Internationales Management

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* = Daten für 2011 sind Schätzwerte

Abbildung 11: Bruttoinlandsprodukt der Wirtschaftsräume und ausgewählter Länder

Quelle: IMF, 2011, online

[28]3.2 Kosten

Der erste strategische Denkansatz aus dem Kapitel „Dynamik des globalen Wettbewerbs“ wirft die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen es den Unternehmen westlicher Industrieländer gelingen wird, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Wenn keine Unterschiede in den Produkten zwischen den internationalen Wettbewerbern auf den Weltmärkten bestehen, reduziert sich die Frage der Wettbewerbsfähigkeit weitgehend auf vorhandene Kostenvorteile. Die alleinige Ausrichtung des strategischen Denkens auf die Kostenseite erscheint jedoch für Unternehmen aus den westlichen Industrienationen wenig erfolgversprechend, da sie dann mit Unternehmen aus Ländern konkurrieren, die zum Teil 80% niedrigere Kosten haben. So hat Porter festgestellt, dass Kostenvorteile nur „flüchtige Wettbewerbsvorteile“ sind (Porter, M.E., 1999). Abbildung 12 gibt einen internationalen Vergleich der Arbeitskosten im Industriebereich für das Jahr 2010 wieder. Aus ihr wird deutlich, welche neuen Herausforderungen auf die deutsche Wirtschaft insbesondere aus den neuen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zukommen können.


Abbildung 12: Die Lohnstückkosten im verarbeitenden Gewerbe, Landeswährung als Grundlage, Index: 2002 = 100

Quelle: U.S. Department of Labor, Bureau of Labor Statistics, December 2010

[29]

Abbildung 13: Vergleich der Arbeitskosten im Verarbeitenden Gewerbe im Jahr 2010 (Angaben für Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) je geleistete Stunde in Euro)

Quelle: Industrielle Arbeitskosten im internationalen Vergleich, in: IW Trends, Institut der Deutschen Wirtschaft Köln, 2011

3.3 Technologien


Abbildung 14: Entwicklung der Patentanmeldungen, 1978-2010

Quelle: WIPO, PCT – The international patent review, 2010, online

[30]Die globale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängt hauptsächlich davon ab, ob Unternehmen eine überlegene Produkt- oder Prozesstechnologie entwickeln können. So kommt es weltweit zu einem Wettrennen bezüglich überlegender Technologien. In diesem Zusammenhang kommt es zu einem beträchtlichen Aufholprozess von Unternehmen aus den sogenannten „emerging markets“. Das lässt sich aus den Anmeldungen von internationalen Patenten ableiten. Abbildung 14 zeigt, wie sich die Patentanmeldungen vom Ende der 1970er Jahre bis heute entwickeln haben. Aus ihr wird deutlich, wie stark die Anzahl an Patentanmeldungen in diesen Jahren zugenommen hat. Während bis zum Jahre 2000 die meisten Patentanmeldungen von Unternehmen aus den klassischen Industrienationen kamen (vgl. Abbildung 15), sind heute Unternehmen aus Süd-Korea und China unter den Top 7 Anmeldern für Patente zu finden. Damit erweitert sich der Kreis technologiegetriebener Wettbewerber und die Herausforderung für die bisherigen Technologieführer wird immer globaler (vgl. Abbildung 16 und Abbildung 17).


Abbildung 15: Patentanmeldungen im internationalen Vergleich 1990-2000

Quelle: WIPO, 2010, online

Patentanmeldungen sind im Rahmen des Innovationsprozesses zwar nur ein erster Indikator für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, jedoch sind sie langfristig ein Indikator für die Innovationspotenziale von Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern. Die Umsetzung von Ideen in global marktfähige Produkte ist Gegenstand des Innovationsmanagements (vgl. Kapitel 9 des Buches) und auf diesem Gebiet entscheidet sich, welchen Unternehmen das 21. Jahrhundert gehören wird. Es bleibt abzuwarten, wie Unternehmen aus den übrigen Schwellenländern wie z.B. Brasilien, Russland, Südafrika oder Indien in diesen Wettbewerb eingreifen werden. Für Unternehmen aus den klassischen Industrienationen ist der technologische Vorsprung überlebensnotwendig und das Innovationsmanagement von zentraler Bedeutung für zukünftige Erfolge auf den Weltmärkten.

[31]

Abbildung 16: Patentanmeldungen im internationalen Vergleich 1990-2010

Quelle: WIPO, 2010, online


Abbildung 17: Patentanmeldungen im internationalen Vergleich 1990-2010

Quelle: WIPO, 2010, online

[32]3.4 Formen der Internationalisierung

3.4.1 Export

Die Bedeutung der Internationalisierung für Länder, Branchen und Unternehmen soll nachfolgend exemplarisch anhand einiger Entwicklungen der Weltwirtschaft dargestellt werden. Angesichts der Vielschichtigkeit der internationalen Wirtschaftsbeziehungen erfolgt diese Darstellung anhand verschiedener Indikatoren, die sich auf unterschiedliche Betrachtungsebenen beziehen. Neben der Welt- und Länderperspektive soll auch die Branchen- und Unternehmensebene erfasst werden, um einige wichtige Entwicklungen zu verdeutlichen.

* = Prognose

Abbildung 18: Entwicklung des Welthandelsvolumens (in Mrd. US$)

Quelle: WTO, 2010, online

Betrachtet man zunächst die Entwicklung der weltweiten Exporttätigkeit von Unternehmen, die sowohl in den nationalen Handelsstatistiken als auch von der UNO, der OECD sowie dem IMF erfasst werden, so kann man feststellen, dass sich das Welthandelsvolumen zwischen 1980 und 2011 nominal nahezu verachtfacht hat.

Die Weltexporte unterscheiden sich nur geringfügig von den Weltimporten. Die Differenzen ergeben sich aus unterschiedlichen Methoden der Wertstellung. So werden Importe überwiegend zu CIF-Preisen (cost insurance freight) und Exporte vornehmlich zu FOB-Preisen (free on board) bewertet (Marschner, H., 1989).

Welche Bedeutung dem Welthandel zukommt, wird im Vergleich zur Entwicklung des Weltbruttosozialproduktes deutlich. Wie Abbildung 19 zeigt, ist das Welthandelsvolumen in den letzten 40 Jahren im Durchschnitt stärker gewachsen als das Weltbruttosozialprodukt. Sie unterstellt als Ausgangssituation das Jahr 1950 und beginnt mit einem Index von 100 für den Welthandel und das Weltbruttosozialprodukt. Es wird ersichtlich, dass bis zum Jahre 2010 der Index für den Welthandel rund zweieinhalbmal so stark angestiegen ist wie der für das Weltbruttosozialprodukt. Für die Unternehmensstrategie stellt somit der Außenhandel einen der zentralen „Wachstumsmärkte“ dar.

[33]

Abbildung 19: Entwicklung des Welthandels und des Weltbruttosozialproduktes seit 1950 (Index 1950 = 100)

Quelle: WTO, 2010, online

Ein wesentlicher Grund für das Wachstum des Welthandels ist in der Beseitigung bzw. dem Abbau von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen zu sehen, die insbesondere im Rahmen der verschiedenen GATT-Zollsenkungsrunden und der Welthandelsrunden der WTO erfolgten. So sank beispielsweise der durchschnittliche Zoll auf Industriegüter von 40% im Jahr 1940 auf 3,2% im Jahr 2005 (Bchir, M.H./Jean, S./Laborde, D., 2006).


Abbildung 20: Anteile am Welthandel in Prozent

Quelle: Rodrigue, J.-P./Comtois, C./Slack, B., 2011

[34]Die aggregierte Betrachtung der Entwicklung des Welthandelsvolumens sagt aber noch nichts über die länderspezifische Bedeutung des Außenhandels aus. In den letzten Jahrzehnten wechselten sich in der Spitze der Exportnationen die USA und Deutschland als „Exportweltmeister“ ab, heute kommt diese Rolle China zu (vgl. Abbildung 20).

Häufig wird die Globalisierung mit einer Intensivierung des Welthandels verbunden. Betrachtet man jedoch die weltweiten Handelsströme, so lässt sich feststellen, dass über 70% des Welthandels Regionalhandel ist. Dieser regionale Handel hat sich durch die Entwicklung der Wirtschaftsblöcke intensiviert und ist die treibende Kraft des Anstieges der Weltexporte. Im Zusammenhang mit dem Export kommt es damit mehr zu einer Regionalisierung als zu einer Globalisierung des Welthandels (vgl. Abbildung 21).

 

Abbildung 21: Globaler und regionaler Handel in Prozent des Welthandels

Quelle: UNCTAD, IMF und Worldbank, 2010, online

Die Regionalisierung des Welthandels wird auch dadurch deutlich, wenn man die größten Weltregionen im Einzelnen betrachtet. Bei der Beschreibung der NAFTA-Zone wurde bereits darauf hingewiesen, dass fast 80% des Außenhandels von Mexiko und Kanada mit den USA abgewickelt werden.

Abbildung 22 zeigt, dass auch die meisten EU-Länder ihren Handel weitgehend untereinander tätigen.


[35]

Abbildung 22: Hauptexportpartner ausgewählter Länder, 2010 (in Prozent der Gesamtexporte)

Quelle: CIA Factbook, 2011, online

Betrachtet man die asiatischen Länder, so zeigt Abbildung 23, dass auch diese etwa 50% ihres Handels untereinander betreiben.


Abbildung 23: Bestimmungsorte asiatischer Exporte in Prozent

Quelle: Worldbank, 2012, online; eigene Berechnungen

Die Regionalisierungstendenzen des Welthandels werden wohl in Zukunft weiter zunehmen, da aufgrund der Wirtschaftskrisen in der Welt, trotz WTO und ähnlicher Abkommen, ein zunehmender Protektionismus zwischen den Wirtschaftsblöcken erwartet werden kann. Darüber hinaus sind die Unternehmen immer globaler aufgestellt, so dass sie die Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen weitgehend aus der Region bedienen können und sie somit Exporte aus ihren Heimatländern nur noch auf wenige „strategische” Produkte reduzieren.

Abbildung 24 zeigt die Entwicklung von Wareneinfuhr und -ausfuhr für die Bundesrepublik Deutschland. Aus ihr wird ersichtlich, dass bis auf die Krisenjahre 2009 und 2010, fast ein permanenter Anstieg der Exporte stattfand.

[36]

Abbildung 24: Entwicklung der Warenimporte und -exporte der Bundesrepublik Deutschland

Quelle: Deutsche Bundesbank, 2011 (verschiedene Berichte)

Der Anteil der Exporte am gesamten Bruttoinlandsprodukt Deutschlands betrug im Jahre 2011 28,8%. Auch für andere westliche Industrienationen ist der Export von ähnlicher Bedeutung. So betrug 2011 die Exportquote in Frankreich 20,6%, in Großbritannien 20,0% und in den USA 10,0% (CIA World Fact Book, 2012, online).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Exportgeschäft für viele deutsche Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen einen wesentlichen Teil der gesamten Geschäftstätigkeit ausmacht und von zentraler Bedeutung für den Erfolg dieser Unternehmen ist. Gleichzeitig führt die zunehmende internationale Verflechtung nicht nur zu Entwicklungspotenzialen für die Unternehmen, sondern auch zu Risiken durch neue und z.T. bessere Konkurrenzunternehmen.

3.4.2 Direktinvestitionen

Neben der Aufnahme und Durchführung von Ex- und Importen stellt der direkte Transfer von Kapital und Management-Know-how, z.B. in Form von Direktinvestitionen bzw. Lizenzvergaben vom oder ins Ausland, eine weitere wichtige Möglichkeit internationaler Unternehmenstätigkeiten dar.

Betrachtet man den Bestand der deutschen Direktinvestitionen im Ausland und den Bestand ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland als Indikatoren für die Bedeutung der internationalen Unternehmenstätigkeit, so ist hier eine kontinuierliche Zunahme deutscher Direktinvestitionen im Ausland festzustellen, während die Bestände ausländischer Direktinvestitionen in Deutschland seit ca. 2005 nur unterproportional ansteigen (vergleiche Abbildung 25).

[37]

Abbildung 25: Bestand der unmittelbaren Direktinvestitionen von Ausländern in Deutschland und deutscher unmittelbarer Direktinvestitionen im Ausland

Quelle: Deutsche Bundesbank, 2012, online

Im globalen Umfeld lässt sich feststellen, dass Entwicklungs- und Schwellenländer seit der Jahrtausendwende in zunehmendem Maße an der Entwicklung des internationalen Direktbestandes an Direktinvestitionen partizipieren. Wie Abbildung 26 zeigt, war diese Entwicklung noch im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts weitgehend entkoppelt. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung sind die Erfolge asiatischer Schwellenländer.

* = Entwicklungsländer: Alle afrikanischen, lateinamerikanischen und asiatischen Länder mit Ausnahme Japans.

Abbildung 26: Weltweite Direktinvestitionen

Quelle: UNCTAD, 2011, online

3.4.3 Lizenzen

Für eine Vielzahl von Unternehmen sind Exporte oder Direktinvestitionen aus finanziellen oder personellen Gründen nicht möglich. Darüber hinaus verfügen viele, vor allem mittelständische Unternehmen, über zu geringe oder keine Erfahrung bezüglich internationaler [38]Aktivitäten. Andere Unternehmen scheuen das Risiko, welches mit ausländischen Geschäften auftreten kann, und versuchen den Kapital- und Personaleinsatz zu minimieren. In diesem Zusammenhang wird die Vergabe von Lizenzen an ausländische Unternehmen interessant. Abbildung 27 macht deutlich, dass die grenzüberschreitende Lizenzvergabe in den letzten 10 Jahren für deutsche Unternehmen an Bedeutung zugenommen hat. Einerseits kommt es zu einem Anstieg von deutschen Unternehmen, die von ausländischen Unternehmen Lizenzen kaufen, und andererseits verkaufen deutsche Unternehmen zunehmend mehr Lizenzen an ausländische Unternehmen. Auch diese Entwicklung macht die zunehmende internationale Verflechtung deutscher Unternehmen mit dem Ausland deutlich.


Abbildung 27: Zahlungsströme aufgrund von An- und Verkäufen von Lizenzen und Patenten in der Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland

Quelle: Deutsche Bundesbank, Zahlungsbilanzstatistik, 2012, online

[39]3.5 Marktteilnehmer

3.5.1 Unternehmen


Abbildung 28: Auslandsquoten deutscher Großunternehmen in %

Quelle: Hoppenstedt Bilanzdatenbank, Geschäftsberichte

Abbildung 28 zeigt die Auslandsquote von deutschen Großunternehmen aus verschiedenen Branchen, die als Auslandsumsatz in Prozent des Gesamtumsatzes gemessen wird.

Aus dieser Aufstellung geht hervor, dass eine Vielzahl von deutschen Großunternehmen mehr als die Hälfte des gesamten Konzernumsatzes im Ausland erwirtschaftet. Bemerkenswert für die deutsche Wirtschaft ist allerdings, dass sich auch mittelständische Unternehmen immer mehr im Ausland engagieren.

Die bisher genannten Zahlen bezogen sich in erster Linie auf den Absatzbereich der Unternehmung. In der Unternehmenspraxis sind aber auch andere Unternehmensbereiche in wachsendem Maße von der Internationalisierung der jeweiligen Aktivitäten betroffen. Im Folgenden soll dies am Beispiel der Funktionsbereiche Personal, Beschaffung und Finanzen exemplarisch dargestellt werden.

Der Personalbereich ist durch eine zunehmende internationale Verflechtung gekennzeichnet. Beispielhaft sei hier die Entwicklung des Anteils der Beschäftigten im In- und Ausland beim Henkel-Konzern genannt, die Abbildung 29 wiedergibt.

Auch der Finanzbereich von Unternehmen sieht sich einer wachsenden Verflechtung der internationalen Kapitalmärkte gegenüber, die die Unternehmen bei Finanzierungsentscheidungen berücksichtigen müssen. Verknüpft man diese Entwicklung mit der Notwendigkeit, Zahlungsströme unterschiedlichster Währungen, die wiederum aus dem Absatz und/ oder der Beschaffung in verschiedenen Ländern resultieren, zu steuern und effizient zu koordinieren, so wird deutlich, welche Bedeutung die Internationalisierung für den Finanzbereich einer Unternehmung hat.

[40]

Abbildung 29: Beschäftigte der Henkel KGaA (Konzern) im In- und Ausland

Quelle: Henkel KGaA (Hrsg.): Geschäftsberichte, Ergänzung durch Hoppenstedt Bilanzdatenbank; Henkel, 2010, online

Eindrucksvoll ist auch die Entwicklung im Bereich der Beschaffung und der Produktion. Abbildung 30 erläutert die Komponentenherkunft am Beispiel der Produktion des Smart fortwo. Aus diesem Schaubild wird deutlich, welchen Grad die Internationalisierung die Beschaffung erreicht hat. Zu Recht kann daher die moderne Unternehmung als ein komplexes Netzwerk internationaler Beziehungen bezeichnet werden. Das Management der Probleme, die sich aus der Internationalisierung für viele Unternehmen ergeben, wird zunehmend zu einer zentralen Überlebensfrage, weshalb die Bedeutung internationaler Unternehmenstätigkeit sowohl für die einzelne Unternehmung als auch für Branchen und Volkswirtschaften nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.


Abbildung 30: Komponentenbeschaffung für den Smart fortwo

Quelle: o.V., 2003b

[41]Allerdings ist diese Betrachtung für eine betriebswirtschaftliche Beurteilung immer noch zu undifferenziert. Deshalb wird im Folgenden die Bedeutung der Auslandstätigkeit aus dem Blickwinkel einzelner Branchen dargestellt. Als Beleg dafür gibt Abbildung 31 die jeweiligen Auslandsquoten unterschiedlicher Branchen wieder.

* = Daten für 2011 sind Schätzwerte

Abbildung 31: Exportquoten der Bundesrepublik Deutschland in verschiedenen Branchen

Quelle: Commerzbank, 2011, online

* = Erstes Quartal

Abbildung 32: Verwaltetes Hedgefonds-Vermögen

Quelle: o.V. (FAZ), 2011a

Während Pensionsfonds schon sehr lange als internationale Investoren auftreten und riesige Vermögen von Versicherten weltweit anlegen und damit insbesondere globale Portfolioinvestitionen förderten, treten seit Beginn der 1990er Jahre zunehmend Hedgefonds auf. Diese Unternehmen sammeln von Banken und Privatpersonen sehr hohe Kapitalmittel ein (vgl. Abbildung 32), um sie dann weltweit in Unternehmen zu investieren. Damit wird ein Großteil der Direktinvestitionen im Ausland durch Hedgefonds initiiert und forciert.

 

[42]

Abbildung 33: Die größten Hedgefonds – Verwaltetes Vermögen in Milliarden Dollar

Quelle: o.V. (FAZ), 2011b

Hedgefonds tätigen meist keine reinen Portfolioinvestitionen, sondern nehmen oft entscheidenden Einfluss auf die Unternehmenstätigkeit. Dies erfolgt meist über eine Beteiligung am Management. Abbildung 33 stellt die größten Hedgefonds-Unternehmen vor und zeigt, über welche beträchtlichen Investitionssummen diese Unternehmen verfügen. Da meist die Investitionen der Hedgefonds auf eine begrenzte Zeit angelegt werden, kommt es jährlich zu erheblichen Verschiebungen der Direktinvestitionen bezüglich der Branchen und der Regionen, in denen Investitionen getätigt werden. Damit werden Branchen oder Regionen in der Welt attraktiver oder wenig interessant für andere Investoren.

3.5.2 Staaten

In den letzten beiden Jahrzehnten kam es in den rohstoffreichen und stark wachsenden Ländern zu einer erheblichen Akkumulation von Kapital. Die stark wachsenden „emerging markets“ benötigten vermehrt Rohstoffe für ihre Entwicklung, so dass insbesondere die rohstoffreichen Öl- und Gasländer einen sehr hohen Kapitalzufluss haben. China hat mit seiner Exportorientierung einerseits einen hohen Rohstoffbedarf, der den rohstoffreichen Ländern zugutekommt. Andererseits sammelt es durch seine Exporte sehr viel Kapital an. Oft wird dieses Kapital von Staatsfonds, die in diesen Ländern gegründet wurden, verwaltet. Abbildung 34 macht deutlich, dass außer Norwegen und Russland die größten Staatsfonds aus asiatischen Ländern kommen. Damit beeinflussen die Entscheidungsträger dieser Länder in zunehmendem Maße die Investitionsströme weltweit und nehmen damit auch Einfluss auf die Unternehmenspolitik vieler Unternehmen aus den klassischen Industrienationen.

[43]

* = Schätzung

Abbildung 34: Staatsfonds: Dezember 2011, Mrd. US$

Quelle: o.V. (The Economist), 2011c

Fallstudie: Internationale Marktanalyse im Nutzfahrzeugmarkt: Analyse des Busmarktes für MAN Truck & Bus


Internationale Marktanalyse im Nutzfahrzeugmarkt: Analyse des Busmarktes für MAN Truck & Bus
Axel Nösner, Geschäftsführer, KnowledgeAgent GmbHStefan Zwerenz, Head of Market & Competitor Analysis Light Vehicles & External Engines, MAN Truck & Bus AG

Die MAN Truck & Bus AG ist einer der führenden Bushersteller weltweit. Im Rahmen der Innovations- und Internationalisierungsstrategie stellt sich für MAN die Frage des Reifegrades im alternativ angetriebenen chinesischen Busmarkt. China ist einer der wichtigsten Wachstumsmärkte im Nutzfahrzeugbereich. Als Spezialist für Markt und Wettbewerb unterstützt KnowledgeAgent MAN bei der Analyse und Lösung strategischer Sachverhalte. Ein Team vor Ort analysierte den Markt und beurteilte den Marktreifegrad.

Status der alternativ angetriebenen Busse in der Nutzfahrzeugindustrie

Der Markt für Busse lässt sich in die drei Produktsegmente Stadtbusse, Überlandbusse und Reisebusse einteilen. Die Verwendung alternativer Antriebe konzentriert sich aufgrund der besonderen Nutzungscharakteristika und nicht zuletzt aufgrund der Reichweite vor allem auf das Segment der Stadtbusse.

[44]

Abbildung 35: Entwicklung Gesamtmarkt Bus Europa, >8 t, Stückzahlen

Quelle: MAN Truck & Bus AG

Im Jahr 2010 wurden in Europa, wie in Abbildung 35 dargestellt, ca. 28.500 Busse mit einem Gesamtgewicht über 8 Tonnen abgesetzt, wovon der Marktanteil alternativ angetriebener Busse bei ca. 5% lag. Der Trend alternativ angetriebener Busflotten ist vor allem im Stadtbussegment seit 2008 ansteigend und weiteres Marktwachstum wird neben Europa vor allem in Nordamerika, Japan und den BRICS-Staaten erwartet.

Metropolen wie London (UK) beschäftigen sich im Rahmen von Testflotten bereits seit einigen Jahren mit der Einführung von alternativ angetriebenen Bussen. 2010 wurde ein Plan des Bürgermeisters Boris Johnson bekannt, wie die bisher 8.000 vor allem konventionell angetriebenen Londoner Busse ab 2012 sukzessive durch eine alternativ angetriebene Flotte ersetzt werden sollen (siehe Abbildung 36).


Abbildung 36: Simulation Austausch der Busflotte der Londoner Verkehrsbetriebe

Quelle: Handelsblatt, 2010, online

Trotz ambitionierten Vorgehens ist, wie die Simulation in dieser Abbildung deutlich macht, eine vollständige Substitution vor 2028 kaum denkbar. Dies zeigt, dass es in Europa zwar [45]einige Pilotprojekte im Bereich alternativ angetriebener Stadtbusse gibt, eine dynamische Entwicklung mit starkem Wachstumspotenzial aber erst in den Anfängen steckt.

Um die Technologie weiterzuentwickeln und die Preise nachhaltig zu senken, ist für die Hersteller jedoch eine Steigerung der Produktions- und Absatzzahlen von großer Bedeutung. Neben den momentan noch hohen Preisaufschlägen für alternative Antriebstechnologien spielen vor allem technische Hindernisse eine große Rolle:

 Busse mit bspw. Hybridtechnologie sind durchschnittlich noch bis zu 50% teurer als vergleichbare Busse mit konventioneller Antriebstechnologie,

 eine Entwicklung zuverlässiger und leistungsfähiger Batterien, die eine ausreichende Fahrleistung ermöglichen, steht noch am Anfang,

 des Weiteren sind die Total Cost of Ownership (TCO) solcher Fahrzeuge ebenfalls noch wesentlich höher als bei verbrennungsmotorisch betriebenen Bussen.

Wachstumspotenziale alternativ angetriebener Busse in China für die MAN Truck & Bus AG

Durch die kontinuierliche Marktbeobachtung wurde MAN auf die jüngsten Entwicklungen im Bereich hybrider und elektrischer Stadtbusse in China aufmerksam. Demnach forciert die chinesische Regierung die Entwicklung dieses Marktsegments mit einem ambitionierten Plan, der vorsieht, in kurzer Zeit eine Flotte von je 1.000 Fahrzeugen in zehn Städten zu realisieren. In der Zwischenzeit wurde dieser Plan zunächst auf dreizehn, später auf zwanzig Städte ausgeweitet. Entsprechende Subventionen wurden vom chinesischen Staat verabschiedet.

Subventionen für Busse mit einer Länge von mehr als 10 Metern (in RMB pro Fahrzeug)


Abbildung 37: Subventionen für Busse mit alternativen Antrieben

Quelle: KnowledgeAgent Research

Um eine Bewertung des Marktreifegrades für die MAN Truck & Bus AG in das Segment der alternativ angetriebenen Stadtbusse in China vorzunehmen, wurde eine umfangreiche Analyse durchgeführt. Ziel hierbei war es, ein realistisches Bild der Markttreiber, des [46]Marktpotenzials, des Wettbewerbs- sowie des Supply-Chain-Umfeldes zu erhalten. Diese Market Insights sind erforderlich, um den Marktreifegrad bestimmen und das Marktpotenzial einschätzen zu können. Die Analyse des Marktumfeldes wurde von MAN an KnowledgeAgent, einen externen Spezialisten für Markt- und Wettbewerbsinformationen, vergeben. Im Rahmen des Projektes wurde ein zweistufiges Verfahren von Sekundär- sowie Primärquellenauswertung durchgeführt.

Die Auswertung englischsprachiger internationaler Fach- und Tagespresse führte zu ersten Anhaltspunkten:

 Einige chinesische Hersteller melden große Auftragsvolumina im Bereich hybrider Stadtbusse.

 Die Zielvorgaben der Regierung deuteten auf ein großes Marktpotenzial und eine rasante Marktentwicklung hin.

 Eine Vielzahl an chinesischen Herstellern präsentierte im Internet bereits serienreife Stadtbusmodelle mit Hybrid- bzw. Elektroantrieb.

Aufgrund der langjährigen Erfahrung mit dem Kommunikationsverhalten chinesischer Unternehmen konnte man darauf schließen, dass eine übertrieben positive Darstellung der realen Sachverhalte in China durchaus üblich ist. Um ein objektiveres Bild der Lage zu bekommen, wurde anschließend eine Befragung von Wissensträgern (Primärquellen) in der Branche durchgeführt. Aufgrund der kulturellen Unterschiede ist dies in der Regel nur vor Ort möglich, meist über persönliche Treffen und Face-to-Face-Interviews. Über das chinesische Research-Team der Fa. KnowledgeAgent wurden entsprechende Wissensträger identifiziert und befragt, u.a. aus den folgenden Organisationsbereichen:

 Hersteller von Stadtbussen sowie Zulieferer von hybrider bzw. elektrischer Antriebstechnologie

 Kommunale Stellen, die für die Gewährung von Subventionen zuständig sind

 Kommunale Stellen, die für die Beschaffung von Stadtbussen zuständig sind

 Flottenbetreiber von Stadtbussen in verschiedenen Städten und Landesteilen

Die Durchführung der Interviews war bedeutend aufwendiger als die Auswertung der Sekundärquellen, ergab jedoch ein wesentlich realistischeres Marktbild. Dieses war davon geprägt, dass die offiziellen Zielvorgaben der Regierung bei Weitem nicht eingehalten wurden. Abbildung 38 verdeutlicht die Abweichung der Umsetzung von dem ursprünglichen Regierungsplan. Statt der geplanten 10.144 Fahrzeuge wurden nur rund 2.182 Fahrzeuge in den dreizehn betrachteten Städten angeschafft. Dies bedeutet, dass das tatsächliche Marktvolumen nur rund ein Fünftel des geplanten Marktvolumens ist.

[47]

Abbildung 38: Analyse tatsächlicher Stückzahlen

Quelle: KnowledgeAgent Research

Im Bereich der Technologie wurden die 15 wichtigsten Hersteller und ihre Produkte analysiert. Hier zeigte sich auf Basis der durchgeführten Interviews, dass es enorme technische Probleme mit den Stadtbussen gab, weshalb eine Vielzahl der angeschafften Busse gar nicht eingesetzt wurde bzw. nicht im Hybridmodus betrieben wurde.

Wichtiger noch als die realistische Sicht auf Marktvolumen und Technologiestatus ist jedoch die Erkenntnis, dass ein starker lokaler Protektionismus bei der Vergabe der Aufträge besteht. Dies bedeutet nicht nur, dass lediglich chinesische Hersteller in den Genuss der Subventionen kommen, sondern auch, dass bei Neuanschaffungen in der Regel nur lokale Hersteller berücksichtigt werden. Dies führt zusätzlich zu einer starken Fragmentierung des Marktes, in dem sich neben den vier großen Herstellern (Foton, Yutong, Kinglong-Higer und Golden Dragon) zahlreiche kleine, regionale Spieler bewegen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass China einerseits in vielen Bereichen der wichtigste Wachstumsmarkt ist und sicherlich enorme Chancen bietet, andererseits aber auch die kulturellen Aspekte und insbesondere die Verflechtung von Wirtschaft und Politik fallspezifisch berücksichtigt werden müssen.

Einige der Schwierigkeiten, mit denen KnowledgeAgent im Rahmen der internationalen Marktanalyse zu kämpfen hatte, wurden bereits erwähnt. So ist es zum Beispiel in China gang und gäbe, dass reale Sachverhalte stark geschönt dargestellt werden – im hier vorliegenden Fall die Auftragsvolumina hybrider Stadtbusse und die Serienreife alternativer Antriebstechnik.

Ein weiteres Problem stellt selbstverständlich auch die Sprachbarriere dar. Durch die Kenntnis der Landessprache erschließt sich eine weitaus größere Zahl an Quellen. [48]Face-to-Face-Interviews sind Befragungen übers Telefon vorzuziehen, da sie es dem Interviewer ermöglichen, detailliertere und präzisere Informationen zu erlangen als dies bei Telefonaten möglich ist.

Diese Aspekte zeigen, wie wichtig es ist, bei der Analyse von internationalen Märkten und Wettbewerbern auf lokale Kenntnisse und Fähigkeiten zurückgreifen zu können. Auch hier gilt: „Think global – act local“.

Fragen zur Fallstudie

1 Welche Gründe sprechen für eine Internationalisierungsstrategie im Bereich von alternativ angetriebenen Stadtbussen?

2 Wie schätzen Sie die Marktsituation in Europa ein?

3 Wie schätzen Sie die Marktsituation in China ein?

4 Wie schätzen Sie die Wettbewerbersituation in China ein?

5 Worin zeigen sich kulturelle Unterschiede bei der Nutzung von Primär- und Sekundärquellen in China im Vergleich zu Europa?

6 Glauben Sie, es ist für einen europäischen Hersteller sinnvoll, in den Markt für alternativ angetriebene Busse in China einzusteigen?

Quellen