für andere.

Diese in der Praxis gelebte CSR zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Geschichte des Unternehmens seit seiner Gründung im Jahre 1885. Ein solches Miteinander und Füreinander ist schon in der Familie des Firmengründers Albert Boehringer erkennbar und unterstreicht, dass CSR bei Boehringer Ingelheim eine Selbstverständlichkeit ist – und damit nachhaltig. Boehringer Ingelheim ist beim Thema CSR also eine treibende Kraft.

So unterstützten der ältere Bruder und die Mutter den jungen Firmengründer über Jahre hinweg mit Rat und Tat und finanziellen Mitteln, da unter anderem zahlreiche Investitionen nötig waren und deshalb zunächst keine Gewinne erwirtschaftet werden konnten. Als sich mit der Produktion von Milchsäure in industriellem Maßstab der finanzielle Erfolg einstellte, konnte Albert Boehringer seine Mitarbeiter am Aufschwung teilhaben lassen und ihnen für ihre Treue danken. Bereits 1902 gründete er eine Betriebskrankenkasse, von 1907 an erfolgte der Bau von Häusern und Wohnungen für die Mitarbeiter, 1909 wurde eine finanzielle Unterstützung für alte und gebrechliche Arbeiter eingeführt und von 1910 an gab es bezahlten Urlaub. Eine betriebliche Altersversorgung gibt es seit 1912 und seit 1917 ein tägliches Essen für die Belegschaft; 1918 wurde für Hinterbliebene von Gefallenen die Albert und Helene Boehringer-Stiftung gegründet. Sowohl diese Stiftung als auch andere Einrichtungen bestehen bis heute, sind weiter entwickelt und an die Anforderungen der Gegenwart angepasst worden.

 

In den ersten Jahrzehnten kümmerten sich Albert Boehringer und seine Familie also vor allem um die soziale Absicherung und Unterstützung der Mitarbeiter dort, wo die staatlichen Einrichtungen noch nicht heutigen Standards entsprachen. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Engagement für die Mitarbeiter weiter ausgebaut. Neben den immer stärker vom Sozialstaat geregelten Bereichen begannen Unternehmen und Gesellschafterfamilie, sich nunmehr auf Feldern zu engagieren, die eher gesellschaftspolitisch definiert sind, besonders der Bildung und Kunst. Manche Neuerung entsprang auch den modifizierten Anforderungen in der Welt von heute, neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen oder veränderten gesellschaftlichen Bedürfnissen wie etwa Umweltbewusstsein, Engagement für [163]die Schwachen, Behinderten und Kranken der Gesellschaft, Gesundheitsvorsorge, Familie und Beruf oder Bildung.

Auf diesen und weiteren Gebieten – internationale Auszeichnungen belegen das – schafft Boehringer Ingelheim durch soziales Engagement Werte für Mitarbeiter und Gesellschaft. Dies sollen einige ausgewählte Beispiele belegen.

Der Unterstützung und Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gilt ein besonderes Augenmerk. Das Angebot reicht von der flexiblen Arbeitszeitgestaltung über Serviceleistungen wie Elternzeit, Kinderbetreuung, Kinderkrippen, Mitnahme-Essen aus der Firma oder Wäsche- und Reinigungsservice bis hin zur Unterstützung beim Thema Beruf und Pflege von Angehörigen.

Demografischer Wandel und gestiegene Lebenszeiterwartung unterstreichen die Bedeutung der eigenen Gesundheit als das wichtigste Kapital für die persönliche Lebensqualität. Deshalb bietet Boehringer Ingelheim regelmäßig allen Mitarbeitern einen umfassenden Gesundheits-Check-up an. Dabei steht die Beantwortung von vier Fragen im Vordergrund: Wo stehe ich mit meiner Gesundheit zurzeit? Gibt es Risiken, die langfristig meine Gesundheit gefährden? Welche praktikablen Möglichkeiten habe ich, etwas daran zu ändern? Was kann ich noch zur Förderung meiner Gesundheit tun? Ein Bestandteil der Beratung ist auch das Thema Ernährung. Gezielte Angebote im Mitarbeiterrestaurant helfen bei der Umsetzung einer Anpassung der Ernährung.

Die Zusammenarbeit mit der akademischen Forschung und das Engagement in Public-Private-Partnership hat bei Boehringer Ingelheim eine lange Tradition. So konnte beispielsweise der Firmengründer Albert Boehringer schon 1903 den Chemiker und Nobelpreisträger Heinrich Wieland für eine Zusammenarbeit gewinnen, die Jahrzehnte währte. Heute unterstützt Boehringer Ingelheim etwa das 1985 gegründete Institut für Molekulare Pathologie in Wien (IMP), ein international als Exzellenzzentrum in Molekularbiologie und Genetik anerkanntes Forschungsinstitut für biomedizinische Grundlagenforschung. 2011 wurde das von der Boehringer Ingelheim Stiftung initiierte und mit 100 Millionen Euro geförderte Institut für Molekulare Biologie in Mainz (IMB) eingeweiht. Eine öffentlich-private Partnerschaft gibt es mit der Hochschule Biberach, wo 2006 der Bachelor-Studiengang Pharmazeutische Biotechnologie eingerichtet wurde; in 2010 folgte eine Kooperation der Hochschule Biberach und der Universität Ulm, die einen gemeinsamen Masterstudiengang Pharmazeutische Biotechnologie anbieten.

Die Boehringer-Ingelheim-Stiftungen sind eigenständige und gemeinnützige Organisationen. Ziel dieser Organisationen ist es, durch die Förderung von außerordentlichen wissenschaftlichen Leistungen wichtige Entwicklungen voranzutreiben, welche die Lebensqualität langfristig verbessern können.

Die Boehringer Ingelheim Stiftung fördert seit 1977 Exzellenzforschung in Medizin, Biologie, Chemie und Pharmazie, wie etwa das oben erwähnte IMB in Mainz; sie stiftet den [164]seit 1964 vergebenen Heinrich-Wieland-Preis und verleiht alljährlich den Boehringer-Ingelheim-Preis für herausragende Leistungen von Nachwuchsforschern der Universitätsmedizin.

Seit 1983 fördert der Boehringer-Ingelheim-Fonds biomedizinische Grundlagenforschung und unterstützt vor allem Nachwuchswissenschaftler. Bisher konnten mehr als 1000 Ph. D.-Stipendien vergeben werden. Mehr als 140 Stipendiaten wurden bisher zu Professoren ernannt, vier haben den angesehenen Leibniz-Preis erhalten.

Die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften wurde 1956 von den Kindern des Firmengründers ins Leben gerufen. Sie unterstützt heute den wissenschaftlichen Nachwuchs etwa in den Sprach- und Literaturwissenschaften oder der Geschichte und Kunsthistorik vor allem mit Druckkostenzuschüssen für Dissertationen und Habilitationsschriften.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert bieten die 1959 von der Gesellschafterfamilie gegründeten Internationalen Tage alljährlich mit Ausstellungen Einblicke in Kulturtraditionen anderer Länder, Kunstströmungen oder in das Oeuvre einzelner Künstler. Beide Einrichtungen – die Internationalen Tage und die Stiftung für Geisteswissenschaften – sind Zeugnisse des lebendigen mäzenatischen Geistes der Gesellschafterfamilie, der sich auch in zahlreichen anderen Zuwendungen für die Gesellschaft und ihre Menschen manifestiert.

Ein besonderes Engagement ist das Viramune®-Spendenprogramm für die Bekämpfung der verheerenden AIDS-Pandemie, beispielsweise auf dem Gebiet der Verhinderung der Mutter-Kind-Übertragung von HIV/AIDS. Seit dem Jahr 2000 wurden Medikamente für mehr als 2 Millionen Mutter-Kind-Paare im Rahmen von 171 Programmen in 71 Länder gespendet; dabei wurde großer Wert gelegt auf die Zusammenarbeit mit Regierungen, medizinischen Fachkräften und Organisationen.

Außerdem stellt Boehringer Ingelheim Generika-Herstellern, die durch die WHO vorqualifiziert sind, für alle einkommensschwachen Länder und für ganz Afrika sogenannte Non-Assert-Erklärungen aus. Damit ist festgelegt, dass keine Patentansprüche geltend gemacht werden, dass keine Lizenzgebühren anfallen und dass die hohe Qualität der Produkte sichergestellt ist. Diese Regelung gilt für die beiden Wirkstoffe Nevirapin und Tipranavir der beiden AIDS/HIV-Präparate Viramune® und Aptivus®. Zusätzlich hilft Boehringer Ingelheim in diesen Ländern mit notwendigem Technologietransfer und gezielter Personalentwicklung, etwa durch Ausbildungsförderung von Ärzten.

Ein gesellschaftliches und ehrenamtliches Engagement ist – wie schon in den vorherigen Beispielen oben gezeigt – ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur bei Boehringer Ingelheim. Folgerichtig engagieren sich Mitarbeiter weltweit einzeln oder in Gruppen und das Unternehmen als „Good Corporate Citizen“ in vielen Bereichen. Das [165]Spektrum reicht von Kinderfürsorge- und Bildungsprogrammen über die Katastrophenund Nachbarschaftshilfe bis hin zum Umweltschutz.

Zum 125jährigen Bestehen hat Boehringer Ingelheim 2010 unter dem Motto „Making more health“ eine neue Initiative gegründet. Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, Projekte der Corporate Social Responsibility auf eine nachhaltigere Basis zu stellen. Dazu wird Boehringer Ingelheim Partnerschaften mit „Sozialunternehmern“ eingehen. Ein Sozialunternehmer gründet ein Non-Profit-Unternehmen. Mit diesem Unternehmen verdient er nicht genug, um sich das Startkapital am Kapitalmarkt zu besorgen, aber er wird bei Erfolg genug verdienen, um seine Organisation selbst und das nötige Wachstum zu finanzieren. Damit wird er unabhängig von einer dauerhaften Spendenunterstützung und sichert so die nachhaltige Lösung eines sozialen Problems. Das deutsche Pilotprojekt „discovering hands®“ bildet blinde und sehbehinderte Frauen als Tastexpertinnen zur Brustkrebsfrüherkennung aus.

Aufgrund der besseren Tastfähigkeiten der blinden Frauen im Vergleich zu den sehenden Kollegen steigt die Qualität der Vorsorgeuntersuchung. Damit gewinnen die betroffenen Patienten. Zusätzlich können die Belastungen des Gesundheitswesens so stark gesenkt werden, dass die Versicherer ein Interesse haben, diese Serviceleistung zu finanzieren. Die behinderten Personen empfinden sich als Menschen mit einer besonderen Fähigkeit und weniger als Behinderte. Eine solche Serviceleistung löst also ein soziales Problem, wird aber gleichzeitig finanziell genügend honoriert, sodass „discovering hands®“ nicht auf Dauer von einer Unterstützung durch Spender angewiesen ist.

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