Internationales Management

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Einer derartigen Sichtweise ist jedoch entgegenzuhalten, dass die ausschließliche Einengung der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Auslandsaktivität auf einen bestimmten Teilbereich bzw. eine Teilfunktion der Komplexität der realen Entscheidungssituation nicht gerecht werden kann und daher keine hinreichende Basis der Problemlösung darstellt (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Porter, M.E., 1989b). Gerade die äußerst komplexen betrieblichen Entscheidungen internationaler Unternehmensaktivitäten sind aufgrund ihres spezifischen (Querschnitt-) Charakters funktionsübergreifend zu erforschen, was jedoch nicht heißen soll, dass eine Beschäftigung mit funktionsbereichsspezifischen Problemen der Internationalisierung sinnlos wäre. Abgesehen von der dargestellten inhaltlichsachlichen Notwendigkeit, muss eine funktionsübergreifende und damit auch eigenständige Betrachtungsweise des Faches Internationales Management einen wichtigen Beitrag für das „Denken in betrieblichen Gesamtzusammenhängen“ leisten. Ein derartiger Ansatz ist ganz im Sinne einer General-Management-Ausbildung, die an den Hochschulen jedoch mehr und mehr vernachlässigt wird. Die Betrachtung des Internationalen Managements im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Institutionslehre, wie z.B. Industrie-, Bank-, Versicherungsoder Handelsbetriebswirtschaftslehre, ist m.E. ebenfalls verfehlt. Eine Internationalisierung findet bei allen Institutionen statt. Damit müsste das Internationale Management neben den Besonderheiten der einzelnen Institutionen, die Gegenstand der institutionell orientierten Betriebswirtschaftslehre sind, die besonderen Aspekte untersuchen, die sich aus der [14]Internationalisierung dieser Institutionen ergeben. Das Internationale Management geht aber über eine reine Institutionslehre hinaus.

Damit geht der Anspruch des Internationalen Managements nicht in die Richtung einer neuen betriebswirtschaftlichen Funktions- oder Institutionslehre, sondern in Richtung einer General-Management-Lehre, die neben der Betriebs- und Volkswirtschaft auch eine Reihe von Hilfswissenschaften wie z.B. die Soziologie, die Politologie, die Rechtsoder andere Gesellschaftswissenschaften benötigt. Nur ein umfassendes Verständnis dieser Aspekte kann zu einem erfolgreichen Internationalen Management führen. Insofern ist das Forschungsgebiet „Internationales Management“ nicht als eine eigenständige betriebswirtschaftliche Funktionslehre zu sehen. Der Sinn des Internationalen Managements kann nur in der funktions- und einzelwissenschaftsübergreifenden Erfassung komplexer Tatbestände bei Auslandsentscheidungen von Unternehmen liegen. Werden diese Problembereiche von der Betriebswirtschaftslehre nicht erfasst, läuft sie Gefahr, dass die Unternehmenspraxis der wissenschaftlichen Erkenntnis immer weiter vorauseilt.

[15] 3 Triebkräfte der Internationalisierung

3.1 Märkte

Abbildung 5 macht deutlich, wie sich die Bedeutung der Regionen, gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt, im Zeitablauf verändert hat. Von Christi Geburt an bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Asien die wirtschaftlich stärkste Region der Welt. Dann übernahm bis zum Ende des ersten Weltkrieges Europa diese Rolle. Von Ende des ersten Weltkrieges bis zum Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts war Amerika der Kontinent mit dem höchsten kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt. Nun hat Asien diese Rolle wieder übernommen.


Abbildung 5: Anteil der Kontinente am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Prozent

Quelle: UNCTAD, 2012, eigene Berechnungen aus Länderdaten der Weltbank, online

Mit dieser Entwicklung kam es jeweils zu beträchtlichen Marktverschiebungen, die die Handelsströme, aber auch die Investitionstätigkeit von Unternehmen beträchtlich beeinflussten. Heute sind diese drei Weltregionen in etwa von gleicher Bedeutung für die Auslandsaktivitäten von Unternehmen mit einer Tendenz, dass Asien der am stärksten wachsende Markt der Welt ist.

3.1.1 Globale Integration der Weltwirtschaft

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es zu einer neuen Weltwirtschaftsordnung. Bis dahin hat sich die Welt weitgehend in politische Blöcke aufgeteilt (kommunistische, sowjetische, westliche und neutrale Staaten). Die neue Aufteilung der Welt stellen zunehmend Wirtschaftsblöcke dar, die unterschiedliche Formen annehmen können. Damit ergibt sich für Unternehmen ein neues Weltbild. Für unternehmerische Entscheidungen spielt es dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle, in welchen Wirtschaftsblöcken das Unternehmen in Zukunft tätig sein will. Die Vor- und Nachteile der Ausgestaltung der [16]Wirtschaftsräume spielen eine Rolle für Standortentscheidungen für die Produktion und Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen. Aber auch Fragen der Markteintrittsund Bearbeitungsstrategien hängen von den Bedingungen, die in den Wirtschaftsräumen bestehen, ab. Deshalb erscheint es sinnvoll, einen Blick auf die internationalen Wirtschaftsräume zu werfen.

Globalisierung vs. Regionalisierung

In den letzten Jahrzehnten wurde die Integration der Weltwirtschaft insbesondere durch die World Trade Organization (WTO) vorangetrieben. Durch multilaterale Handelsabkommen verfolgt die WTO das Ziel, den freien Handel von Gütern und Dienstleistungen zwischen den Mitgliedsstaaten zu sichern. Diese Abkommen haben vor allem zu der Abnahme von Zöllen und nichttarifärer Handelshemmnisse geführt (Hill, C., 2010; Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010).

Dem Globalisierungsprozess steht aber auch eine Regionalisierung der Wirtschaft gegenüber. Unter Regionalisierung versteht man die Bildung von regionalen Handelsblöcken, mit dem Ziel die Wirtschaft innerhalb dieser Region, durch den Abbau von Handelshemmnissen zu stärken (Hill, C., 2010).

Die Integration der Weltwirtschaft wurde insbesondere durch die Verbesserung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für den weltweiten Handel durch die WTO verstärkt (Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010). Neben dem Globalisierungstrend lässt sich auch eine wirtschaftliche Integration auf regionaler Ebene beobachten. Eine regionale wirtschaftliche Integration kommt durch Abkommen zum Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelsbeschränkungen für Güter, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren zwischen Ländern einer geografischen Region zustande (Hill, C., 2010).

Multilaterale Handelsabkommen zwischen WTO-Mitgliedern

WTO-Mitglieder müssen die Organisation über alle regionalen Handelsabkommen informieren. Fast alle WTO-Mitglieder sind auch Mitglied eines regionalen Abkommens (Hill, C., 2010). Weltweit existieren 489 regionale Handelsabkommen/Präferenzzonen, bei denen die Waren und Dienstleistungen getrennt betrachtet werden. Weitere 380 Handelsabkommen, von denen 202 aktuell in Kraft sind, bestehen bis heute, bei denen nicht zwischen Waren und Dienstleistungen getrennt wird (World Trade Organization, 2011, online). Circa 60% des Welthandels wird durch regionale Abkommen beeinflusst (Cavusgil, T./Knight, G./ Riesenberger, J., 2012). Mitgliedsländer versprechen sich von einer wirtschaftlichen Integration einen höheren Lebensstandard durch erhöhte Spezialisierung, niedrigere Preise, größere Auswahl, höhere Produktivität und effizientere Nutzung von Ressourcen (Cavusgil, T./ Knight, G./Riesenberger, J., 2012; Hill, C., 2010).

Regionale Integrationsabkommen verfolgen das Ziel, durch steigenden Handel und Kostensenkungen Wachstums- und Entwicklungspotenziale auszuschöpfen. Für kleinere oder weniger entwickelte Länder steht der langfristig gesicherte Zugang zu Märkten mit hoher [17]Kaufkraft im Vordergrund. Große Länder erwarten gleichzeitig, dass sie trotz zusätzlicher Kosten und Verantwortung von der Kooperation profitieren. Die Motive der Zusammenschlüsse gehen allerdings über Handelsaspekte hinaus: Im Vordergrund stehen dabei politische Sicherheit, Bündelung von Interessen und die damit verbundene Stärkung der Verhandlungsmacht gegenüber anderen Gruppen und in internationalen Foren (Bundesfinanzministerium, 2012, online).

Durch die Uruguay- und Gatt-Runden versuchten Länder seit 1947 einen Abbau von Handelsbarrieren zu erreichen. Diese Bestrebungen wurden dann durch die Gründung der WTO institutionalisiert. Da diese jedoch weltweit agiert und viele Mitgliedstaaten zählt, sind Einigungen auf Abkommen sowie deren Umsetzung von längerer Dauer. Die größte Herausforderung liegt bei der Einhaltung der aufgestellten Regeln durch alle Mitglieder, insbesondere in der Agrarwirtschaft. Deshalb findet die wirtschaftliche Integration regional statt und nicht unter der Federführung der WTO. Heute verhandelt die WTO mit Wirtschaftsblöcken und versucht so die weitere Entwicklung zu steuern (Cavusgil, T./Knight, G./ Riesenberger, J., 2012; Hill, C., 2010).

Die zwei bekanntesten Wirtschafsträume/-blöcke sind die EU und die NAFTA. Man spricht von einem Wirtschaftsblock, wenn zwei oder mehrere Länder eine Freihandelszone bilden. Grenzübergreifende Investitionen sind auch charakteristisch für Wirtschaftsblöcke. In einer späteren Phase (z.B. EU) können die Liberalisierung des Kapitalmarktes und der Austausch von Arbeitskräften und Technologien hinzukommen. Die Harmonisierung der Finanz- und Währungspolitik sind weitere mögliche Schritte (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012).

3.1.2 Entwicklungsstufen der wirtschaftlichen Integration

 

Die Vertiefung der wirtschaftlichen Integration in einer Region verläuft in Schüben und ist gekennzeichnet von Stillstand oder Rückschlägen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei eine stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik in den Mitgliedsländern.

Präferenzzonen sind gekennzeichnet durch Vereinbarungen von Vorzugsbedingungen, z.B. niedrigere Zölle oder höhere Einfuhrquoten für den Handel mit bestimmten Gütern.

Bei Freihandelszonen erfolgt ein weitgehender Abbau von Handelsbeschränkungen zwischen den Mitgliedsstaaten (Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2009, online). In einer vollständigen Freihandelszone sind alle diskriminierenden Tarife, Quoten, Subventionen und administrative Behinderungen beseitigt. So wird der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten nicht verzerrt. Gegenüber Nichtmitgliedsstaaten kann jedes Land eine eigene Handelspolitik festlegen (Söllner, A., 2008). In einer Freihandelszone ist die Einführung von Herkunftsregeln („rules of origin“) unabdingbar. Sie stellen sicher, dass nur innerhalb der Freihandelszone hergestellte Güter zollbefreit sind. Die Herkunftsregeln sollen verhindern, dass Güter über das Mitgliedsland mit den niedrigsten Zöllen eingeführt und zollfrei in andere Länder innerhalb der Freihandelszone exportiert werden.

[18]Von einer Zollunion spricht man, wenn interne Handelsbeschränkungen und einheitliche Außenzölle festgelegt werden. Oftmals ist dies verbunden mit dem Abbau weiterer Hemmnisse, z.B. administrativer Art (Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2009, online). Für die Verhandlungen über einheitliche Außenzölle, die Koordinierung der gemeinsamen Außenhandelspolitik und die Kontrolle der Handelsbeziehungen ist ein bedeutender Verwaltungsapparat notwendig. Gemeinsame Außenzölle ermöglichen andererseits die Abschaffung von komplizierten Herkunftsregeln (Söllner, A., 2008).

Ein gemeinsamer Markt liegt dann vor, wenn es zu einer Ausweitung der Freiheit des Güterverkehrs kommt. Zudem beinhaltet die Schaffung eines gemeinsamen Marktes oft auch die Liberalisierung des Kapitalmarktes, die Freizügigkeit der Arbeitskräfte und die Niederlassungsfreiheit von Unternehmen (Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2009, online). Die freie Faktormobilität wird durch die Abschaffung von Restriktionen in Bezug auf Immigration und Emigration und freien grenzüberschreitenden Kapitalverkehr ermöglicht. Für einen gemeinsamen Markt ist ein hohes Maß an Harmonie und Kooperation in der Finanz-, Währungs- und Beschäftigungspolitik nötig (Söllner, A., 2008).

Eine Wirtschaftsunion resultiert aus der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes mit weitgehender Vereinheitlichung der ökonomischen Rahmenbedingungen, die sowohl die Ordnungs- als auch die Prozesspolitik betreffen (Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2009, online). Eine tiefere Integration wird durch eine gemeinsame Währung, die Harmonisierung der Steuerraten und eine gemeinsame Geld- und Finanzpolitik erreicht. Dieses hohe Maß an Integration setzt eine völlig neue Arbeitsteilung zwischen den gemeinsamen Organen und den einzelnen Regierungen voraus und erfordert einen entsprechenden Verwaltungsapparat (Söllner, A., 2008).


Abbildung 6: Entwicklungsstufen der wirtschaftlichen Integration

Quelle: In Anlehnung an: Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012; Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010

[19]Die letzte Stufe im Integrationsprozess ist eine politische Union. Sie wird durch die Schaffung gemeinsamer Institutionen für die Legislative, Judikative und Exekutive erreicht. Die EU verfügt als einziger Wirtschaftsraum bereits über supranationale Institutionen wie z.B. dem Rat der Staats- und Regierungschefs, der Kommission und dem Europäischen Parlament. Diese sind aber im Vergleich zu den nationalen Organen noch stark eingeschränkt (Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010; Schmidt, S./Schünemann, W. J., 2009).

3.1.3 Internationale Wirtschaftsräume


Abbildung 7: Wirtschaftsräume

EU – Europäische Union

Der europäische Binnenmarkt ist volumenmäßig der größte der Welt. Neben wirtschaftlichen Zielen will die EU auch die politische Stabilität sichern, kulturelle Vielfalt wahren und gemeinsame Werte pflegen (z.B. nachhaltige Entwicklung, gesunde Umwelt, Menschenrechte).

Die EG, in der die EU ihren Ursprung hat, wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet mit dem Ziel, durch politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit den Frieden zwischen den europäischen Ländern zu sichern und den Wiederaufbau des Kontinents zu beschleunigen (Europäische Union, 2012, online). Mit der abnehmenden Gefahr von Kriegen in Europa rückten in den 1950er Jahren wirtschaftliche Ziele in den Vordergrund (Welge, M.K./ Holtbrügge, D., 2010).

Nach der Einführung der Freihandelszone (1959) und der Zollunion (1968) und der Erweiterung der EU um weitere Mitglieder verlangsamte sich der Integrations- und Harmonisierungsprozess [20]in den 1970er Jahren aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen. Erst mit der Vollendung des Binnenmarktes zum 31.12.1992 erhielt die EU neuen Schwung (siehe „vier Freiheiten“ des Binnenmarktes).

Die „vier Freiheiten“ des Binnenmarktes sind (Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010):

1 Freiheit des WarenverkehrsErrichtung einer Zollunion, d.h. der Zusammenschluss einer Gruppe von Staaten zu einem einheitlichen ZollgebietZölle zwischen den Mitgliedsstaaten werden aufgehobenEinheitliche Zölle gegenüber DrittländernKeine mengenmäßigen Beschränkungen innerhalb der Mitgliedsstaaten (Wagner, H., 2009)Wegfall von Grenzkontrollen, Harmonisierung oder gegenseitige Anerkennung von Normen und Vorschriften, Steuerharmonisierung (Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010)

2 Freiheit des PersonenverkehrsWegfall von GrenzkontrollenNiederlassungs- und Beschäftigungsfreiheit (Wagner, H., 2009)

3 Freiheit des DienstleistungsverkehrsLiberalisierung der FinanzdiensteHarmonisierung der Banken- und VersicherungsaufsichtÖffnung der Transport- und Telekommunikationsmärkte (Wagner, H., 2009)

4 Freiheit des Kapital- und ZahlungsverkehrsKapitalverkehrskontrollen werden abgeschafftLiberalisierung des WertpapiermarktesVereinfachungen für Geld- und Kapitalbewegungen (Wagner, H., 2009)

Die Einführung des Euro war ein wichtiger Schritt zur Schaffung der Wirtschaftsunion. Ziel der Einführung des Euro ist es, die Transaktionskosten und Wechselkursrisiken zu senken und die Preistransparenz zu erhöhen (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012).

Zunächst wurde die gemeinsame Währung 1999 in 11 Mitgliedsländern eingeführt. Am 1. Januar 2002 wurden Eurobanknoten und -münzen in 12 Mitgliedsländern in Umlauf gebracht (Europäische Union, 2012, online).

[21]Ein entscheidender Schritt in der wirtschaftlichen Vereinigung von West- und Ost- Europa war die „Osterweiterung“ um 10 Mitgliedsländer zum 1. Mai 2004 (Cavusgil, T./Knight, G./ Riesenberger, J., 2012).

Heute ist die EU ein Zusammenschluss von 28 demokratischen Ländern (Europäische Union, 2013, online). In Zukunft möchte die EU weitere Mitglieder aufnehmen und die Zusammenarbeit verstärken. Die Basis für strukturelle Anpassungen und Änderungen in den kommenden Jahren wurde mit dem Vertrag von Lissabon im Dezember 2007 gebildet. Er soll zu mehr Demokratie und Transparenz führen, Arbeits- und Abstimmungsverfahren verkürzen, die Grundrechte in der Charta verankern und eine einheitliche Stimme der EU bei globalen Fragen sicherstellen (Europäische Union, 2012, online).

Die EU basiert auf vier Organen, die im Folgenden näher beschrieben werden.

Der EU-Rat stellt das oberste Gremium der EU dar und setzt sich aus Staats- und Regierungschefs, dem Präsidenten des EU-Rates und dem Präsidenten der Kommission zusammen. Der EU-Rat legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten der EU fest. Er ist zwar eine politische Instanz, wird aber nicht gesetzgeberisch tätig.

Der EU-Ministerrat entscheidet über Gesetzesvorschläge (teilweise ist jedoch die Zustimmung des EU-Parlamentes erforderlich) und umfasst die Fachminister der Mitgliedsstaaten (z.B. Rat der Umweltminister bei Umwelt-Themen). Er koordiniert die Außen- und Wirtschaftspolitik der EU und die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten im Bereich Justiz und Polizei. Darüber hinaus stellt er den EU-Haushalt auf und schließt internationale Verträge. Bei wichtigen Fragen ist eine einstimmige Entscheidung notwendig. In Zukunft soll es aber auch Mehrheitsentscheidungen geben.

Die Kommission ist die „Regierung“ der EU und besteht aus einem Präsidenten und einem Kommissar je Mitgliedsland. Sie schlägt Gesetze vor, überwacht deren Umsetzung und kontrolliert die Umsetzung des EU-Haushaltes und der EU-Programme.

Im EU-Parlament sitzen die direkten Vertreter der EU-Bürger (ähnlich dem Deutschen Bundestag). Es gibt 750 direkt gewählte Abgeordnete, die Gesetzen zustimmen müssen. Das Parlament hat kein Recht auf eine eigene Gesetzesinitiative. Es ist befugt, über die Hälfte der EU-Ausgaben abzustimmen, jedoch nicht berechtigt, über die Agrarausgaben zu entscheiden. In Zukunft soll dem EU-Parlament mehr Rechte eingeräumt werden.

Weitere Organe der EU sind der Gerichtshof der EU, die Europäische Zentralbank und der Europäische Rechnungshof (Europäische Union, 2012, online).

NAFTA – North American Free Trade Agreement

Bei der NAFTA handelt es sich um ein Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Sie wurde am 01.01.1994 gegründet. Die USA und Kanada hatten 1989 bereits ein Freihandelsabkommen abgeschlossen (North American Free Trade Agreement, 2012, online). Neben dem europäischen Wirtschaftsraum ist die NAFTA die größte Freihandelszone [22]der Welt. Vor der Gründung bestand bereits ein hoher Verflechtungsgrad zwischen den Mitgliedern (Wagner, H., 2009). Abbildung 8 gibt die wichtigsten Kennzahlen der NAFTA wieder.

* = Daten für 2011 sind Schätzwerte

Abbildung 8: Kennzahlen der NAFTA

Quelle: NAFTA, 2012, online

Ziel der NAFTA ist der Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen. Darüber hinaus existieren Sonderregelungen für bestimmte Sektoren wie z.B. für die Automobil- und Textilindustrie sowie für die Landwirtschaft und den Energiemarkt. Außerdem gibt es noch Regelungen für die Marktöffnung von Dienstleistungen, der Niederlassungsfreiheit, der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung (Wagner, H., 2009). Restriktionen für ausländische Direktinvestitionen wurden beseitigt. Ausnahmen stellen Investitionen in die mexikanische Energieindustrie und den Schienenverkehr sowie die amerikanische Flugindustrie und den Funkverkehr dar (Hill, C., 2010). Die NAFTA weist im Vergleich zu anderen regionalen Abkommen einen asymmetrischen Entwicklungsstand der Mitgliedsländer auf. Die Freizügigkeit des Faktors Arbeit zwischen Mexiko und USA/Kanada ist vertraglich ausgeschlossen. Damit sollen starke Migrationsbewegungen aus dem Schwellenland Mexiko in die nordamerikanischen Staaten verhindert werden. Trotzdem ist der Gewinner bislang insbesondere Mexiko (Wagner, H., 2009).

Seit der Gründung hat sich das Handelsvolumen zwischen den drei Mitgliedern vervierfacht und zwar auf US$ 1.011,7 Mrd. im Jahre 2011 (hierbei werden nur die Importe der NAFTA-Partner berücksichtigt) (Secretaria de Economia, 2012, online). Das gemeinsame Bruttosozialprodukt dieser drei Länder hat sich in dem Zeitraum seit dem Zusammenschluss mehr als verdoppelt: von US$ 7,6 Bill. im Jahr 1993 auf knapp US$ 18 Bill. im Jahr 2011.

Die Exporte von den USA nach Kanada haben sich im selben Zeitraum mehr als verdoppelt, dasselbe gilt für die Exporte von Kanada in die USA. Mexiko profitiert besonders von [23]dem Zugang zu den Märkten der USA und Kanada, das Exportvolumen zwischen Mexiko und der Vereinigten Staaten hat sich seit der Zugehörigkeit zur NAFTA versiebenfacht. Viele mexikanische Branchen wie Elektronik, Textilien, medizinische Produkte oder Dienstleistungen haben sich durch den gemeinsamen Markt überhaupt erst etablieren lassen. Kanada und Mexiko wickeln ca. 80% ihres Außenhandels mit den USA ab und haben 60% ihres Bestandes an Direktinvestitionen in den USA. Abbildung 9 zeigt die große Bedeutung der USA für Kanada und Mexiko bezüglich der Exporttätigkeit dieser Länder.

 

Abbildung 9: Exporte in die USA, 2010 (in Prozent der Gesamtexporte)

Quelle: CIA World Factbook, 2011, online

Das Pro-Kopf-Einkommen von Mexiko ist auf über US$ 9.330 (The World Bank, 2010) gestiegen. Damit ist Mexiko das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika (North American Free Trade Agreement, 2012, online; Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012). Die USA und Kanada profitieren von der Entwicklung Mexikos, da es sich zu einem wichtigen Absatzmarkt entwickelt hat. Zudem haben amerikanische Unternehmen die Möglichkeit, arbeitsintensive Produktionsprozesse nach Mexiko zu verlagern. Im Grenzgebiet zu den USA durften zuvor schon ausländische Unternehmen Rohstoffe und Vorprodukte zollfrei einführen. Diese Regelung wurde in dem Maquiladoras-Programm 1965 verankert, um ausländische Kapitalzuflüsse zu fördern. Mit der NAFTA wurde dieser Abbau der Zollschranken auf das gesamte Land ausgedehnt (Hill, C., 2010; Welge, M.K./ Holtbrügge, D., 2010). Viele nordamerikanische Unternehmen haben folglich ihre Produktionsstätten von Niedriglohnländern in Asien nach Mexiko verlagert (z.B. Gap Inc., Liz Claiborne) (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012). Auch wenn sich die Exporte mexikanischer Produkte erhöhten und zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, hat die Freihandelszone zu einem signifikanten Anstieg von Importen und einem Außenhandelsdefizit für Mexiko geführt (Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010).

Die NAFTA hat im Gegensatz zu EU/MERCOSUR/ASEAN nicht das Ziel, eine Wirtschaftsunion bzw. eine politische Union zu werden. Sie verfügt über keine eigenen Organe, sondern nur über einen lockeren institutionellen Rahmen, dessen Hauptaufgabe es ist, die [24]Umsetzung des Abkommens zu überwachen und Auseinandersetzungen, die sich aus der Interpretation des Abkommens ergeben können, zu lösen (Welge, M.K./Holtbrügge, D., 2010; Wagner, H., 2009). Eine Erweiterung der NAFTA wird seit vielen Jahren diskutiert. Einige lateinamerikanische Länder haben bereits ihr Interesse an einer Mitgliedschaft signalisiert. Aufgrund der Anlaufschwierigkeiten der NAFTA sind die Mitglieder allerdings nicht entscheidungsfreudig. Die Gespräche über Chile als potenzielles Neumitglied laufen schon seit 1995 (Hill, C., 2010).

MERCOSUR – Mercado Comun del Sur

1991 wurde der Mercado Comun del Sur oder kurz MERCOSUR genannt gegründet. Dieser Zusammenschluss basiert auf einem bilateralen Abkommen zwischen Brasilien und Argentinien von 1988 mit dem Ziel der Schaffung einer Freihandelszone innerhalb von 10 Jahren (Hill, C., 2010; Rugman, A.M./Collinson, S., 2009). Er stellt den stärksten Wirtschaftsblock in Südamerika dar (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012). Neben den Gründungsmitgliedern Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay wurde 2005 Venezuela als assoziiertes Mitgliedsland integriert. Zwischen MERCOSUR und Chile, Bolivien, Peru, Ecuador und Kolumbien besteht ein Assoziierungsabkommen, das zu einer Präferenzzone mit Vorzugsbedingungen führte (Mercado Comun del Sur, 2012, online; Cavusgil, T./Knight, G./ Riesenberger, J., 2012; Wagner, H., 2009).

Oberstes Organ des MERCOSUR ist der Rat des Gemeinsamen Marktes, der sich aus den Wirtschafts- und Außenministern zusammensetzt (Wagner, H., 2009). Ziel von MERCOSUR ist es, einen freien Verkehr von Gütern, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren durch den Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse zu schaffen und einen gemeinsamen Außenzoll zu erreichen (Mercado Comun del Sur, 2012, online; Wagner, H., 2009). Weitergehende Ziele sind die Harmonisierung der institutionellen Bedingungen in den Bereichen Agrar-, Industrie-, Fiskal-, Währungs-, Wechselkurs-, Kapital-, Dienstleistungs-, Transport- und Kommunikationspolitik (Mercado Comun del Sur, 2012, online; Wagner, H., 2009).

MERCOSUR setzt sich aus asymmetrischen Vertragsparteien zusammen. Nach einem erfolgreichen Start (der Handel zwischen den vier Gründungsmitgliedern vervierfachte sich zwischen 1990 und 1998) stieß MERCOSUR 1998 in eine existenzielle Krise als Folge der Währungs- und Finanzkrise in Argentinien. Insgesamt fällt die Erfolgsgeschichte daher eher bescheiden aus. Bisher ist MERCOSUR nur eine „unvollständige“ Zollunion (Hill, C., 2010; Wagner, H., 2009). Weiterhin gibt es viele Ausnahmeregelungen für den Abbau von Handelshemmnissen und für einen gemeinsamen Außenzoll (Hill, C., 2010; Wagner, H., 2009).

Relativ erfolgreich wird die Gründung der Entwicklungsbank „Banco del Sur“ im Jahre 2007 angesehen. Die Bank verfolgt unter anderem das Ziel, die regionale Wirtschaft mit Krediten zu versorgen, um dadurch das wirtschaftliche Wachstum zu beschleunigen (Wagner, H., 2009).

[25]ASEAN – Association of Southeast Asian Nations

ASEAN wurde 1967 von Indonesien, Malaysia, den Philippinen, Singapur und Thailand gegründet. Weitere Mitglieder sind heute Brunei, Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam.

Das oberste Organ ist die Konferenz der Staatsoberhäupter, die strategische Richtungsentscheidungen treffen kann. Der Rat der Außenminister tritt einmal jährlich zusammen und formuliert die politischen Leitlinien. Dem Rat untersteht ein Ständiger Ausschuss (Außenminister des Gastgeberlandes und die dortigen akkreditierten Botschafter der Mitgliedsländer). Der ständige Ausschuss führt die Geschäfte der ASEAN bis zum nächsten Außenministertreffen und unterbreitet den sonstigen Fachministertreffen und den ASEAN-Komitees Berichte und Empfehlungen. Des Weiteren verfügt jedes Land über ein ASEAN-Sekretariat, das für die Durchführung landesspezifischer Programme zuständig ist (Wagner, H., 2009).

Ziel von ASEAN ist die Förderung der regionalen Zusammenarbeit auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet zur Festigung des Friedens in Südostasien, um das Wachstum der Wirtschaft zu steigern. Darüber hinaus wird der Abbau von Zöllen (AFTA) auf unter fünf Prozent angestrebt. Es bestehen aber bis heute signifikante Ausnahmen.

In den ersten Jahren gab es keine nennenswerten Erfolge durch die Bildung des ASEAN. Zu Beginn der 1990er Jahre kam es jedoch zu einer Wiederbelebung der Anstrengungen zur Zielerreichung von ASEAN.

Stufenweise wurden die Zölle für eine Vielzahl an Produkten abgebaut und die maximale tarifäre Belastung auf 5% gesenkt. 1992 kam es zur Gründung der AFTA (ASEAN Free Trade Agreement). Seit dem 1. Januar 2010 befindet sich der ASEAN in der zweiten Phase. Zu diesem Zeitpunkt tritt für China das Freihandelsabkommen in Kraft. Für die ASEAN-Staaten Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam wird das Abkommen erst 2018 in Kraft treten. 6.682 Zolltarife wurden seit Anfang 2010 abgeschafft. Davon sind 17 Sektoren betroffen, u.a. 12 im herstellenden Gewerbe, 5 in der Landwirtschaft, der Fischerei und im Bergbau. Des Weiteren ist ASEAN an einer Beseitigung der Zölle mit China, Japan und Südkorea interessiert (Hill, C., 2010).

[26]

* = Daten für 2011 sind Schätzwerte

Abbildung 10: Die vier großen Wirtschaftsblöcke im Überblick

Quelle: World Bank, 2012, online; NAFTA, 2012, online; Europäische Union, 2012, online; MERCOSUR, 2012, online; ASEAN, 2012, online; IMF 2011, online; Eurostat, 2011, online, CIA World Fact Book, 2012, online

Weitere regionale Handelsabkommen

Weitere Beispiele für kleinere oder weniger fortgeschrittene Wirtschaftsräume sind:

 CAN – Comunidad de Naciones (=ANCOM – Andean Common Market)Es handelt sich dabei um eine Zollunion zwischen Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Peru und Venezuela. Der Handel innerhalb des Wirtschaftsraumes ergibt nur 5% des gesamten Handels der Mitgliedsländer. Die Anden erschweren den Transport von Gütern zwischen den Nationen (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012; Söllner, A., 2008).

 CARICOM – The Caribbean CommunityCARICOM umfasst 15 Mitgliedsländer aus der englischsprachigen Karibikregion. Bisher wurden Handelsbarrieren gesenkt, aber die geplante Zollunion wurde noch nicht umgesetzt (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012; Hill, C., 2010).

 CACM – Central American Common MarketMitglieder von CACM sind Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Dominikanische Republik. Seit der Gründung in den frühen 1960er Jahren wurde jedoch wenig Fortschritt, insbesondere wegen eines Konfliktes zwischen Honduras und El Salvador im Jahre 1969, erreicht.[27]2003 wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen, da die USA Interesse an einem bilateralen Handelsabkommen mit dem Wirtschaftsblock zeigte. 2005 wurde das Freihandelsabkommen Central American Free Trade Agreement unterzeichnet (Hill, C., 2010).

 APEC – Asia-Pacific Economic CooperationAPEC setzt sich aus den Ländern Australien, Kanada, Chile, China, Japan, Mexiko, Russland und USA zusammen. Das Ziel ist die Einführung von Freihandel zwischen diesen Ländern. Bisher gab es jedoch nur geringe Erfolge in den Verhandlungen, da die Mitgliedsstaaten zu unterschiedliche wirtschaftliche Interessen und Prioritäten haben (Cavusgil, T./Knight, G./Riesenberger, J., 2012; Hill, C., 2010).

 EFTA – European Free Trade AgreementDie EFTA besteht aus Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Ursprünglich wurde die EFTA von ehemaligen EU- (EG-)Mitgliedern gegründet, die bei der Integration nicht über eine Freihandelszone hinausgehen wollten. Mittlerweile sind von den sieben Mitgliedern nur noch Norwegen und die Schweiz übriggeblieben und es sind Liechtenstein und Island hinzugekommen. Die anderen Länder haben sich wieder der EU angeschlossen (Rugman, A.M./Collinson, S., 2009)

Misst man die Bedeutung der wichtigsten Wirtschaftsblöcke anhand des Bruttoinlandsproduktes, dann sieht man, dass die EU und die NAFTA fast gleich groß sind und der Abstand zu den MERCOSUR- und den ASEAN-Staaten doch noch recht beträchtlich ist (vgl. Abbildung 11).